I hate you, I love you von abgemeldet ================================================================================ Kapitel 1: ----------- „Und du bist dir wirklich sicher, dass du das machen willst?“, fragte Logan erneut. Die Arme vor der Brust verkreuzt lehnte er sich an den Türrahmen, während sein Blick aufmerksam ihren Bewegungen folgte. „Natürlich bin ich mir sicher. Ein Job ist ein Job, das solltest du doch wissen“, antwortete die junge Mutantin, als sie die restlichen Klamotten in den Rucksack packte. Der braunhaarige Mann in ihrem Türrahmen zuckte mit den Augenbrauen, was eindeutig seinen Widerwillen gegenüber ihrem Vorhaben ausdrückte, gleichzeitig aber auch eine Erkenntnis preisgab. Er konnte sie nicht aufhalten und das wusste er genau. Freya stämmte die Hände in die Seite, als sie auf ihr Bett sah. „So, ich hoff ich hab nichts vergessen“, sagte die junge Mutantin, bevor sie ihren Blick wieder zu Logan wandte. Ihr Lehrer zeigte auf ihre Frage keinerlei Reaktion, nur sein Blick sprach Bände. Die junge Frau seufzte und trat an ihn heran. „Es ist nicht das erste Mal, dass ich weggehe“, versuchte sie Logan aufzumuntern, und zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht. Doch die Miene des Mannes vor ihr blieb starr und unergründlich. Freya’s grüne Augen suchten die braunen Logan’s, sodass es für ein paar Momente still im Zimmer blieb. Die beiden sahen sich einfach nur an, es schien wie ein stiller Kampf zu sein, den die beiden, Mentor und Schülerin in ihren Gedanken auszutragen schienen. Schließlich seufzte Logan tief und umarmte die junge Frau. „Das du mir ja zurückkommst“, sprach er die Worte einer Drohung aus, welche jedoch so voll Angst, als auch Sorge waren, dass man sie nicht ernst nehmen konnte. Die rothaarige Frau lächelte. „Keine Angst“, erwiderte sie leise, als sie ihren Kopf kurz auf die Schulter des kräftigen Mannes legte und ihm für einen Moment über den Rücken strich. „Ich bin vielleicht nicht so wie du, aber ein, zwei Sachen hab ich dann doch vom Training mitgenommen“ Während dieses Satzes löste sie sich von Logan, wobei sie ihre rechte Hand noch kurz auf seiner Schulter verweilen ließ, bevor diese hinabglitt, als sie sich umwandte und zurück zum Bett ging. Ihr rechtes Ohr zuckte, als die Halbkatzenmutantin ihre Tasche schulterte und sich zur Tür umdrehte. Logan war indessen aus dem Rahmen getreten, um ihr Platz zu schaffen. Wortlos ging sie an ihn vorbei auf den Gang. Ihr Lehrer folgte ihr im Abstand von ein paar Schritten, als sie die Treppen hinunter lief, die zur Eingangshalle der Schule führten. Ihre grünen Augen fuhren jede Kante des Gebäudes noch einmal ab, sie versuchte sich so viel wie möglich von dem zu merken was sie sah. Auch wenn sie bereits länger hier lebte, waren ihr das Meiste des großen Geländes und auch ein Großteil des Hauses immer noch fremd. Sacht glitten ihre Finger über das Holzgeländer, als sie die letzte Stufe der Treppe nahm, welche auf dem erste Plateau endete. Ihre linke Hand um den Träger ihres Rucksackes gelegt, während die rechte frei in der Luft hing, atmete sie tief ein. Der Duft des Hauses erfüllte ihre Lungen, und rief all diese Erinnerungen hervor. Wie sie zum allerersten Mal hier gestanden hatte, nachdem sie wieder einmal davon gelaufen war, die Flucht ergriffen hatte. Ihr erster Tag an der neuen Schule, wo sie so viel nachzuholen hatte, was sie damals mit ihrem schnellstmöglichem Abschluss nicht hatte lernen können. Die eine Nacht, in der sie sich hier tatsächlich mal verlaufen und Logan sie aufgesammelt hatte. Bei dem Gedanken daran musste sie schmunzeln, dennoch mischte sich auch etwas Wehmut und auch Schuld in ihre Gefühle. Sie schuldete Logan sehr viel mehr, als dass sie jemals begleichen könnte und ihn nun im Stich zu lassen, war ihm gegenüber nicht fair. Freya senkte den Kopf und blinzelte. Vielleicht sollte sie doch nicht gehen. Logan kannte den Krieg bereits, hatte ihn unzählige Male miterlebt. Sie nicht. Kaum sichtbar drehte sie den Kopf nach rechts, als sie dir Schritte schwerer Schuhe auf den Holzstufen vernahm, den Blick noch immer gen Boden gerichtet. „Logan…ich weiß nicht ob…“, begann sie unsicher, im Versuch Worte zu finden, die ihre Gedanken beschreiben sollten, welche ihr jedoch einfach fehlten. Einen Augenblick lang war es still, bevor das Geräusch der Schritte wieder einsetzte. Keine Sekunde später spürte die Mutantin eine Hand auf ihrer Schulter, welche sie sanft, aber beständig in Richtung unten führte. Freya gab den Druck nach, und ging langsamen Schrittes den letzten Teil der Treppe nach unten. Dort drehte Logan sie so, dass sie ihn ansehen musste. „Hör zu“, sagte er. „Ich mag vielleicht mit deiner Entscheidung nicht glücklich sein, doch sie deswegen aufzugeben, ist keine Lösung“ Der Mann bückte sich ein Stück um mit ihr auf einer Augenhöhe zu sein. „Du kannst auf andere hören, aber du musst deinen Weg finden“ Logan’s Stimme war fest und überzeugt, als er sprach, wobei er seine Hand auch nicht von ihrer Schulter nahm. Er sah ihr fest in die Augen, er wollte ihr den Halt geben, ihre Entscheidung durchzuziehen. Dann begann Freya langsam zu nicken. „Ok“, sagte sie leise. Als der Mutant vor ihr sich wieder aufrichten wollte, legte sie jedoch ihre Hand auf seine Schulter. „Logan, du musst mir noch etwas versprechen“ Kurz zog der ältere Mutant die Augenbrauen zusammen, bevor er in einem fragenden Ton ein „Und das wäre?“ herausbrachte. Freya biss sich kurz auf die Unterlippe, unterließ es aber sofort wieder, als ihr klar wurde, dass sie sich mit ihren spitzen Raumtierzähnen nur wehtun würde. „Auf meinem Schreibtisch“, wisperte sie dann leise, und machte eine Pause, bevor sie weitersprach. „Auf meinem Schreibtisch liegt ein Brief“ Ihre Augen hatten die ihres Lehrers und Freundes fest fixiert. „Wenn mir irgendwas passiert, will ich, dass du ihn Charles gibst“ Überrascht wurden Logans Augen größer, doch Freya behielt ihn unbeirrt im Blick. „Er kann damit machen was er will, aber ich will, dass er ihn hat“, wiederholte sie ihre Worte. Ihr Mentor sah sie einen Augenblick an, bevor er nickte. „Werde ich machen“, versprach er. Dann richtete er sich wieder auf, sein Blick war fest auf einen Punkt hinter Freyas Rücken gerichtet. „Komm ich ungelegen?“, ertönte eine Stimme hinter dem Rücken, der Rothaarigen, welche sich ebenfalls umwandte. Charles blickte aus einiger Entfernung zu den beiden hinüber, er traute sich wohl nicht näher heranzukommen. Freya atmete kurz durch. „Ganz und gar nicht“, antwortete sie dann, als der junge Professor seinen Rollstuhl in Bewegung setzte, und zu ihnen hinüberkam. Freya blickte auf Charles hinab, welcher wiederrum zu ihr aufsah. Ihr Blick glitt über sein Gesicht, registrierte jede kleine Unebenheit, jede Falte und jedes Detail seines Aussehens. All dies dauerte keine Sekunde, trotzdem war es für eine Minute lang still in der Eingangshalle der Schule. Freya war an den Augen des jungen Professor hängen geblieben, welche für die junge Frau eine einzige, große Faszination darstellten. Sie war beeindruckt, von diesem durchdringenden, milden Blau, was einen glauben ließ, er würde direkt durch eine andere Person hindurchschauen und sehen können, was man dachte. Sie hatten einen Ausdruck, den selbst sie, mit ihren kreativen Fähigkeiten nur schwer zu Papier bringen konnte. Wie auch in seinen anderen Zügen, lag etwas Strenges und auch Unerbittliches darin, das Sture, was sie von ihren vielen Diskussionen kannte. Doch neben dieser Strenge, lag gleichauf eine Sanftheit und ein Träumerisches, wie sie es glaubte noch nie in einer anderen Person gesehen zu haben. Dieser Wunsch, das Unmögliche Wirklichkeit werden zu lassen und fest an etwas zu glauben. Jedes Mal, wenn sie ihm in die Augen sah, hatte die junge Mutantin das Gefühl, in diesem verträumten Blau ertrinken zu können und dafür wäre ihr nichts zu schade. Für eine kurze Zeit schien die Welt stillzustehen, als die beiden sich ansahen. Und keiner der beiden hatte das Bedürfnis den Blickkontakt zu unterbrechen, nicht einmal den Drang einander etwas zu sagen. Es hätte sicher ewig noch so weitergehen können, wenn Logan sich nicht geräuspert hätte. „Ich nehme an, sie wollten sich verabschieden, Professor“ Charles blinzelte ein paar Mal, was Freya ihm gleichtat, als sie sich aus der Tranche lösten. „Natürlich“, antwortete der junge Rollstuhlfahrer auf Logans Worte, als er erneut den Kopf hob, um Freya anzusehen. „Ich wollte dir viel Glück wünschen und hoffe, dass wir uns in nicht allzu ferner Zukunft wiedersehen“ Die junge Frau versuchte ein Lächeln auf ihre Lippen zu legen, was ihr auch gelang. Doch innerlich, wollte sie am liebsten beginnen zu weinen. „Danke“, erwiderte sie freundlich die Worte des jungen Professors. Als Charles ihr seine Hand entgegen streckte, ging sie jedoch nicht darauf ein. Einen Moment lang hielt er sich noch erhoben, bevor sie ihren ganzen Mut zusammennahm, und sich zu ihm hinunterbeugte, ihm die Arme um den Hals legte, und ihn umarmte. Einen Moment lang passierte gar nichts, bevor Freya spürte, wie Charles vorsichtig seine Arme um sie legte. Die Angespanntheit seines Körpers konnte sie ganz deutlich spüren, er schien von ihrem Schritt sehr überrascht zu sein, was sie ihm auch nicht verübeln konnte. Für einen Herzschlag lang, lagen seine Arme locker auf ihrem Rücken auf, bevor sie merkte, wie er sie leicht zu sich heranzog. Auch sie legte sie Arme ein wenig fester um ihn und schloss für einen Moment die Augen, während sie seinen Duft einatmete. Wenn das hier wirklich die letzte Möglichkeit für lange Zeit sein sollte, wollte sie diese auch nutzen. Sie spürte, wie er mit dem Daumen leicht über ihr Shirt strich und konnte ein leichtes Lächeln nicht unterdrücken, doch im gleichem Atemzug löste sich eine Träne in ihrem Augenwinkel und verlor sich in den Haaren des Professors. Sie würde ihn vermissen, sehr sogar. Einige Augenblicke hielt die Umarmung an, bevor sie sich vorsichtig wieder von Charles löste. Allerdings spürte sie auch den Widerstand, den seine Arme ihr entgegen brachten. Er wollte sich aus dieser Umarmung anscheinend nicht wirklich freiwillig lösen, doch er musste. Freya richtete sich auf, während ihr Blick weiter dem des jungen Mannes vor ihr inne hatte. Sie konnte ihm ansehen, dass er nicht wollte, dass sie ging, auch wenn er versuchte es zu verbergen. Sie wandte den Kopf ab. Ihr war klar, dass sie diesem Blick nicht lange würde standhalten können. Die junge Halbkatzenmutantin atmete tief durch, bevor sie erneut sprach. „Dann macht’s mal gut…ihr ruf euch ganz sicher mal an“, versuchte sie ein paar fröhliche Worte zu sagen, welche jedoch nicht den gewünschten Effekt hatten. Dann herrschte kurz Stille, bevor Freya sich umwandte und zu Tür ging. Ihre Schritte hallten von den Wänden wieder, als sie kurz nachdem sie die Schwelle übertreten hatte, noch einmal stehen blieb und sich umsah. Logan und Charles standen nebeneinander und sahen ihr nach. Leicht ob sie die Hand zu einem letzten Gruß, bevor sie sich abdrehte. Charles sah ihr noch so lange nach, bis sie in das bereitstehende Auto gestiegen war. Als auch dies verschwunden war, schob er sich bis zum Eingang und blieb mit dem Rollstuhl auf der Terrasse stehen. Sein Blick war auf das Tor gerichtet, welches sich inzwischen wieder geschlossen hatte. Zitternd atmete der junge Professor ein, als er die Handflächen gegeneinander legte, seine Finger kurz unter der Nasenspitze an das Gesicht legte und die Augen schloss. Er war überrascht gewesen, von ihrer Umarmung, aber er hatte sie ebenso wenig missen wollen, wie ihren Duft, von dem er für wenige Sekunden einen Eindruck hatte gewinnen können. Er würde sie vermissen. Er würde sie sehr vermissen. Kapitel 2: ----------- Sie rannte. Sie rannte so schnell sie konnte. Ihre Füße krachten auf dem Boden auf, sie gab sich keine Mühe ihre Schritte abzufedern, bevor sie auf der Erde auftrafen. Es durfte nicht wahr sein, es durfte einfach nicht wahr sein, was man ihr erzählt hatte. Warum war er hergekommen? Dieser verdammte Idiot, warum hatte er nicht einfach Zuhause warten können. „Nein, Mr. Wichtig muss sich ja überall einmischen!“, knurrte die junge Frau wütend, als sie mit der linken Hand einen Angreifer aus dem Weg stieß. Der Mann ging ohne einen weiteren Laut zu Boden, während die junge Mutantin weiterstürmte. Ein einziges Mal hätte er auf sie hören können, nur dieses eine Mal, hätte er seinen Dickkopf nicht durchsetzen müssen. Ihre grünen Augen suchten das Schlachtfeld ab, wo es an allen Ecken rauchte und brannte. Langsam mischte sich in ihre Wut auch Panik. Sie musste ihn finden, so schnell es irgend möglich war. Er war wehrlos gegen die ganzen Waffen. Ihr Blick verharrte auf einem metallischen Glänzen, das sich in der sporadisch hervorschauenden Sonne zeigte. Ihre Augen weiteten sich. „Nein…“ Sie rannte los, stolperte ein paar Mal über Dinge, die sie in ihrer Eile nicht sah. Eigentlich nahm sie den Boden, über den sie lief, nicht einmal wahr. Ihre ganze Aufmerksamkeit galt dem Glänzen, was sich allerdings nicht noch einmal gezeigt hatte. Erneut stolperte sie, diesmal über ein größeres Trümmerstück, doch diesmal schaffte sie es nicht rechtzeitig sich abzufangen. Ein stechender Schmerz schoss ihren Knöchel hinauf, als sie abknickte. Ein wütendes Zischen entfloh ihrem Mund. „Scheiße!“, fluchte sie laut, doch ihre Aufmerksamkeit wurde im nächsten Moment schon wieder von ihrem Schmerzen losgerissen. Keine zwei Meter von ihr entfernt lag ein Rollstuhl. Er war zur Seite gekippt und sah an vielen Stellen sehr ramponiert aus, aber es war ohne Zweifel seiner, das große X an der Seite der Räder war unverkennbar. „Nein“ Die junge Frau drückte sich nach oben. Der Schmerz in ihrem Knöchel schien zu verschwinden, als sie ihre Hände auf das kalte Metall legte. „Nein, nein, nein“ Es war also wahr, er war hier. Dieser verdammte Idiot! Ihr Kopf schnellte von einer Seite zur anderen. Er musste hier irgendwo sein. Ohne den Rollstuhl kam er nicht weit. Er musste hier sein. Und wenn sie ihn fanden, würden sie kurzen Prozess mit ihm machen. Er war doch so wehrlos, ohne seinen ganzen Kram. Ihr ganzer Körper zitterte. Ob nun aus unterdrückter Wut, oder Angst wusste sie nicht zu sagen. Denn sie hatte Angst, natürlich hatte sie Angst. Sie hatte Angst um ihn, Angst, dass er sein Leben verlieren konnte. Um sein Leben hatte sie sogar noch mehr Angst als um das ihre. „Charles?“ Ihre Stimme hallte durch die Trümmer, die einmal ein Gebäude gewesen waren. „Charles, wo bist du?“ Inzwischen war die Panik in ihren Worten deutlich zu hören. Dieser Idiot, dieser verdammte Idiot! „Dieser mäusehirnige Idiot…Charles!“ Ein Hustenanfall erschütterte ihren Körper, als sie sich durch Staub und Trümmer kämpfte. Er musste hier irgendwo sein, er musste einfach. Wenn nicht dann bedeutete das…bedeutete es das… Die junge Mutantin hob den Kopf. Nein, nein, dass durfte nicht sein. Sie durften hin nicht bekommen, sie hatten ihn nicht vor ihr gefunden. Ihr Blick flog panisch von einem Haufen zum anderen, als die wahllos Steine und andere Trümmerteile aus dem Weg kickte, oder mit den Händen packte und wegwarf, in der Hoffnung irgendeinen Hinweis zu finden. Irgendetwas was sie zu ihm führen würde. Je länger sie suchte, desto verzweifelter wurden ihre Bemühungen. Ein Wimmern entfloh ihrer Kehle, als sie ein Stück Holz auf dem Weg trat. „Nichts, nichts und wieder nichts!“ Deutlich war ihre Verzweiflung zu spüren, als sie innehielt. Dort wo sie das Holzstück weggeräumt hatte, lag ein Stück Stoff. Aber nicht irgendein Stück, es war einst Teil einer Hose gewesen. Und diesen Jeansstoff kannte die Mutantin sehr genau. Ihr Schweif peitschte wild nach rechts und links, als sie den bläulich-grauen Fetzen aufhob. „Nein, das darf nicht…Charles!“ Ihre Augen füllten sich mit Tränen, als sie den Stoff fallen ließ. „Charles, wo bist du?“ Er musste hier sein, er musste einfach. Stocksteif blieb sie stehen, während ihr Ruf in den Ruinen verklang. Das Herz hämmerte so sehr gegen ihre Rippen, das es wehtat, als sie sich zwang den Blick so langsam und gründlich wie möglich über ihr Umfeld wandern zu lassen. Eigentlich wollte sie lieber schreien, am allerliebsten in sein Gesicht, was für ein Idiot er doch war, einfach hier aufzukreuzen, was für eine Scheiß-Idee das gewesen war. Er war von ihnen beiden doch der mit dem Professor-Titel, man sollte auch meinen, dass er der Klügere von ihnen beiden war. Anscheinend doch nicht Der Unterkiefer der jungen Frau begann zu zittern, als sie weiter den Blick schweifen ließ und nichts sah, außer Staub, Schutt und Asche. Und eine Hand. Eine Hand, zu der ein Arm gehörte. „Charles!“ Ihr Ruf schallte von den vielen, kleinen und flachen Oberflächen wieder, als sie durch den Schutt auf ihn zu stolperte. Ihr Atem ging nur unregelmäßig, sie schnappte nach Luft, im Versuch sich nicht anmerken zu lassen, dass sie weinte. Sie kraxelte über einen Schutthaufen und dann sah sie ihn. An seiner Schläfe war ein Blutrinnsal zu erkennen, er hatte sich anscheinend irgendwo den Kopf angestoßen. Seine Kleidung war teilweise zerrissen, die Augen hatte er geschlossen. Ein Schluchzen erfuhr ihrer Kehle, als sie zu ihm hinunter stürzte. „Du verdammter Idiot…“, spuckte sie die Worte aus, die sie schon die ganze Zeit hatte sagen wollen, doch ihre Tränen erstickte Stimme versagte, als sie versuchte mehr Worte zu finden. Ihr Blick glitt seinen Körper nach unten und im nächsten Moment sah sie, was ihn hier festhielt. Sein rechter Fuß hatte sich zwischen den Metallstreben eines Pfeiles verhakt. Doch wie sollte sie ihn da raus bekommen? Die Frage die sie eigentlich am meisten beschäftigen sollte, doch sie schaffte es nicht ihre Konzentration darauf zu lenken. Sie beugte sie über Charles und schlug ihm mit der Hand leicht auf die Wange. „Wach auf Charles“ Als der junge Mann unter ihr keine Reaktion zeigte, wurden ihre Schläge fester und die Stimme, vor offensichtlicher Panik, immer höher. „Du musst aufwachen! Komm schon, wir müssen nach hause…“ Ihre Augen begannen wieder zu tränen. Noch immer keine Reaktion. „Jetzt mach endlich, du…du…“ Sie fand keine Worte mehr, aber der letzte Schlag saß. Die Augen des Professors flatterten. „Aua“, sagte er mit rauer Stimme und lächelte sie dann leicht an. „Wir hatten doch ausgemacht, dass du mich nicht mehr schlägst“ Ein Seufzer der Erleichterung entfloh ihrer Kehle, als sie ihre Hand an seine Wange legte. „Du bist ein Idiot“ Das Lächeln des jungen Mannes wurde breiter. „Bin ich das?“ Die junge Frau schüttelte leicht den Kopf. Wie konnte er so gut drauf sein? „Ja, ja das bist du, du verdammter Idiot und Idioten darf ich schlagen“ – „Auch wenn der Idiot dich liebt?“ Charles hob eine Augenbraue, als er sie ansah. Freya konnte ein leises Lachen nicht unterdrücken. Er sah einfach zu komisch aus, wenn er das tat. „Ganz besonders dann“ Sie sah ihm in die Augen. „Was machst du hier? Ich hatte doch gesagt, das geht dich nichts an“ – „Ich kann doch nicht einfach zuhause sitzen bleiben, wenn meine Freundin in den Kampf zieht“, meinte er lächelnd. Freya hätte ihm am liebsten noch einmal eine links und rechts für dieses dumme Lächeln verpasst. „Du weißt doch wie saugefährlich es hier draußen ist“ Bei der Erwähnung, dass sie sich draußen befanden, schien Charles wieder in die Wirklichkeit zurückzukommen. Sein Körper verkrampfte sie und er zog scharf Luft ein, welche er keine Sekunde später wieder druckartig ausstieß. „Mein Kopf…“ – „Ich weiß“, sagte die junge Mutantin und ihre Stimme klang plötzlich sehr sanft. „Bleib liegen“ Ihre Stimme war noch immer ruhig, als sie zu seinem eingeklemmten Fuß rutschte und ihn so vorsichtig wie möglich zu lösen versuchte, was ihr jedoch nicht gelang. Sie betrachtete sich die ganze Angelegenheit noch einmal genauer, bis sie es erkannte. Es war nur sein Schuh, der sich nicht aus den Stäben lösen ließ. Erfreut knotete sie die Schnürsenkel auf, als sie plötzlich von hinten unterbrochen wurde. „Hey, was, was machst du da?“ Charles richtete sich hinter ihr zum Sitzen auf, was ihm jedoch nicht ohne ein scherzhaftes Einziehen der Atemluft gelang. Freya wandte ihm ihren Blick zu. „Du musst dich entscheiden, Schuh, oder Fuß“ Der Professor sah sie einen Moment lang an. „Geht auch beides?“, fragte er dann und legte den Kopf schief. Die Mutantin warf ihm einen vernichtenden Blick zu, was ihn nur erneut zum Lächeln brachte. „War nur Spaß“, sagte er mit einer honigsüßen Stimme, doch sein Schmerz war deutlich herauszuhören. „Weg mit dem verdammten Ding“ Vorsichtig zog sie seinen Fuß aus dem Schuh, der im selben Moment auf den Boden fiel, dort wo man in nicht mehr aus den Metallstreben herausholen konnte. Langsam setzte sie den Fuß auf den Boden, bevor sie den Blick wieder hob. „Du hättest nicht herkommen dürfen“, sagte sie dann erneut und klang diesmal sehr ernst. Charles drehte den Kopf zur Seite und atmete etwas gepeinigt aus, während er den Boden betrachtete. „Ich weiß…“ Nach seinen Worten blieb eine lange Pause, in der sie ihn ansah, er hingegen nur auf den Boden starrte. Dann hob er langsam den Kopf und Freya musste sich sehr zusammenreißen, damit ihr bei dem Blick in seinen Augen nicht erneut die Tränen kamen. „Ich hab es einfach nicht mehr ausgehalten.“ Der junge Professor atmete seufzend aus. „Ich kann es einfach nicht ertragen, immerzu von dir getrennt zu sein“ Freya wandte ihren Blick von seinem Gesicht ab. „Glaubst du mir fällt das leicht, aber das ist nunmal mein Job als S.H.I.E.L.D-Agent“ – „Angehender S.H.I.E.L.D-Agent“, verbesserte Charles sie, was sie wieder dazu brachte zu ihm aufzusehen. „Ob in der Ausbildung oder bereits mit Prüfung in der Tasche, der Kampf wird immer meine Hauptaufgabe sein“ Charles blinzelte. „Wir hatten doch darüber geredet, dass du dich versetzten lassen wolltest“ Freya nickte. „Ich weiß worüber wir gesprochen haben, aber…müssen wir das ausgerechnet jetzt klären?“ Ein leichtes Lächeln erschien auf dem Gesicht des jungen Mutanten. „Ja, ist vielleicht gerade etwas ungünstig“ Die rothaarige Frau erhob sich, nur um wenige Sekunden später wieder in die Hocke zu gehen. „Komm“, sagte sie leise, als sie Charles mit der einen Hand unter die Beine fuhr, während er ihr seine Arme um den Hals legte. Vorsichtig hob sie ihn hoch und sah ihn einen Moment lang an. „Lass uns gehen“, antwortete er sanft, senkte kurz den Blick, bevor er noch ergänzte: „Es tut mir leid“ Freya sah ihn einen Augenblick lang an, bevor sie ihm einen Kuss auf die Wange gab. „Wir alle machen verrückte Sachen. Und genau deswegen liebe ich dich“ Ein leichtes Lächeln stahl sich auf ihr Lippen, als sie den letzten Satz flüsterte. „Du verdammter Idiot“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)