"Arbeit ist das halbe Leben"- hätte ich doch die andere Hälfte gewählt... von Regenschein (One-Shots zu den unterschiedlichen Berufe-Generatoren) ================================================================================ Ron Weasley als Kartenleger im TV --------------------------------- Wieso hatte er sich nur auf den Blödsinn eingelassen... Diese Frage stellte sich Ron Weasley immer wieder, während er angestrengt auf die Karten seines alten Pilze-Quartetts starrte, welche er soeben in einer völlig willkürlichen Reihenfolge vor sich auf dem Tisch ausgebreitet hatte. Es war Rons erster Auftritt als hellsichtiges Medium bei einem dieser vielen drittklassigen Astrologie-Sender, die ihr Geld hauptsächlich mit der Leichtgläubigkeit mancher Menschen verdienten. Und würde er nicht gerade dringend, und damit meine ich wirklich dringend, Geld brauchen, hätte er nie in dieses ominöse Jobangebot eingewilligt. Er saß in einem stickigen, kleinen Fernseh-Studio irgendwo am Stadtrand. Vor ihm stand ein gelangweilter Kameramann, dessen Hauptbeschäftigung darin bestand, nicht auf der Stelle einzuschlafen. Im hinteren Bereich des Studios war eine Papierwand aufgebaut, die in verschiedenen Violett- und Blautönen angestrahlt wurde. Ron saß direkt vor der Papierwand auf einem wackeligen, unbequemen Holzhocker an einem alten Plastik-Gartentisch, auf dem eine bordeauxfarbene Samtdecke augebreitet war, die hie und da ein paar Zigaretten-Brandlöcher aufwies. Auf dem Tisch befanden sich neben seinen eben blindlings hin geklatschten Pilz-Quartett-Karten noch ein paar lustlos hingeworfene bunt-bemalte, magische Kieselsteine und eine kitschige Kristallkugel, die sich bei genauerer Betrachtung als riesiger Flummi entpuppte. „Nun?“, krächzte die Anruferin auf der Studioleitung ungeduldige in sein Ohr. Sie wollte von Ron einen Karma-Rundumblick. Ron hatte nicht die leiseste Ahnung, was ein Karma-Rundumblick war und so wie er den Laden hier einschätzte, hätte es ihm von seinen neuen Kollegen bestimmt auch keiner erklären können. Aber Ron wusste, dass er bald mal etwas sagen musste, um die Anruferin bei Laune zu halten. Der Kameramann fokussierte ihn unangenehm, sodass Rons puterroter Kopf nun fast den kompletten Bildschirm der Zuschauer einnahm. Ron wurde in diesem schäbigen kleinen Studio immer heißer, während er fieberhaft nach Worten suchte. „Wenn du keine Ahnung hast, fang einfach an irgendwas zu labern, die Anrufer suchen sich dann schon selbst eine für sie richtige Interpretation.“ Diese weisen Worte hatte der Chef des Senders Ron, kurz vor seinem ersten Auftritt mit auf den Weg gegeben. „Äh...“ setzte Ron an und ließ seinen Blick noch einmal verzweifelt über das vor ihm ausgebreitete Kartendeck mit den verschiedenen Pilzarten schweifen. „Ja?“, fragte die Anruferin fordernd. „Äh... also...“, Rons Blick blieb plötzlich an einer Karte hängen, auf der ein leuchtend roter Fliegenpilz abgebildet war. Nicht zum Verzehr geeignet!, stand darunter. Ron stotterte: „Äh...nun...sie sollten... nicht alles essen...“ „Ich soll also besser auf meine Ernährung achten?“ krakeelte die Anruferin. „Ja...auch und ähm, also auch nicht essen, obwohl es... äh vielleicht auf den ersten Blick... schön anzusehen ist...“ stammelte Ron weiter. „Also sie meinen, ich sollte mich nicht von der äußeren Erscheinung täuschen lassen? Also sie meinen auch, bei Personen und so? So vom ersten Eindruck her?“, ereiferte sich die Anruferin sofort. „Ja...Ja, genau!“, sagte Ron hastig. „Denn sonst kann man sich vergiften...“, murmelte er und legte langsam eine weitere Karte des Pilze-Quartetts auf dem Tisch vor ihm ab. Die Karte zeigte einen Steinpilz. Ron hörte wie die Anruferin am Telefon erschrocken einatmete, bevor sie übertrieben dramatisch fragte: „Sie wollen damit also sagen, dass der Umgang mit den falschen Personen mein Karma vergiften würde?!“ „Richtig...genau das... wollte ich damit sagen...“, antwortete Ron kleinlaut, während er sich die soeben abgelegte Steinpilz-Karte genauer ansah. Verwechslungsgefahr mit dem ungenießbaren Gallenröhrling!, war dort zu lesen. Ron, der immer noch keinen blassen Schimmer hatte, worauf das hier hinauslaufen sollte, quasselte einfach weiter: „Ja, und es ist wichtig, gute Menschen nicht... also nicht mit schlechten Menschen... äh zu... zu verwechseln, genau..., denn...“ Doch die Anruferin fiel ihm gleich ins Wort: „Da sagen sie was Wahres! Ich bin schon so oft auf die falschen Menschen hereingefallen; kein Wunder, dass sich meine Chakren-Energien in einem völligen Chaos befinden! Ich merke das jeden Tag, wenn ich ...“ Ron blendete das aufgeregte Gebrabbel der Anruferin fast völlig aus, als er plötzlich eine Kreuz-Sieben aus seinem Pilz-Deck zog. Wie war die denn da rein gekommen? „Sieben...?“ murmelte Ron geistesabwesend, als die Anruferin daraufhin plötzlich ihren unablässigen Redefluss stoppte und aufgeregt fragte: „Sieben? Ich bin im Juli geboren. Hat das etwas zu bedeuten? Ist das etwa ein Zeichen, dass ich im siebten Monat des Jahres geboren wurde?!“ Ron verdrehte innerlich die Augen, als ihm klar wurde, wie wenig manche Leute doch ihren gesunden Menschenverstand benutzten. Hätte er doch einfach nur die Klappe gehalten und die Alte reden lassen. Jetzt musste er sich wieder etwas einfallen lassen. „Äh, ja... die Karten haben mir gesagt, dass die Sieben für sie eine... äh... wichtige Zahl in ihrem Leben ist...“, brabbelte Ron vor sich hin und überlegte fieberhaft, was er noch sagen könnte. Doch dankbarer Weise nahm ihm die Anruferin diese schwere Aufgabe gleich darauf ab, indem sie sofort ganz aufgeregt los krakeelte: „Ich habe letzten Monat einen Mann kennengelernt, der mir erzählt hat, dass er das siebte von acht Kindern ist. Ist er der Richtige? Also bedeutet das, dass er meine große Liebe sein wird? Und dabei dachte ich, er hätte gar kein Interesse an mir, denn...“. Die Anruferin schwatzte ganz aufgeregt weiter. Sie war dabei so aus dem Häuschen, dass sie in einer Lautstärke in den Hörer brüllte, dass Ron kurz die Ohren klingelten. „Alles ist möglich... die Karten lügen nicht...“, presste Ron mit zusammengepressten Zähnen hervor und spürte mit Erleichterung, wie das klingelnde Geräusche langsam wieder nachließ. „Das sind ja wundervolle Nachrichten, hellsichtiges Medium Albion Valayar!“, frohlockte die Anruferin, die zum Glück nicht wusste, dass Rons Künstlername als kartenlegendes, hellsichtiges Medium, einfach nur sein Nickname bei World of Warcraft war. „Ja, dann... wünsche ich ihnen noch alles Gute... und so...ne.“, sagte Ron und packte seine Karten wieder zusammen, sichtlich erleichtert, dass er die Anruferin zufrieden stellen konnte. „Ja, ihnen auch alles Gute, liebes Medium und vielen, vielen Da-!!!“, kreischte die Anruferin noch fröhlich in Rons Ohr, bevor der Studioredakteur die Leitung unterbrach. Ron holte einmal tief Luft. „Endlich ist es vorbei...“, dachte er glücklich, als ein Klingeln im Studio bereits den nächsten Anrufer ankündigte... Und Ron sich erneut fragte: Wieso hatte er sich nur auf den Blödsinn eingelassen... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)