YORU - Was die Nacht verrät von Dollface-Quinn ================================================================================ Prolog: -------- Tief verborgen in einer vergessenen Wartestation der U-Bahn von NYC, weit unten in der Kanalisation, öffnete sich die Tür zu Raphaels Zimmer langsam und absolut lautlos. Im stockdunklen Raum regte sich kein Lüftchen, aber die Sinne des Mutanten waren sofort hellwach. Reglos lag er auf seinem Bett und lauschte in die Stille. Erst als sich der Eindringling umwandte, um die Tür hinter sich zu schließen, rollte sich Raphael herum, landete lautlos und in geduckter Haltung auf dem Boden, die dreifingrigen Hände über seinen Waffen, die dort bereit lagen und auf ihn gewartet hatten. Seine Arme vervollständigten sich mit den Sais, bereit sich zu verteidigen. Bevor der Fremde wusste wie ihm geschah, landete Raphael mit einem Satz hinter ihm und trat seinem Gegner im Fallen mit Wucht die Beine weg. Völlig überrumpelt fiel der auf den Rücken und kassierte einen kräftigen Tritt, der ihn auf den Bauch schleuderte. Raphael sprang nun vom Boden auf und warf sich auf den Rücken des anderen, um ihn, die Knie im Kreuz, den linken Ellbogen im Nacken, festzusetzen. Zusätzlich beugte er sich mit dem Oberkörper zu seinem Gegner hinunter und setzte ihm die Spitzen seines rechten Sais an den Hals. Für einen Sekundenbruchteil war es wieder mucksmäuschenstill im Raum. Dann öffnete Raphael die Augen. Sein Körper hatte, dank des klugen Trainings durch seinen Sensei, automatisch auf die drohende Gefahr reagiert. Jetzt erst nahm Raphaels rasch erwachendes Bewusstsein auch die persönlichen Eigenheiten seines Gegners wahr. Sein Ellbogen ruhte auf ledriger Haut und unter seinen Knien fühlte er statt eines Rückgrades verhornte Panzerplatten. Plötzlich wurde dem Mutanten klar, wen er da im Todesgriff hatte, genau einen Herzschlag bevor sein Gefangener zu lamentieren begann. „Manno! Raph! Beruhige dich mal! Ich bin's doch! Mikey!“. Raphael hatte seinen Bruder überwältigt. Diese Erkenntnis veranlasste ihn aber nicht dazu Michelangelo frei zu lassen. Im Gegenteil! Wütend über dessen unerlaubtes Eindringen und die Störung presste er ihm seine Waffe noch fester an den Hals und verstärkte den Druck seines Ellbogens auf dessen Nacken. Der kleinere Turtle jammerte nun etwas gepresst weiter. „Au! Raph, bitte. Gnade, Gnade, Gnade!“ Er bettelte so laut, dass Raphael den Sai fallen lassen musste, um Michelangelo den Mund zuhalten zu können. „Brüll' hier nicht so rum! Splinters Zimmer ist fast nebenan, der hört dich noch!“, warnte er schroff. Und Mikey beruhigte sich wieder. „Was zum Kröterich machst du eigentlich hier?!“, schnauzte Raphael mit mühsam gedämpfter Stimme. Er wartete auf eine Antwort, aber alles blieb still. Genervt die Augen verdrehend nahm Raphael die Hand weg und ließ seinen Bruder sprechen. Dieser gab erst ein verlegenes Kichern von sich. „Na ja, ich dachte, ich besuche dich mal und schau nach, ob du noch Pizza hast.“ Im Raum war es so dunkel, dass keiner die Hand vor Augen sehen konnte, aber Raphael konnte das breite und zweifellos falsche Grinsen des Kleineren hören. „Ach ja?“ Knurrend verpasste er dem hilflos am Boden fixierten Turtle einen deftigen Schlag auf den Hinterkopf. „Au au! Ok! Das ist nur die halbe Wahrheit.“, gab der Kleine jammernd zu. „Was du nicht sagst.“, spottete Raphael und richtete sich auf, sodass er nun auf Michelangelos Panzer saß, ohne ihm den Ellbogen in den Nacken zu drücken. Kapitel 1: YORU NO 1 -------------------- Mikey seufzte einmal tief auf, bevor er mit der Sprache rausrückte. „Ich kann einfach nicht schlafen. Seit Tagen!“, murmelte er. Raphaels Augen weiteten sich für einen Moment ungläubig, dann verengten sie sich wieder. „Dein ernst?!“, fragte er aufgebracht und Mikey beeilte sich zu erklären, bevor der muskulöse Mutant ihn noch hochkant aus dem Zimmer warf. „Diese Sache mit den Gehirnen in den Robotern. Ich muss dauernd daran denken.“ Für einen Moment war es wieder still. Dann fuhr sich Raphael mit der Hand über das Gesicht, um den letzten Rest Müdigkeit zu vertreiben und stand schließlich auf. Wortlos ging er zur Tür und betätigte den Lichtschalter daneben. In der Mitte des Zimmers flackerte eine nackte Glühbirne auf. Michelangelo bedeckte geblendet die Augen und blinzelte durch die Finger, während er sich aufsetzte. Als er wieder sehen konnte, rieb er sich den schmerzenden Nacken. Raphael ging an ihm vorbei, hob im Gehen den Sai auf, den er fallen gelassen hatte und legte beide Waffen wieder auf ihren Platz vor dem Bett zurück. Spike, die Schildkröte, schlief unbeeindruckt auf seinem Kissen. Der muskulöse Turtle betrachtete seine Hausschildkröte, während er sich auf das Bett setzte und als er sprach, wandte er die Augen nicht von dem Tier ab. „Warum gehst du damit nicht Leo oder Donnie auf den Zeiger?“, fragte er schroff. Michelangelo stupste die Enden seiner Zeigefinger aneinander und sah unstet zwischen seinen Knien, dem Teppich und Raphael hin und her. „Leo würde mir nur einen splinterhaften Vortrag über Selbstbeherrschung und so 'n Zeug halten. Und Donnie schließt mich vielleicht an irgendein Gerät an, um meine Schlaflosigkeit zu erforschen. Außerdem...“, nun sah er Raphael mit seinen berühmt-berüchtigten großen treuen Welpenaugen von unten herauf an, „Außerdem bist du immer der erste, der kommt, wenn ich in Schwierigkeiten stecke.“ „Das ist purer Zufall!“, hielt Raphael sofort dagegen. Aber Michelangelo hatte sich in den Kopf gesetzt mit Raphael über sein Problem zu reden und zog das nun auch durch. „Weißt du, immer wenn ich die Augen zu mache, sehe ich so ein Schlabbergehirn auf mein Gesicht zufliegen. Ich denke immer, sie kommen und holen mich, wenn ich einschlafe.“, erzählte er schaudernd. „Was sollen die denn mit 'nem Torfkopf wie dir anfangen?“, schnauzte Raphael, aber sein Tonfall war bereits spürbar weniger abweisend. Sie sahen Spike eine Weile beim Schlafen zu, dann fragte Michelangelo in die Stille hinein: „Also darf ich bleiben?“ Raphaels Kopf ruckte herum wie der einer gereizten Viper. „Was?!“ Dann sah er Mikeys betretenes Gesicht und ihm ging auf, dass der Kleine wirklich Angst hatte. „Dein ernst?“, fragte er und seine Stimme rutschte ein klein wenig in die Höhe. „Mann Mikey, für wie alt hältst du dich denn?“ Aber seine Worte und der strenge Blick halfen nichts. Michelangelo blieb auf dem Boden sitzen und machte ganz traurige Hundeaugen. „Bitte Raph, ich hab seit Tagen nicht geschlafen. Nur heute, ja? Bitte, bitte, bitte.“, dabei rutschte der junge Mutant auf den Knien bis vor Raphaels Füße und streckte flehend die Hände nach ihm aus. „Du warst immer mein Lieblingsbruder, weißt du das?“, versuchte er es mit Schmeichelei. Als er Raphael zu nahe kam, packte ihn dieser beim Gesicht und stieß ihn wieder ins Zimmer hinein. Aber der kleine Quälgeist kam sofort wieder angekrabbelt. „Ach komm schon Raph!“, bettelte er. „Nein!“, schnauzte der Ältere. „Biiitteeeee.“, jammerte der andere unermüdlich. „Nein!“ „Aber du bist der einzige, der mich beschützen kann! Du bist der beste Kämpfer von uns allen. Du bist sogar besser als Leo!“ Raphaels Blick wurde eine Spur weicher und ein überhebliches Grinsen zog sich über sein Gesicht. „Klar bin ich besser als Leo. Der ist doch nur Anführer geworden, weil er als erster 'Hier' gerufen hat! Wenn ich der Anführer wäre, dann wärt ihr alle längst bessere Kämpfer!“, prahlte er selbstverliebt. Michelangelo sah ihn schräg an. „Jaaaa.“, meinte er gedehnt, „Also beschützt du mich? Nur heute Nacht. Damit ich schlafen kann?“, fragte er hoffnungsvoll. Raphael sah ihn eine Weile lang so eindringlich an, dass der Kleinere allmählich nervös wurde. Aber dann kniff er die Augen zusammen, und knurrte: „Aaargh, na gut!“ Michelangelo stieß die Faust in die Luft, wurde aber sofort in seinem Jubel abgewürgt. Raphael packte ihn am Kopf und starrte ihm eindringlich in die Augen. „Nur! Diese! Eine! Nacht!“, schärfte er dem Bruder ein. „Und du erzählst niemandem davon, sonst prügel' ich dir das Grün von der Haut, ist da klar?!“, drohte er und hielt Mikey dabei die Faust vors Gesicht. „Ist das klar?“, wiederholte er und setzte seinem Bruder den Zeigefinger wie eine Waffe an die Stirn. „Alles klar, du bist der Boss.“, stimmte der Mutant mit der gelben Augenbinde glücklich zu und tat so als würde er seine Lippen wie einen Reißverschluss zu ziehen. Raphael ließ ihn resignierend los und verschränkte die Arme vor dem Brustpanzer. „Ja genau. Ich bin der verfluchte Boss.“, murrte er. Der Sais-Kämpfer war wirklich müde. Erst der Kampf gegen diese komischen Alien-Roboter und dann das Dauertraining durch Splinter forderten ihren Tribut. Dass Mikey nächtelang nicht geschlafen hatte, erklärte aber dessen anhaltende Tolpatschigkeit im Kampf. Sie mussten beide dringend schlafen. „Oh ich wusste, du würdest mich nicht im Stich lassen!“, feierte Michelangelo und wollte seinem Bruder um den Hals fallen, der stemmte ihm allerdings den Fuß in den Bauch und hielt ihn so auf Abstand. „Du kannst von mir aus im Sessel schlafen, aber nur, wenn du endlich Ruhe gibst!“, dabei zeigte er auf einen alten, braunen Polstersessel, der unter seinem Bücherregal stand. Michelangelo sah entsetzt zwischen dem Sessel und seinem Bruder hin und her. „Das meinst du nicht ernst, oder? Raph? Das kannst du mir nicht antun. Ich habe Ewigkeiten nicht geschlafen und jetzt willst du, dass ich auf einem Stuhl übernachte? Warum bist du nur so herzlos zu deinem armen Brüderchen?!“, heulte er protestierend auf. „Diese Gehirne kommen und fressen mir das Gesicht weg, während du in deinem Bett liegst und gar nichts mitbekommst!“ Michelangelo wurde immer hysterischer, während Raphael, der nur mühsam seinen Zorn unterdrückte, den Kopf in die Hände sinken ließ. Schließlich sprang der grüne Mutant auf, packte seinen lamentierenden Bruder bei den Schultern und schüttelte ihn kräftig durch. „Es gibt keine Gehirn-Aliens in meinem Zimmer!“, fuhr er Mikey an, doch dieser suchte bereits ängstlich mit den Augen die Ecken des Raumes ab. Raphael fluchte. „Arrgh, du bist unerträglich Mikey!“, warf er dem Kleineren an den Kopf. Dann packte er den Arm seines Bruders und drehte ihn auf den Rücken. „Und wehe, du erzählst das weiter!“, warnte er den jüngeren noch einmal. Michelangelo nickte heftig, aber das ließ Raphael nicht gelten. „Was?“, fragte er knurrend, leckte einen Finger ab und führte ihn bedrohlich nahe an Mikeys Ohr. „Nein, Raph. Bitte nicht! Das ist gemein!“, erwiderte der Nunchaku-Kämpfer und zappelte, aber Raphaels Griff war für den übermüdeten Turtle nicht zu brechen. Ein fieses Grinsen zierte nun das Gesicht des Stärkeren, der Finger fand sein Ziel und Michelangelo erschauderte vor Ekel. „Ist ja gut, ich erzähle es nicht weiter. Hab ich doch schon gesagt! Ich geb' dir mein Ehrenwort als Ninja.“, maulte er. Raphael machte ein Geräusch als bezweifelte er, dass dieses Ehrenwort viel wert war, ließ aber los. Anschließend ließ er sich in den Sessel fallen und verschränkte mürrisch die Arme. „Hau dich schon ins Bett, du Nervensäge!“, schnauzte er. Michelangelo strahlte wieder über das ganze Gesicht. „Danke, Raph.“, sagte er seelenvoll und der muskulöse Turtle hatte plötzlich Mühe seine strenge Miene aufrecht zu erhalten. Michelangelo kroch in das Bett und zog sich die Decke über den Kopf. „Du musst aber auf mich aufpassen, damit mich keine Gehirne holen.“, kam es nach ein paar Sekunden ängstlich unter der Decke hervor. „Nicht einschlafen!“ „Ja ja.“, raunte Raphael, der bereits tiefer in die Polster des Sessels gerutscht war und die Augen geschlossen hielt. Unter der Decke seufzte es noch einmal erleichtert und kurz darauf war von beiden Turtles nur noch leises Atmen und gelegentliches Schnarchen zu hören. Aber Raphael schlief unruhig. Der Sessel war zum Lesen durchaus geeignet, aber nicht um darin die Nacht zu verbringen. Die alten Federn knarzten und die Polster waren staubig. So warf sich Raphael auf der Suche nach einer bequemen Position immer wieder herum, bis er es eine halbe Stunde vor seiner üblichen Zeit nicht mehr aushielt und die Augen aufschlug. Er stand auf, streckte seine steifen Glieder und durchquerte den Raum, um die Tür einen Spalt zu öffnen und hinaus zu sehen. An den durch die Asphaltgitter dringenden Lichtstrahlen erkannte er, wie spät es war und das seine Brüder Leonardo und Donatello auch bald aufstehen würden. Jetzt reichte es ihm allerdings. Seine Gutmütigkeit hatte sehr eng beieinander liegende Grenzen und die waren jetzt erreicht. Leise schloss er die Tür wieder und ging dann mit ausgestreckten Armen auf sein Bett zu, in dem Michelangelo selig unter der Decke schlief. Er packte den Stoff mit beiden Händen und zog ihn ruckartig herunter. Michelangelo bemerkte davon aber gar nichts. Er schlief ungestört weiter, die Beine angezogen und die Hände unter dem Gesicht gefaltet mit einem einfältigen Lächeln im Gesicht. Raphael murrte enttäuscht. Aber dann begann er wieder zu grinsen, denn nun konnte er seinen Rachegelüsten für die verdorbene Nacht freien Lauf lassen. „Oh Mikey!“, flötete er in schlecht gespielter Unschuld nahe seinem Ohr, dann packte er Michelangelo am Panzer und stemmte ihn über seinem Kopf in die Höhe mit der Absicht ihn zur Tür zu tragen und rauszuwerfen. Mikey wurde allerdings schlagartig wach, als er so schroff angepackt wurde und glaubte natürlich, dass nun die Aliens gekommen seien, um ihn zu holen. Augenblicklich fing er an wie am Spieß um Hilfe zu schreien. Und zwar nach Raphael! Spike erwachte davon und zog sich vor Schreck in seinen Panzer zurück. Als Raphael seinen Namen hörte ging ihm auf, dass er es wohl zu weit getrieben hatte und ließ Michelangelo wieder runter. Um das Krakeelen seines panischen Bruders zu stoppen, stopfte er ihm sein halbes Kissen in den Mund. „Hältst du jetzt endlich die Klappe?!“, schnauzte er den Kleineren mit gedämpfter Stimme an. Er schielte über die Schulter zur Tür, während er Michelangelo an den Schultern packte, damit dieser ihn ansah und begriff, dass ihm nichts schlimmes passierte. Michelangelo beruhigte sich rasch wieder und nahm sich selbst das Kissen aus dem Mund. „Spinnst du?!“, fuhr er seinen jähzornigen Bruder an. „Du hast mich fast zu Tode erschreckt. Es war ein Fehler zu dir zu kommen.“, damit wich er Raphaels Blick aus und sah enttäuscht zur Seite. Der Schreck saß tief. Die stechend grünen Augen des Sai-Kämpfers weiteten sich, als er seinen kleinen Bruder so sah und er begriff, dass er es verbockt hatte. Michelangelo war mit seinem Problem zu ihm gekommen und hatte um Hilfe gebeten, weil er ihm vertraute und er hatte ihn rücksichtslos seinen Launen ausgesetzt. Nun standen sich die beiden Turtles gegenüber und wagten nicht sich anzusehen. Raphael hatte seine Hände immer noch an Michelangelos Armen, aber der Griff war locker. Schließlich murmelte Mikey: „Ich geh dann jetzt besser. Und keine Sorge, ich gehe dir bestimmt nicht mehr auf die Nerven.“ Damit durchbrach er Raphaels Griff und wollte an ihm vorbei. Raphaels Gedanken rasten, doch wie immer siegte sein Herz, bevor sein Kopf eine Entscheidung getroffen hatte. Er trat einen Schritt vor und griff Michelangelo erneut, diesmal bei den Schultern. „Mikey.“, begann er, aber Michelangelo war zu getroffen. „Bemüh' dich nicht. Ich habe verstanden.“ Aber der jähzornige Turtle ließ ihn nicht los. „Kannst du nicht mal einen Moment still sein und zuhören?! Ich versuche mich zu entschuldigen!“, fuhr er ihn wütend an, rief sich dann aber selbst zur Ordnung. Sein Temperament hatte ihn doch gerade in diese Situation gebracht und er machte gerade so weiter. Das musste jetzt aufhören. Raphael atmete tief durch, bevor er Michelangelo wieder ansah. „Ich hab' nicht gewusst, dass es so schlimm ist, Mikey. Hast du wirklich so 'ne Angst?“, fragte er ruhig und fast einfühlsam. Dabei sah er mit offenen Augen geradewegs in das Gesicht seines Bruders, das dieser immer noch abwandte. Diesmal allerdings vor Scham, wie er vermutete. „Diese Dinger lassen mich nicht schlafen. Ich merke doch selber wie unkonzentriert ich bin. Gestern hab' ich mich beim Training mit den Nunchakus selber ausgeknockt. Ich bin echt verzweifelt, Raph.“, beichtete er nuschelnd. Raphael verstand nun. Er ließ Michelangelo los und legte ihm brüderlich eine Hand auf die Schulter. „Wir kriegen das hin, Mikey. Wir werden deine Angst in den Griff kriegen und das nächste mal trittst du diesen Schwabbelhirnen in den Hintern!“, versprach er. Michelangelo sah in Raphs selbstsicher grinsendes Gesicht und musste lächeln. Er fuhr sich mit der Hand über die Nase und fragte: „Wie willst du das anstellen, Bro?“ Raphael trat ein paar Schritte zurück. Er fühlte sich bei zu viel Nähe nicht sehr wohl, aber jetzt konnte er seinem Bruder helfen. „Na wie schon? Wir trainieren zusammen. Wenn Splinters Training vorbei ist, machen wir beide weiter und konzentrieren uns auf diese Aliendinger. Wenn du sie im Training oft genug vermöbelst, packst du das auch im Ernstfall! Und außerdem wird dich das Extratraining richtig schön müde machen.“ Er sagte das mit so viel Überzeugung, dass der Glanz in Michelangelos Augen zurückkehrte. „Und du meinst, das haut hin?“, fragte er hoffnungsvoll. „Ganz sicher.“, versprach Raphael und stemmte die Fäuste in die Seiten. Daraufhin führte Michelangelo einen kleinen Freudentanz auf und sein muskulöser Bruder sah ihm amüsiert dabei zu. Schließlich musste er ihn aber bremsen. „Wir sollten zum trainieren in die Kanalisation gehen, sonst kriegen die anderen was mit.“, warnte er. „Aber jetzt musst du hier raus, bevor die anderen Wind davon kriegen, dass du die Nacht über hier warst.“ Damit schob er den jüngeren zur Tür. „Warum regst du dich deswegen eigentlich so auf?“, fragte der und drehte den Kopf, um den rechtmäßigen Herrscher über das Zimmer anzusehen. Dessen Augen brannten wie glühende Kohle, sodass Mikey den Kopf zwischen die Schultern zog, auf eine Antwort verzichtete und im Krebsgang das Zimmer verließ. Raphael drückte hinter ihm die Tür ins Schloss, schlurfte müde zum Bett ohne das speichelfeuchte Kopfkissen vom Boden aufzuheben und ließ sich rückwärts auf die Matratze fallen. Mit der festen Absicht Mikey nie wieder bei sich übernachten zu lassen, schloss er die Augen um wenigstens die letzte halbe Stunde noch zu schlafen, bevor Splinter sie wieder von einer Trainingseinheit in die nächste scheuchen würde. Kapitel 2: Ein Ninja muss... ---------------------------- Aber Raphael schlief nicht nur eine halbe Stunde, wie er beabsichtigt hatte. Als er aus seinem Zimmer kam, hatte er bereits die erste Trainingseinheit und das Frühstück verpasst. Unausgeschlafen, steif und mürrisch betrat er die Küche und wurde von sechs Augen erstaunt gemustert. Nur Michelangelo war nirgends zu sehen, was Raphael die Hoffnung eingab doch nicht der Letzte zu sein, der aufgestanden war. „Guten Morgen, Raphael.“, begrüßte ihn Meister Splinter in seiner gewohnten ruhigen Art, aber irgendetwas an seinem Blick war seltsam. „Guten Morgen, Sensei.“, gab der müde Turtle zurück und rang sich alle Haltung ab, die er aufbringen konnte. Nur mühsam unterdrückte er ein Gähnen und ging in den Raum hinein auf den Tisch zu, an dem sein Lehrmeister und zwei seiner Brüder vor leeren Tellern saßen. „Fühlst du dich heute nicht gut? Bist du vielleicht krank?“, fragte Splinter und seine Ruhe verursachte Raphael fast eine Gänsehaut. Irgendetwas ging hier vor, das spürte er bis in seine abgenutzten roten Bandanaspitzen, aber er kam nicht darauf was es war. Ein schneller Seitenblick zu Leonardo und Donatello half ihm auch nicht weiter, denn die verbissen sich jeweils ein schadenfrohes Grinsen und warfen sich hämische Blicke zu. In höchstem Maße misstrauisch setzte sich der muskelbepackte Turtle an den Tisch und sah verstohlen von einem zum anderen. Langsam keimte in ihm der Verdacht, dass Michelangelo doch nicht dicht gehalten hatte und die anderen ihn jetzt für einen Weichling hielten. Dann war es wirklich gesünder für den Kleinen abwesend zu sein, dachte Raphael grimmig. Als sein Blick nun zu Splinter wanderte, sah der ihm direkt in die Augen und machte es dem Sai-Kämpfer damit schwer wieder weg zu sehen. Da fiel ihm ein, dass der ihn ja etwas gefragt hatte und er gab endlich die ausstehende Antwort. „Nein, ich fühle mich bestens.“ Nun zeigte sich das drohende Unwetter deutlich in Splinters pelzigem Rattengesicht. Ruckartig nahm er sie Ohren zurück, richtete seinen Rücken noch gerader auf und durchbohrte Raphael mit stechenden rotbraunen Augen. „Dann verstehe ich nicht wieso du das Training versäumst und erst nach dem Frühstück hier auftauchst! Donatello sagt, du hättest ihn quer durch das Zimmer getreten, als er dich wecken wollte!“, tadelte er streng und seine scharfen Schneidezähne blitzten. Raphael blickte den Sensei überrascht an, dann sah er zu Donatello, der ihm böse entgegen blickte. Nun konnte er sich ein fieses Kichern doch nicht verkneifen und lehnte sich selbstgefällig in seinem Stuhl zurück, denn Ellbogen lässig auf der Lehne, bevor er wieder den Mutanten ansah, der ihn aufgezogen hatte. „Davon habe ich gar nichts gemerkt. Jetzt bin ich sogar noch im Schlaf besser als Donnie.“, erklärte er und grinste dabei breit und selbstzufrieden. Donatellos Gesicht verfinsterte sich und auch Splinter schien die Sache leicht anders zu sehen. Er räusperte sich vielsagend und sah seinen Schützling durchdringend an. Raphael hob unschuldig Hände und Schultern. „Was? Stimmt doch.“ „Raphael!“ „Was denn?“ „Entschuldige dich bei Donatello!“, verlangte der Ninjutsu-Meister. Raphael fiel aus seinen Wolken der Selbstgefälligkeit. Er versuchte immer krampfhaft sein Temperament zu beherrschen, wenn der Sensei in der Nähe war, aber das ging ihm jetzt zu weit. Das war ungerecht und absolut unfair! Anklagend gestikulierte er mit den Armen und zeigte erst auf Meister Splinter, dann auf Donatello und schließlich auf sich selbst. „Aber Sensei, wozu lehrt Ihr uns denn immer kampfbereit zu sein, wenn ich es dann nicht sein darf. Das ich Donnie eine verpasst hab war doch nicht mal Absicht!“ Die Ratte stieß ihren Jadestab einmal hart auf den Boden und Raph verstummte mit feurigem Blick. Splinter strich sich über den langen dünnen Bart und Raphael hätte am liebsten frustriert aufgeschrien, denn er wusste, dass jetzt wieder einer seiner berüchtigten Vorträge kam. „Ein Ninja muss nicht nur kämpfen können. Er muss auch mit allen Sinnen wach sein und Verantwortung für seine Taten übernehmen.“ Der erhabene Blick der Ratte traf den jähzornigsten seiner Söhne und seine Schnurrhaare erzitterten. Raphaels Kiefer mahlten und auf seiner Stirn trat eine Ader hervor, die Michelangelo sicher nicht unkommentiert gelassen hätte. Er saß nun vorn über gebeugt und versteckte die geballten Fäuste unter der Tischplatte. Eine unangenehme erwartungsvolle Stille trat ein. Dann ruckte der Muskelmann mit dem Kopf, um seine Brüder mit Blicken zu erdolchen, wobei ihm seine abgenutzten Bandanaenden nach vorn über die rechte Schulter flogen. „Sorry.“, knurrte er so bissig, das Donatellos rötliche Augen für einen kurzen Moment zur Tür huschten, weil er nicht wusste, ob er vielleicht lieber abhauen sollte. Splinter zog am anderen Tischende die buschigen weißen Augenbrauen zusammen und hätte diese 'Entschuldigung' wohl nicht gelten lassen, wenn Donatello nicht gleich darauf eingegangen wäre. Der Bo-Kämpfer nahm die Hände hinter den Panzer, grinste unbehaglich, sodass man seine Zahnlücke sah und meinte nervös kichernd: „Ist schon gut.“, dabei wanderte eine Hand wieder hinter seinem Rücken hervor und er kratzte sich damit am Kopf. Leonardo beobachtete die Situation aufmerksam und schwieg. In diesem Moment hörten sie alle das Geräusch der Badezimmertür und wenig später betrat Michelangelo die Küche. Als er Raphael sah bekam sein Gesicht einen schelmischen Ausdruck. „Na du Langschläfer.“, neckte er ihn fröhlich und fing sich dafür ein gefährliches Knurren von seinem missgelaunten Bruder. Die Ader auf dessen Stirn begann zu pochen. Wenn Michelangelo die Warnzeichen sah, ignorierte er sie. „Du hast schon voll viel verpasst, weißt du das?“, fragte der Kleine weiter, während er Haferbrei, Rührei und Toast auf einem Teller zusammenwarf. Da zerplatzte Raphaels Hoffnung, doch nicht der letzte gewesen zu sein und mit einem schneidenden Geräusch zerriss sein ramponierter Geduldsfaden. „MIKEY!“, schrie er auf, stützte die Hände auf die Tischplatte und stieß beim Absprung den Stuhl mit solcher Wucht um, dass der bis an die Küchenwand schlitterte. Mit einem Satz hechtete Raphael über den Tisch auf seinen frechen Bruder zu, der reflexartig die Arme hob, um den Angriff abzufangen, oder doch wenigstens sein Gesicht zu schützen. Mitten im Flug erwischte Meister Splinters jadegrüner Spazierstock den Sai-Kämpfer im Nacken und schmetterte ihn hart auf die Tischplatte, sodass die leeren Teller darauf klappernd hüpften. Raphael war total perplex und starrte um sich, bis er verstand was passiert war. Leonardo und Donatello waren für einen Augenblick ebenso erstaunt. Dann hob das Genie der Truppe die dreifingrige Hand vor den Mund, um ein schadenfrohes Lachen zu verstecken. Es gelang ihm nicht sehr gut, denn seine Augen verrieten ihn. Leonardo schüttelte fast unmerklich den Kopf über so viel Unausgeglichenheit, was Raphael aber glücklicherweise nicht bemerkte, denn der Sensei drückte ihm zur selben Zeit das Ende seines Jadestabs in den Nacken und fixierte ihn so auf dem Tisch. „Michelangelo war heute sogar als erster wach und hat für uns alle Frühstück gemacht.“, erklärte er gelassen. „Ich schlage vor, dass du isst und dann das Training nachholst.“ Es war weniger ein Vorschlag, als eine Anweisung, daran ließ der Schmerz in Raphaels Nacken keinen Zweifel. Splinter blieb noch drei Sekunden so stehen, bevor er den Stab weg nahm und seinen anderen Söhnen winkte, ihm ins Dojo zu folgen. Leonardo und Donatello kamen der Aufforderung ihres Senseis sofort nach. Letzterer sah allerdings noch lange über die Schulter auf Raphael zurück, der sich auf alle Viere aufraffte und sich erst das Kinn und dann den Nacken rieb. Michelangelo hielt immer noch den Teller mit dem Frühstück in Händen und stellte ihn nun mit weit von sich gestreckten Armen neben seinem Bruder ab, um aus dessen Reichweite zu bleiben. Dann folgte er den anderen aus der Küche. Geschlagen rutschte der Sai-Spezialist vom Tisch und hob seinen Stuhl auf, um sich wieder darauf zu setzen. Nur mühsam überhörte er Leonardo, der draußen zu den anderen meinte: „Der hat ja wieder 'ne Laune. Ist wohl mit dem falschen Fuß zuerst aufgestanden.“ Raphael schloss die Faust um ein Paar Stäbchen und hieb damit wütend, weil unverstanden, auf seine Eier ein. Es war ganz gut, dass Splinter ihn dazu verdonnert hatte im Einzeltraining die verpassten Einheiten nachzuholen. Auf diese Weise hinkte er den anderen immer eineinhalb Stunden hinterher und war bis nachmittags mit sich alleine, sodass er genug Zeit hatte sein erhitztes Gemüt wieder abzukühlen. So war er wieder ausgeglichen, als er wieder zu den anderen stieß, die längst Pause hatten. Aufgeputscht wie er war, schwang er sich auf der Sofalehne in den Handstand und ließ sich dann rückwärts ins Polster zwischen Mikey und Leonardo fallen. Sofort klemmte er breit grinsend Michelangelos Kopf unter seinem Arm ein und polierte ihm mit den Fingerknöcheln die Kopfhaut. Der Kleine zappelte und schrie, aber es gab kein Entkommen. Diese Rache wurde noch dadurch verschlimmert, dass Raphael in der letzten Woche nicht einmal geduscht hatte und das Opfer mit dem Gesicht direkt unter seiner Achsel klemmte. Schließlich ließ er Michelangelo wieder frei, der halb erstickt weg kroch und nach Luft schnappte. „Und womit geht’s weiter?“, fragte Raphael tatendurstig und ließ die Sais durch seine Finger wirbeln. Alle schraken zusammen, als Splinter plötzlich wie aus dem Nichts hinter dem Sofa stand und sie ansprach. „Meine Söhne. Ihr habt die letzten Wochen von morgens bis abends trainiert ohne euch zu beklagen. Darum setze ich das restliche Training für heute aus. Nutzt die Zeit am Besten für Meditationen.“, damit wandte er sich um und tat einen Schritt auf das Dojo zu, um höchstwahrscheinlich seinen eigenen Rat zu befolgen. Doch dann hielt er inne und wandte noch einmal den Kopf. „Besonders dir empfehle ich deine innere Ruhe zu suchen, Raphael.“, schickte er noch hinterher, bevor er wirklich ging. Die Turtles sahen sich einen Moment lang gegenseitig an. Dann sprang Donatello auf und lief in seine Werkstatt. Leonardo folgte dem Sensei ins Dojo. Raphael sah ihm missbilligend hinterher und knurrte: „So ein Streber.“ Neben ihm krabbelte Michelangelo über den Boden, um den Fernseher einzuschalten. Raphael erwischte ihn gerade noch am Bein und zog ihn zurück, sodass der kleinere Turtle vorn über kippte und auf dem Boden aufschlug. Sauer drehte er sich auf den Rücken und setzte sich auf. „Wird das jetzt ewig so weiter gehen? Ich hab schon lauter Schrammen von dir!“, beschwerte sich Michelangelo erbost. Der ärgerliche Blick ließ den jüngsten der Turtles noch niedlicher aussehen. Raphael kümmerte das allerdings wenig. „Sag bloß ich hab dir weh getan.“, spottete er hämisch, stand aber auf und zog den Mutanten mit dem Bandana in orange wieder auf die Füße. Mikey zog trotzdem schmollend eine Schute. „Ich mein's ernst, Mann! Du kannst mir nicht mein supersüßes Gesicht demolieren! Das ist mein Markenzeichen!“, erklärte er und stieß dem muskulösen Bruder unversehens den Finger gegen den Brustpanzer. Dieser schnappte sich den Finger und quetschte ihn zwischen den eigenen Fingern wie in einem Schraubstock ein. Zutiefst befriedigt sah er zu wie sich die Augen des Bruders vor Schmerz weiteten und er leise zu wimmern begann. Genüsslich zog er ihn noch ein Stück näher an dem Finger zu sich und sah ihm lächelnd ins Gesicht. „Dann nehme ich mir in Zukunft eben deine Arme und Beine vor. Ist dir das lieber?“, fragte er süffisant. Michelangelo versuchte vergeblich Raphaels Griff mit der linken Hand aufzubrechen. Dessen Laune besserte sich dadurch erheblich. „Sag es.“, verlangte er und erntete einen empörten Blick. „Wieso? Ich hab doch gar nichts gemacht!“, beschwerte sich der gefangene Nunchaku-Krieger, woraufhin ihn der Stärkere an seinem Finger ein Stück in die Höhe zog. „Au! Au! Ok, Ok.!“, jammerte er. „Sag es.“, wiederholte Raph gelassen. Mikey stiegen nun die Schmerzenstränen in die Augen und er gab auf. „Raphael ist allwissend und überaus mächtig.“, leierte er tonos. Der so gepriesene ließ nicht los, also leierte Mikey weiter. „Er ist der Größte und ich bin seiner unwürdig.“ Das reichte Raphael. Er ließ sein Opfer los, das sich sofort den schmerzenden Finger in den Mund steckte. „Und jetzt komm mit, wir haben zu tun.“, erinnerte er und zog den Witzbold am Arm hinter sich her aus der Wartestation hinaus und immer tiefer in die Kanalisation. Kapitel 3: Gegen die Angst -------------------------- Erst als sie sicher außerhalb der Hörweite zum Hauptquartier waren, ließ Raphael den hinter ihm her trottenden Michelangelo los. Der hatte immer noch den Finger im Mund, aber wahrscheinlich nur, um seinem Bruder ein schlechtes Gewissen zu machen. Aber der beachtete ihn gar nicht, sondern sprang mit beiden Beinen in den Kanal, sodass sich Michelangelo mit einem Sprung zur Seite retten musste, um nicht nass gespritzt zu werden. Nach kurzer Suche zogen die muskulösen Arme etwas sehr nasses und labbriges aus dem Wasser. „Na also, ich wusste doch ich hab' das Ding hier gesehen.“, rief Raphael zufrieden. Es war ein sehr altes, sehr löchriges und hoffnungslos verschmutztes Handtuch von eklig okker-rot-grauer Farbe. Michelangelo warf einen Blick auf den Lappen und fürchtete sofort eine neue Gemeinheit, darum trat er vorsichtshalber ein paar Schritte vom Kanalrand zurück. „Was willst du denn damit, Alter?“, fragte er angewidert und sah zu, wie die großen Hände seines Bruders den Lappen zu einem triefenden Ball zusammendrückten. Als der Klumpen stabil war, zog Raphael einen Sai, ließ ihn kurz in der Hand wirbeln und griff ihn schließlich mit beiden Fingern am Metall. Dann stach er mehrmals auf das tropfnasse Ding unter seinem Arm ein, bevor er den Sai wieder weg steckte und Michelangelo sein Werk zeigte. Er hatte dem schlabbrigen Klumpen ein Gesicht geschnitzt. Michelangelo betrachtete das Kunstwerk unbehaglich. Es erinnerte ihn auf unangenehme Weise an etwas, das ihm nicht gleich einfallen wollte. „OK und was sollen wir jetzt damit?“, fragte er unsicher, ohne dabei den Finger aus dem Mund zu nehmen. Raphael stöhnte und ließ genervt die Schultern hängen. Dann kam er aus dem Wasser, stellte sich seinem Bruder gegenüber und hielt ihm den tropfenden Klumpen hin. „Das ist unsere Kraang-Attrappe, du Genie. Damit sollst du trainieren.“, erklärte er unwillig und warf Michelangelo das Ding vor die Brust. Der nahm endlich den Finger aus dem Mund, fing es auf und brackiges Abwasser spritzte ihm ins Gesicht. Er sah sich das Ding noch einmal mit zugekniffenen Augen genau an. Irgendwie erinnerte der Stoffklumpen tatsächlich an die rosa Alienhirne, aber etwas wichtiges fehlte noch. Das war ein Fall für Mikey! Nun war sein Hang zur Albernheit geweckt. „Das Ding braucht Tentakel!“, stellte er fest. Raphael schlug sich die Hand vor die Stirn und konnte es einfach nicht fassen wie schwer es war nett zu dem Kindskopf zu sein. Am liebsten wäre er jetzt losgezogen und hätte einen Kraang besorgt, den er dann mit seinen Tentakeln an Michelangelos Bettpfosten gebunden hätte. „Ehrlich Mikey, du machst mich wahnsinnig! Sollen wir erst Donnie fragen, ob er dir eine lebensechte Kraang-Puppe bastelt, oder können wir endlich anfangen?“, knurrte er hinter zusammengebissenen Zähnen. Aber hinter der orangenen Bandana liefen Dinge ab, die keinen Platz für Raphaels Gemurre ließen. Sein Blick bohrte sich in den dreckig-nassen Stoffballen. Dann erhellte sich plötzlich sein Gesicht und er warf den nassen Klumpen grob in die Richtung aus der er ihn erhalten hatte, bevor er nun seinerseits platschend in den Kanal sprang. Beherzt tunkte er beide Arme tief in das trübe Wasser und begann darin herumzuwühlen. Trotzdem, dass er beim Werfen gar nicht gezielt hatte, flog der Stoff-Kraang direkt auf Raphael zu, der beim Auffangen das Gesicht abwenden musste, um kein Spritzwasser abzubekommen. Michelangelo war ein meisterhafter Werfer. Wahrscheinlich durch sein jahrelanges Training mit Wasserbomben als Dr. Frankenstreich, wie er sich selbst betitelte. Raphael klemmte sich die Übungspuppe unter den Arm und wischte sich die Wassertropfen von Wange und Hals ab. „Gut dass du schon drin bist, so sparst du mir die Mühe dich rein zu werfen!“, rief er seinem Bruder zu, wohl wissend, das der sich gerade in einer ganz anderen Welt befand. Aber dann verließ ihn doch die Geduld und er trat näher an der Kanalrand heran. „Was machst du da eigentlich?“, wollte er mit Nachdruck in der Stimme wissen. Michelangelo antwortete nicht, sondern wühlte mit der Zunge zwischen den Lippen weiter im Schlamm der Kanalisation. Kurz darauf hatte er schließlich gefunden was er suchte. Die Arme nun bis zu den Schultern im Abwasser begann er zu ziehen und beförderte mehrere lange, glibbrige, graue Algenstränge an die Oberfläche. So etwas hatten sie 15 Jahre lang gegessen, bevor sie nach oben in die Stadt gedurft hatten, wo sie sich jetzt aus den Hinterhöfen der Einkaufszentren die abgelaufenen Lebensmittel holten, schoss es Raphael durch den Kopf. Michelangelo stieg mit beiden Armen voller Algen aus dem Wasser und trat damit auf den grimmig dreinblickenden Raphael zu. Der Blick sagte: Wenn du es wagst mich mit dem Zeug zu bewerfen, bist du tot! Aber der Kindskopf meinte nur: „Halt den Kraang mal hoch.“ und stubste Raphaels muskulösen Arm mit dem Fuß an, weil er selbst beide Hände voll hatte. Mit einem entnervten Knurren hielt er Micheangelo den Klumpen mit einer Hand entgegen, woraufhin der Künstler in orange sofort begann die Algenstränge um den Kraang-Dummy zu binden, bis er genug 'Tentakel' hatte. Mit dem übriggebliebenen Schlamm auf seinen Händen und Armen, malte der Kindskopf dann noch die Löcher aus, die Raphael in den Stoff gestanzt hatte. Dann trat er selig lächelnd ein paar Schritte zurück, betrachtete sein Werk und schrie urplötzlich auf. „Was denn?“, fragte Raphael alarmiert, ließ die Attrappe fallen und hatte im Nu seine Sais fest in beiden Händen, bevor er sich aufmerksam umsah. „Das Ding sieht plötzlich so echt aus.“, wimmerte Michelangelo und deutete auf die am Boden liegende Konstruktion aus Stoff, Algen und Schlamm. Der Turtle in rot begriff, dass keine Gefahr drohte und schob wütend über den Fehlalarm die Sais zurück in den Gürtel. Dann versetzte er dem Klumpen zu seinen Füßen einen heftigen Tritt, der ihn genau auf Michelangelos ängstliches Gesicht zufliegen ließ. Dieser begann zu Kreischen und schlug mit der flachen Hand nach dem leblosen Angreifer, der dadurch mitten in der Luft gestoppt wurde. Die Algententakel wurden durch die Wucht des Aufpralls jedoch nach vorn geschleudert und wickelten sich um die grüne dreifingrige Hand des Turtles. Entsetzt kniff der die Augen zusammen und schüttelte den gestreckten Arm, aber die Kraang-Attrappe fiel nicht ab. „Raaaaahahahaaaaaph!“, heulte er, den Arm immer noch weit von sich gestreckt. Aber der Sai-Spezialist hielt sich inzwischen den Bauchpanzer vor Lachen und nun war es an Michelangelo grimmig zu gucken. „Na vielen Dank auch für die Hilfe, Bro.“, beschwerte er sich. Für Raphael war die Kraang-Puppe immer noch eine Ansammlung von Stoff, Algen und Schlamm, aber sie funktionierte großartig. Immer noch lachend, trat er auf den Bruder zu, zückte einen Sai und schnitt die Tentakel auf Michelangelos Haut durch, sodass die Attrappe klatschend auf dem Boden aufschlug. „Bist du dann jetzt soweit zu trainieren, du Held?“, fragte er gut gelaunt. Michelangelo starrte erst böse, dann ängstlich, aber dann entschlossen auf die Trainingspuppe und griff nach seinen Nunchakus. „Ich bin startklar, Alter!“, gab er an und ließ die Waffen wirbeln, um sie dann unter den Armen einzuklemmen. „Pack die wieder weg. Du gehst direkt auf das Ding los.“, kommandierte Raphael und wischte Mikey damit die Entschlossenheit wieder vom Gesicht. „Aber die Kraang sind so eklig! Ich will das Ding nicht nochmal anfassen!“, protestierte er. Raphaels linkes Augenlid begann zu zucken. „Eben hast du noch halb im Abwasser gelegen, um dem Ding Tentakel zu verpassen und jetzt willst du es nicht... aaaaarrrrrghhh!“, er brach ab und gab ein wütendes Knurren von sich. Drohend richtete er die Fäuste bereits gegen die orangene Bandana, dann aber griff er sich mit beiden Händen an die Schläfen, schloss die Augen und atmete tief ein. Michelangelo beobachtete fasziniert das Gesicht seines Bruders. „Alter, du müsstest dich mal sehen. Du siehst so wütend aus.“, kicherte er unbekümmert. Daraufhin nahm Raphael die Hände wieder runter, sah Michelangelo mit gefletschten Zähnen an und trat unvermittelt auf ihn zu. Bevor der Kleinere noch ausweichen konnte, hatte der andere ihm schon die Kusarigama abgenommen. „Hey.“, empörte der sich kleinlaut. Aber Raphael wandte ihm schnaubend den Rücken zu und schob die Sichel der Kettenwaffe in das obere Ende der Kraang-Puppe. Die Kette warf er über ein Rohr an der Tunneldecke und zog das ganze Ding auf Michelangelos Augenhöhe. Abschließend verhakte er die Kettenglieder mit seinem Sai, damit die Konstruktion so hängen blieb. Im Dämmerlicht der Kanalisation sah das schwammige Ding mit seinen feucht-glibbrigen Algenarmen tatsächlich ein bisschen wie ein Kraang aus. Mikey war sichtlich unwohl bei dem Anblick. Raphael trat hinter die Attrappe und hielt sie fest wie einen Sandsack. „Jetzt hau drauf.“, kommandierte er. Michelangelo schob sich seitlich etwas näher heran, zögerte aber. Raphael stieß die Puppe mit den Armen nach vorn, ohne sie loszulassen. Der Kleine schrie auf und sprang drei Meter zurück. „Wenn du ihn nicht haust, fängt er dich.“, versprach der Turtle hinter der Trainingspuppe mit einem fiesen Grinsen. Nun fühlte sich Michelangelo doch vorgeführt. Er fokussierte sich, wie er es bei Meister Splinter gelernt hatte. Dann sprang er vor und verpasste dem Stoff- und Algenklumpen einen gestreckten Tritt. Raphael wurde zwei Zentimeter zurückgeschoben, änderte aber seine Haltung nicht. „Weiter!“, befahl er und Michelangelo schlug zu. Immer wenn er unsicher wurde und zwischen zwei Angriffen zögerte, stieß Raphael die Puppe nach vorne und zwang seinen Bruder zur Verteidigung. Dabei wickelten sich ab und zu die Algen wieder um Michelangelos Handgelenke, aber schon nach kurzer Zeit, hieb er sie mit der Handkante durch und machte weiter. Schlag, Tritt, Tritt, Schlag, Abwehr, Knie, Ellbogen, Ducken, Hieb nach oben, Rückwärtssalto, Tritt nach vorne, Schlag, Schlag. Schließlich hatte der Stoffballen statt eines Gesichtes eine tiefe Delle. „Gut, stopp.“, rief Raphael, und fing den nächsten Fausthieb mit seiner Hand ab. Michelangelo atmete schnell, aber kontrolliert. Voller Ninja-Modus, würde Leonardo sagen. Man sah den Kleinen selten so konzentriert. „Das Ding wird mich in meinen Träumen verfolgen.“, meinte er, während er sich den Schlamm und die Algenstücke von den Händen wischte. „Ja, aber du wirst ihm eine rein semmeln.“, versprach Raphael, während er sich daran machte, die Konstruktion an der Kette herunterzulassen. „Na ich weiß nicht.“, murmelte der Freigeist und nahm die Kusarigama wieder an sich. „Willst du's testen?“ Michelangelo sah seinen Bruder erst skeptisch an, dann wurden seine Züge aufgeschlossener. „Wie denn?“ Ohne Vorwarnung gab Raphael der Kraang-Attrappe einen Fußtritt, sodass sie erneut auf das Gesicht mit der orangenen Bandana zuflog. Michelangelo stieß einen kriegerischen Schrei aus, vollführte einen Salto und trat das Ding mit der Ferse zu Boden, bevor er in Angriffsposition landete, bereit weiter auf seinen Gegner einzuprügeln. Aber der bewegte sich nicht mehr. Seine Augen wurden wieder klar, als er aus seiner Kampfhaltung auftauchte. „Alter, was sollte das?!“, fuhr er den selbstgefällig dreinblickenden Raphael an. Aber der brauchte nicht einmal zu antworten. „Ich hab den Kraang erledigt.“, stellte Mikey ungläubig fest. Dann vollführte er einen seiner berüchtigten Freudentänze. „Dam dam dam dam dam-da-da-dam.“, summte er die 'Teenage Mutant Ninja Turtle - Melodie' beim tanzen und zeigte überlegen auf seinen am Boden liegenden Gegner. „Ich hab dich voll erwischt!“ „Ja, und heute Nacht schläft der in deinem Zimmer.“, verkündete Raphael, indem er Michelangelo den Ellbogen auf die Schulter legte. Der Kleine erstarrte und sah ungläubig zur roten Bandana hinauf. „Ich soll das gruselige Ding in mein Zimmer bringen?“, fragte er. Raphael nickte. „Aber dann schlafe ICH bei dir!“, verlangte er mit Nachdruck in der Stimme. Der Blick hinter der roten Bandana wurde kalt wie Stahl. „Nein!“, stellte er klar und gab Michelangelo einen Klaps auf den Hinterkopf. Dann schob er den Fuß unter den Stoffklumpen und kickte ihn in Michelangelos Arme, der ihn auffing, ohne hinzusehen, weil sein Blick immer noch den Bruder durchbohrte. „Warum?“, fragte er weinerlich. „Weil dieses Ding dich nicht fressen wird und wenn du das kapiert hast, können wir endlich alle wieder schlafen.“, damit drehte er den unglücklichen Michelangelo herum und schubste ihn, damit er sich in Bewegung setzte. „Du vielleicht.“, murrte der und betrachtete den schwammigen Kraang-Kopf mit Unbehagen. „Wenn du Angst kriegst, verpasst du dem Ding eben noch ein paar.“, beendete Raphael die Diskussion, während sie zurück ins Hauptquartier liefen. Leonardo saß auf der Couch vor seiner Lieblingsserie 'Space Heros', als die Beiden durch die Drehkreuze kamen. „Wo kommt ihr denn her?“. Fragte er, ohne sich umzusehen. Raphael nutzte das und bedeutete Michelangelo die Attrappe schnell in sein Zimmer zu bringen. Dieser schlich unwillig davon. „Und warum stinkt ihr so?“, war die nächste Frage des Anführers, der sich nun doch umwandte. Aber er erblickte nur noch Raphael. „Och, keine Ahnung, vielleicht, weil wir IN DER KANALISATION LEBEN!“, brauste der Sai-Kämpfer auf. Er musste etwas Zeit gewinnen, um sich eine glaubhafte Ausrede zu überlegen. Leonardo, der solche Ausbrüche gewöhnt war, sah ihn skeptisch an. „Mikey ist in den Kanal gefallen, wenn du alles wissen musst!“, motzte Raphael ihn an. Da mischte sich Donatellos Stimme von der Werkstatt aus ein: „Ist er gefallen, oder gefallen worden, Raph?“ „Er ist gesprung... aaaarrrghhh, WAS GEHT EUCH DAS EIGENTLICH AN!“ , erwiderte dieser jähzornig, die Hände wieder an die Schläfen gepresst. Dann drehte er sich um, verpasste der Sandsack-Puppe, die hinter der Couch hing, einen Schlag, der sie ordentlich in Bewegung brachte und knallte die Badezimmertür hinter sich zu. „Langsam werden seine Gefühlsausbrüche echt anstrengend.“, bemerkte Leonardo sachlich. „Wem sagst du das.“, stimmte Donatello zu. „Mir tut immer noch der Panzer weh, wo er mich heute morgen erwischt hat.“ Kapitel 4: Ein Haufen Mutanten oder Familienangelegenheiten ----------------------------------------------------------- Raphael hielt nicht so viel vom duschen. Er war eine Schildkröte, also war es nur natürlich, wenn er auch wie eine roch. Außerdem hielt er Reinlichkeit für Zeitverschwendung. So oft wie die vier Jungs trainierten, in Kämpfe verwickelt wurden, Mikey irgendwas verschüttete, oder eines von Donatellos Experimenten explodierte blieben sie ohnehin nicht lange sauber. Und so fiel seine Wäsche auch nicht besonders gründlich aus. Sobald er nicht mehr nach Abwasser stank, stellte er das Wasser ab, das Donatello ihnen von der Hauptleitung der städtischen Wasserwerke abzweigte und trat aus der Duschzelle. Sie hatten zwar warmes Wasser, weil Fix-it-Felix-Donnie einen alten Boiler vom Schrottplatz angeschleppt und repariert hatte, aber kalt duschen ging schneller. Raphael hielt sich nicht mal mit einem Badetuch auf, weil seine Reptilienhaut ohnehin schnell trocknete. Dennoch wartete vor dem Badezimmer schon jemand, als er wieder mit Gürtel und Bandana bekleidet herauskam. Meister Splinter hatte den unglücklichen Michelangelo am Nacken gepackt und schleifte ihn in den Nassraum, sobald Raphael draußen war. Der bereits saubere Turtle sah ihnen hinterher und erwartete, dass Splinter wieder herauskommen würde. Aber der schloss die Tür mit seinem Rattenschwanz hinter sich. Wenig später ging wieder die Dusche an und Michelangelos Kreischen drang aus dem Bad. „Das ist so kalt!“ „Michelangelo! Du stinkst bestialisch. Ich weiß nicht was du gemacht hast, aber ich weiß was du jetzt machen wirst. Duschen!“ „Aber da drin werde ich erfrieren. Kann ich nicht noch auf das warme Wasser warten? Vielleicht bis morgen?“ Darauf folgte ein Geräusch wie von einem Peitschenhieb und erneut Michelangelos Kreischen. Von dem Geschrei angelockt kamen nun auch Leonardo und Donatello näher und starrten die Tür an. „Was läuft denn da?“, fragte der furchtlose Anführer breit grinsend und rutschte im nächsten Moment in der Wasserpfütze aus, die sich von Raphaels Füßen langsam um ihn herum ausgebreitet hatte. Er rutschte eine Weile unter wilden Verrenkungen herum, dann gelang es ihm zu springen, sich auf trockenem Grund in den Handstand zu retten und schließlich elegant wieder auf die Füße zu kommen. „Raph! Wieso trocknest du dich nie ab?!“, fuhr er seinen Bruder an. Raphael zuckte nur unbeeindruckt die Schultern und sah trotzig zur Seite. „Wieso? Ich bin doch trocken.“, entgegnete er und hatte damit sogar recht. Er war inzwischen tatsächlich getrocknet. „Wieso? Weil du immer alles volltropfst!“, erklärte der Ältere und zeigte mit gerunzelter Stirn auf die breite Wasserlache zu Raphaels Füßen. Donatello trat neben seinen Bruder in blau und hob lehrerhaft den Finger. „Ich bin ja schon froh, dass er überhaupt mal geduscht hat. Reinlichkeit ist wichtig für die Hygiene und die Gesundheit, wisst ihr.“, belehrte der Besserwisser und schloss beim dozieren sogar für einen Moment die Augen. Raphael stöhnte genervt und hätte seinen schlauen Bruder gerne über die Pfütze auf die Schnauze geschickt, aber dann fiel ihm ein besseres Argument ein. Er warf sich in Bodybuilder-Pose, ließ die Muskeln spielen und fragte grinsend: „Ach ja? Und wie nennst du dann das hier? Das nenne ich gesund!“, prahlte er und küsste seinen rechten Bizeps. Leonardo schüttelte abschätzig den Kopf und Donatello nahm den Finger runter. „Das hat nicht annähernd was mit dem zu tun was ich meine.“, gab er zurück. In diesem Moment erregte erneutes Geschrei aus dem Badezimmer die Aufmerksamkeit der drei Mutanten und es kam zu einem kurzen Gerangel bis jeder ein Ohr an der Tür hatte. „Hör auf mit dem Theater, Michelangelo. Ich bleibe so lange hier stehen, bis du sauber bist. Oder muss ich erst reinkommen und nachhelfen?“, hörten sie die strenge Stimme des Senseis. „Man sollte meinen, wir als Schildkröten hätten nichts gegen Wasser, aber unsere Brüder verleugnen hartnäckig ihre Wurzeln.“, murmelte Donatello zu Leonardo, der den Kampf um das Schlüsselloch gewonnen hatte und schielte dann zu Raphael, der direkt über ihm einen Platz an der Tür gefunden hatte. „Ach, halt die Klappe, Donnie. Du machst doch nur so ein Geschiss mit der Reinlichkeit, weil du April beeindrucken willst!“, zischte der ungnädig zurück. „Sie steht nicht auf dich, ob gewaschen oder nicht. Kapier' das endlich!“ „Raph!“, zischte Leonardo und trat seinem Bruder gegen das Schienbein. Tausendmal hatte er ihm gesagt, er solle Donatello so etwas nicht sagen. In dessen Blick spiegelte sich nun auch die Wut auf Raphael und sein Schmerz wegen April. Aber Raphael sah das nicht. „Was?! Stimmt doch! Er schleppt uns jede Woche irgendeine neue Rosenseife und so'n Quatsch an! Das ist abartig!“ In diesem Moment wurde die Badezimmertür aufgerissen und die drei Turtles sahen sich Meister Splinter gegenüber. „Was ist hier los?“, fragte er gefährlich ruhig. Hinter ihm versuchte der halb eingeseifte Michelangelo aus der Dusche zu schlüpfen, wurde aber von dem langen Rattenschwanz am Fuß gepackt und auf dem Panzer wieder zurück in die Nasszelle geschleift. Die Jungs sahen sich einen Moment lang an, dann gaben sie Fersengeld in drei verschiedene Richtungen. Splinter schloss die Tür wieder. Beim Abendessen war Michelangelo tatsächlich makellos sauber und roch nach Rosenseife. Raphael erstickte fast bei dem Versuch ihn vor Meister Splinter nicht lauthals auszulachen, weil er befürchtete, dann dasselbe durchmachen zu müssen. Donatello warf ihm die ganze Zeit mörderische Blicke über den Tisch hinweg zu, bis Michelangelo mit dem Kopf in den leer gefressenen Pizzakarton fiel und leise zu schnarchen begann. „Was habt ihr zwei denn den ganzen Tag getrieben?“, fragte das Familiengenie und musterte den jüngeren Bruder. Leonardo erhob sich. „Nach Meditation sieht das jedenfalls nicht aus. Ich bringe Mikey mal ins Bett.“ Raphael erinnerte sich gerade noch rechtzeitig, dass Michelangelo ja die Kraang-Attrappe im Zimmer hatte und kam dem Älteren knapp zuvor. „Lass gut sein, Leo. Ich wollte eh gerade in die Richtung.“, meinte er möglichst beiläufig, schob sich den letzten Bissen in den Mund und lud sich den Schlafenden auf den Rücken. „Na komm, Röschen“, murmelte er und musste nun doch lachen. „Nacht zusammen.“, brachte er mit vollem Mund noch heraus, bevor er aus der Küche verschwand. Die Kraang-Atrappe lag in einer Ecke neben der Tür in Michelangelos Zimmer. Der Kleine hatte sie einfach in sein Zimmer geworfen und war dann weiter gezogen, oder er war von Splinter erwischt worden, bevor er sich so dreckig wie er war irgendwo hinsetzen konnte. Raphael lud ihn auf seinem Bett ab. Wie er vorhergesagt hatte waren der Schlafmangel, das Training der letzten Tage und die heutigen Zusatzstunden gegen die Attrappe zu viel gewesen. Ein voller Erfolg. Mit selbstzufriedenem Grinsen wandte er sich zum Gehen und sah Leonardo in der Zimmertür stehen. Das Licht das von draußen herein fiel erhellte nur ein Rechteck des Durcheinanders unter dem der Boden des Zimmers versteckt war. Die Attrappe lag im Dunkeln und der Anführer hatte sie noch nicht entdeckt. Er stand nur in der Tür und sah Raphael an. Der beeilte sich das Zimmer zu verlassen und schloss die Tür hinter sich. „Was?“, fragte er seinen Anführer verärgert. „Verfolgst du mich jetzt?“ „Du verhältst dich komisch. Heute morgen trittst du erst Donnie an die Wand, dann springst du Mikey an den Hals und verbringst später den ganzen Tag mit ihm in der Kanalisation. Ihr kommt total verdreckt wieder, wollt aber nicht sagen was ihr getrieben habt. Von deinem Verhalten Donnie gegenüber will ich gar nicht erst anfangen! Und jetzt überschlägst du dich fast um Mikey ins Bett zu bringen? Was läuft denn da bei dir?“, fragte er mit gedämpfter Stimmer. „Bei mir? Was läuft bei dir?“, fragte Raphael zurück und stieß Leonardo den Finger vor den Brustpanzer. „Laufe ich vielleicht dir hinterher und frage dich oder Donnie was ihr den ganzen Tag gemacht habt? Für was hältst du dich?“, schnauzte er. Aber der Turtle in blau ließ sich davon nicht beeindrucken und antwortete ruhig: „Für den Anführer. Ich muss wissen was mit meinem Team los ist.“ Raphael wäre es lieber gewesen, wenn Leonardo mit ihm gestritten hätte. Dieser besorgte Ernst in seiner Stimme machte ihn wahnsinnig. Er klang genau wie Splinter, wenn sich Raphael als Kind mal wieder übereilt und in Gefahr gebracht hatte. Diese Tonfall stand dem Angeber nicht zu, ob Anführer oder nicht. Darum rempelte er Leonardo wortlos mit der Schulter beiseite und wollte an ihm vorbei, doch der hielt ihn mit der Hand auf dem Brustpanzer zurück. „Ich will dich doch nicht ärgern, Raph.“, versicherte er und wollte sich erklären, aber der jähzornige Mutant kam ihm zuvor. „Dann kümmere dich um deine Sachen.“ „Ihr seit meine Sache!“, entgegnete Leonardo nun doch gereizt. Das war viel besser, mit einem gereizten Leo konnte er umgehen. Raphael packte dessen Handgelenk, zog es von seiner Brust und hielt es fest, während er starr in die blauen Augen seines Bruders sah. „Es ist nichts! Leo. OK? Reg' dich ab!“, knurrte er ihm ins Gesicht, ließ das Handgelenk los und verschwand in sein eigenes Zimmer. „I c h soll mich abregen?“, hörte er den Älteren noch fragen, bevor er die Tür hinter sich zu warf. Spike, der wieder auf seinem Kissen saß, zog erschrocken den Kopf ein. Der Turtle in rot ließ sich mit dem Rückenpanzer gegen die Tür fallen und schlug sich beide Hände vor die Stirn. „Er ist erst seit ein paar Wochen der Anführer und spielt sich schon wie eine Glucke auf! Kann man in diesem Haufen Mutanten nicht einmal was alleine machen?“, grummelte er vor sich hin. Dann nahm er die Hände runter und ließ seinen Blick träge durch das Zimmer schweifen. Spike lugte vorsichtig aus seinem Panzer heraus. „Hey Spike.“, begrüßte ihn Raphael und kniete sich mit einem Salatblatt, das er vom Regal nahm, vor die Schildkröte hin. Langsam schob Spike den Kopf wieder aus dem Panzer und betrachtete das Blatt. „Ich muss heute nochmal weg. Es ist wegen Mikey. Es wird wahrscheinlich gefährlich. Es ist wahrscheinlich auch irgendwie leichtsinnig und total überstürzt. Darum muss ich wissen was du davon hältst. Beiß' in das Blatt, wenn du damit einverstanden bist.“ Kapitel 5: YORU NO 2 -------------------- Raphael wartete hinter seiner Zimmertür bis alle anderen schlafen gegangen waren. Selbst Spike schlummerte bereits auf seinem Kissen mit dem Kopf auf seinem vierten Salatblatt, als endlich auch Donatello seine Werkstatt verließ und gähnend in seinem Zimmer verschwand. Raphael erkannte ihn am Geräusch seiner Schritte und am leisen pock-pock des Bo-Stabes, der gegen seinen Panzer schlug, wenn er vor Müdigkeit den Oberkörper vorbeugte. Wenn man 15 Jahre aufeinander hockte, so wie die Turtles, prägten sich solche Details ein. Jetzt war die Zeit gekommen. Lautlos schlüpfte der Mutant aus dem Zimmer und schlich in geübter Ninja-Manier durch den Wohnraum, wobei er Acht gab nicht auf leere Pizzakartons oder Michelangelos liegengelassenes Spielzeug zu treten. Kurz vor den Drehkreuzen duckte er sich in einen besonders schwarzen Schatten und sah sich um, weil er dachte etwas gehört zu haben. Aber alles blieb ruhig. Kein Lufthauch regte sich. 'Jetzt steckt Mikey mich noch mit seinem Verfolgungswahn an.', dachte er und sprang lautlos über das Drehkreuz in die endlosen Tunnel der Kanalisation. Hinter ihm flammten in der Dunkelheit unbemerkt zwei weiße Augen auf. Wie ein verhängnisvoller Schatten glitt Raphael durch das nächtliche New York City. Er sprang über die Dächer und huschte von einer leeren Gasse in die nächste. Er suchte die Straßen nach einem ganz bestimmten Ziel ab und fand es schließlich in einem der unzähligen Hinterhöfe der Stadt. Eine Gruppe Kraang-Droiden. Von den Kraang unbemerkt spähte er den Trupp aus und musste sich sehr zusammenreißen, um seinen eigenen Plan nicht in den Wind zu schießen und einfach mit seinen Sais mitten unter den Feind zu springen. Es juckte ihn enorm in den Fingern ein paar von den Blechschädeln aufzuspießen. Aber er beherrschte sich und folgte dem Trupp ungesehen, als der sich in Bewegung setzte. Na wer sagt's denn?, dachte er bei sich. Wenn Leonardo nicht da war und sie ständig ermahnte leise zu sein, ging es doch hervorragend mit der lautlosen Observation. Manchmal fragte sich Raphael, ob er alleine nicht irgendwie besser dran war. Es war schon gegen zwei Uhr morgens, als sich endlich einer der Droiden von den anderen trennte und alleine weiter lief. Nun sah Raphael seine Chance endlich gekommen. Wurde auch Zeit! Er hatte schon ganz steife Schultern vom Nichtstun! Voller Tatendrang stieg auf die Randbegrenzung des Daches, auf dem er stand, zückte die Sais und setzte gerade zum Sprung in die Tiefe an, als er überraschend am Panzer zurückgehalten wurde. Sofort dachte er an die restlichen Kraang, stieß sich vom Dach ab, vollführte einen Rückwärtssalto über den Kopf seines Angreifers hinweg und landete geschickt hinter ihm, nur um gleich wieder abzuspringen und von oben mit den Sais auf ihn herabzustoßen. Dieser war aber bereits in die Knie gegangen, hielt ein Katana in den Händen und ging dem Angriff von unten entgegen. Die Sais trafen auf die Klinge, der Führer des Schwertes trat rasch zur Seite und Raphael landete Angesicht in Angesicht vor dem Feind, die Klingen ineinander verkeilt. „Leo?!“ Jetzt hatte er innerhalb von 24 Stunden unwissentlich alle seine Brüder bekämpft ohne sie zu erkennen. Das wurde langsam zu einer schlechten Angewohnheit. „Ernsthaft? Jetzt verfolgst du mich sogar nachts?“, fuhr er ihn mit mühsam gedämpfter Stimme an. Aber Leonardo konterte mit einer Gegenfrage. „Schleichst du dich denn öfter nachts raus und verfolgst Kraang-Truppen?“ Raphaels Augen wurden vor Zorn immer schmaler. „Wie lange läufst du mir schon nach?“ „Lange genug, um mich zu fragen was das hier werden soll. So eine Art Einsamer-Held-Aktion?!“ Der Ton zwischen beiden wurde immer wütender. Raphael ballte die Fäuste fester um die Griffe der Sais und drückte Leonardos Katana herunter, damit er dessen ganzes Gesicht sehen konnte. Er beugte sich über die verkeilten Waffen vor und sah Leonardo ernst in die Augen. „Das geht dich überhaupt nichts an!“, zischte er. Der Anführer in Blau stemmte unter großem Krafteinsatz sein Katana wieder hoch und stieß Raphael den Schaft vor die Brust, sodass der zwei Schritte zurück treten musste, um nicht umzufallen. Dabei glitten die Waffen auseinander und jeder Kämpfer stand wieder frei für sich. „Es geht mich sehr wohl was an, wenn du hier Alleingänge unternimmst ohne jemandem was zu sagen!“, stellte er klar und richtete sich auf, steckte das Schwert aber noch nicht wieder ein. „Spiel' dich nicht immer so auf, Leo! Du versaust gerade alles!“, spie ihm der Saikämpfer entgegen. Aber dann verstummte er, weil er Michelangelo nicht verraten wollte. Er hatte ihm einen Kraang besorgen wollen, an dem er üben konnte. Aber die anderen würden das wahrscheinlich für eine ganz schlechte Idee halten, also durfte er Leonardo gegenüber nichts davon zugeben. Mit wütendem Blick auf seinen Anführer, trat der temperamentvolle Mutant ein paar Schritte zur Seite und spähte über die Dachkante nach dem Droiden, den er verfolgt hatte. Der Kraang spähte zurück. Schnell zog Raphael den Kopf ein und trat von der Dachkante zurück. Dann zeigte er mit der Spitze eines Sais auf Leonardo. „Nur deinetwegen weiß er jetzt, dass wir hier sind!“, behauptete er. Der Turtle mit den blauen Augen schüttelte nur missbilligend den Kopf. Im nächsten Moment schoss eine Salve pinker Energie haarscharf daran vorbei und er duckte sich reflexartig. Der Kraang war bis zur Dachkante hoch geklettert und hatte einen Schuss abgegeben. Raphael nahm die Schultern zurück und senkte den Kopf, um auf den Droiden zu zurennen. Den hatte er doch im Nu erledigt, dachte er sich. Aber da tauchten links und rechts neben dem ersten noch mehr Droidenköpfe auf. Raphael hielt inne. Unschlüssig wen er jetzt zuerst fertig machen sollte sah er zu Leonardo, aber der war schon zwei Dächer weiter und bedeutete ihm zu folgen. Raphael wog ab. Sollte er dem Angeber folgen oder lieber kämpfen. Selbstverständlich lieber kämpfen! Aber unter dem wachsamen Blick seines Anführers konnte er schlecht ein Alien mit nach Hause nehmen. Die drei Droiden stiegen bereits aufs Dach und hinter ihnen tauchten noch zwei weitere auf. Raphael knurrte frustriert, steckte die Sais ein und folgte Leonardo. Wieder zu Hause wusste der jähzornige Turtle nicht wohin mit seiner Wut. So ein Wichtigtuer! So ein Krötenhirn! So ein gottverdammter, sich in alles einmischender... Er trat nach der Trainingspuppe, die hinter der Couch hing und fegte sie glatt von ihrem Haken. Und jetzt setzte dieser Möchtegern-Splinter auch noch diesen Blick auf. Oh, er hasste es, wenn Leonardo diesen beherrschten Blick aufsetzte, kurz bevor er anfing zu predigen! „Was sollte das, Raph? Was hast du da draußen machen wollen?“, fragte der Anführer betont ruhig. Wahrscheinlich blieb er so ruhig, weil es Nacht war und die anderen schliefen, sonst hätte er ihn sicher angebrüllt. Raphael ballte die Fäuste. Seine Schultern bebten vor unterdrückter Aggression und er schloss die Augen, um Leonardo nicht sofort eine reinzusemmeln. Nicht schon wieder. Ausrede! Er brauchte eine Ausrede. Und alles nur, weil Michelangelo so ein Schisshase war! „Konnte nicht schlafen. Brauchte Bewegung.“, knurrte er gepresst. Leonardo hob zweifelnd eine Augenbraue. „Hattest du heute nicht den ganzen Tag Bewegung? Bist du deshalb heute morgen nicht aus den Federn gekommen, weil du nachts auf Kraang-Jagd gehst?“, fragte er und verschränkte die Arme vor der Brust. Er sah aus wie die Mütter im Fernsehen, wenn ihre Teenies zu spät nach Hause kommen. Raphael fiel es immer schwerer sich zu beherrschen. „Wenn sich das Team nicht auf dich verlassen kann...“, fing der Turtle in Blau wieder an, doch nun riss dem Jüngeren endgültig der Geduldsfaden. „Das Team?“, schnauzte er Leonardo an und trat bedrohlich nahe an ihn heran, um ihm seine Gefühle direkt ins Gesicht zu schreien. „Weißt du was DEIN Team macht, wenn es Probleme hat? Es kommt zu MIR, Leo! Du hast keine Ahnung was in deinem Team vor sich geht. Nur weil Splinter dich zum Anführer erklärt hat, hast du es noch lange nicht drauf diesen Titel zu tragen. Wann immer irgendetwas Probleme macht, suchst du die Schuld bei mir! Und ich sage dir noch etwas: Vielleicht bist du es, auf den man sich nicht verlassen kann!“ Damit drehte er Leonardo den Rückenpanzer zu, der sprachlos und völlig überrumpelt auf Raphaels Hinterkopf starrte. Für einen Moment blieben sie so stehen, dann drehte sich der zornige Bruder erneut um. Seine rechte Faust segelte auf Leonardos Kinn zu, der sie reflexartig abfing, dabei aber die linke Faust übersah, die nur Sekundenbruchteile später nach vorne schnellte und auf sein Auge zielte. Der Anführer wurde von der Wucht des Schlags rückwärts über die Lehne der Couch geschleudert und blieb, die Füße in der Luft, der Kopf nur Zentimeter über dem Boden, benommen dort liegen. Raphael schnaubte zufrieden. Das hatte gut getan. Nun konnte er schlafen. Er ließ seinen Anführer liegen wo er war und ging in sein Zimmer. Dort warf er sich auf das Bett und stellte fest, dass sein Kopfkissen noch immer auf dem Boden lag, nachdem er es Michelangelo in den Mund gestopft hatte. Ach was soll's!, dachte er und hob es auf. Er teilte sich mit seinen Brüdern das Badezimmer, was machte da schon ein bisschen Spucke vom Vortag an seinem Kissen? Seine Fingerknöchel pochten noch immer dort, wo sie auf Leonardos Schädelknochen getroffen waren und er musste schmunzeln. Das würde der alte Angeber noch eine Weile spüren. Sein Blick streifte den friedlich schlummernden Spike, der unbewusst an dem Salatblatt kaute auf dem sein Köpfchen lag. „Sei froh, dass du keine Brüder hast.“, riet Raphael ihm halblaut. „Für den einen musst du schweigen, der andere will alles wissen und beim Dritten musst du dich völlig grundlos entschuldigen.“ Damit drehte er sich auf den Rücken und starrte mit halb geschlossenen Augen in die Dunkelheit. Und was ist mit meinen Wünschen?, fragte er sich im Stillen. Es ist als wäre ich der Babysitter für die anderen. Leo muss ich zeigen wie man richtig anführt, Donnie muss ich Eier einprügeln und Mikey benimmt sich wie ein kleines Kind. Er drehte sich auf die Seite und merkte jetzt erst, dass er die Sais nicht abgelegt hatte. Andererseits war ihm das jetzt sowas von egal. Der nächste, der hier ungefragt rein kam, war selber Schuld. Bevor er einschlief, dachte er noch: Dann muss ich eben mit Mikey zu den Kraang gehen, anstatt ihm einen zu holen. Er bemerkte nicht wie gegen 4 Uhr morgens seine Zimmertür erneut geöffnet wurde, denn der Eindringling blieb vorsorglich draußen. Ein Fuß schob nur vorsichtig einen etwa kürbisgroßen Klumpen in den Raum, bevor die Tür behutsam wieder geschlossen wurde. Kapitel 6: Grüne Eifersucht --------------------------- Leonardo blinzelte zur weit entfernten Decke der verlassenen U-Bahn Station hinauf. Das Blinzeln gelang ihm allerdings nur mit einem Auge. Ächzend zog er sich auf der Couch in die Senkrechte und betastete vorsichtig die Beule in seinem Gesicht wo Raphael zugeschlagen hatte. Er seufzte. „Morgen.“ Donatello lief hinter der Couch vorbei ins Badezimmer. „Morgen.“, murmelte Leonardo automatisch. Dann fiel ihm etwas ein, das Raphael gestern gesagt hatte und er beeilte sich Donatello zu folgen, bevor die anderen dazukamen. Der kluge Turtle hatte bereits die Zahnbürste im Mund, sah aber auf, als der Bruder herein kam. Leonardo konnte ihm am Gesicht ablesen wie er aussehen musste. Erst weiteten sich die roten Augen überrascht, dann zuckten die Mundwinkel und schließlich musste Donatello ausspucken, weil er sich das Lachen nicht mehr verkneifen konnte. „Nettes Veilchen, Leo!“, prustete er und hielt sich am Waschbecken fest, um nicht vor Lachen in die Knie zu gehen. „Ist Raph etwa immer noch eifersüchtig wegen der Anführer-Sache?“ Mit ärgerlich gerunzelter Stirn trat der Mutant in Blau nun doch vor den Spiegel und besah sich den Schaden. Sein rechtes Auge war nur noch eine geschwollene lila Masse. „Sieht ganz danach aus.“, grummelte er. Donatello beruhigte sich langsam wieder und gestikulierte amüsiert mit der freien Hand als er kommentierte: „Ich weiß zwar, warum er so einen Aufriss deswegen macht, aber ich kann's nicht nachvollziehen. Ich beneide dich jedenfalls nicht um den Job.“ Er grinste und steckte sich die Zahnbürste wieder in den Mund, um dann fröhlich weiter zu plaudern, als ginge ihn die ganze Sache im Grunde gar nichts an. „Raph ist eben ein Hitzkopf und will sich ständig beweisen. Darum ist er ein guter Kämpfer. Aber als Anführer muss man ständig für alle anderen mitdenken. Man muss überlegen und tüfteln, sich immerzu weiterbilden und mal ehrlich...“, er seufzte theatralisch, „...das tue ich ohnehin schon die ganze Zeit. Meister Splinter hatte vollkommen Recht damit dir den Job zu geben. Und du hast ihn ja schließlich auch unbedingt gewollt.“ Dabei fiel sein Blick im Spiegel auf Leonardos Gesicht und nun war sein Grinsen gnadenlos schadenfroh. Der frisch gebackene Anführer verkniff sich die Frage, ob Donatello etwa auch eifersüchtig auf den Posten war. Dieser Verdacht kam ihm gerade zum ersten mal in den Sinn, aber jetzt saß er da fest und ließ sich nicht mehr vertreiben. Er beschloss das Thema zu wechseln und endlich die Frage zu stellen, wegen der er Donatello ins Bad gefolgt war. Als wäre er nur wegen der morgendlichen Zahnhygiene herein gekommen, nahm er sich seine Zahnbürste und strich etwas Colgate Zahncreme darauf. „Ja.“, begann er gedehnt. „Apropos Anführer. Ähm... Man angenommen, du hättest ein Problem. Angenommen, du wolltest mit jemandem reden. Zu wem würdest du dann am ehesten gehen?“ Um noch beiläufiger zu erscheinen steckte er sich die Zahnbürste in den Mund und begann zu schrubben, aber Donatellos Blick verriet ihm, dass er ihn längst durchschaut hatte. Eine peinliche Stille trat ein während der Leonardo in den Spiegel starrte. Seine Pupillen sprangen allerdings immer wieder zwischen dem Spiegelbild des Bruders und dem eigenen hin und her. „Mal angenommen ich tue so als verstünde ich deine Frage nicht als Eigenwerbung.“, begann der kluge Turtle und spülte sich den Mund aus, um den Bruder noch eine Weile zappeln zu lassen. „Dann würde ich antworten, dass ich meine Probleme bei mir behalte, wo sie hin gehören. Abgesehen davon: Wenn ich ein Problem schon nicht gelöst bekomme, dann löst es keiner.“ Leonardo verdrehte die Augen über so viel Selbstbeweihräucherung. „Ja, du bist schlau. Das wissen wir. Aber du machst mir nicht weis, dass du nicht ab und zu mit jemandem redest!“, versuchte es der furchtlose Anführer weiter. Während sich Donatello das Gesicht abtrocknete und es dann in aller Ruhe beiseite legte. „Wenn du eine Selbsthilfegruppe für geschlagene Anführer suchst bin ich leider der falsche Ansprechpartner, Leo.“, entgegnete er mit kaum verhohlenem Spott in der Stimme, woraufhin der Ältere ärgerlich auf seiner Zahnbürste herumzukauen begann. „Es geht hier nicht um mich. Ich will es gut machen, versteh' das doch! Und jetzt will ich als Anführer von dir eine vernünftige Antwort!“, drängte er und vertrat Donatello den Weg nach draußen. „Na schön.“, lenkte der kluge Mutant endlich ein und überlegte, indem er den Zeigefinger an die Wange und den Daumen unter das Kinn legte. „Wenn du wissen willst mit wem ich am ehesten über emotionalen Stress reden würde...“, er machte eine Kunstpause und beobachtete, wie Leonardo gespannt die Zahnbürste aus dem Mund nahm. „...dann ist das tatsächlich Raphael.“ Leonardo fiel scheppernd die Zahnbürste ins Waschbecken. „Was?!“, fuhr er ungläubig auf, sodass der Turtle in Lila beschwichtigend die Hände hob. „Komm schon. Du weißt doch, dass er zu allem 'ne Meinung hat. Und gerne Ratschläge verteilt.“, verteidigte er sich, aber das machte die Situation nicht besser. „Und da gehst du zu IHM!“, empörte sich der kleinere Turtle und zeigte anklagend auf die Tür. Er verstand die Welt nicht mehr. „Er haut dich ständig grundlos!“ Aber Donatello ließ sich von dem Ausbruch seines Bruders nicht verunsichern und verschränkte die Arme, während er erklärte: „Das ist wahr, aber nicht alles was er sagt ist falsch. Und ich gehen nicht zu ihm! Er kommt zu mir.“ Noch während er das sagte konnte er im Gesicht mit der blauen Maske die unbegrenzte Fassungslosigkeit ablesen, in die er seinen Gesprächspartner gerade stürzte und obwohl das Veilchen diesen Ausdruck ins Lächerliche zog, hatte er nun doch ein bisschen Mitleid. Darum löste er die Arme wieder aus ihrer Verschränkung und legte Leonardo die Hand auf die Schulter. „Hör zu, Leo. Immer wenn ich mal längere Zeit bedrückt war, kam er an und hat gefragt wie es mir geht. Es ist manchmal leichter mit ihm zu reden, als mit dem Sensei, weil er niemals zugeben würde, dass das Gespräch stattgefunden hat. Geheimnisse sind bei ihm wirklich sicher. Ich denke, das macht er bei jedem von uns.“ „Bei mir nicht.“, nuschelte der Anführer nachdenklich. „Echt nicht? Mmh. Interessant.“ Donatello nahm seine Hand wieder zu sich und überlegte. Er brauchte allerdings nicht lange, um eine Erklärung dafür zu finden. „Wahrscheinlich weil du mit jedem Problem gleich zu Meister Splinter rennst.“, vermutete er. „Ist das so falsch?!“, brauste der Ältere mit plötzlicher Wut in der Stimme auf, woraufhin ihn der größere erstaunt ansah. „Das hab' ich nicht gesagt.“, verteidigte sich der Mutant in Lila mit erhobenen Händen. In diesem Moment steckte Michelangelo den Kopf zur Tür hinein. „Hey Bros. Was geht denn hier ab?“ „Leonardo betreibt Feldstudien.“, erklärte Donatello. Dies brachte ihm einen mahnenden Blick über die Schulter von Leonardo und ein komplett leeres Gesicht bei Michelangelo ein. Der kluge Mutant schmunzelte überheblich. Als der Jüngste der Turtles lange genug zwischen seinen älteren Brüdern hin und her gesehen hatte um sicher zu sein, dass ihn niemand aufklären würde, füllte sich sein leeres Gesicht mit dem Ausdruck des dringenden Bedürfnisses, das ihn ursprünglich ins Bad geführt hatte und er begann zu quängeln. „Geht das auch woanders? Ich muss mal. Dringend!“ Donatello floh augenblicklich aus dem Raum, aber Leonardo spülte sich noch den Mund aus und wollte gerade seine Zahnbürste sauber machen als von fern Raphaels wütender Ruf erklang. „MIKEEEY!“ Michelangelo bekam dieses panische Grinsen, das ihm eigen war. Schnell nahm er Leonardo die Zahnbürste aus der Hand und schob ihn nach draußen. „Das kannst du auch später noch machen. Ich habs eilig!“, erklärte er nervös und mit einem satten RUMMS knallte er die Tür hinter seinen Brüdern zu und schloss ab. Da stand er nun und schüttelte den Kopf. Was hatte er sich da nur für eine Truppe aufgehalst. Donatello stand neben ihm und boxte ihm kumpelhaft auf die Schulter. „Komm. Ich geb' dir was für dein Auge.“, bot er an und führte den Bruder in die Küche, wo er ihm einen Eisbeutel reichte. Raphael war aufgewacht und hatte in der Ecke seines Zimmers einen Kraang sitzen sehen. Reflexartig hatte er sich auf Spike geworfen, ihn an sich gepresst und den Kraang zitternd mit einem seiner Sais bedroht, bevor ihm aufgegangen war, dass es sich nur um die Attrappe handelte, die er gestern für Michelangelo gebastelt hatte. Nun brachte er seine Schildkröte wutentbrannt mit in die Küche und setzte sie auf dem Tisch ab. „Wo ist Mikey?“, fragte er die beiden anderen eine Spur zu laut. Dass Leonardo am Tisch saß und einen Eisbeutel an sein Auge hielt, quittierte er mit einem zufriedenen Lächeln. „Versteckt sich im Bad.“, antwortete Donatello trocken. „Wahrscheinlich würdest du ihn eher erwischen, wenn du ihn nicht immer durch dein Gebrüll vorher warnen würdest.“, riet er. Raphael hob die Faust und Donatello sprang rasch hinter den Tisch. „Ach ja? Und vielleicht würdest du nicht so ein …. neunmalkluger … Nerd sein, wenn... wenn du einfach mal die Klappe hältst!“, stammelte Raphael nicht besonders einfallsreich, aber mit genug Nachdruck in der Stimme, um Donatello den Mund zu verbieten. Dann holte er ein paar Blätter Salat aus dem Kühlschrank, setzte sich Leonardo gegenüber an den Tisch und begann damit Spike zu füttern. Die beiden Turtles sahen sich über die Tischplatte hinweg grimmig an und schwiegen. Beide wussten, dass Leonardo fragen wollte was für ein Problem der Sai-Kämpfer heute mit Mikey hatte und ebenso wussten beide, dass Raphael nur darauf wartete dem Bruder ein gepfeffertes „Das geht dich nichts an!“ ins Gesicht zu schreien. Aber weil beide das wussten, schwiegen sie. Zu hören war nur Spike, der in aller Seelenruhe sein Frühstück verspeiste und Donatello, der im Medizinschränkchen nach einer Kühlsalbe für Leonardos Auge suchte. Pünktlich wie immer rief Meister Splinter seine Söhne zum Training. Donatello hatte keine passende Salbe gefunden. Durch den Eisbeutel war das Auge des Schwertkämpfers schon ein wenig abgeschwollen, aber es konnte immer noch nicht sehen. Raphael setzte Spike auf den Boden und wortlos gingen die Brüder zusammen ins Dojo. Michelangelo kam zwei Minuten später ebenfalls und schlich sich möglichst unauffällig an Leonardos Seite, weit weg von Raphael. Der ältere Bruder in Blau sah ihn verwundert an. Gehörte das jetzt zur Tagesordnung, dass sich Raph und Mikey morgens stritten? Meister Splinter sah die Turtles der Reihe nach an und meinte dann fröhlich. „Schön. Da einer meiner Söhne heute nur ein funktionstüchtiges Auge mitgebracht hat...“ Raphael grinste selbstzufrieden. „Sorge ich für Chancengleichheit, indem alle ein Auge verbunden bekommen. Es sei denn, jemand will mir verraten wie das passiert ist.“ Raphaels Grinsen war verschwunden, stattdessen versuchte er nun krampfhaft nicht nervös zu den anderen hinüberzusehen. Er war sich ziemlich sicher, dass Splinter ihm ebenfalls ein Veilchen verpassen würde, wenn Leonardo oder Donatello ihn verrieten. „Wir üben heute das Kämpfen auf den Stämmen.“, teilte Splinter in verlockendem Tonfall mit. Beim Training auf den Stämmen ging es darum auf lose aufgestellten Holzstämmen das Gleichgewicht zu halten. Diese Übung war schon schwierig, wenn man nur darauf stehen sollte, aber darauf kämpfen ohne mitsamt dem Stamm zu fallen war ihnen noch nie gelungen. Und nun sollte dabei auch noch ihr Sichtfeld eingeschränkt werden? Jetzt war sich Raphael vollkommen sicher, dass ihn irgendjemand an Splinter verraten würde. Aber noch blieb alles still. „Na gut.“, meinte der Sensei fröhlich und begann damit einem nach dem anderen mit einem zusammengefalteten Taschentuch und Klebeband jeweils das rechte Auge abzukleben. Sogar vor Leonardo machte er nicht Halt. Jetzt bin ich geliefert!, dachte Raphael. Jetzt petzt ganz sicher gleich einer.Aber niemand sah Raphael auch nur an. Brav absolvierten sie ihre Aufwärmübungen und begannen schließlich die Stämme hereinzutragen und vorsichtig aufzustellen. Während Donatello und Michelangelo je einen Stamm zu zweit trugen – was durch den Größenunterschied gar nicht so einfach war - und Leonardo seinen über den Boden zog, lud sich Raphael das Holz auf die Schulter. Mit jedem Stamm wurde der Trainingswald dichter und der Turtle in Rot nervöser. Nun sah er seinen Brüdern jedes mal wenn er an ihnen vorbei ging ins Gesicht ohne genau zu wissen was er darin suchte, doch die konzentrierten sich auf ihre Arbeit. Schließlich stand der Wald und die Ratte gab das Zeichen hinaufzusteigen. Raphael spürte nun keinen Funken Wut mehr in sich. Er war sich sicher, spätestens wenn der erste Bruder fiel würde ihn jemand verraten und dann bräuchte er sich nicht mehr so schäbig zu fühlen. Sie erklommen die Stäbe und Raphael stand Donatello gegenüber. Er versuchte hinter der lila Maske irgendeine Spur von Tadel oder Wut zu erkennen, aber der Bruder bezog ganz geschäftsmäßig und konzentriert Aufstellung, wie in jedem Kampftraining. Es war tatsächlich schwerer das Gleichgewicht zu halten, wenn man nur mit einem Auge sah. Alle wankten ein wenig und hatten Mühe ihre Stämme am Kippen zu hindern. Donatello fühlte sich zunehmend gezwungen seinen Bo-Stab als Balancierstange zu benutzen und auch Michelangelo konnte seinen Nunchakus auf diesem Grund nicht richtig trauen. Jeder Schwung der Kette brachte den Stamm zum wackeln. Leonardo stand beinahe bewegungslos mit einem Schwert in der Hand und hielt die Augen geschlossen, um sich ganz auf sein Gleichgewicht zu konzentrieren. Raphael brachte sich ständig selbst aus dem Gleichgewicht, durch seine Versuche die anderen zu beobachten. „Hajime.“, gab Splinter das Zeichen anzufangen, aber niemand wollte seinen unsicheren Stand für einen Angriff aufgeben und so passierte erst einmal gar nichts. Dann wagte sich der von Natur aus experimentierfreudige Michelangelo in die Offensive. Frei nach dem Motto 'Probieren geht über studieren' nahm er seine Nunchakus vom Gürtel und ließ je ein Ende fallen. Leonardo hatte sein freies Auge geöffnet und sah zu, wie Michelangelo seine Waffen kreisen ließ. Durch den Schwung der Waffen brachte der kleine quirlige Kindskopf in Orange versehentlich auch seinen Holzstamm ins Kreiseln. Unter lautem Geschrei und Armerudern versuchte er sich und den Stamm wieder zur Ruhe zu bringen. Dabei verlor er, durch das abgeklebte Auge, seine rechte Waffe aus dem Blick, wodurch sie sich verselbständigte und Michelangelo schließlich selbst ins Gesicht schlug. Ein irritierender Anblick für den großen Bruder, denn das war dem Jüngsten seit fast zehn Jahren nicht mehr passiert. Es gelang ihm wie durch ein Wunder sich und seinen Stamm wieder unter Kontrolle zu bringen und daraufhin packte er seine Nunchakus weg, um nun mit der Kusarigama sein Glück zu versuchen. Donatello hatte inzwischen ein paar standhafte Momente ausgenutzt, um mit dem Bo nach vorn zu stoßen und Raphael hatte die ersten Stöße mit bloßen Händen abgefangen, um dann beherzt zuzugreifen und seinem jüngeren Bruder den Stab wegzunehmen. Dieser ließ los, bevor ihn Raphael damit vom Stamm zog und änderte anschließend seine Strategie, indem er sich im Folgenden auf Wurfsterne verlegte. Nun hatte Raphael einiges damit zu tun Donatellos Wurfsterne mit dessen Bo-Stab abzuwehren ohne dabei vom Stamm abzurutschen. Einem auf seine Brust gezielten Geschoss konnte er nur entgehen, indem er einen Ausfallschritt wagte und so in geduckter Haltung mit jedem Fuß auf einem Stamm stand. Der muskulöse Turtle stellte erstaunt fest, dass ihm das Stehen auf zwei Stämmen viel angenehmer war. Darüber passte er einen Moment lang nicht auf und ein Wurfstern traf ihn an der Hand. Er zuckte nur minimal zusammen, aber das reichte, um ihn wieder aus dem Stand zu bringen und im Versuch sich wieder zu fangen, entglitt ihm der Stab. Donatello wagte einen Salto vorwärts, fing seinen Bo im Fallen auf und landete neben seinem Bruder tatsächlich wieder auf einem Stamm, glitt aber mit dem Fuß ab und schaffte es gerade noch sich mit den Armen an Raphaels Bein festzuhalten, während seine eigenen Beine den Stamm umschlangen, von dem er abgerutscht war. Auf diese Weise erinnerte er an eine gepanzerte Hängebrücke. Nur seine Körperspannung verhinderte, dass alle drei belasteten Stämme umfielen. Bei diesem Manöver musste er den Bo wieder loslassen, der sogleich von Raphael geistesgegenwärtig mit einem Fuß aufgefangen wurde. Nun tat der Mutant in Rot sein Bestes, dem Bruder wieder hoch zu helfen, indem er vorsichtig in die Knie ging und den Stab, indem er ihn auf dem Fuß balancierte, über vier Stämme legte, sodass sich Donatello daran hinaufziehen konnte. Was sie hier taten war kein Kampftraining, sondern Schikane. Eine Disziplinarmaßnahme wegen Leonardos Veilchen. Das wussten alle, vor allem weil Meister Splinter gerade eine Zeitung entfaltete und zu schmökern begann, aber immer noch machte niemand Anstalten Raphael als den Täter zu entlarven. Wahrscheinlich weil sie sich gegenseitig im Streit, oder aus Unachtsamkeit, schon oft Schrammen zugefügt hatten. Wegen so etwas petzte man nicht beim Vater, das war unter Brüdern ganz normal. Leonardo hatte sich inzwischen mit dem tückischen Untergrund vertraut gemacht. Mit angewinkelten Knien, die Körpermitte darüber gebeugt, begann er über die Stämme auf Michelangelo zuzuspringen. Der war davon so überrascht, dass er einen Moment lang nur wie angewurzelt stehen blieb. Als er sich schließlich unter dem Schwertangriff seines Anführers wegduckte, warf er die Kusarigama-Kette, die sich zielsicher um Leonardos rechten Schwertarm schlang. Ab da ging alles schief. Michelangelo glitt aus und hing kurz darauf an seinem Stamm wie ein Laubfrosch am Ast. Sein Geschick war ihm allerdings weniger hold als Donatello, denn der Stamm kippte, streifte in seinem Fall einen anderen und löste eine Kettenreaktion aus, wie beim Domino. Da er die Kette nicht los ließ, zog er Leonardo mit sich, der sich im ersten Moment noch reflexartig dagegen stemmte, dann aber mitsamt seinem Holz nach vorne fiel. Nacheinander stürzte der halbe Trainingswald ein und begrub Michelangelo unter sich. Donatello hatte sich gerade am Bo wieder hoch ziehen wollen, da wurden Raphael die Beine von einem fallenden Stamm weg geschlagen und er riss den Bruder mit sich. Ein Stamm traf ihn schmerzhaft an der Schulter, einen anderen konnte er gerade noch mit der Faust aus seiner Bahn schlagen, bevor er Donatello am Kopf erwischt hätte. Ächzend und stöhnend richteten sich drei Turtles auf und suchten nach dem vierten. Meister Splinter blätterte genüsslich eine Seite um und bemerkte trocken: „Worauf wartet ihr? Stellt die Stämme wieder auf und gleich nochmal.“ Mit Hilfe der anderen war Michelangelo schnell wieder ausgegraben. Leonardo zog den jammernden Chaoten schließlich ganz unter den verbliebenen Hölzern hervor. „Bist du verletzt?“, fragte er, woraufhin sich der Kleine den Kopf rieb. „Ich glaube nicht. Aber ich verstehe nicht wieso wir das machen müssen? Hab ich was angestellt, oder...?“, er brach ab, weil ihm gerade eine Erkenntnis kam. „Hey. Hat das was mit deinem Veilchen zu tun?“ Leonardo schlug sich die Hand vor die Stirn, traf dabei das ramponierte Auge und schrie kurz auf. Michelangelo hatte ein angeborenes Talent dafür einfach nicht mitzubekommen was vor seinen Augen ablief. „Erkläre ich dir später.“, versuchte er den Bruder abzuspeisen, aber Splinter hatte es über den Lärm hinweg gehört, den Raphael und Donatello beim erneuten Aufstellen des Trainingsparcours machten. „Erkläre es ihm doch jetzt, dann können wir alle frühstücken gehen.“, schlug die Ratte hinter seiner Zeitung vor. In diesem Moment trat Raphael frustriert den Stamm um, den Donatello gerade aufgestellt hatte und während Donatello noch empört fluchte, riss dieser auch noch den restlichen Trainingswall mit sich. Als der Lärm verklungen war, trat der Rote unter den wachsamen Blicken seiner Brüder vor und murrte: „Ich hab Leo das Veilchen verpasst.“ Splinter faltete ordentlich und in aller Ruhe seine Zeitung zusammen und fragte dann gelassen nach dem Grund für Raphaels rüdes Benehmen seinem Bruder gegenüber. „Er nervt mich. OK? Er geht mir auf die Nerven mit seinen ständigen Anweisungen! 'Tu dies nicht. Tu das nicht. Wo gehst du hin? Wo kommst du her? Du bist nicht teamfähig.' - Laber, laber, laber! platze er heraus. Splinter stand auf und strich sich nachdenklich über die dünne Bartsträhne an seinem Kinn. „Damit erfüllt er aber doch die Aufgaben eines Anführers. Er passt auf sein Team auf. Findest du dein Verhalten etwa loyal dem Team gegenüber?“, fragte er an seinen jähzornigen Sohn gewandt und musterte ihn von oben herab. „JA!“, schrie Raphael heraus, sah dann zum Sensei auf und murmelte dann etwas kleinlaut: „Also... Vielleicht bin ich ein bisschen zu hart gewesen. Aber er soll aufhören sich wie mein Vater zu benehmen!“, forderte er und deutete auf Leonardo. Splinter musterte ihn etwas eindringlicher und Raphael dachte automatisch noch einmal über das Gesagte nach. „Ihr dürft euch wie mein Vater benehmen. Er nicht!“, verbesserte er sich und nun war ihm das Unbehagen deutlich anzusehen. „Komm mal mit, Raphael.“, meinte Splinter bedrohlich gelassen. Raphael schluckte und quittierte dann das schadenfrohe Grinsen der anderen mit einem Knurren, bevor er sein Auge von dem Klebeband befreite und dem Sensei in sein Zimmer folgte. Angespannt schloss er die Schiebetür hinter sich und blieb dort noch einen Moment stehen, um Mut zu sammeln. Splinter hatte sich auf dem Boden in den Diamantsitz niedergelassen und Raphael folgte seinem Beispiel, sah aber demütig zu Boden. Er war nicht der Meinung, dass er falsch gehandelt hatte, als er Leonardo mit der Faust in seine Schranken wies, aber er hatte Respekt vor seinem Sensei. „Was glaubst du ist deine Rolle in eurem Team?“, fragte die große Ratte. Die Frage traf genau ins Schwarze. Darüber hatte sich Raphael seit Tagen den Kopf zerbrochen. Wenn Leo der Anführer war, was war er selbst dann? Die zweite Geige? Noch gestern hatte er gedacht, seine Aufgabe bestünde drin alle anderen daran zu hindern eine Gefahr für das Team zu werden. Er trainierte mit Mikey gegen seine Angst, hielt Donatello klein, damit er nicht größenwahnsinnig wurde und stutzte Leo zurecht, wenn er seine Anführerrolle übertrieb. Aber jetzt, da er Splinters weisem Blick gegenüber saß, merkte er wie verloren er sich fühlte. „Ich weiß es nicht.“, gab er schließlich murrend zu. „Wirklich nicht?“, fragte Splinter in diesem Tonfall, der bedeutete, dass man die Antwort sehr wohl kannte. Irgendwo in Raphael sah die Ratte eine Antwort, die ihm selbst noch verborgen blieb. Aber der junge Turtle konnte vor lauter schlechter Gefühle nicht nachdenken. Seine Brüder gingen ihm auf die Nerven! Für sie und Splinter schien alles immer so einfach zu sein und er hatte diese ganze Wut in sich. Er wollte nicht aussprechen was er in diesem Moment von sich selbst dachte. Sein Gefühl sagte ihm, dass er eigentlich alles richtig machte, aber trotzdem war er unzufrieden. Splinter schien seinem Sohn den inneren Kampf anzusehen und gewährte ihm eine Hilfestellung. „Besinne dich auf deine Stärken.“, gab er vor. Der Sturm in Raphael tobte um Splinters Worte und wollte sie zerfetzen, aber dann sanken die Flammen des Zornes plötzlich in sich zusammen und gaben die Antwort frei. „Ich bin stark. Ich bin der beste Kämpfer von uns.“ Die Worte brachen aus ihm heraus, als hätten sie ewig auf ihren Einsatz gewartet. Raphael war sich jetzt sicher, dass das seine Rolle war. Leo war vielleicht Anführer geworden, Donnie hatte den meisten Grips und Mikey war ihre wild card, aber wenn es hart auf hart kam, dann brauchten sie ihn! Er boxte sie aus allem raus! Entschieden hob er den Blick, um seine neu gefundene Rolle vor Splinter zu verteidigen, aber zu seiner Verblüffung lächelte die Ratte liebevoll auf ihn herab. „Du bist so viel mehr als das. Aber es ist ein guter Anfang.“, erklärte er und stand auf. Mit der Linken wies er zur Tür, um Raphael zu bedeuten, dass er gehen konnte. Der kampfstärkste Turtle verneigte sich vor dem Sensei, stand auf und ging ein paar Schritte, da sprach ihn Splinter erneut an. „Raphael.“ Er drehte sich zu Splinter um und bekam im nächsten Moment einen schmerzhaften Hieb mit dem Jadestab gegen die Schulter, auf die vorhin der Baumstamm gefallen war. Mit einem Aufschrei zuckte er zurück und rieb sich die schmerzende Stelle. Der Sensei beugte sich vor und drückte ihm eine seiner spitzen Rattenkrallen in das weiche Gewebe des Unterkiefers, ein äußerst unangenehmes Gefühl, das der Ratte die volle Aufmerksamkeit ihres Schülers garantierte. „Außerhalb des Trainings werden keine Brüder bekämpft.“, stellte Splinter klar und sah Raphael herausfordernd in die tränenden Augen. „Hai Sensei.“, beeilte sich der gepeinigte Turtle zu sagen, damit Splinter ihn wieder los ließ. Als Raphael wieder auf die Tür zu trat war ihm, als würden drei verdächtige Schatten rasch von dort verschwinden und als er hinaus ins Dojo trat, standen seine Brüder verdächtig unschuldig inmitten der umgestürzten Holzstämme. Inzwischen hatten sie sich ebenfalls von dem Klebeband über ihren Augen befreit. „Hey, Raph. Fass mal mit an.“, rief ihm Leonardo grinsend zu und zog einen der Stämme hinter sich her in den Lagerraum des Dojos. Donatello und Michelangelo hoben gemeinsam einen Stamm auf. Als sie damit aber an Raphael vorbei kamen fragte der kleine Kindskopf im Rückwärtsgehen schadenfroh: „Na, hast du Ärger gekriegt?“ Sein breites Grinsen verging ihm, als er über Donatellos herumliegenden Bo stolperte und den schweren Stamm so ungeschickt fallen ließ, dass er auch dem zweiten Träger aus den Händen rutschte und auf dessen Zehen schlug. Donatello schrie, nahm den ramponierten Fuß in beide Hände und hüpfte auf einem Bein fluchend durch das Dojo. „Sorry Don.“, entschuldigte sich Michelangelo lachend und rieb sich den Kopf, den er sich bei seinem Sturz erneut angeschlagen hatte. Und auch Raphael hatte die Hände auf die Oberschenkel gestützt und lachte herzlich. Später saßen sie alle beim Frühstück: Leonardo mit dem Veilchen, Raphael mit einem blühenden Hämatom an der Schulter, Donatello mit blauen Zehen und auf Michelangelos Kopf waren zwei dicke Beulen gewachsen. Der jüngste und der älteste der Turtles hielten sich Eisbeutel an den Kopf, während Donatello mehr mit der Untersuchung seiner Quetschungen beschäftigt war, als mit seinem Haferbrei. Splinter versteckte sich hinter seiner Zeitung um das Elend nicht mit ansehen zu müssen. Nur Raphael beachtete seine geschwollene Schulter nicht. Er sah in die Runde. Vier ramponierte Krieger an einem Tisch. Und plötzlich hatte er wieder das Gefühl wichtig zu sein und dazuzugehören. Kapitel 7: Was die Nacht verrät ------------------------------- Nach diesem rasanten und lehrreichen Training und einem Frühstück, bei dem sich alle mehr mit ihren Blessuren beschäftigten, als mit ihrem Essen, erklärte Splinter den restlichen Tag für frei. Raphael war ungewöhnlich still und auch Leonardo hatte nach dem Gespräch mit Donatello viel worüber er nachdenken musste. Wenn es stimmte, dass seine Brüder lieber mit Raphael über ihre Sorgen sprachen als mit ihm, wie konnte er dann ein guter Anführer sein? Musste er nicht genau wissen was wen gerade beschäftigte? Musste er nicht über alles Bescheid wissen? Dabei dachte er an die vergangene Nacht. Raphael hatte sich aus ungeklärten Gründen aus dem Hauptquartier geschlichen, um Kraang zu verfolgen. Dann hatte er ihm vorgeworfen, dass man sich auf ihn nicht verlassen könne und ihm ein blaues Auge verpasst. Aber er hatte Splinter gegenüber gesagt, dass er es getan habe, weil Leonardo ihn zu sehr überwachte. Hatte er recht damit? An dieser Stelle hätte Leonardo gerne noch einmal mit Donatello gesprochen, aber der wimmelte ihn schnell wieder ab. „Tut mir Leid, Leo, ich habe im Moment echt keine Zeit. Ich bastele da an was ganz Ausgefuchstem und heute ist der Tag es fertig zu stellen!“ Nun war so ein Verhalten bei dem Tüftler nichts Ungewöhnliches. Seltsam war aber, dass er gar nicht in seinem Labor arbeitete, sondern in seinem Zimmer. Irritiert ließ Leonardo sich raus schmeißen und ging grübelnd weiter. Vielleicht brauchte er nur etwas Ruhe zum Nachdenken, vermutete er. Meister Splinter hätte ihm sicher auf die Sprünge helfen können bei der Frage, was genau er jetzt als Anführer falsch machte, oder besser machen könnte. Aber nachdem Donatello gesagt hatte, er würde immer mit seinen Problemen gleich zum Sensei laufen, hatte ihn der Ehrgeiz gepackt, es diesmal alleine zu schaffen. Er würde schon dahinter kommen. Leonardo lenkte seine Schritte in sein Zimmer, wo er ausreichend Privatsphäre zu finden hoffte und fand Michelangelo auf seinem Bett kniend vor. „Mikey? Was machst du hier?“, fragte er überrascht. Er wusste nicht, ob er auf den Kindskopf böse sein sollte, weil er ungefragt in seinem Zimmer herumstöberte, oder ob er diese Gelegenheit vielleicht nutzen konnte, um als Anführer zu einer Vertrauensperson zu werden. „Oh. Hey Leo. Ich will mir ein paar von deinen Comics ausleihen.“, erklärte der Kleinere mit den himmelblauen Augen der Unschuld. Leonardo musterte ihn skeptisch. „Du hattest aber schon vor zu fragen, oder?“, stichelte der Schwertkämpfer, obwohl er es besser wusste. Michelangelo erwiderte augenblicklich mit einem zahnreichen Grinsen: „Klar.“, bevor er ungeniert weiter wühlte. Der Anführer seufzte. Normalerweise klaute Mikey die Comics bei Raphael, weil die mehr seinem Geschmack entsprachen. Aber entweder hatte er sie schon alle durch, oder der Hitzkopf hatte seine Zimmertür abgeschlossen. „Bedien' dich ruhig. Außer bei den Space Heros!“ Die Space Hero Comics waren Sammlerstücke und bedeuteten Leonardo ziemlich viel. Außerdem konnte man sicher sein, dass die Comics, die sich Michelangelo auslieh, nie unversehrt zurückkamen. Meistens kleckerte er sein Essen darauf. Aber den Turtle in Orange störte das Verbot nicht weiter. „Die interessieren mich gar nicht.“, stellte er abwesend klar, während der Stapel neben ihm auf dem Bett größer wurde. Schließlich lud er sich ca. 12 Hefte einer anderen Sciencefiction Serie auf den Arm, in der es um Alienangriffe auf die Besatzung eines Raumschiffs von der Erde ging. Fröhlich wollte er damit fort laufen, da hielt Leonardo ihn aus einem Impuls heraus zurück. „Mikey?“ „Ja, Leo?“ „Findest du, ich gebe einen guten Anführer ab?“ Es kostete ihn viel Überwindung diese Frage zu stellen. Und tief im Inneren wusste er, dass er diese Frage nur deswegen ausgerechnet dem Jüngsten der Brüder stellte, weil er bei ihm eine negative Antwort als kindischen Unsinn abtun konnte. Michelangelo überlegte. Das brachte Leonardo ein wenig aus dem Konzept. Er hatte mit einer schnellen, instinktiven Antwort gerechnet, wie Michelangelo sie fast immer gab. Schon fing er an zu bereuen, dass er überhaupt gefragt hatte. Dann öffnete der Nunchakukämpfer den Mund. „Du machst dich ganz gut.“, antwortete er ungewohnt ernsthaft. Leonardo wich seinem Blick aus. Eine so mittelmäßig befriedigende Antwort brachte ihn nicht wirklich weiter und außerdem schmerzte sie ein wenig. 'Ganz gut' hieß bloß, dass er einigermaßen brauchbar war, oder? Aber als er aus seiner nachdenklichen Versunkenheit wieder auftauchte, um Michelangelo näher zu befragen, war der Turtle in orange schon längst über alle Berge. Der nächste Morgen sandte seine blass-grauen Lichtstrahlen in die Kanalisation aus und alle versammelten sich wie gewohnt im Dojo. Bis auf Donatello! Sie warteten, weil sie von dem pflichtbewussten Turtle nicht annahmen, dass grundlos säumig war. Aber schließlich fragte Splinter in diesem ausgesprochen freundlichen Tonfall, der bedeutete, dass er gleich richtig sauer wurde: „Hätte einer von euch die Güte nach eurem Bruder zu sehen?“ Leonardo setzte sich in Bewegung und murmelte dabei erklärend vor sich hin: „Donnie hat gestern den ganzen Tag irgendwas gebastelt. Sicher war er bis spät in die Nacht auf und kommt jetzt nicht aus den Federn. Ich geh schon.“ Doch als er an Raphael vorbei tappte, hielt ihn dessen große Pranke erstaunlich sanft an der Schulter zurück. Wer tatsächlich bis spät in die Nacht wach gewesen war, das war der Saikämpfer. Er hatte sich viele Gedanken gemacht, zu Leonardo, zu Michelangelo und ein wenig auch zu Donatello, bei dem er sich irgendwie noch entschuldigen sollte, auch wenn er ihm die Hiebe im Schlaf versetzt hatte. „Lass mal, Chef. Du klingst wie seine Mama. Ich hol' ihn. Die Gelegenheit zur Revange bin ich ihm schuldig.“, damit ging er an seinem Anführer vorbei und verließ das Dojo. Leonardo sah ihm wie vom Donner gerührt nach. „Chef? Hat er gerade...“ Hinter ihm war Michelangelo völlig in die Betrachtung seiner Fußzehen vertieft, aber Splinter hatte mitbekommen was da eben passiert war und schmunzelte zufrieden in seinen langen Rattenbart. Raphael hatte Leonardos Führungsposition anerkannt. Wahrscheinlich würde der Blaue seine Kompetenz noch ein paar mal beweisen müssen, aber sein hitzköpfiger Bruder hatte erfreuliche Fortschritte gemacht. Splinter war stolz auf seine Jungs. Was Raphael an Vernunft angenommen hatte, das hatte Donatello anscheinend abgelegt, wie sich wenig später herausstellte. Raphael klopfte gegen die Tür des Tüftlers und trat ein. „Hey, Donnie, alles wartet au...“, weiter kam er nicht. Der Turtle in rot sah gerade noch, dass Donatello auf dem Bett saß und die Tür fest im Blick hatte, bevor er an irgendeinem Gerät in seiner Hand einen Knopf drückte. Im nächsten Augenblick traf den stämmigen Mutanten etwas hart vor die Brust und schleuderte ihn gute zwei Meter rückwärts aus dem Raum. Begleitet wurde sein Flug von Donatellos hämischem Gelächter. Völlig perplex fand sich Raphael am Boden wieder und starrte fassungslos zu seinem Bruder, der jetzt neben einem Wolleyball, der auf einer Metallkonstruktion steckte, in der Tür lehnte und seine Erfindung zufrieden tätschelte. „Jetzt weißt du wie es sich anfühlt aus heiterem Himmel eine verpasst zu kriegen. Nächstes Mal, wenn ich dich wecken komme, sei lieber freundlicher zu mir.“, drückte er dem am Boden sitzenden Verwandten rein. Es war klar, das Donatello ihn nie wieder wecken kommen würde, aus Furcht vor der Retourkutsche. Man konnte Raphaels Kopf vor Wut regelrecht dampfen sehen. Doch dann verflog seine Rage und er rappelte sich geschickt auf. „Echt erbärmlich Donnie. Deine Maschine ist im Vergleich zu meinen Fäusten einen Furz wert! Komm. Du kannst es dir echt nicht leisten das Training zu schwänzen, du Nerd.“, versetzte er gemein, aber er verzichtete darauf, Donatello für die Falle, die er ihm gestellt hatte, eine Abreibung zu verpassen. Das war seine Form der Entschuldigung. Außerdem konnte er ihn immer noch während des Trainings ordentlich vermöbeln. Der Tag neigte sich dem Abend zu, die Nacht brach herein und die vier Brüder kletterten aus der Kanalisation ins Licht der Straßenlaternen. Doch von den Kraang war weit und breit nichts zu sehen, egal wie lang sie über die Dächer der Stadt sprangen. Raphael behielt während der gesamten Patrouille Michelangelo im Auge und wunderte sich ein wenig über dessen Gelassenheit. Er hatte die Sache mit der Kraang-Attrappe, die plötzlich in seinem Zimmer aufgetaucht war, noch nicht vergessen und auch nicht, dass er Mikey mit seiner Furcht vor den Aliens helfen wollte. Aber vor den anderen wollte er das Thema nicht anschneiden. Die Nacht ging zu Ende. Die Turtles zogen sich in ihr unterirdisches Reich zurück und verkrochen sich in ihren Zimmern. Aber Raphael wurde das Gefühl nicht los, dass mit Michelangelo irgendetwas nicht stimmte. Er wälzte sich in seiner Koje hin und her und kam letztendlich zu dem Schluss, dass er nicht warten wollte, bis der kleine Störenfried wieder uneingeladen vor seinem Bett auftauchte. Er stand auf und steuerte Michelangelos Zimmer an. Schon vor der Tür des Kindskopfes hörte er seinen Bruder wimmern, flehen und schließlich schreien! „Nein... nein, tu das nicht!... Heilige Makaroni, das darf nicht wahr sein! Das glaube ich nicht!... Oh mein Gott, nein!... AAAAAAH!“ In diesem Moment riss Raphael die Tür auf und stürzte mit gezogenen Sais ins Zimmer. Michelangelo erlitt fast einen Herzinfarkt. Er schrie gellend auf, fiel vom Bett und war im nächsten Augenblick sowohl unter seinem Bett als auch in seinem Schildkrötenpanzer verschwunden. Raphael suchte derweil mit wilden Augen nach dem Angreifer. Es gab keinen. Das Zimmer war vollkommen leer, bis auf den verschreckten Michelangelo unter dem Bett und eine ganze Reihe aufgeschlagener Comic Hefte, die sich über die gesamte Matratze und einen Großteil des Bodens ausbreiteten. „Was zum Kröterich ist hier los, Mikey? Warum hast du geschrien?“, fragte Raphael aufgebracht, die Waffen immer noch fest in den Händen. Ein orangenes Bandana stahl sich vorsichtig aus der Halsöffnung des Schildkrötenpanzers. Die babyblauen Augen dahinter sahen zu Raphael auf und dann kroch Michelangelo endlich aus seinem Versteck heraus. „Was hier los ist? Was ist mit dir los?! Ich hab mir fast in den Panzer gemacht, Mann!“, zeterte der Freigeist und setzte sich schwer atmend auf sein Bett zurück, der Schreck war ihm noch deutlich anzusehen. Raphael steckte knurrend die Sais weg. „Ich hab' gedacht, du wirst hier abgestochen! Was schreist du denn mitten in der Nacht so rum, du Hohlbrot!“, wetterte er dagegen und sah erstaunt, dass sein kleiner Bruder rot wurde. Das kam so selten vor, dass es den Größeren ein wenig besorgte. Etwas ruhiger setzte er sich neben Michelangelos Bett in einen Sitzsack, der auch schon bessere Tage gesehen hatte. Mikey strich mit dem Finger über die Seiten eines Comics und blickte verlegen auf seine Knie. Es schien ihm schwer zu fallen einen Anfang zu finden, was ebenso wenig in sein Charakterprofil passte wie die rosa angehauchten Wangen. Raphael wurde die Situation unangenehm. „Ist es wieder wegen der Kraang?“, versuchte er zu helfen. Der Blauäugige blinzelte seinen Bruder über die Schulter hinweg an, dann drehte er sich halb zu ihm um und sah ihm ernst ins Gesicht. Seine Stimme klang verschwörerisch als er sagte: „Was ich dir jetzt erzähle, darf niemals diesen Raum verlassen!“ Er starrte Raphael so durchdringend an, dass der Mutant in rot schließlich die Augen verdrehte und schnappte: „Ja, von mir aus, was auch immer!“ Das schien dem Kindskopf zu reichen. „Ich hab' was gefunden, das gruseliger ist als die Kraang.“, erklärte er als sei das etwas Gutes. Raphael sah ihn verständnislos an. „Aha.“ „Genau.“, bestätigte der Nunchaku-Spezialist gedehnt und grinste als wäre damit alles gesagt. Raphael verlor die Geduld. „Argh, Mikey, ich verstehe kein Wort von deinem Gelaber! Ich weiß nur, dass diese bescheuerte Kraang-Attrappe nichts in meinem Zimmer verloren hat! Du solltest damit trainieren! Aber du suchst dir stattdessen was Gruseligeres? Was läuft falsch bei dir, Alter?!“, brauste er auf. Michelangelo hob ernst den Zeigefinger, um seinem Bruder Einhalt zu gebieten, was bei dem kindischen Turtle denkbar lächerlich wirkte. „Ist doch ganz klar.“, behauptete er, „Wenn mir etwas noch mehr Angst macht als die Kraang, dann sind die Kraang kein Problem mehr.“ Raphael verzog das Gesicht als wäre jedes von Michelangelos Worten eine Zitrone, die er essen musste. Mikey bemerkte es. „Schau mal, Bro. Du kannst deine Probleme vielleicht im Kampf abhaken. Aber ich hab' nach dem Training mit dieser ekligen Gulli-Puppe bloß noch mehr Albträume gehabt. Das Ding musste weg! Dann hab' ich aber meinen schlauen Kopf angestrengt...“, an dieser Stelle zog Raphael spöttisch die Stirn kraus und ließ die flache Hand in der Vertikalen wackeln als bezweifele er diese Aussage stark, was Mikey nicht davon abhielt weiter zu sprechen, „... und bin auf eine Comic Reihe gestoßen, in der fiese Aliens ein Raumschiff voller Menschen angreifen! Sie fressen ihre Gehirne, saugen ihnen die Gesichter ab, vermehren sich in ihren Bäuchen...“ Raphael zwickte sich genervt in den Nasenrücken, um die Fassung zu bewahren und unterbrach seinen Bruder forsch: „Worauf willst du hinaus, Mikey?!“ „Ist das immer noch nicht klar? Die Kraang machen so was nicht.“, erklärte er. Jetzt ergab das wirre Gerede des Orangenen langsam einen Sinn für den Saikämpfer. Die Aliens in den Comics waren wirklich schlimmer als die Kraang und das schien für Michelangelo die reale Gefahr harmloser zu machen als die, von der er nur las. Was die Kraang auch taten, es konnte nicht halb so furchterregend sein, wie das was sich jemand ausdenken konnte, der Comics schrieb. Demnach würde Mikey auch damit fertig werden. Der Kindskopf warf Realität und Fiktion gerne mal zusammen in einen Topf und oft war dabei nicht ganz klar, ob er den Unterschied überhaupt kannte, aber in diesem Fall schien das ein Vorteil zu sein. „Also hast du jetzt keine Angst mehr, gegen die Kraang zu kämpfen?“, fasste der Muskelprotz etwas lahm zusammen. Michelangelo zwinkerte ihm zu, schnippte gönnerhaft mit den Fingern und zeigte in einer Du-hast-es-begriffen-Geste auf den Bruder in rot. „Aha.“, schloss Raphael, „Dann bin ich also jetzt vor deinen nächtlichen Besuchen sicher, richtig?“, hakte nach. Die Zuversicht schwand aus den kindlichen Zügen des Kleineren und er kratzte sich unsicher am Kopf. „Also um ehrlich zu sein...“ Raphael ahnte was jetzt kommen würde und stöhnte genervt auf. Das hielt den Freigeist allerdings nicht davon ab seinen Satz zu beenden. „... jetzt hab ich irgendwie Schiss vor diesen Aliens im Comic. Kann ich vielleicht nochmal bei dir...“ Raphael unterbrach ihn mit einer harschen Geste, indem er beide Arme abwehrend in der Luft kreuzte. „Kommt nicht in Frage!“, schnappte er erbost, „Ab jetzt sind deine Probleme deine Sache! Ich misch' mich da nicht mehr ein! Sieh zu, wie du allein klar kommst!“, damit stand er auf und wandte sich der Tür zu. „Raaaaph!“, kam es jammernd vom Bett. „Ich bitte dich auch nie wieder um was!“, versprach der Orangene flehend. Der stämmige Mutant bezweifelte stark, dass Michelangelo dieses Versprechen auch nur einen Tag lang halten konnte, aber er blieb stehen. „Du bist so nervtötend!“, stöhnte der Turtle in rot und drehte sich wieder dem mit Comics überfüllten Bett zu. „Rück' rüber!“ Am nächsten Morgen schliefen alle wegen der Patrouille in der Nacht zuvor länger. Als sich Leonardo und Donatello gegen halb neun Uhr morgens in der Küche begegneten fanden sie kein Frühstück vor. Der Tüftler hatte erst einmal genug davon seine Brüder wecken zu gehen und so erbarmte sich der Anführer. Auf dem Weg zu den Zimmern dachte er bei sich, wenn er zuerst Mikey weckte, dann konnte er ihn dazu verdonnern Raphael zu wecken. Diesen Plan gefasst, klopfte er bei dem Jüngsten. „Mikey? Machst du Frühstück?“, fragte er durch die Tür. Aus dem Zimmer drang ein genervtes Knurren, das so gar nicht zu ihrem Nesthäkchen passen wollte, dann ein lautes Schnarchen, das schon eher nach dem Kindskopf klang und dann lautes Gepolter als wäre etwas Großes zu Boden gefallen. „Mikey?“, fragte Leonardo noch einmal etwas verunsichert. Dann öffnete er die Tür und spähte ins Zimmer hinein. „Was zum Kröterich...?!“ Er fand Raphael auf Michelangelos Bett vor, die Arme aufgestützt und sich gerade aufrappelnd, während der reguläre Eigentümer des Zimmers schnarchend und alle Viere von sich gestreckt auf dem Fußboden lag. Leonardos entgleistes Gesicht war ein Bild für die Götter. „Wie?... Was?... Hä?“, war alles, was der furchtlose Anführer heraus brachte, während sich Raphael an den Bettrand setzte und Michelangelo gegen den Kopf trat, der davon endlich aufwachte und verträumt um sich blickte. Der Jüngste streckte sich und schmatzte genüsslich. „Morgen, Bros.“, begrüßte er die anderen unbekümmert. Leonardo fühlte Donatellos Worte von ihrem Gespräch im Badezimmer schwer wie Felsen in seiner Brust. Er fühlte sich plötzlich ausgeschlossen und versuchte dieses leere Gefühl zu überspielen, indem er streng die Arme vor dem Brustpanzer verschränkte. „Erklärt mir mal einer, was hier vor sich geht?“, fragte er schroff, sodass es mehr wie ein Befehl klang. „Hier geht gar nichts vor.“, knurrte Raphael und überspielte nun seinerseits seine Verlegenheit, bei einem Akt der Brüderlichkeit erwischt worden zu sein. Ihm war es lieber, wenn niemand wusste, dass er auch nett sein konnte. Die anderen würden das sicher nur als Hebel benutzen, um ihn ein Leben lang damit aufzuziehen. Michelangelo gegenüber Gnade und Verständnis zu zeigen war in Ordnung, denn der kleine Bruder bekam dafür auch viel mehr Gemeinheiten von Raphael ab als die anderen. Das glich sich also aus. Aber wenn Leo und Donnie das mitbekamen, dann war seine raue Fassade in Gefahr! Michelangelo sprang auf und legte dem Anführer in blau einen Arm um die Schultern. „Du wirst es nicht glauben!“, begann er aufgeregt, „Hier ist letzte Nacht ein riesiges Albtraummonster eingebrochen und es hatte Nunchakus aus Käse! Ich hab dagegen gekämpft, du hättest mich sehen sollen, aber dann kam plötzlich ein Alien aus seinem Bauch und auf einmal hatte ich zwei Gegner. Ich hab gerufen und gerufen und dann kam Raph und hat...“ Raphaels Gesichtsausdruck nahm während dieses haarsträubenden Blödsinns, den Michelangelo da erzählte, immer gequältere Züge an, bis Leonardo den Redeschwall stoppte, indem er dem Spinner in orange den Mund zu hielt. „Mit anderen Worten, du hattest einen Albtraum und Raph hat dich geboxt, damit du aufhörst im Schlaf herumzuschreien.“, fasste der Teamführer zusammen was seiner Meinung nach geschehen sein musste. Raphael stand vom Bett auf und nahm Mickey in den Würgegriff, der seinerseits immer noch mit einem Arm an Leonardo hing. „Genau. Der Schreihals hat mich einfach nicht schlafen lassen, da bin ich rüber und hab' ihm das Maul gestopft. Und damit er auch ruhig bleibt, bin ich gleich da geblieben. Du kennst ihn ja. Der hätte das die ganze Nacht durchgehalten.“, spann der Hitzkopf die schöne Geschichte weiter, die Leonardo sich da zusammenreimte. Der Turtle in blau sah von Raphael auf Michelangelo hinunter und schüttelte den Kopf. „Du wirst wohl nie erwachsen, was?“, fragte er tadelnd und spürte wie Michelangelo unter der Hand auf seinem Mund grinste. Dann sah er das Durcheinander von Comic Heften, das den ganzen Raum befallen hatte. „Moment! Sind das meine Comics?!“, begann er zu zetern. „Äh, ich mach Frühstück!“, japste der Verursacher des Chaos' und befreite sich schnell aus dem Griff des Ältesten. Raphael schaltete sofort und ließ den Jüngsten los, schließlich war er genauso auf den Comics herumgelaufen, wie Mikey. „Ich, äh, geh mit! Damit er keinen Unsinn macht.“, schob er rasch nach und schon waren beide Turtles auf der Flucht in Richtung Küche. Damit kehrte fürs erste der Alltag wieder in die Kanalisation ein. Michelangelo konnte wieder angstfrei als Teil des Teams kämpfen. Donatello hatte seinen Rang unter den Brüdern verteidigt. Leonardo war als Anführer nun allerseits anerkannt worden und Raphael fühlte sich als wichtiger Teil der Familie so wohl wie schon lange nicht mehr. Alles war wieder gut. Bis Raphael in der Folge mit Spiderbites erneut ausflippte. XD Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)