Wie Phönix aus der Asche von KradNibeid ================================================================================ Kapitel 1: Wie Phönix aus der Asche ----------------------------------- Sie hätten es besser wissen sollen. Alles war damals so offensichtlich gewesen – doch sie hatten ihre Augen verschlossen, in ihrem jugendlichen Leichtsinn an den Triumph des Guten geglaubt und keinen weiteren Gedanken daran verschwendet, welche Konsequenzen aus ihrem Verhalten erwachsen würden. Ein einziger Moment, eine Fehlentscheidung – und sie hatten das Schicksal der Welt besiegelt. Doch was nützte es nun, sich darüber zu grämen. Die Vergangenheit konnte er nicht mehr ändern, und die Gegenwart war kaum mehr als ein flüchtiger Schatten aus Verzweiflung und Angst. Seine Hoffnung lag auf einer besseren, einer helleren Zukunft, und er hatte alles in die Wege geleitet, um sicher zu stellen, dass diese Zukunft auch eintreten würde. „Bist du dir wirklich sicher, dass du das tun willst? Diese Entscheidung ist immerhin ziemlich endgültig.“ „Ich bin mir sicher, glaube mir. Ich habe lange genug gezögert, und sieh nur, was ich damit angerichtet habe. Aber das ist vorbei. Meine Entscheidung steht, und ich werde die Konsequenzen tragen.“ „Das bezweifle ich ja“, und er war sich nicht sicher ob ihr trockener Ton vorwurfsvoll oder trostspendend oder beides war, „aber was du sagst ist mir Befehl. Immerhin bist du der Chef.“ Ein schwaches Lächeln schlich dich auf sein Gesicht. „Danke, Dizzi.“ Die Stimme in seinem Laptop seufzte schwer. „Bedanke dich nicht für solche Dinge, Kenny. Was wir hier tun nennt man sonst Völkermord. Dafür sollte man nicht dankbar sein.“ „Ich weiß, Dizzi, ich weiß. Aber es ist zum Wohle aller – vor der Auferstehung kommt der Tod. Wie Phönix aus der Asche, so heißt es doch immer.“ „Du erschaffst hier nur einen recht gewaltigen Haufen Asche, Chef, und alles nur wegen eines einzigen, unfreundlichen Phönix‘.“ Black Dranzer. Sie alle hatten geglaubt, dieses Monster wäre endgültig vernichtet worden; doch sie hatten sich geirrt. Die Biovolt – oder eher das, was nach all der Zeit noch von ihr übrig gewesen war – hatte den Bitchip wieder aus dem Baikalsee geholt, in dem Kai ihn versenkt hatte, und in einem einzigen Blitzkrieg war die gesamte Welt vor ihrem Heer in die Knie gegangen. Sie hatten niemals eine Chance gehabt gegen die geballte Macht eines aufstrebenden Imperators, der Hundertschaften von Cyber-Soldaten, ausgerüstet mit vollkommen übermächtigen kybernetischen Bitbeasts, in alle Länder schickte und sie mit Leichtigkeit unterjochte. Der schwarze Phönix war das Flaggschiff seiner Armada, und mit seiner Hilfe brach er den Willen aller Armeen, die sich ihm in den Weg gestellt hatten. Die wenigen, die mit Bitbeasts und anderen mächtigen Waffen an ihrer Seite rechtzeitig fliehen konnten, hatten sich in den Untergrund zurückgezogen und gegen den Tyrannen verschworen, doch auch sie waren einer nach dem anderen gefallen. Zuletzt waren nur drei von ihnen geblieben, und sie hatten beschlossen, all dem ein Ende zu bereiten. Lieber wollten sie Millionen Unschuldige sterben lassen, als Milliarden unter dem Joch des neuen Imperators zu lassen, darin waren sie sich einig geworden – er, Dizzi und Max. Leise seufzend kniete er sich nieder und strich durch Max‘ Haare, die blutig an seiner Schläfe klebten, die Augen starr ins Nichts gerichtet. „Ich bringe es zu Ende, Max, keine Sorge. Diesmal wird der schwarze Phönix nicht mehr auferstehen, denn wenn wir hier fertig sind, dann wird keine Asche mehr zurückbleiben.“ Noch einen kurzen Moment verweilte er bei seinem gefallenen Freund, dann stand er auf und stieg über den verdrehten Leichnam des Imperators hinweg, um zur Hauptkonsole des Thronsaales zu kommen. Sie hatten es geschafft, sie waren in den Palast, in das Herz des schwarzen Reiches, eingedrungen und hatten Boris getötet; Max hatte dafür mit seinem Leben gezahlt, und nun war es an ihm, Kenny, ihren Plan zu Ende zu bringen. Wenn er nun fliehen würde, dann würde sich nichts ändern. Ein anderer würde die Position des Imperators übernehmen und die Menschheit würde versklavt bleiben. Also musste er dafür sorgen, dass es keine Sklaventreiber mehr geben würde. Mit geübter Routine schloss er seinen Laptop an die Konsole an. „Hack dich in die Kommandosysteme, Dizzi“, seine Stimme war rau und kratzig, „und sobald du drin bist jag alles in die Luft. Auf dass diese böse, dunkle Welt in den gleichen Flammen stirbt aus denen sie geboren wurde.“ „Verstanden, Chef.“ Eine Weile betrachtete er schweigend die Datenströme auf dem Bildschirm des Laptops, dann wandte er sich der breiten Fensterfront zu, die hinaus auf die obszön herrlichen Gartenanlagen des Palastes blickte. Wenn er sich darauf konzentrierte, dann konnte er sich bei diesem Anblick fast vorstellen, dass die Welt noch heil war, und alles nur ein böser Traum. Fast. Wieder seufzte er leise und schloss seine Augen. „Auf Wiedersehen, Dizzi.“ „…Auf Wiedersehen, Chef.“ Ein leises Lächeln schlich sich auf seine Lippen. „Danke.“ Und die Welt verging in einem Meer aus Flammen und Tod, auf dass sich die Hoffnung aus den Trümmern zerbrochener Träume erheben würde wie ein Phönix aus der Asche. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)