Senbonzakura's Song von yezz ================================================================================ Kapitel 21: The Politics of Politics ------------------------------------ Renjis Körper bebte vor kaum unterdrückbarer Wut und sein Gesicht war rot vor Scham, als Byakuya befahl: „Warte draußen auf mich, Renji.“ Was konnte er sonst tun? Renji behielt seinen Blick nach unten gerichtet und verbeugte sich tief, respektvoll, … untertänig. „Ja, Kommandant.“ Renji blieb in der Verbeugung für einen zusätzlichen Atemzug, als er versuchte ein ‚-sama‘ anzufügen, doch das konnte er einfach nicht. Es war zu bitter auf seiner Zunge. Er zog sich hoch, drehte sich auf dem Absatz und marschierte aus dem Esszimmer. Es war eine gute Sache, dass die Diener die Tür für ihn geöffnet hatten, denn Renji war sich sicher, dass er sonst die Tür mitsamt Rahmen herausgerissen hätte. Diese gottverdammte Tante Masama sollte in der Hölle schmoren. Renji konnte nicht glauben, wie einfach sie ihn in ihre Falle hatte leiten können. So verschissen verschlagen. Sie hat jeden wissen lassen, dass Renji von Inuzuri war, ließ ihn aussehen wie eine Art goldschaufelnde, machthungrige Schlampe – hat unverschämterweise sogar der ganzen Menge gesagt, dass er mit jemandem aus dem Haushalt schlief, obwohl sie sorgfältig vermieden hat, genau zu sagen wer – und hat geschickt sein Temperament den Rest für sie erledigen lassen. Und der ‚beste‘ Teil? Sie hatte dafür gesorgt, dass Byakuya an seiner Leine zog, um ihn wieder in die Ordnung einzufügen. Der schlimmste Teil? Renji musste wirklich seine Faust durch etwas treiben, aber er konnte nicht. Denn wenn er rausging und dort wütete, hätte er ihren Standpunkt nur untermauert, dass er so etwas wie ein furchteinflößendes, gefährliches Tier sei. Also musste er stattdessen einen Weg finden, wie er in der Halle wie ein guter, kleiner Untergebener warten konnte. Scheiße, er konnte vermutlich genauso gut die Nummer komplett abziehen. Er rammte seine Knie in den Tatami und hämmerte seinen Kopf auf den Boden. Er stemmte die Hände vor ihm auf den Boden und konzentrierte sich darauf, sein tobendes Reiatsu zu kontrollieren und nicht alles und jeden in diesem Anwesen zu plätten. Als die Tür zugeschoben wurde, konnte Renji die leisen, scharfen Worte eines Kuchiki hören. Er versuchte nicht die Wörter und Phrasen aufzufangen wie ‚Seht, wie er ist‘ und ‚niederträchtig‘ und ‚was kann man von so einer groben Kreatur wie ihm erwarten‘. Doch Byakuya schien das Gespräch in seinen Händen zu haben – seine Stimme war ebenmäßig, ruhig und befehlshabend. Byakuya wusste es vermutlich besser, als auf die Falle von Masama reinzufallen, doch das war ein Kampf, der vor einer großen Menge von Familienangehörigen ausgetragen wurde. Er musste gewinnen, wenn er ihren Respekt behalten wollte. Dieser Gedanke ließ Renji nur noch schlechter fühlen. Zu was würde Byakuya zustimmen müssen, um nicht sein Gesicht zu verlieren? Masama hatte auch alle an ihrem Tisch an Renjis Ungehorsam erinnert. Wer wusste, wie viele Verwandte das gehört hatten, neben Byakuyas schneller Ablehnung als belangloses Thema. Sie hatten ein echtes Problem. Byakuya wird ihn hart bestrafen müssen. Selbst wenn Renji nichts wirklich Schlimmes getan oder gesagt hatte, es war das, wie es ausgesehen hatte: Ein großer Schläger vom Rukongai, der eine adlige Frau körperlich bedroht hatte. Seine Haltung, sein Ton – was Renji tatsächlich gesagt hatte, war egal. Er hatte einen Kuchiki bedroht. Byakuya konnte das als Familienoberhaupt nicht auf die leichte Schulter nehmen. Vermutlich noch nicht einmal als Kommandant. Renji wusste nicht, ob die Tatsache, dass er keine Uniform trug, die Sache besser oder schlimmer machte. Mit Uniform wäre es wohl besser gewesen. Ein Kommandant der seinen Vizekommandant wieder zur Ordnung brachte. Der Kimono ließ die Grenze zu stark verschwimmen. Die Tür glitt auf und ein einzelnes Paar von feinen Füßen stürmte hinaus. Sie hielt bei seinem Anblick, kniend auf dem Boden, inne. Da war ein kleines ‚Hmpf‘ und Renji wusste, dass es Tante Masama sein musste, die dort stand. Er schaute nicht hinauf, selbst wenn er das Gewicht ihres Blickes auf seinem Rücken, dem Kamon, spürte. „Mich kümmert es nicht, was er sagt“, sagte sie, wie zu sich selbst. „Kein Maß an Ehre in der Schlacht kann jemanden wie dich aus dem Schmutz erheben. Mich kümmert es nicht, dass es die Weise der Hofgarden ist - es sei ‚stolze Tradition‘. Unsere ist die einzige Tradition, die wichtig ist und alles was er jemals getan hat, ist sie mit seinem kranken Inuzuri-Fetisch zu beschmutzen. Du weißt, dass das alles ist, was du für ihn bist, eine von diesen streunenden Hunde-Schlampen.“ Renji wusste, sie versuchte ihn nur auf die Palme zu bringen, also behielt er den Mund geschlossen und seinen Kopf auf dem Boden. So gereizt wie sie außerdem war, gab es Renji die Hoffnung, dass Byakuya die Sache noch einmal gerade gebogen, die Runde gewonnen hatte. „Du spielst diesen Teil wirklich gut“, zischte sie. „Doch deine wahre Natur ist direkt dort in diesem Mon, nicht wahr? Ein Dämon. Sehr passend. Du wartest nur den passenden Zeitpunkt ab, um deine Fangzähne zu entblößen. Das ist schon abgehakt, Lady, dachte Renji. Er weiß alles über meine Fangzähne. Und du hast kein Glück: er mag sie. Da war ein langer Moment der Stille. Dann fühlte Renji, wie etwas nassen ihn am Nacken traf. Hatte sie ihn gerade angespuckt? Zum Teufel. Doch trotz der Tiefe der Beleidigung konnte Renji spüren, wie er grinste, denn Masama musste am Ende ihres Lateins gewesen sein, wenn sie sich auf ‚Primitives‘ herabließ. Als auch das ihn nicht zum Reagieren brachte, stampfte sie endlich davon. Renjis Knie begannen ein wenig zu schmerzen, als Byakuya endlich raus kam. Niemand sonst hatte nach Tante Masamas dramatischen Abgang das Esszimmer verlassen, also wusste er, dass Byakuya die Zeit genutzt haben musste, die Dinge soweit es möglich war, in ihre Richtung zu drehen. Doch es war noch nicht vorbei. Renji wusste, dass er seinen Stolz wahrscheinlich hinunterschlucken musste und den Anpfiff oder die Zurechtweisung vor seiner Familie einstecken musste. „Ich sehe, du verstehst die Ernsthaftigkeit der Situation“, sagte Byakuya, als er vor ihm stand. Ok, hier kommt es, dachte Renji und machte sich auf etwas gefasst. Er biss die Zähne zusammen und sagte zerknirscht: „Ja, Kommandant.“ „Du hast die Stimme in einer drohenden Weise gegenüber einem ranghohen Mitglied meiner Familie erhoben. Das wird nicht toleriert. Wenn es noch einmal passiert, wird die Strafe schnell und schwerwiegend sein, hast du verstanden?“ „Ja, Kommandant“, sagte Renji zum Flur. Nur eine Warnung? Es musste besser gelaufen sein, als Renji zu hoffen gewagt hatte. „Also gut. Entlassen.“ Entlassen? Ok, das war fies und war sicher ein beschissenes Ende für etwas, das ein Date zum Abendessen sein sollte. Es war so etwas wie ein Schlag, doch Renji vermutete, dass es nicht vertretbar gewesen war zu denken, dass er aufstehen könnte, als wäre nichts geschehen und sie gemeinsam vor der gesamten Familie zu seinem Schlafzimmer abdampfen konnten. Renji wartete, bis sich Byakuya abgewandt hatte und zog sich auf die Füße. Auch wenn er wusste, dass Byakuya nicht hinschauen würde, verbeugte sich Renji noch einmal tief, falls noch jemand von der Familie zusah und ging dann in die andere Richtung. Sobald er weit genug weg war, drehte sich Renji um und ging zum Ausgang der Diener. Zumindest hatte er einen sauberen Raum, zu dem er zurückkehren konnte. Wenn er aus dem Tor raus war, konnte er vielleicht noch bei einem Izakaya vorbeischauen und ein oder zwei Flaschen holen. Dann könnte er vielleicht seine Sorgen ertränken oder Zabimaru das Dojo zertrümmern lassen... ah, scheiße. Er konnte ohne Zabimaru nicht gehen. Renji hielt an, als er bei der Küche angekommen war und blickte sich nach einem bekannten Gesicht um. „Hey, Aio. Ist es möglich, dass du zu Eishirōs Raum gehst und mein Zabimaru holst? Ich würde selbst gehen, aber ich habe keine Ahnung, wo es ist und sollte vielleicht auch nicht ohne Begleitung hier rumlaufen.“ „Oh, Renji. Natürlich kann ich gehen“, sagte sie mit solch einem Mitleid, dass Renji wusste, dass sich der Vorfall bereits wie ein Buschfeuer unter den Dienern rumgesprochen hatte. „Danke“, sagte er dankbar, während er sich auf einen Stuhl im westlichen Stil, der neben dem Herd stand, setzte. „Kein Problem“, sagte sie. „Ich mache so schnell, wie ich kann.“ „Oh, hey und kannst du vielleicht auch meine Uniform mitbringen?“, fügte er hinzu, bevor sie um die Ecke verschwand. Sie blickte zurück und nickte. „Sicher. Warte einfach hier.“ Er nahm einen Schürhaken auf und stieß in die glühenden Kohlen. So nervend es war, nach Hause zu gehen und nicht die Nacht mit ihm zu verbringen, die Sache hätte auch schlimmer sein können. Es war nicht weiter aus der Kontrolle geraten oder war damit geendet, dass Renji im Gefängnis wegen Tätlichkeit oder anderen Scheinbelastungen saß. Masama musste immerhin seinen Kopf verlangt haben. Die Tatsache, dass es noch nicht einmal öffentliche Prügel gab, ließ Renji vermuten, dass Byakuya einen Weg gefunden hatte, sie wie einen Idioten dastehen zu lassen. Kein Wunder, dass sie angepisst gewesen war. Nun war Renji hauptsächlich sauer auf sich selbst, dass er sein Temperament verloren hatte und Byakuya blamiert hatte. Rukia musste auch denken, dass er ein riesiger Dummkopf war, wenn er sich so bei einem Familientreffen benahm. Byakuya würde ihn niemals wieder mit in die Öffentlichkeit nehmen. Eh, das wäre in Ordnung, dachte er, als er noch einmal in die Kohlen stieß. Vielleicht konnten sie sich einfach nur im Bett verstecken und diesen ganzen Hofieren-Schwachsinn vergessen. „Tee, Vizekommandant?“ Renji sah auf und sah, dass Eishirō ihm eine Tasse anbot. Renji nahm sie mit einem dankbaren Nicken. „Ich würde lieber etwas Stärkeres nehmen, aber ich denke, das tut es auch.“ Eishirō lehnte mit der schmalen Schulter auf der anderen Seite des Feuerplatzes und seufzte. Renji wartete auf Anschuldigungen oder einem Zungeschnalzen, doch Eishirō nippte einfach nur an seinem eigenen Tee. Endlich sagte er: „Ich denke, in einer halben Stunde kannst du den geheimen Durchgang nehmen.“ „Huh?“ „Zu den Räumlichkeiten des Herrn“, fuhr Eishirō fort, als wüsste Renji, wovon der da sprach. „Ich denke, du könntest auch 45 Minuten warten, wenn du absolut sicher sein möchtest, nicht gesehen zu werden.“ „Du redest davon, mich nach oben zu schleichen?“ „Ist das nicht der Grund, warum du hier in der Küche bist?“, Eishirō blickte bedeutungsvoll die hintere Treppe hinauf. „Es ist einfach da hinauf, ein kurzer Lauf durch den Flur zu dem Wandschirm mit der einzelnen, verirrten Kirschblüte. Folge dem Gang dann bis zum Ende.“ Renji gluckste. „Du verschlagener Hund. Ich kann nicht glauben, dass du mir hilfst, ihn zu treffen.“ „Wer sagt, dass ich nicht die Befehle des Herrn ausführe?“ Renji verbrachte die nächsten 45 Minuten damit, jede Menge zu und Mitleid von der Dienerschaft zu erhalten. Selbst die Diener der anderen Haushalte hielten kurz bei ihm an, um Renji zu sagen, dass sich Lady Masama ungebührlich verhalten habe. „Für eine der ersten, wahren Familien verbringen sie wirklich genug Zeit damit, sich über Klasse zu sorgen“, sagte einer der Stallmeister, der zum Tratschen hineingekommen war. Er hatte eine kleine Flasche Bier mitgebracht und füllte etwas in die Tassen der anderen. „Is' weil se de Jüngst'n sin“, sagte der Tellerwäscher. „Neureiche, vermut'ch.“ „Die Kuchiki?“, fragte Renji ungläubig. Er saß auf dem Stuhl mit Zabimaru über den Knien. Eishirō hatte verkündet, dass die Uniform eine Reinigung benötigte und hatte versprochen, sie diskret zur Division zurückzubringen. „Komm schon. Du verarschst mich.“ „Wir reden hier von vor zigtausend Jahren“, erklärte der Stallmeister. „Und es macht Sinn, oder nicht? Du hörst nichts davon, dass die Shihōin etwas darauf geben, wer wo am Tisch sitzt. Aber diese Kuchiki – man, du verkackst besser nicht darin, wer zu erst kommt, sonst geht es dir an den Kragen.“ Nun ja, Renji konnte das nicht wirklich bestreiten. Der Stallmeister hielt ihm die Flasche hin, also hob Renji seine Tasse und ließ ihn sie füllen. „Die von weiter außerhalb sind schlimmer“, sagte ein Laufbursche, der zu irgendeinem Cousin, oder so etwas, aus der Provinz gehörte, als er die Flasche als nächstes bekam. „Sie schützen das bisschen, was sie haben, wie Tiger. Sie lassen uns noch nicht einmal den Blick zu ihnen erheben, weil sie Aufruhr befürchten. Und wer sind sie? Von irgendwem der Cousin, 14. Grades mit 6 Generationen dazwischen!“ „Sie sind nicht alle so“, beharrte eine Dienerin einer Dame mit dünnem, blonden Haar, welches in einem prüden, kleinen Dutt frisiert war, was Renji an Momo erinnerte. Sie hatte Flickarbeit in ihrem Schoß. Ihre Stiche waren ordentlich und klein. „Ihr wärt überrascht, wie angenehm und bescheiden mein Herr und Herrin sind.“ „Das ist, weil sie von ihrer Arbeit leben“, sagte der Stallmeister, legte den Kopf in den Nacken, um den Rest aus der Flasche zu saugen. „Deine Leute sind Seidenfarmer, nicht wahr?“ „Sie besitzen die Farm und überwachen die Arbeiter“, korrigierte sie ihn, während sie etwas errötete. „Doch sie kümmern sich um den Schrein.“ „Siehste, se mach'n was“, sagte der Tellerwäscher. „Macht'n Unterschied.“ „Wie unser eigener“, sagte der Stallmeister stolz. „Kommandant sein ist echte Arbeit, nicht wahr, Vizekommandant?“ „Ist es“, stimmte Renji zu. „Sehr sogar. Außerdem ist er zur Akademie gegangen, wie ich. In der Hitze des Gefechts, am Ende des Tages, ist Byakuya ein Soldat wie jeder andere.“ Da war ein seltsamer Moment der Stille, als jeder Renji komisch ansah. Schlussendlich fragte er: „Was?“ „Kannste ihn so einfach nenn'n? 'Byakuya'“, es einfach so auszusprechen ließ den Tellerwäscher nervös plappern. „So neb'nher?“ Oh. Hatte er vergessen Kommandant zu sagen? „Ähm, nur im Privaten.“ Wenn man gerade davon sprach, es war Zeit, zu gehen. Renji stand auf und danke allen für die netten Worte und das Teilen ihrer Vorräte. Sie sagten ihm, er sei jederzeit an ihrem Feuer willkommen und ließen ihn dafür drei Mal hochleben, dass Tante Masama endlich das bekommen hatte, was sie ihrer Meinungen nach schon vor Jahren hätte kassieren sollen. Renji schüttelte den Kopf darüber, wie schnell sich die Geschichte schon wieder änderte. Immerhin war er derjenige gewesen, der sich niederknien musste. In den privaten Gemächern hingegen hätte er vermutlich Tante Masama an ihren Haaren hinausgeschleppt oder sogar Schlimmeres. Am oberen Ende der Stufen hielt Renji inne, um sicherzugehen, dass der Flur leer war. Als er sicher war, dass niemand kommen würde, sprintete er zu einer Reihe Wandschirme, die mit einem Kirschbaum in voller Blüte und im Wind zeigte. Er folgte der Schwall Blüten bis zum Ende der Wand. Da waren immer weniger auf den Schirmen zu sehen. Endlich, nach einigen Schritten, kam er zu einem Schirm, auf dem die letzte Blüte gemalt war. Probeweise drückte er gegen den Schirm. Nichts passiert. Er versuchte, es auf eine Seite zu schieben, dann zur anderen. Er versuchte sogar, ihn anzuheben und die Finger um die Kanten gleiten zu lassen. Endlich bemerkte er, dass die Blüte tatächlich ein clever getarntes Loch war. Er steckte den Finger hinein, tastete herum, bis sich etwas anhob. Dann glitt die Tür mühelos zur Seite und offenbarte einen schmucklosen, engen Gang zwischen den Wänden. Renji zwängte sich hinein und, nach einer Minute oder zwei die er brauchte, um die Tür wieder zuzuschieben und den Mechanismus einrasten zu lassen, begann er sich seitlich vorwärts zu bewegen. Zum Glück gab es, wie Eishirō schon angedeutet hatte, nur einen Weg, den er nehmen konnte. Seine Schultern waren nur ein klein wenig zu breit für den Gang, doch die Decke war recht hoch und der Boden überraschend weich ausgelegt. Seine Füße machten keine Geräusche, während er sich seinen Weg bahnte. Ein klein wenig Licht kam durch eine Lücke in den Wandschirmen nahe der Decke hinein, also war der Durchgang dämmrig bis finster, aber nicht komplett schwarz. Es roch nach geschnittenem Holz, Staub und Geheimnissen. Jemand hatte seine Initialen in eine der Deckenbalken geschnitzt. Diesen Namen dort zu sehen, mit einem Herz und einem 'S.K.' ließ sich Renji fragen, warum es einen versteckten, geheimen Gang gab, der von der Küche zu den Gemächern des Herren führte und wie viele Küchenmädchen und Teejungen bereits diesen Weg vor ihm gegangen waren. Und wie viele gedacht hatten, es sei Liebe. Renji ließ seine Finger über das Herz streichen, als er vorbei ging. Er hoffte, dass diese ihm ähnelnde Seele zumindest mit geöffneten Augen den Weg gegangen war und ohne Illusionen, wie die Dinge Enden würden. Als seine Finger das raue Ende verließen, ließ er ein kleines, reuevolles und schnaubendes Lachen los. Als könnten sie reden. Vermischte Klassen. Es klappte nie. Schau, wie gut es heute gegangen war. Der Gang war zu Ende. In Anbetracht, wofür dieser Weg vermutlich war, war Renji nicht überrascht, ein kleines Guckloch in der Mitte des Schirms zu entdecken. Er schaute hindurch. Der Blick zeigte das Wohnzimmer mit der eingelassenen Feuerstelle, die glühten warm. Von seinem Punkt aus konnte Renji bis in das Hauptschlafzimmer sehen. Byakuya saß auf der Kante seines Bettes, die Hände zwischen den Knien. Er hatte den Kenseikan ausgezogen und sich zum Schlafen umgezogen. Er starrte hinaus in die Richtung des Balkons, sein Ausdruck abwesend und nachdenklich. Renji brauchte ein paar Sekunden, um herauszufinden,auf welcher Seite der Mechanismus war, doch es half zu wissen, wonach er suchen musste. Sobald er die Tür geöffnet hatte, trat er hindurch. Byakuyas Ausdruck änderte sich sofort bei seinem Anblick. Seine Augen schienen weicher zu werden, als sei er erleichtert. Doch er stand langsam, fast schon argwöhnisch auf. „Du bist nicht gegangen“, sagte er. „Ich bin froh.“ „Habe ich beinahe, aber Eishirō hat mich rechtzeitig erwischt. Konnte doch nicht ohne gehen, was?“, Renji hielt Zabimaru hoch, den er mit sich trug. „Gerettet von Zabimaru“, sagte Byakuya mit einem Lächeln. „Ja oder meiner Vergesslichkeit“, fügte Renji mit einem Grinsen hinzu. „Wie auch immer, es ist ein Gewinn.“ Als er im Schlafzimmer angekommen war, lehnte Renji Zabimaru an die Wand, wo Byakuya Senbonzakura abgelegt hatte. Renji konnte schwören, er hätte ein zufriedenes, behagliches Seufzen von einem der beiden gehört. Er tätschelte Zabimarus Griff liebevoll. Es war klar, wie glücklich Zabimaru war, wieder an der Seite von Senbonzakura zu sein. Zanpakutō scherten sich offensichtlich nicht um Klasse. Vielleicht gab es doch noch Hoffnung für sie. Byakuya stand neben dem Bett und beobachtete Renji. Er hatte einen seltsamen Gesichtsausdruck, etwas, was Renji nicht ganz lesen konnte. Doch wenn er hätte raten müssen, hätte er gesagt, dass es Unsicherheit war. "Ich bin nicht böse, wenn es das ist, worum du dir Sorgen machst", sagte Renji und kam hinüber, um vor Byakuya stehen zu bleiben. "Nicht auf dich, jedenfalls. Ich fühle mich dumm, dass ich drauf reingefallen bin. Deine Tante hat mich geradewegs in ihre Falle geführt und ich bin rein gesprungen. Ich hätte schlauer sein müssen...", er zuckte mit den Achseln. "Oder zumindest das Fluchen auf ein Minimun reduzieren sollen." Das ließ Byakuya leise lachen. Seine Finger fanden ihren Weg auf Renjis Brust und er zog abwesend an den Lagen des Kimono. "Das ist eine schwierige Aufgabe bei der liebsten Tante Masama." Da Byakuyas Blick auf Renjis Brust gerichtet war, legte Renji seine Nase auf Byakuyas Kopf ab. Er nahm einen tiefen Atemzug von Jasmin und Moschus, den Duft den er in den letzten Wochen so sehr vermisst hatte. Er riskierte, seine Hände um Byakuyas Taille gleiten zu lassen und ließ sie auf seinen Hüften ruhen. Was er wollte, war Byakuya gegen ihn zu drücken, sie aufs Bett zu werfen und ihre Klamotten von ihren Leibern zu reißen. Doch so liefen die Dinge nicht in den Gemächern des Herrn. Außerdem vermutete Renji, dass war nicht die beste Nacht, um die Regeln – oder seinen Platz – zu vergessen. Nicht zu erwähnen, wie angepisst Byakuya sein würde, wenn Renji es schaffte, diesen todschicken Kimono im allerersten Moment zu ruinieren. Das brachte Renji auf eine Idee. "Hilf mir hier raus, würdest du? Ich habe keine Chance, das alleine hinzubekommen. Und ehrlich gesagt, habe ich Schiss, ihn kaputt zu machen." Byakuyas Hände glitten zum Obi und begannen, ihn langsam und vorsichtig zu öffnen. Während seine Hände arbeiteten, fragte er so leise, dass Renji es beinahe nicht mitbekommen hätte: "Du magst ihn?" "Mögen? Er ist umwerfend. Ich habe niemals so etwas Schönes in meinem ganzen Leben gesehen", sagte Renji. Er ließ Byakuyas Taille los und breitete seine Arme aus, während Byakuya ihn entkleidete. Er konnte sehen, dass Byakuyas Augen immer noch zusammenzogen waren. Etwas an dem Kimono ärgerte ihn immer noch. Also plapperte Renji weiter, in der Hoffnung, das Richtige zu treffen. "Das Kamon-Ding? Der Nue? Du hast offensichtlich viel über mich nachgedacht. Ich meine, ich denke nicht, dass ich die ganze Bedeutung dahinter verstehe, aber ja. Es ist wundervoll." Renji wollte sagen – na ja, wortgewandter jedenfalls, dass das Bild von dem blassen Nue ihn sofort an Byakuyas Beerdigungskimono erinnert hatte. Doch es war ihm aufgefallen, dass sie diesen Vorfall nie wirklich beredet hatten. Außerdem schien es seltsam, zu sagen: Ich weiß zu schätzen, dass du mir endlich zeigst, was du nur gewillt warst auszudrücken, als du dachtest, ich sei tot. Byakuya legte geübt den Obi zusammen und legte ihn auf die Kommode seiner Mutter. "Tante Masama spielt nicht nach den Regeln", sagte er, seine Stimme schneidend. Er wandte sich wieder Renji zu und nahm den Hakama, aus dem Renji getreten war und faltete ihn mit kurzen, schnellen Bewegungen zusammen. Dann attackierte er die Knoten. Renji versuchte seinen Kopf zu beugen, um zu beobachten und zu schauen, ob er sich merken konnte, wo sie alle waren und wie das funktionierte. Auch wenn seine Stimme ruhig war, zogen Byakuyas Finger wütend an den Bändern. "Ich habe ihrem favorisierten Kandidat mit nur wenigen Bedingungen zugestimmt. Ich habe die Verhandlung ihr sogar noch versüßt, indem ich ihr erlaubt hatte, eine Ehe für den Jungen zu arrangieren, sobald er mündig ist. Ich habe sie sogar diesen lächerlichen Wirbel um meinen Geburtstag veranstalten lassen. Ich habe ihr viel Boden gegeben. Es ist höchste Zeit, dass sie etwas locker macht.“ 'Locker macht'? Renji musste etwas zu sich selbst lachen, als er das von Byakuya hörte, doch er schluckte es hinunter. Byakuya würde Humor gerade nicht zu schätzen wissen. Er war wütend. „Was sie heute gemacht hat, war unsere Waffenruhe zu brechen“, sagte Byakuya und hatte den äußeren Kimono weit genug gelöst, um ihn von Renjis Schultern gleiten zu lassen. Er drehte sich zu ihm, um einen Moment über den Kamon die Stirn zu runzeln und begann dann ein kompliziertes Faltritual. „Wenn ich die Idee von einem Erben nicht nützlich finden würde, würde ich den Jungen heute noch packen schicken. Es würde ihr recht geschehen. Dich ausziehen lassen, sagt sie? 'Ausziehen'.“ Byakuyas Schultern bebten vor unterdrückter Wut. „Als wärst du ihr Diener. Als wärst du der Diener von irgendwem.“ Er blickte hinüber zur Wand, wo die Zanpakutō nebeneinander standen. „Sie hat Glück, dass keiner von uns bewaffnet war. Du wärst im Recht gewesen, wenn du Blut verlangt hättest.“ Das überraschte Renji. „Wirklich?“ „Renji, du bist ein Vizekommandant der Hofgarden“, Byakuyas Stimme zischte vor Verbitterung. Er drehte sich zum Untergewand um, doch er schaute Renji nicht in die Augen. „Glaubst du, sie hätte so etwas vom Generalkommandanten verlangen können, wenn er an meinem Tisch gesessen hätte?“ Renji dachte darüber nach, doch er stolperte über eine Sache: „Du sagst also, Yamamoto ist kein Adliger?“ Byakuya atmete tief aus. „Nicht hineingeboren, nein. Doch, du verstehst, das ist mein Punkt und warum ich das Kamon für dich erstellt habe. Der Generalkommandant hat sich seinen Platz in der Gesellschaft mit seinem Schwertarm verdient; er hat seine eigene Abstammung mit Ryuujin Jakka geschmiedet. Das war vor langer Zeit, wie es jeder getan hatte." Oh, darüber hatte Tante Masama also geredet, als sie vor dem Esszimmer abfällig über 'Traditionen und Weise der Hofgarden' gesprochen hatte. In dem Moment glitt die letzte Lage Seide auf und kühle Luft fiel auf Renjis entblößte Brust, Bauch und – Byakuya lachte. "Trägst du niemals Unterwäsche?" "Heh", sagte Renji. "Das sollte mein Familienwappen sein, eh? Ein Fundoshi mit einem großen 'Nein'-Zeichen drüber." "Dein Nachname solltest du in 'Kommando' ändern", bemerkte Byakuya trocken, seine Finger fuhren über nacktes Fleisch, ließ auf Renjis Armen Gänsehaut und zwischen seinen Beinen Hitze aufbauen. "Renji Kommando", lachte Renji. "Hat irgendwie tatsächlich einen netten Klang. Ich mag es." "Mmmmm", murmelte Byakuya, lehnte sich nach vorne, um kleine Küsse auf Renjis Schlüsselbein zu verteilen, während seine Hände unter die Seide glitten. Das letzte Teil des Kimono fiel leise auf den Boden. Renji schloss die Augen und legte seinen Kopf zurück, genoss das Gefühl von Byakuyas Handflächen, wie sie über Brust und Schultern glitten, die Arme hinunter und zurück über Rippen und Bauchmuskeln. Die Daumen pressten sich in die Kontur der Hüftknochen in einer Weise, die Renji den Rücken wölben ließ und seine Brustwarzen und seinen Schwanz steif werden ließ. Byakuyas Lippen und Zähne fanden ihren Weg an seinen Hals und die Daumen fuhren geschickt über seine Brustwarzen. Renji wusste nicht, was er mit seinen Händen tun sollte. Er wollte eine Handvoll von Byakuyas Haaren greifen oder sie in seinen Nacken legen und ihn in einen tiefen, leidenschaftlichen Kuss drängen. Um sich davon abzuhalten, griff er seine eigenen Hände hinter seinem Rücken. Er zerdrückte fast seine eigenen Finger unter der Mühe, sich zurückzuhalten und ließ ein tiefes, kehliges Stöhnen hinaus. Byakuya hielt bei seinen Neckereien inne. „Was ist das? Totaler Gehorsam? Ausgerechnet heute Abend?“ Er behielt eine Hand hinter seinem Rücken und streckte eine zitternde Hand aus, um Byakuya im Nacken zu greifen. Er drückte ihn fest an sich und legte seine Stirn auf Byakuyas. Seine Worte waren ein Knurren unter vermischten Strähnen aus roten und schwarzen Haaren. „Schau, es ist so: Mir ist die Selbstbeherrschung ausgegangen. Habe alles verbraucht, um nicht deine Tante umzuhauen. Also binde mich an den Bettpfosten und hab deine schmutzigen Fantasien mit mir. Ich bin dabei, so lange ich nicht daran denken muss, mich zurückzuhalten und du mich durchnimmst, als gäbe es kein Morgen.“ „Dein Griff ist zerquetschend.“ Byakuyas Hände hielten auf Renjis Körper an. „Ist es so dringend? Sollte ich Kidō verwenden oder kannst du warten?" "Ich kann nicht auf einen langsamen, kunstvollen Kinbaku-Knoten warten, doch du hast Zeit, die Handschellen zu holen. Der Dämon ist nicht einmal in der Nähe. Ich habe nur nicht die Energie, es zurückzuhalten, wenn es kommt, wenn du weißt, was ich meine." "Natürlich." Byakuya nickte, doch er ging nicht, um die Sachen sofort zu holen. Stattdessen war seine Stimme tief, fast schon heiser. "Irgendwann jedoch, wenn du dafür bereit bist, würde ich gerne etwas mit Kidō versuchen.“ „Ja?“, Renji grinste breit. Sein Griff löste sich, um neckend an Byakuyas Haaren im Nacken zu ziehen. „Etwas, worüber du nachgedacht hast?“ Byakuyas Antwort war etwas atemlos. „Ja.“ Was auch immer diese Fantasie war, es klang wie die Art von Dingen, über die gründlich in tiefer Nacht und alleine im Bett gegrübelt worden war. Oft. Byakuyas Wimpern bebten und sein Atem schien flacher zu gehen. Ein roséfarbener Schimmer legte sich auf seine Wangen. Nur zu sehen, wie aufgeregt Byakuya war, ließ Renji härter werden. Aber... Kidō. „Werde ich es mögen?“ „Ich weiß es nicht. Ich hoffe es, doch ich kann mir nicht sicher sein. Wann auch immer wir es ausprobieren, ich werde sofort aufhören, wenn du das Sicherheitswort benutzt.“ Seine Finger spielten abwesend mit Renjis Brustwarzen, machten es so noch schwerer für Renji, nachzudenken. „Du erinnerst dich an dein Sicherheitswort?“ „Ikebana“, sagte Renji, während seine Knie zitterten bei dem, was Byakuya mit seiner Brustwarze machte. „Hör damit für eine Sekunde auf, ja?“, Renjis Hand verließ Byakuyas Nacken, um sich auf die ablenkende Hand auf seiner Brust zu legen. „Wie unbeweglich werde ich sein?“ Bevor Byakuya enttäuscht sein konnte, fügte er hinzu: „Denn heute ist mehr besser.“ „Ah, ja. Ziemlich“, sagte Byakuya. Er blickte auf, seine Augen glänzten mit Hoffnung. „Es ist eine persönliche Variation von Sajō Sabaku." "'Persönliche Variation'? Hast du geübt?", fragte Renji, eifersüchtig und deutete verspielt eine kleine Kopfnuss an. Byakuyas Lippen waren dünn, weil er wortwörtlich etwas vor den Kopf gestoßen wurde. "Im Prinzip jeden Tag mit Senbonzakura"; sagte Byakuya. Seine Augen blieben nach unten gerichtet und seine Stimme ruhig, doch seine Wangen färbten sich mehr. "Doch ja, einige Male – mit mir selbst, um sicher zu gehen." "Mit dir selbst?", wiederholte Renji. Sein Grinsen war nun breit, fast schon gierig. "Ja, nein. Das können wir nicht verschwenden. Wir müssen das ausprobieren." Byakuyas Augen glitten nach oben. "Heute?" "Ja. Jetzt", sagte Renji. "Brauchen wir Gleitgel?" Da war ein kleines Nicken von Byakuya, was Renji noch glücklicher machte. "Dann hol es. Hol alles, was wir vielleicht brauchen könnten. Wir machen das." Byakuya machte einen Laut, das beinahe ein Quieken vor Freude war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)