Tease him, please him von Salix ================================================================================ Kapitel 2: Eine wacklige Angelegenheit -------------------------------------- Mit dem Ergebnis zufrieden machte Loki sich auf den Rückweg in seine Zelle. Zu lange durfte er seinem Körper nicht fernbleiben. Es gab zeitliche Grenzen für Reisen im Astralleib, deren Überschreitung zum Tod führen könnte. Das Limit lag bei etwa vierundzwanzig Stunden. Außerdem würde es Frigga auffallen, was er tat, sollte sie ihn besuchen. Geschickt fädelte Loki sich an Schutzbannen und Fallenzaubern vorbei. Auch den Wachen wich er aus, schließlich waren ein paar darunter, die in der Lage waren Astralgestalten zu sehen. Die Wände seiner Zelle zu überwinden, war einfach, sie hielten nur seinen Körper gefangen. Loki glitt in seinen entspannt dasitzenden Körper. Es war wie Aufwachen. Er reckte sich ausgiebig, weil seine Schultern steif und verspannt waren. Auf seinen Fußsohlen spürte er eine schmerzende Linie, die vom Hacken bis zum großen Zeh führte. Murrend rieb er sich die Füße. Obwohl er nicht körperlich in Midgard gewesen war, hatten sich seine Aktivitäten dort auf seinen Körper ausgewirkt. „Ich sollte Seillaufen öfter trainieren“, dachte er abwesend. War er doch vor einiger Zeit in der Lage gewesen stundenlang über ein Drahtseil zu laufen, ohne später Muskelkater und schmerzende Füße zu haben. Heute war das Ganze nur in Astralform geschehen und sein gesamter Körper beklagte sich. Ihm fehlte eindeutig die Übung! Müde legte er sich zurück und beendete mit einem Fingerschnippen den Zauber auf dem Spiegel. Eine Illusion aufrecht zu erhalten, während man im Astralleib über ein Drahtseil lief, war ganz schön anstrengend. Notwendig war die Illusion jedoch gewesen, da die wenigsten Menschen Astralwesen sehen konnten. Tony Stark erst recht nicht, der war dazu viel zu wissenschaftsfixiert. Ein Lächeln stahl sich auf Lokis Lippen. Stark hatte herrlich entsetzt geklungen, obwohl sein Gesicht hinter der Iron-Man-Maske verborgen geblieben war. Es lohnte sich bestimmt dieses kleine Spielchen weiterzuverfolgen, unterbrach es doch die Langeweile. Außerdem hielt es ihn vom Grübeln ab. Für einen Menschen war Tony Stark recht interessant, auf bestimmte Weise intelligent, erstaunlich selbstbewusst und komischerweise heroisch. Loki verstand immer noch nicht, weshalb ausgerechnet Tony sich in Lebensgefahr gebracht hatte, um die Chitauri-Armee aufzuhalten. Es passte so gar nicht zu diesem egozentrischen Milliardär. Warum spielte der den Helden? Was mochte dahinter stecken? Diese Fragen beschäftigten ihn jetzt, wo er keinen konkreten Plan auszuführen hatte und viel zu viel Zeit zum Grübeln. Oh, Frigga ließ ihn mit Büchern versorgen. Nur irgendwann war er dem ständigen Lesen überdrüssig. So luxuriös die Zelle auch ausgestattet sein mochte, bot sie kaum Beschäftigungsmöglichkeiten. Leider führte das dazu, dass Lokis Gedanken immer wieder in Richtungen abdrifteten, die ihm missfielen. Da war es besser sich einen neuen Zeitvertreib zu suchen, den er von der Zelle aus betreiben konnte, bis er hier raus war. Was sprach dagegen, dass der Zeitvertreib Tony Stark hieß? Das gab dem Ganzen eine gewisse Würze. Eine angenehme Müdigkeit, die davon herrührte, was er getan hatte, breitete sich in Loki aus. Er schloss die Augen. Sich müde gespielt zu haben war gut, führte es meist zu einem tiefen Schaf, dessen Träume beim Erwachen vergessen wurden. Er fand sich auf einem riesigen Nebelast in Mitten des Universums wieder. In je einer Hand hielt er eine große schimmernde Kugel. Die Kugeln waren zu groß, um sie bequem in der Hand halten zu können. Irgendwoher wusste er, dass diese Kugeln Asgard und Midgard waren. Ein nur allzu bekanntes goldenes Zepter wirbelte durch die Luft. Es fiel genau auf seine rechte Hand zu. Automatisch warf Loki die Asgardkugel in die Luft, um das Zepter aufzufangen, ehe die Klinge am Ende Asgard zweiteilte. Blaues Licht blitzte über die Klinge. Gezwungenermaßen jonglierte er nun mit Asgard, Midgard und dem vermaledeiten Stab. Der einzige Lichtblick bestand darin, dass es die Kurzversion des Zepters war. Hektisch wirbelte Loki Welten und Stab durch die Luft. Etwas Entsetzliches würde geschehen, ließe er eine der Welten fallen. Zugleich spürte er tausende Blicke auf sich. Auf dem Ast balancierend, wusste er instinktiv, dass er ihnen die Show seines Lebens liefern musste. Doch wie sehr er sich auch anstrengte, er fühlte, dass es nicht ausreichte. Die Aufgabe überstieg seine Fähigkeiten. Scheiterte er jedoch, war alles verloren. Am Rande seines Blickfeldes nahm er Odin wahr, der ihn wie ein widerwärtiges Insekt betrachtete. „Dein Geburtsrecht war der Tod! Ausgesetzt auf einem gefrorenen Felsen!“ Die Worte halten wie Donner durchs All. Applaus brandete auf. Lokis Wurf ging fehl. Statt eines gezielten, wirbelnden Bogens flog das Zepter unkontrolliert aus seiner Hand. Schneller als er ausweichen konnte, kam die glänzende Klinge genau auf sein Gesicht zu. Loki riss die Augen auf. Sein Herz hämmerte. Das schwache Licht der Zellbegrenzung blendete ihn, obwohl es in der Nacht gedämmt wurde. Er kauerte sich unter seiner Decke zusammen. Einige Augenblicke lang zwang er sich bewusst ruhiger zu atmen. Dahin war sein Plan hinsichtlich eines ruhigen Schlafes. Loki fuhr sich durch sein wirres Haar. Es fiel ihm schwer einzuschätzen, wie lange er geschlafen hatte. In der Zelle gab es keine Uhr und außerhalb der Zellen in Sichtweite der Gefangenen auch nicht. Loki drehte sich auf den Rücken. Sein Blick glitt über die Decke. Er brauchte dringend etwas anders, womit er seinen Geist beschäftigen konnte. Sich jetzt an Traumdeutung zu versuchen, würde ihn nur deprimieren. Hoffentlich war es nicht so früh am Morgen, dass sein neuester Zeitvertreib noch im Bett war. Sich auf seinen Atem konzentrierend erreichte Loki den meditativen Zustand, der für eine Astralreise nötig war. Ungehindert verließ sein Geist die Zelle, glitt an Zaubern und Wachen vorbei auf Midgard zu. Durch seinen vorherigen Besuch war es ihm ein Leichtes den Ort wiederzufinden, an dem sich Tony Stark aufhielt. Auf seinem Weg bewunderte Loki wie blaues Mondlicht den Schnee zum Glitzern brachte. Im eisig, klaren Himmel leuchteten die Sterne wie winzige Diamanten. Die gesamte Landschaft sah aus, als wäre sie mit Puderzucker überstreut worden. Erst als Loki sich dem kleinen Städtchen mit den Fachwerkhäusern näherte, verlor das Winterwunderland ein wenig von seiner Schönheit. Die am Straßenrand aufgetürmten Schneewälle waren mit Dreck durchmischt. Gelbes Licht drang vereinzelt aus Fenstern nach draußen. Loki würdigte die Menschen in den Häusern keines Blickes. Sein Ziel war die Unterkunft von Tony Stark. Das Gebäude war hell erleuchtet und größer als andere. Der über den Gipfel allmählich blauer werdende Nachthimmel, zeigte Loki an, dass es langsam Tag wurde. In den Räumen im Erdgeschoss fand er Tony nicht. Dafür entdeckte er einen großen Raum mit vielen Tischen und Stühlen, wo schon ein paar Menschen frühstückten. Es gab noch weitere große Räume, die er von seiner Beobachtung Tonys kannte. Das waren die Räume, wo diese Vorträge gehalten wurden. Anstatt nun die Räume in den oberen Stockwerken zu durchsuchen, kehrte er in die Hotellobby zurück. Loki widerstrebte es, sich übermäßig viele schlafende oder halbbekleidete Menschen anzusehen. Durch die Lobby würde Tony bestimmt kommen auf seinem Weg zum Frühstück oder zu einem Vortrag. Um die Zeit rumzukriegen, amüsierte Loki sich damit dem Menschen am Empfangstresen die Arbeitsmaterialien zu verräumen, wenn der wegsah. Oder ihm schlicht bei der Arbeit zu zusehen. Der gereizte Tonfall, in dem der Mann einen jungen Mann in Arbeitsoverall abfertigte, war Musik in Lokis Ohren. „Der Heizkeller befindet sich diesen Gang dort entlang die Treppe runter und das nächste Mal kommen sie nicht durch den Haupteingang.“, wurde der blonde Jüngling, der einen schweren Werkzeugkasten trug, angepflaumt. als der junge Mann den Werkzeugkoffer aufnahm, verrutschte sein Overal und entblößte ein Wolfskopftatoo am Handgelenk. Loki schüttelte denn Kopf, was fanden Menschen nur an Wölfen so toll? Hinter dem Rücken des Mannes am Tresen vertauschte er die Zimmerschlüssel. Als Tony Stark endlich durch die Eingangshalle lief, war der Hotelangestellte einem Nervenzusammenbruch nahe. Verwirrt musterte Loki Tonys Kleidung. Sportschuhe, eine enge schwarze Hose, eine Jacke, die für die Außentemperaturen zu dünn aussah, Handschuhe und eine rote Mütze vervollkommneten das Outfit. Vor dem Hotel verfiel Tony in einen Laufschritt. Eine ganze Weile schwebte Loki, für Tony unsichtbar, neben ihm her. Gerade war es nützlich, dass er eine Illusion kreieren musste, um für Tony sichtbar zu sein. So fiel das sich extra verbergen weg. Stark lief durch die Straßen aus der Stadt hinaus. Dort ging es auf einem schmalen Asphaltweg neben der eigentlichen Straße weiter. Kurz hinter einem gelben Schild begann ein Wäldchen. Vereinzelt rieselte Schnee von den Ästen. Inzwischen war Lokis Geduld fast aufgebraucht. Er wartete nur ab, bis Tony seiner Meinung nach weit genug von der Stadt entfernt war, dann beschwor er ein besonderes Trugbild. Einer der Wissenschaftler, die beim Bau des Tores geholfen hatten, hatte eine Vorliebe für ein süßes, giftgrünes, wabbeliges Zeug gehabt. Daran orientierte Loki sich. Unter Starks Füßen schien sich der Boden in grünen, glibberigen Wackelpudding zu verwandeln. Breit grinsend sah Loki zu, wie Tony schwankte, ins Straucheln kam und ausrutschte. Tonys Hände sanken in die Masse ein, als er versuchte sich aufzurichten. Er zog die Hand aus dem Süßkram und untersuchte die Masse daran. „Was zur Hölle?“ Loki lachte laut über Tonys völlig entgeisterten Gesichtsausdruck. Es war zwar nur eine Illusion, doch für Tony sollte sie sich real anfühlen. Eine echte Veränderung von einer Materie in eine andere Materie erforderte so viel magische Kraft, dass es geeignet war ungewollte Aufmerksamkeit zu erregen. Solange Loki nur harmlosen Schabernack trieb, der kaum Schaden anrichtete, würde Heimdall sich nicht darum kümmern. Vor allem, da er nicht immer zeitgleich überall hinsehen konnte. Wackelig kam Tony auf die Füße und sah sich forschend um. Loki erschuf eine Illusion seiner selbst über seinem Astralleib. Er wählte ein, Tony nur allzu bekanntes, Aussehen. Unter einem Baum stehend winkte er Tony mit seinem breitesten Grinsen zu. Derweil versuchte Tony geradezustehen, was sich auf Wackelpudding als unmögliches Unterfangen erwies. „Hey!“ Loki zwinkerte Tony zu. „Du solltest in Asgard im Gefängnis sitzen!“, fuhr Tony ihn an. „Sollte ich das? Sagt wer?“ „Thor versprach…“ „Ach, und ihr glaubt ihm alles, was er euch erzählt“, unterbrach Loki ihn, „Weil er ja so glaubwürdig ist!“ „Er hält sein Wort!“ Loki zog lächelnd eine schwarze Braue in die Höhe. „Du scheinst ein wenig festzustecken, brauchst du Hilfe?“ „Nicht von dir!“ „Wie du meinst.“ Entspannt lehnte Loki sich gegen den Baum, während Tony vom Wackelpudding herunter in den Schnee schlidderte. Im Schnee stehend musterte Tony Loki genauer. „Wackelpudding, ernsthaft?“ Loki zuckte mit den Schultern. „Harmlose Stunts und kindische Streiche. Angst?“ Loki legte den Kopf leicht schräg. Ja, Tony war intelligent, das machte es gerade besonders spannend. „Sind wir jetzt mit den Nettigkeiten durch?“ „Ja, sind wir.“ Loki erkannte, die eindeutige Handgeste Tonys. So war er vorbereitet, als der einen Iron-Man-Handschuh auf ihn richtete. „Lass es. Wirklich, lass es lieber, du könntest jemanden verletzten.“ „Werde ich.“ Noch während er sprach, schoss Tony den Energiestrahl ab. Loki blieb, wo er war. Auszuweichen war die Mühe nicht wert. Licht und Hitze schwappten als schwacher Hauch durch ihn hindurch und trafen ungemindert auf den Baum. Loki mochte immateriell sein, der Baum dagegen war materiell genug. Der Strahl durchschlug den Stamm. Es regnete Holzsplitter. „Ups.“ Nonchalant trat Loki nun doch zur Seite, als der Baum ins Kippen kam. Tony gelang es sich mit einem Sprung zu retten. Loki näherte sich ihm und starrte auf den liegenden Menschen hinab. Von dem Baum ging ein starker Geruch nach Tanne aus. „Was hat dir der Baum getan!“ Tony knurrte wortlos. Loki musterte die nun blockierte Straße. „Der liegt etwas ungünstig. Du hast schon mal besser gezielt.“ Stumm rappelte Tony sich auf und klopfte sich den Schnee von der Kleidung. „Weißt du, ich habe einige nordische Mythen gelesen“, begann Tony im Plauderton, anstatt auf Lokis Worte einzugehen. Stattdessen trat er zu dem Baumstamm hin. „Und eines wollte ich dich schon die ganze Zeit fragen.“ Er ergriff den Stamm mit seinem Handschuh. „Hast du wirklich ein achtbeiniges Fohlen geboren?“ Loki erstarrte. Woher wusste… DAS stand in ihren Mythen? Sein Leib vibrierte schmerzhaft. Wie war es möglich, dass DAS in ihre Mythen über ihn gelangt war? Die Wackelpudding-Illusion zerstob. Seine Gestalt flackerte. Er achtete nicht auf Tony, der den Baum anhob. Erst frenetisches Hupen und quietschende Bremsen rissen ihn aus seiner Starre. Tony gab dem Baum einen Schubs Richtung Wald, doch er stand noch auf der Straße. Loki rief Tony zu sich, der im nächsten Moment neben ihm in eine Schneewehe plumpste. Das Auto rutschte einige Meter weiter, ehe es zum Stehen kam. Loki sank in die Knie. Es war das erste Mal, dass er jemand anderes teleportiert hatte, ohne ihn zu berühren. Er hätte Tony damit in dessen Bestandteile zerlegen können! So würde er nicht noch einmal jemanden aus einer Gefahrenzone holen! Eine Autotür klappte. Lokis Illusion seiner selbst zerfloss, als sich eilige Schritte näherten. Auf dem Boden sitzend sah er zu, wie die Fahrerin des Wagens angerannt kam. Es war eine junge Frau mit kurzen braunen Haaren. Sie hielt Tony eine Hand hin. „Sind sie in Ordnung?“ Loki verstand die Frage, Tony offensichtlich jedoch nicht, da er nur: „Was?“ fragte. „Oh, sie sprechen englisch. Sind sie in Ordnung?“, wechselte die Frau die Sprache. „Ja, ich denke schon… Ich…“ Loki erwiderte Tonys Blick, der durch ihn hindurch blickte, als er sich nach ihm umschaute. Langsam ergriff Tony die Hand und ließ sich von der Frau aufhelfen. „Sicher, dass es ihnen gut geht? Eben standen sie noch mitten auf der Straße und dann waren sie plötzlich weg!“ Ein schriller Ton mischte sich in die Stimme der Frau. „Ja,… ja, mir geht es gut. Ihr Wagen hat mich nicht mal gestreift.“ Ungläubig schüttelte Tony den Kopf. „So ein Glück!“ Die junge Frau wirkte äußerst erleichtert. „Kann ich sie irgendwohin mitnehmen?“ Loki betrachtete ihre zitternden Hände. Ihm missfiel der Gedanke, dass Tony ihr Angebot annähme. „Nein, danke. Es ist wirklich alles gut.“, lehnte Tony ab. „Gut, dann entschuldigen sie vielmals…“ Sie war noch immer durcheinander. „Sicher. Fahren sie vorsichtig.“ „Mach ich.“, versprach sie. Sie entfernte sich noch immer sichtlich erschüttert. Loki schätze, dass sie sich erst mal nur in ihren Wagen setzen würde. „Verdammt!“, hörte er Tony fluchen. „Und wieder ist er entwischt!“ Loki überraschte sich selbst, indem er seine magische Kraft zusammennahm und eine neue Illusion seiner selbst erschuf. „Das Wort Danke wird überbewertet“, murrte er, woraufhin Tony herumwirbelte. „Doch noch da?“ „Offensichtlich.“ Loki legte den Kopf in den Nacken und blickte zu Tony empor. „Das war ganz schön knapp.“ Nun war es Tony, der ihm eine Hand hinstreckte. „Danke.“ Automatisch griff Loki danach. Seine Hand glitt durch Tonys hindurch, der die Stirn runzelte. „Du bist eine Illusion!“ „Nur zur Hälfte“, gab Loki zu. „Also, wo bist du wirklich?“ „Hier, zumindest zur Hälfte.“ „Du lügst!“ „Dies Mal nicht.“ „Es ist physikalisch unmöglich, sich nur zur Hälfte irgendwo zu befinden und am Leben zu sein!“ „Menschen! Eure Wissenschaft ist so schrecklich begrenzt! Wie haltet ihr das nur aus?“ „Du willst mir ernsthaft weiß machen, dass du hier und zur gleichen Zeit irgendwo anders bist?“ „Nein, will ich nicht, weil es deine Vorstellungskraft übersteigt.“ „Warte? Meine Vorstellungskraft? Du behauptest deine Erklärung überstiege meine Vorstellungskraft?“ „Ja, weil sie deinem wissenschaftlichen Weltverständnis widerspräche.“ „Versuch es!“ Loki schnaubte und blieb sitzen, obwohl es ihm widerstrebte sich zu Tonys Füßen zu befinden. „Dazu müsstest du glauben können, dass es möglich ist den Geist vom Körper zu trennen.“ „Das ist esoterischer Bockmist!“ „Ich sagte doch, es übersteigt deine Vorstellungskraft.“ „Das, was gemeinhin als Geist oder auch das Ich eines Menschen bezeichnet wird, entsteht durch elektronische Impulse im Gehirn, weswegen es physikalisch unmöglich ist den Geist vom Körper zu trennen, da sich der Geist aus körperlichen Prozessen zusammensetzt“, dozierte Tony. „Darum musst du dich in der Nähe aufhalten. Deine Trugbilder wirken nur auf kurze Distanz.“ „Da dir die Erklärung besser gefällt, belassen wir es halt dabei.“ Nun kam Loki doch auf die Füße. Die Wortgefechte mit Tony waren zwar immer amüsant, allerdings hatte ihm die kleine Rettungsaktion und Tonys verbaler Tiefschlag den Spaß daran verdorben. „Wärmekamera, ehrlich?“, kommentierte er bei einem Blick auf Tonys gezücktes Smartphone. Tony ließ sich davon nicht beirren, obwohl das Ergebnis des Tests unbefriedigend ausfiel. Es befand sich keine Wärmequelle in der Nähe, die groß genug war um Loki zu sein. Tony kratzte sich am Kopf und Loki kicherte, was dessen Aufmerksamkeit wieder auf ihn richtete. „Warum hast du das getan?“, erkundigte sich Tony. „Was genau?“ „Deinen Trick.“ „Welchen?“ Tony wedelte mit der Hand. „Die Teleportation.“ Er hielt kurz inne. „Mich vor dem Auto gerettet?“ Lokis Antwort bestand in einer wegwerfenden Handbewegung, obwohl er sich die Frage auch stellte. Immerhin war Tony nur ein Mensch, zwar ein interessanter Mensch, aber eben nur ein Mensch. „Zulassen, dass einer der größten Helden dieses Zeitalters von einem Auto geplättet wird? Ein ziemlich langweiliges Ende für einen Helden, findest du nicht? Da draußen warten viel spannendere Todesarten auf dich und sehr wahrscheinlich auch Schmerzhaftere. Wie auch immer, nett mal wieder mit dir geplaudert zu haben.“ So allmählich wurde Loki das Gespräch zu ernsthaft. Er winkte Tony zum Abschied zu und ging los. „Das war’s? Du störst mich beim Joggen und haust dann einfach wieder ab?“, rief ihm Tony nach. „Ja.“ „Das ist unbefriedigend!“ „Für dich vielleicht. Man sieht sich.“ Loki löste seine Illusion auf. Demnächst würde das Frühstück in seine Zelle geliefert und er wollte kein Aufsehen erregen. Obwohl, wenn er nur teilnahmslos dasäße, würde das die Wachen kaum verwundern. Außerdem verspürte er das Bedürfnis nach ein wenig Ruhe und Langeweile. Tony rieb sich die Oberarme. Dieses plötzliche Auftauchen und Verschwinden Lokis ging ihm auf die Nerven. Was bezweckte der damit? War er noch da? Ein weiter Blick auf die Wärmequellenanzeige seines Phones teilte ihm nur das Gleiche wie zuvor mit. Und das war völlig nutzlos. Tony schauderte vor Kälte. Er hätte sich doch von der Autofahrerin mitnehmen lassen sollen. Der Schnee auf seiner Joggingkleidung war nämlich inzwischen geschmolzen und hatte den Stoff durchnässt. Der starke Tannenduft, der vom umgestürzten Baum ausging, reizte seine Nase. Er beschloss ins Hotel zurückzukehren um sich aufzuwärmen. Am liebsten hätte er Thor kontaktiert. Der könnte ihm vielleicht erklären, was los war. Oder er könnte ihn bitten seinen durch geknallten Bruder abzuholen, der für seine Verbrechen büßen sollte, anstatt ihm hier das Leben schwer zu machen. Es gab nur ein großes Problem dabei, er besaß keine Kontaktmöglichkeit zu Thor. Tony stapfte aus dem Wald auf den Fußweg. Um dem Auskühlen vorzubeugen, verfiel er nach einigen Metern vom Gehen wieder in einen leichten Laufschritt. Was sollte das Ganze nur? Wieso führte Loki Aktionen durch, die nur dazu gedacht waren Aufmerksamkeit zu erregen? Und, warum so harmloses Zeug? Bis jetzt war noch niemand zu Schaden gekommen. Ein leichter Schreck, obwohl die Autofahrerin dürfte einen gehörigen Schreck abgekriegt haben, aber nur das. Keine Toten, keine Verletzten, keine Armee, kein Versuch seinen Geist zu übernehmen oder irgendetwas zu tun, was geeignet gewesen wäre einer Weltherrschaft näherzukommen. Fast war es, als wäre Loki nur wegen der Wortgefechte mit ihm hergekommen. Wenn er nicht so verrückt wäre… halt, gerade weil Loki so verrückt war, ergab es beinahe Sinn, sein Verhalten als seine Art hallo zu sagen zu betrachten. Und wenn er auf der Flucht war? Aber wieso gefährdete er eine Flucht damit Tony kindische Streiche zu spielen? Gedankenverloren erreichte Tony sein Hotel. Er durchquerte die Hotelhalle und zog sich auf sein Zimmer zurück. Er grübelte weiter, während er sich seiner nassen Sachen entledigte und unter die warme Dusche stieg. Wollte Loki etwa nur seine Aufmerksamkeit wecken? Wozu? Tony konnte keine Vorteile für Loki in dessen Verhalten erkennen. Also begann er sich das Gespräch mit Loki ins Gedächtnis zurückzurufen. „Waren da Hinweise versteckt gewesen? Zweifel an Thors Glaubwürdigkeit, die waren von Loki zu erwarten gewesen. Spitze Kommentare. Wovon hatte er ablenken… Oh, mein Gott die Sache mit dem achtbeinigen Fohlen! Die Reaktion auf meine Anmerkung war seltsam. Heißt das, das war wahr? Moment, Loki hat gar nichts dazu gesagt. Er ist dem Thema gänzlich ausgewichen. Nehmen wir mal an, Loki kann wirklich seine Gestalt wechseln, wie in den Mythen steht, wie komplett ist diese Verwandlung? Ich kann nicht glauben, dass ich gerade ernsthaft über Verwandlungen und magische Fähigkeiten nachdenke, die der Physik widersprechen!“ Tony hielt im Haare waschen inne. Er schüttelte sich und spülte die Haare aus. „Ich denke echt über Magie nach?“ Doch er wurde die Überlegungen einfach nicht los. Also tat er das, was er in solchen Situationen meistens tat, sie analysieren und Fakten checken. Abgetrocknet, jedoch nur im Morgenmantel, setzte er sich an sein Notebook. Zuallererst öffnete er die Datei, welche er im Restaurant zusammengestellt hatte. Obwohl er Informationen von S.H.I.E.L.D. hatte mit einfließen lassen, enthielt sie bemerkenswert wenig Fakten. „Hier steht Loki ist Ase, aber Thor sagte, er wäre adoptiert. Wer oder was waren seine Eltern? Stimmt in dem Fall die Angaben der Edda?“ Vorsichtshalber tippte Tony: „Herkunft unbekannt“ ein. „Fähigkeiten? Und bleib bei den Fakten. Übermenschliche Stärke, Illusionen, verschiedenster Art. Das heute hat sich verdammt echt angefühlt. Speerkämpfer, Messerwerfer. Moment, er hat das Zepter verändert.“ Nur um sicher zu gehen, schaute Tony sich das Bildmaterial aus Stuttgart an. „Er hat sowohl Zepter als auch seine Kleidung verändert. Und das war echt.“ Tony raufte sich die Haare, denn für diese Handlungen kannte er nur die Bezeichnung Magie. Mit den X-Men und sonstigen Superhelden war sein Weltbild schon ziemlich auf den Kopf gestellt worden, aber die Existenz von Magie hatte trotzdem bisher nicht so recht dazu gehört. „In den Sagen steht Gestaltwandler. Seiner Reaktion nach, ist er dazu in der Lage sich in ein Pferd zu verwandeln. Sogar eine Stute, anders wäre ein Fohlen zu gebären nicht möglich. Bis zu welchem Grad kann er sich verwandeln? Wäre eine Maus auch möglich? Das sollte man besser rausfinden. Wo er das alles kann, wozu hat er überhaupt die Hilfe der Chitauri gebraucht? Oder eine Armee?“ Unbewusst schlang Tony die Arme um sich. Die Chitauri waren einfach nur entsetzlich! Sein Herz flatterte in seiner Brust. Hoffentlich keine Nachwirkungen der Operation… Ein Piepsen schreckte ihn auf. Sein Blick glitt zur Zeitanzeige des Notebooks. Wenn er das Frühstück ausließe, könnte er es noch schaffen pünktlich zur ersten Veranstaltung des heutigen Kongresstages zu kommen. Aber eigentlich wünschte er sich im Moment nur in sein Labor. Träge streckte er sich ein wenig, angelte das Hoteltelefon und wählte die Nummer des Zimmerservice. Das erledigt konnte er sich genug Zeit lassen um seinen eigenen Vortrag am Nachmittag vorzubereiten. Entschlossen klickte Tony die Datei zu Loki weg. Als der Zimmerservice sein Frühstück brachte, war er dabei, seinen Vortrag noch eben schnell zu überarbeiten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)