Senbonzakura's Song von yezz ================================================================================ Kapitel 17: The Price of Victory -------------------------------- Renji hatte gehofft, die erste Nacht zurück in der Soul Society, nett und warm eingekuschelt, in Byakuyas Bett zu verbringen. Stattdessen saß er in der dunklen Barracke, die sich die ranglosen Mitglieder der 13. Division teilten, auf Rukias Futon mit ihrem Körper unter seinem Arm und ihrem Gesicht gegen seine Brust gepresst. Sie war die letzten 3 Stunden nur am Schluchzen gewesen. Nicht, dass er es ihr verübeln könnte. Als Ichigo so kollabierte, hatte selbst Renji gedacht, dass der Junge schlussendlich aufgegeben und ins Gras gebissen hatte. Doch dann hatte ihnen Urahara die Neuigkeit überbracht… Ichigo lebte, doch es würde einen Monat brauchen, um ihn genug zu stabilisieren, damit er wieder bei Bewusstsein war. Und danach? Scheinbar hatte Ichigo nur einen wirklich kurzen Moment, bevor seine Kräfte komplett verschwanden. Er würde noch nicht einmal in der Lage sein, einen normalen Geist zu sehen, noch weniger, dass er weiterhin der Shinigami-Stellvertreter sein könnte… jemals wieder. Renji hatte Rukia zurück durch das Senkaimon tragen müssen. Sie hatte nicht gewollt, Ichigos Seite zu verlassen. Er hatte sie hierher gebracht. Er streichelte weiter Rukias Haare, wünschte, dass er die Worte wüsste, die sie trösten konnte. Zumindest hatte sie nun einen Monat, um sich zusammenzureißen und zu trauern. Ichgio würde ihre Tränen nicht sehen wollen. „Er ist nun wie ein verwundeter Veteran, Rukia“, erinnerte Renji sie leise. Sie nickte gegen seine Brust. Rukia wusste, was das bedeutete. Man deutete die Verletzung nicht an und man behielt sein Mitleid für sich selbst. Was sie hören wollten und mussten war, dass ihr Opfer es wert war. Ichigo hatte all ihre Ärsche gerettet und Aizen besiegt. Er wird das als angemessenen Preis sehen. Als ein weiterer Soldat im gleichen Krieg ehrst du das. Punkt. Egal wie hässlich die Wunde oder wie verdammt unfair all das war. Doch wenn man dann alleine ist: Alles ist möglich. Man konnte weinen und fluchen und schreien oder sogar schnell Gott danken, dass es ihn getroffen hat und nicht einen selbst. Renjis freie Hand suchte nach Zabimaru, das er neben ihn auf den Futon gelegt hatte. Er griff leicht nach Zabimarus Hülle, nur um sich selbst von der Präsenz des Nue zu überzeugen. Renji hatte keine Ahnung, wie Ichigo ohne den ‚alten Zangetsu‘ überleben konnte. Urahara sagte, dass er ‚normal‘ sein würde, doch das schien nicht richtig. Was war aus dem Geist des Zanpakutō geworden? Ist er gestorben? Wenn ja, wie konnte Ichigo überleben? Wir gehen gemeinsam drauf oder gar nicht, versprach Renji seinem Zanpakutō. Zabimaru grummelte unruhig. Rukias Schluchzen ging in leichtes, schnaufendes Schnarchen über. Renji bewegte die Schulter ein wenig. Er schloss die Augen und lehnte seinen Kopf gegen die Wand, machte es sich für die Nacht ein wenig bequemer. Es gab keinen Sinn dahinter, zu versuchen, zur Sechsten zurückzukehren. Es war nach Zapfenstreich. Er sollte vielleicht einen Höllenschmetterling schicken und sie wissen lassen, wo er war, doch Kidō könnte Rukia wecken, besonders so instabil, wie seines war. Vielleicht, wenn Rukia wirklich tief und fest schlief... Leise Schritte ließen Renji seine Augen aufreißen. Der Schatten von Kommandant Ukitake stand in der Tür. Seine mondbeschienen Haare schimmerten wie flüssiges Silber. "Steh nicht auf", wisperte er, als er wie Renji damit kämpfte, sich zu verbeugen und sein Respekt zu zeigen. "Sag mir, wie es ihr geht." "Nicht gut, Kommandant", gab Renji mit leiser Stimme zu. "Haben sie gehört, was mit Ichigo passiert ist?" Ukitake nickte. Er kam über die Türschwelle und suchte sich einen Weg durch die Futons und die Leute, sie so taten, als würden sie schlafen. Der weiße Haori leuchtete geisterhaft, während er sich still durch den Raum bewegte. Zögernde Schritte, die Renji erst als Vorsicht eingestuft hatte, doch dann erkannte er, dass die Bewegungen steif und schmerzvoll zu sein schienen, je näher Ukitake kam. Am Rand von Rukias Futon sank Ukitake in den Seiza. Er schnalzte mit der Zunge. "Armes Lamm." Renji war sich nicht sicher, ob Ukitake Ichigo oder Rukia meinte – nicht, dass es von Bedeutung wäre. "Sollten sie schon auf sein, Kommandant?", fragte Renji. "Sie sind verletzt." Ukitakes Hand ruhte für einen Moment auf seiner Brust. "Das ist ein ganz anderer Schmerz als der, mit dem ich sonst lebe. Es ist seltsam erfrischend." Zuerst konnte sich Renji nicht vorstellen, dass irgendeine Art von Schmerz 'erfrischend' sein konnte, doch dann erinnerte er sich daran, dass ein überdehnter Muskel nach einer intensiven Trainingseinheit im Dojo oft auch der Schmerz war, den er mit Fortschritt assoziierte. Also wer war er, das zu verurteilen? Außerdem würde er nicht mit einer Person darüber diskutieren, wie er sich fühlte. Noch weniger mit einem Kommandanten. Ukitake tätschelte Rukias Fuß, eine Geste, die sowohl plump als auch tief väterlich wirkte. Er war Renji einen unruhigen Blick zu, doch sagte nichts. Renji streichelte sanft über Rukias Haare. „Sie wollte nicht von seiner Seite weichen. Ich habe mich wie ein Arsch gefühlt, als ich sie hierher geschleppt habe. Sie hätte sich gegen mich gewährt, wenn Urahara nicht gemeint hätte, dass er sie rechtzeitig alarmieren würde, damit sie Ichigo sehen konnte, wenn er aufwachte. In einem kurzen Zeitfenster, bevor...“ Renji konnte sich nicht dazu bringen, es auszusprechen. Ukitake nickt traurig und verstehend. „Sie werden sich gerade lange genug sehen, um sich zu verabschieden.“ „So ziemlich, ja“, sagte Renji und zog, bei dem Gedanken, Rukia in eine kleine Umarmung. Sie starrten Rukia für einige stille Minuten an, bevor Ukitake sagte: „Ich bin froh, dass sie einen Freund heute Nacht bei sich hat. Soll ich Byakuya sagen, wo du bist?“ „Aw, das wäre eine Erleichterung, Kommandant. Ich bin zu Dank verpflichtet“, nickte Renji. Ukitake nickte abwesend. Nach einem nachdenklichen Blick durch den Raum, fragte er: „Denkst du, sie würde in einem eigenen Raum besser schlafen? Das Quartier des Vizekommandanten ist leer.“ Kaien altes Zimmer? Wäre das besser oder... gruselig? Würde es Rukia an den anderen Soldaten erinnern, den sie geliebt hatte und der mit dem ultimativen Opfer gezahlt hatte? Keinen Geringeren als den, den sie ein weiteres Mal getötet hatte? „Ich weiß es nicht, Kommandant. Ihre Sachen sind hier und ich bin mir sicher, dass sie aufwachen würde, wenn ich sie trage.“ „Ah, ja. Du hast natürlich recht.“ Renji war schon ein wenig überrascht gewesen, dass Rukia kein eigenes Zimmer hatte, da sie ja eine Kuchiki und all das war. Doch sie war auch eine von der Sorte, die nicht nach Sonderbehandlung fragte... besonders als Kaien noch lebte und – nun ja, im Grunde war sie trotz alledem ranglos. „Es ist nicht der Platz, es zu sagen, doch sie hat sich diesen Raum auch so verdient“, sagte Renji. „Oh, das weiß ich“, sagte Ukitake mit einem matten Lächeln. „Für wen denkst, spare ich diese Position auf? Doch die Lage war... unangenehm nachdem sie gerade frisch aus dem Gefängnis kam. Nicht, dass ich Zeit gehabt hätte, sie zu befördern! Sie rannte direkt hinter Ichigo her, bevor ich überhaupt 'Buh' sagen konnte.“ Renji hatte darüber gar nicht nachgedacht. „Ja, so war das.“ Ukitake streckte sich auch und tätschelte Rukias besockten Fuß erneut. Mit einem Seufzen stand er auf. Er bewegte sich langsam und vorsichtig, viel mehr wie der alte Mann, der er tatsächlich war. „Ich vermute, es gibt hier nichts, was ich für sie heute Nacht tun kann. Sag ihr, wenn sie wach wird, dass ich eine Teekanne aufgesetzt habe.“ „Ja, Kommandant.“ Ukitake schob seine Haare aus dem Gesicht – eine müde Geste. „Ich sende einen Schmetterling für dich. Byakuya erwartet vermutlich unruhig Nachrichten von euch beiden.“ Renji nickte. „Vielen Dank, Kommandant. Eine gute Nacht.“ „Ja“, sagte er. „Versuche auch etwas Schlaf zu bekommen, Renji. Es war für uns alle eine lange Schlacht.“ Renji wünschte, er hätte Zeuge des Kampfes sein können, in dem Ukitake verletzt wurde, besonders da es bedeuten musste, dass auch Kyōraku gekämpft hatte. Vielleicht hatte Kira etwas davon gesehen. Renji musste von irgendwem Details bekommen, der da gewesen war. Denn wie war das überhaupt, diese beiden mit ihren doppelten Klingen? Renji hatte Gerüchte gehört, dass auch der Generalkommandant einige Attacken rausgehauen hatte. Das musste sicher auch ein Anblick gewesen sein. Ukitake war genauso leise gegangen, wie er gekommen war. Renji atmete tief durch und versuchte zu schlafen. Zum Glück konnte ein alter Inuzuri-Hund überall schlafen. Es waren die gleichen Inuzuri-Instinkte, die ihm am Morgen Augen auf sich spüren ließen. Seine eigenen Augen riss er auf, um eine Ansammlung von ranglosen Offizieren zu sehen, die um den Platz herum saßen, an dem er und Rukia gegen die Wand gelehnt saßen. Eine von den Kühneren, eine Frau mit Irokesenschnitt und einem Augenbrauen-Piercing, lehnte sich auf ihren Handflächen nach vorne und fragte: „Haben wir gewonnen, Vizekommandant?“ Renji nickte. „Haben wir. Ichigo hat Aizen besiegt.“ Rukia erwachte blinzelnd vom Klang von Renjis Stimme. Er stupste sie an. „Sie wollen davon hören, Rukia. Du solltest es ihnen sagen. Ihre großen, violetten Augen blinzelten zu ihm auf. Sie waren rot unterlaufen und geschwollen. Er konnte sehen, wie sehr sie nur ‚Nein‘ sagen und sich verstecken wollte, aber er stupste sie erneut an. „Erzähl ihnen von Ichigo. Wie tapfer er war. Wie verdammt knallhart.“ Das ließ sie ein klein wenig lächeln. „Er hat sogar ohne Getsuga Tensho einen Berg entzweit.“ Renji nickte und warf den Leuten einen wissenden Blick zu. „Knallhart.“ Ein anerkennendes „oooooh“ kam von den Versammelten. Das Irokesen-Mädchen klatschte in die Hände. „Du musst uns alles erzählen, Rukia! Bitte?“ Sie kam unter Renjis Arm hervor. Er konnte spüren, wie sie ihre Schultern hob. Sie schien zu zögern, also fragte er ein paar bedeutsame Momente ab, die meisten davon hatten sie sicher schon gehört, aber das war nicht wichtig. Wichtig war, dass Rukia sich daran erinnerte, warum Ichigo getan hatte, was er getan hat. Warum es das Opfer wert war. Sobald sie in Fahrt kam, nahm er Zabimaru auf und ließ sie alleine. Er nickte ihr zu, um sie wissen zu lassen, dass er später zurückkam, um nach ihr zu schauen. Sie würde das oft brauchen: nachschauen, trinken gehen und leise Zeiten, in denen sie nicht redeten… Obwohl sie oft so tat, hatte sie offensichtlich viele Freunde und Bewunderer. Sie würde nicht ohne Unterstützung sein. Renji war ein ziemlich beschissener Freund im letzten halben Jahrhundert gewesen. Er hatte einiges nachzuholen. Und begann jetzt damit. Renji versuchte sich leise aus der Dreizehnten zu schleichen, doch Kommandant Ukitake wollte ihn nicht gehen lassen, ohne ihm die Gastfreundschaft der Kantine und einer privaten Schale Tee zu zeigen. Ukitake saß Renji gegenüber auf der langen Terrasse mit Ausblick auf den See, beobachtete unruhig sein Gesicht. Renji wurde langsam bewusst, wie schnell er das Ochazuke, ein Gericht mit übrig gebliebenem Reis und Tee, in seinen Mund schaufelte. Ukitake lächelte über den Rand seiner Teeschale. „Du kannst atmen, oder?“ „Oh, uh“, Renji setzte die nun leere Schale vor seinen, im Schneidersitz verschränkten, Beinen. „Ich glaube, ich habe gar nicht bemerkt, wie hungrig ich war. Und es ist… ähm, Essen für die Seele, das einfache Zeug.“ „Oh, ja! Ochazuke ist Shunsuis liebtes Kateressen“, sagte Ukitake erfreut. Das kleine Lachen, dass ertönte, schien an den Wundnähten oder so zu ziehen, denn er zuckte zusammen, bevor er hinzufügte: „Nun ja, neben diesem stinkenden, pinken Zeug, was ein fürchterlicher Likör ist, den er aus dem Diesseits mitgebracht hat. Erdbeere und Sour Mash Whiskey.“ Das war das also? Konterplempe*, richtig? Renji grinste und erinnerte sich, wie er sich nach seiner ersten Nacht mit Byakuya ein wenig dieses Gemischs ‚geliehen‘ hatte. „Wenn du gehst“, fuhr Ukitake fort, der unruhige Ausdruck kam zurück. „Ich verstehe es so, dass du glaubst, dass Rukia sich… genug erholt hat, um alleine zu sein?“ Ah! Darum wollte der Kommandant ihn nicht gehen lassen. „Ja“, sagte Renji und dachte daran, ihn damit zu trösten. Doch dann entschied er sich, dass er Rukias Kommandanten nicht anlügen würde. Daher begann er erneut: „Ah, nein – das wird noch Zeit brauchen. Ich werde mit jeder Menge Eis und Bier zurückkommen, wenn sie wissen, was ich meine?“ Ukitake schien in Gedanken zu versinken, darüber nachzudenken. Der Winterwind wühlte die Oberfläche des Sees auf. Schilf beugte sich und raschelte. Eine einzelne Mangrovenweihe flog über das Ufer, um nach Fröschen zu jagen. „Sie ist zäh“, sagte Renji, als Ukitake weiterhin still blieb. Zweifellos dachte Ukitake über dieselbe Sache wie Renji: Kaien. Das war hart für Rukia gewesen… das hatte Renji zumindest so gehört. Sie hatten sich damals nicht nahe gestanden, doch sie hatte dem getrotzt und das musste in so vielerlei Hinsicht schlimmer gewesen sein. Sie hatte Kaien mit ihren eigenen Händen getötet und ihre Liebe zu ihm war verboten gewesen, da er verheiratet gewesen war. Ichigo lebte. Rukia liebte ihn mühelos mehr, als jeder sonst. Das würde nicht einfach werden, egal wie man es sich in Gedanken zurechtlegen konnte, doch da musste auch ein wenig Trost in der Sache liegen. Nein, Renji wusste, dass es so sein würde. Sie hatten beide so viel in Inuzuri verloren – so viele verschiedene Arten von Dingen. „Sie weiß das Leben zu schätzen, Kommandant, und Ichigo lebt noch“, sagte Renji. „Das ist wichtig. Ohne Frage, die Sache wird hart für sie beide sein. Doch diese Tatsache wird sie im Herzen behalten. Sie ist geduldig und sie wissen ja, seine Seele wird auf jeden Fall zu uns kommen“, egal wie er enden würde. Tatsächlich vermutete Renji, dass Ichigo wenn nötig aus der Hölle ausbrechen würde, um zu Rukia zu gelangen. Schau was er getan hatte, als Rukia ihn gebeten hatte, ihm nicht zu folgen. Ichigo wäre zig Tausend Mal unaufhaltsamer, wenn er wüsste, dass sie auf der anderen Seite auf ihn warten würde. „Hmmm“, murmelte Ukitake zweifelnd. „Nun ja, sie ist widerstandsfähig und sie hat ihre Freunde um sich herum.“ Ukitake warf ihm einen bedeutungsvollen Blick zu und Renji sagte: „Ja, Kommandant, das hat sie.“ „Gut.“ Das war eine Offizielle Entlassung, also sammelte Renji seine Schalen ein und brachte sie zur Kantine zurück. Ukitake ging neben ihm her, als er seine eigenen Schalen zurückbrachte und dann in Richtung Tor ging. „Richte Byakuya liebe Grüße von uns aus“, sagte Ukitake. „Wir hätten euch beide immer noch gerne irgendwann einmal zum Abendessen bei uns.“ Ja, das war es, was die ganze Zeit gefehlt hatte. „Wo ist eigentlich ihr Partner?“ „Oh, Shunsui? Er spielt mit den Schatten. Er wird eine Woche lang betrunken sein!“ „Oh… uh“, Renji war sich nicht sicher, was er sagen sollte. Vor allem, da Ukitake ihn anlächelte, als hätte er etwas völlig Harmloses und Gewöhnliches gesagt. „Ok. Nun ja, ähm… Wir sehen uns später. Ich komme zurück und schaue nach Rukia, sobald ich kann.“ „Gut, gut“, sagte Ukitake immer noch lächelnd, als er zum Abschied winkte. Als Renji am Tor der Sechsten aus dem Shunpo trat, gaben die Wachen ihm mit einem breiten Grinsen, einen Klaps auf den Rücken und ein „Gut, sie wieder hier zu haben, Vizekommandant!“, auf das Renji mit einem Lachen und einem „So schlimm war es doch nicht, oder?“ reagierte. „Der Kommandant hat eine Doppelschicht in der Nacht geschoben“, sagte die Größere der beiden, eine Frau mit auffälligen, goldenen Haaren, die wie ein Büschel auf ihrem Kopf aussahen. Renji konnte sich daran erinnern, dass sie Koemi hieß, denn trotz all ihrer Zähheit hatte sie ein kleines, mädchenhaftes Lachen. Sie ließ eines davon ertönen und fügte hinzu: „Das war… in-teressant.“ Renji lehnte sich gegen die innengelegene Mauer und ließ den Sonnenschein sein Gesicht wärmen. „Darauf wette ich. Sag mir nicht, dass er versucht hat, das Training zu führen.“ „Nein, Gott sei Dank nicht“, sagte sie. Sie tauschten ein Grinsen aus, erinnerten sich dabei an Byakuyas Versuch, der Division ein paar Hakuda-Formen zu zeigen. Byakuyas Bewegungen waren so schnell gewesen, dass sie niemand hatte sehen, noch weniger ihnen hatte folgen können. „Doch ich dachte, dass ein paar Leute im Gefängnis oder auf dem Hinrichtungsplatz enden würden.“ Renji schüttelte nur den Kopf. „Selbst schuld, wenn sie meinen, die Geduld des Kommandanten auf die Probe zu stellen wäre etwas anderes als selbstmörderisch. Apropos, ist er da? Oder muss ich den ganzen Weg zum Anwesen laufen?“ Die andere Wache antwortete mit einem Schnauben. „Machst du Witze? Der Kommandant versteckt sich seit er wieder zurück ist vor seiner Tante. Ich glaube, eine große Anzahl von Cousinen kommen wegen… seinem Geburtstag, vielleicht?“ Er kratzte sich am kurzgeschorenen Kopf und zuckte dann mit den Achseln. „Wie auch immer, er hat sich in seinem Büro verschanzt.“ Byakuyas Geburtstag? Scheiße, war es schon Ende Januar? Renji verabschiedete sich und stieß sich von der Mauer ab. Als er über den Übungsplatz ging, nickte ihm die 4.-nun-3. Offizierin dankbar und willkommen heißend zu. Renji deutete zu der Tür des Kommandanten und machte dann eine Geste für 5 Minuten, um sie wissen zu lassen, dass er so schnell wie möglich zurückkam, um einen Statusreport zu wollen und auf dem neusten Stand gebracht zu werden. Er stieg die vertrauten Stufen hoch und war überrascht, wie sehr er sich ‚zu Hause‘ fühlte. Er hatte kein Recht darauf, da er noch nicht lange Vizekommandant war – und die Hälfte der Zeit war er noch nicht einmal da gewesen. Dennoch ergaben die Dächer ihrer Hauptverwaltung, der Kantine und dem Dojo ein Muster, das genauso unter seine Haut gegangen war, wie jedes seiner Tattoos. Er hatte kaum die Sandalen ausgezogen, als von der anderen Seite der Tür Byakuya nach ihm rief: „Wie geht es Rukia?“ „So gut, wie du es vielleicht erwartest.“ Renji schob die Tür auf und steckte den Kopf hinein. Byakuya saß auf seinem gewohnten Platz hinter dem niedrigen Schreibtisch. Bücherregale waren an der Wand aufgereiht. Die Reste vom Frühstück standen auf einem Tablett in dem kleinen Bereich mit Kissen am Fenster, von der Renji immer als ‚ihre Ecke‘ dachte. Der starke Geruch von teurem Tee füllte den Raum. „Also wirklich beschissen.“ Byakuya nickte, säuberte seinen Pinsel und legte ihn zur Seite. „Es überrascht mich, wie… betrübt ich über diese Wendung bin. Ich dachte, es würde Saftpäckchen auf ihrer Hochzeit geben.“ Renji setzte sich Byakuya gegenüber im Schneidersitz hin und seufzte. „Ich auch.“ „Wird sie ihn besuchen?“ „Ich weiß es nicht“, sagte Renji und zog nachdenklich an dem Stoff seines Hakama. „Er kann sie so nicht sehen, aber sie könnte im Gigai zu ihm gehen. Aber ist es fair für ihn? Er wird so lange als Mensch leben müssen, bis er stirbt.“ „Ich vermute, es ist undankbar, ihm einen früheren Tod zu wünschen?“, fragte Byakuya so emotionslos, dass Renji sich nicht sicher war, wie er reagieren sollte. Vor allem, nachdem Byakuya hinzufügte: „Unfälle passieren.“ Renji lachte. „Himmel, Kommandant, du hast ihn bereits einmal getötet.“ Das leichte Heben seiner Augenbrauen war Byakuyas einzige Antwort darauf, bevor er mit der Stirn runzelte. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Kurosaki glücklich sein wird. Vielleicht wäre das ein Gnadenstoß.“ „Ich bin mir ziemlich sicher, dass das illegal ist“, sagte Renji, denn Byakuya klang nicht nur ernster, sondern er hatte ein paar ziemlich gute Argumente. „Außerdem, glaubst du nicht, dass Urahara Ichigo vor einen Bus schubsen würde, wenn es das wäre, was notwendig ist? Urahara ist bereits ein Gesetzloser und so kommst du auch nicht in den Knast.“ "Mmmmm, hervorragender Punkt", stimmte Byakuya trocken zu. Er griff nach der Teeschale, die auf Höhe seines Ellbogen stand. Er nahm einen abwartenden Schluck, runzelte dann die Stirn, offensichtlich weil der Tee entweder leer oder kalt geworden war. Er wandte sich der Teekanne zu, holte dabei automatisch eine zweite Schale und stellte sie vor Renji ab. "Möchtest du Tee, Renji?" Renji lächelte, erinnerte sich wie er, vor nicht allzu langer Zeit, an diesem Fleck gesessen und Byakuya dabei beobachtet hatte, wie er sich selbst Sake ausgeschenkt hatte und sich fragte, ob er jemals etwas zu trinken angeboten bekommen würde. „Sicher. Das wäre nett. Danke.“ „Ich habe nachgedacht“, sagte Byakuya, nachdem er den Tee ausgeschenkt hatte. Renji wartete darauf, dass Byakuya fortfuhr. Als er das nicht tat, nahm er einen Schluck Tee und fragte: „Oh? Sollte ich mir Sorgen machen?“ Ein kleines Lächeln kräuselte sich auf Byakuyas dünnen Lippen, welches aber überraschend schelmisch aussah. Renji fühlte, wie ihm bei dem Anblick ein aufgeregter Schauer seine Wirbelsäule hinunterlief. „Vielleicht“, gab Byakuya zu. „Nachdem... ich meine, erinnerst du dich, bevor du ins Diesseits aufgebrochen bist, ich dir versprochen habe, dich angemessen zu hofieren?“ „Ja, du hast mir all diese Liebesbriefe geschrieben“, sagte Renji mit einem liebevollen Grinsen und einem kleinen Zwinkern. Byakuya sah für einen Moment verblüfft aus. Als er sich erholt hatte, sagte er mahnend: „Renji. Das sollte niemals alles gewesen sein.“ Oh? Mehr hofieren? Was zum Teufel war dafür erforderlich? Renji runzelte sein Spiegelbild im Tee an, seine Finger trommelten gegen den feinen Porzellanrand. „Ist es nicht ein bisschen zu spät dafür, mich in einen Raum zu setzen und mir hinter einem Wandschirm ein Ständchen zu singen? Ich meine, Himmel: Wir haben ein Sicherheitswort.“ „Durchaus. Ist das nicht Teil unseres Problems? Dass wir ein Sicherheitswort haben, bevor ich dir Blumen gebracht habe?“ „Das ist ein Feature, kein Bug“, schnaubte Renji. Auf Byakuyas ausdruckslosem Blick hin, erklärte er: „Ein paar Kerle mögen es einfach. Glaubst du wirklich, ich bin von der Sorte, die zuerst Blumen brauchen?“ Byakuya suchte Renjis Blick und hielt Blickkontakt. „Das tue ich. Ich denke, vielleicht wurde dir diese Möglichkeit nie angeboten. Ich würde sie dir gerne geben.“ Renji steckte sich ein Finger ins Ohr und versuchte zu begreifen, was hofieren alles beinhalten würde. „Du wirst mir Blumen bringen und Gedichte schreiben?“ „Nein, du bist der Poet.“ Ein neckisches Lächeln zog wieder an Byakuyas Mundwinkeln. Renji spürte, wie er bei dem Gedanken an seinen poetischen Versuch errötete und wie sehr es Byakuya immer noch erfreute. Byakuya nahm einen weiteren Schluck von seinem Tee und sagte dann ernst: „Doch ich würde dich gerne in die Stadt ausführen, mit dir prahlen... dich verwöhnen.“ Renji musste zugeben, dass das ziemlich gut klang. „Ja, aber wir haben immer noch Sex, richtig? Also ungefähr jede Menge.“ Byakuya blinzelte. „Sei nicht töricht: natürlich.“ „Ok“, sagte Renji mit einem Schulterzucken. „Ich denke, wir können 'hofieren'. Doch du musst zulassen, dass ich dich zurück hofiere.“ „Muss ich das?“ „Ja, das musst du. Ich mache deine Sachen, wenn du meine Sachen machst.“ Byakuya dachte darüber nach, während er mehrfach an seinem Tee nippte. Dann sagte er schlussendlich: „Also gut. Das ist akzeptabel.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)