Actio est reactio von Ur (von Nerdherzen und den physikalischen Gesetzen ihrer Eroberung) ================================================================================ Kapitel 14: Rum zum Dank ------------------------ Dinge, die kaum jemand oder vielleicht überhaupt niemand über mich weiß: 1. Ich kann nicht schwimmen. Als Kind wäre ich einmal fast ertrunken und danach bin ich nie wieder ins Wasser gegangen, egal wie sehr meine Mutter versucht hat, mich zu überreden. (Das wissen meine Mutter, meine Schwester und Tamino.) 2. Ich hatte erst einmal Sex und es hat mir nicht besonders gut gefallen. (Das weiß niemand.) 3. Ich habe angefangen, mich mehr über Star Trek zu informieren und mit Mari die alten Filme zu gucken. (Das weiß nur Mari.) 4. Ich hatte noch nie das knochentiefe Bedürfnis jemanden zu umarmen, bis zu dem Moment, als Tamino mir eine Französischklausur mit acht Punkten auf den Tisch gelegt hat. (Das weiß auch niemand.) Da Tamino bisher sehr sorgfältig Abstand von mir gehalten hat und das höchste der Gefühle ein Zupfen am Ärmel darstellt, gehe ich davon aus, dass er von einer Umarmung wahrscheinlich nicht besonders begeistert wäre. Ich denke daran, wie wir uns gegenseitig aufgefangen haben, nachdem jeder vor dem anderen einmal abgeklappt ist. Das zählt nicht wirklich als Umarmung. »Darf ich nach Französisch nach Hause gehen, ohne, dass du mich streng und abwertend ansiehst?«, zischele ich Tamino zu, während Herr Rosenheim mit Feli darüber diskutiert, dass sie ihre mündliche Note eher bei einer guten Zwei sieht, statt wie ihr Lehrer bei einer glatten Drei. Tamino dreht mir sein Gesicht zu und hebt eine geschwungene Augenbraue. Ich weiß mittlerweile genug über Star Trek, um zu wissen, dass er gerade aussieht wie ein Vulkanier. »Ok, ok, Mr. Spock«, murmele ich. Tamino blinzelt. Dann breitet sich auf seinem Gesicht ein zaghaftes Lächeln aus. »Herzlich Glückwunsch zur Abizulassung, Captain«, murmelt er zurück und ich bin sicher, dass ich schon wieder rot werde. Trotzdem gluckse ich zufrieden und lehne mich im Stuhl zurück. Ich bin wahnsinnig müde, aber auch total aufgeregt. »Ich will genau wissen, was du ihm gesagt hast. Und dann will ich mindestens vier Kisten Bier mit dir trinken«, erkläre ich mit geschlossenen Augen. Tamino schweigt einen Moment und ich frage mich, ob ich vielleicht zu weit gegangen bin. Wahrscheinlich will er nichts trinken. Zumindest nicht mit mir. »Ich trinke lieber Rum-Cola.« Ich öffne die Augen und schaue ihn erneut an. Er sieht unsicher aus, als wüsste er nicht, ob ich das mit dem Bier ernst gemeint habe. Als wäre er sich nicht sicher, ob ich wirklich mit ihm darauf anstoßen möchte, dass er mein Abi gerettet hat. Ich denke an Maris Worte darüber, dass ich Taminos »natürlicher Fressfeind« bin und daran, dass ich noch vor zwei Monaten recht regelmäßig gelacht und die Augen verdreht habe, weil Tamino so ein Lehrerliebling ist. »Dann kauf ich dir ne Flasche Rum«, sage ich breit grinsend und er lächelt ein wenig. Ich fasse es nicht, dass Tamino harten Alkohol trinkt. Wer weiß, was es noch alles über ihn zu wissen gibt. Tamino sieht aus, als wäre er sehr in Gedanken vertieft. Dann sehe ich, wie er sein Handy hervorkramt. Ich frage mich, wem er schreibt. Nach Feli haben noch drei Leute angefangen, um ihre mündliche Note zu feilschen und ich nehme meine frisch korrigierte Klausur in die Hand, um sie durchzublättern. Ich entdecke die Stellen, an denen Herr Rosenheim nachträglich etwas geändert hat. Mehrere abgezogene Fehlerpunkte haben sich scheinbar in Luft aufgelöst, an zwei Stellen sind inhaltliche Anmerkungen energisch durchgestrichen. Aufgabe drei, für die ich vorher kaum inhaltliche Punkte bekommen habe, hat jetzt fast volle Punktzahl. Ich stecke die Klausur sorgfältig in meinen Rucksack. »Mein Vater ist den Rest der Woche weg«, erklärt Tamino neben mir. »Boah!«, sage ich voller Neid. »Das heißt, ich kann nachher zum Saufen bei dir einfallen?« Tamino hebt schon wieder seine Augenbraue. Ich muss daran denken, wie Mari findet, dass Spock und sein Captain heiraten sollten und daran, dass Tamino mich vorhin Captain genannt hat. Mein Gehirn hat definitiv einen dauerhaften Schaden erlitten, weil diese ganze Abiturgeschichte mich so sehr mitnimmt. »Morgen ist Donnerstag«, informiert Tamino mich. Ich sehe ihn ungnädig an. »Aber ich bin zum Abi zugelassen!« »Das bist du am Freitag immer noch«, erinnert Tamino mich. Ich grummele unzufrieden. »Spielverderber.« Ich bereue das Wort, sobald es mir entwischt ist. Tamino schrumpft richtiggehend auf seinem Stuhl zusammen und ich beiße mir heftig auf die Unterlippe. Allerdings komme ich nicht dazu, meinen Patzer wieder gut zu machen, weil Herr Rosenheim in diesem Moment beschließt, dass er die Schnauze voll von den Verhandlungen hat und uns lieber ordentlich zusammenstauchen will. Ich verfluche mich selbst dafür, dass ich nicht nur ein potentielles Saufgelagere mit Tamino verspielt habe, sondern auch noch zum Dank der Rettung meines Abiturs meinen Status als natürlichen Fressfeind verfestigt habe. Toll gemacht, Julius. Eine Stimme in meinem Kopf sagt, dass Tamino ja nicht alles so ernst nehmen muss. Aber irgendetwas in mir weiß auch, dass Tamino nichts dafür kann, so auf diese Dinge zu reagieren und es mein Job ist, mich zurückzuhalten, bis irgendwann klargestellt ist, wie ich was meine. Nach dem Klingeln zur Pause schenkt Tamino mir ein halbes Lächeln und ich möchte eigentlich etwas sagen, werde aber von Christoph und Basti in die Mangel genommen, wie wissen wollen, ob ich am Wochenende zu Felis Geburtstagsfeier komme. Meine Augen kleben an Taminos Rücken, als er das Klassenzimmer verlässt. Er hat gerade mein Abi gerettet und jetzt wird er sich irgendwo in der Schule ein ruhiges Eckchen suchen und dort alleine sitzen, bis es zur nächsten Stunde klingelt. Ich denke darüber nach, ihn in den Pausen zu mir und meinen Leuten einzuladen, aber ich weiß, dass er das nicht wollen würde. Maris Gesicht taucht vor meinem inneren Auge auf und schüttelt den Kopf angesichts der Tatsache, dass ich so naiv bin daran zu glauben, dass die meisten meiner Jungs Tamino nicht total seltsam finden würden. Wie es sich herausstellt, lädt Feli mich auf ihre Feier ein, obwohl ich ihr heute ihren Platz geklaut habe. Sie grinst mich an und zwinkert mir zu und sagt, dass sie mir vergibt. Lennard, Basti und Adnan machen zweideutige Bemerkungen darüber, dass Feli sich sicher über einen Kuss von mir zu ihrem Geburtstag freuen würde. Ich mustere sie. Sie hat braune, glatte Haare fast bis zum Hintern, lange Wimpern und eine ziemlich krasse Oberweite, die bei jedem Training mindestens dreimal zur Sprache kommt. Dumpf denke ich daran, wie scheiße es sein muss, von einem Haufen schwitziger Kerle dauernd auf seine Brüste reduziert zu werden. Während ich Feli beobachte und Lennards zweideutige Kommentare ignoriere, schaut Cem mich schmunzelnd von der Seite an. »Was?«, sage ich und verschränke die Arme. Irgendwo schräg hinter mir macht Basti bekloppte Knutschgeräusch. »Nicht so dein Typ, huh?«, will Cem wissen. Gott sei Dank hört ihn keiner. Es gibt keinen Kerl im Jahrgang, dessen Typ Feli nicht ist. Sie ist nett, witzig und sieht gut aus. Also wieso genau will ich sie nicht tatsächlich an ihrem Geburtstag knutschen? »Deiner?«, will ich wissen. Cem grinst breit. »Vielleicht«, sagt er und zieht an seiner Kippe. Ich frage mich, warum ich nicht weiß, was eigentlich mein Typ ist. Dauernd reden immer alle darüber, wen sie heiß finden und wen sie gerne flachlegen möchten und ich denke stattdessen darüber nach, wie ich meinen blöden Spielverderber-Patzer ausmerzen kann. Die Feier ist am Samstag. Wenn ich am Freitag mit Tamino einen trinken würde, bin ich am Samstag vielleicht immer noch zu k.o. um mich direkt wieder zu besaufen. Ich erzähle Cem nichts von meinen Plänen, ignoriere seine amüsierten Blicke und frage mich, was für ein Buch Tamino wohl gerade liest. Ich krame mein Handy heraus und öffne den WhatsApp-Chat mit Tamino. Die letzte Nachricht darin ist immer noch meine Sprachnachricht vom letzten Samstag. »Tut mir Leid wegen eben. Ich finde nicht, dass du ein Spielverderber bist«, schreibe ich und schicke es ab. Vielleicht sitzt er wieder auf der Fensterbank im Gang, wo nicht so viel los ist und er in Ruhe seine komische französische Musik hören und sein Buch lesen kann. Die Antwort kommt prompt. »Schon ok« Ich seufze. »Darf ich Freitag mit Rum vorbeikommen?« Diesmal dauert die Antwort etwas länger. Ich kaue auf meiner Unterlippe herum und werfe Cem einen strengen Blick zu, der neben mir steht und dauernd gluckst, als wäre ich besonders witzig. »Ich bin übrigens zugelassen«, erkläre ich ihm. »Geil!«, sagt Cem und haut mir mit solcher Wucht auf den Rücken, dass ich fast mein Handy fallen lasse. Als ich es wieder fest im Griff habe, sehe ich, dass Tamino geantwortet hat. »Ok. Möchtest du Chips?« »Auf jeden. Wir könnten Pizza bestellen?« »Mein Vater lässt Geld für die Woche da. Wahrscheinlich können wir auch fünf Pizzen bestellen.« »Eine reicht mir, danke ;-)« Ich stecke mein Handy wieder weg und bin erleichtert darüber, dass ich nicht alles komplett verbockt habe. Cem wirft seine Kippe auf den Boden und tritt sie aus, dann sieht er Frau Heise über den Schulhof gehen und in unsere Richtung blicken und hebt den Zigarettenstummel hastig auf, um ihn in den dafür vorgesehenen Aschenbecher zu werfen. »Alter, wir müssen uns am Samstag richtig einen hinter die Birne kippen, weil du nicht sitzen geblieben bist«, sagt Cem und verlangt mir einen Handschlag ab. Ich grinse. »Du meinst, weil wir uns schon so lange keinen mehr hinter die Birne gekippt haben?« Cem lacht zufrieden, rückt sein Cappi zurecht und zieht seine Hose ein Stück nach oben. »Hey, es gibt Alkohol umsonst. Das muss man ausnutzen«, meint er. Es klingelt zum Ende der Pause und ich mache mich auf den Weg zu Politik, während Cem Geschichte hat. Ich habe den Rest des Schultages keine Gelegenheit mehr, mit Tamino zu sprechen und ich habe das Gefühl, dass ich mich nicht ausreichend bedankt habe, aber als ich nach Hause komme und Mari und meine Mutter schon hinter der Tür lauern, weil sie wissen wollen, was mit der Klausur los ist, schiebe ich die Gedanken beiseite und halte ihnen breit grinsend die acht Punkte entgegen. Mari quietscht und springt auf und ab, meine Mutter drückt uns beide mehrmals abwechselnd. »Ich bin so stolz auf dich, Juls«, nuschelt sie gegen meine Wange und ich fühle mich federleicht. Ha, denke ich mir, fick dich, alter Mann. »Dafür müssen wir Tamino irgendwas besorgen. Vielleicht etwas Süßes? Liest er gerne? Einen Gutschein?« Meine Mutter ist vollkommen aus dem Häuschen und ich sehe, wie sie sich auf dem Weg in die Küche eine Träne aus den Augenwinkeln wischt. Mari legt mir den Arm um die Schultern. »Ich freu mich total für dich«, sagt sie ehrlich und ich lächele. »Es waren zuerst sechs Punkte«, erkläre ich. Meine Mutter steckt sofort den Kopf aus der Küche. »Was? Und dann?«, will sie wissen. »Ich weiß es ehrlich gesagt nicht ganz genau, aber Tamino hat solange auf Herrn Rosenheim eingeredet, bis der mir mehr Punkte gegeben hat«, erzähle ich etwas peinlich berührt. Meine Mutter sieht aus, als würde sie sofort bei Tamino anrufen und ihm einen Adoptionsantrag stellen wollen. »Was für ein toller Junge«, sagt sie und wischt sich schon wieder über die Augen. »Wow«, sagt Mari. Sie sieht aus, als wüsste sie schon wieder mehr als ich und ich ringe mit dem Wurm namens dark Juls und folge meiner Mutter in die Küche. »Das muss gefeiert werden! Hast du einen Wunsch? Wollen wir Essen bestellen? Brauchst du neue Sportschuhe?« »Thailändisch!«, ruft Mari begeistert und rüttelt an meiner Schulter. »Hey! Ich bin zum Abi zugelassen«, sage ich gespielt maulig. Mari verdreht die Augen. »Aber Thailändisch!« Ich schnaube, muss aber grinsen. »Na schön. Thailändisch.« * Den Rest der Woche bin ich immer noch high angesichts der Tatsache, dass ich zum Abi zugelassen wurde, aber ich habe keine Gelegenheit, mich noch mal bei Tamino zu bedanken. Ich rede mir ein, dass das nicht so schlimm ist, weil wir uns am Freitag verabredet haben – so richtig. Ohne, dass jemand eine Grippe hat oder wir Nachhilfe machen. Dann kann ich ihm noch mal sagen, dass ich sehr dankbar für seine Hilfe bin. Aber ich sehe auch, dass er weiterhin schlecht schläft. Oder vielleicht gar nicht. Am Donnerstag schläft er in Geschichte auf dem Tisch ein und allein die Tatsache, dass er Tamino Wilke ist – Lehrerliebling und Genie extraordinär – hält Herrn Frank davon ab, ihm eine Standpauke zu halten. Er stutzt, als er Tamino auf der Tischplatte liegen sieht. Ich habe den Großteil der Stunde damit verbracht, Tamino zu beobachten. Er ist richtig weggenickt, den Mund leicht geöffnet und sein Atem ist sehr gleichmäßig. Mehrere Leute kichern darüber, dass er einfach so mitten im Geschichts-LK schläft, aber ich denke daran, wie er mir erzählt hat, dass er selten gut schläft. Woran das wohl liegen mag? Herr Frank geht zu Taminos Tisch hinüber und räuspert sich ganze drei Mal, bis Tamino aufwacht und verschlafen zu unserem Lehrer hochblinzelt. »T’schuldigung«, murmelt er leise und ich sehe, dass ihm Hitze ins Gesicht steigt. Meine Fresse, wie scheiße das sein muss, wenn man so k.o. ist, dass man versehentlich im Unterricht wegknackt. »Da Sie wieder bei uns sind, können Sie uns sicher sagen, welche Bedeutung Diokletian für das Römische Reich im dritten Jahrhundert hatte«, sagt Herr Frank, weil er es wohl nicht einfach so hinnehmen will, dass Tamino bei ihm im Unterricht schläft. Tamino reibt sich kurz die Augen, dann seufzt er. »Diokletian hat 284 nach Christus den Thron bestiegen und unter anderem das Herrschaftsmodell der Tetrarchie eingeführt…« Herr Frank starrt Tamino an, als wäre er ein Alien, während Tamino einen spontanen Kurzvortrag über die Diokletianische Ära hält, als hätte er vorher die ganze Zeit zugehört. »…bis er dann im Jahr 303 eine weitere Welle der Christenverfolgung eingeleitet hat. Soll ich auch noch auf sein Vorgehen gegen den Manichäismus eingehen?« Herr Frank ist einen Moment lang sprachlos, dann schüttelt er leicht den Kopf. Ich persönlich kann sagen, dass ich das Wort Manichäismus noch nie in meinem Leben gehört habe. »Nein, danke. Das wird nicht nötig sein. Ich habe einen Text zu Diokletians Christenverfolgung für Sie kopiert…« Ich sehe, wie Tamino sich ein Blatt vom Stapel nimmt, seine Arme auf der Tischplatte platziert und den Kopf einfach wieder darauf sinken lässt, als wäre das alles gerade überhaupt nicht passiert. Ich frage mich, ob alles in Ordnung ist. Aber es sieht nicht so aus. Vielleicht kann ich Freitag danach fragen, warum er so schlecht schläft. Nach ein paar Gläsern Rum-Cola ist er ja womöglich dazu bereit über sowas zu reden. Die Frage ist, bin ich überhaupt bereit über sowas zu reden? Wie Mari mir mitgeteilt hat, hab ich keine Ahnung von anständigen Freundschaften. Ugh. Verflucht sei Mari. Und Tamino. Dafür, dass ich mir über solche Sachen überhaupt Gedanken mache. Am Freitag nach der Schule kaufe ich eine Flasche Rum und zwei Sechserträger Bier. Als Cem mir schreibt, bin ich gerade auf dem Weg nach Hause, um zu duschen und Maris Cookies einzupacken, die sie als Dankeschön für Tamino gebacken hat. Vielleicht hätte ich ihm Kekse als Dankeschön backen sollen. Leider kann ich überhaupt nicht backen. Dafür hab ich ihm eine Flasche Rum gekauft. Das ist fast genauso aufmerksam. »Dafür, dass dein persönliches Genie keinen Sport mitmachen darf, kann er ganz schön rennen«, schreibt Cem. »Wie kommst du darauf?«, antworte ich, nachdem ich meinen Alkoholvorrat in meinem Zimmer geparkt habe und in die Küche gehe, um die Cookies einzusammeln. Mari sagt, sie liegen noch auf dem Blech. Was sie nicht gesagt hat, ist, dass sie mit Blech drei Bleche meint. Ich krame nach einer großen Tuppadose und fange an, die noch lauwarmen Kekse hineinzuschaufeln. Es ist ja schon ein bisschen peinlich, dass meine Schwester Dankescookies backt, weil Tamino ihrem dummen Bruder dabei geholfen hat, zum Abi zugelassen zu werden. »Hab ihn diese Woche schon dreimal im Park gesehen.« Ich beschließe, dass ich mich jetzt nicht weiter damit befassen will, wieso Tamino rennen kann, aber keinen Sportunterricht machen darf. Ich stecke die Kekse in meinen Rucksack, dann schreibe ich eine Nachricht an Tamino. »Wann kann ich vorbeikommen? Ich hab Rum, Bier und Kekse und bin bereit mehr über Odo rauszufinden!« Ich füge mehrere Emojis in meine Nachricht ein. Tamino schickt meistens keine. »Ab vier hab ich Zeit. Komm, wann du magst!« Es ist jetzt fast drei. Dann habe ich noch Zeit zu duschen und dann um vier bei Tamino auf der Matte zu stehen. Ich hab extra kaum Nudeln zum Mittag gegessen, damit genug Pizza reinpasst. Aus unerfindlichen und durchweg bekloppten Gründen bin ich aufgeregt. Ist ja nicht so, als wäre das eine wichtige Klausur oder ein wichtiges Spiel. Aber was, wenn doch? Was, wenn das so eine Art Test ist und wenn ich durchfalle, hat sich das mit der Freundschaft ein für alle Mal erledigt? Aber Juls, sage ich mir im Stillen, wir haben wieder bekanntes Territorium betreten. Du triffst dich zum Saufen, wie mit anderen Kumpels auch. Ihr zieht euch Pizza und Star Trek und Alkohol rein und dann gehst du irgendwann sturzbesoffen nach Hause und versuchst, keine peinlichen Sprachnachrichten zu verschicken. Dann wiederum würde ich peinliche Sprachnachrichten vermutlich an Tamino schicken und da Tamino persönlich anwesend sein wird, muss ich mir darum wohl keinen Kopf machen. Nachdem ich mit Duschen fertig bin und auf Anweisung meiner Mutter mein Zimmer ein wenig aufgeräumt habe, mache ich mich mit meinem Alkoholvorrat und einem Berg Keksen auf zu Tamino. Mein Handy vibriert und ich öffne eine Nachricht von Mari. »Versuch Tamino nicht vollzukotzen und sag ihm, dass du sein Freund sein willst!!!« Ich grummele und würdige diese Nachricht nicht mit einer Antwort. Es wird schon irgendwie gut gehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)