Leid und Liebe von Laito-Sakamaki ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Leid und Liebe Ein weiteres Jahr war vergangen. Das zweite ohne sie. Michiru blickte auf den zugefrorenen See hinaus. So kalt und erstarrt das Wasser vor ihr war, so kalt und erfroren war auch ihr Herz. Doch im Vergleich zu diesem Gewässer würde ihr Herz nicht mehr auftauen. Haruka, ihre Sonne und somit jede Wärme, war aus ihrem Leben verschwunden, gehörte nicht mehr zu ihr. Anfang vorletzten Jahres war plötzlich alles vorbei gewesen. Binnen kurzer Zeit war Haruka für immer aus ihrem Leben verschwunden. Wortlos, ohne Abschied. Nicht ganz unangekündigt, zugegeben. Zuvor hatte es eine große Krise zwischen ihnen gegeben. Die erste wirklich schlimme sogar. Aber sie hatten sich geeinigt, sich geschworen und versprochen, es gemeinsam zu schaffen. Michiru hatte daran geglaubt. Auch wenn die Angst ihre Liebste zu verlieren trotz allem blieb. Aber diese Angst hatte sie immer in sich getragen. Vom ersten gemeinsamen Tag mit Haruka an. Vom ersten Tag an hatte Michiru gespürt, daß sie beide füreinander bestimmt waren. So lange Zeit war dieses Gefühl immer da gewesen, hatte Haruka sie spüren lassen, daß sie genauso fühlte und Michirus Angst unbegründet war. Ein trauriges Lächel huschte über Michirus Lippen. Am Ende war diese Angst doch nicht unbegründet gewesen. Hauka hatte sie verlassen. Ihre Liebe zu Michiru war vergangen... Sie wollte kein gemeinsames Leben mehr. Das, was so lange unmöglich schien, war geschehen. Was über so lange Zeit und oft großer Entfernungen nichts und niemand trennen konnte, war zerbrochen. Und das nicht, durch Einfluss von Außen. Es gab genug davon. Freunde die keine waren, die versuchten die zwei auseinander zu bringen aus verschiedenen Gründen, Familienmitglieder auf beiden Seiten die von der ersten Sekunde gegen diese Beziehung waren, unglückliche Umstände die ungeplante Trennungen brachten und so viele andere kleine und größere Dinge. Nein, nichts von alledem hatte die Liebe der Beiden zerstören können. Und nichts hätte es je gekonnt! Das konnten nur sie beide selbst. Die Erinnerung an den letzten gemeinsamen Abend ließ Michiru Tränen in die Augen steigen. Es sollte alles so schön werden. Ein gemeinsames Wochenende in einer anderen Stadt, weg von allem Alltagsstreß. Ein schöner Eventabend, etwas feiern, abschalten und Spaß haben. Ausklingend in einem gemütlichem Hotelzimmer mit schönem, großem Bett. So war es gedacht und noch weiter. Es sollte ein neuer Anfang werden. Ein Leben ohne die ständigen Trennungen, ohne die dauernde Ungewissheit und ohne Angst, was als nächstes passieren könnte. Nach so vielen Jahren des Verzichtes, sollte mit diesem Abend endlich ihre Zeit beginnen. Jedoch nichtmal dieser Abend gehörte mehr ihnen... Michiru wischte sich die Tränen fort. Sie hatte an jenem Abend etwas sehr dummes getan. Ohne es zu wollen oder zu wissen warum, hatte sie Haruka verraten und enttäuscht. Sie hatte ihr Vertrauen gebrochen und sie damit sehr verletzt. Wahrscheinlich sehr viel mehr, als sie beide es damals geglaubt hatten. Am nächsten Tag war Haruka gegangen. Sie war sehr böse und kalt wie ein Eisblock. Michiru war ihr nachgelaufen. Weinend und zittern stand sie vor Haruka, die gerade in ihr Auto steigen wollte. Irgendetwas sagte ihr, daß sie die Blondine nie wiedersehen würde, wenn sie sie jetzt gehen ließ. Sie fühlte den Schmerz endgültigen Verlustes ihr Herz zerreissen. "Bitte Ruka geh nicht fort...", waren die einzigen Worte, die sie mit gebrochener Stimme hervor brachte. Sie wollte ihrer Liebsten um den Hals springen, sie für immer festhalten, aber sie fühlte, daß sie in diesem Moment nicht das Recht dazu hatte. Das Haruka allerdings gewartet hatte und sie doch nochmals anhörte, ließ Michiru etwas Hoffnung. Sie stand dicht vor Haruka, sah sie aus verweinten Augen an und zitterte am ganzen Körper. "Bitte darf ich dich wenigstens noch einmal umarmen bevor du gehst...?" fragte sie vorsichtig. Die Blondine ließ es zu, wenn Michiru ihre Zurückhaltung auch deutlich spürte. "Gib mir eine Woche", bat Haruka und löste sich aus der Umarmung, von der Michiru sich heute gar nicht mehr sicher war, ob es sie wirklich gegeben oder ob Haruka sie doch abgelehnt hatte. In Michiru keimte Hoffnung auf, die gleich wieder zerfiel. Haruka trug daran keine Schuld. Ihre Worte hatten erstaunlich weich geklungen. Eben enttäuscht und nicht wütend. Doch als Michiru sie im Wagen wegfahren sah und das Auto langsam aus ihrem Blickfeld verschwand war da wieder dieses Gefühl in ihr, daß sie sie nie wiedersehen würde... Wieder drängten Tränen in Michirus Augen. Dieses Gefühl hatte sie nicht getäuscht. Ihre schlimmste Befürchtung war grausame Realität. Michiru hatte Haruka darum gebeten sich wenigstens irgendwie kurz zu melden, wenn sie bei sich daheim ankam. Sie gab ihr die Woche gern, hätte ihr auch mehr Zeit gegeben, hatte einfach nur Angst, wenn Haruka mit soviel Wut und Enttäuschung in sich Auto fuhr. Etwas widerwillig hatte Haruka eingelenkt. Mit den Worten "danach ist mein handy dann aus" war sie ins Auto gestiegen und losgefahren. Es dauerte allerdings nur 5 Minuten bis Michiru die erste Sms erhielt. Die Stimmung der Blondine war frontal gekippt. Sie war nicht mehr enttäuscht oder einfach nur eiskalt. Sie war wütend und zornig und ließ alles raus, was sie seit dem Vorabend zurückgehalten hatte. Es hagelte böse Vorwürfe bishin zu den Worten: "Auf so eine Beziehnung kann ich verzichten!" Michiru bat sie, beim Fahren keine Kurzmitteilungen zu schreiben, denn ihre Angst Haruka könnte einen Unfall haben war größer den je. Die nächste Sms zerbrach die letzte Hoffnung in Michiru. "Bin auf der Autobahn und ehrlich? Ich hab Bock die Karre einfach irgendwo gegen zu setzen!" Michiru bettelte sie an soetwas nicht zu sagen und während des Fahrens nicht mehr zu texten. "Ist doch wahr. Dann hat die ganze Scheiße endlich ein Ende!" kam noch eine Sms, dann nichts mehr. Die Angst, Haruka könnte durch ihr aufgebrachtes Gemüt und die daraus stammende Unachtsamkeit durch einen Unfall aus ihrem Leben gerissen werden, wechselte sich mit der Angst ab, die Blondine könne nachhelfen, damit es zu einem Unfall kommt. Eine endlose halbe Stunde lang gab es nichts anderes in Michiru als Angst vor einem Verlust durch den Tod. Dann kam die erlösende Nachricht. "Bin zu Hause. Mach jetzt Handy aus." Die eine Angst wich, die nächstgrößere kehrte zurück. Harukas letzte Worte waren alle sehr böse oder mit Absicht sehr verletzend gewesen. Und sie waren deutlich. Deutlich genug für Michiru, die ihre Liebste wahrscheinlich besser kannte, als jeder andere Mensch auf dieser Welt. Haruka würde diese Woche nutzen, wieder jedes kleinste Gefühl von ihrem Verstand kontrollieren zu lassen und soviel Abstand wie möglich zwischen sich und Michiru zu bringen. Sie würde mit Gewalt gegen ihre eigenen Gefühle gehen und versuchen, ihre Liebe zu Michiru irgendwie zu töten. Und wenn die Woche dafür nicht ausreichte, dann würde sie sich die weitere Zeit die sie dazu brauchte eben einfach nehmen. Es war vorbei. Sie würde Haruka nie wiedersehen, war da wieder dieses Gefühl. Am folgenden Tag meldete Haruka sich und stellte Michiru eine Frage. Nach deren ehrlicher Antwort stellte die Blondine klar, daß ihre Beziehung damit beendet war. Michiru glaubte sterben zu müssen. Dieses Gefühl, diese schreckliche Angst war zur Realität geworden. Doch Haruka meldete sich wieder. Ein paar Stunden später und erneut nur mit Vorwürfen und Beschimpfungen, aber sie hatte doch nicht alles beendet. Am nächsten Tag gab es weitere Vorwürfe, die gegen Abend weniger wurden. Am dritten Tag schließlich schien Haruka genug Abstand zu der Sache zu haben, daß sie sich sicher war, Michiru trotz allem nicht verlieren zu wollen. Es gab keine Beschimpfungen mehr und der Umgang miteinander wurde wieder sanfter. Bereits am Abend hielt Haruka nicht mehr stand und rief an. Sie wollte Michirus Stimme hören, wollte sich ihr wieder nah fühlen, so wie es von Anfang an gewesen war. Michiru glaubte, einen Weltuntergang überlebt und eine neue Chance bekommen zu haben. Sie war so erleichtert und fühlte sich beinahe noch glücklicher als an dem Tag, an dem Haruka ihr ihre Liebe gestanden hatte. Alles würde wieder gut werden und ihre gemeinsame Zukunft würde nun endlich beginnen. So hatte Michiru damals gedacht. Eine Weile lang schien auch wirklich alles gut. Die Liebe der beiden hatte nicht gelitten, war so stark und offensichtlich wie von Anfang an. Haruka arbeitete so viel wie möglich, um ausreichend Geld für den gemeinsamen Start zu haben, während Michiru sich um Wohnung und was dazu gehört kümmerte. Jede freie Minute telefonierten die beiden, besprachen wie es weitergehen sollte und schliefen oft völlig erschöpft während des Gespräches ein. Bis Haruka immer länger arbeitete, immer öfter zu erschöpft zum Reden war und Michiru begann, sich immer einsamer zu fühlen. Schon wieder war diese Trennung voneinander länger geworden, als geplant. Anfänglich war dies mit beider Einverständnis gewesen. Es war ja zu ihren Gunsten, für ihre gemeinsame Zukunft. Je länger es aber wurde, desto deutlicher spürte Michiru die alte Schwere ihrer vergangenen Beziehungsjahre. Immer mehr kam ihr vor Augen, daß nichts sich geändert hatte und alles wieder einfach so weiterlief wie die Jahre zuvor. 40% ihrer Beziehung beruhten auf modernen Kommunikationsmitteln, 30% aus gemeinsamer Zeit und 30% aus Trennungen die keine von beiden wollte. Nur etwa ein drittel ihrer gemeinsamen Beziehung war wirkich gemeinsam... Und plötzlich war dieses Gefühl wieder da. Diese Angst, diese Gewissheit. Sie würde Haruka nie wiedersehen. Aus Angst davor drängte sie Haruka immer häufiger, endlich zu ihr zu kommen. Sie wurde energischer, je seltener die beiden miteinander sprachen. Umso häufiger gab es Streit. Und als auch kaum noch eine Sms am Tag kam, da spürte Michiru, daß sie Haruka bereits verloren hatte. Das letzte längere Telefonat zwischen den beiden sah Michiru nur noch als hilfloses Aufflackern eines letzten Hoffnungsschimmers. Beinahe 2 Stunden hatte nur sie geredet. Hatte all ihren Frust und ihre schlechte Laune bei Haruka abgeladen. Hatte sich ereifert, aufgeregt, geflucht und geschimpft. Sich beschwert und Luft gemacht über alles, was sie in den vergangenen Tagen genervt hatte. Haruka hatte nur schweigend zugehört. Ein paar Worte am Anfang des Gespräches, ein paar währenddessen und ein paar zum Schluß. "Es tat so gut deine Stimme zu hören. Ich liebe dich Michi. Schlaf gut und träum etwas Schönes." Das waren ihre Worte und sie klangen so hoffnungslos ehrlich. Ihre Stimme war so sanft und so voller Liebe und so voller Schmerz... Damals hatte Michiru geglaubt, es wäre Sehnsuchtsschmerz gewesen. Heute zog sie in Betracht, daß es Abschiedsschmerz war. Haruka wußte damals genau, daß es das letzte Mal sein würde, das es zwischen ihnen Liebe gab. Michiru starrte noch immer auf den See. Sie wollte diese Erinnerungen gar nicht. Eigentlich hatte sie mit dieser Vergangenheit abgeschlossen. Es sollte nicht noch ein drittes Jahr geben, in welchem eine Liebe ihr das Leben schwer machte, die es schon lange nicht mehr gab. Eine Liebe, die Michiru für unsterblich gehalten hatte, aber nichts auf dieser Welt ist unsterblich. In den zwei Wochen nach diesem Telefonat bekam Michiru die Blondine noch 2 oder 3 mal kurz ans Handy. Jedesmal beendete Haruka die Gespräche nach einer oder zwei Minuten und versprach zurück zu rufen. Manchmal tat sie das, um dann aber auch dieses Gespräch nach kürzester Zeit wieder zu beenden und manchmal rief sie gar nicht zurück. Ein oder zweimal rief sie auch von selbst an, beendete die Gespräche aber auch wieder nach wenigen Minuten. Nach diesen 2 Wochen war dann alles vorbei. Haruka ging nicht mehr ans Telefon, antwortete auf keine Sms, eMail oder sonst irgendetwas mehr. Sie war einfach verschwunden und blieb es für lange Zeit. Eine Zeit an die Michiru nicht mehr zurückdenken wollte. Die Hölle wäre einfacher zu ertragen gewesen, als diese Monate der Ungewissheit. Monate, aus denen schließlich Jahre wurden. Auch wenn Haruka nach längerer Pause ab und zu mal etwas von sich hören ließ, so war sie zu keiner Antwort bereit. Sie wollte kein Gespräch, weder persönlich noch auf sonst eine Art. Viel zu lange hatte Michiru um Antworten gebettelt, hatte gelitten weil sie nicht verstehen konnte warum Haruka sie nicht mehr in ihrer Nähe haben wollte. Trotz aller offener Fragen, aller ungeklärten Dinge, gemachter Fehler usw... Eine Beziehung bestand immer aus zwei Menschen und es war nie nur einer allein schuld! Für Michiru war Haruka das beste, was es in ihrem Leben je gab. Ihre gemeinsame Beziehung war die schönste Zeit in ihrem Leben. Ja, sie war nicht frei von Kummer, Nöten oder auch Leid, aber alles ließ sich einfacher ertragen durch Haruka und mit ihr. Selbst wenn es mal wieder Streit zwischen ihnen gab, weil Trennungen länger als geplant dauerten, änderte das nichts an ihrer Liebe. Für Michiru hatte sich bis heute nichts geändert, obwohl sich doch alles verändert hatte... Für sie war und blieb Haruka das beste und schönste, was es in ihrem ganzen Leben gab. Bei Haruka war das leider nicht mehr so und es war so unendlich schwer für Michiru, damit zu leben. Zu wissen, daß all die schönen Erinnerungen in Haruka nicht den Wunsch weckten, dahin zurück zu kehren. Zu wissen, daß es für sie eben nicht schön genug war, um sich dorthin zurück zu wünschen. Das Haruka mit ihr nicht wirklich glücklich gewesen war... An den Verlust und das Allein sein hatte Michiru sich gewöhnt auch wenn es sehr lange gedauert hatte. Aber die Gewissheit das genau das, was sie für das allerwertvollste in ihrem Leben empfand, für die Andere wertlos geworden und für immer gestorben war, tat auch nach so langer Zeit noch so unerträglich weh. Michirus schönste Erinnerungen, ihre glücklichsten Augenblicke, ihre gemeinsamen Augenblicke, gehörten zu den Erinnerungen, die Haruka vergessen wollte und nicht erneut erleben... Michiru wußte, daß Haruka keine Schuld daran trug, daß sie noch immer so sehr litt. Schon vor langer Zeit hatte Haruka ihr geschrieben, daß sie sie nicht mehr liebte und auch nie mehr zu ihr zurückkehren würde. Durch die tiefe Liebe, die Michiru immernoch empfand, gab sie ihr die Macht, sie zu verletzen. Auch wenn die Blondine das gar nicht wollte. Sie wollte nur einfach so in Ruhe wie möglich ihr Leben leben und wie jeder Mensch schmerzende Vergangenheit vergessen. Michirus eigene Gedanken und Gefühle waren es, die am Ende immer wieder Schmerz verursachten. Warum nur konnte sie nicht auch einfach die Vergangenheit vergessen und ihr Leben leben? Vergangeheit war vorbei und kam nie wieder. Vielleicht hatte Haruka sich wirklich einfach in eine Andere verliebt. Sie traf viele Menschen jeden Tag. Beruflich und auch privat. Am Ende hatte sie fast nur noch gearbeitet und war sogar zu müde gewesen, mit Michiru zu reden. Vielleicht hatte Michiru sich doch getäuscht, bei den letzten liebevollen Worten zwischen ihnen. Vielleicht war da schon die Andere auf dem Spielfeld und irgendwann ist es einfach passiert. Vielleicht war sie jetzt wirklich glücklicher als jemals zuvor. Warum wollte der letzte Funke Hoffnung nicht endlich sterben? Wenn Haruka sich wirklich einfach so neu verliebt hatte, dann hätte Michiru gewusst, daß sie weder der Vergangenheit nachtrauern, noch eine schmerzvolle Zukunft ohne sie fürchten mußte. Dann war es eben so. Auch wenn Haruka Michirus wahre Liebe war, mußte das ja nicht andersherum genauso sein. So war das eben im Leben. Liebe findet nicht überall Erwiederung. Und manchmal glaubt man zu lieben, bis man etwas kennenlernt, was bis dahin nie da war. Etwas, das einem deutlich zeigt, daß man bis zu diesem Moment gar nicht wußte, was Liebe wirklich ist oder sein kann... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)