Liebe bedeutet... von Yosephia ([OTP-Challenge - NaLu, Stingue, IgneelWeiß]) ================================================================================ [März 3/3] – Getting lost together – NaLu ----------------------------------------- „Ich kann’s nicht fassen, dass ich mich darauf eingelassen habe!“ Wütend stampfte Lucy hinter Natsu her durch den Wald. Wohl bemerkt durch den dunklen, nassen und sehr gruseligen Wald. Ohne Taschenlampe, in Flipflops, nur mit Top und Minirock bekleidet, hungrig und müde und bei Regen! Es mochte warmer Sommerregen sein, aber dafür konnte man die Hand nicht vor Augen sehen und jeder verkrüppelte Baum erschreckte Lucy aufs Neue. Im Grunde schwankte sie schon seit einer Stunde zwischen Angst und Wut. Um sich von Ersterem abzulenken, konzentrierte sie sich dann doch meistens auf letzteres. Da hatte sie wenigstens jemanden, an dem sie es auslassen konnte. Natsu zuckte im Gehen sorglos mit den Schultern und selbst im Dunkeln konnte sie sein breites Grinsen sehen. „Wir müssen wohl den richtigen Weg verpasst haben.“ „Was du nichts sagst!“, rief Lucy. „Wir hätten gar nicht erst den Hauptweg verlassen dürfen! Du hast mir versprochen, dass wir so auch zurück ins Hotel kommen!“ „Reg’ dich doch nicht so auf. Das hier ist doch auch cool“, lachte Natsu und machte eine Geste, die den ganzen Wald einfasste. Was daran cool sein sollte, war Lucy ein Rätsel. Im Gegensatz zu ihr lief Natsu sogar barfuss herum und trug nur seine Badehosen. Und auf dem Waldboden lagen kleine Steinchen und Stöcke, das konnte Lucy auch durch die Schaumstoffsohlen ihrer Flipflops spüren. „Das. Ist. Überhaupt. Nicht. Cool!“, jaulte Lucy und stemmte die Hände in die Hüfte, in einem Versuch, sich selbst noch etwas mehr hoch zu schaukeln, damit die Tränen sich zurückhalten ließen. Sie hatte sich so sehr auf den gemeinsamen Urlaub mit ihren Freunden gefreut. Seit sie sich nach dem Schulabschluss in alle möglichen Richtungen zerstreut hatten, gab es kaum noch eine Gelegenheit, um mal in der großen Gruppe zusammen zu kommen. Ihre Studien-, Ausbildungs- und Arbeitszeiten hatten die dumme Angewohnheit, sich immer wieder sehr ungünstig zu überlappen. Aber für diesen Urlaub hier hatten sie alle sich den Termin schon seit mehr als einem Jahr frei gehalten. Fünf Jahre war es her, dass sie alle zusammen etwas unternommen hatten, und sie hatten einander so viel zu erzählen, was in Briefen, Emails und Telefonaten einfach keinen Ausdruck finden konnte. Abends noch mal zum Strand zu gehen, um diesen ganz für sich zu haben, war noch super gewesen. Sie hatten zusammen gelacht, hatten einander Wasserschlachten geliefert, hatten im Mondlicht Sandburgen gebaut und lauter dumme Nachrichten in den Sand geschrieben. So großartig hatte Lucy sich schon ewig nicht mehr gefühlt. Dann hatten sie bemerkt, wie Jellal und Erza sich abgesetzt hatten. Sie waren alle neugierig gewesen, aber als Lucy gesehen hatte, wie Jellal sich zu Erza herunter beugte, hatte sie die Anderen regelrecht vom Strand geprügelt. Nur Gajeel hatte sich partout nicht überzeugen lassen und Levy war bei ihm geblieben, um sicher zu gehen, dass er das Pärchen wenigstens in Ruhe ließ. Maulend, weil ihnen die Show entging, hatten Natsu und Gray sich eine andere Beschäftigung gesucht: Ein Wettrennen zurück zum Hotel. Gray hatte sich als erster durch die Büsche geschlagen, Juvia selbstverständlich auf den Fersen. Daraufhin war Lucy von Natsu an einer anderen Stelle vom Hauptweg weg gezogen worden. Und nun standen sie hier. Alleine. Verirrt in einem unbekannten Wald. Ohne Handys. Ohne irgendetwas, das ihnen aus dieser furchtbaren Situation heraus helfen konnte. So hatte Lucy sich die zweisame Zeit mit Natsu nicht vorgestellt… „Du hast alles verdorben!“, klagte sie mit brüchiger Stimme, schob sich an Natsu vorbei und stapfte einfach weiter in den Wald. „Was habe ich verdorben?“, fragte Natsu verständnislos. „Lucy, warum weinst du?“ Sie strafte ihn mit Missachtung und stapfte weiter, wobei sie versuchte, die Tränen einfach zu ignorieren, aber der Damm in ihrem Inneren bekam immer mehr Risse. Es kostete sie alle Beherrschung, die Schluchzer zu unterdrücken und ihre Hände nicht zu heben, um die Tränen fort zu wischen. Als Natsu eines ihrer Handgelenke umfasste und sie zurückhielt, behielt sie ihm stur den Rücken zu gedreht und holte tief Luft. Auf keinem Fall würde sie jetzt die Beherrschung verlieren. Um nichts in der Welt würde sie ausgerechnet hier zugeben, dass sie Natsu von all ihren Schulfreunden am meisten vermisst hatte. Dieser aufgedrehte Dummkopf, der einfach mal für drei Jahre auf einem anderen Kontinent verschwunden war, ohne Handy und ohne feste Adresse, um alle paar Monate eine lausige Postkarte zu schicken. Er hatte während seiner Schulzeit oft davon geredet, dass er das machen wollte, aber als er sich bei der Abschlussfeier von ihnen allen verabschiedet hatte, hatte Lucy dennoch der Schlag getroffen. Schon allein aus Trotz hatte sie danach versucht, sich einzureden, dass es ihr egal war und dass sie ohne ihn weiter machen konnte. Sie war mit Loke ausgegangen. Dann mit Hibiki. Zuletzt mit Bora. Letzteres war eindeutig ein großer Fehler gewesen und hatte darin geendet, dass Lucy sich vor Scham Wochen lang bei ihren Eltern verschanzt hatte, bis Levy sie regelrecht überfallen hatte, um ihr von dem geplanten Urlaub zu erzählen. Sie hatte gehofft, dieser Urlaub wäre ihre Chance, um endlich mit Natsu über alles zu reden, was sie Jahre lang in sich hinein gefressen hatte. Sie hatte nur auf einen geeigneten Moment gewartet, wenn sie mal nur zu zweit wären. „Lucy, was habe ich verdorben?“, fragte Natsu noch einmal, dieses Mal ungewöhnlich ernst. „Ich habe dir doch versprochen, dass ich dich zum Hotel bringe, oder nicht? Habe ich jemals ein Versprechen gebrochen?“ „Woher soll ich denn das wissen? Du hast in den letzten Jahren doch sowieso nur das gemacht, was du wolltest!“, fauchte Lucy und entriss Natsu ihre Hand, um weiter zu laufen. „Du und deine blöden Abenteuer! Und andauernd ziehst du mich mit in deinen Ärger hinein!“ Sie bemerkte selbst, dass ihre Stimme mittlerweile hysterisch klang, aber sie konnte gar nicht mehr aufhören. „Ich dachte, ich hätte dich vermisst, aber jetzt weiß ich es besser!“ Als der Riemen eines ihrer Flipflops riss, verlor Lucy den Halt und wäre wahrscheinlich nach vorn gefallen, wenn sich nicht im letzten Moment zwei muskulöse Arme um ihre Taille geschlungen hätten. Schnell wollte sie sich frei strampeln, aber Natsu ließ sie nicht mehr los, zog sie sogar noch näher an sich. „Du hast deine Pläne auch ohne mich gemacht, Lucy“, stellte Natsu leise fest. So ernst klang er selten. Normalerweise war er immer der heitere, lustige Natsu, immer für Späße bereit. Wie oft hatte Lucy sich darüber beklagt, dass er nie etwas ernst nahm, immer unvernünftig und kindisch war? „Du hast dich für das Studium in Crocus beworben mit all diesen Stipendien und keine Ahnung, was noch alles. Und du hast auf keine meiner Einladungen reagiert, als ich zurück in Magnolia war. Als ich dich in Crocus besucht habe, warst du zu beschäftigt… Aber das war alles okay, weil es nun einmal das war, was du machen wolltest. Du und dieses Studium, das war schon immer eine sichere Sache.“ Ja, sie und dieses Studium… Schon als kleines Mädchen hatte sie immer davon geträumt, eines Tages Ärztin zu werden. Und die Medizinische Fachhochschule in Crocus war die beste im ganzen Land, war sogar über die Grenzen Fiores hinaus bekannt und hoch geschätzt. Für dieses Ziel hatte Lucy sich zu Schulzeiten fürchterlich abgestrampelt und hatte alle Gedanken daran, dass zwischen ihr und Natsu mehr sein könnte, immer von sich geschoben. Erst als er fort gewesen war, hatte sie bemerkt, was für ein riesiger Fehler das war. „Lass’ mich wieder los“, verlangte sie heiser und wischte sich hastig über die Augen. Doch anstatt auf sie zu hören, drehte Natsu sie an den Schultern herum und zog sie wieder an sich. Jetzt ruhte ihre Wange an seiner nackten Brust und sie konnte seinen Herzschlag unter ihrer Hand spüren, als sie versuchte, sich dagegen zu stemmen. Nach mehreren halbherzigen Versuchen gab sie es auf und lehnte sich weinend gegen Natsu, der sie noch fester an sich zog und beruhigend über ihre Haare strich. Es war befreiend, sich einfach einmal alles von der Seele zu weinen. Jahre lang hatte Lucy alles herunter geschluckt, hatte sich in ihr Studium und in flüchtige Liebesaffären mit Männern gestürzt, von denen sie genau gewusst hatte, dass sie Natsu nicht ersetzen konnten. Loke und Hibiki hatten sie sogar unabhängig voneinander darauf angesprochen, aber sie war den Beiden immer eine Antwort schuldig geblieben. Selbst nach der Sache mit Bora hatte Lucy sich geweigert, sich mal so richtig bei ihren Eltern oder bei ihren Freundinnen auszuweinen. Aber Natsu hatte etwas an sich, dass sie schwach machte. Auf eine ganz und gar positive Weise. Auch als sie sich endlich beruhigt hatte, hielt sie sich weiter an Natsu fest und er ließ es zu, das Gesicht nun halb in ihren Haaren vergraben, seine Hände an einer ungefährlichen Stelle an ihrem Rücken. Sein Körper war unglaublich warm, als hätte er die Sonnenstrahlen gespeichert. Und er roch gut. Er war jetzt auch noch muskulöser als früher, seine Gesichtszüge markanter, an ihrer Stirn spürte Lucy, dass er Bartstoppeln am Kinn hatte. Verlegen stemmte sie sich nun doch von ihm weg. Dieses Mal ließ er sie gewähren, auch wenn er sofort eine ihrer Hände ergriff, um sie fest zu halten. Lucy protestierte nicht. Es fühlte sich zu gut an, um zu protestieren. Sie hob den kaputten Flipflop auf und zog sich auch gleich noch den anderen aus, um dann barfuss weiter zu gehen, Natsu an ihrer Seite, ihre Hand so selbstverständlich in seiner, als wäre es schon immer so gewesen. Wie wären ihre Leben wohl verlaufen, wenn Lucy ihm schon zu Schulzeiten gestanden hätte, dass es da mehr als nur Freundschaft zwischen ihnen gab? Wie weit wären sie jetzt, wenn sie seine Einladungen nicht in den Müll geworfen hätte? Was wäre aus ihnen geworden, wenn sie Natsu nicht abgewimmelt hätte? Wie viele Chancen hatten sie damit verpasst? „Es tut mir Leid…“, nuschelte Lucy und blickte beschämt auf den Waldboden hinunter. Erst jetzt bemerkte sie, dass sie wieder mehr sehen konnte. Der Regen hatte aufgehört und durch einige Lücken in der Wolkendecke schien wieder fahles Mondlicht. Es war beinahe romantisch zu nennen, sie Beide alleine, Händchen haltend und im Mondlicht. „Was denn? Ich bin doch schuld daran, dass wir hier durch den Wald irren.“ „Ich glaube, wir haben uns schon viel früher verlaufen“, murmelte sie nachdenklich. Darauf schwieg Natsu lange, auch wenn er ihre Hand noch ein wenig fester hielt. Irgendwann verschränkten sich ihre Finger miteinander und sie kamen einander näher, sodass Lucy wieder Natsus Wärme spüren konnte. Auf einmal kam es ihr hier in diesem dunklen Wald gar nicht mehr gruselig vor. Auf einmal war es sehr beruhigend, mit Natsu im Dunklen zu tappen. „Zumindest tun wir es nicht alleine“, sagte Natsu schließlich und ließ ihre Hand los. Schon wollte Lucy protestieren, aber dann schlang er einen Arm um ihre Schultern und zog sie noch fester an sich. Mit heißen Wangen blickte sie zu Natsu auf, der untypisch verlegen zu ihr hinunter grinste. Scheu lächelte sie zurück und lehnte sich dann im Laufen an ihn, einen Arm um seine Taille geschlungen. Der Rest des Weges kam ihr wie ein Traum vor. Viel zu schnell kamen sie am Hotel an – wie auch immer Natsu es geschafft hatte, sie immer in die richtige Richtung zu dirigieren. Kurz bevor sie in die Lobby traten, ließen sie einander los. In der Lobby konnte Lucy Juvia und Levy erkennen, die immer wieder nervös auf ihre Handys starrten. Wahrscheinlich waren die Anderen auf der Suche nach ihr und Natsu. Es war an der Zeit, sie zu beruhigen. Trotz dieses Gedankens drehte Lucy sich noch mal zu Natsu herum und blickte in seine dunklen Augen. „Du hast dein Versprechen gehalten, wir sind wirklich wieder im Hotel.“ Für einen Moment zuckte das übliche Grinsen über seine Lippen, aber dann wurde es zu einem weichen Lächeln, als er sich zu ihr herunter beugte und seine Stirn gegen ihre lehnte. „Wir haben zusammen einen Weg gefunden.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)