Perfect little liars von Melora (wie wir waren und wie wir immer sein werden) ================================================================================ Kapitel 4: Vorspiele -------------------- Nicht nur das Fieber, welche die Sommerhitze mit sich brachte, kostete Diego und Lolita den erholsamen Schönheitsschlaf. Auch die Hitze ihre Liebe quälte sie des Nachts. Sie trafen sich des tags wie gewohnt in der Stadt. Die glühende Hitze um sie herum. Beide waren mehr als vorsichtig, sich keine verliebten Blicke zuzuwerfen, jene Blicke, die Lolita Zorro stets zugeworfen hatte. Es wäre einfach zu riskant und mit ihnen war die Angst, entdeckt und entlarvt zu werden, in ihrer stillen Verbindung wussten jedoch beide, dass sie dem jeweilig anderen gehörten. Diesem Vorhaben zum Trotz, ein jedes Mal, wenn der Vorhang des Tages gefallen war, kamen sie zu ihrem eigentlichen Verhalten zurück, welches sie sie des Nachts einläuteten. Der Vorhang war gefallen und ihre Show vorüber, sobald der Tag endete und sie sich unentdeckt und heimlich auf Pfaden bewegten, die weniger besucht waren. Es war jedoch ziemlich ungezogen von einer jungen Senorita alleine des Nachts mit einem Mann spazieren zu gehen, und oh Gott bewahrte, das Pferd mit ihm zu teilen. Und doch war es genau so. Sie hielt die Zügel, saß gepresst an seinen Schoß auf dem Pferd und seine Hände hielten sie in einer engen Umarmung. Sie ritten, ohne großartig nachzudenken durch Wälder und Tal. Entlang der Felder und Wiesen, bis sie so erschöpft waren, dass sie die kühle Nachtluft benötigen, um wieder Luft zu bekommen. Der streichelnde Wind, der sanft ihr Gesicht passierte, beruhigte ihre erhitzten Gemüter und linderte das Fieber, was sie beide so stark befallen hatte. Es war ganz und gar nicht Diegos Art, so dachte sie, so schnell schlapp zu machen, doch schnappte er ziemlich hektisch nach Luft und brauchte wohl die Pause, also stieg er ab und sie wäre gerne in seine Arme gesprungen, auf direktem Wege vom Pferd hinein in dieses Vergnügen. Doch sie wusste, die kleinste dumme Bewegung wäre fatal gewesen, so wusste sie noch immer, dass ihr Liebster verletzt war. Also stieg sie ganz langsam vom Pferd, ließ sich hinabgleiten, zu ihm. Obwohl sie nahe bei ihm war, berührten sich ihre Körper kaum. „Hui“, meinte sie und fächerte sich Luft mit der hand zu. „Das war ein aufregender Ritt, so wie früher, Diego.“ Ja, es erinnerte sie an jene Tage, als sie noch jung und wild gewesen waren. Zum Trotz ihrer Eltern immer zusammen waren. Obwohl es sich für eine junge Dame nicht schickte, mit ihrem besten Freund irgendwelche Abenteuer zu bestreiten. Dabei war es nur von Vorteil, sich einen noblen jungen Mann warm zu halten, den man später mal heiraten konnte. Lolita wusste schon damals ganz genau, dass sie ihren Helden aus Kindertagen heiraten wollte. Während seiner Abwesenheit hatte sie ihren Vater um geduld gebeten. Auf seine Rückkehr zu warten, bevor er entschied, welcher Kandidat für sie bestimmt sein sollte. Und er hatte den Wunsch seiner Tochter akzeptiert, zumal die de la Vegas ein hohes Ansehen genossen, das höchste wahrscheinlich in Kalifornien. Es war also eine sehr weise Entscheidung, die keinerlei Widerstand vermochte. Dass er als fauler Taugenichts wiederkehren würde, konnte sie ja nicht ahnen. Und das alles nur, um die Armee hinters Licht zu führen. Aber Lolita sah schnell ein, dass dieses Verhalten klug gewesen war… So war Diego kaum da, dass dieser Gabriel ihn zum Duell forderte, auf Leben und Tod. Eine schreckliche Erkenntnis, die sie auch jetzt wieder beschlich. Dieser Mann war gefährlicher als es den Anschein machte. Gefährlich für sie beide. Er durfte niemals von ihren Gefühlen zueinander erfahren, was sich als schwierig erweisen würde, sobald Diego offiziell ihr einen Heiratsantrag machte, den sie so ungern ausschlagen wollte. Es war ihr Los, dann seine wenig romantischen Avancen zu akzeptieren, aus Pflichtgefühl. Obwohl sie viel lieber ihre stillen Sehnsüchte mit ihm teilen wollte und sie in die Welt am liebsten hinausgeschrieen hätte. So begab sie sich in dieser stillen und ruhigen Nacht vorsichtig in seine Arme und bettete ihren Kopf an seiner Brust. Er hielt sie, stumm mit Worten, aber so gesprächig in seinen Taten, als sich seine Arme so fest um ihren Körper schlangen, wusste sie, ihn quälte die gleiche Sehnsucht, die sie nachts nicht mehr schlafen ließ. Obwohl es bloß eine Umarmung war, die ihre geteilten Sehnsüchte niemals stillen konnte, war es ein kleines bisschen tröstend. Sie wusste nicht mehr, wie lange sie sich von ihm so halten ließ, denn sie wollte am liebsten nie mehr aus seinen Armen entweichen. Er lehnte an einem Pferde-Zaun, hatte ihr gemeinsames Pferd festgebunden, um ganz auf sie fixiert zu sein. Neben ihnen fraß das braune Ross vom Gras um sie herum. „Deine Eltern werden sich sorgen, wenn du nicht zeitig nach Hause kommst, Lolita.“ Dabei klang seine Stimme ein wenig traurig, aber er wusste um seine Pflicht, sie bald nachhause zu bringen. Und sich für die späte Stunde zu entschuldigen. Und doch wusste er, es war okay. Oder würde okay sein. Ihre Eltern wünschten sich, dass ihre Tochter vernünftig wurde und endlich ja zu dieser Heirat sagte. Sie billigten dieses Verhalten also nicht nur und würden es mehr begrüßen. Sie hatten schon so manches Mal versucht, Diego in eine Falle zu locken. Wenn etwas passiert wäre, hätten sie wohl eher vor Freude gejubelt, statt ihn zu rügen. Dennoch schickte es sich nicht, doch das war Doña Pulido ziemlich einerlei, solange die Heirat dann stattfand. Und sei es wegen der unglücklichen Umstände, dass Diego nun einmal Lolita liebte und sich nicht mehr zügeln konnte. Er wusste um diese Pläne, doch er plante seine Liaison nicht mit einer Schande oder irgendwelcher Unehre zu beginnen. Sein Abenteuerliches Verhalten hatte er in Spanien zurückgelassen. Dort hatte er so manche Schandtat begangen. Also als wirklich sündlos konnte man ihn nicht mehr bezeichnen. Er war ganz ein Mann, in jeder Hinsicht. Hätte er gewollt, so fragte er sich, wäre er wohl erfolgreich gewesen? Lolita pflegte ja stets zutun, was sie sich wünschte und sei es noch so schändlich und ungehörig. Sie war ein unartiges Mädchen, schon so oft, aber sie hatte sich dennoch alles bewahrt, was ein Mädchen sich bewahren sollte. Vor allem war ihr herz unbefleckt von jeglichem Tadel. Jene Tugenden, die auch sein Vater schätzte, sie besaß sie alle in großem Umfang. Das ehrte sie. Obwohl viele sie verurteilten, gerade wegen ihrer unziemlichen Zuneigung zu Zorro, hielt sie noch immer ihr Haupt aufrecht. Die jungen Damen von edler Herkunft, die sich über sie das Maul zerrissen, seit ihre Familie so tief gefallen war, sie interessierten Diego herzlich wenig. Er würde ihr immer nahe sein, egal wie. Das hatte er sich geschworen damals. Immer zu ihr zu halten, was auch immer geschah. Er hielt sich sichtbar zurück, auch jetzt noch. Er wollte keine Schande über sie bringen, dennoch spürte er diese Sehnsucht, mit der sie sich an ihn gedrückt hatte. Dieser Blick, mit dem sie ihn bedachte, als sie an ihm hinauf schaute und ihre Augen sich trafen. Und dies traf ihn ziemlich hart, seine Augen verrieten all die Gedanken, die er bis jetzt ihr gegenüber gehabt hatte. „Dann sorgen sie sich eben ein bisschen darum, dass ich mit Zorro davon gelaufen bin… So ganz unwahr ist das ja auch nicht, oder, Diego??“ Ihre Stimme klang verspielt und anscheinend wollte sie tatsächlich nun mit ihm flirten. Der Blondschopf drückte ihr seinen Finger sanft auf die Lippen, um sie zum Schweigen zu bringen. „Bitte, drücke es doch nicht so aus, dann würde ich mich ja gar schrecklich fühlen, solch eine Schandtat ist unverzeihlich.“ Diego merkte, wie er in dieses Verhalten hinein rutschte. Als er sich so poetisch auszudrücken pflegte, merkte sie, dass ihm Poesie und all das feminine Zeug durchaus ein Begriff waren. Dass er sich nicht nur für langweilige Männer-Literatur begeisterte, sondern durchaus Bücher las, die wohl eher für das weibliche Geschlecht bestimmt waren. Anders konnte es auch nicht sein, denn Zorro wusste stets die perfekten Worten zu wählen, um ihr zu schmeicheln. Ganz anders als Diego die ganze Zeit über, der vorgegeben hatte, nichts von Frauen zu verstehen. Nicht einmal ein Kompliment hatte er bisher verkündet. „Anscheinend hast du doch einen Sinn für Romantik. Bisher hast du dir deine Sinnlichkeit immer nur für deine Maskerade bewahrt. Wieso? Was wäre so schlimm daran gewesen, ein wenig liebevoll zu sein? Hattest du tatsächlich Angst, dass ich eins und eins zusammen zähle und dein Geheimnis entdecke?“ flüsterte sie in einem zwar verständnisvollen, aber auch ungläubigen Ton. „Lass mich doch an deinen Gedanken teilhaben, so wie es früher immer gewesen ist… Hast du nun so ein großes Problem, deine wahren Gefühle zu offenbaren. Glaub mir Diego, bei mir sind sie sicher. Ich würde lieber sterben, als dich jemals zu verraten.“ Das war nicht das Problem, er wusste, dass er ihr vertrauen konnte. Er hatte sich nicht dazu entschieden, faul, dumm und nutzlos zu sein, weil er ihr nicht vertraute. „So ist es nicht…“, fing er an und fuhr dabei sachte entlang ihrer Wange. „…ich wollte auf keinen Fall, dass du dich in mich verliebst. Das wäre gefährlich gewesen“, verriet Diego dann und lächelte sie dabei traurig an. „Zorro sollte man nicht lieben, das wollte ich nicht. Und weil er nun einmal ein Teil von mir ist, dachte ich, eine Hochzeit wäre das Schlimmste, was mir widerfahren könnte. Ich müsste meine Ehefrau in Gefahr bringen, das wollte ich nicht. Ebenso wenig wie meinen lieben Vater. Ich wollte NIEMANDEN in Gefahr bringen. Und du weißt doch, dass die Armee jeden bestraft, der mit einem Rebellen in Kontakt steht. Erinner dich doch nur an den alten Paul… sie wollten ihn hängen, nur weil er einem Aufmüpfigen half… Solche Nichtigkeiten reichen ihnen bereits aus… Es ist nur Gabriels Zuneigung dir gegenüber zu verdanken, dass er bisher nichts unternommen hat. Du bist wie ein offenes Buch mit deinen Gefühlen für diesen Banditen… Ich war ziemlich froh, als du begonnen hast, dich etwas davon zu erholen, was ich dir angetan habe.“ Diego fühlte sich schuldig, denn sein unbewusstes ihr Annähern hatte sie im Grunde am meisten in Gefahr gebracht. Sie musste sich ja in ihn verlieben. Leider war er zu schwach, um diese Gefühle gänzlich abwehren zu können. Sie hatten ihn mitgerissen, wie ein tosender Sturm auf dem weiten Meer. „Angetan? Was hast du mir angetan?“ Lolita war bestürzt, denn ihr würde nichts einfallen, was schlimm genug war, um von ANTUN zu sprechen. „Den Kuss, den ich dir gestohlen habe. Der hat mehr angerichtet, als ich wollte…“ Er selbst war von Sinnen, man konnte es nicht direkt Eifersucht nennen. Diego wollte sie beschützen, doch er konnte nicht. Weil er sich als Feigling ausgegeben hatte, musste er als Zorro kommen. Denn er konnte einfach nicht zulassen, dass ein aalglatter Kerl wie Gabriel ihr so etwas Wichtiges raubte. Nur dieser eine Kuss war es gewesen, der einzig schwache Moment. „Ich bin schwach gewesen.“ „Unsinn, du warst sogar sehr tapfer“, korrigierte sie ihn. „Du hast der Armee deine wahren Gefühle auf dem Silbertablett serviert und das war zwar sehr töricht von dir, aber gleichzeitig so mutig, dass es mir imponierte.“ Sie lächelte, allerdings war dieses Lächeln äußerst traurig. „Meinetwegen bist du in so viele Gefahren gerannt. Nur wegen mir… Sie nahmen mich gefangen, nur um dich anzulocken. Meinst du, das weiß ich nicht? Und ich fühle mich schuldig deswegen. Daher habe ich mich entschlossen, meine Gefühle ruhen zulassen, bis zu dem Tag, an dem ich sie dir offenbaren kann. Der Tag, an dem die Maske fällt. Aber Zeit mit Diego zu verbringen, war aufbauend. Sein erfrischendes Gemüt, hat meine Welt erhellt, in dieser tiefsten Dunkelheit. Daraus schöpfte ich Hoffnung, dass diese Welt irgendwann eine bessere sein wird… Es gab mir Mut, um auf den rechten Zeitpunkt zu warten. Aber keine Frau kann ewig warten, das wusste ich. Manchmal dachte ich wirklich, dass du eine Chance verdient hast. Ich wusste dich immer als meinen guten Freund zu schätzen und wünschte mir, dass du der Mann meiner Träume sein könntest. Und der warst du letztendlich dann ja auch.“ Erneut drückte sie ihren Körper gegen seinen und umschlang ihn, ohne ihn dabei zu sehr zu quetschen, immerhin hatte er eine Schussverletzung, die bei weitem noch nicht komplett verheilt war. „Aber glaub ja nicht, Diego, dass ich einfältig bin!“ Ihre Hände griffen jetzt zu seinen Wangen und packten sie fest, sie hielt ihn, das Gesicht direkt auf ihres gerichtet, mit den Augen in seine eindringend, forschend. Seine blauen Augen, die kein Mensch jemals vergessen konnte, wenn er einmal in diese Augen gesehen hatte. „Tief in mir wusste ich es bereits… Und ich wartete nur darauf, dass du es mir sagst. Aber du hast geschwiegen… Immerzu… Denn… es gab einen Moment, in dem es mir vergönnt war, dir tief in die Augen zu sehen. Deine Augen können nicht lügen…“ Sie hatte die ganze Zeit gehofft, gebetet und gewartet. All die Zeit. Aber sie hatte akzeptiert, dass die Zeit noch nicht gekommen war. „Kam es dir nicht spanisch vor, Diego, als ich mich plötzlich entschlossen hatte, nachzugeben? Warst du nicht misstrauisch? Nachdem ich dich öffentlich so bloß gestellt hatte… Nachdem ich es am Strand beim Rodeo so lautstark rumgebrüllt hatte, dich niemals heiraten zu können, sondern nur Zorro? Glaubst du denn ernsthaft, dass man mich zu irgendetwas drängen kann? Du musst mich nun wirklich besser kennen… Eine Weile war ich ziemlich gekränkt und beleidigt, dass ausgerechnet du mich abgewiesen hast. Und was führte bei dir diese Sinneswandlung herbei, zusammen mit deinem Vater am Ende doch deine Aufwartung bei uns zu machen? Du hast auf jegliches Vergnügen und deine Freiheit verzichtet, als du dich bereit erklärtest, dich mit mir zu verloben.“ „Lass es mich so ausdrücken, deine süßen Lippen haben mich dazu verführt, meine Entscheidung zu überdenken. Denn eigentlich wollte ich dich auf keinen Fall in irgendetwas hineinziehen. Wie ich sagte, ich war schwach… und dieser Versuchung zu widerstehen, war mir nicht gegönnt. Ich wollte dich nicht an… Zorro, den Geächteten verlieren. Das wäre furchtbar gewesen. Also habe ich all meine aristokratischen Vorteile ausgenutzt, um dich an mich binden zu können. Um dann an deiner Seite zu sein, wenn Zorro für immer verschwindet… Um dich dann über dein gebrochenes Herz hinwegzutrösten… als dein Mann. Außerdem, so konnte ich die ganze Zeit mit dir zusammen sein, ohne dass die Leute schlecht von dir dachten. Immerhin musste ich ja deine Ehre wenigstens teilweise wieder herstellen.“ Nach diesem Kuss auf der Plaza. Für welchen Raymond ihn am Ende erschießen wollte, dabei hatte er ihn in einem ehrenwerten Kampf gewonnen. Lolita war sehr beeindruckt. Diego hatte so viel Mut und Selbstvertrauen, dass er nicht einmal in Erwägung gezogen hatte, vielleicht in seinem Kampf zu sterben. Sie hingegen hatte sehr wohl Angst um ihn gehabt. Er war so viel stärker als sie, aber dieser Tatsache verschloss sie sich gerne. Alles hatte er genaustes durchdacht. Wenn Zorro für immer verschwand, hatte er gesagt… also hatte er niemals vor, seine Maske fallen zu lassen, um sein wahres Gesicht ihr zu offenbaren. Nun musste sie sich noch mehr darüber freuen, auch wenn die Umstände mehr als nur bescheiden gewesen waren, die dazu geführt hatten, dass sie sein Geheimnis jetzt doch kannte. „Meine Ehre ist mir egal, Diego. Solche Dinge zählen für mich schon lange nicht mehr… Unsere Familie wurde bereits entehrt und gedemütigt. Edelmut begegnet man kaum noch in dieser Welt. Diese Welt voller Korruption und Intrigen. Dass man sie fast nicht mehr ertragen kann. Mit dir ist diese Welt wenigstens ein bisschen erträglich… Manchmal war ich ziemlich verloren und einsam. Keine Señorita gibt sich mit einer verarmten Adeligen ab. Aber ich vermisse nichts davon… Man begegnet nirgends so viel Verlogenheit wie in der Welt der Adeligen. Das weißt du selbst nur zu genau…“ Sie erinnerte sich noch ganz genau, als sie neben Diego stand als seine sehr gute Freundin. Und ihr gemeinsamer Freund Lapaz zurück aus Spanien die Willkommensfeier feierte. Wie herablassend seine Mutter von Diego gesprochen hatte. Selbst ihr Vater war beeindruckt davon und schlug seiner Tochter gleich darauf vor, dass sie sich ja mit Lapaz verloben konnte, wenn sie Diego nicht wollte. Es war einfach unglaublich, wie wankelmütig er mittlerweile war. Er griff wohl nach jedem Seil, das sich ihm anbot. So etwas war einfach traurig. Er war mal so ein ehrenhafter, edelmütiger Mann gewesen, bevor der Gouverneur ihm fast alles genommen hatte. „Nun gut, lass uns nicht diesem Trübsinn hingeben“, schlug Diego vor, der ganz eindeutig nicht über die Sitten und Gegebenheiten seiner Welt sprechen wollte, weil er sie tagtäglich weg zu ignorieren pflegte. Immer dann, wenn er sich mit den einfachen Leuten abgab, was sich für einen Mann seiner Herkunft eigentlich nicht schickte. „Du warst schon immer der positive Part von uns beiden. Egal, wie schrecklich der Tag war, du hast es immer geschafft, einen Grund zu finden, dass es wieder gut wird.“ Aber er war auch zu tollkühn, deswegen hatte man ihm einen solch vernichtenden Schlag verpassen können. Während sie daran dachte, löste sie ihre feste Umarmung, strich über seinen Rücken, die Stelle, die sie vor ein paar Tagen noch so hingebungsvoll versorgt hatte. „Schmerzt dich denn gar nicht deine schwere Verletzung? Versprich mir, dass du dich genügend ausruhst. Dass du genügend schläfst, und keinen Unsinn machst. Keine waghalsigen Ritte als Zorro, ich bitte dich. Du hattest so viel Glück, dass nichts Lebenswichtiges getroffen wurde. Dein Leben war bereits bedroht… Ich könnte nicht ertragen, dich jemals zu verlieren.“ Es war grausam, einfach schrecklich, ihre Sorge und diese Angst um ihn. Genau das war es, was er niemals gewollt hatte. „Du hast so viel unverschämtes Glück, Diego. Du könntest tot sein. Würdige es wenigstens ein bisschen, dass Gott dir dein Leben gelassen hat. Gönn dir eine Pause… Es wäre töricht. Und sie hätten leichtes Spiel. Ich will dich nicht ‚schon wieder’ verlieren.“ „Mach dir keine Sorgen. Es müsste etwas sehr Schreckliches geschehen, dass ich dieses Risiko eingehe…“ Er wollte nicht sterben, das wollte er niemals. Aber das hieß nicht, dass er sich einem Angstgefühl hingab. Er fürchtete sich nicht, mit ihr an seiner Seite glaubte er alles schaffen zu können. Ihre Liebe zu ihm hatte Diego schon so oft unmenschliche Kräfte verliehen… Lolita hatte vorgehabt, ihm von Jekylls Besuch zu erzählen, doch schonte sie ihn. Denn von ihm ging ihrer Meinung nach keine Gefahr aus. Ihre Aufgabe von nun an sollte sein, ihn davon abzuhalten, loszustürmen, wie er es in dieser unheilvollen Nacht getan hatte. Es war ein unnötiger Kampf, das hatte selbst er am Ende einsehen müssen. Ein bisschen tollkühn war ja okay, aber bitte nicht zu viel davon. Sie hatte einfach Angst, die einzige Person, die sie wirklich verstand und die sie wahrhaft liebte, zu verlieren. Und sie entschied sich nun doch dazu, es ihm zu sagen. „Jekyll war heute bei mir, weil ich Zorro zur Flucht verholfen habe. Ich glaube, er ist auf unserer Seite, denn er sah von einer Verhaftung wegen Beihilfe ab… Stattdessen warnte er mich davor, dass Leutnant Gabriel Zorro bereits abgeschrieben hat und nun voller Vorfreude hofft, von mir erhört zu werden, dieser törichte Scharlatan. Aber mach dir deswegen keine Sorgen, ich werde ihm gebührend empfangen, sollte er es wagen, unverschämte Forderungen zu stellen. Und vielleicht ist es eine gute Möglichkeit für dich, bei meinem Vater vorzusprechen.“ Sie lächelte und man durfte sich nicht wundern, wenn Diego sich jetzt für einen Moment unbehaglich fühlte, denn er wusste ganz genau, worauf seine Teuerste hinaus wollte. „Wir beide wissen doch, dass es an der Zeit ist für den abschließenden Showdown.“ Einen Moment lang, als er in ihre Augen sah, dachte er darüber nach, wie er dieses Problem wohl lösen konnte, ohne dass Gabriel allzu viel in die Sache hinein interpretierte. Zorro war nicht tot und er plante auch nicht, ihn bereits tot sein zu lassen… Dieses Problem stellte ihn auf eine harte Probe, aber er plante dieses Problem mutig anzugehen. So wie er alles mutig anging. Für einen Moment dachte er sogar daran, seine Gefühle offen darzulegen. Vor seinem Vater, vor Don Carlos, vor allen. Dachte das nicht sowieso ein jeder? Aber was würde sie tun…? Sie durfte ihre eigenen Gefühle auf keinen Fall ungeschützt ausleben. Der Leutnant würde Verdacht schöpfen, wenn sie plötzlich ihre Liebe zu Diego bekündete. „Meine Liebe zu dir ist grenzenlos, aber meine Angst um dich ist noch viel größer, meine Schöne. Bitte riskier nichts. Und wenn es heißt, mich in meiner Ehre zu verletzen. Es ist schon in Ordnung. Ich werde wie der adelige Sohn, der ich bin, handeln. Und du wirst es ertragen, als das schlaue Mädchen, das du bist…“ Diego strich ihr sanft über die Wange, um es schon im Vorneherein wieder gut zu machen, das, was er sich in seinem Innersten ausgemalt hatte, zu tun. Es war wenig nett. Wahrscheinlich würde es jeden schocken. Aber es war die Lösung. „So sehr es dir auch widerstrebt, einfach nur das brave Mädchen zu sein, das Don Carlos sich gewünscht hat. Du darfst deine Gefühle mir gegenüber auf keinen Fall zeigen.“ Ja, es war hart, sie wusste, dass es noch härter kommen könnte. Aber sie konnte kaum sich zu ihrer Liebe bekennen. Das war viel zu gefährlich. Sie würde dem Rat von Oberst Jekyll folgen und eine weise Entscheidung treffen… Die Entscheidung, die man von ihr die ganze Zeit erwartete… „Wenn ich weiß, dass ich bei dir sein kann, nehme ich alles in Kauf.“ Ihr Gesicht war seinem sehr nahe und sie stellte sich auf die Zehenspitzen. Es war das allererste Mal, dass sie ihn wirklich küsste. Direkt auf seine schönen Lippen. Weder Zorro, noch Diego hatte sie jemals mit einer solchen Frechheit geküsst. Das hätte sie niemals gewagt. Ihre Lippen verschlossen seine und dieser Kuss war alles andere als unschuldig, so wie seiner auf der Plaza gewesen war. Dieser zuckersüße, kurze Moment. Sie presste ihre vollen Lippen gegen seine und raubte ihm den Kuss, den er ihr damals gestohlen hatte. Ein Kuss im seichten Vollmondlicht. Kurz darauf löste sie sich von ihm und lächelte. „Jetzt sind wir quitt.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)