Königsanwärter von Cheytuna ================================================================================ Kapitel 31 ---------- Kapitel 31 Gemeinsam saßen die Fünf den gesamten Nachmittag beisammen und unterhielten sich über viele Dinge. Manche waren ernst, über andere wiederum konnten sie lachen, aber insgesamt herrschte eine gute Stimmung, weshalb sie auch die Zeit vergaßen. Als es bereits Dämmerte klopfe es erneut an die Tür und ließ die Gespräche verstummen. Toran war auch dieses Mal derjenige, der sich erhob und schließlich seine Zimmertür öffnete, nur um einen freundlich lächelnden Liam entgegenzusehen. „Kann es sein, dass alle bei dir sind?“, fragte der Neuankömmling mit schief gelegtem Kopf, ohne vorher eine Begrüßung ausgesprochen zu haben. Kurz warf der älteste Anwärter einen Blick über die Schulter zu den anderen Anwesenden, bevor er sich zurückdrehte und amüsiert zu einer Antwort ansetzte. „Ich weiß zwar nicht genau, wen du mit alle meinst, aber ja, ich denke schon, dass sie hier sind.“ Sofort grinste der Bedienstete und legte seinen Kopf nun auf die andere Seite. „Mit alle meine ich drei Anwärter, dich eingeschlossen und einen ehemaligen.“ „Ja, das könnte auf mich und meine Gäste bis auf eine reizende Ausnahme, die ich hinzufügen möchte, zutreffen“, meinte Toran jetzt ebenfalls grinsend. „Verstehe.“ Liam verstand sofort, dass mit dieser zusätzlichen Bemerkung auf Melissa hingewiesen wurde und verlieh seiner Antwort mit einem kurzen Nicken mehr Nachdruck. „Ich wollte euch eigentlich nur darauf hinweisen, dass ihr das Abendessen verpasst habt“, nannte er schließlich doch noch den eigentlichen Grund für seine Anwesenheit. Vor Verwunderung weiteten sich die Augen des Anwärters und erneut warf er einen Blick über seine Schultern, dieses Mal jedoch, um einen Blick aus dem Fenster zu werfen. Der Stand der Sonne bestätigte die Aussage seines Freundes allerdings nur. „Tatsächlich, ich habe gar nicht bemerkt, dass es bereits so spät ist.“ „Das habe ich mich gedacht“, lachte der Bedienstete. „Deswegen wollte ich euch anbieten, euch etwas zu Essen zu bringen.“ „Klingt super!“, hörte man Peers Stimme sofort aus dem Hintergrund. „Ich denke, wir nehmen dein Angebot gerne an“, fügte der Älteste somit schmunzelnd hinzu. „Vielleicht magst du dich gleich noch zu uns gesellen und mit uns gemeinsam etwas essen?“ „Gerne. Ich komme dann gleich zurück.“ Mit diesen Worten drehte Liam sich auch bereits wieder um und eilte den Gang hinunter in Richtung der Küche. Kurz blickte Toran ihm noch hinterher, bevor er zurück zu den Anderen zur Sitzgruppe ging und sich erneut auf die weiche Polsterung des Möbelstückes fallen ließ. Jetzt wo sie über das verpasste Essen gesprochen hatten, bemerkten die Anwesenden, wie groß ihr Hunger inzwischen wieder geworden war und ebenso wie der Älteste, waren sie ebenfalls erstaunt über die an diesem Tag vergangene Zeit. Zu ihrer Freude dauerte es auch nicht allzu lange, bis ihr Freund mit einem gut bestückten Servierwagen zurückkehrte. Mit Begeisterung besahen die Anwesenden das reiche Angebot, welches über Obst und Teigwaren bis hin zu gefüllten Gemüse und gegartem Fleisch und Fisch reichte. „Es hat doch positive Seiten ein Anwärter zu sein“, scherzte der Jüngste unter ihnen, während er sich als Erstes ein Stück süßes Gebäck griff und bereits genüsslich hineinbiss. „Ganz offensichtlich musst du nur hier wohnen, um solche Annehmlichkeiten genießen zu dürfen“, ergänzte Aidan und schien sich noch ein wenig schwer mit der Auswahl des großzügigen Angebotes zu tun, da er noch ein wenig zögerte sich etwas zu nehmen. Doch lange dauerte es nicht und alle kauten genüsslich auf den ausgesuchten Speisen. „Wie war dein Besuch in der Stadt?“, fragte Toran zwischen zwei Bissen und sah Liam dabei interessiert an. „Immerhin sind Melissa, Aidan, Killian und ich zeitweise auf deine Unterstützung angewiesen.“ Seine Lippen verzogen sich langsam zu einem frechen Grinsen. Natürlich warf er ihrem Freund nicht vor, das Anwesen verlassen zu haben, immerhin hatte er noch ein eigenes Leben, auch wenn dieses zugegebenermaßen nicht mehr besonders groß war, doch trotzdem hatte er das Bedürfnis seinen Frust vom Mittag auf diese Art und Weise kund zu tun. Lachend hielt der Bedienstete seine Hand vor den vollen Mund. „Man hat sich heute bereits bei mir beschwert, dass ich euch zu sehr verwöhne und ihr glaubt, mit allem durchzukommen“, ließ er weiterhin lachend verlauten, als er das Essen heruntergeschluckt hatte. „Jetzt weiß ich zumindest auch, worauf unsere Küchenchefin sich eben bezogen hat.“ „Na ja, ganz Unrecht hat sie ja nicht“, murmelte Killian leise und sah langsam zur Seite, genau wissend, dass für ihn eine solche Sonderbehandlung schon fast als selbstverständlich galt. „Soll ich das in Zukunft unterlassen?“, fragte Liam schmunzelnd und mit hochgezogenen Augenbrauen. Sofort setzte der Anwärter sich gerade hin und sah ihren Freund erschrocken an. „Nein, natürlich nicht! Ich wollte mich ja auch nicht beschweren. Nur was das Essen betrifft, sind wir wirklich verwöhnt.“ „Na, ich habe ja auch Geheimnisse zu wahren, daher sage ich auch nichts gegen diese Sonderbehandlung“, scherzte Liam. Nun sah auch der Jüngste von seinem Essen wieder auf, worauf er sich bisher uneingeschränkt konzentriert hatte. „Und ich muss sagen, dass da so manch pikantes Geheimnis zu gehört.“ „Keine Sorge, der Kleine ist in die komplette Situation eingeweiht“, sagte Aidan gleich entwarnend, falls ihrem Freund noch nicht aufgefallen war, dass es so war. Liam, der sich dies jedoch aufgrund einiger Aussagen bereits gedacht hatte, nickte nur bezüglich der Aussage des ehemaligen Anwärters. „Bist du denn auch ein Verbündeter?“, fragte er stattdessen an Peer gewandt und sah ihn verschwörerisch an. „Warum sollte ich sie wegen so etwas verraten? Oder warum sollte ich das überhaupt tun? Wir sind doch Freunde“, erwiderte der Jüngste schlicht schulterzuckend und widmete sich damit auch wieder seinem Essen. „Ich bin eigentlich ganz froh darüber, dass auch er nun Bescheid weiß“, fing Aidan an zu erzählen. „So muss ich mich vielleicht nicht mehr unter Killians Bett verstecken.“ Mit dieser Aussage zog er die Blicke aller auf sich und Toran ergriff als erster das Wort. „Was meinst du damit?“ „Erinnert ihr euch noch an das nicht gemachte Bett?“, fragte der junge Mann schmunzelnd. Sofort nickten die Anwesenden und sahen ihn weiterhin gespannt an. „Ich habe es gerade so unter das Bett geschafft, bevor Peer mich entdecken konnte.“ Schmunzelnd drehte der Älteste sein Gesicht zum Jüngsten. „Da hast du es doch glatt verpasst, den echten Skandal zu finden.“ Der Angesprochene schmollte ein wenig darüber, beließ es aber dabei, um sich weiterhin auf das Essen konzentrieren zu können. Die Anderen hingegen lachten darüber und ließen noch den einen oder anderen Kommentar darüber verlauten, bevor Liam auch irgendwann dazu kam, von seinem Stadtausflug in aller Kürze zu berichten. Er endete damit, dass er Aidan nach dem Essen eine Überraschung versprach. So kam es dann auch, als alle satt und zufrieden waren, dass er sich ein weiteres Mal zu dem Servierwagen beugte und eine Truhe aus Weidengeflecht vom untersten Brett herunternahm. Diese stellte er vor dem ehemaligen Prinzen auf dem Tisch ab und öffnete den Deckel ohne um schweifen. Zum Vorschein kamen allerlei Dinge, wie bestickte Taschentücher, Schals, Handschuhe und auch süßes Gebäck. „Was ist das alles?“, fragte Aidan ein wenig ratlos, als er einen ersten Blick in die Truhe geworfen hat. „Das sind Geschenke des Volkes“, erklärte der Bedienstete mit einem warmen Lächeln. „Geschenke?“, fragte der junge Mann nur noch verwirrter. „Ich verstehe nicht ganz.“ Mit ruhiger Stimme fuhr Liam fort. „Das Volk hat natürlich davon gehört, dass der König dich verstoßen hat. Ihre Meinung dir gegenüber ist dadurch erneut im Wandel. Viele bringen dir nun Mitgefühl entgegen und möchten dir das auf dieser Art und Weise zeigen.“ „Dann… dann mögen sie mich doch?“, fragte Aidan unsicher, aber auch zugleich gerührt und ließ seine Finger über ein paar der Dinge gleiten. „Ich denke, dass es einige Menschen geben wird, die eine unerschütterliche Meinung habe, jedoch auch, dass wiederum andere dir gegenüber milder gestimmt sind.“ Die Augen des ehemaligen Prinzen begannen zu glänzen und er konnte seinen Blick gar nicht mehr von den Geschenken abwenden. Killian sah, wie gerührt der Jüngere war und beugte sich zu ihm, um ihm kurz seine Lippen gegen die Schläfe zu drücken. Danach legte er seinen Arm um ihn und zog ihn vorsichtig an sich. Mit etwas leiserer Stimme fuhr Liam in seiner Erklärung fort. „Fast täglich kommt das eine oder andere Präsent, wir haben alle für dich gesammelt und in diese Truhe getan. Natürlich sind die Lebensmittel auf Gift überprüft worden, doch es konnte nichts festgestellt werden.“ „Ist damit der Grund seines Ausschlusses von der Ausbildung nicht aufgehoben?“, fragte Peer vorsichtig. „Damit könntest du recht haben“, fand Aidan seine Stimme wieder. „Jedoch würde ich wohl kaum eine Chance haben, wenn unsere Ausbilder eine derartige Meinung über mich haben. Doch das ist in Ordnung. Es ist schön zu wissen, dass es auch andere Menschen gibt, die mich akzeptieren. Andere Menschen, neben meinen Freunden.“ - - - - - Am nächsten Morgen sah der Ausbildungsplan den Nahkampf mit dem Kurzschwert für die Anwärter vor. Eine der wenigen Unterrichtseinheiten, in denen auch Aidan gemeinsam mit den Anderen teilnehmen konnte. Es würde nach dem üblichen Prinzip unterrichtet, Anwärter gegen Anwärter. Nur für den Ehemaligen gab es eine Extrabehandlung, indem er gegen den Lehrer kämpfte. Normal sah dieser zu, gab Anweisungen oder Verbesserungshinweise. Wie bereits bei Aidans vergangenen Übungseinheiten, nahm die Härte und Schnelligkeit der Schläge ihres Lehrers mit der Zeit zu und bald gelang es dem jungen Mann nicht mehr alle Angriffe zu parieren oder ihnen auszuweichen. Als Killian sah, dass sein Liebster zunehmend um Atem rang und er auch scheinbar absichtlich das Übungsschwert zu spüren bekam, schritt er ohne weiter zu zögern ein. „Könnte ich vielleicht auch gegen Euch kämpfen?“, fragte er höflich an den Lehrer gewandt und erhielt so dessen Aufmerksamkeit. „Warum sollte ich das tun?“, fragte dieser nur skeptisch. „Ich würde es als sehr lehrreich empfinden, wenn ich auch einmal mit jemandem üben könnte, dessen Bewegungsabläufe ich noch nicht kenne“, sagte der Anwärter unschuldig, auch wenn es sein eigentliches Ziel war, seinen ehemaligen Kameraden eine Verschnaufpause zu verschaffen. „Nun gut“, meinte der Kampflehrer, wenn auch unzufrieden. „Aidan, du kämpft dann erst mal mit Peer weiter.“ Mit einer lässigen Handbewegung deutete er Killian, sich ihm gegenüber in Position zu bringen, während der ehemalige Anwärter mit besorgter Miene zu dem Jüngsten rüber ging. Erwartungsvoll stand nun der Schüler seinem Lehrer gegenüber und wartete den ersten Angriff ab, welcher sich als eher schwach herausstellt. Auch die folgenden Schläge nahmen nicht wirklich an Stärke zu, wodurch die Vermutung der Anwärter nur bestätigt wurde. Diese Art von Unterricht, die Aidan durchleben musste in den vergangenen Wochen, richtet sich tatsächlich ausschließlich gegen ihn. Killian hatte keinerlei Probleme sich zu verteidigen, auch die Geschwindigkeit der Schlagabfolge passte sich seinem Tempo an, sobald er dieses verringerte oder erhöhte. Eine Weile ging es so weiter, bis Torans Stimme das geschäftige Treiben unterbrach. „Ihr kämpft bei Killian sehr sauber.“ „So habt ihr es ja auch gelehrt bekommen“, meinte der Lehrer schlicht und schien nicht weiter darauf eingehen zu wollen. „Aber bei Aidan kämpft Ihr nicht sauber. Dort haltet Ihr euch nicht an die Regeln einer klaren Schlagabfolge“, merkte der Älteste weiter an und wartete die nächste Reaktion ab. „Aidan ist auch kein Anwärter mehr“, gereizt erhob sich die Stimme des Lehrenden nun mehr und auch seinen Blick wandte er nun dem ältesten Anwärter zu. „Ist das auch der Grund, warum unsere Übungen weniger der Realität entsprechen?“, mischte sich nun auch Killian, mit unveränderter Unschuldsmiene, ein. „Möchtest du dich über die herrschenden Bedingungen hier bescheren?“ Nun wurde der Blick ihres Lehrers lauernd und herausfordernd beobachtet er den Anwärter vor sich. „Ich frage mich lediglich, ob es nach einer gewissen Zeit noch Sinn ergibt, nicht nach realistischen Maßstäben unterrichtet zu werden oder ob es einfach nur eine Abneigung gegenüber Aidan ist, welche sie so handeln lässt.“ Stumm sah der Lehrer ihn danach an und schien sich die gehörten Worte durch den Kopf gehen zu lassen. Plötzlich straffte er seine Schultern und ließ seinen Nacken durch eine Seitwärtsbewegung knacken. „Der Unterricht ist beendet.“ Mit diesen Worten verließ er mit großen Schritten den Platz. Zurück blieben die ratlosen Anwärter und sahen sich verwirrt an. Mit einer solchen Reaktion hatte dann wohl keiner gerechnet. „Was sollte das denn eben?! Willst du für uns schwerere Übungen erwirken oder was ist dein Ziel?“, fragte Luan aggressiv an Killian gewandt. „Ich habe bloß seine Beweggründe hinterfragt“, erklärte der Angesprochene schlicht. Wütend schnaubte der Andere und sah ihn abwertend an. „Du wolltest doch nur deinen Liebsten beschützen.“ Nun mischte auch Peer sich in das Gespräch ein und drehte sich zu dem erzürnten Anwärter um, zu dem er bis eben noch mit dem Rücken gestanden hatte. „Das ist Schikane, was er mit Aidan hier regelmäßig macht.“ „Ja und? Er ist immerhin kein Anwärter mehr.“ „Er war aber einer über viele Jahre hinweg, an unserer Seite“, erwiderte Toran in scharfem Ton und trat einen Schritt auf den Anderen zu. „Außerdem unterstützt man Freunde.“ „Es gibt Momente, in denen man als Erstes an sich selbst denken sollte“, zischte Luan regelrecht, bevor auch er den Platz in Richtung des Anwesens verließ und so dem Lehrer folgte. „Mit dieser Einstellung wirst du bestimmt kein guter König werden!“, rief Peer ihm nach. „Wenn du so überhaupt einer wirst!“ Dabei war Luan wohl der Einzige von ihnen, der wirklich König werden wollte. Ende Kapitel 31 Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)