Sternchen mit Stil von Writing_League ================================================================================ Kate fühlte sich so albern, wie ein Schulmädchen vor dem ersten Kuss. Sie summte – etwas, das sie in dem Ausmaß sonst nicht mehr tat, seitdem sie Noh-Varr gesagt hatte, wohin genau er sich seine David Bowie-Schallplatten stecken konnte – den ganzen Weg vom Studio zurück nach Hause und selbst während des Zwischenstops bei Starbucks und dem Laden für Jagdausrüstung. Dabei sollte es eigentlich unmöglich sein, zwischen Hochschule, Superheldentum und Clint Barton-Sitting noch Zeit dafür zu finden, sich wie der pubertäre Teenager aufzuführen, der sie laut ihrem Führerschein nicht mehr war. Kate schaffte es trotzdem. Gut, sie hatte Billy und Teddy dafür sämtliche Banküberfälle, MGH-Dealer und Alienkatastrophen des Tages aufhalsen müssen. Zugegeben, das war nicht sonderlich fair – immerhin waren Billy und Teddy im Gegensatz zu ihr nach wie vor pubertierende Teenager. Als Gegenleistung hatte sie den Jungs versprechen müssen, ihnen das nächste Wochenende freizuschaufeln (irgendwas mit Harry Potter, fantastischen Tierwesen und Colin Farrell – Kate hatte nicht weiter nachgefragt), aber es war die Sache vollkommen wert. Hoffentlich. Nein, keine Zweifel. Für Bedenken war es ohnehin zu spät. Entschieden parkte sie ihren VW Käfer an der Straße – rückwärts, einfach, weil sie konnte. Genauso entschieden betrat sie das Haus, in dem sie ihre Wohnung hatten, ganz oben, unter dem Dach, mit Blick über die Stadt. Die Fahrt mit dem Aufzug war eine reine Tortur. Vermutlich hätte sie die Treppen nehmen sollen, einfach, um mehr tun zu können, als auf das Bedien-Panel zu starren. So aber brannten sich die Nummern der Etagen in ihre Netzhaut ein, wie schwarze Tinte. Als die Türen sich endlich wieder öffneten, kribbelte Aufregung in ihrem Bauch wie die kitschigen Schmetterlinge aus den Young Adult-Romanen, die sie offiziell nicht las. Mit fahrigen Fingern steckte sie einige Schritte später den Schlüssel ins Schloss. Aus ihrer Wohnung konnte sie dumpf den Soundtrack eines Videospiels hören, von dem sie nicht wusste, wann es in den gemeinsamen Einkaufswagen gewandert war. Sporadische Bässe dröhnten durch die Tür, die Melodie darunter träge und dissonant, so, als lauere hinter jeder Ecke ein neues Monster mit Tentakeln und zu vielen Augen- Tommy, dachte Kate finster, Billy und Teddy, wenn ich besonders viel Pech habe. Sie hoffte, dass sie sich irrte. So sehr sie ihre Superheldenkollegen auch mochte und so gern sie es auch duldete, wenn sich selbige Kollegen selbst zu PS4-Abenden bei ihnen einluden, so wenig konnte sie heute auch nur einen von ihnen gebrauchen. Einen Moment lang hielt sie inne und lauschte. Die Musik, Gitarrengeschrammel, ein ungestimmtes Piano und leises Schlagzeugtrommeln wie ein nahendes Gewitter, waren ein guter Soundtrack. Wenn nicht für das Spiel, dann für Kates aktuelle Situation. Jeder Klang unterstrich ihre Atemzüge, ließ ihre Nerven vibrieren. Da drinnen, das wusste sie, starben gerade Protagonisten-Pixel, hier draußen starb sie. Es war ihr ganz eigener, kleiner Heldentod. Doch Kate wäre nicht Kate, wäre sie nicht Genre-Savvy. Statt den Schlüssel im Schloss zu drehen, die Tür zu öffnen und sich dem absoluten Horror ihrer Abendplanung gegenüber zu sehen, zückte sie ihr Smartphone. Zwei Wischer mit dem Daumen später war sie auf Yamblr. Drei weitere Wischer später wusste sie, dass Teddy von einer Bombendrohung beim Stark-Tower bloggte (mit Live-Material von Iron Man und allem drum und dran), Tommy entweder eine Sushi-Bar oder Davids Geldbeutel in den sicheren Ruin trieb und Loki gerade Selfies schoss, mit der freien Hand in der Schnauze eines überdimensionalen Wolfs. Ugh. Zu viele Informationen, viel zu viele Informationen, aber Kate wusste, was sie wissen musste. Entschieden ließ sie das Smartphone sinken und drehte den Schlüssel. Hinter der Tür explodierte die Musik, kündete von der Ankunft des Desasters, doch der Zauber war gebrochen. Bevor sie es sich anders überlegen oder Tommy sein Sushi beenden konnte, stieß Kate die Tür auf. Schüsse mischten unter das Schlagzeug, beides ging unter spanischen Fluchsalven der einzigen Person unter, die Kate heute noch hören wollte. Ein zufriedenes Grinsen schlich sich auf ihre Lippen. Ohne zu sehr auf ihre eigene Lautstärke zu achten, trat sie in den Flur und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen. Geräuschvoll landeten ihre Sandalen im Schuhregal. Sicher wäre es leiser gegangen, doch dazu hätte Kate ihre Hände nutzen müssen und die benötigte sie bereits. Mit einem Blick in den Flurspiegel, auf den sie bei ihrem Einzug bestanden hatte, versicherte sie sich, dass ihr Haar jedes Zipfelchen der Bandage in ihrem Nacken verdeckte. Geschickt zupfte sie an ein paar der dunklen Strähnen, bis sie ihr suggestiv ins Dekolleté fielen. Im Wohnzimmer platzte ein sehr gehässiger Soundeffekt mitten in ein Bass-Solo. Stille folgte, unterbrochen nur von Schimpfwörtern, die Kate nicht verstehen musste, um zu wissen, dass sie nicht PG-13 waren. „Ich höre, du hast Zeit für mich?“, flötete sie über einen besonders saftigen Fluch hinweg, während sie ihre Nase ins Wohnzimmer steckte. Auf ihrem Ledersessel ließ America die Arme sinken. „Ich hasse Billy“, verkündete sie theatralisch. „Wie schafft er diesen Boss? Und er spielt auf Lunatic! Wenn er so weiter macht, hole ich ihn nie ein-“ Ihre Beschwerde erstickte in dem Kuss, den Kate ihr auf den Mund drückte. Sie schmeckte Chili auf den Lippen ihrer Freundin, roch ihr Duschgel, spürte ihre Finger, wie sie langsam ihre Ellenbogen hinauf glitten. Sie lösten sich erst, als der Controller, der vergessen auf Americas Schoß lag, außer Lebensgefahr war. „Wenn du gegen ihn gewinnen willst, solltest du ihn zum Armdrücken herausfordern“, schlug Kate vor, nur Millimeter von Americas Gesicht entfernt. Der Pony ihrer Freundin kitzelte über ihre Stirn. „Gesetzt den Fall“, raunte ihre Freundin und Kate hörte das verschlagene Grinsen in ihrer Stimme, ohne es zu sehen, „ich rufe ihn jetzt sofort an, Princess, erschlägst du mich dann?“ Als Antwort legte Kate ihr ihren Zeigefinger auf die Lippen. Langsam fuhr sie die Konturen ihres Mundes nach. Unter ihrer Fingerkuppe spürte sie, wie Americas Atem sich beschleunigte. Kate gönnte sich selbst ein süffisantes Lächeln. Abrupt ließ sie den Finger sinken. „Ja.“ Sie streckte sich, darauf bedacht, dass ihre Frisur nicht verrutschte. Die Arme hinter dem Kopf verschränkt, sah sie zu America auf ihrem Sessel hinab. Dieses Mal war es an Kate, verschlagen zu grinsen. „Ich fürchte, ich brauche deine Hilfe.“ America erwiderte ihren Blick, hungrig. „Wobei?“ In ihrer Stimme konnte Kate ein paar sehr einladende Vorschläge hören, die sich zu ergründen sicher lohnten, doch sie blieb bei ihrem Plan. Sie ließ die Arme sinken, um in ihre hintere Hosentasche greifen zu können. Auffordernd streckte sie America die kleine Tube Aquaphor entgegen, die sie in der Mall besorgt hatte. „Ich brauche jemanden, der die hier die nächsten Tage aufträgt. Ich komme nicht dran.“ Das … war gelogen, aber es erfüllte seinen Zweck. Einen Moment lang flackerte Sorge in Americas Gesicht auf, dann gewannen ihre natürliche Neugier und Kates gewinnbringenstes Lächeln. Beinahe ehrfürchtig nahm sie die Tube entgegen. Sie leckte sich über die Lippen. „Wohin?“ Ihre Stimme war rau – und Kate genoss es. „Sieh es dir an.“ Sie stupste America ein letztes Mal mit dem Zeigefinger gegen die Lippen, dann tänzelte sie zum Sofa. Mit mehr Enthusiasmus als Eleganz ließ sie sich darauf fallen und legte sich auf den Bauch. Das Kinn auf ihre Hand gestützt, warf sie einen auffordernden Blick über ihre Schulter. Als wenn America eine Aufforderung bräuchte. Leder quietschte, dann folgte ihr das Geräusch von Sneakern über Parkett. Der Fernseher verstummte – ein sicheres Zeichen dafür, dass sie Americas ungeteilte Aufmerksamkeit hatte. Einen Augenblick später spürte sie Americas Finger knapp oberhalb ihres Knies. „Bekomme ich einen Tipp, Princess?“ Die Frage jagte einen Schauer über Kates Rücken, einen Schauer, der mehr wollte. Sie biss sich auf die Unterlippe. Sie ließ den Arm sinken. Ihre Haare folgten der Bewegung, kitzelten dabei über die sensible Haut in ihren Ellenbeugen. Leider war America America und der Hint damit vermutlich zu subtil. „Höher“, wisperte sie, als sie einsehen musste, dass ihre Freundin auf verbale Anweisungen wartete. Diesen folgte sie jedoch ohne Umschweife. Behutsam – behutsamer, als es sonst ihre Art war – glitten ihre Finger Kates Oberschenkel hinauf. Selbst durch den Stoff ihrer Jeans spürte Kate jede Berührung. Und jede Berührung schickte neue Schauer über ihre Haut. Eine Hand auf Kates Po, hielt ihre Freundin schließlich inne. „Hier?“, fragte sie. Suggestiv ließ sie ihren Daumen kreisen, erst über die Naht der Hosentasche, dann immer tiefer- Kate stöhnte. Einen Moment lang war sie versucht, America weiter suchen zu lassen. In ihren Gedanken spürte sie bereits, wie Americas Hand höher glitt, bis hinauf zu ihrem Hosenbund, dann kalte Finger auf ihrer Haut … Ihr Mund wurde trocken. Sie schluckte. Nur die Gewissheit, dass ihr Abend dort aufhören würde, wo er gerade begann, hielt sie davon ab, der Vorstellung nachzugeben. „Warm“, entschied sie. „Oh.“ Americas Hand verweilte noch einen Moment länger auf ihrem Gesäß, sehnsüchtig, aber eine Versuchung, der Kate nicht nachgeben würde. Noch nicht. Mit einem letzten Kreisen tastete sie sich schließlich höher. Ihre Fingerkuppen erreichten den Bund der Jeans, dann ihre Haut. Die Berührung schickte eine Gänsehaut ihren Rücken hinauf. Unbeirrt tastete America weiter, ihre Finger heiße Spuren auf ihrer Haut, deren Nachhall Kate noch spürte, als ihre Freundin längst ihr Top erreicht hatte. „Wärmer“, raunte sie und unterdrückte das Bedürfnis, sich America entgegenzustrecken, um sie in die richtige Richtung zu schubsen. Mittlerweile brodelte die Nervosität in ihrem Bauch, vermischte sich dort mit der Erregung, die die suchenden Finger auf ihrem Rücken aufkochen ließen. Für einen Rückzieher war es längst zu spät. „Noch höher?“, fragte America, als ihre Finger ihre Schultern erreichten. Kate spürte ihren Atem an ihrem Ohr. „Heiß.“ Einen Moment lang hielt America inne, nur ihr Daumen ein sachtes Kreisen zwischen Kates Schulterblättern. Schließlich stoppte sie ganz. „Also hier“, wisperte America, Triumph in ihrer Stimme. Vorsichtig schob sie Kates Haare von ihren Schultern und zog leicht an dem Stoff ihres Tops, suchend. Ihr Atmen strich über die frisch entblößte Haut. Kate zitterte vor Erregung. Einen Moment noch suchte America unter ihrem Top, dann schließlich – endlich – strich sie die Haare auch aus Kates Nacken. Sie schwieg, nur ihre Finger sprachen, während sie über das medizinische Klebeband strich, das die Bandage an Ort und Stelle hielt. „Ist es das?“, fragte America, beinahe ehrfürchtig. Kate stützte sich auf ihre Unterarme, um über ihre Schulter spähen zu können. Sie gönnte sich ein selbstzufriedenes Lächeln. „Ich habe die Blicke bemerkt, mit denen du mich beobachtet hast.“ Erkenntnis flackerte in Americas Augen, als sich ihre Blicke trafen, doch da war noch etwas. Zufriedenheit. Befriedigung. Ihre Mundwinkel zuckten verräterisch. Einmal öfter fragte Kate sich, ob America ihre Zeitschriften nicht ohne Grund (abgesehen von absoluter Faulheit) herumliegen ließ. Die Seiten mit den Sternskizzen offen. America leckte sich über ihre Lippen. „Heißt das, du willst das volle Programm durchziehen?“ Kate lachte. Die Bewegung ließ ihre Haut unter Americas Fingern kribbeln. „Du weißt, dass das Asen-Slang für ‚Willst du mit mir zusammen Schwarzmärkte hochnehmen, Dämonen aus einem anderen Multiversum jagen und syrische Waisenkinder um ihre MGH-Teddys prellen?‘ ist?“ America schnaubte amüsiert. „Und ich dachte, ihr hättet miteinander geschlafen.“ „Erst danach.“ Kate biss sich auf die Unterlippe, einen Moment lang zurück zwischen Massenvernichtungsdämonen, den Drogendealern von El Paso und Pancakes. Lokis letztes Selfie flackerte vor ihrem inneren Auge, er, der Wolf, das Maul und – Kate wollte es nicht wissen. Loki war Universen weit weg und Kate brauchte ihn nicht. Nicht einmal seine Pancakes. Alles, was sie brauchte, waren America und ihre Finger auf ihrer Haut. Langsam senkte sie den Kopf, einerseits, um den Wolf aus ihren Gedanken zu vertrieben, andererseits, um America einen besseren Blick zu gewähren. „Willst du es nicht abnehmen?“ Auffordernd hob Kate die Schultern, ignorierte den leichten Schmerz, den der zusätzliche Druck verursachte. America zögerte dennoch, die Finger immer noch auf dem Hafttape. Langsam – zu langsam, für Kates Geschmack – fasste sie nach dem Tape. Ihr Fingernagel kratzte leicht über ihre Haut, doch Kate war über Zweifel längst hinweg. Ihre Freundin zog. Normalerweise hätte es weh getan, da war Kate sich sicher, doch sie spürte nur ihren Puls, der unter ihrer Haut rauschte, nur Americas Atem auf ihrer Schulter und das leichte Kitzeln ihrer Haare. Dann glitten Finger über ihren Nacken, kühler, als die verletzte Haut. Mit federleichten Berührungen fuhr America die Linien nach. Jede Bewegung, jedes Streichen, war hypnotisierend und Kate einen Augenblick lang zu beschäftigt damit, sich diesen Moment in die Erinnerung zu brennen, um klar zu denken. „Warum“, Americas Stimme war nur Zentimeter von ihrem Ohr entfernt, „stecken Pfeile in diesem Stern?“ Ihre Frage hätte den Zauber brechen können, doch Kate hatte kein Interesse, irgendetwas brechen zu lassen. Träge richtete sie sich auf, ein wenig nur. Entschieden winkelte sie den Unterschenkel an, der America am nächsten war, tastete dann mit dem nackten Fuß, bis sie Americas Oberschenkel unter ihren Zehen spürte. Allein das brachte ihr ein leises Stöhnen ein, doch das reichte Kate nicht. Sie warf einen herausfordernden Blick über ihre Schulter und strich weiter, zur Innenseite ihres Schenkels und höher, die Geste klar. Unter ihren Zehen spürte sie den verheißungsvollen Schauer, der über Americas Haut kroch. „Oh“, säuselte sie, „ich hielt sie für recht … vielsagend.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)