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Wie Regen nach der Trockenheit

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VIII.

Neben seiner geistigen Beschäftigung mit Blaise, die zu Dudleys Leidwesen sehr viel mehr von seiner Aufmerksamkeit in Anspruch nahm, als er je gedacht hätte, kam er auch nicht von Hermiones Worten los. Wenngleich er mittlerweile der Ansicht war, eine gute neue Beziehung zu Harry aufgebaut zu haben, so hatte sie in ihm doch eine Frage wieder aufgeworfen: Warum? Warum hatte Harry sich entschieden, ihm zu helfen? Warum war er nett zu ihm gewesen? Warum hatte er sich so für ihn eingesetzt?

Und so nutzte Dudley diesen Abend, an dem Ginny ein Quidditchspiel der Holyhead Harpies gegen die Wimborne Wasps besuchte, um Harry bei einem Feierabendbier im Wohnzimmer darauf anzusprechen.

„Harry, eine Frage lässt mich nicht los: Warum hast du mir überhaupt geholfen? Ich meine, ich an deiner Stelle hätte mich ja einfach weggejagt. Warum hast du dir die Mühe gemacht und mir überhaupt eine Chance gegeben?“ Die Worte sprudelten regelrecht aus Dudley heraus. Er machte sich nicht die Mühe, das Thema behutsam anzugehen. Nein, er wollte einfach nur eine klare Antwort haben. Und so langsam lernte er, dass er mit Direktheit immer erstaunlich gut ans Ziel kam und die Antworten erhielt, die er haben wollte. Nicht, dass ihm diese Antworten immer gefielen. Aber immerhin bekam er sie.

„Puh...“ Harry atmete hörbar aus und nahm dann einen großen Schluck von seinem Bier. Er lehnte sich auf der Couch zurück und musterte seinen Cousin aufmerksam. „Weißt du noch, als ihr auf meinen Rat und das Einwirken von Kingsley hin aus dem Ligusterweg geflohen seid? Das war kurz vor meinem 17. Geburtstag und die ganze Sache mit Voldemort spitzte sich gerade zu. Ich weiß noch, wie ihr euch verabschiedet habt. Onkel Vernon und Tante Petunia haben sich bemüht, mich noch zu übersehen, obwohl ich gerade alles dafür tat, um euch das Leben zu retten. Aber du, du hast dich verabschiedet. Unbeholfen und übermäßig cool und unbeteiligt. Aber irgendwie wusste ich in dem Moment, dass du ahnst, dass es um etwas Größeres geht. Und dass mir trotz allem irgendwie etwas an euch liegt. Weil ihr meine Familie seid. Die einzige Familie, die ich je kennengelernt habe. Und ich wusste, dass dir in dem Moment viel von den ganzen Dingen der Vergangenheit Leid tat.“ Harry sprach langsam und leise, aber Dudley hörte ihm sehr aufmerksam zu. „Wir sind nicht wie die Brüder aufgewachsen, die wir hätten sein können, Dudley. Und das lag nicht allein an dir oder mir. Es lag an den Umständen, an der Angst deiner Eltern vor allem Magischen und an Tante Petunias bescheuerter Eifersucht auf meine Mutter. Es hätte anders sein können und vielleicht müssen.“ Er machte eine Pause. Dudley wollte diese gerade füllen, weil sie ihm zu drückend wurde, dann sprach Harry doch weiter: „Es gab eine Zeit, in der ich dich wirklich verabscheut habe. Ja, vermutlich hätte ich damals gesagt, dass ich dich hasse. Wobei aber ehrlich gesagt, Draco immer viel schlimmer war als du. Und da ich selbst mit Draco im Zuge dieses dämlichen Krieges meinen Frieden gemacht habe – warum hätte ich dich danach noch hassen sollen? Ich war nach dieser Schlacht so müde... Ich habe gesehen, wohin Hass die Menschen bringt. Was er sie tun lässt. Ich möchte niemanden hassen. Ich möchte noch nicht einmal jemanden so sehr verabscheuen, dass es an Hass grenzt. Dafür bin ich mir einfach zu schade. Ich möchte nicht werden wie Voldemort. Ich möchte an das Gute in den Menschen glauben. Ich weiß, dass alle ihre Fehler haben, aber ich will immer das Gute sehen können. Das bedeutet, dass man ein Risiko eingeht und dass man manchmal feststellt, dass das eine wirklich dumme Entscheidung war. Aber wenn dem so ist, dann ist dem so.“ Harry lächelte schief. „Ich habe dir immer die Tür offen gelassen, damit du zu mir kommen kannst, wenn du selbst so weit bist. Ich gebe zu, dass Plüschkaninchen war ein kleines bisschen Rache. Ich hätte auch einfach irgendetwas anderes verzaubern können. Und ich gebe zu, wie ein so großer Kerl wie du mit einem Plüschkaninchen in der Hand vor der Tür stand, hatte etwas Lächerliches an sich. Aber Tatsache ist, dass ich mich wirklich gefreut habe, dich dort zu sehen. Damit wir beide unseren Weg gehen können, um die Beziehung zwischen uns in Reine zu bringen. Denn wir sind vielleicht Cousins, aber du warst dennoch immer der einzige Bruder, den ich je gekannt habe. Und weißt du, von den Weasleys habe ich gelernt, was Familie bedeutet. Sie bedeutet auch, dass man weiterhin zueinander steht, wenn einer den Weg verliert. Dass man die Tür offen hält und hofft, dass er den Weg zurückfindet – oder aber um Hilfe bittet. Wie also hätte ich dich stehen lassen können, Dudley?“ Harrys Lächeln wurde wärmer und Dudley musste auf einmal gegen Tränen anblinzeln. Blöde Gefühlsduselei.

„Und dass du bereit warst, dich in die Welt der Magie zu begeben, die dir früher so viel Angst eingejagt hat, hat mir nur verdeutlicht, wie verzweifelt du gewesen sein musst. Also habe ich meinen Heldenstatus benutzt. Es war ein Risiko, ja. Aber eines, das sich voll und ganz ausgezahlt hat.“ Jetzt grinste Harry breit und prostete Dudley mit der Flasche zu. „Auf uns, Big D. Auf einen Neuanfang.“

Dudley hob seine Flasche ebenfalls und erwiderte Harrys Grinsen, während er gleichzeitig eine letzte Träne wegblinzelte. „Auf dich, Harry. Und Danke. Für alles.“

Harry winkte nur ab. „Weißt du, über manche Dinge, sollte man nicht so viele Worte machen. Erzähl mir lieber, was du angestellt hast, dass Hermione nur noch in den höchsten Tönen von dir spricht.“
 

Es gab zwar im Zaubereiministerium ein schwarzes Brett, an dem auch Wohnungsanzeigen ausgehängt waren, aber bislang hatte Dudley dort noch nichts erspäht, das sich in seiner Preisklasse bewegte und was ihm von der Beschreibung her zusagte. Sicher – für Hexen und Zauberer mochte es keine Rolle spielen, wo auf der Insel sie wohnten. Sie apparierten einfach hierher, aber er war auf das Flohnetzwerk angewiesen. Und er wollte lieber in London bleiben, damit er keinen zu weiten Weg hatte, wenn er auf den Muggelweg angewiesen sein sollte. Er konnte sich ja nicht auf Magie verlassen. Eine WG mit einem Zauberer oder einer Hexe wäre eine andere Option. Vielleicht sollte er eine Anzeige aufhängen. Noch drängte die Zeit nicht, aber er wusste, dass er spätestens im Sommer ausziehen sollte, um Harry und Ginny die Zeit zu lassen, sich gemeinsam auf ihr erstes Kind vorzubereiten.

„Nach was hältst du Ausschau?“

Dudley brauchte sich gar nicht erst umzudrehen, um zu wissen, wer ihn wieder einmal von hinten ansprach. „Dir auch einen wunderschönen guten Morgen, Blaise“, entgegnete er trocken und blickte nur über die Schulter, um Blaise zuzunicken.

„Ebenso. Also, wonach hältst du Ausschau?“, hakte dieser nach. Zumindest mangelnde Hartnäckigkeit konnte man Blaise nicht nachsagen. Dudley hatte nur keine Ahnung, warum er immer wieder bei ihm auftauchte und ihn ansprach. Sie könnten ja genauso gut einfach nebeneinanderher leben und arbeiten. Es war ja nicht so, als wenn sie viel gemeinsam hätten. Eigentlich waren sie schon extrem unterschiedlich, wenngleich da doch eine gewisse gegenseitige Sympathie zwischen ihnen bestand. Eine Sympathie, die von Dudleys Seite aus nun einmal deutlich tiefer ging, was er jedoch weiterhin zu verbergen suchte.

„Wohnungsanzeigen. Ich kann nicht ewig bei Harry und Ginny wohnen.“ Dudley zuckte mit den Schultern. Dabei fiel ihm auf, dass auch dieses Hemd bei der Bewegung leicht spannte. Er musste sich wohl nach neuen Hemden umsehen. Der ganze Sport zahlte sich doch endlich aus. Zumindest fühlte er sich auch besser und wohler in seiner Haut.

„Das ist einleuchtend. Was genau suchst du denn?“

„Was in London, nicht zu teuer. Und so gelegen, dass ich vernünftig hierher gelangen kann. Ich kann ja dummerweise nicht einfach mit einem Zauberstab wedeln und hier auftauchen.“ Er nickte mit dem Kopf in die Apparierzone hinüber, in der gerade zwei Hexen mit einem Knall landeten.

„Oh, apparieren ist ein bisschen mehr als das. Mal abgesehen davon, dass einem dabei meistens ziemlich übel wird. Aber ich verstehe, was du meinst. Du solltest dir vielleicht eine WG suchen.“

„Mhm... Die Idee ist mir auch schon gekommen.“ Dudley zuckte betont lässig mit den Schultern. „Ist nur die Frage, wer einen Muggel als Mitbewohner haben will.“ Er wandte sich von dem schwarzen Brett ab und ging in Richtung Fahrstuhl. Blaise ging neben ihm her. Beinahe automatisch fielen sie in Gleichschritt.

„Weißt du, es gibt tatsächlich Leute, denen das vollkommen egal ist.“

„Und genügend, denen es das nicht ist.“ Dudley verzog den Mund ein wenig. Leider musste er immer wieder feststellen, dass es Kolleginnen und Kollegen gab, die ihn offen oder hinter seinem Rücken als überflüssig bezeichneten oder mit noch weitaus weniger netten Begriffen bedachten. Er bemühte sich, das immer zu ignorieren, aber leicht war es nicht.

„Nun, mir ist es vollkommen egal.“ Kurz berührte Blaise ihn an der Schulter. Irritiert blickte Dudley ihn an. Was sollte das denn jetzt? Normalerweise wahrte Blaise doch immer eine gewisse Distanz. Er lächelte, er war aufgeschlossen, suchte das Gespräch, ging sogar dann und wann mit ihm gemeinsam mittags etwas Essen. Aber Blaise suchte nie körperliche Nähe. Im Gegenteil sogar. Wenn sie sich unterhielten, wahrte er immer einen gewissen Abstand, der wie mit dem Lineal ausgemessen wirkte. Bloß nicht zuviel Nähe zulassen. Genauso wie sämtliche Signale, die Dudley von ihm empfing zwar auf die Distanz immer ansprechend wirkten, aber es aus der Nähe nicht mehr waren. Verwirrend. Vor allem, wenn dann diese kurzen Blicke dazu kamen, die ihn immer ganz und gar berührten.

„Schön zu wissen. Mich kümmert es auch nicht, dass du ein Zauberer bist“, erwiderte Dudley trocken und betrat den Fahrstuhl.

„Tröstlich.“ Blaise lachte und lehnte sich lässig gegen die Wand.

„Für das eine Stockwerk machst du es dir aber sehr bequem“, stichelte Dudley weiter.

„Das liegt in meiner Natur, mein Lieber. Ich kann es mir immer und überall bequem machen. Jeder Raum gehört mir.“ Blaise grinste breit, als sie einen Augenblick später wieder aus dem Fahrstuhl ausstiegen.

„Kein bisschen eingebildet, was?“ Dudley schüttelte den Kopf.

„Nö. Ich weiß, dass ich umwerfend bin.“ Das Grinsen auf Blaises Gesicht wurde noch breiter, während Dudley die Augenbrauen hochzog.

„Klar. Niemand kann dir widerstehen.“

„Kaum jemand. Zumindest konnte es noch niemand, den ich wollte.“

„Na, dann wird es ja mal Zeit für eine Bruchlandung in der Realität.“ Demonstrativ ungläubig schüttelte Dudley den Kopf, während Blaise nur lachte.

„Vielleicht. Aber irgendwie bezweifele ich das.“

Blaise winkte über die Schulter zurück, während er Richtung seines Büros abbog und Dudley geradeaus weiterging. Ein winziges Lächeln lag auf Dudleys Lippen. Das war ja gerade fast so etwas wie ein kleiner Flirt gewesen.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  -KruemelKekschen-
2017-04-28T21:32:19+00:00 28.04.2017 23:32
Ich finde die Beziehung, die zwischen Harry und Dudley gewachsen ist einfach nur toll. Hätte das jemand vor zehn jahren gesagt hätten die beiden nur kopfschüttelnd gelacht.
Gefällt mir wirklich gut.

Und klar! Das war definitiv ein Flirt!
Dann sind wir gespannt, mit was uns die beiden noch überraschen werden :D
Von:  Traumfaengero_-
2017-04-26T22:40:06+00:00 27.04.2017 00:40
Ja, das klang verdammt nach einem kleinen Flirt! Und Blaise hat ganz eindeutig das Geschlecht uneindeutig gelassen. Na, dann bin ich sehr gespannt auf den nächsten Teil.
Das war übrigens eine schöne Erklärung von Harry!

Liebe Grüße Traumfänger


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