Lieben und geliebt werden von Saph_ira ================================================================================ Epilog: Epilog -------------- „...und deswegen ist Oscar in die Normandie zu ihren Eltern gegangen. Die Meeresluft hatte ihr schon immer gut getan.“, beendete André seine Erzählung und schaute wieder auf den Ehering an seinem Finger. Um ihn herum hatte sich schon eine kleine Kinderschar versammelt, um die Geschichte zu hören und auch deren Mutter hatte sich zu ihnen gesellt. Erneut strich sich Diane ihre Haarsträhne hinters Ohr und wieder blitzte der Ehering durch das einfallende Sonnenlicht auf. Die letzten Kapitel von Andrés Erzählung waren ihr nicht geheuer, denn sie war damals schon zum zweiten Mal dem Tode entkommen... Aber mit einem Blick auf ihre Kinder beruhigte sich ihr Gemüt und ließ die schreckliche Vergangenheit in den Hintergrund rücken. Ihre Kinder, ihr Mann, ihr Bruder und alle anderen waren ihre Lebensfreude und daran hielt sie sich.   „Willst du nicht Oscar besuchen?“, fragte Bernard seinen Freund nach und erklärte sogleich lächelnd: „Ich will gleich in die Normandie aufbrechen, um meine Frau und unsere Söhne abzuholen.“   André wollte etwas erwidern, aber da ging das Haustor auf und zwei Männer kamen herein. „Was geht hier denn vor?“, wunderte sich einer von ihnen mit dem roten Halstuch.   „Vater erzählt gerade über Mutter, Alain.“, erklärte der vierzehnjährige Oskar und schaute wieder seinen Vater an. Seine blauen Augen schimmerten und sein blondes, kurzes Haar leuchtete bei dem einfallenden Sonnenlicht.   „Ach, deshalb ist es heute so ruhig!“, kommentierte der andere Mann an Alains Seite. Er ging zu den kleinen Kindern und beim Vorbeigehen zerzauste er jedem einzeln die Haare als Begrüßung.   Diane erhob sich und ihre Augen leuchteten verzückt. „Gilbert!“ Kaum dass er bei ihr ankam, hing sie ihm schon um den Hals. „Es war so eine rührende Geschichte!“   Gilbert küsste sie flüchtig auf den Mund. Er hatte so eine Ahnung, um was es in der Geschichte ging und hoffte nur, dass André den schlimmeren Teil nicht erwähnt hatte. Er ließ seine Frau los und warf einen Blick auf André. Dieser nickte ihm nur zum Gruß zu und in seinem trübsinnigen Gesicht war nur diese Sehnsucht nach seiner Frau abzulesen. „Ich spiele mit dem Gedanken, mit Bernard gleich aufzubrechen. Er will seine Rosalie und seine Kinder in der Normandie abholen.“, sagte er dabei schwer seufzend.   „An deiner Stelle würde ich nicht überlegen, sondern gleich losrennen.“ Alain zwinkerte ihm zu und klopfte freundschaftlich dem Jungen auf die Schulter. „Du willst sicherlich deine Mutter auch sehen, Kumpel?!“   „Ja, Alain!“ Oskar lächelte kaum merklich. „Und auch Andrée.“   „Und wer wird sich um das Haus und um die anderen Sachen kümmern?“, wand André fraglich ein. „Ich kann doch hier nicht alles stehen und liegen lassen! Das würde auch Oscar nicht wollen...“   „Dafür hast du aber uns, Kumpel!“ meinte Alain und klopfte nun auch ihm die Schulter. „Mein Schwager und ich werden schon hier für Ordnung sorgen! Zumal sind die großen Geschäfte bereits vor drei Monaten erledigt und das Saatgut gesät. Im Sommer werden die Menschen ein paar Wochen auch ohne euch auskommen können und mit mir und Gilbert als Stellvertretender vorlieb nehmen müssen.“   „Wenn du meinst, Alain...“, seufzte André noch schwermütiger. Er wollte Oscar von ganzem Herzen sehen, aber er wusste nicht, wie sie auf seinen Besuch reagieren würde...       - - -           „...und deswegen musste ich in die Normandie gehen.“, beendete Oscar ihre Erzählung und hob ihre Hand. Sie beschaute den Ehering an ihrem Finger und ihr Herz zog sich schmerzlich zusammen. „Ich muss zugeben, er fehlt mir...“   „Mir auch...“, seufzte ihre vierzehnjährige Tochter neben ihr und sah zu ihr. „Sowie auch Oskar...“   „Andrée...“ Oscar blieb unvermittelt stehen und bewog damit die zwei anderen es ihr gleich zu tun. Sie sah in die grünen Augen ihrer Tochter und musste noch mehr an André denken. Das dunkelbraune Haar hatte sie auch von ihm. „Du weißt doch, dass es zurzeit nicht möglich ist...“   „Ja, Mutter...“ Das Mädchen senkte trüb ihren Kopf. Auch wenn es ihr in der Normandie gefiel und es ihr bei den Großeltern gut ging, hatte sie trotzdem hin und wieder die Sehnsucht nach dem getrauten Heim und all diejenigen, die sie dort kannte und liebte.   „Mama! Mama!“ Zwei kleinen Knaben preschten zu ihnen entgegen und riefen durcheinander zu Rosalie: „Da kommt jemand zu uns!“ Sie zeigten aufgeregt in die Ferne mit ihren Fingern und ihre Mutter folgte ihnen mit ihren Blick. „Lady Oscar!“ Rosalie musste ihren Söhnen recht geben und machte alle beide auf einen Punkt in der Ferne aufmerksam: „Da kommt wirklich ein Reiter!“   Oscar und Andrée sahen gleichzeitig in die hingewiesene Richtung hin. In der Tat bewegte sich ein Reiter auf einem Pferd auf sie zu. Im gestreckten Galopp erreichte er sie schnell und hielt erst direkt vor ihnen an. „Lady Oscar.“, schnaufte er außer Puste, als wäre er zusammen mit dem Pferd um die Wette gerannt.   Oscar war sogleich auf der Hut und runzelte die Stirn. „Ist etwas passiert, Girodel?“, forschte sie in einem sachlichen Ton nach, obwohl ihr Herz immer aufgeregter schlug und ihr Blut immer wärmer durch die Adern floss.   „Ihr habt Besuch.“ Girodel wirkte nicht gerade erfreulich, aber auch nicht besorgt.   Oscar dagegen staunte und ihr Herz drohte endgültig aus dem Brustkorb zu springen. Wer mochte es noch sein? Jedoch bewahrte sie äußerlich Ruhe und Gelassenheit. „Deshalb seid Ihr hierher geritten, um mir das mitzuteilen?“   „Nein, Lady Oscar“, erwiderte Victor freundlich und höflich. „Ich wollte mich von Euch verabschieden. Ich muss wieder zu mir nach Hause. Lebt wohl, Lady Oscar. Es war schön, Euch wieder gesund zu sehen.“   „Danke, Graf.“ Oscar bekam so eine Ahnung... „Lebt Wohl und gebt auf Euch acht.“   „Das werde ich, Lady Oscar.“ Girodel verneigte sich im Sattel, gab seinem Pferd die Sporen und ritt davon.   Oscar eilte gleich darauf mit Rosalie, den beiden Jungen und Andrée zu dem Haus zurück. Ihre Eltern saßen noch immer beim Tee und Gebäck im Garten und zwar mit dem Besuch, den Girodel gerade eben erwähnt hatte. Zwei Männer und ein Knabe unterhielten sich am Tisch. Oscar blieb mitten auf dem Weg stehen und riss überrascht die Augen auf. „André...“ Sie hatte es ja geahnt! Sie wollte sich nur überzeugen und nun bewahrheitete sich das! Ihre Gefühle überschlugen sich, ihr Herz stand in Flammen und die tiefe Sehnsucht schien nun endlich gestillt zu sein!   André hörte ihre Stimme und sah zu ihr. Beherrscht erhob er sich von seinem Platz und machte langsame Schritte auf sie zu. Er musterte sie dabei ausgiebig und sein Herz verlangte, zu ihr zu rennen, sie in seine Arme zu schließen und sie nie mehr wieder loszulassen. „Oscar...“ Andrerseits wollte er nicht überstürzt sein und sie womöglich auch noch mit seinem Verhalten verärgern.   Oscar jedoch bewegte ihre Füße. Schritt für Schritt, erst zögerlich, aber dann rannte sie. André breitete seine Arme aus, seine grünen Augen erzeugten ein magisches Leuchten und seine Mundwinkel zogen sich immer mehr nach oben. Wie sie das vermisst hatte! Wie sehr sie ihn all die Monate vermisst hatte! „André!“ Oscar fiel direkt in seine Arme, er schloss sie fest an sich und ihre Herzen füllten sich endlich mit der Wärme der Liebe und Geborgenheit.   Wie eine heftige Flutwelle trafen sie sich aufeinander und genossen die tiefe Umarmung. Der darauffolgende, leidenschaftliche Kuss besiegelte anschließend ihr Wiedersehen und als sie sich voneinander lösten, war das Freudenstrahlen in ihren Gesichtern nicht zu übersehen. „Meine geliebte Oscar...“ Seine Unsicherheit war zerstreut, seine Frau machte ihm keine Vorenthaltung und sie sah nicht mehr so krank aus. „Du siehst wesentlich besser aus, als vor unseren Trennung.“, ergänzte er und Oscar berichtete ihm mit dem Glanz des neuen Lebens, wie es ihr wirklich ging: „So fühle ich mich auch. Der Bluthusten ist wieder weg und in den Lungen ist auch kein Brennen mehr. Ich vermute, in ein oder zwei Wochen kann ich wieder nachhause kommen.“     Nicht weit von ihnen am Tisch schüttelte General Jarjayes schmunzelnd den Kopf. „Nicht einmal drei Monate können sie ohne einander aushalten. Und dabei sind sie eigentlich schon seit Kindesbeinen an zusammen.“   „Das nennt man Liebe, mein Gemahl.“, sagte Emilie Jarjayes und betrachtete verzückt ihre Tochter und ihren Schwiegersohn. Diese begrüßten gerade ihre Kinder mit freudiger Umarmung und begaben sich dann mit ihnen und den anderen zurück an den Tisch. Ja, das nannte man Liebe... Eine reine, aufrichtige und bedingungslose Liebe, die schon seit ihrer gemeinsamen Kindheit währte, die in ihnen lange Jahre schlummerte, sich dann entfaltete und nun in voller Blüte stand. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)