Before I die von _Yuna ================================================================================ Kapitel 3: Well, that´s reality! -------------------------------- Weitere Tage waren vergangen… „Keiko, du hast geklingelt. Was gibt´s?“, fragte Namie, als sie vor Keiko´s Bett stand. Normalerweise war Keiko immer schon früh auf den Beinen doch heute lag sie eingekauert im Bett und verzog leicht das Gesicht. „Mir ist so schlecht.“, berichtete Keiko schwach. „Das sind die Medikamente. Wahrscheinlich eine Nebenwirkung. Ich werde dir was gegen die Übelkeit holen.“, sprach Namie einfühlsam und verschwand aus dem Zimmer. Keiko drehte sich auf den Rücken und zog ihre Bettdecke etwas höher, bis lediglich der Kopf zu sehen war. Ein schwarzer Tag, sagte sie sich immer wieder. Sie redete es sich quasi ein, damit sie nicht daran denken musste, dass der Zeitpunkt des Sterbens angekommen wäre. Namie kam wieder ins Zimmer und legte ihr eine Infussion an. Danach fragte sie, ob sie noch etwas für sie tuen könne. Keiko verneinte es. Eigentlich wollte sie heute einen Blogeintrag schreiben doch wahrscheinlich würde das nichts werden. Sie drehte sich wieder auf die Seite und schloss die Augen. Bitte, Lieber Gott – wenn es dich gibt – lass mich jetzt noch nicht sterben. ... „Hallo Ruki.“, begrüßte Kiri, ein Pfleger an der Pforte Ruki. „Hallo Kiri, ich wollte mit Koron zu Keiko.“ Er lächelte. „Ich glaube das ist heute keine gute Idee. Ihr geht es nicht gut.“ Schnell erstarb sein Lächeln. „Was hat sie?“ „Übelkeit. Vermutlich eine Nebenwirkung der Medikamente. Sie hat das Bett heute noch nicht verlassen, was sehr untypisch für sie ist.“ „Aber ihr glaubt doch nicht, dass sie schon… stirbt?“ Ruki´s Worte blieben ihm beinahe im Hals stecken. „Ruki, du bist in einem Hospiz.“,erinnerte Kiri, ohne seine Antwort auch nur ansatzweise zu beantworten. Ruki´s Magen fing an zu krampfen. Er hatte häufiger erlebt, dass Patienten an einem Tag noch gut drauf waren und am nächsten Tag schon tot, doch Keiko hatte er gerade erst kennengelernt und Er verstand sich gut mit ihr. „Ach Ruki, Hallo.“ Namie kam vergnügt auf Ruki und Koron zu. „Ruki wollte eigentlich zu Keiko.“, sagte Kiri skeptisch. „Du kannst sie ja mal selbst fragen.“ Ruki quetschte sich ein kurzes „Danke“ heraus und ging mit schnellen Schritten zu ihrem Zimmer. Sein Herz pochte. Sein Magen schmerzte und obwohl er schnell ging, hatte er das Gefühl, sich kaum zu bewegen. Koron kam mit seinen kurzen Beinen fast gar nicht hinterher. Als er ihr Zimmer erreichte, stockte er kurz. Er wusste, dass ihm der Anblick von Keiko Tagelang im Kopf bleiben würde, doch auch das gehörte zu seiner Arbeit. Vorsichtig öffnete er die Tür. Keiko lag auf der Seite, eingekauert und mit dem Gesicht zum Fenster. Sie rührte sich erst, als Ruki an ihr Bett trat. Bei dem Anblick der jungen Frau lief ihm ein Schauer über den Rücken. Ihr Gesicht war blass und sie sah völlig verändert aus. Die fröhliche Erscheinung war nicht mehr zu erkennen. „Ruki.“, begrüßte sie ihn und lächelte gequält. „Ich habe gehört, dass du heute keinen guten Tag hast.“, sagte er unsicher. Er wusste nicht so recht, was er sagen oder wie er sich verhalten sollte. „Nein.“, erwiderte sie nur. Ihr Blick war auf Ruki gerichtet doch irgendwie machte es den Anschein, als würde sie ihn gar nicht richtig ansehen. Ruki nahm sich einen Stuhl und setzte sich vor ihr Bett. Koron saß neben ihm. Er sah ebenfalls unsicher aus, blieb lieber erstmal auf Abstand. Ruki betrachtete sie mit mulmigen Gefühl. „Was macht deine Band?“, fragte Keiko fast lautlos, während sie ihre Augen nur halb geöffnet hatte. „Wir haben einen neuen Song aufgenommen. Wenn du magst spiel ich ihn dir vor.“ „Das wäre toll.“ Eilig kramte Ruki wieder seinen MP3-Player heraus und reichte ihr einen Kopfhörer. Ihre Finger berührten sich und Ruki merkte, dass sie genauso kalt waren wie sie aussahen. Er sah sie erschrocken an. Sie reagierte nicht darauf. Keiko schloss die Augen und lauschte der Musik. Währenddessen musterte er Keiko genauer. Sie war eine schöne Frau. Ihre Haut war ebenmäßig und ihre Lippen sahen weich aus. Für einen kurzen Moment fragte sich Ruki, ob sie auch wirklich weich waren. Als das Lied zu Ende war lächelte Keiko ohne ihre Augen zu öffnen. „Klingt wirklich schön. Mir gefallen die ruhigen Töne und diese melanchonische Stimmung.“ „Aoi, unser Gitarrist hat es geschrieben.“ „Nicht du?“ Sie öffnete leicht die Augen. „Diesmal nicht. Ich muss den anderen ja auch mal die Chance geben sich einzubringen.“ Er grinste. Auch Namie lächelte, schloss aber dann wieder die Augen. „Soll ich lieber gehen? Du wirkst müde.“ Besorgt sah er sie an. „Wäre vielleicht besser.“ Ruki stellte den Stuhl wieder zurück an seinen ursprünglichen Platz. Dann trat er nochmal an Keiko´s Bett. Sie öffnete nochmal die Augen und sah ihn mit ihren haselnussbraunen Augen an. „Wenn ich heute sterbe, dann möchte ich dir nur sagen, dass es schön war, dich kennenzulernen.“ Ihre Lippen bewegten sich dabei nur sehr langsam und ihre Stimme war leise. Ruki sah sie schockiert an. Er wünschte, Keiko hätte das vorige nicht ausgesprochen, denn er bemerkte, wie Angst in ihm aufstieg. Für einen Moment stand er dort wie festgewachsen. Lediglich seine Augen bewegten sich noch. Der restliche Teil seines Körpers war wie versteift. Dann aber fing er sich wieder und beugte sich etwas zu Keiko runter. „Du stirbst noch nicht.“ Er atmete tief durch. „Wir sehen uns wieder, wenn es dir etwas besser geht.“ Er wollte ihre Hand greifen, die leblos auf der Bettdecke lag. Es war wie ein Zwang. Doch er wehrte sich dagegen. „Das wäre toll.“ Ihre Lippen bildeten ein leichtes Lächeln. Ruki nahm Koron, der immer noch das Geschehen von der Ferne aus betrachtete auf den Arm und ging vor die Tür. Vorsichtig schloss er die Tür und lehnte sich gegen sie. Jetzt nicht die Nerven verlieren, jetzt bitte nicht weinen. Sie ist nur eine Patientin, sie ist nur eine Patienten. Gedanklich redete er energisch auf sich ein. Was er zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste war, dass es schon lange nicht mehr nur eine Patientin war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)