Ater Magis von _Alva_ ================================================================================ Prolog: -------- Es war ein sonniger, warmer Frühlingstag. Agni verbrachte diesen schönen Tag damit, im Schatten eines Apfelbaums zu liegen und zu dösen, während das Sonnenlicht auf seine in abegenutzten braunen Lederstiefeln steckenden Füße fiel. Es war auch kein Wunder, dass er erschöpft war und eine kleine Ruhepause benötigte, schließlich hatte er in den letzten Tagen mehrere hundert Meilen zu Fuß zurückgelegt. Ein Leben auf der Flucht war kein einfaches Leben. Seit nun schon mehr als drei Jahren führte Agni ein solches. Was er getan hatte, um in diese Lage zu geraten? Nichts weiter, als mit einer magischen Begabung geboren worden zu sein. Wenn man den geschichtlichen Aufzeichnungen Glauben schenkte, so gab es einmal eine Zeit, in der Magier über alle Maßen verehrt wurden und einen hohen Lebensstandard ähnlich dem der Adligen bei Hofe genießen durften. Doch diese Zeiten waren lange vorbei. Sie hatten mit einem schrecklichen Vorfall vor über 100 Jahren geendet, der dazu führte, dass Magiebegabte seitdem nur noch als Bedrohung gesehen, gejagt und ermordet wurden. Etwas, das eigentlich eine fantastische Gabe sein sollte, war somit zu einem unsäglichen Fluch für diejenigen geworden, die mit dieser geboren wurden. Agni war gerade dabei, mit seinem Verstand in die sagenhafte Welt der Träume abzutauchen, als er plötzlich ein leises, aber schrilles Geräusch vernahm. Der Paranoia zu verdanken, die das Leben als Verfolgter mit sich brachte, schrak er sofort hoch und setzte sich kerzengerade auf. Er spitzte seine Ohren und konzentrierte sich, um die Quelle des Geräusches identifizieren zu können. Es kostete ihn nur wenige Sekunden, um zu erkennen, worum es sich bei dem Laut handelte: Es war Kinderweinen. Aber was hatte dieses an einer einsamen Lichtung verloren, von der jegliche menschliche Zivilisation viele Meilen weit entfernt war? Er horchte nun nochmals genau hin, um auch den Aufenthaltsort der Geräuschquelle auszumachen. Da... aus dem Gebüsch. Westlich. Agni erhob sich langsam, während er sich umsichtig nach Bewegungen im näheren Umkreis umsah und umhörte. Wem sein Leben lieb war, der handelte in dieser Welt besser mit Vorsicht als mit Nachsicht. Das war eine Lektion, die er bereits viel zu früh lernen musste. Nachdem er die Lage ein wenig ausgekundschaftet hatte, folgte er geduckt und schleichend der Spur des Weinens. Vor einem etwa einen Meter hohen, struppigen Ruborbusch, der zur Sommerzeit seine giftigen, roten Beeren trug, verharrte er schließlich. Er konnte es nun hinter dem Busch erkennen. Einsam und verlassen lag es da, zappelnd und sich die Kehle wund schreiend. Wie kann man nur sein Kind so allein und schutzlos zurücklassen... Aber eigentlich kannte Agni die Antwort bereits. Vermutlich handelte es sich bei dem Kleinen um einen magiebegabten Säugling, der schon früh seine Fähigkeiten zeigte. Vielleicht hatte es etwas schweben lassen, vielleicht waren auch andere seltsame Dinge in seiner Umgebung passiert, die keinen anderen Schluss zuließen. Möglicherweise hatten sich seine Eltern seiner aus tiefer Verzweiflung heraus entledigt. Vermutlich war es für sie leichter gewesen, ihren Schützling irgendwo in der Wildnis auszusetzen, als ihn direkt dem König ans Messer zu liefern. Agni schob sich durch das Gebüsch, bückte sich nach dem Findelkind und hob es sanft und vorsichtig auf. Das arme Ding war total ausgehungert und wog kaum noch etwas. Während er es in seine Arme nahm, hörte das Kleine für einen Moment auf zu schreien und starrte ihn kurz mit weit aufgerissenen Augen an. Dabei fiel ihm deren außergewöhnliche Färbung auf: Ein Auge war braun, das andere war von einem satten Grün. Wunderschön... Aber leider auch nicht gerade unauffällig. Jetzt konnte Agni auch das Geschlecht des nun in seinen Armen liegenden Säuglings bestimmen: Es handelte sich um ein Mädchen. Ein einziger, nur wenige Sekunden andauernder Blick in ihr unschuldiges, kindliches Gesicht und ihre bezaubernden Augen hatte ausgereicht, um Agni eine Entscheidung fällen zu lassen, die sein Leben für immer grundlegend verändern würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)