Harmony von MiyuNiagawa (Der Klang der Seele) ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- Mit schnellen Schritten bewegte ich mich zum Musikraum. Ich war heute sogar recht gut in der Zeit, wahrscheinlich waren Tayuya-chan und Kimimaro-kun noch nicht einmal da, aber ich war gerne früher im Raum. Ich mochte es vor mich hin zu klimpern, ehe die anderen eintrafen und vielleicht schon ein oder zwei Lieder zu komponieren, auch wenn ich sie doch nie aufschrieb… Ich kam dem Raum näher, meine Schritte wurden langsamer und ich lauschte genauer. Etwas war ungewöhnlich. Aus dem Raum drang Gitarrenmusik. Kimimaro-kun spielte Gitarre, aber nicht auf diese Art. Seine Klänge waren nie so traurig, so düster… Ich blieb neben der Tür stehen und lauschte noch einen Moment. Erst jetzt fiel mir auf, dass abgesehen von einer Gitarre noch eine leise Stimme zu hören war, die eine ebenso traurige Melodie sang. Ich spitzte die Ohren, um die Worte dieses leisen Gesangs zu hören. „When did we fall apart? `til I couldn’t see you anymore… When gave you up loving me? So I could never feel you anymore… Does it really have to be this way? Why can’t we ever face the problems… Why couldn’t we ever make up…” „Natsumi-chan!“, hörte ich Tayuya-chans Stimme hinter mit laut rufen und zuckte zusammen, „Warum gehst du denn nicht rein?“ Ich wandte mich um. „Ach… ich bin auch gerade erst gekommen…“, grinste ich verlegen und drehte mich dann wieder zur Tür des Musiksaals, die nun aufgeschoben wurde. Ich zuckte zusammen und blickte dann zu Sabakuno-san auf, der aus dem Raum heraus kam. „Entschuldige, ich wusste nicht, dass ihr den Saal nachmittags nutzt“, murmelte er in meine Richtung, nickte mir kurz zu und verschwand dann den Gang hinunter. „Sabakuno-san…!“, rief ich ihm halblaut hinterher, doch er war schon weg. Hoffentlich hatte er nicht mitbekommen, dass ich seinem Gitarrenspiel gelauscht hatte. Vielleicht wollte er ja nicht, dass ihm jemand zuhörte… Ich fühlte mich nun wirklich furchtbar und taktlos… „Natsumi-chan, ist etwas?“, fragte Kimimaro-kun, der nun mit Tayuya-chan neben mir angekommen war. Ich blickte zu den beiden herüber und schüttelte dann den Kopf. „Nein… nichts… Ich wusste nur nicht, dass Sabakuno-san auch diesen Raum nutzt…“ „Du kennst ihn?“, Tayuya-chan blinzelte mich verdutzt an. „Seit wann kannst du überhaupt mit so gutaussehenden Jungs reden, Natsumi-chan?“ „Sei doch nicht so frech, Tayuya-chan“, Kimimaro-kun schob Tayuya-chan die Mütze ein Stück weit ins Gesicht. „Solche Fragen stellt man einer Freundin doch nicht.“ „Aber gerade weil sie meine Freundin ist, sollte das doch in Ordnung sein sowas zu fragen oder nicht? Hat dich die Frage etwa verletzt, Natsumi-chan?“, Tayuya-chan sah mich eindringlich und etwas hilflos an. „Äh… wie? Ich steh gerade wohl etwas neben mir…“, ich schüttelte leicht meinen Kopf, „Gehen wir doch in den Musikraum…“ Ich setzte mich in Bewegung und ging dann in den Raum. Langsam bewegte ich mich auf das Klavier zu, doch dann sah ich ein Blatt vor mir auf dem Boden liegen. Ich bückte mich und hob es auf. Es war ein Notenpapier beschrieben mit sachten Bleistiftkreisen und Linien. Ein paar Worte standen auf dabei, doch ich konnte kaum einen Sinn dahinter erkennen. Als ich oben aufs Blatt sah, konnte ich etwas wie einen Titel erkennen. ‚The One‘. War das vielleicht das Lied, das er gerade gespielt hatte? „Natsumi-chan? Wenn du weiter so neben dir stehst, dann werden wir aber nichts mehr heute auf die Beine stellen können“, murrte Tayuya-chan und ich zuckte zusammen. „Mh, ja, in Ordnung, ich bin schon da. Wir können loslegen“, erwiderte ich schnell, setzte mich auf den Klavierhocker, legte das Notenpapier auf dem Flügel ab und begann etwas auf den Tasten zu klimpern, während Kimimaro-kun und Tayuya-chan ihre Instrumente auspackten. „Ich muss heute schon etwas früher los, entschuldigt“, Tayuya-chan lächelte Kimimaro-kun und mich etwas verlegen an und packte ihre Geige ein. „Das macht doch nichts“, ich nahm meine Finger von den Klaviertasten und überlegte kurz, ob ich auch zusammenpacken sollte, doch dann kam mir das Notenpapier wieder in den Sinn. „Ich muss auch jetzt los“, Kimimaro-kun legte seine Gitarre in seinen Gitarrenkoffer und schulterte diesen. „Vielleicht können wir ja nächste Woche wieder alle zusammen spielen?“ „Ja, sehr gern!“, grinste Tayuya-chan und ging mit Kimimaro-kun zur Tür. „Dann bis morgen, Natsumi-chan!“ „Ja, bis morgen“, ich lächelte den beiden zu, während sie den Raum verließen. Als sie die Tür geschlossen hatten, wandte ich mich wieder dem Papier zu und versuchte die Noten, die darauf geschrieben standen, auf Klavier zu spielen. Ich erkannte diese traurige Melodie. Das hier war das Lied, das Sabakuno-san vorhin noch in diesem Raum gespielt hat. Ich spielte die Strophe und den Pre-Chorus ein paar Mal, bis ich beides verinnerlicht hatte. Weiter hatte er scheinbar noch nicht geschrieben, also ließ ich meine Fantasie spielen und erfand einen Chorus hinzu, der meiner Meinung nach gut dazu passte. Ich spielte danach wieder das Lied von vorne und war so in dem Lied gefangen, dass ich nicht auf meine Umgebung achtete, bis ich auf einmal eine Stimme hörte, leise, doch sie war da. „Das hat mir noch gefehlt.“ Ich zuckte zusammen und fuhr herum. In der Tür stand Sabakuno-san und sah mich eindringlich an. „Entschuldige, Sabakuno-san… Ich wollte nicht in deinen Sachen herumschnüffeln… Das Blatt lag hier und ich konnte nicht anders, als einmal auszuprobieren, was darauf stand…“, stammelte ich und hielt ihm das Blatt entgegen. „Nein…“, murmelte er und kam schnell auf mich zu, blieb neben mir stehen und sah mich weiterhin so durchdringend an. „Ich wusste nicht, wie ich weiter spielen sollte. Du hast genau das gespielt, was ich wollte, doch ich konnte die Töne nicht finden!“ Er ließ sich neben mich auf den Klavierhocker sinken. Ich wurde rot und rutschte etwas von ihm weg. So nah war mir noch nie ein Junge gewesen, nicht einmal Kimimaro-kun! „Zeig mir, was du gespielt hast!“, forderte er mich auf und seine Stimme hatte ein trauriges Verlangen im Unterton, „Bitte, Suzuki-chan!“ Ich blinzelte Sabakuno-san ein paar Mal an, ehe ich nickte. „In Ordnung… Ich hoffe, dass ich dem gerecht werde, was du dir wünschst…“ Dann legte ich meine Finger auf die Tasten und zeigte Sabakuno-san, was ich eben gespielt hatte. Er sah angestrengt auf meine Finger, beobachtete jede Bewegung, die ich machte, genau und schloss dann beim zweiten Durchgang die Augen, summte leise mit. Als ich bei dem dritten Durchgang angekommen war, legte er seine Hände auch auf die Tasten und spielte dieselbe Melodie zwei Oktaven über mir. Ich war begeistert davon, wie schnell er die Melodie erfasst hatte und nachspielen konnte. „Suzuki-chan, wie lange spielst du schon Klavier?“, fragte mich Sabakuno-san, nachdem wir aufgehört hatten zu spielen und er begann die Noten aufzuschreiben. „Schon eine ganze Weile, meine Großmutter hat es mir beigebracht“, antwortete ich zurückhaltend. Ich fühlte mich so unsicher, ich hatte noch nie so lange neben einem gutaussehenden Jungen gesessen und mit ihm geredet. „Das ist beeindruckend, dass du es geschafft hast mein Lied fertig zu schreiben, ich danke dir vielmals“, er beendete seine Aufzeichnungen und sah nun zu mir herüber. Seine hellen Augen waren von Kajal und dunklen Augenringen umrahmt. Ob er nicht genug Schlaf bekam? „Das ist doch nicht der Rede wert… Ich habe nur weiter gespielt, was sich für mich gut angefühlt hat…“, ich sah zurück auf die Tasten des Klaviers und lief leicht rot an. „Du bist eine wirklich gute Musikerin, Suzuki-chan“, ein leichtes Lächeln legte sich auf die Lippen Sabakuno-sans. „Kannst du noch andere Instrumente spielen?“ „Nunja… Ich spiele seit ein paar Jahren Schlagzeug und hatte eine Zeit lang Gesangsstunden bei meiner Tante…“, ich wurde leise. Ich hatte zwar schon vor Tayuya-chan und Kimimaro-kun Klavier gespielt, aber gesungen oder Schlagzeug gespielt hatte ich noch nie vor anderen Leuten. „Tatsächlich?“, Sabakuno-san sah mich verwundert an, „Du spielst Schlagzeug? Das würde man dir gar nicht zutrauen, vor allem nicht bei deinen Fähigkeiten auf dem Klavier. Du scheinst wirklich vielseitig begabt zu sein, wenn du auch noch singen kannst. Du bist wohl wirklich eine ganze Musikerin.“ Ich lief rot an. „Aber nein… Ich und Musikerin… Ich mache das doch nur aus Freude. Ich wäre bestimmt nicht dafür geeignet vor vielen Leuten zu spielen…“ „Meinst du das tatsächlich, Suzuki-chan? Ich glaube, du könntest gut vor anderen spielen und ich bin mir sicher, dass andere deine Musik sehr mögen würden“, er lächelte mich warm an. „Ich habe aber noch nie ein einziges Stück von mir aufgeschrieben…“, verlegen sah ich zur Seite, da Sabakuno-san scheinbar viele Lieder aufschrieb. Nun hielt er mich vielleicht für eingebildet oder für zu dumm, um Noten aufzuschreiben… „Also kannst du dir alle Lieder merken, die du komponierst? Das ist wirklich beeindruckend“, er musterte mich genauer und dann warf er einen Blick auf die Uhr. „Oh, ich muss los. Ich hab gar nicht auf die Zeit geachtet…“ Ich schaute auch auf die Uhr. „Was? So spät schon? Ich muss auch schnell los…!“, ich sprang auf und klappte das Klavier zu. „Entschuldige, dass ich dich so lange aufgehalten hab, Sabakuno-san…“ „Ach nein, ich habe dich aufgehalten, Suzuki-chan…“, er packte seine Papiere und Stifte zusammen, ehe wir gemeinsam den Musiksaal verließen und uns auf den Weg zum Bahnhof machten. „Es hat mich sehr gefreut, mit dir Musik zu machen, Suzuki-chan. Vielleicht können wir das noch einmal wiederholen?“ Ich lief rot an und nickte dann hastig. „Ja… gerne, Sabakuno-san!“ „Und bitte verwende das ‚san‘ nicht mehr… So alt bin ich noch nicht“, er lächelte mich verlegen an. „In Ordnung… Sabakuno… kun…“ Gemeinsam betraten wir den gerade eingetroffenen Zug und machten uns auf den Nachhauseweg. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)