YORU - Was die Nacht verrät von Dollface-Quinn ================================================================================ Kapitel 7: Was die Nacht verrät ------------------------------- Nach diesem rasanten und lehrreichen Training und einem Frühstück, bei dem sich alle mehr mit ihren Blessuren beschäftigten, als mit ihrem Essen, erklärte Splinter den restlichen Tag für frei. Raphael war ungewöhnlich still und auch Leonardo hatte nach dem Gespräch mit Donatello viel worüber er nachdenken musste. Wenn es stimmte, dass seine Brüder lieber mit Raphael über ihre Sorgen sprachen als mit ihm, wie konnte er dann ein guter Anführer sein? Musste er nicht genau wissen was wen gerade beschäftigte? Musste er nicht über alles Bescheid wissen? Dabei dachte er an die vergangene Nacht. Raphael hatte sich aus ungeklärten Gründen aus dem Hauptquartier geschlichen, um Kraang zu verfolgen. Dann hatte er ihm vorgeworfen, dass man sich auf ihn nicht verlassen könne und ihm ein blaues Auge verpasst. Aber er hatte Splinter gegenüber gesagt, dass er es getan habe, weil Leonardo ihn zu sehr überwachte. Hatte er recht damit? An dieser Stelle hätte Leonardo gerne noch einmal mit Donatello gesprochen, aber der wimmelte ihn schnell wieder ab. „Tut mir Leid, Leo, ich habe im Moment echt keine Zeit. Ich bastele da an was ganz Ausgefuchstem und heute ist der Tag es fertig zu stellen!“ Nun war so ein Verhalten bei dem Tüftler nichts Ungewöhnliches. Seltsam war aber, dass er gar nicht in seinem Labor arbeitete, sondern in seinem Zimmer. Irritiert ließ Leonardo sich raus schmeißen und ging grübelnd weiter. Vielleicht brauchte er nur etwas Ruhe zum Nachdenken, vermutete er. Meister Splinter hätte ihm sicher auf die Sprünge helfen können bei der Frage, was genau er jetzt als Anführer falsch machte, oder besser machen könnte. Aber nachdem Donatello gesagt hatte, er würde immer mit seinen Problemen gleich zum Sensei laufen, hatte ihn der Ehrgeiz gepackt, es diesmal alleine zu schaffen. Er würde schon dahinter kommen. Leonardo lenkte seine Schritte in sein Zimmer, wo er ausreichend Privatsphäre zu finden hoffte und fand Michelangelo auf seinem Bett kniend vor. „Mikey? Was machst du hier?“, fragte er überrascht. Er wusste nicht, ob er auf den Kindskopf böse sein sollte, weil er ungefragt in seinem Zimmer herumstöberte, oder ob er diese Gelegenheit vielleicht nutzen konnte, um als Anführer zu einer Vertrauensperson zu werden. „Oh. Hey Leo. Ich will mir ein paar von deinen Comics ausleihen.“, erklärte der Kleinere mit den himmelblauen Augen der Unschuld. Leonardo musterte ihn skeptisch. „Du hattest aber schon vor zu fragen, oder?“, stichelte der Schwertkämpfer, obwohl er es besser wusste. Michelangelo erwiderte augenblicklich mit einem zahnreichen Grinsen: „Klar.“, bevor er ungeniert weiter wühlte. Der Anführer seufzte. Normalerweise klaute Mikey die Comics bei Raphael, weil die mehr seinem Geschmack entsprachen. Aber entweder hatte er sie schon alle durch, oder der Hitzkopf hatte seine Zimmertür abgeschlossen. „Bedien' dich ruhig. Außer bei den Space Heros!“ Die Space Hero Comics waren Sammlerstücke und bedeuteten Leonardo ziemlich viel. Außerdem konnte man sicher sein, dass die Comics, die sich Michelangelo auslieh, nie unversehrt zurückkamen. Meistens kleckerte er sein Essen darauf. Aber den Turtle in Orange störte das Verbot nicht weiter. „Die interessieren mich gar nicht.“, stellte er abwesend klar, während der Stapel neben ihm auf dem Bett größer wurde. Schließlich lud er sich ca. 12 Hefte einer anderen Sciencefiction Serie auf den Arm, in der es um Alienangriffe auf die Besatzung eines Raumschiffs von der Erde ging. Fröhlich wollte er damit fort laufen, da hielt Leonardo ihn aus einem Impuls heraus zurück. „Mikey?“ „Ja, Leo?“ „Findest du, ich gebe einen guten Anführer ab?“ Es kostete ihn viel Überwindung diese Frage zu stellen. Und tief im Inneren wusste er, dass er diese Frage nur deswegen ausgerechnet dem Jüngsten der Brüder stellte, weil er bei ihm eine negative Antwort als kindischen Unsinn abtun konnte. Michelangelo überlegte. Das brachte Leonardo ein wenig aus dem Konzept. Er hatte mit einer schnellen, instinktiven Antwort gerechnet, wie Michelangelo sie fast immer gab. Schon fing er an zu bereuen, dass er überhaupt gefragt hatte. Dann öffnete der Nunchakukämpfer den Mund. „Du machst dich ganz gut.“, antwortete er ungewohnt ernsthaft. Leonardo wich seinem Blick aus. Eine so mittelmäßig befriedigende Antwort brachte ihn nicht wirklich weiter und außerdem schmerzte sie ein wenig. 'Ganz gut' hieß bloß, dass er einigermaßen brauchbar war, oder? Aber als er aus seiner nachdenklichen Versunkenheit wieder auftauchte, um Michelangelo näher zu befragen, war der Turtle in orange schon längst über alle Berge. Der nächste Morgen sandte seine blass-grauen Lichtstrahlen in die Kanalisation aus und alle versammelten sich wie gewohnt im Dojo. Bis auf Donatello! Sie warteten, weil sie von dem pflichtbewussten Turtle nicht annahmen, dass grundlos säumig war. Aber schließlich fragte Splinter in diesem ausgesprochen freundlichen Tonfall, der bedeutete, dass er gleich richtig sauer wurde: „Hätte einer von euch die Güte nach eurem Bruder zu sehen?“ Leonardo setzte sich in Bewegung und murmelte dabei erklärend vor sich hin: „Donnie hat gestern den ganzen Tag irgendwas gebastelt. Sicher war er bis spät in die Nacht auf und kommt jetzt nicht aus den Federn. Ich geh schon.“ Doch als er an Raphael vorbei tappte, hielt ihn dessen große Pranke erstaunlich sanft an der Schulter zurück. Wer tatsächlich bis spät in die Nacht wach gewesen war, das war der Saikämpfer. Er hatte sich viele Gedanken gemacht, zu Leonardo, zu Michelangelo und ein wenig auch zu Donatello, bei dem er sich irgendwie noch entschuldigen sollte, auch wenn er ihm die Hiebe im Schlaf versetzt hatte. „Lass mal, Chef. Du klingst wie seine Mama. Ich hol' ihn. Die Gelegenheit zur Revange bin ich ihm schuldig.“, damit ging er an seinem Anführer vorbei und verließ das Dojo. Leonardo sah ihm wie vom Donner gerührt nach. „Chef? Hat er gerade...“ Hinter ihm war Michelangelo völlig in die Betrachtung seiner Fußzehen vertieft, aber Splinter hatte mitbekommen was da eben passiert war und schmunzelte zufrieden in seinen langen Rattenbart. Raphael hatte Leonardos Führungsposition anerkannt. Wahrscheinlich würde der Blaue seine Kompetenz noch ein paar mal beweisen müssen, aber sein hitzköpfiger Bruder hatte erfreuliche Fortschritte gemacht. Splinter war stolz auf seine Jungs. Was Raphael an Vernunft angenommen hatte, das hatte Donatello anscheinend abgelegt, wie sich wenig später herausstellte. Raphael klopfte gegen die Tür des Tüftlers und trat ein. „Hey, Donnie, alles wartet au...“, weiter kam er nicht. Der Turtle in rot sah gerade noch, dass Donatello auf dem Bett saß und die Tür fest im Blick hatte, bevor er an irgendeinem Gerät in seiner Hand einen Knopf drückte. Im nächsten Augenblick traf den stämmigen Mutanten etwas hart vor die Brust und schleuderte ihn gute zwei Meter rückwärts aus dem Raum. Begleitet wurde sein Flug von Donatellos hämischem Gelächter. Völlig perplex fand sich Raphael am Boden wieder und starrte fassungslos zu seinem Bruder, der jetzt neben einem Wolleyball, der auf einer Metallkonstruktion steckte, in der Tür lehnte und seine Erfindung zufrieden tätschelte. „Jetzt weißt du wie es sich anfühlt aus heiterem Himmel eine verpasst zu kriegen. Nächstes Mal, wenn ich dich wecken komme, sei lieber freundlicher zu mir.“, drückte er dem am Boden sitzenden Verwandten rein. Es war klar, das Donatello ihn nie wieder wecken kommen würde, aus Furcht vor der Retourkutsche. Man konnte Raphaels Kopf vor Wut regelrecht dampfen sehen. Doch dann verflog seine Rage und er rappelte sich geschickt auf. „Echt erbärmlich Donnie. Deine Maschine ist im Vergleich zu meinen Fäusten einen Furz wert! Komm. Du kannst es dir echt nicht leisten das Training zu schwänzen, du Nerd.“, versetzte er gemein, aber er verzichtete darauf, Donatello für die Falle, die er ihm gestellt hatte, eine Abreibung zu verpassen. Das war seine Form der Entschuldigung. Außerdem konnte er ihn immer noch während des Trainings ordentlich vermöbeln. Der Tag neigte sich dem Abend zu, die Nacht brach herein und die vier Brüder kletterten aus der Kanalisation ins Licht der Straßenlaternen. Doch von den Kraang war weit und breit nichts zu sehen, egal wie lang sie über die Dächer der Stadt sprangen. Raphael behielt während der gesamten Patrouille Michelangelo im Auge und wunderte sich ein wenig über dessen Gelassenheit. Er hatte die Sache mit der Kraang-Attrappe, die plötzlich in seinem Zimmer aufgetaucht war, noch nicht vergessen und auch nicht, dass er Mikey mit seiner Furcht vor den Aliens helfen wollte. Aber vor den anderen wollte er das Thema nicht anschneiden. Die Nacht ging zu Ende. Die Turtles zogen sich in ihr unterirdisches Reich zurück und verkrochen sich in ihren Zimmern. Aber Raphael wurde das Gefühl nicht los, dass mit Michelangelo irgendetwas nicht stimmte. Er wälzte sich in seiner Koje hin und her und kam letztendlich zu dem Schluss, dass er nicht warten wollte, bis der kleine Störenfried wieder uneingeladen vor seinem Bett auftauchte. Er stand auf und steuerte Michelangelos Zimmer an. Schon vor der Tür des Kindskopfes hörte er seinen Bruder wimmern, flehen und schließlich schreien! „Nein... nein, tu das nicht!... Heilige Makaroni, das darf nicht wahr sein! Das glaube ich nicht!... Oh mein Gott, nein!... AAAAAAH!“ In diesem Moment riss Raphael die Tür auf und stürzte mit gezogenen Sais ins Zimmer. Michelangelo erlitt fast einen Herzinfarkt. Er schrie gellend auf, fiel vom Bett und war im nächsten Augenblick sowohl unter seinem Bett als auch in seinem Schildkrötenpanzer verschwunden. Raphael suchte derweil mit wilden Augen nach dem Angreifer. Es gab keinen. Das Zimmer war vollkommen leer, bis auf den verschreckten Michelangelo unter dem Bett und eine ganze Reihe aufgeschlagener Comic Hefte, die sich über die gesamte Matratze und einen Großteil des Bodens ausbreiteten. „Was zum Kröterich ist hier los, Mikey? Warum hast du geschrien?“, fragte Raphael aufgebracht, die Waffen immer noch fest in den Händen. Ein orangenes Bandana stahl sich vorsichtig aus der Halsöffnung des Schildkrötenpanzers. Die babyblauen Augen dahinter sahen zu Raphael auf und dann kroch Michelangelo endlich aus seinem Versteck heraus. „Was hier los ist? Was ist mit dir los?! Ich hab mir fast in den Panzer gemacht, Mann!“, zeterte der Freigeist und setzte sich schwer atmend auf sein Bett zurück, der Schreck war ihm noch deutlich anzusehen. Raphael steckte knurrend die Sais weg. „Ich hab' gedacht, du wirst hier abgestochen! Was schreist du denn mitten in der Nacht so rum, du Hohlbrot!“, wetterte er dagegen und sah erstaunt, dass sein kleiner Bruder rot wurde. Das kam so selten vor, dass es den Größeren ein wenig besorgte. Etwas ruhiger setzte er sich neben Michelangelos Bett in einen Sitzsack, der auch schon bessere Tage gesehen hatte. Mikey strich mit dem Finger über die Seiten eines Comics und blickte verlegen auf seine Knie. Es schien ihm schwer zu fallen einen Anfang zu finden, was ebenso wenig in sein Charakterprofil passte wie die rosa angehauchten Wangen. Raphael wurde die Situation unangenehm. „Ist es wieder wegen der Kraang?“, versuchte er zu helfen. Der Blauäugige blinzelte seinen Bruder über die Schulter hinweg an, dann drehte er sich halb zu ihm um und sah ihm ernst ins Gesicht. Seine Stimme klang verschwörerisch als er sagte: „Was ich dir jetzt erzähle, darf niemals diesen Raum verlassen!“ Er starrte Raphael so durchdringend an, dass der Mutant in rot schließlich die Augen verdrehte und schnappte: „Ja, von mir aus, was auch immer!“ Das schien dem Kindskopf zu reichen. „Ich hab' was gefunden, das gruseliger ist als die Kraang.“, erklärte er als sei das etwas Gutes. Raphael sah ihn verständnislos an. „Aha.“ „Genau.“, bestätigte der Nunchaku-Spezialist gedehnt und grinste als wäre damit alles gesagt. Raphael verlor die Geduld. „Argh, Mikey, ich verstehe kein Wort von deinem Gelaber! Ich weiß nur, dass diese bescheuerte Kraang-Attrappe nichts in meinem Zimmer verloren hat! Du solltest damit trainieren! Aber du suchst dir stattdessen was Gruseligeres? Was läuft falsch bei dir, Alter?!“, brauste er auf. Michelangelo hob ernst den Zeigefinger, um seinem Bruder Einhalt zu gebieten, was bei dem kindischen Turtle denkbar lächerlich wirkte. „Ist doch ganz klar.“, behauptete er, „Wenn mir etwas noch mehr Angst macht als die Kraang, dann sind die Kraang kein Problem mehr.“ Raphael verzog das Gesicht als wäre jedes von Michelangelos Worten eine Zitrone, die er essen musste. Mikey bemerkte es. „Schau mal, Bro. Du kannst deine Probleme vielleicht im Kampf abhaken. Aber ich hab' nach dem Training mit dieser ekligen Gulli-Puppe bloß noch mehr Albträume gehabt. Das Ding musste weg! Dann hab' ich aber meinen schlauen Kopf angestrengt...“, an dieser Stelle zog Raphael spöttisch die Stirn kraus und ließ die flache Hand in der Vertikalen wackeln als bezweifele er diese Aussage stark, was Mikey nicht davon abhielt weiter zu sprechen, „... und bin auf eine Comic Reihe gestoßen, in der fiese Aliens ein Raumschiff voller Menschen angreifen! Sie fressen ihre Gehirne, saugen ihnen die Gesichter ab, vermehren sich in ihren Bäuchen...“ Raphael zwickte sich genervt in den Nasenrücken, um die Fassung zu bewahren und unterbrach seinen Bruder forsch: „Worauf willst du hinaus, Mikey?!“ „Ist das immer noch nicht klar? Die Kraang machen so was nicht.“, erklärte er. Jetzt ergab das wirre Gerede des Orangenen langsam einen Sinn für den Saikämpfer. Die Aliens in den Comics waren wirklich schlimmer als die Kraang und das schien für Michelangelo die reale Gefahr harmloser zu machen als die, von der er nur las. Was die Kraang auch taten, es konnte nicht halb so furchterregend sein, wie das was sich jemand ausdenken konnte, der Comics schrieb. Demnach würde Mikey auch damit fertig werden. Der Kindskopf warf Realität und Fiktion gerne mal zusammen in einen Topf und oft war dabei nicht ganz klar, ob er den Unterschied überhaupt kannte, aber in diesem Fall schien das ein Vorteil zu sein. „Also hast du jetzt keine Angst mehr, gegen die Kraang zu kämpfen?“, fasste der Muskelprotz etwas lahm zusammen. Michelangelo zwinkerte ihm zu, schnippte gönnerhaft mit den Fingern und zeigte in einer Du-hast-es-begriffen-Geste auf den Bruder in rot. „Aha.“, schloss Raphael, „Dann bin ich also jetzt vor deinen nächtlichen Besuchen sicher, richtig?“, hakte nach. Die Zuversicht schwand aus den kindlichen Zügen des Kleineren und er kratzte sich unsicher am Kopf. „Also um ehrlich zu sein...“ Raphael ahnte was jetzt kommen würde und stöhnte genervt auf. Das hielt den Freigeist allerdings nicht davon ab seinen Satz zu beenden. „... jetzt hab ich irgendwie Schiss vor diesen Aliens im Comic. Kann ich vielleicht nochmal bei dir...“ Raphael unterbrach ihn mit einer harschen Geste, indem er beide Arme abwehrend in der Luft kreuzte. „Kommt nicht in Frage!“, schnappte er erbost, „Ab jetzt sind deine Probleme deine Sache! Ich misch' mich da nicht mehr ein! Sieh zu, wie du allein klar kommst!“, damit stand er auf und wandte sich der Tür zu. „Raaaaph!“, kam es jammernd vom Bett. „Ich bitte dich auch nie wieder um was!“, versprach der Orangene flehend. Der stämmige Mutant bezweifelte stark, dass Michelangelo dieses Versprechen auch nur einen Tag lang halten konnte, aber er blieb stehen. „Du bist so nervtötend!“, stöhnte der Turtle in rot und drehte sich wieder dem mit Comics überfüllten Bett zu. „Rück' rüber!“ Am nächsten Morgen schliefen alle wegen der Patrouille in der Nacht zuvor länger. Als sich Leonardo und Donatello gegen halb neun Uhr morgens in der Küche begegneten fanden sie kein Frühstück vor. Der Tüftler hatte erst einmal genug davon seine Brüder wecken zu gehen und so erbarmte sich der Anführer. Auf dem Weg zu den Zimmern dachte er bei sich, wenn er zuerst Mikey weckte, dann konnte er ihn dazu verdonnern Raphael zu wecken. Diesen Plan gefasst, klopfte er bei dem Jüngsten. „Mikey? Machst du Frühstück?“, fragte er durch die Tür. Aus dem Zimmer drang ein genervtes Knurren, das so gar nicht zu ihrem Nesthäkchen passen wollte, dann ein lautes Schnarchen, das schon eher nach dem Kindskopf klang und dann lautes Gepolter als wäre etwas Großes zu Boden gefallen. „Mikey?“, fragte Leonardo noch einmal etwas verunsichert. Dann öffnete er die Tür und spähte ins Zimmer hinein. „Was zum Kröterich...?!“ Er fand Raphael auf Michelangelos Bett vor, die Arme aufgestützt und sich gerade aufrappelnd, während der reguläre Eigentümer des Zimmers schnarchend und alle Viere von sich gestreckt auf dem Fußboden lag. Leonardos entgleistes Gesicht war ein Bild für die Götter. „Wie?... Was?... Hä?“, war alles, was der furchtlose Anführer heraus brachte, während sich Raphael an den Bettrand setzte und Michelangelo gegen den Kopf trat, der davon endlich aufwachte und verträumt um sich blickte. Der Jüngste streckte sich und schmatzte genüsslich. „Morgen, Bros.“, begrüßte er die anderen unbekümmert. Leonardo fühlte Donatellos Worte von ihrem Gespräch im Badezimmer schwer wie Felsen in seiner Brust. Er fühlte sich plötzlich ausgeschlossen und versuchte dieses leere Gefühl zu überspielen, indem er streng die Arme vor dem Brustpanzer verschränkte. „Erklärt mir mal einer, was hier vor sich geht?“, fragte er schroff, sodass es mehr wie ein Befehl klang. „Hier geht gar nichts vor.“, knurrte Raphael und überspielte nun seinerseits seine Verlegenheit, bei einem Akt der Brüderlichkeit erwischt worden zu sein. Ihm war es lieber, wenn niemand wusste, dass er auch nett sein konnte. Die anderen würden das sicher nur als Hebel benutzen, um ihn ein Leben lang damit aufzuziehen. Michelangelo gegenüber Gnade und Verständnis zu zeigen war in Ordnung, denn der kleine Bruder bekam dafür auch viel mehr Gemeinheiten von Raphael ab als die anderen. Das glich sich also aus. Aber wenn Leo und Donnie das mitbekamen, dann war seine raue Fassade in Gefahr! Michelangelo sprang auf und legte dem Anführer in blau einen Arm um die Schultern. „Du wirst es nicht glauben!“, begann er aufgeregt, „Hier ist letzte Nacht ein riesiges Albtraummonster eingebrochen und es hatte Nunchakus aus Käse! Ich hab dagegen gekämpft, du hättest mich sehen sollen, aber dann kam plötzlich ein Alien aus seinem Bauch und auf einmal hatte ich zwei Gegner. Ich hab gerufen und gerufen und dann kam Raph und hat...“ Raphaels Gesichtsausdruck nahm während dieses haarsträubenden Blödsinns, den Michelangelo da erzählte, immer gequältere Züge an, bis Leonardo den Redeschwall stoppte, indem er dem Spinner in orange den Mund zu hielt. „Mit anderen Worten, du hattest einen Albtraum und Raph hat dich geboxt, damit du aufhörst im Schlaf herumzuschreien.“, fasste der Teamführer zusammen was seiner Meinung nach geschehen sein musste. Raphael stand vom Bett auf und nahm Mickey in den Würgegriff, der seinerseits immer noch mit einem Arm an Leonardo hing. „Genau. Der Schreihals hat mich einfach nicht schlafen lassen, da bin ich rüber und hab' ihm das Maul gestopft. Und damit er auch ruhig bleibt, bin ich gleich da geblieben. Du kennst ihn ja. Der hätte das die ganze Nacht durchgehalten.“, spann der Hitzkopf die schöne Geschichte weiter, die Leonardo sich da zusammenreimte. Der Turtle in blau sah von Raphael auf Michelangelo hinunter und schüttelte den Kopf. „Du wirst wohl nie erwachsen, was?“, fragte er tadelnd und spürte wie Michelangelo unter der Hand auf seinem Mund grinste. Dann sah er das Durcheinander von Comic Heften, das den ganzen Raum befallen hatte. „Moment! Sind das meine Comics?!“, begann er zu zetern. „Äh, ich mach Frühstück!“, japste der Verursacher des Chaos' und befreite sich schnell aus dem Griff des Ältesten. Raphael schaltete sofort und ließ den Jüngsten los, schließlich war er genauso auf den Comics herumgelaufen, wie Mikey. „Ich, äh, geh mit! Damit er keinen Unsinn macht.“, schob er rasch nach und schon waren beide Turtles auf der Flucht in Richtung Küche. Damit kehrte fürs erste der Alltag wieder in die Kanalisation ein. Michelangelo konnte wieder angstfrei als Teil des Teams kämpfen. Donatello hatte seinen Rang unter den Brüdern verteidigt. Leonardo war als Anführer nun allerseits anerkannt worden und Raphael fühlte sich als wichtiger Teil der Familie so wohl wie schon lange nicht mehr. Alles war wieder gut. Bis Raphael in der Folge mit Spiderbites erneut ausflippte. XD Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)