Kolloquium von Khaosprinz (Deutsche Übersetzung meiner FF "Colloquy") ================================================================================ Kapitel 1: Kira & Shinn - Athrun -------------------------------- “Er hat mir ins Gesicht geschlagen, weißt du.”   “Huh?” Kira blickte von den Wellen auf und zur Seite, wo Shinn neben ihm stand, die roten Augen auf den Ozean vor ihnen fixiert.   “Athrun.”   Kira blinzelte nur als Antwort. Wovon zur Hölle sprach er? Warum sollte Athrun-   “Nach unserem Kampf. Als alles danach aussah, als sei die Archangel gesunken, und dass ich dich getötet hätte."   Kiras Mund formte ein kleines 'o' und für einen Moment sprach keiner von ihnen ein Wort. Nur das Geräusch der Wellen, die auf das Ufer vor ihnen brachen, resonierte durch die Luft. Shinn stützte seine Arme auf das Geländer vor ihm ab und verlagerte sein Gewicht auf das andere Bein, seine Augen verließen nie den Horizont. Kira war sich nicht so recht sicher, was er sagen sollte. Das Bild von Athrun, wie er jemanden schlug, schien ihm so fremd, aber das hatte auch der Gedanke, dass einer von ihnen Menschen töten würde, vor langer Zeit. Seine amethystfarbenen Augen wanderten umher bis sie schließlich auf dem Strand vor ihnen ruhten.   “Ich verstehe.”   Shinn warf ihm einen Blick zu, als ob er entscheiden musste, was er als nächstes sagte.   „Er hat mich gefragt, warum ich es getan habe. Meinte, dass du mich niemals umbringen wolltest, oder überhaupt jemanden. Auch die Archangel nicht, und dass ihr nicht unsere Feinde wärt.“   Kira gab ein kleines Nicken. Er konnte nicht gerade verneinen, dass das, was Athrun scheinbar gesagt hatte, nicht falsch war, aber er konnte auch nicht sagen, dass er Shinns Position zu diesem Zeitpunkt in gewisser Weise nicht verstand. Der Junge neben ihm hatte nicht gewusst, was wirklich zu dieser Zeit passierte, und hatte getan, was er für richtig hielt. Und wenn seine Vorgesetzten, die Menschen, denen er vertraute, dass sie das Richtige taten, weil kaum einer wusste, was wirklich hinter den Kulissen geschah, ihm gesagt hatten, dass Kira und die Archangel Feinde waren, dann war es nur logisch, dass der schwarzhaarige Junge neben ihm den Befehlen, die ihm erteilt wurden, gehorchte. Er trug es Shinn nicht nach, er war nur traurig, dass es so weit gekommen war.   „Ich hab' ihn gefragt, ob es ihm lieber gewesen wäre, mich tot zu sehen. Darauf hat er mich geschlagen.“   Bildete er sich das nur ein oder wirkte Shinn, als würde er gleich lachen? Kira blickte verwundert zu seinem jüngeren Freund.   „Zwei Leute mussten ihn zurückhalten oder er hätte es noch einmal getan. Naja, sie mussten mich auch festhalten, ich war nämlich drauf und dran, zurückzuschlagen.“   Tatsächlich, Shinn lachte leise auf, was die Ironie des ganzen nicht ganz zu verstecken vermochte. Ein winziges, schiefes Lächeln lag auf seinen Lippen, als er die Hand hob und sie an die Wange legte, die Athruns Faust vor so vielen Wochen getroffen hatte. Seine Augen huschten zu Kira, der mit einem unlesbaren Ausdruck zurückschaute.   „Rey... ist zwischen uns gegangen und hat mit Athrun gesprochen, hat versucht, ihn zur Vernunft kommen zu lassen, aber Athrun... wollte nicht zuhören. Rey hat mich weggezerrt und Athrun ist einfach davon gestürmt. Ich hab' ihn noch nie so wütend gesehen.“   Er machte eine Pause und Kira beobachtete den Anderen vorsichtig. Eine gewisse Bitterkeite war erschienen, aber er war sich nicht sicher, wohin – oder auf wen – sie sich richtete. Rot traf violett, und nach einigen langen Sekunden, wandte Shinn den Blick ab und zurück auf den Ozean, während er gleichzeitig seinen Kopf auf seiner Handfläche abstützte.   „Ich hab's kein bisschen verstanden, damals. Wenn der Captain und alle anderen davon redeten, dass du ein Feind bist, dann hätte er sich doch auch freuen sollen, dass ein starker Gegner tot war, oder? Das ist zumindest das, was ich gedacht habe.“   Shinn erinnerte sich daran, als ob es gestern gewesen wäre; der Schmerz und die Wut (und die Verzweiflung?) in Athruns Augen, als sie sich gegenüber gestanden hatten. Aber nun verstand er endlich wo diese Gefühle hergekommen waren, jetzt, wo der Krieg vorbei war. Nachdem alles ans Licht gekommen war und besonders, nachdem er gesehen hatte, wie diese beiden miteinander umgingen. Jetzt verstand er, was er beinahe jemandem angetan hatte, den er heute als seinen 'Freund' bezeichnete. Shinn wollte gar nicht erst wissen, was ihnen allen passiert wäre, hätte er es damals geschafft, Kira zu töten.   „Ich verstehe.“   Kiras Augen verließen keinen Moment lang den jungen Soldaten neben ihm. Er konnte nicht anders, als ein bisschen über das, was er gerade gehört hatte, zu lächeln, auch wenn dieses Lächeln von Bitterkeit durchzogen war. Er hasste die Tatsache, dass er Athrun solche Sorgen gemacht hatte, aber er hasste es ebenfalls, dass Athrun nicht früher in der Lage gewesen war, klar zu sehen. Er war nicht sauer auf seinen besten Freund, ganz und gar nicht, er... wünschte sich nur, dass sie schon früher nebeneinander hätten kämpfen können. Wenn er und die, die er schätzte, schon kämpfen mussten, dann wollte er neben denen, die liebte, kämpfen. Nicht gegen sie.   „Hey... kann ich dich was fragen?“   Kira schaute zu, wie Shinn sich aufrecht hinstellte und zu ihm drehte, eine Hand auf dem Geländer ruhend. Der Wind wehte durch sein schwarzes Haar, verwuschelte es. Kira legte den Kopf schief.   „Was ist denn?“   Plötzlich erfüllte das Geräusch von lachenden Kindern ihre Ohren und ihre Blicke wanderten über den Strand, auf der Suche nach der Quelle. Nicht allzu weit entfernt sahen sie Lacus und Athrun mit den Kindern des Waisenhauses von einem letzten Spaziergang vor dem Abendessen und letztlich Bett zurückkehren. Sie waren ganz aufgeregt gewesen, ihren 'Athrun-onī-chan' wiederzusehen und hatten sich direkt auf ihn geworfen und nach draußen zum Spielen gezerrt. Der arme Athrun hatte keine Chance gehabt. Kira musste ob der Erinnerung lächeln.   „Warum-“   Shinn hatte gerade begonnen, zu sprechen, als sie plötzlich Rufe vom Strand her hörten. Eines der Kinder war anscheinend auf Athruns Rücken gesprungen und klammerte sich nun an ihm fest, wodurch der Mann in dem Versuch, seine Balance zu halten, schwankte. Die Kinder schienen jedoch andere Pläne zu haben und mehr von ihnen begonnen, ihn förmlich zu belagern. Kira konnte nicht anders, als zu lachen, als sein Freund letztlich das Gleichgewicht verlor und in den Sand fiel, während die Kinder auf ihm umherkletterten. Er sah, wie Lacus sich neben dem Körperknäuel hinkiete, um anscheinend ihren ehemaligen Verlobten vor dem Ansturm zu retten, aber es hatte keinen Nutzen. Vorrübergehend ihre Unterhaltung vergessend, beobachteten sowohl Shinn als auch Kira das Spektakel. Der Haufen Menschen auf dem Sand begann, zu wackeln und sich zu rühren, und einen Moment später tauchte Athrun auf, der den Bösewicht, der dieses 'Raubzug' gestartet hatte, in seinen Händen hoch in die Luft hielt. Sie konnten ihn lachen hören, auch, als die anderen Kinder versuchten, für ihren 'gefallenen' Kameraden Rache zu nehmen. Kira konnte aus dem Augenwinkel sehen, wie Shinn den Kopf schüttelte.   „Vergiss es. Lass uns das irgendwann anders fortführen.“   Kira fragte sich, worum es wohl ging, entschied aber, seinem jungen Freund den Gefallen zu tun, als Shinn sich scheinbar selbst zunickte, die roten Augen stets auf die Szene am Strand vor ihnen gerichtet. Lacus scheuchte nun die Kinder von Athrun weg, wobei sie sie beide an einen Schäfer mit seinen Schafen erinnerte, bevor sie ihrem 'gefallenen' Freund die Hand reichte, um ihm hochzuhelfen. Kira drehte sich zu Shinn und nickte, während er eine Hand auf die Schulter des Jüngeren legte.   „Sicher.“   Sie teilten ein kleines Lächeln, bevor sie sich vom Geländer entfernten und das Gebäude betraten, um ihre heimkehrenden Freunde zu begrüßen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)