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Unter den Schwingen des Horusfalken

von

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Menka


 

M

eruka sah sich noch einmal in dem Hof um. Leider bewies der nur zu deutlich, dass dieser Palast nur für drei Tage im Jahr bewohnt werden sollte. Nur überaus wenige Bäume boten Schatten. Selbst der Sommerpalast an der Pyramidenbaustelle verfügte über Wasserbecken, weinbewachsene Kioske und blumenumsäumte Ruheplätze – aber der lag ja auch nicht oben auf dem Wüstenplateau sondern am Rand des fruchtbaren Landes.

Er bemerkte einen älteren Mann, der sich, auf seinen Stock gestützt, ihm wohl nicht zu nähern wagte. Eine schmale goldene Kette mit einem Amulett daran bewies, dass es sich vermutlich um den Dorfvorsteher handelte. Natürlich war dieser in Sorge um seine Mitbewohner. Falls ihnen Nachlässigkeit unterstellt werden würde, drohten ihnen mindestens kollektiv Schläge, wenn nicht eine Versetzung als Leibeigene in irgendeine Domäne. So ging Meruka auf ihn zu.

„Du bist der Dorfvorsteher,“ stellte er sachlich fest.

„Ja, edler Herr, oder sagt man Sonderermittler? Mein Name ist Minnacht. Darf ich fragen, wie ich dir behilflich sein kann? Die Frauen würden gern mit dem Backen der Brote anfangen, das Ragout für das Abendessen müsste eingelegt werden, sagte der Koch des Königs ...“

„Sage mit doch zunächst, wie der Palast aussieht, wenn der mächtige Horus, er lebe, sei heil und gesund, nicht hier weilt. Sind die Tore offen?“

„Oh nein. Schon, um den Sand abzuhalten, werden sie geschlossen. Das Außentor hat zwar nur innen einen Riegel, aber dort hinten befindet sich eine kleine Tür, die man von außen öffnen kann. Wenn allerdings, wie jetzt, der mächtige Horus hier weilt, wird auch sie von ihnen mit einem Riegel versperrt. Überdies – ja, sieh nur, da steht ein Wächter. Dort gehen wir hinein und öffnen erst später das große Tor. Auch das Holztor am Palast selbst ist geschlossen. Wir Männer schaufeln dann den Sand in die Wüste, der trotz allem immer selbst in das Gebäude kommt, dann fegen die Frauen und putzen die Fliesen und Wände. Ich kann mir nicht vorstellen, wie eine Schlange dort hineingekommen ist und wir sie überdies alle übersehen hätten.“ Minnacht atmete etwas durch, da der Sonderermittler nicht widersprach. Er hatte gehört, dass dieser vom Herrn der beiden Länder die Erlaubnis bekommen hatte alle Personen in ganz kemet zu befragen, ja, befragen zu müssen. Wer sich diesem Mann widersetzte, zog damit gewiss nicht nur dessen Zorn, sondern auch und gerade den des Lebenden Gottes auf sich.

In der Einsicht, dass der Dorfvorsteher seine Leute kannte, meinte Meruka: „Lass die Frauen an die Arbeit gehen, aber frage sie, ob sie seit gestern Abend im Dorf oder auch hier einen Fremden gesehen haben.“

Der Dorfvorsteher beschloss ehrlich zu bleiben und doch seine Nachbarn zu schützen. „Hier, nun, hier sehen wir viele Fremde. Wir kennen die Dienstboten des Palastes ja nur von einmal im Jahr und da kommen meist nicht die gleichen. Die Beamten kennen wir kaum.“

Meruka präzisierte. „Frage die Frauen, ob sie im Dorf wen sahen. Und hier, ob ein Beamter am frühen Morgen, noch vor dem Aufstehen, im Hof war.“

„Wie du willst. Soll ich die Männer auch fragen?“

„Ja. Müssen sie dann in das Dorf?“

„Ja. Das Wasser muss erneut geholt werden.“ Es würde Stunden benötigen, das Wasser für alle Menschen und die Pflanzen zu beschaffen.

„So sollen alle ihre Arbeit tun, sobald sie dir diese Frage beantwortet haben.“

„Danke.“ Minnacht nahm sich vor jeden einzelnen wirklich zu befragen. Anscheinend suchte der Sonderermittler einen Fremden – das konnte nur gut für die gesamte kleine Gemeinschaft sein.

 

Meruka war erst einmal froh diese lästigen kleinen Verhöre, bei denen so gut wie nie etwas herauskam, abgegeben zu haben. Der Dorfvorsteher würde gründlich sein. Wenn wider Erwarten doch jemand aufgefallen war, müsste es sich, so seine Theorie stimmte, um den Schlangenbändiger handeln. Und der sollte, damit wollte er die Aussage überprüfen, einen Krug getragen haben.

Jetzt sollte er zur Sicherheit noch einmal den möglichen Weg abgehen, falls die Schlange doch zum Tor hineingelangt wäre. Unbemerkt von den Dörflern, verborgen in … ja, in einer leeren Ecke, denn das Mobiliar wurde ja auch erst aufgebaut. Danach war Anchhepri mit Weihrauch und Myrrhe in jedem Zimmer gewesen und hatte es rituell gereinigt, die Wachen hatten durchgesehen – sehr unwahrscheinlich, dass da ein Kriechtier, vor dem sich noch dazu alle fürchteten, unbemerkt geblieben wäre, aber natürlich nicht unmöglich. Dennoch: diejenigen, die die drei Lager in dem Zimmer der Königssöhne aufgeschlagen hatten, hätten die Schlange ebenso übersehen müssen, wie diejenigen, die später die Krüge mit frischem Wasser hinstellten.

Er schritt die Halle entlang, aufmerksam die Blicke auf dem Boden hin- und herschweifen lassend. Es bestand natürlich die entfernte Chance, dass sich eine Schlange hier in den Palast verirrt hatte – nachdem die Türen geöffnet waren und überall Menschen eifrig putzten? Eher nein. Nachdem die Menschen verschwunden waren? Da waren die Tore bereits wieder geschlossen. Sie wurden erst geöffnet als der Zug des Herrn der beiden Länder samt Wachen und Gefolge eintraf. Danach war ein zufälliges Hineinwinden ebenfalls unmöglich. Nein. So oft er nachdachte – er blieb bei einem Attentat. Leider verbesserte das seine eigene Situation kaum, denn er musste eine, einen Gott zufriedenstellende, Lösung finden.

 

Er wandte sich an die Wachen, die vor dem Zimmer der Königssöhne standen. „Sind alle drei Ärzte noch bei Menka?“

Einer nickte nur.

Das sah nicht gut aus, wirklich nicht. Und es würde den mächtigen Horus nicht freuen erneut einen seiner Söhne zu verlieren. Sechs hatte ihm allein die maat-hor geboren, davon waren bereits fünf verstorben. Auch die Söhne anderer Frauen weilten längst in den Schilffeldern des Westens. Immer die Jungen. Die Mädchen hatten der Seuche erstaunlich gut widerstanden. Sieben oder sechs, da musste er Merit fragen, Königstöchter des jetzigen Herrn der beiden Länder lebten im ipet. Dazu zwei Schwestern. Zufall, oder hatte da jemand seit Jahren nachgeholfen?

Auch die Schlange jetzt wäre als Fügung des Schicksals, Unglück, verstanden worden, ja, wäre da nicht die Sache mit Sennefer oder eher sogar mit Menmire gewesen. Nur die Tatsache, dass einer der höchsten Beamten seinen Vermögensverwalter als vermisst gemeldet hatte und sich selbst an den tjati gewandt hatte, hatte alles ins Rollen gebracht. Ah, er drehte sich mit seinen Gedanken im Kreis. Wo war nur seine nüchterne Denkfähigkeit hin? Er sollte auf Ptahnachts Bericht warten, auf den des Dorfvorstehers und … Er brach ab, denn Rahotep kam ihm aus dem Zimmer der Königssöhne entgegen.

„Königlicher Schreiber?“ fragte der. „Kann ich kurz mit dir reden?“

Er wollte also nicht, dass die Wachen zuhörten, die hier stumm neben der Tür standen, aber auch die wie rein zufällig herum schlendernden Dienstboten. So nickte Meruka: „Komm.“

Sie gingen in den Hof, wo der Sonderermittler den Weg zu den wenigen Bäumen im Hintergrund einschlug. Über den Platz würde man jeden sehen, der kam. „Wie geht es Menka?“ erkundigte er sich erst dort.

„Ramose meint, er könne es schaffen. Er ist ein Kind, aber gesund. Was ich dich fragen soll und will – du glaubst an ein Attentat.“

„Ja. Ich bin gerade noch einmal die Halle durchgegangen, habe mir auch von dem Dorfvorsteher die Arbeiten schildern lassen – es wäre mehr als unwahrscheinlicher Zufall, wenn eine Schlange hier unentdeckt bliebe. Aber er soll momentan fragen, ob jemand einen Fremden gesehen hat. Natürlich kennen die Dörfler nicht die Dienstboten des Palastes, aber womöglich fiel jemand zu einer ungewohnten Zeit auf. Ptahnacht soll auch seine Kollegen fragen, ob und welcher Beamte zu früh hier im Hof war. - Ramose, der Vorsteher der Ärzte, fürchtet eine Wiederholung?“

„Ja.“

„Das glaube ich nicht. Diese Sache mit dem Schlangenbändiger war von langer Hand vorbereitet. Und es zielte, meines Erachtens, auch nicht auf Menka, oder gar Akenptah, der ja erst vor wenigen Wochen, wenn nicht Tagen, auf Bitte Menhekats in dieses Zimmer geschickt wurde, sondern eben auf Menhekat. Der Mann im Hintergrund hat diesen, seinen wichtigsten, Pfeil vergeblich aus dem Köcher genommen. Er konnte, als er den Schlangenbändiger beauftragte, und Sennefer dies mitbekam, nicht wissen, dass Menka zum ersten Mal mit bei diesem Fest ist, oder auch Akenptah und Menhekat sich so anfreunden würden. Dennoch – wir sollten sicher gehen. Und womöglich auch eine Falle stellen, um den Ältesten Königssohn zu schützen. Warte einen Moment.“

Rahotep nickte nur. Er wusste, dass sein Vorgesetzter nachdachte, wandte sich aber um, da er aus den Augenwinkeln eine Bewegung erhaschte. Zu seiner gewissen Erleichterung kam dort sein Kollege Ptahnacht. Dieser würde nicht nach Meruka suchen, hätte er keine Meldung. So sagte der Arzt: „Menka wird wohl überleben, Bruder. Ich hoffe, du hast auch gute Neuigkeiten?“

„Wie man es nimmt.“ Der Krieger sah zu seinem Vorgesetzten. „Einige der hohen Beamten waren in der Frühe bereits im Hof. Manche können oder wollen eben nicht warten, bis die Toiletten frei sind. Aber von unseren Verdächtigen waren es zwei: Thothhotep und Meribast.“

„Immerhin.“ Meruka holte Atem. „Nun gut. - Rahotep, wird Ramose meinem Vorschlag folgen?“

„Wenn er seinen Patienten nicht gefährdet, ja. Jeder sah doch, dass dich der Horus höchstselbst beauftragt hat.“ Außerdem Meruka damit dem König, dem Gott, wohl vertraut war. Und dass sich dieser nicht irrte, stand fest.

„Gut. - Ptahnacht dazu benötige ich auch dich. Ihr bringt Menka hinunter nach Ibenu-hedj, in mein eigenes Haus. Tragt ihn möglichst verdeckt, aber so, dass man sieht, dass er keine Sandalen trägt.“

„Nur Lebende tragen Sandalen,“ murmelte Ptahnacht sofort. „Du willst, dass alle glauben, dass er gestorben ist.“

„Ja, erst einmal. Ich werde meiner Mutter einen Brief schreiben, dass sie Menkas Mutter, Ka-Merit und Merit, aus dem ipet holt und ihnen das sagt. Diese drei sollen sich um den Jungen kümmern, Ptahnacht, du wirst die Wache übernehmen, auch du, Rahotep. Ich werde selbst dem Herrn der beiden Länder Bericht erstatten. - Damit will ich zwei Dinge erreichen. Erstens, Menka gilt als tot, eine Wiederholung des Attentats wird erst einmal nicht erfolgen, zweitens, das Ziel war Menhekat. Wenn man aus den bisherigen Plänen des Unbekannten etwas folgern kann, dann, dass er sich nicht lange über vergeblichen Plänen aufhält. Sein Plan Sennefer wohl als Dieb darzustellen schlug fehl, aber bereits Tage später, in Iunu, wusste er genau, wie er vorgehen musste, dass die neue Falle in Ibenu-hedj auch wirklich zuschnappt. Er ist ein sehr intelligenter Mann, aber neigt wohl auch nicht gerade zum Abwarten. Ich werde selbst Menhekat dauernd begleiten, sobald wir zurück in den Palast kommen.“

Der Arzt wiegte den Kopf. „Wie lange willst du Menka verstecken? Spätestens, wenn er nicht in den Häusern der Reinigung ist oder gar bestattet wird, wird doch jemand misstrauisch werden.“

„Ja. Deswegen haben wir maximal vier Wochen, und das auch nur, wenn der lebende Horus dem zustimmt.“ Meruka atmete durch. „Ich bin sicher, der Unbekannte, ob Thothhotep, Meribast oder jemand, an den im Moment niemand denkt, obwohl er hier ist, hat bereits einen zweiten Plan in Vorbereitung. Einen zweiten Pfeil im Köcher. Und ich werde alles tun, dass der erneut Menhekat verfehlt. Und auch Menka. - Ich werde einen Diener an meine Mutter schicken, muss aber zuerst noch den Brief schreiben. Informiere inzwischen deine Kollegen, Rahotep. Es soll so aussehen, als ob alles von den Ärzten ausgeht.“

 

Die Frauen des ipet standen, ebenso wie praktisch die gesamte Bevölkerung der Residenzstadt mit Zwiebeln um Hals und Kopf geschmückt vor den Mauern und erwarteten den Prozessionszug. Schon länger konnten sie die Barke des Sokar sehen, die auf einem Schlitten von hohen Beamten gezogen wurde, dahinter die Sänfte des lebenden Horus. Sie ließen die Sistren, die sie in der Hand hielten, leise rascheln. Vom gewöhnlichen Volk trennten sie Wachen, die aufmerksam darauf schauten, wer welche Position einnehmen durfte.

Langsam konnte man die Ziehenden erkennen und Ka-Merit holte tief Atem. „Er ist nicht dabei! Menka!“ Sie erstarrte.

Merit, die wie stets bei höfischen Terminen neben ihr war, warnte leise: „Mache weiter, oder willst du die Götter erzürnen?“ Als Ka-Merit erneut das Sistrum schwang, fuhr sie hastig beruhigend fort: „Ich sehe auch Akenptah, den Sohn des tjati, nicht, womöglich gibt es Zeremonien im Tempel von Ra-Sentauj.“ Aber sie suchte in der Menge der Beamten hinter der Sänfte des Herrn der beiden Länder Meruka. Doch sie konnte weder den entdecken noch einen ihrer anderen Kollegen. Etwas wie eine eisige Hand umklammerte ihren Magen. Das war kein Zufall, konnte keiner sein. Zwar zog der Älteste Königssohn mit neben dem tjati, aber wo steckten ihre Kollegen, wo der kleine Menka und Akenptah? Was war oben in der Wüste geschehen?

Als sich die Frauen des Hofes in die Prozession einreihten, suchte Merit erneut, diesmal nach Nefer. Aber in der Menge der gewöhnlichen Einwohner konnte sie sie kaum entdecken, beruhigte sie sich, als sie auch sie nicht sah. Akrobaten und Tänzerinnen wirbelten durch die singende und jubelnde Masse. Wann, wenn nicht bei dem Barkenfest, sah man, dass Ibenu-hedj die größte Stadt in ganz kemet war.

 

Stunden später, die Prozession war wieder in Richtung auf die Wüste abgezogen und die Feierlichkeiten in der ganzen Stadt waren in Essen und Trinken umgewandelt worden, die Bewohner sangen, erzählten Geschichten und freuten sich an den großzügigen Spenden des Herrn der beiden Länder, fand im ipet eine förmliche Verschwörung statt.

Da Meruka unverzüglich nach Ende der Prozession die wenigen Minuten ausgenutzt hatte, die der Herr der beiden Länder zwischen dem Umzug und den weiteren Riten im Tempel des Sokar hatte, war inzwischen auch ein Brief des lebenden Horus an die maat-hor eingetroffen, ebenso einer an Merit und einer zum Vorlesen an die Königsgemahlin Ka-Merit, die verständlicherweise nicht sonderlich beglückt war, dass ein Attentat auf ihren einzigen Sohn stattgefunden hatte – und, dass er als tot gelten sollte. Aber es war der Befehl des lebenden Gottes.

Die drei Frauen saßen im Schlafzimmer der maat-hor beisammen. Ihnen war angekündigt worden, dass Baketbast, Merukas Mutter und Ehefrau des Sieglers Hekaptah, sie abholen und ihnen alles erklären würde. Als eine der wenigen Frauen trug sie den hohen Hofrang einer „Königsbekannten“.

Um Menka zu schützen sollte alles möglichst unauffällig passieren, leichter gesagt als getan in einem Haus, in dem hauptsächlich Frauen arbeiteten. Nun, nicht, dass die Männer weniger neugierig gewesen wären, aber diese waren entweder noch in Ra-Sentauj beim Tempel des Sokar oder oft schon draußen auf den Straßen der Stadt und feierten. Die maat-hor hatte jetzt möglichst vielen Frauen freigegeben, damit sie die Akrobaten und Tänzer ansehen konnten, aber natürlich blieben die Mitglieder der königlichen Familie drinnen. Es ziemte sich nicht, sich unter gewöhnliche Sterbliche zu mischen.

Merit sah ein wenig neugierig die Frau um die Vierzig an, die sich höflich vor der maat-hor verneigte. Natürlich hatte sie Baketbast bereits gesehen, als Frau des Königsbruders und königlichem Sieglers war sie bei vielen Anlässen dabei, aber ebenso hatte sie hinter der „Bekannten des Königs“ nie die Mutter ihres neuen Vorgesetzten entdecken können und so suchte sie unwillkürlich nach Ähnlichkeiten.

„Baketbast,“ sagte die maat-hor, hörbar erfreut. „Du bringst die Antworten, auf die wir warten?“

„Ich weiß nicht, was du bereits … was ihr bereits wisst,“ erwiderte die Dame höflich. Sie trug die gewöhnliche höfische Kleidung, aber der breite Schmuckkragen verriet ebenso wie die sieben Armreifen, dass sie nicht nur Zugang zu den neuesten Moden, sondern auch zu den Hofjuwelieren hatte. „Ich soll Ka-Merit und Merit abholen und in das Haus meines Sohnes bringen.“

„Wie geht es Menka?“ erkundigte sich die besorgte Mutter sofort, ohne die höfische Rangordnung zu beachten.

Die maat-hor winkt auch nur und so antwortete Baketbast: „Es geht ihm nach dem Schreiben gut, er wird überleben, aber ein Arzt des Palastes wird stets um ihn sein um Komplikationen vorzubeugen. Um das auch zu vermeiden werden Wachen im Haus sein – und natürlich wir drei.“

„Der lebende Gott sprach,er werde leben, solle aber als tot gelten,“ formulierte die maat-hor behutsam. „Das ist natürlich besorgniserregend. Es gab wohl ...Schwierigkeiten.“

„Es gab ein Attentat.“ Baketbast, die die maat-hor seit Kindertagen kannte, zusammen mit der Königstochter im Palast als Tochter eines hohen Beamten aufgewachsen war, nahm kein Blatt vor den Mund, beobachtete allerdings die anderen beiden Frauen. Ka-Merit erschrak, wie sie es vermutet hatte, Meresanch, nein, Merit, wollte sie ja genannt werden, nickte jedoch nur. Meruka hatte in seinem Brief erwähnt sie könne ihr vertrauen. Nun ja, das war die Schreiberin der verstorbenen Königinmutter gewesen und sie selbst kannte das Mädchen als höflich und diskret.Sie schien auch nicht von der Tatsache überrascht. „Niemand weiß jedoch im Augenblick ob es Menka treffen sollte oder Menhekat. Darum Vorsicht nach allen Seiten. Ich bin sicher, die scharfen Augen des Horus werden bald den Übeltäter entlarvt haben und alles wieder seine Korrektheit haben.“ Ja, das war richtig gewesen, denn Ka-Merit atmete auf.

„Das ist wahr.“ Die maat-hor verriet durch nichts, dass sie wusste, dass der Sohn ihrer alten Bekannten und Merit zu eben den Augen und Ohren des Falken gehörten. Das ging Ka-Merit nichts an - und sie hatte überdies wenig Vertrauen in deren Diskretion oder Selbstbeherrschung, wenn es um ihren Sohn ging. Man merkte eben doch, wer bei Hofe erzogen worden war, und wer aus der Provinz stammte. „Wie lautet deine Anweisung?“

„Ka-Merit, Merit und ich werden uns in Sänften zum Haus meines Sohnes begeben. Dort sollte inzwischen auch Menka eingetroffen sein, in Begleitung eines Arztes und anderer Personen. Wir bleiben bei ihm, bis wir andere Anweisungen erhalten.“ Und hoffentlich würde Meruka nicht versagen. Er war fähig, wer wüsste das besser als seine, durchaus auf ihn stolze, Mutter, aber ein Sonderauftrag des Königs konnte sowohl mit Reichtümern belohnt als auch mit dem Nichts im Dies- und Jenseits bestraft werden.

„Dann dürfen wir gleich aufbrechen?“ Ka-Merit hätte fast bittend die Hände gehoben, aber ohne Erlaubnis der maat-hor durfte sie den ipet nicht verlassen.

„Ja, natürlich,“ nickte die Königsgemahlin. Es war der Befehl des Herrn der beiden Länder. Überdies wusste sie nur zu gut, wie es sich anfühlte Angst um Kinder zu haben. Zu viele hatte sie verloren.

 

Meruka ging langsam über den Hof. Drüben im Tempel fanden die nächsten Zeremonien statt, aber einige der Beamten waren nun hier, da sie nicht in den Hof des Tempels zugelassen waren. Seine Hauptverdächtigen, Meribast und Thothhotep waren hier. Er wollte jetzt doch einmal bei dem Dorfvorsteher nachfragen, der sich seit heute Morgen nicht bei ihm gemeldet hatte. Den Grund erkannte er allerdings, als dieser auf ihn zukam, offenkundig auf einem nun leeren Stab Wasserkrüge geholt habend.

So meinte er nur höflich: „Ah, Minnacht. Etwas herausgefunden?“

„Ja, Herr.“ Der Dorfvorsteher stützte sich ein wenig matt auf den langen Stab, den man über den Nacken legte um die Krüge gleichmäßig tragen zu können. „Eine Nachbarin sah heute morgen am Brunnen einen Fremden. Aber er holte nur Wasser.“

Stimmte das? Das konnte auch gelogen sein, denn natürlich waren die Dörfler daran interessiert eine möglich Strafe von ihrer Gemeinschaft abzulenken. „Tun das viele der königlichen Diener?“

„Niemand. Und es war noch vor Sonnenaufgang. - Ich sagte ihr, dass du sie sprechen willst. Sie ist schon dort, vor der Küche, und bäckt Fladenbrote.“ Ein kleiner Hinweis darauf, dass auch der vornehme Herr sie nicht zu lange aufhalten sollte. Die Zeremonien im Tempel würden die gesamte Nacht andauern, aber die Beamten, die hier waren, wollten auch etwas zu essen haben.

 
 



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Miyu-Moon
2017-11-03T18:52:15+00:00 03.11.2017 19:52
Es sollte eigentlich nichts schief gehen, außer diese Ka-Merit begeht einen Fehler aus Emotionalität heraus, weil sie sich zu sehr um ihrne Sohn sorgt. Ich sehe bereits ein Szenario ala: "Mein Sohn wollte Dies & Jenes und das sollte heimlich gebracht werden, aber ich konnte nicht überzeugend erklären, warum es gebracht werden sollte, wenn er doch als tot gilt."
Von:  Sanguisdeci
2017-10-31T07:58:51+00:00 31.10.2017 08:58
EIn sehr spannendes Kapitel! Eine interessante List, die sich Meruka da ersonnen hat. Ich hoffe, sie funktioniert.


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