It's about to be legendary von -Amber- (Von Legenden und Helden) ================================================================================ Kapitel 26: Delvin ------------------ Merthin Wenig später führten sie die Pferde aus dem Stall, führten sie durch die Stadt. Die Straßen waren leer. Bäcker gingen bereits ihrem Tagwerk nach, vereinzelt sah man Bauern in den Ställen. Die Luft war kühl, leichter Nebel war vom Fluss aufgestiegen. Als sie am Soldatenfriedhof ankamen, war noch niemand da. Schweigend warteten sie, noch war Zeit und nichts deutete darauf hin, dass es hier gefährlich wäre. Schließlich hörten sie ein Fuhrwerk kommen und Merthin erkannte den Wagen, auf dem ein kleiner rundlicher Mann saß, der ein Liedchen pfiff. Als er sie erblickte, hob er die Hand zum Gruß. Aaron Die Sonne ging gerade erst auf, als sie schließlich die Pferde holten und zum Treffpunkt mit dem Händler gingen. Eng hatte sich Aaron seinen Umhang um die Schultern gezogen, war es doch recht frisch. In der Ferne sah der Prinz den Schaustellertrupp vom gestrigen Abend, welche bereits ihre Sachen zusammen gepackt hatten und weiterzogen. Es erschien Aaron seltsam, das die Truppe anscheinend nur für diesen Auftritt in Dorstaal gewesen waren, oder hatten sie die Gruppe am Tage ihres Eintreffens in der Stadt einfach nur nicht gesehen und die Schausteller waren eigentlich schon länger hier? Aber es gab gerade anderes, worauf es sich zu konzentrieren galt, nämlich den Händler nicht zu verpassen, dem sie noch den Brief geben sollten. Kaum waren sie am Treffpunkt angelangt, der einen Friedhof mit Soldatengräbern darstellte, bog der entsprechende Händler bereits um die Ecke. Ganz wohl fühlte sich Aaron mit dieser Umgebung nicht, aber es half ja nichts. Auch Aaron hob höflich die Hand zum Gruß, als er die Geste bei dem Mann sah, welcher sich mit seinem Wagen näherte. Als er bei ihnen ankam, sprang er sehr schwungvoll und auffallend beweglich herunter und trat auf sie zu. Dabei strich er sich eine lange, intensiv rote Haarsträhne aus dem Gesicht hinters Ohr, während er grinste. "Du musst Falks Sohn Merthin sein", sprach er den Blonden an und blickte dann zu Aaron rüber. "Und das unser verschollener Prinz Aaron", sprach er etwas leiser, grinste dabei aber noch immer breit. Er schien ein Mann von stetig guter Laune zu sein, wies sein rundes, schon etwas älteres Gesicht doch einige Fältchen an Augen und Mund auf, die durch das viele Lachen entstanden. Doch Aarons Aufmerksamkeit ruhte erstmal auf den Umstand, das auch dieser Mann von seiner Identität wusste. Eigentlich war das jedoch nicht verwunderlich, war er doch einer der besten Informanten für das versteckte Netzwerk der Freiheitsbewegung, der unter anderem auch viele Händler und Schausteller angehörten. "Ihr habt doch sicherlich etwas für mich, richtig?", sprach der Mann dann weiter und blickte abwechselnd Aaron und Merthin an. Während Merthin den Brief hervor holte, den Falk ihm für den Händler mitgegeben hatte, schaute Aaron auf einen der etwas kargeren Bäume in der Nähe. Auf einem seiner Äste saß ein kleiner, gerade mal handflächen großer Vogel, der zu ihnen herüberschaute. Sein Gefieder war leuchtend rot und als er losflog, wirkten seine Flügelschläge wie lodernde Flämmchen. Doch der Vogel flog nicht davon, sondern auf die drei Personen zu. Aaron zog etwas reflexartig den Kopf ein, doch der kleine Frechsachs landete auf Merthins Schulter, wo er einfach hocken blieb und seinem Menschenfreund dabei zusah, wie er gerade den Brief von Falk las, den Merthin ihm eben ausgehändigt hatte. Man sagte dieser fast ausgestorbenen Vogelart eine Affinität für Feuer nach, scheinbar war ein Fünkchen Wahrheit dran, so, wie er Merthins Nähe gesucht hatte. "Verstehe", sprach der Händler schließlich und steckte den Brief zurück in den Umschlag, nur um ihn dann unter seiner Kleidung zu verstauen. "Weiter südlich von hier, nahe dem Regensee, gibt es ein Bauerndörfchen, sehr nettes Örtchen mit der besten Taverne des Landes, Tal heißt es", begann der Mann etwas ausschweifend zu erzählen. "Seit einigen Jahren schon soll im Waldstück eine Hexe hausen, die die Dörfler mit ihren Kräutermixturen und Zauberei verwirren soll. Nichts Ernstes... doch jetzt verschwinden Kinder aus dem Dorf, viele Kinder. Keiner wagt es, im Wald zu suchen, da dort die Hexe lebt und jeden verflucht, der ihr zu Nahe kommt. Nachts hören die Menschen seltsame Geräusche aus den Wäldern, sehen Schatten umher huschen und Kinderweinen soll vom Wind übers Land getragen werden", beschrieb er weiter und Aaron schüttelte es. Das klang gruselig und die Tatsache, das sie hier auf einem Friedhof standen und es kalt um sie herum war, verbesserte die Situation nicht gerade. Der Händler schien sich aber auch extra Mühe zu geben die Geschichte gruselig klingen zu lassen, grinste er doch als er sah, dass es Wirkung zu zeigen schien. Der Mann trat auf Merthin und Aaron zu. "Werdet ihr euch der Sache annehmen, Merthin, Hoheit?", fragte er fast ein bisschen theatralisch, woraufhin sein kleiner Vogel leise zu tschirpen begann. "Wenn wir helfen können, werden wir das tun", antwortete Aaron und schaute dann direkt Merthin an, um sich von ihm die Bestätigung zu holen, dass er auch einverstanden war, dass sie sich die Sache mal ansehen sollten. Zwar war Aaron nicht wohl bei dem Gedanken an eine eventuelle Waldhexe, aber den Kindern musste geholfen werden, das stand einfach fest. Daher war sich Aaron eigentlich auch sicher, das Merthin da ähnlicher Ansicht sein dürfte. Merthin Merthin konnte sich an den Mann erinnern, an den Wagen und auch an den Vogel. Aber die Erinnerung schien sehr weit her zu sein. Und doch war sie fest und sicher. Er hatte Bilder im Kopf, wie Marie lange mit ihm geredet hatte. Oder war da noch mehr gewesen? Auf dem Bild, das in ihm hochkam, hielt seine Großmutter die Hand des kleinen Mannes. Sie gingen gemeinsam weg, während er mit dem Vogel spielte… Doch er hatte keine Zeit, länger darüber nachzudenken, denn Delvin trat auf sie zu und ließ unmissverständlich klar werden, dass er Aaron kannte. Etwas irritiert runzelte Merthin die Stirn, sagte aber zunächst nichts. „Delvin“, begrüßte er nun seinerseits den Händler. „Mein Vater gab mir den Brief für euch“, erklärte er und überreichte den Brief, als Delvin danach fragte. Kurz wog der kleine Mann den Brief in seiner Hand, schien zu überlegen, ob er ihn gleich öffnen solle, entschied sich dann dafür und öffnete den Brief. Merthin kam nicht dazu, noch etwas zu sagen, als mit einem Mal etwas auf seiner Schulter landete und er etwas erschrocken den Vogel betrachtete, der dort nun saß. Die Berührung ließ seine Male erscheinen, ließ sie aufleuchten. Kurz musste er lächeln, betrachtete das so leuchtende Gefieder und bemerkte seine wachen, schier intelligenten Augen. Er hatte noch nie einen ähnlichen Vogel wie diesen gesehen. „Na, kleiner Feuervogel“, wisperte er leise, kaum hörbar und hob die Hand, an die sich der Vogel sogleich zu schmiegen schien, als er ihn streichelte. Das Gefühl von Magie, das ihn durchströmte, fühlte sich gut an. Als Delvin zu reden begann, lenkte das jedoch Merthins Aufmerksamkeit wieder auf den Händler. Sie mussten also nach Tal zum Regensee, um ihre nächste Aufgabe zu bewältigen? Oder würde diese Hexen-Geschichte nichts mit ihrer eigentlichen Prophezeiung zu tun haben? Die Beschreibung, die Delvin ihnen gab, ließ ihn schaudern. Wenn Kinder im Spiel waren, war das nichts Gutes… Kinder waren zu beschützen, und jeder, der ihnen schadete, ihre vermeintliche Schwäche ausnutzte, war aufs strengste zu verurteilen! Als Aaron versprach, dass sie sich die Sache ansehen würden, nickte auch Merthin und er sah Aaron an. Als sich ihre Blicke trafen, musste er unwillkürlich schmunzeln, denn in den Augen des anderen stand genau das, was er eben gedacht hatte: Kindern mussten geholfen werden! „Dann lass uns keine Zeit verlieren“, sagte Merthin. „Der Regensee ist gut in einem Tag zu erreichen. Wir können uns heute Nacht schon ein eigenes Bild von der Situation machen…“ Er drehte sich wieder zu Delvin, während Aaron zu seinem Pferd ging, um aufzusitzen. Merthin beugte etwas die Schulter und fast ein wenig widerwillig tribbelte der Vogel von seiner Schulter auf Delvins ausgestreckte Hand. „Sagt, Delvin“, sagte Merthin nun etwas leiser, in der Hoffnung, Aaron würde nichts hören. „Du hast Aaron vorhin den verschollenen Prinzen genannt. Weißt du, wie der König reagiert hat? Was weiß die Öffentlichkeit? Wo müssen wir uns in Acht nehmen?“ Delvin blickte ihn mit ernsten Augen an und schien seine Antwort abzuwägen. „Der König formiert sich. Niemand weiß offiziell, was los ist. Aber der König ist sehr leicht reizbar. Er lässt ihn suchen – rigoros und unerbittlich. Aus Kara kommen die ersten Gerüchte, dass die Hochzeit der beiden aufgehoben wurde. Hier verhärten sich gerade die Fronten. Ich vermute Corvo wird Kara auch militärisch einnehmen, wenn es sein muss. Ihr solltet vermeiden, von wem auch immer erwischt zu werden. Ich fürchte, du bist gerade sein größter Feind.“ Delvin klopfte ihm väterlich auf die Schulter und lächelte ihn an. „Aber seid euch immer gewiss, dass ihr nie alleine seid!“ Merthin nickte und lächelte matt. „Pass auf ihn auf und traue niemandem außer euch und eurer Verbindung!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)