Memories von Chibi-Neko-Chan ================================================================================ Kapitel 3: Verhandeln --------------------- Ich sitze mit meiner Tasche im Auto und warte auf Dion, der mich ins Krankenhaus fahren will. Ich lehne meine Stirn gegen die kühle Fensterscheibe und starre unser Haus an. Ich glaube nicht daran, dass ich unsere Wohnung noch einmal sehen werde. Langsam gleitet mein Blick über das Armaturenbrett und dann auf die Uhr. Dion steigt ein und sieht mich einen Moment an. „Alles klar?“ Ich nicke lediglich. Was sollte schon sein. Er startet den Wagen und wir fahren schweigend los. „Timo. Timo Preston“, stelle ich mich an der Anmeldung vor. Mir werden Unterlagen zugeschoben, die ich ausfüllen muss. Gott sei Dank nicht so viel. So lange ist mein letzter Aufenthalt ja auch nicht her. Kurz darauf werden wir in mein Zimmer begleitet. Es ist nicht das gleiche wie damals und es ist ein Einzelzimmer. Ich lasse meine Tasche fallen und setze mich auf das Bett. Es wird mit uns also so aufhören, wie es angefangen hat, oder nicht? Kurz umspielt ein Lächeln mein Gesicht. Dion hingegen läuft wie ein Tiger auf und ab. „Wann kommt der blöde Arzt endlich? Wir müssen nochmal mit ihm reden! Das kann doch so alles nicht stimmen!“ Ich habe inzwischen aufgegeben, ihm in seine Meinung reinzureden. Jeder geht mit so etwas schließlich anders um. „Dion, setze dich bitte.“ Er sieht mich zögerlich an, ehe er sich mir gegenüber auf das Bett setzt und mich in den Arm nimmt. „Du wirst für immer mein Süßer bleiben.“ Ich lasse mich umarmen und schließe für einen Moment meine Augen. „Wie hast du damals von deiner Lungenembolie erfahren?“ Er zuckt ein wenig mit den Schultern. „Ich wurde von der Schule mit schweren Atemproblemen eingeliefert. War damals im Sportunterricht. Als ich beinahe erstickt bin. Na ja und dann wurde ich eben im Krankenhaus untersucht und schwupps. Da kam dann die Diagnose. Ich hatte zwischendurch auch schon Blut gehustet, aber das wollte ich nicht meiner Mutter erzählen. Hatte davor selber zu viel Angst.“ Ich nicke. Ich habe ihn das vorher noch nie gefragt. Warum gerade jetzt? Vielleicht erhoffe ich mir davon etwas Kraft? Für einen Moment schließe ich die Augen und lass mich von Dions kräftigen Armen umfangen, ehe ich mich von ihm löse und ihn anlächle. „Ich glaube ich werde hier ganz schön einsam sein. So ohne dich und in einem Einzelzimmer…“ Aber ehrlich gesagt habe ich inzwischen auch keine große Lust mehr, mich wieder mit jemandem anzufreunden. „Ich komme dich so oft besuchen, wie ich kann, ok?“ Dion lächelt mir zum ersten Mal aufmunternd entgegen, es befreit mich ein wenig von meinen Sorgen. „Bringst du mir meinen 3DS mit? Und ein paar Bücher!“ Daran habe ich natürlich nicht gedacht. „Alles was du brauchst, mia flor.“ Ich bekomme bei den Worten eine Gänsehaut. Das hat sich über die Jahre nicht legen können. Jedes Mal, wenn er spanisch spricht, schlägt mein Herz schneller. Als es an der Tür klopft, sehen wir beide auf. Der Arzt tritt ein, wenig Begeisterung kommt auf. „Hallo Timo.“ Ich nicke ihm zu. Er begrüßt Dion für einen Moment, ehe er sich vor uns auf einen Stuhl setzt. Es gibt nur seltene Momente, wo Ärzte sich wirklich Zeit für ihre Patienten nehmen und es sind immer schlechte Nachrichten, die damit übereinkommen. „Wann untersuchen Sie ihn nochmal?“, fragt Dion direkt nach, bevor der Arzt sich auch nur äußern kann. Dr. Johnson sieht kurz verwirrt zu Dion, dann zu mir. Ich sehe ihn nur bittend an und schüttele unbemerkt den Kopf. Er soll nicht fragen, er soll antworten. „Wir werden heute Nachmittag die Tests durchführen“, wendet Dr. Johnson sich an Dion. „Danach werden wir… genaueres wissen. Aber Ihnen ist bewusst, dass Timo auf alle Fälle-“ Ich räuspere mich. „Ich weiß, ich muss länger hier bleiben, aber das haben wir schon geklärt“, erläutere ich mit einem Lächeln. Dions Finger verschränken sich mit meinen. „Ich kann aber bis heute Abend bleiben, oder?“ Wir bekommen die Erlaubnis und der Arzt verabschiedet sich kurz danach wieder. Ich seufze leise. Wie wird Dion reagieren, wenn er die Ergebnisse selber sieht? Dann muss es in seinem Hirn doch ankommen? Aber wird es dann nicht direkt noch schlimmer, als es bisher schon ist? Ich setze mich mit Dion auf das Bett und kuschele mich an ihn. „Man, jetzt muss ich wieder den Krankenhausfraß essen“, versuche ich die Situation etwas aufzulockern. Dion brummt nur leise. „Ich bringe dir so oft Essen mit, wie ich kann. Das verspreche ich.“ Ich möchte nicht, dass er mir Sachen verspricht. Nicht, weil er sie nicht halten kann, aber weil er sich nur noch mehr Vorwürfe macht, wenn er sie nicht mehr erfüllen kann, sollte ich doch früh sterben. „Hey Timo?“ „Hmh?“ „Wenn du wieder rauskommst aus dem Krankenhaus… Dann fahren wir zum Strand, ok?“ Ich muss ein wenig lächeln und nicke langsam. „Ja, das sollten wir machen.“ Ich darf nicht wieder weinen. Wenn ich weine, dann verliert Dion nur immer mehr den Mut und das darf nicht passieren. „Die Ärzte werden bestimmt noch feststellen, dass es ein Fehler war. Und dass es alles nur halb so wild ist. Bestimmt nur irgendein falscher Fleck gewesen. Nichts Weltbewegendes.“ Ich antworte darauf nicht. Dion soll sich keine blinden Hoffnungen machen. Er muss es verstehen. Er muss es akzeptieren. Sonst wird es ihn am Ende noch mitumbringen. „Sollte es dir jemals schlecht gehen, Dion, solltest du jemals wieder Blut spucken oder Atembeschwerden haben, versprich mir, dass du sofort zum Arzt gehst.“ Ich sehe ihn ernst an. „Klar, sonst schickst du mich ja“, scherzt er. Ich sehe ihn mahnend an. Dion nickt langsam und lässt sich mit mir auf die Matratze fallen. „Ich liebe dich, Timo. Und ich verspreche dir, dass ich nie jemand anderen lieben werde.“ Ich muss schlucken. Genau das ist es, was mir am meisten Sorgen bereitet. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)