Memories von _Murmeltier_ ================================================================================ Kapitel 3: Kapitel 3 -------------------- „Aiko Takeshima“, antwortete ich immer noch verwirrt. Der Junge setzte sich auf Tetsu's Schoß und beobachtete mich misstrauisch. „Das wissen wir. Aber wer bist du genau? Bist du ein Freund oder Feind?“ „Ich verstehe die Frage nicht“, sagte ich nun noch verwirrter als vorher. „Warum sollte ich ein Feind sein?“ Hyu seufzte genervt. „Du brauchst dich nicht als Unwissende hinstellen. Du kennst Tsubaki und da du eine Magierin bist, musst du auch C3 kennen. Wenn du uns nicht sagst, was du weißt“, er stand wieder auf und zog aus seinem Mantel einen Stock, den er mir vor die Nase hielt, „dann müssen wir andere Maßnahmen ergreifen.“ „Hyu, das reicht“, sagte Tetsu und nahm dem Kleinen den Stock, trotz seiner Proteste, ab. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Aiko ein Feind ist. Nenn mir einen Grund, warum sie so lange bleiben sollte, wenn sie zu C3 gehört. Möglichkeiten uns anzugreifen hatte sie mehr als genug.“ „Hmpf“, kam es von dem Jungen in schwarz. Er sprang von der Couch auf einen kleinen Tisch neben dieser und wand uns den Rücken zu. „Sleepy Ash und die anderen kommen noch vorbei oder? Wir warten einfach auf sie und entscheiden dann, wie wir weiter vorgehen. Sie kann uns immerhin noch als Geißel dienen.“ Als er den Satz beendet hatte, sah er kurz zu mir und grinste mich an. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken und ich verschränkte die Arme vor der Brust. Ich, eine Geißel? Aber warum? Und wer ist Sleepy Ash? Wer sollen die anderen sein? Und die Frage, die mich am Meisten beschäftigte: Wer oder was ist Hyu? Ist er auch... ein Vampir? „Meinetwegen können wir auf die anderen warten“, sagt Tetsu leicht genervt. „Aber sollten wir ihr nicht wenigstens erklären, was du bist, wenn sie wirklich nichts weiß?“ Hyu zuckte mit den Schultern. „Wenn du meinst. Aber du musst es ihr erklären.“ Mit diesen Worten sprang er vom Tisch und verließ den Raum. Tetsu seufzte genervt und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Hyu ist ein... Vampir.“ Ungläubig sah ich ihn an. Das konnte doch nicht sein Ernst sein? „Was?“ „Hyu ist ein Vampir. Aber nicht irgendein Vampir. Sondern einer von sieben Urvampiren, den sogenannten Servamps.“ Ich schüttelte mit dem Kopf. „Tetsu, ich... ich kann dir das alles nicht glauben.“ „Aber du hast doch eben selbst gesagt, dass du glaubst, dass du von einem Vampir angegriffen wurdest?“ „Ja, aber... ich bin mir nicht mehr sicher. Es war dunkel und du weißt genau, wie viel Angst ich vor der Dunkelheit habe. Außerdem kann es einfach keine Vampire geben. Das ergibt einfach keinen Sinn.“ „Du willst es einfach nur nicht glauben, oder?“ Ich antwortete nicht. Er hatte recht. Ich wollte es nicht glauben, weil ich zu große Angst vor der Wahrheit hatte. Vampire sind etwas, wovor ich mich, abgesehen vor der Dunkelheit am Meisten fürchtete. „Soll ich ihn mein Blut trinken lassen? Dann bist du wenigstens gezwungen mir zu glauben.“ „Nein, es ist schon in Ordnung“, sagte ich und stand auf. „Ich mach besser das Abendessen fertig, ansonsten wird es zu spät.“ Mit diesen Worten ging ich zur Tür, öffnete diese und lief gegen einen braunhaarigen Jungen, der gerade ins Wohnzimmer gehen wollte. „T-Tut mir Leid“, sagte ich und verbeugte mich. „Mahiro, glaubst du, dass Tetsu schon was gekocht hat?“, fragte jemand verschlafen und ich hörte ein Glöckchen klingen, während diese Person sprach. Ich sah auf und mein Blick blieb an der Katze kleben. Hat sie etwa gerade...? „Ach, kein Problem. Ich hätte auch einfach besser aufpassen können“, sagte der Junge freundlich. Ich lächelte und ging eilig an ihm vorbei. Hinter ihm stand ein lilahaariger Junge, auf dessen Schulter ein schwarz-rosaner Schmetterling saß, bei dem ich das Gefühl hatte, dass er mich beobachtete. Sie gingen an mir vorbei und kaum hatten sie die Tür geschlossen fingen sie auch schon an, sich lauthals miteinander zu unterhalten. Ich seufzte leicht genervt. Können die nicht etwas leiser sein? „Warum bist du nicht bei Tetsu und den anderen? Dann würdest du auch interessante Informationen bekommen, die du weitergeben kannst“, sagte Hyu mit seiner kindlichen Stimme hinter mir und ich drehte mich um. Er stand in der Küchentür und hielt eine Schwarze Tasse, auf der weiße Fledermäuse abgebildet waren, in der Hand. Es fiel mir schwer, ihn bei diesem Anblick nicht einfach auszulachen. „Ich bin KEINE Spionin“, sagte ich genervt. „Und wer oder was ist dieses C3 überhaupt?“ Bevor er mir auf meine Frage antworten konnte, kam ein junger Mann auf uns zu. Er hatte lange blonde Haare, die er zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte. „Entschuldigung, aber ich bin zum ersten Mal in dieser Pension und wollte fragen, wann es denn Essen gibt?“ Ich sah auf die Uhr. „In einer halben Stunde ist es fertig“, sagte ich mit einem Lächeln. „Vielen Dank“, sagte er und musterte mich. „Stimmt etwas nicht?“, fragte ich nach einer Weile des Schweigens. Es war mir unangenehm so von einem Fremden beäugt zu werden. „Entschuldigung. Ich dachte nur, ich kenne Sie irgendwoher.“ „Nicht das ich wüsste“, entgegnete ich. Dieser Mann war mir unheimlich. „Entschuldigen Sie bitte, aber ich muss noch etwas erledigen.“ Ich verbeugte mich und ging in die Küche, wo ich feststellte, dass der sogenannte „Urvampir“ verschwunden war. Wahrscheinlich ist er wieder zu den anderen gegangen. Ich krempelte die Ärmel meiner Jacke hoch, stellte den Herd wieder an und kümmerte mich wieder um das Abendessen. Ich streckte mich und sah aus dem Fenster. Abgesehen von dem Licht der Straßenlaternen, die den Weg zu Pension erleuchteten, war es dunkel draußen. Ich seufzte und legte meine Schulhefte beiseite. Ich war seit eineinhalb Stunden am lernen und brauchte erst einmal eine Pause. Ich ging in die Küche und machte mir einen Kakao. Aus dem Wohnzimmer waren immer noch Stimmen zu vernehmen und ich seufzte. Was sie sich wohl zu erzählen hatten, dass sie so lange miteinander redeten? Ich wusste, dass es falsch war, aber ich konnte meine Neugier nicht unterdrücken und schlich zum Wohnzimmer. „Wir müssen uns endlich einigen“, sagte jemand genervt. „Langsam müssen wir etwas gegen Tsubaki unternehmen.“ Tsubaki? Ich wurde hellhörig. „Ich bin dafür, dass wir seinen nächsten Schritt abwarten“, sagte der Junge, in den ich vorhin rein gerannt war. „Ich schließe mich der Mehrheit an“, sagte Tetsu und ich musste lächeln. Das war mal wieder typisch für ihn. „Das ist alles so anstrengend“, sagte eine andere Stimme und ein Glöckchen erklingte. „Wir sollten es für heute lassen. Es ist schon spät“, sagte eine Männerstimme freundlich. „Lilly, wenn wir uns heute nicht einigen, dann...“, sagte jemand und kurz darauf hörte ich, wie jemand umfiel. „Misono?“, fragte Tetsu verwirrt. „Es ist neun Uhr“, sagte die Männerstimme. „Das ist seine Schlafenszeit.“ „Wenn ihr wollt, dann könnt ihr alle hier übernachten.“ „Wir wollen keine Umstände machen“, sagte der Junge von vorhin wieder. „Das macht keine Umstände. Ich hole kurz ein paar Futon.“ Ich hörte wie er aufstand und ging wieder in die Küche. Die Shoji-Wand wurde beiseite geschoben und ich tat so, als würde ich etwas im Schrank suchen. „Was suchst du?“, fragte er mich. „Eine Tasse.“ „Hier auf dem Tisch steht doch eine.“ „Die hab ich wohl übersehen“, sagte ich etwas nervös und versuchte zu lächeln. Ich holte den Kakao aus dem Schrank und die Milch aus dem Kühlschrank und machte meinen Kakao fertig. Ich drehte mich um und wollte wieder in mein Zimmer gehen, aber Tetsu versperrte mir den Weg. „Kann ich bitte durch? Ich muss weiter lernen.“ „Du hast gelauscht, nicht wahr?“ Ich biss mir auf die Unterlippe. Er bekommt mehr mit, als ich dachte. „Du brauchst es nicht abstreiten. Hyu hat dich gesehen.“ Ich starrte in meine Tasse und er seufzte. „Warum hast du dich nicht einfach zu uns gesetzt?“ „Ich wollte euch nicht stören“, antwortete ich und versuchte mich an ihm vorbei zu quetschen. Erfolglos. „Du hättest nicht gestört.“ „Bist du dir da sicher?“ „Vollkommen sicher.“ „Tetsu, kann ich dir helfen?“, fragte jemand und der braunhaarige Junge trat aus dem Wohnzimmer heraus. „Störe ich?“ „Nein“, antworteten Tetsu und ich gleichzeitig. Der Junge musterte mich kurz, kam auf mich zu und hielt mir seine Hand hin. „Ich habe mich vorhin gar nicht vorgestellt. Ich heiße Mahiru Shirota.“ „Aiko Takeshima“, stellte ich mich vor und gab ihm die Hand. „Aiko, hilfst du uns kurz?“, fragte Tetsu und ich nickte. Gemeinsamen gingen wir zu dem Lager und holten vier Futon, von denen Tetsu zwei nahm. Mahiru und ich folgten ihm in eines der Gästezimmer, in dem es sich die anderen bereits gemütlich gemacht hatten. Wir legten die Futon ab und während Tetsu und Mahiru es sich zu Aufgabe gemacht hatten, die Futon auszurollen, kam ein blonder Mann zu mir. Er lächelte und es sah so aus, als würde er etwas sagen wollen. Doch bevor er etwas sagte, fing er an, sein Oberteil auszuziehen. „Lilly!“, rief Mahiru wütend und im nächsten Moment wurde eine schwarze Katze nach ihm geworfen, die ihn nur knapp verfehlte. „Ey, Mahiru. Wie kannst du nur eine arme Katze werfen? Ich könnte dabei sterben“, sagte das schwarze Fellknäul müde. Sieht so aus, als hätte ich mich vorhin nicht verhört. „Du kannst nicht sterben Kuro“, antwortete Mahiru genervt. Darauf antwortet die Katze nichts mehr, sondern rollte sich wieder zusammen und schlief weiter. „Was zum...?“, sagte ich leise. „Entschuldige“, sagte Mahiru lachend. Er ging zu der Katze und nahm sie auf den Arm, allerdings nicht ohne Beschwerden von seitens der Katze, da diese kurz vorm einschlafen war. „Das ist Kuro, der Servamp der Trägheit, wie du sehen kannst“, sagte er und fing an mit seiner Hand über das weiche Katzenfell zu streichen. „Und das da“, er zeigte auf den blonden Perversling, „ist der Servamp der Wollust. Sein Name ist Snow Lilly, aber wir nennen ihn nur Lilly.“ Der Mann verbeugte sich und verwandelte sich in den schwarz-rosanen Schmetterling von vorhin. Er flog zu dem schlafenden Jungen und setzte sich auf den Kopf von diesem. „Das hier ist mein Eve, Misono Alisuin.“ „Alisuin“, murmelte ich. Der Name kam mir bekannt vor. „Hm?“, Tetsu sah mich fragend an. „Ach nichts“, antwortete ich und winkte ab. „Ich geh jetzt auch ins Bett. Gute Nacht.“ „Gute Nacht“, antworteten sie im Chor und ich drehte mich um und ging wieder auf mein Zimmer. Ich zog meine Strümpfe aus und ließ mich auf mein Bett fallen. Vampire. Es gibt sie also wirklich. Und Servamps sind die Urvampire. Aber gibt es nur diese drei? Oder gibt es noch mehr? Wollust, Trägheit, Hochmut.... drei von sieben Todsünden. Rein theoretisch müsste es noch vier weiter Todsünden geben. „Vier“[i/], sagte eine Stimme in mir. „Es gibt noch vier weitere Todsünden.“[i/] Ich dachte nach. Wollust, Trägheit, Hochmut, Neid, Völlerei, Zorn und Habgier. Das sind die sieben Todsünden. Aber wie sollte die achte Todsünde heißen? „Ich bin der achte Servamp. Meine Todsünde ist die Schwermut“[i/] , sagte ein fremde Stimme in meinen Gedanken. „Wie heißt du?“[i/] Auf diese Frage erhielt ich keine Antwort. Ich seufzte. Vielleicht schlief ich? Das würde einiges erklären, denn mittlerweile kam mir das alles vollkommen absurd vor. Vampire und Magier, Servamps und C3. Das konnte es alles nicht geben. Ich schloss meine Augen und ich hatte die Hoffnung, dass sich herausstellt, dass alles nur ein Traum war und es weder Magie noch Vampire gab. Hyu ist weiterhin nur eine Fledermaus und kein kleines Kind. Und die anderen, die waren nicht mehr da und Tetsu hatte sie nie kennengelernt. Ich merkte, wie ich langsam in die Welt der Träume abdriftete. Wenn ich morgen wieder aufwachte, dann war alles wieder normal. Bei diesem Gedanken lachte die fremde Stimme und im nächsten Moment war ich eingeschlafen. Langsam öffnete ich meine Augen und blinzelte mehrmals. Ich war wieder an dem hellen Ort, von dem ich letztes mal geträumt hatte. Nur war ich diesmal nicht allein. Vor mir stand ein kleines Mädchen mit Schulterlangen grünen Haare, die durch eine Glasscheibe in den dahinterliegenden Raum starrte. Der Raum vor mir war dunkel, weswegen es etwas dauerte, bis ich etwas erkennen konnte. In dem Raum saß jemand in einem Kimono, der allem Anschein nach an mehrere Geräte angeschlossen war. Ich ging ein paar Schritte auf die Scheibe zu, um besser erkennen zu können, was da war und das Licht in dem Raum ging an. Die Person auf dem Stuhl war ein Mann und trug einen weiß roten Kimono. Er hatte kurze schwarze Haare und über seine Augen war etwas ringförmiges gelegt worden, das mit einer Maschine, die ununterbrochen piepste, verbunden war. „Hallo“, sagte das kleine Mädchen schüchtern und ich sah, dass sie über eine Sprechanlage mit ihm kommunizierte. Sie erhielt keine Antwort und nervös spielte sie mit einer Haarsträhne. „Wie heißt du?“, fragte sie nun etwas mutiger. Die Person auf der anderen Seite brach in schallendes Gelächter aus. „Niemand kennt mich...“, sagte sie traurig. „Dann sag mir wie du heißt. Dann kenne ich dich.“ „Mein Name ist Tsubaki“,antwortete er mit einem breiten Grinsen auf den Lippen. „Was machst du hier?“ „Ich wurde gefangen genommen.“ „Warum? Warst du böse?“ „Nein. Ich habe nichts unrechtes getan.“ „Aber irgendetwas musst du getan haben. Ansonsten hätten Yumi, Jun, und Tsuguri dich nicht gefangen.“ „Ich habe nichts gemacht.“ „Warum bist du dann hier?“ „Weil diese Menschen hier böse sind.“ „Sind sie nicht.“ „Sind sie doch.“ Für eine kurze Zeit herrschte Stille. „Kann ich dir helfen?“ Der Mann blickte auf. „Du kannst mir nicht helfen. Du würdest Ärger bekommen Aiko-chan.“ Ich hielt die Luft an und sah das Mädchen an. Das bin ich? Das Mädchen sah zu mir herüber. „Du musst ihm helfen. Bitte. Er kann nicht böse sein. Ich spüre es.“ „Das ist leider unmöglich“, sagte eine tiefe Männerstimme neben mir und erschrocken drehte ich mich um. Neben mir stand ein Mann in einem Anzug und sah das Mädchen ungeduldig an. „Wir müssen gehen Aiko.“ „Aber...“ Bevor sie – oder besser gesagt ich - etwas erwidern konnte, nahm er mich an der Hand und verschwand mit meinem jüngeren ich durch die Tür. Ich sah ihnen kurz nach, wartete darauf, dass ich laut dagegen protestieren würde, aber es blieb - bis auf das piepen der Maschine – still. Ich sah wieder zu dem Mann. Er rührte sich nicht und auch sonst schien er keinerlei Anstalten zu machen sich zu befreien. Ich drehte mich um und wollte sehen, wohin die Tür führte, aber anstatt der weißen Wände und der Tür, sah ich vor mir eine Lichtung. Ich drehte mich um, aber dort war alles schwarz und von dem Mann war keine Spur zu sehen. Ich ging auf die Lichtung zu und nach wenigen Schritten tauchte ein zweischwänziger Fuchs auf. „Erinnerst du dich wieder?“, fragte er sanft. „Langsam müssten deine Erinnerungen zurückkommen, Aiko-chan.“ „Wer bist du?“, fragte ich misstrauisch. „Wer ich bin?“, er lachte. „Diese Frage hast du mir vor vier Jahren schon einmal gestellt. Erinnerst du dich?“ Ich schluckte. „Tsubaki?“ Der Fuchs kam langsam auf mich zu und verwandelte sich im Gehen wieder in den jungen Mann, der eben noch eingesperrt war. „Es ist schön zu sehen, dass es dir gut geht.“ Ich sah ihn verwirrt an und er lächelte. „Ich bin der Servamp der Schwermut, schon vergessen?“ Er stand nur wenige Zentimeter von mir entfernt und streichte mir sanft über die Wange. „Sag Aiko-chan... Willst du deine Erinnerungen wieder haben?“ „Ja!“, sagte ich schnell und er lachte leise. „Dann komm zu mir.“ „Wo bist du?“ „Du wirst mich finden“, sagte er lachend und verwandelte sich wieder in einen Fuchs, nur um kurz darauf zu verschwinden. „Warte! Geh nicht!“, rief ich verzweifelt. Kurz darauf wurde alles um mich herum schwarz und eine angenehme Wärme umhüllte mich.[i/] „Aiko? Hey Aiko, aufwachen“, sagte Tetsu und schüttelte mich am Arm. „Nur noch fünf Minuten“, grummelte ich, zog mit die Decke über den Kopf und drehte mich weg. Er seufzte. „Es gibt Schokolade.“ ich öffnete die Augen und in Null Komma nichts, saß ich aufrecht im Bett. „Schokolade? Ich bin dabei!“ Tetsu lachte und schüttelte mit dem Kopf. „Das klappt wirklich jedes mal.“ „Idiot!“, sagte ich beleidigt und warf das Kissen nach ihm. Er fing es auf und warf es mir ins Gesicht. Ich sah ihn empört an, doch bevor ich etwas erwiedern konnte, drehte er sich um. „Steh endlich auf, wir müssen noch einkaufen gehen.“ Mit diesen Worten ließ er mich zurück und ungläubig sah ich ihm nach. Das gab Rache... Ich schloss die Tür meines Zimmers und holte aus meinem Schrank ein schwarzes T-Shirt, eine kurze Jeanshose, weiße Strümpfe und Unterwäsche heraus, die ich auch sofort anzog. Ich ging in die Küche, in der Tetsu und die Jungen von gestern Abend bereits am Essen waren. Ich verzog mein Gesicht etwas. Anscheinend war es wohl doch kein Traum gewesen und Vampire waren real, genauso wie Magie. Ich murmelte ein „Guten Morgen“, setzte mich zu ihnen an den Tisch und fing an zu frühstücken. Sie unterhielten sich wieder über diesen Tsubaki, aber ich hörte ihnen nicht zu. Ich dachte wieder an den Traum. Er sagte, dass er mir meine Erinnerungen wiedergeben könnte. Aber ob das stimmte? Aber einen Versuch wäre es Wert. „Aber irgendetwas musst du getan haben. Ansonsten hätten Yumi, Jun und Tsuguri dich nicht gefangen“[i/], sagte mein jüngeres Ich wieder. Yumi, Jun, Tsuguri... hatte der Mann, den ich am Fluss getroffen hatte nicht etwas davon erzählt, dass Yumi und Tsuguri sich Sorgen um mich machten? Und hatte ich ihn nicht Jun genannt? Ich fing an mir die Schläfen zu massieren. Wenn ich an den Traum dachte, bekam ich furchtbare Kopfschmerzen. Aber was war an Tsubaki so schlimm, dass sie gegen ihn kämpfen mussten? Ich war so in Gedanken versunken, dass ich zu spät realisierte, dass ich laut gedachte hatte und die Jungs mich ungläubig ansahen. Anscheinend hatte ich laut gedacht und nervös biss ich auf meiner Lippe herum. „Was an Tsubaki so schlimm ist?“, fragte Misono mich wütend. „Er tötet grundlos die Abkömmlinge der Servamps. Er ist ein blutrünstiges Monster!“, er sprang auf und ich konnte den Hass in seinen Augen sehen. Ich duchte mich weg aus Angst, dass er seine Wut an mir ausließ. „Misono, sie kann nichts dafür“, sagte Lilly ruhig und stand nun ebenfalls auf. „Setz dich wieder.“ Murrend hörte er auf seinen Servamp, sah aber nicht einmal mehr von seiner Schüssel auf. Das restliche Frühstück verlief bis zum abräumen ruhig. Keiner sagte mehr etwas, sondern hing seinen eigenen Gedanken nach, wobei ich mir gewünscht hätte, dass wir über etwas anderes als Vampire geredet hätten, damit ich den Traum endlich aus dem Kopf bekam. „Aiko und ich gehen noch einkaufen. Sollen wir was mitbringen?“, fragte Tetsu, während wir den Tisch abräumten. Sie verneinten und ich holte den Einkaufszettel, den Tetsu's Eltern geschrieben hatten. Gemeinsam verließen wir das Gasthaus und gingen schweigend in Richtung Stadtzentrum. „Was ist los?“, fragte Tetsu mich nach einer Weile des Schweigens. Ich seufzte. „Ich... ich hatte nur schon wieder einen dieser Träume.“ „Schieß los.“ „Ich war wieder in einem hellen Raum. Einen Raum nebenan war Tsubaki und ich – oder besser gesagt mein jüngeres ich – hat sich mit ihm unterhalten. Ich fühlte mich mit ihm... verbunden. So als würde er mich verstehen, egal was ich tue. Er sagte mir, dass er mir dabei helfen könnte, meine Erinnerungen wiederzuerlangen. Dafür bräuchte ich nur zu ihm zu kommen. Und ich...“ Der Blonde blieb abrupt stehen und sah mich ungläubig an. „Du bist nicht wirklich am überlegen, ob du zu ihm gehen sollst?“ „Naja....“, sagte ich vorsichtig. „Bist du verrückt geworden? Das ist gefährlich!“ Erschrocken sah ich ihn an. So wütend hatte ich ihn noch nie erlebt. „Aber ich dachte... du willst, dass ich alles versuche, um meine Erinnerungen wieder zu erlangen?“ „Ja, aber nicht, indem du dich in die Höhle des Löwens begibst!“ Er funkelte mich wütend an und ich sah zu Boden. „Entschuldige... ich wollte nicht, dass...“ „Schon gut“, sagte er nun wieder in seiner normalen Tonlage und ich sah ihn an. Er sah verlegen zur Seite und ich musste anfangen zu lachen. „Was ist so lustig?“ „Ich hätte nicht gedacht, dass du dir so große Sorgen um mich machst.“ „Ehm... ich...“, er wurde etwas rot und ging schnell an mir vorbei und ich seufzte. Seit dem Gespräch wechselten wir nicht ein Wort und ich sah, dass Tetsu meinem Blick auswich. Auf dem Rückweg nahmen wir den Weg durch den Park. Tetsu trug zwei schwerere Einkaufstüten, ich hingegen trug nur eine, die dazu noch nicht einmal viel wog. Wie ich es hasste, wenn er immer die schweren Sachen allein tragen wollte. Schweigend gingen wir nebeneinander her und ich wurde das gefühl nicht los, dass wir verfolgt wurden. Als wir durch den ruhigeren Teil des Parkes gingen, blieb er einfach stehen. Ich sah ihn verwirrt an. „Aiko“, sagte er schon fast schüchtern. „Ich muss dir etwas sagen. Ich bin... Ich bin -“ „Haaaaaab iiiiich diiiich eeeendliiiiich gefuuuundeeeen, Aiiiikooo-chaaaaan“, rief jemand laut und ich zuckte erschrocken zusammen. Auch Tetsu schien beunruhig zu sein und wir sahen uns um. Auf einem der Äste entdeckte ich den rosahaarigen Mann, der mich vor ein paar Tagen angegriffen hatte und ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. „Tsubaki-kyun haaaat miiiich damiiit beauftraaagt diiiich zu aaaaabzuhoooooleeeen.“ Tetsu ließ die Tüten fallen und stellte sich vor mich. „Das werde ich nicht zulassen“, knurrte er. „Naaaa daaann, werdeeen, wiiiir wooohl noch etwaaas spiiiiiiiielen“, sagte der Vampir lachend und ließ sich vom Baum fallen. Er nahm seinen Zylinder ab und zog ein Schwert heraus, das das Sonnenlicht reflektierte. Ich hatte den Drang wegzulaufen, aber Tetsu hier allein zu lassen hielt mich davon ab. Der Mann setzte den Zylinder wieder auf und rannte auf Tetsu zu, der keinerlei anstalten machte sich weg zu bewegen. Als das Schwert nur noch wenige Meter von Tetsu entfernt war, hörte ich einen Schuss , der den Vampir in den Arm traf. „Waaaas zuuum?“, fragte er und hielt sich seinen blutenden Arm. „Guter Schuss, Yumi“, sagte jemand lachend und ich drehte mich um. Vor mir standen drei Männer. Einer von ihnen hatte kurze braune Haare, der andere hatte lange blonde Haare, die er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden hatte und der dritte hatte kurze schwarze Haare. Alle drei trugen einen langen weißen Mantel mit ebenso weißer Kleidung. Nur der Mantel des Schwarzhaarigen war geschlossen un erinnerte mich an die Jacke, die man in einer Psychatrie trug. Zwei von ihnen hatte ich bereits getroffen, nur der dritte war mir vollkommen fremd. „Aiko-chan, bist du in Ordnung?“, fragte der Braunhaarige besorgt. „Sieht so aus“, sagte der Blonde. „Wir nehmen dich wieder mit nach Hause, Aiko-chan“, sagte der Schwarzhaarige freudig. „Aber vorher müssen wir uns um die Witzfigur kümmern“, sagte der Braunhaarige und ging mit einem Stab bewaffnet auf den Vampir zu. Die anderen Beiden taten es ihnen gleich. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich spürte Panik in mir aufkommen. Ich zitterte am ganzen Körper und letztendlich konnte ich mich nicht mehr gegen die Angst wehren. Ich ließ die Tüte fallen und lief los, raus aus dem Park, weg von Tetsu und den drei Männern, die mich anscheinend kannten. Ich hörte, dass Tetsu mir hinterherlief und meinen Namen rief, aber ich ignorierte ihn. Ich wollte einfach nur noch weg. Weg von ihm, weg von den Vampiren, die eigentlich nicht existieren dürfte. Erst als ich in der Stadt war wurde ich langsamer und drehte mich um. Keiner von den Personen aus dem Park war zu sehen und ich bog in eine Gasse ein. Nachdem ich eine Weile gegangen bin, ließ ich mich an der Wand herabgleiten und legte meinen Kopf auf meine angewinkelten Knie. Es drehte sich alles und die Kopfschmerzen waren wieder da. Nur waren sie schlimmer als die, die ich bisher hatte. Es fühlte sich beinahe so an, als würde jemand ununterbrochen mit einem Hammer dagegen schlagen. „Da bist du ja, Aiko-chan“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)