Die Erben von NiOniOn (Buch Eins: ANBU) ================================================================================ Kapitel 21: Mission I ---------------------   Fugaku übernahm die Leitung der Begräbnisrituale höchstpersönlich. Diese Geste betonte unmissverständlich, welche besondere Stellung dem Verstorbenen zugedacht worden war. Makani war bis vor kurzem gar nicht richtig bewusst gewesen, welche Bedeutung dem Titel des Sōryō – wie der Nachfolger des amtierenden Oberhauptes offiziell bezeichnet wurde – beigemessen wurde. Doch auch die Ausmaße der Zeremonie, die der Clan von einem auf den anderen Tag auf die Beine gestellt hatte, führte ihr dies sehr deutlich vor Augen: Im Morgengrauen versammelten sich die Uchihas auf dem Uchi-niwa, allesamt in vollkommen schwarze Mofukos gekleidet. Auf die üblichen roten Akzente wurde zu so einem Anlass verzichtet. Sogar das Clanwappen selbst wurde vorübergehend durch einen weißen Fächer auf schwarzem Grund ersetzt. Im Erscheinungsbild der schwarz gekleideten Trauergemeinde spiegelte sich die Farbe des Fächers durch eine überwältigende Masse weißer Blumen wider, welche dem Toten in einer schier endlos andauernden Zeremonie von jedem Clanmitglied einzeln dargebracht wurden. Die ganze Zeit über stand Makani gemeinsam mit Fugaku und Shisuis Eltern neben der Bahre und sah zu, wie ihr Team-Kamerad nach und nach in einem Berg aus Blüten versank. Als endlich alle Gäste offiziell Abschied genommen hatten, wurde Shisuis Körper in einen glänzend polierten Holzsarg gelegt, der irgendwo darauf gewartet haben musste, dass der nächste Uchiha aus dem Leben schied – Hätte er sich träumen lassen, dass es ausgerechnet einen der jüngsten Clansöhne treffen würde, dem noch bis gestern die strahlendste Zukunft vorhergesagt worden war? Diese Zukunft verschwand nun gemeinsam mit Shisuis sterblichen Überresten für immer hinter einem mit Nägeln verschlossenen Holzdeckel. Etwas später brach eine lange Prozession mit den Sargträgern an der Spitze vom Dōjō auf und machte sich auf den Weg zum Clan eigenen Friedhof, der etwa zwei Kilometer südlich der Dorfgrenze lag. Die imposante Anlage war dem Uchi-niwa nachempfunden. Das heißt, eigentlich verhielt es sich umgekehrt: Der Friedhof war sogar älter als Konoha und von den Uchihas als Versammlungsort genutzt worden, bevor das Ninja-Dorf gegründet und das Clan-Viertel errichtet wurde. Der große runde Platz war halb von einer massiven Mauer aus dunkelgrauen Granitblöcken umgeben, in die in regelmäßigen Abständen Fächer aus rotem und weißem Marmor eingelassen waren. An der Stelle, an der im Viertel der aus Holz erbaute Familiendōjō stand, erhob sich hier ein Mausoleum aus dem gleichen dunklen Stein wie die Mauer und die zahlreichen über den Platz verstreuten Grabmäler. Makani war vor Müdigkeit mittlerweile schwindlig. Als Tekka ihr Schwanken bemerkte, legte er ihr einen Arm um die Schultern und drückte sie stützend an seine Seite. Auf diese Weise flog der zweite Teil der Zeremonie an ihr vorbei, ohne dass sie wirklich viel davon mitbekam. Erst als der Sarg in die frische Grube hinabgelassen worden war und die Träger damit begannen, ihn mit Erde zu bedecken, schreckte sie aus ihrer Trance, denn Fugaku erhob noch einmal die Stimme und der ebenso feierlich getragene wie einschläfernde Ton war auf einmal daraus verschwunden: „Meine Brüder und Schwestern, dieser Tag wird als einer der düstersten in die Geschichte der Uchihas eingehen. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als in dieser schwersten Stunde ausschließlich Worte des Trostes für euch zu haben. Aber es wäre ein weiterer gefährlicher Fehler, euch gerade jetzt die bittere Wahrheit vorzuenthalten. Ich glaube, dass sich unser Clan noch nie zuvor in größerer Gefahr befunden hat wie in diesem Augenblick. Der Prozess begann schleichend und mag sich zunächst nur dadurch bemerkbar gemacht haben, dass uns scheinbar unzeitgemäße und entbehrliche Traditionen abhanden gekommen sind. Doch mittlerweile ist die Gefahr stark geworden in diesem wunderschönen von unseren Vätern errichteten Dorf. Sie hat sich von außen in unsere Mitte gefressen und bedroht den Kern unserer Identität und die Konohas. Es ist kaum zwei Tage her, da habe ich mit einem unendlich schmerzhaften Schritt versucht diese Bedrohung von innen abzuwenden, nur um am nächsten Tag festzustellen, dass ich immer noch zu nachsichtig war, nicht entschlossen genug, um diese Tragödie zu verhindern. Bitte verzeiht die Blindheit eines Vaters!“ In diesem Moment brach Fugakus Stimme tatsächlich und er verbeugte sich so tief vor Shisuis Eltern, dass seine langen schwarzen Haare, die denen seines Sohnes so ähnlich waren, beinah den Boden streiften. Nach einigen Sekunden, in denen völlige Stille geherrscht hatte, berührte Shisuis Vater das Clan-Oberhaupt an der Schulter. Dieser erhob sich wieder und dann umarmten sich die beiden Männer. Die umstehenden Uchihas waren dermaßen ergriffen, dass nicht wenigen Tränen über die Wangen liefen. Makani hingegen war einfach nur fassungslos und Übelkeit stieg in ihr auf. Für einen Moment trafen sich Izumis und ihr Blick. Dann wandte sich Fugaku wieder an alle: „Ich schwöre euch, ich werde mein wichtigstes Ziel, diesen Clan unter allen Umständen zu beschützen, nie wieder durch mangelnde Entschlossenheit oder persönliche Befindlichkeiten in Gefahr bringen. Einstige Verbündete mögen sich gegen uns wenden, scheinbare Freunde uns ihren Beistand versagen und wir mögen sogar Brüder auf die eine oder andere Weise an unsere Feinde verlieren – Ich werde uns aus diesem Tal führen, der Uchiha-Clan wird bestehen!“ Makani musste gar nicht erst in die Gesichter der Clan-Mitglieder schauen, um zu wissen, dass sich Wut, Angst und Hass darin spiegelten, denn es schien, als wäre die ganze Luft erfüllt davon und würde ihr wie der betäubende Rauch im Dōjō den Atem rauben – und genau in diesem Moment bemerkte sie seine Anwesenheit. Sie erstarrte augenblicklich und widerstand dem Drang, sich umzudrehen und sich zu vergewissern, aber es war auch gar nicht nötig. Sie war sich absolut sicher, dass er dort keine zwanzig Meter entfernt hinter den Bäumen stand. Es war nicht sein Chakra, das sie spürte; davon war absolut nichts wahrzunehmen. Stattdessen war es seine plötzlich unkontrolliert auflodernde Erregung, die von ihr Besitz zu ergreifen schien. Makanis Herz begann schmerzhaft gegen ihre Rippen zu schlagen. Was hatte Itachi vor? War er von allen guten Geistern verlassen, hierher und noch dazu dermaßen nah heran zu kommen? Sie wollte sich nicht ausmalen, zu was die Uchihas in diesem Zustand fähig waren … Doch dann bedeutete Fugaku mit einer wortlosen Geste, dass die Begräbniszeremonie beendet war und langsam kam wieder Bewegung in die zuvor vor Ergriffenheit gelähmte Trauergemeinde. Verschwommenes Gemurmel schwoll an und die Menge setzte sich in Bewegung, um ins Dorf zurückzukehren, wo sie ein üppiger Leichenschmaus erwarten würde. Nun spürte Makani deutlich Itachis Unentschlossenheit, aber gleichzeitig einen überwältigenden Drang zu handeln. Auch er bewegte sich jetzt, kam noch näher, um – um was? Schließlich handelte Makani als erste. Blitzschnell und ungesehen entschlüpfte sie der trägen Menschenansammlung und knapp drei Sekunden später war sie bei ihm, ergriff seine Hand und zog ihn fort, fort vom Friedhof und tiefer in den Wald. Sie brachte deutlich mehr Entfernung zwischen sie und die anderen Uchihas, als nötig gewesen wäre, um vor Entdeckung sicher zu sein, aber etwas drängte sie dazu, Itachi so weit von seinen Verwandten wegzubringen wie nur möglich. Endlich nach mehreren Minuten hielt sie doch auf einer kleiner Lichtung, einfach weil sie nicht mehr weiter laufen konnte. Schwer atmend drehte sie sich zu ihrem Begleiter um, ließ seine Hand aber nicht los. Tatsächlich drückte sie sie noch etwas fester. „Denk nicht mal dran zurückzugehen!“, herrschte sie ihn an. „Erklär mir lieber, was das eben werden sollte! Erst bittest du mich, an deiner Stelle ins Viertel zurückzukehren, für dich zu lügen, und dann...“ Eigentlich wollte Makani überhaupt nicht mit ihm streiten, aber das Schimpfen half ihr für den Moment ihre wahren viel komplizierteren und wild durcheinanderwirbelnden Gefühle zu kaschieren. Sie hätte sonst überhaupt nicht gewusst, was sie zu ihm sagen sollte. Itachi sah sie kurz etwas pikiert an – eine Reaktion auf ihren unverschämten Ton – , doch dann schüttelte er beinah ergeben den Kopf. „Danke“, murmelte er und sah dann für einen Moment auf ihre Hände hinunter. „Du hast mich eben vermutlich vor einer großen Dummheit bewahrt.“ Beschämt von seinem Blick ließ Makani ihn nun doch widerwillig los. „Was hattest du denn vor? Wolltest du Fugaku vor dem versammelten Clan angreifen, oder was?“ Das wäre in der Tat an Dummheit kaum zu überbieten gewesen. Itachi schüttelte erneut den Kopf. „Ja, vielleicht … ich weiß es nicht“, antwortete er und es klang, als könnte er selbst nicht glauben, dass er zu so einer irrationalen Handlung fähig wäre. „Ich … wollte die Begräbniszeremonie überwachen und sichergehen, dass es dir gut geht, dass sie dir glauben. Ins Viertel kann ich nicht mehr gehen; es wäre viel zu riskant. Hier draußen ist es leichter für mich, unentdeckt zu bleiben – “ „ – und trotzdem hast du um ein Haar alles auffliegen lassen!“, fiel Makani ihm ins Wort. Dieses widersprüchliche impulsive Verhalten passte tatsächlich überhaupt nicht zu ihm und es beunruhigte sie zutiefst. „Ja“, sagte Itachi leise und zu Makanis noch größerem Entsetzen sahen seine Augen auf einmal genauso düster und leer aus wie die seiner Mutter, „aber es hätte ohnehin kaum einen Unterschied mehr gemacht.“ Ungläubig erwiderte Makani den hilflosen Blick ihres Anführers. Uchiha Itachi, der zielstrebige Rationalist mit der übermenschlichen Entschlusskraft, der so gut wie alles für seine Mission geopfert hatte, war tatsächlich im Begriff aufzugeben? Sollte dieses eine letzte Opfer doch zu groß für ihn gewesen sein? Als würde dieser Gedanke auch ihr die letzte Hoffnung nehmen, schien plötzlich die ganze Erschöpfung, die sie in den vergangenen Stunden immer wieder von Neuem ignoriert und überwunden hatte, über sie hereinzubrechen. Statt etwas zu antworten gab sie ihr endlich nach und ließ sich mit einem Stöhnen ins Gras sinken. Etwas irritiert beäugte Itachi sie für einen Moment, dann setzte er sich zögerlich neben sie. „Wie geht es dir?“, fragte Makani irgendwann unvermittelt. Sie wusste nicht genau, wie viel Zeit vergangen war; sie mochte sogar kurz weggedöst sein. Itachi sah sie an, als hätte sie gefragt, ob er einen angenehmen Tag gehabt hätte oder etwas ähnlich Absurdes. Wäre es nicht so unpassend gewesen, hätte sie über seinen Gesichtsausdruck gelacht. „Tut mir leid, was für eine dumme Frage… es ist nur … es ist so verflucht schwer zu erraten, was du wirklich denkst oder wie es dir geht … und nach allem, was passiert ist … ich würde das nicht aushalten, ich halte es nicht aus … ich glaube, ich habe mich noch nie so … so leer gesaugt gefühlt … so neben mir. Ich bin mir nicht sicher, ob ich jemals wieder aufstehen kann.“ … Was redete sie da für einen Unsinn? Itachi schien zunächst überhaupt nicht auf ihr Gestammel zu reagieren, doch dann tat er auf einmal etwas, mit dem die Kunoichi absolut nicht gerechnet hatte: Er legte sich neben sie, so nah, dass sich ihre Schultern berührten. „Ich weiß, was du meinst“, murmelte er leise. Perplex und neugierig zugleich musterte Makani ihren Team-Leader aus den Augenwinkeln. Er hatte die Augen geschlossen und lag völlig bewegungslos da, aber sein beschleunigter Herzschlag und seine unruhige Atmung verrieten ihr, wie aufgewühlt er war. Er versuchte offenbar sich selbst zu beruhigen. „Was glaubst du, wird passieren, wenn du nicht aufstehst?“, wollte sie wissen. Wieder antwortete er nicht sofort, doch dann schien es regelrecht aus ihm hervorzubrechen: „Dann steht meinem Vater nichts mehr im Weg und er kann ungehindert weitermachen. Der Tod des neuen Sōryō ist ohne Zweifel ein schwerer Schlag, aber letztendlich hat er dazu beigetragen, dass der Clan jetzt genau dort ist, wo Fugaku ihn haben wollte: Sie sind verzweifelt, wütend und zu allem bereit. Sie glauben jetzt endlich, dass er der einzige ist, der unseren Niedergang vielleicht noch aufhalten kann, und sie werden ihm blind folgen. Er ist seinem Ziel verdammt nah“ „Was ist denn sein Ziel?“ „Das habe ich mich selbst lange gefragt… mein ganzes Leben habe ich versucht meinen Vater zu verstehen. Mittlerweile bezweifle ich, dass er eine wirklich eigene Idee von der Zukunft des Clans hat. Er wünscht sich vor allem die uneingeschränkte Anerkennung als Anführer. Um die zu bekommen, glaubt er, dem Clan das geben zu müssen, was er vermeintlich immer schon wollte: Der alte Traum von der Alleinherrschaft der Uchihas. Seit der Gründung des Dorfes erzählen wir uns dieselbe Geschichte, dass wir betrogen worden sind, dass Konoha rechtmäßig uns gehört, dass die anderen Clans und heute natürlich allen voran die Clanlosen uns aus Angst vor unserer Großartigkeit klein halten wollen. Nur dieser Traum wird uns geradewegs in die Vergangenheit führen und schlimmeres …“ Ganz plötzlich drehte er in einer impulsiven Bewegung den Kopf und sie begegnete seinem wilden Blick. „Makani, du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr ich meinen Vater früher bewundert habe, wie stolz ich auf ihn war … aber die Wahrheit ist, er ist ein lausiger Anführer!“ Eine seltsame Mischung aus Schmerz und Verachtung sprach aus seinen Worten. „Er will die Macht im Dorf an sich reißen? Ein Putsch? … Das ist doch Wahnsinn!“, flüsterte sie verzweifelt. Noch immer weigerte sich ein kleiner trotziger Teil in ihr diese ganzen furchtbaren Dinge über ihren Clan zu glauben, doch er war deutlich leiser geworden. „Ja, das ist absoluter Wahnsinn!“, stimmte Itachi ihr zu. „Ich war bisher auch der Meinung, dass mein Vater seine Chancen doch wenigstens realistisch genug einschätzen kann, um dieses aberwitzige Risiko nicht einzugehen … aber jetzt … die Uchihas denken, sie stehen am Abgrund. Er muss irgendetwas tun. Und es gibt durchaus andere Fraktionen im Dorf, die er mobilisieren könnte, verschiedenste Leute, die mit der Art, wie Konoha heute regiert wird, nicht zufrieden sind. Ich bezweifle, dass es genug wären, um tatsächlich einen erfolgreichen Putsch durchzuführen, aber ich fürchte, es wären trotzdem zu viele, dass ein Aufstand einfach so/ohne weiteres niedergeschlagen werden könnte.“ Mit großen ängstlichen Augen hörte Makani ihm zu. Doch neben der Furcht fühlte sie auch Erstaunen darüber, wie offen Itachi plötzlich mit ihr sprach und wie klar ihm dabei seine Emotionen ins Gesicht geschrieben standen. Aus einem Impuls heraus ergriff sie wieder seine Hand, die sich nur wenige Zentimeter neben ihrer zur Faust geballt hatte. „Wenn es stimmt, was du sagst, dann musst du dich Fugaku in den Weg stellen, bevor er uns alle ins Unglück stürzt“, sagte sie und sah Itachi fest in die Augen. Ihr kamen Izumis Worte in den Sinn: Was soll aus diesem Clan werden ohne Itachi? „Vielleicht kann uns tatsächlich niemand außer dir vor dem Niedergang bewahren.“ Itachi erwiderte ihren Blick mit einer Mischung aus Verwunderung und Unglaube, dann seufzte er zutiefst erschöpft. Immerhin löste sich dabei die verkrampfte Faust unter Makanis Fingern ein wenig. „Du klingst fast wie Koguma“, sagte er. Zu ihrem Erstaunen musste sie gar nicht weiter nachfragen, was genau er damit meinte, denn Itachi fuhr ganz von selbst fort: „Koguma glaubt, unsere einzige Chance besteht darin, dass ich den Platz meines Vaters einnehme, dass ich den Clan davon überzeuge, mir statt ihm zu folgen, und sie von diesem Irrweg abbringe...“ „Wahnsinn, egal welche Seite dich gerade beansprucht, die Erwartungen an dich sind wirklich alles andere als bescheiden“, platze es aus Makani heraus und abermals sah Itachi sie überrascht an. Dann lachte er plötzlich und einen Moment später spürte sie, wie sich seine Hand sehr zögerlich öffnete und um ihre schloss; tatsächlich war es mehr eine Andeutung als eine richtige Bewegung. Seine Miene verfinsterte sich allerdings im nächsten Moment wieder. „Ich fürchte, ich kann keine einzige dieser Erwartungen erfüllen. Ich sehe keine Möglichkeit, wie ich meinen Vater jetzt noch entmachten könnte. Er hat viel schneller erkannt, dass ich eine Gefahr für ihn darstellen könnte, als ich jemals gedacht hätte, und mich verdammt erfolgreich aus dem Spiel gedrängt. Indem er mir jetzt noch einen Mord anhängt, versucht er mich endgültig unschädlich zu machen. Ihm hätte wirklich nichts besseres passieren können.“ Makani warf ihm einen scharfen Blick zu. Er wusste es also bereits. Itachi starrte durch sie hindurch ins Leere, vielleicht irgendwohin, wo er seinem verhassten geliebten Vater gegenüberstand, der seinen einstigen Lieblingssohn ohne mit der Wimper zu zucken ans Messer geliefert hatte. Wie schmerzhaft das sein musste, dachte Makani. „Und wenn du sein falsches Spiel aufdeckst“, wandte sie ein, mehr um ihn aus seinen düsteren Gedanken zu reißen, als dass sie es für einen wirklich realistischen Vorschlag hielt. „Glaubst du, sie würden ihm noch folgen, wenn sie das alles über ihn wüssten?“ „Manche vielleicht nicht… für andere würde es wahrscheinlich keine große Rolle spielen.“ Unwillkürlich fragte sie sich, zu welcher Gruppe Tekka gehören würde. „Aber würde das nicht vielleicht ausreichen?“, warf Makani ein, die auf einmal eine vage Erregung erfasst hatte. „Wenn ein Putsch schon in der jetzigen Situation mehr als riskant wäre, dann wäre er doch unmöglich, wenn nicht wenigstens der Clan geschlossen hinter Fugaku steht, oder?“ Nachdenklich betrachtete Itachi die Kunoichi. Ihn schien der Gedanke jedoch nicht wirklich zu überzeugen: „Da hast du vielleicht recht, aber du vergisst, dass ich momentan der letzte bin, dem sie noch irgendetwas glauben würden. Dafür hat mein Vater gesorgt. Und ich weiß noch nicht einmal, was sein genauer Plan ist. Ich komme nicht mehr an ihn heran und er weiß mittlerweile von der Überwachung der ANBU. Die wirklich wichtigen Dinge bespricht er irgendwo, wo er davor sicher ist.“ Von einem auf dem anderen Moment schien Makanis Magen wie mit Blei ausgefüllt, als plötzlich ein Gedanke alle anderen aus ihrem Geist verdrängte. Er war ihr schon einmal gekommen, aber damals hatte sie ihn als übertrieben oder sogar verrückt abgetan. „Ich könnte das für dich tun.“ Kaum war ihr dieser Satz herausgerutscht, da prasselten auch schon die Zweifel auf sie nieder wie ein unheilvoller Shurikenregen. Itachi legte irritiert die Stirn in Falten. „Wie meinst du das?“ Sie schluckte und zwang sich ihre Aussage zu konkretisieren: „Na ja, ich kann nach wie vor im Viertel ein- uns ausgehen. Sie verdächtigen mich nicht des Verrats. Fugaku hat mich immerhin in den Rat eingeführt und wollte mich sogar mit seinem Nachfolger verheiraten. Ich könnte versuchen sein Vertrauen zu gewinnen und ihn so überwachen, herausfinden, was er plant …“ Mit einem Ruck setzte Itachi sich auf und der strenge Blick, mit dem er Makani bedachte, erinnerte sie viel mehr an den ANBU-Team-Leader, den sie vor Wochen kennengelernt hatte. „Auf keinen Fall!“, versetzte er in scharfem Befehlston. „Das ist eine absolut dumme Idee. Du kennst meinen Vater nicht. Er würde dir niemals vertrauen. Für ihn bleibst du eine Außenseiterin, noch dazu Akanes Ziehtochter. Er würde dich Tag und Nacht im Auge haben und unter Druck setzen – das hältst du nicht durch.“ Makani reagierte nicht gleich, sondern blickte eine Weile nur stur nach oben in die Wolken. Dann stand sie langsam auf und entzog Itachi dabei ihre Hand. Mit kühlem Blick sah sie auf hin runter und sagte: „Es fühlt sich zwar alles andere als gut an, aber es kann durchaus von Vorteil sein, von allen unterschätzt zu werden. Auch wenn das für jemanden, der ständig überschätzt wird, vielleicht schwer zu begreifen ist … Dein Vater hält mich für ein dummes verliebtes Mädchen, das er für seine Zwecke benutzen kann, wie es ihm passt. Darüber hinaus verschwendet er keinen Gedanken an mich. Du magst es mir nicht zutrauen, aber ich wäre sehr wohl in der Lage ihn in dieser Vorstellung zu bestätigen – es ist keine sehr anspruchsvolle Rolle. Aber es ist ohnehin sekundär, ob du es mir zutraust oder nicht, denn sehen wir den Tatsachen ins Auge: Wenn du noch irgendetwas ausrichten willst, brauchst du einen Agenten im Clan. Und wie du schon richtig sagtest, kannst du das nicht mehr sein.“ Sie verkniff sich die Ergänzung – und Shisui auch nicht. Auch wenn sie Itachis heftige Ablehnung tief gekränkt hatte, wäre es doch zu grausam gewesen. Als könnte er es nicht ertragen so ungeschützt zu ihren Füßen zu sitzen, sprang er im Bruchteil einer Sekunde auf. Unbewusst nahm er eine kampfbereite Haltung ein und Makani tat es ihm gleich. So standen sie sich einige Momente gegenüber und funkelten sich an. Schließlich rang sich Itachi endlich zu einer Antwort durch, doch seine Worte klangen eine Spur zu kontrolliert: „Du irrst dich. Ich traue es dir sehr wohl zu – zumindest was deine Fähigkeiten betrifft, könnte ich mir absolut keinen besseren Agenten vorstellen. Ich bin mir aber nicht sicher, ob du die Tragweite dieser Entscheidung begreifst. Die Chancen stehen verdammt gut, dass du so endest wie ich: verstoßen und verfolgt von der eigenen Familie. Selbst wenn wir Erfolg haben, werden sie ahnen, dass es einen Spion gegeben haben muss, und der Verdacht wird sehr schnell auf dich fallen. Du wärst der perfekte Sündenbock, damit sie mich rehabilitieren können. Du bist nicht im Clan geboren, deine Mutter ist tot und sonst hast du keine wirklichen Fürsprecher. Ich weiß nicht, ob ich allein dagegen etwas ausrichten könnte. Ich verstehe nicht, warum du diesen Weg wählen solltest.“ Er trat noch einen Schritt auf sie zu und sie widerstand dem Drang zurückzuweichen. „Makani, ich überzeuge Koguma noch heute dich ehrenhaft aus der ANBU zu entlassen. Du könntest selbst bestimmen, wie du dein Leben führen möchtest, und gehen, wohin du willst.“ Obwohl sie keine Regung zeigte, bebte die Kunoichi innerlich. Sie hatte die eiskalte Härte, zu der Itachi fähig war, nun schon einige Male zu spüren bekommen, trotzdem gelang es ihr einfach nicht sich dagegen zu wappnen. Seine Worte waren Peitschenhiebe und sie wollte zurückschlagen oder in Tränen ausbrechen oder beides. Ein dummes verliebtes Mädchen – der plötzliche Gedanke brachte sie vollends aus dem Konzept, doch nur für einen Augenblick und schließlich schluckte sie ihn mit größter Mühe zusammen mit den Tränen hinunter. „Nein Itachi, diese Alternative existiert nicht. Wenn dein Vater tatsächlich einen Putsch anzettelt, werde ich wohl kaum einfach so tun können, als hätte ich mit den Uchihas nichts zu tun. Vielleicht wird es sogar zum Krieg kommen; das befürchtest du doch selbst. Dann könnte nicht nur mein Clan untergehen, sondern auch mein Dorf. Natürlich muss ich versuchen das zu verhindern, wenn ich kann – auch wenn ich Angst habe, auch wenn es bedeutet, dass ich danach vielleicht nicht zurückkehren kann. Im Übrigen bin ich ohnehin über den Wunsch hinweg zu euch zu gehören – so wie die Uchihas im Moment sind, möchte ich kein Teil davon sein. Aber ich könnte mir vielleicht vorstellen, dass du ein besserer Anführer werden könntest, dass du einen besseren Clan aus ihnen machen könntest, einen, in den ich zurückkehren kann und will.“ Shisui und auch Akane hätten es so gewollt, oder? „Ich finde es sehr bewundernswert, dass du diesen schweren Weg eingeschlagen hast, und ich fände es furchtbar, wenn du jetzt aufgeben würdest. Ich möchte dir helfen! Außerdem bist du mein Anführer. Deine Mission ist auch meine.“ Wenn Makani immer noch gewollt hätte, hätte sie Itachi jetzt schlagen können. Er war sich abermals vielleicht gar nicht bewusst darüber, aber in seiner Deckung klaffte auf einmal eine Lücke. Doch sie war damit beschäftigt, betreten zur Erde zu blicken und darüber nachzudenken, was für dummes, albernes Zeug sie gerade geredet hatte. Dann erstarrte sie, als Itachi plötzlich ihre Hand ergriff und seine Finger mit ihren verschränkte. Es fühlte sich etwas seltsam an, wie eine ungelenke Mischung aus einer rein formalen und einer sehr vertraulichen Geste. Ebenso merkwürdig klang es, als er sagte: „Ich … ich hätte nie gedacht, dass ich jemals eine Mitstreiterin in meinem Clan finden würde … „ Makani verspürte das starke Verlangen, ihm noch näher zu kommen, aber sie wagte es nicht. Sie war sich sicher, der Moment würde sofort in tausend Scherben zerspringen.     *        Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)