Forever Together von abgemeldet (Wichtel-FF für Rei17) ================================================================================ Kapitel 1: Teil 1 ----------------- „Alec...!“ „Hm...“ „Alec!“ „Was... ist denn...“, nuschelnd drehte sich der Junge auf seinem Bett um und schlug vorsichtig die Augen auf. „Es ist doch noch dunkel draußen...“ Eindeutig also noch Schlafenszeit. Als ausgebildeter Shadowhunter sah das anders aus, aber während der Ausbildung war man nachts im Bett... Schlafend. „Ja aber... Alec“, sagte eine zarte Stimme. „Ich... Kann nicht mehr schlafen! Da... da ist ein Dämon bei mir! Ganz bestimmt! Ich... ich habe gesehen wie sich die Türen bewegt haben! Von meinem Schrank!“ „Izzy... das hast du bestimmt nur geträumt... oder dir eingebildet“, sagte Alexander verschlafen. „Geh dich wieder hinlegen un- Hey!“ Grummelnd setzte sich Alec auf, als seine Decke mit einem Ruck weggezogen wurden war – ein viel zu starker Ruck für die kleine Person die seine Decke in den Händen hielt. „Alec... bitte komm mit.“ Seine Schwester schob ihre zitterte Unterlippe nach vorne, aus bittenden, großen Augen sah sie zu ihm rauf und der Ältere seufzte ergeben. Er schob sich müde zum Bettrand und stand auf. Kaum hatte er dies getan, klammerte sich Isabelle an ihn, fast schon wie ein Äffchen und fürsorglich strich er ihr durch das dunkle, leicht zerzauste Haar. Alexander griff nach dem Stein auf seinem Nachtschrank – ein Elbenlicht was sie als Nephilim alle bekamen, er hatte es zu seinem Geburtstag bekommen. Kaum berührte er den Stein, fing eben jener an blau zu leuchten und spendete eine große Menge Licht in der Dunkelheit seines Zimmers. Mit Isabelle an der Hand verließ er seinen privaten Raum, direkt gegenüber lag der von seiner Schwester, die Tür war weit aufgerissen. Um keine unnötige Aufmerksamkeit auf sie zu ziehen, schlich er mit ihr an der Hand über den schmalen Flur bis zu ihrem Raum. Ihr Zimmer war wesentlich farbenfroher und mädchenhafter, ein Puppenhaus stand hier herum, eine Garderobe voller Kleidung, auch ein Schminktisch der mit allerlei Kram gefüllt war, um eine genaue Liste von den Sachen die es hier gab anzufertigen, bräuchte Alec wahrscheinlich mehrere Tage Zeit! Vorsichtig streckte Isabelle ihren Arm aus und deutete auf den Kleiderschrank, die linke Tür war geöffnet. Alexander schloss die Zimmertür hinter sich und wies seine Schwester an einfach hier stehen zu bleiben, bevor er sich zum Schrank aufmachte, nur wenige Schritte von der Tür entfernt und immer darauf achtend nicht auf irgendwas zu treten – unglaublicher weise war Isabelle unordentlicher als er selbst. Das Elbenlicht half hierbei deutlich weiter, um nicht über etwas zu stolpern. Kaum war er endlich am Schrank angekommen öffnete er die noch geschlossene Tür mit einem Ruck und hielt den Stein rein. Nichts. Wie erwartet. Die Kleidung lag durcheinander herum und er sammelte ein raus gefallenes Kleid auf, um es wieder rein zu stopfen. „Siehst du... Hier ist nichts Iz...zy... Izzy?“, irritiert sah er sich im Zimmer um, kaum hatte er sich umgedreht. „Isabelle? Wo bist du de-“ „Buh!“ „Wah! Isabelle!“ Das Elbenlicht flog einmal quer durch das Zimmer, als sich Alec erschrocken herum drehte und beinahe hinfiel. Seine kleine Schwester lag lachend auf den Boden, während er sie mit bösen Blicken durchbohrte. „Das ist nicht witzig Isabelle!“, sagte er mit bebender Stimme, ehe er zu sich selbst sagte, dass er nicht so laut sein sollte, wenn er Niemanden wecken wollte. „Ach... Komm schon~!“ Summend zog sie am Hosenbein ihres Bruders, damit sich dieser zu ihr hockte. Die Augen verdreht und endgültig genervt ging er in die Hocke herunter und bekam sogleich einen entschuldigenden Kuss auf die Lippen. „Schläfst du bei mir, Alec?“, fragte sie mit zuckersüßer Stimme. „Von mir aus“, gab Alexander ohne zetern sofort nach. Isabelle sprang auf und zog an dem Arm von ihrem Bruder, in die Richtung des großen Bettes, umgeben von zart-rosafarbene Vorhänge, die vor allem eins sollten: Gut aussehen und ihn wohl entmannen. Nachdem sie sich Beide hingelegt hatten, zog Alec die dicke Decke über sie, Isabelle legte die Arme um seinen Oberkörper, bettete den Kopf auf seine Brust. „Nun mach schon die Augen zu, Izzy“, wies Alexander sie gähnend an, als er merkte das sie scheinbar gar nicht daran dachte zu schlafen. „Erst wenn du eingeschlafen bist“, meinte sie. „Denn~ ich weiß! Das du immer nach mir einschläfst, weil du Angst hast, dass ein Dämon über mich herfallen könnte, wenn du vor mir einschläfst!“ „Das ist gar ni-.“ „Aber heute passe ich auf, dass kein Dämon über dich herfällt!“, unterbrach Isabelle ihn einfach und um zu verdeutlichen das es ihr ernst war, drückte sie sich noch fester an ihn, dass er kurz kaum atmen konnte. „Und jetzt... Mach die Augen zu!“ Mit einem Seufzer sah er nochmal zu seiner Schwester runter, bevor er sich ihrem Befehl ergab und die Augen schloss. Er war viel zu müde, um eine Diskussion zu starten und so verwunderte es ihn nicht einmal, dass es ihm wirklich leicht fiel, fast sofort einzuschlafen. ▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂ „Oh... Sieh mal Alec...“ Angesprochener wandte den Blick von seinen Pfeilen ab und schaute stattdessen in die Richtung seiner kleinen Schwester. Diese stand auf Zehenspitzen vor einem der großen Fenster und starrte hinaus. „Was ist denn?“, fragte er, zugleich lief er bereits auf sie zu, um ebenfalls raus zu sehen. Ohne das dort etwas was, was seine Aufmerksamkeit lang genug auf sich zog. Deshalb sah er auch wieder zu Isabelle hinab, er war sich ziemlich sicher das seine liebste Schwester wieder irgendwelche besonderen Gedanken hatte, während sie da raus starrte. „Es schneit!“, war dann aber die dezente Antwort. Natürlich hatte das Alec mitbekommen, die großen Schneeflocken die vom Himmel herab regneten waren kaum zu übersehen und ganz wie es aussah, blieben jene Flocken sogar liegen. Das bedeutete es war draußen kalt – eiskalt. Alexander würde keinen Fuß vor die Tür setzen, wenn es nicht unbedingt sein musste. „Wir können sicherlich einen Schneemann bauen!“ „Ich bezweifle das man uns rauslässt, nur um einen Schneemann zu bauen, Izzy“, erwiderte Alec und wandte sich wieder seinem Training zu. Er schob die Pfeile zurück in seinen Koscher und griff nach dem Bogen, der die perfekte Größe für ihn hatte. Die Ziele standen mit Abstand neben einander, eines stand weiter weg als das Andere. Noch war er alles andere als perfekt darin, diese Waffe zu bedienen. Etwas, was gerade seine Eltern gern und oft zu ihm sagten. Deshalb wollte er sich so schnell wie möglich perfektionieren, aber nebenbei auf seine kleine Schwester aufzupassen, war nicht gerade einfach. Vor allem weil sie andauernd durch die Ziele lief und Alec meist nur gerade so es schaffte, den Pfeil bei sich zu behalten oder aus Glück daneben schoss. Isabelle redete meistens davon, dass sie seine Reflexe testete. Vielleicht brauchte er solche Tests auch, aber dann doch nicht mit Isabelle als eventuelles Opfer! „Wirklich nicht?“, fragte dieses 'eventuelle Opfer' und hatte sich sogar vom Anblick abgewandt, um stattdessen ihn anzusehen. „Wirklich nicht. Izzy, draußen rennen Dämonen herum, da werden die uns sicherlich nicht raus lassen. Wir sind alles andere als gut genug, um etwas oder Jemanden zu bekämpfen“, antwortete er. „Und keiner wird sich bereit erklären auf uns aufzupassen. Die haben hier alle Besseres zu tun, wie du weißt. Mum und Dad sind noch in Idris, also weißt du, was das bedeutet.“ Das sie keine Chance hatten wirklich raus zu kommen. Aber selbst wenn ihre Eltern da wären, bezweifelte er, dass sie mit ihnen rausgegangen wären. Das war einfach nicht so das Ding von ihnen. Wobei er wohl der Letzte war, der wirklich sagen konnte, was 'das Ding' seiner Eltern war. Wahrscheinlich die Arbeit, immerhin verbrachten sie den Großteil ihrer Zeit damit. „Das ist SO gemein!“, meinte Isabelle und verschränkte die Arme vor der Brust. Alec kannte diese Art von seiner Schwester bereits. Sie war keine Zicke, nicht das was er mitbekam, wenn er mal in Idris zu Besuch war und die anderen Mädchen dabei beobachtete wie sie mit einander umgingen. Im Vergleich zu denen war Isabelle wirklich pflegeleicht, auch wenn sie trotzdem auf Puppen und pink stand. Sie beruhigte sich schneller wieder und bis sie wirklich bockig wurde, dauerte es auch einige Momente. Aber diese Momente wenn sie es dann war, reichten manchmal schon aus, um ihn wahnsinnig zu machen. „Ich weiß Izzy“, versuchte er es, als verständnisvoller Bruder, in der Hoffnung, sie würde sich nicht weiter aufregen. „Weißt du nicht. Dir macht das alles ja überhaupt nichts aus!“ Und damit hatte sie wahrscheinlich sogar Recht. Alec hatte sich schnell damit abgefunden, dass sie halt nicht jeder Zeit raus durften, dass sie viel trainieren sollten, dass er die Verantwortung mehr oder weniger für Isabelle übernahm – all das und viel mehr hatte er bereits akzeptiert, während seine Schwester nicht sehr dafür war, alles verboten oder befohlen zu bekommen. „Ich bin älter als du. Ich bin über die Phase hinweg, zu meckern weil ich etwas nicht darf“, meinte er schließlich und nahm seinen Bogen zur Hand. „Darf ich jetzt weiter trainieren, ohne da-.“ „Ich gehe in mein Zimmer! Und ich will dich dort nicht sehen!“ Irritiert blinzelnd sah er seiner Schwester nach, die sich ruckartig umdrehte, ihr Haar zurück warf und davon stolzierte wie eine stolze Dame. Nachdem die Verwirrung abgeklungen war, konnte er sich ein Schmunzeln und Kopfschütteln nicht verdrücken. Typisch Isabelle. ▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂ Auch Stunden später war seine Schwester nicht bereit mit ihm zu reden oder überhaupt aus dem Zimmer heraus zu kommen. Alec war sich nicht sicher, ob sie wirklich noch herum bockte, oder nicht doch etwas anderes trieb. Auch deshalb kam er mindestens zweimal in einer Stunde vorbei, klopfte an und fragte nach, wie es ihr ging – sicherlich würde sie nicht aus dem Fenster klettern, aber wenn er ehrlich war, wusste er nicht, ob sie es nicht vielleicht doch tun würde, wenn er nicht immer vorbei kam und nachfragte. Wenn seine Schwester bockte, hieß es aber meistens auch, dass er mal ein wenig Ruhe hatte, welche er sofort ausnutzen wollte, um seine Kunst im Bogenschießen weiter zu trainieren. Immerhin hatte er sonst eher weniger Zeit dazu, ohne das seine Schwester dazwischen tanzte. Nachdem er sich also bewaffnet und die Ziele aufgestellt hatte, versuchte er sich einzuprägen wie weit sie weg standen, wie weit sie vom benachbarten Ziel weg standen und malte sich im Kopf aus, wie er schießen müsste um sie zu treffen. Tief durch atmend stellte er sich hinter einen der breiten Balken im Raum. Er griff in den Koscher, schnellte gleichzeitig von seinem Versteck hervor und schoss auf das erste Ziel. Getroffen. Auch das zweite Ziel traf er am Rand. Das dritte allerdings verfehlte er gänzlich. Stattdessen kam der Pfeil an der Wand neben dem Eingang auf. „Wow!“ Irritiert und leicht erschrocken sah Alexander zum Eingang, von wo er den unerwarteten Ausruf vernahm. Ein blonder Junge hob die Arme, stand fast direkt vor dem Pfeil und sah schließlich in seine Richtung. Nachdem Alexander realisierte, was gerade wohl passiert war, senkte er den Bogen in seiner Hand. „Entschuldige“, sagte er direkt. „Alles in Ordnung“, erwiderte der etwa Gleichaltrige, den er zuvor noch nie hier gesehen hatte. „Ich bin Jace.“ „Ähm... Alec“, stellte er sich vor und bedachte Jace nach wie vor mit einem etwas verwirrten, vielleicht auch fragenden Blick. „Maryse... meinte, sie hätte dir von mir erzählt.“ Alexander versuchte sich an etwas zu erinnern, was ungefähr auf Jace zutraf, dazu musterte er jenen auch gleich noch einmal. Er war in seinem Alter, eindeutig ein Nephilim, sonst wäre er nicht hier, männlich und blond und... Alec seufzte auf und rieb sich einmal über die rechte Schläfe. „Deine Eltern haben mich aufgenommen.“ „Oh!“, nickend sah er schließlich wieder zum Anderen. „Ja, stimmt. Sie haben mir von einem Jungen erzählt. Aber sie meinten auch, dass es noch etwas dauern würde, bis du her kommst. Ich habe dich erst nächste Woche erwartet...“ Nicht einmal das war festgelegt gewesen. Seine Eltern hatten eigentlich nochmal mit ihm darüber sprechen wollen – mit ihm und vor allem auch mit Isabelle, welche sich wenig begeistert gezeigt hatte. „Ja, die Planung wurde etwas verändert“, Jace zuckte mit den Schultern und Alec nickte das nur erneut ab. „Hat dir Jemand schon das Institut gezeigt?“ „Man hat mir den Weg vom Portal hier her gezeigt, dass wird noch nicht das gesamte Institut gewesen sein, was?“ Jace schmunzelte ihn an und Alexander war für einen Moment etwas überfordert davon. Die wenige Zeit die er mal in Idris verbrachte, hatte er nie damit verschwendet heraus zu finden wie man sich mit anderen in seinem Alter unterhielt oder beschäftigte. „Ich zeige dir alles und stell dir dann meine Schwester vor.“ Und was er sagte, setzte er dann auch direkt in die Tat um. Er versuchte sich so gut wie möglich daran, in der Rolle als Führer aufzugehen, aber viel konnte er über die meisten Räumlichkeiten gar nicht sagen. Aber Jace gab nie einen beschwerenden Ton von sich und seine Fragen waren glücklicherweise auch alle für ihn zu beantworten. Alec ging zu erst alle Trainingsräume ab, sie waren mit am Wichtigsten und außerdem befanden sie sich ja gerade in solche. Er erklärte die Regeln, die in diesen Räumen galten, brachte Jace schließlich zum Eingangsbereich, dort wo der Großteil aller Nephilim vorzufinden waren, umgeben von lauter Technik, die die Dämonenjagd vereinfachen sollte. Die Erwachsenen schenkten ihnen kaum Beachtung, dennoch nannte er Jace von ein paar den Namen, damit er auch zu ihnen gehen könnte, wenn irgendwas sein sollte. Neben der Küche, dem Krankenabteil und der Bibliothek, war er dann also alles abgegangen, bis auf den privaten Räumlichkeiten. Das Büro seiner Eltern war meistens abgeschlossen, daher zeigte er Jace lediglich die Tür dorthin, bevor es in die oberen Geschosse ging, dorthin wo ihre Zimmer lagen. Das fast unbenutzte Elternschlafzimmer zeigte er nur kurz. Anschließend deutete er auch auf sein eigenes Zimmer, erwähnte dabei sogar das Jace wenn irgendwas sein sollte, rein kommen dürfte, solange Alec auch drinnen war. Das Zimmer neben ihm, bisher unbewohnt, sollte das neue Gemach von Jace werden und während sich dieser dort umsehen sollte, ging Alexander zum Zimmer seiner Schwester und klopfte an. „Nein, ich will immer noch nicht mit dir reden!“, drang heraus und er seufzte auf. Er hatte wirklich nicht erwartet das seine Schwester so bockig sein würde, nur weil sie keinen Schneemann bauen konnte, wegen der Regeln ihrer Eltern – oder eher weil es zu gefährlich draußen war. „Izzy!“, rief er durch die Tür und klopfte wieder an. „Der Junge ist da. Du weißt schon, von dem Mum und Dad uns erzählt haben. Der unser-.“ „-neuer Bruder werden soll.“ Er hörte die Stimme seiner Schwester direkt hinter der Tür und es hörte sich so an, als würde sie etwas wegschieben, bevor sie die Tür aufriss. Alec brauchte nicht lange zu gucken, um zu sehen das sich Isabelle wohl mal wieder an dem Schminke-Utensilien vergriffen hatte. Ihre Lippen waren rot und die Augen hatte sie mehrmals geschminkt und angehend versucht wieder wegzuwischen. Sie sah ein wenig aus wie ein Panda-Bär der Lippenstift gegessen hatte. Alec betrachtete sie einen Moment eingehender, die Kleidung war auch deutlich anders, sie trug ein viel zu großer Kleid, ihrer Mutter. Er sah sie an und schluckte jeden Kommentar zu ihrem Aussehen herunter. Sie war halt ein Mädchen was rumgebockt hatte. „Er heißt Jace“, sagte er schließlich nur. „Mir egal“, erwiderte Isabelle und verschränkte ihre Arme vor der Brust. „Er wird niemals unser Bruder sein!“ „Bitte benimm dich Izzy. Es ist sicherlich auch nicht für ihn so einfach“, seufzte Alexander. „Würdest du dich ihm bitte vorstellen? Ich habe ihm eben schon alles gezeigt.“ Die Kleinere verdrehte die Augen, als er so zu ihr sah, bemerkte er nicht nur das zu große Kleid, irgendwie wirkte auch Isabelle selbst ein wenig größer. Natürlich wanderte sein Blick nach unten zu den Füßen, die man allerdings wegen des Kleides nicht sehen konnte. „Izzy... Bitte... Mum bringt uns um, wenn sie mitbekommt, dass du ihr Kleid und ihre Schuhe anhast...“ Von dem Make-Up einfach mal abgesehen. Wenn sie Glück hatten merkte seine Mutter nichts davon, so oft war sie ja nicht da und heute hatte er sie auch nicht gesehen. Und wenn seine Mutter da war, dann bekam man das auch sofort mit. „Ach, Papperlapapp!“, winkte sie ab und schlüpfte aus den hohen Schuhen, bevor sie an ihm vorbei ging. Kopfschüttelnd betrachtete er die hohen Schuhe in einem dunklen braun, ehe er seiner Schwester lieber folgte, um darauf zu achten, was sie zu ihrem Adoptivbruder sagte. Zielsicher ging es also zurück zum bisher unbesetzten Zimmer, Jace lag auf dem Bett und starrte nach oben, er wirkte nachdenklich – dass war aber natürlich etwas, was Isabelle nicht störte. „Du bist also dieser Jace!?“, schrie sie fast schon, kaum stand sie vor ihm. Alexander seufzte auf und schloss kurz die Augen. Nicht nur das sie herum schrie, sie sah auch nach wie vor aus wie ein Pandabär. Er hätte sie vorher sich waschen schicken sollen. Als er die Augen wieder öffnete, saß Jace bereits wieder und betrachtete verwirrt erst Isabelle, dann sah er zu ihm und Alec versuchte ihm entschuldigend zu zulächeln. „Und... Du bist wohl Alec's Schwester. Izzy?“ „Für dich immer noch Isabelle!“, bestimmte sie sofort und runzelte die Stirn dabei. „O...kay...“, zog Jace das Wort irritiert in die Länge. „Nur damit das klar ist! Bloß weil meine Eltern dich jetzt hier her geholt haben und der Meinung sind, dass du jetzt unser neuer Bruder werden sollst – heißt es nicht, dass ich es genau so sehe! Und Alec auch nicht! Wir sind nämlich echte Geschwister und-“ „Isabelle“, unterbrach Alexander sie und drückte ihr sogar die Hand auf den Mund. „Ich sagte doch du sollst dich benehmen! Ignoriere ihr Gerede einfach. Sie muss sich nur an dich gewöhnen...“ „Lass das!“, Isabelle zerrte an seiner Hand, bis sie weg von ihrem Mund war. „Du musst zu mir halten! Du bist mein Bruder, Alec! Und er nicht!“ „Hör bitte auf so etwas zu sagen, Isabelle“, meinte er streng und schob sie aus dem Zimmer wieder raus, weg vom verblüfften Jace. „Du solltest nett zu ihm sein, wer weiß was er so durchgemacht hat, bevor er von Mum und Dad aufgenommen wurde! „Ist mir total egal, was er durchgemacht hat.“ „Das sollte dir aber nicht egal sein. Es gibt nicht nur dich und mich Isabelle. Es gibt auch andere Personen um uns herum, denen wir eine Chance geben sollten und um die wir uns ein wenig kümmern müssen. Wir sind jetzt eine Familie, vielleicht nicht blutsverwandt, aber er gehört jetzt dazu.“ „Aber-.“ „Kein 'aber' Isabelle. Du solltest vielleicht wieder in dein Zimmer gehen. Ich werde mich mit Jace unterhalten und versuchen dein Verhalten zu erklären!“ „Alec...“ Er drehte sich einfach um, um sich dem neuen Familienmitglied zu zuwenden, statt sich weiter mit Isabelle auseinander zu setzen. Das einzige was Alexander dann noch hörte, war das Zuknallen von einer Tür, während er sich neben Jace auf dem Bett nieder ließ. Kapitel 2: Teil 2 ----------------- „Du kannst das echt, wahnsinnig gut!“, meinte Alexander begeistert, während er Jace dabei beobachtete wie er nach und nach Dolche warf und meistens perfekt in die Mitte des Zieles traf. „Du musst echt hart trainiert haben!“ „Mein Vater hat mich gut trainiert“, erwiderte Jace lächelnd und warf den nächsten Dolch. „Komm her, ich zeige es dir!“ Alec legte den Kopf unsicher schief, ehe er nickte und sich von der Bank erhob und stattdessen auf seinen neuen Bruder zukam. Dieser stellte sich hinter ihn, gab ihm einen der Dolche in die Hände und legte die Hand auf seine. Wie eine Marionette ließ sich Alec führen, folgte den Bewegungen von Jace, immer und immer wieder langsam. „Jetzt lass los“, befahl Jace, seine Bewegung wurde ruckartiger und Alec ließ im hoffentlich richtigen Moment los. Es traf nicht die Mitte, aber dicht dran und Alexander besah das Ziel beeindruckt vom Weiten. Wenn er das mit seinem Pfeil und Bogen könnte, wäre er noch begeisterter, aber Jace hatte schnell klar gemacht, dass er mit dem Bogen nicht umgehen konnte, da war er schlechter als Alec drin, also musste er da selbstständig weiter üben. „Versuch es mal alleine.“ Sofort nickte Alexander, wartete bis Jace ein-zwei Schritte beiseite gegangen war, ehe er versuchte die Bewegungen von eben wieder zu imitieren. Der Dolch traf das Ziel allerdings nur knapp am Rand und er seufzte auf. „Du darfst nicht zögern“, meinte der Blondschopf. „Und nicht zu viel denken. Lass einfach los und-“ „Alec!“ Alexander nahm gerade einen weiteren Dolch entgegen, als die Stimme durch den Raum schrie. Er sah zum Ein- und Ausgang. Dort wo Isabelle stand, in dunkler Jeans und einem anliegenden Pullover, hielt sie einen Holzstab zum Trainieren in der Hand und sah für einen Moment böse zu Jace. „Was ist denn Iz?“ „Du wolltest mit mir trainieren. Du hast es versprochen!“, antwortete sie sofort. „Ach ja...“, er raufte sich das Haar. „Noch fünf Minuten okay? Jace zeigt mir gerade wie man am besten Dolche wirft. Komm doch her und-.“ „Nein!“, unterbrach sie ihn mit donnernder Stimme. „Ich will nicht mit Jace und dir trainieren. Ich will NUR mit DIR trainieren!“ „Isabelle...“, seufzte Alexander. „Ist schon okay. Geh ruhig zu ihr. Wir machen das später“, unterbrach Jace ihn, in der Hoffnung einen Geschwisterstreit abzuwenden. Das funktionierte sogar, auch wenn sich Alec nochmal erkundigte ob das wirklich in Ordnung war, am Ende verließ er den Raum samt Zielscheiben und folgte lieber seiner eingeschnappten Schwester, um mit ihr ein paar Übungen durchzugehen. Anders als bei Jace, musste er sich bei ihr um einiges zurück nehmen. Auch wenn sie für ihr Alter recht stark und vor allem auch flink war, war sie halt noch nicht so trainiert wie Alexander. Daher passte er sich ihr immer an, mit Jace war das anders. Da konnte er auch richtig trainieren, weil sie auf ungefähr einer Ebene waren, nein wahrscheinlich war der Blondschopf sogar besser als er. „Du hängst momentan immer nur bei Jace ab!“, gab Isabelle beschwerend von sich, während sie mit dem Stab nach Alec schlug. Er wehrte den Schlag schnell und einfach ab und drehte ihre Stäbe nach unten, bis er den von Isabelle zu Boden drückte, die daran zog und versuchte wieder frei zu kommen. „Jace ist total cool Isabelle. Gib im doch einfach mal eine Chance.“ „Er gehört nach wie vor nicht zur Familie!“ Als sie bemerkte das sie mit dem Ziehen nicht weiter kam, ließ sie ihren Stab urplötzlich los und griff nach den von Alec, welcher wegen des Druckes nach unten, leicht vor fiel. Er überließ Isabelle seinen Stab und hatte ganz schnell den Heruntergefallenen in den Händen, schaffte es knapp noch einen Angriff abzuwehren. „Nur weil er nicht blutsverwandt ist, bedeutet es nicht, dass er nicht doch zur Familie gehören kann!“, dieses Mal startete Alexander einen Angriff und er merkte wie Isabelle ins Wanken geriet, weil sie die schnellen Schläge versuchte alles abzuwehren und dabei etwas nach hinten stolperte. „Ich wette ihr würdet euch gut verstehen, sobald ihr euch besser kennen lernt!“ Statt wieder von oben zu zuschlagen, zog er mit dem Stab Isabelle die Beine weg, auf denen sie sowieso nur noch wankend stand. Somit schaffte er sie zu Boden zu bringen. „Und du solltest mehr an deinen Stand arbeiten, Izzy...“, er hockte sie neben sie. „Tust du mir bitte den Gefallen und bist etwas freundlicher zu Jace?“ „Hmpf... Ja, vielleicht.“ ▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂ Es waren nur weitere Tage vorbei gezogen und Alexander war fast schon begeistert von seinen beiden Geschwistern. Nachdem ihrem Training und dem kleinen Gespräch, hatte sich Isabelle tatsächlich darin bemüht, ihr Verhalten gegenüber Jace zu verändern. Statt ihn andauernd böse anzusehen, jede Hilfe und jedes Gespräch abzulehnen, versuchte sie mittlerweile sogar mit ihm zu trainieren. Jetzt saßen sie immer zu dritt am Tisch und speisten gemeinsam oder trainierten zusammen. Es war noch immer nicht die Traum-Bindung, denn Isabelle sprach dennoch hier und da aus, was sie von Jace Eindringen in die Familie hielt, aber es wurde entspannter. Na ja... Eigentlich. „Das ist doch total ekelhaft!“ „Ist es nicht! Es schmeckt total gut! Du hast einfach überhaupt keinen Geschmack!“ „Ich habe keinen Geschmack!? Das sieht schon aus wie ausgebrochen und nochmal aufgekocht! Das an dem Zeug noch Niemand gestorben ist, ist ein Wunder!“ „Du bist so gemein!“ Alec seufzte auf, als er auf den Weg zur Küche bereits dieses Geschrei hörte. Der Frieden war wohl gleichzusetzen mit der Ruhe vor dem Sturm. Das Isabelle's Stimme zum Ende hin etwas zittriger geworden war, gefiel ihm dabei ganz und gar nicht. Tief durchatmend öffnete er schließlich die Tür zur Küche, aber ehe er etwas sagen oder fragen konnte, stürmte seine Schwester bereits an ihm vorbei, und wenn er sich nicht verhört hatte, hatte sie sogar geschluchzt, als sie laut die Treppe hinauf stampfte. Mit erhobener Augenbraue sah er zu Jace, der jedoch nur murrend die Arme verschränkte und stur weg sah. Seitdem der Andere angekommen war, hatten sie sich ziemlich gut angefreundet. Jace war bereits eine Art Bruder für ihn geworden, Jemand der ihn forderte, der ihm half, mit dem er reden konnte und bei dem er nicht mit Puppen spielen musste. Es war ganz anders als mit Isabelle und das hatte ihm zum Teil ziemlich gefallen. Endlich mal ein Junge, der in sogar verstand, wenn es um Familie ging, um das Training – um alles halt. Aber die Tatsache das er scheinbar der Grund dafür war, dass Isabelle weinte, dass gefiel ihm wirklich nicht! „Was ist passiert?“ Er konnte erkennen wie Jace die Augen verdreht. „Hallo!? Jace? Was ist passiert? Worüber habt ihr gesprochen!?“ „Worüber wohl?“, murrte der Blondschopf und deutete auf den Herd. „Deine Schwester wollte mich umbringen.“ „Ich bitte dich“, verdrehte Alexander die Augen und ging mehr zum Herd. Dort stand eine Pfanne, mit ziemlich viel Fett und darin befand sich etwas labbrig-klumpiges, undefinierbar, aber er hatte es schon öfters gesehen. Isabelle hatte wieder versucht zu Kochen. Er seufzte und schob die Pfanne erst einmal vom Herd herunter. Auf einem der Küchenschränke fand er auch eine Schüssel samt Kelle und Pfannenwender, auch der Inhalt dort war undefinierbar pampig. „Sie hat nur versucht zu Kochen, Jace. Sie wollte dich sicherlich nicht umbringen.“ „Hast du das schon einmal probiert? Das ist ekelhaft!“ „Ja habe ich, schon ziemlich oft. Also stell dich nicht so an!“, fuhr er Jace mit funkelnden Blick an und stemmte sogar die Arme in der Hüfte. „Sie ist halt erst 9 Jahre alt! Was erwartest du? Das sie dir ein Fünf-Gänge-Menü zaubern kann? Ich hoffe für dich, du hast vor dich zu entschuldigen!“ „Ist das dein Ernst!?“, schnaubte Jace, zum ersten Mal fand Alec ihn nicht mehr wirklich sympathisch. „Ja ist es“, erwiderte Alexander und drehte sich weg. „Ich werde mich jetzt um sie kümmern.“ Alec beeilte sich in den oberen Stockwerk zu kommen und suchte sofort das Zimmer von Isabelle auf. Zu seinem Glück hatte sich seine Schwester nicht die Mühe gemacht das Zimmer abzusperren oder irgendwas davor zu schieben. So konnte er den Raum ganz einfach betreten, nachdem er angeklopft hatte. Erst ein wenig vorsichtig sah er zum Bett, auf dem unter der großen Decke wohl Isabelle lag. Zumindest konnte er einen Haufen erkennen. Leise seufzend schloss er hinter sich die Tür und trat ans Bett ran. Er schlüpfte aus seinen Schuhen und schob sich neben den Haufen auf das Bett. „Izzy?“, fragte er leise und strich über die Decke, dort wo er den Kopf vermutete. „Kommst du unter der Decke hervor?“ „Nein...“, nuschelte sie, so das er es kaum verstand. Alexander musste ein wenig schmunzeln über die Jüngere, legte sich dann halt einfach neben sie und legte den Arm über sie an, strich dabei weiter über die Stelle. „Jace hat das nicht so gemeint“, redete er weiter ruhig auf sie ein. „Du darfst ihm nicht böse sein. Du weißt doch, wir Jungs sind halt komisch.“ „Nicht alle“, er spürte eine Regung neben sich und vermutete das sie sich zumindest zu seiner Stimme drehte und ihn mehr oder weniger ansah, wenn die Decke nicht wäre. „DU bist nicht so komisch wie andere Jungs...“ „Das denkst du nur, weil ich dein Bruder bin“, meinte er und zog etwas an der Decke. Unerwarteterweise ließ Isabelle zu, dass er sie ihr von dem Kopf zog, so das er in ihre dunklen Augen sehen konnte, die leicht gerötet waren, aber die Tränen waren mittlerweile wieder getrocknet. Isabelle gehörte nicht zu den Mädchen die stundenlang heulten, einmal kurz und dann brauchte sie meist einfach etwas Ruhe oder Jemanden zum Reden... Oder auch zum Kuscheln. Also ließ er zu, dass sie die Decke auch etwas über ihn legte, um sich an ihn zu drücken und das Gesicht zu verbergen. „Ich habe extra für Jace gekocht!“, erzählte sie. „Und der Blödmann sagt, damit töte ich Jemanden... aber das stimmt nicht. Ich habe dasselbe Rezept genommen, was ich immer nehme, wenn ich für dich Pancake's mache und du lebst immerhin noch!“ Oh, wie er dieses Rezept doch hasste! „Natürlich lebe ich noch. Es schmeckt ja auch nicht schlecht“, log er mit sanfter Stimme und strich ihr Haar wieder glatt. „Jace muss sich einfach noch daran gewöhnen. Wer weiß, was er bisher gegessen hat.“ „Hm... Das wüsste ich auch gerne!“, murrte sie mit gerunzelter Stirn und schloss ihre Augen für einen Moment, bevor sie zu ihm hoch sah. „Aber du magst ihn.“ „Wen? Jace?“, harkte Alec nach und zuckte schließlich mit den Schultern. „Ja, er ist eigentlich ganz nett. Ich kann mit ihm trainieren, ohne Angst haben zu müssen zu hart zu zuschlagen oder so etwas... Und er ist halt ein Junge.“ „Hm... Würdest du mich lieber haben, wenn ich auch ein Junge wäre?“ „Was?“, verblüfft sah er zu seiner Schwester runter. „Na, du hast Jace doch lieber.“ „Ich habe ihn nicht lieber, Izzy. Du bist meine kleine Schwester, ich werde dich immer lieber haben...“ Zumindest wenn alles so blieb wie jetzt. Zumindest wenn sich Isabelle nicht plötzlich grundlegend veränderte. Oder er selbst. Egal was zwischen Jace und ihm passieren sollte, es würde niemals mit dem konkurrieren können, was Isabelle und er hatten. „Ich werde dich auch immer lieber haben, als alle Anderer!“, erwiderte Isabelle und gab seiner Wange einen Kuss. „Und guck mal! Es schneit schon wieder!“ Sie setzte sich plötzlich auf und schaute zum Fenster heraus. Noch immer hatte sie den Wunsch Schneemänner zu bauen und ähnliches zu treiben. Alexander sah nur kurz zum Fenster, lieber betrachtete er seine Schwester, die mit glücklichen, hoffnungsvollen Augen nach draußen schaute und ein wenig zu träumen schien. Alec leckte sich über die trockenen Lippen, während er kurz, für einen Moment nachdachte und eine Entscheidung traf, bevor die Zweifel hochkamen. Er setzte sich auf und beugte sich zum Ohr von Isabelle. „Ich habe heute Abend eine Überraschung für dich“, flüsterte er hinein. „Also sei die Nacht fit, schlafe am besten jetzt etwas.“ „Was denn für eine Überraschung, Alec?“ „Das werde ich dir jetzt bestimmt nicht verraten, aber ich bin mir sicher, dass du dich freuen wirst!“ ▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂▂ „Du musst ganz leise sein.“ „Gehen wir jetzt wirklich, wirklich raus?“ „Ja doch, aber leise.“ „Oh, dass ist so cool...“ Alexander schmunzelte etwas, als er das strahlende Gesicht seiner Schwester sah. Nachdem sich der Großteil schlafen gelegt hatte und nur noch ein paar zur Wache auf den Beinen waren, hatte er sich zu Isabelle geschlichen und sie versucht warm einzupacken, wie sich selbst auch. Nun schlich er leise in den Trainingsräumen, um sich ein paar der Runen besetzten Dolche zu schnappen. Nur für den Notfall natürlich. Mit Isabelle an der Hand schlich er langsam zur großen Ausgangstür. Er hatte versucht alles zu planen, aber leise nach draußen zu kommen war nicht sonderlich einfach. Zur ihren Glück, kam ein Shadowhunter gerade von draußen wieder nach drinnen, flink schob er Isabelle an den Mann vorbei durch den offenen Türspalt, bevor er ebenfalls raus trat. Die kalte Winterluft umfasste sie sofort und er fröstelte kurz. Glücklicherweise hatte er auch an Handschuhe gedacht, so dass ihre Finger gut und warm verpackt waren. Er behielt Isabelle an seiner Hand, als er mit ihr durch den Schnee lief, immer noch fielen Flocken vom weißen Himmel, der dadurch wesentlich heller wirkte, als er zu dieser späten Zeit sein sollte. „Das letzte Mal als Mum und Dad mit uns spazieren waren, habe ich hier in der Nähe einen kleinen See gesehen. Ich bin mir sicher, er wird zugefroren sein, bei den Temperaturen“, erklärte er in normaler Tonlage. „Und Schnee gibt es immerhin überall hier.“ „Oh, dass ist so cool Alec!“, feierte Isabelle ihn und fiel ihm während des Laufens um den Hals, dass er es kaum schaffte sich aufrecht zu halten. „Jaja ich weiß, beruhige dich wieder, Izzy“, sagte er lachend und versuchte sie wieder sanft von sich zu schieben, damit sie wieder ordentlich gehen konnten. „Okay, okay. Ich beruhige mich“, kicherte sie und umfasste wieder fest seine Hand. Sie liefen keine zehn Minuten bis zum See, der tatsächlich zugefroren schien. Eine Schicht Schnee lag auch darüber und Alec machte vorsichtige Schritte auf den rutschigen Boden. „Gut, schön vor-“ „Wuhu!“ Ohne ihm Beachtung zu schenken, schob sich Isabelle auf den Bauch über die Eisschicht, wie ein Pinguin und Alec schüttelte amüsiert den Kopf, während er sich schwankend vor bewegte, in der Hoffnung nicht zu fallen. „Sei bitte vorsichtig Izzy. Und nicht so laut, man könnte uns hören!“ „Okay“, flüsterte Isabelle unter Kichern und Lachen. Am Ende saß Alexander am Rand und beobachtete wie Isabelle herum schlitterte, bevor sie zurück auf den feste Boden kam, um dort einen Schneeengel nach den anderen zu machen und auch Alec wurde dazu bewogen welche zu machen. Sie bewarf ihn schließlich mit Schnee, was in einer kleinen Schneeballschlacht ausartete, mit herum rollen auf den Boden, bis man über all Spuren von ihnen sah. Ihre Gesichter waren rot wegen der Kälte und seine Finger trotz Handschuhe eiskalt. Schnee befand sich über all, in der Kapuze, in ihrem Haar, den Wimpern, den Taschen – dorthin wo Schnee kommen könnte, landete er, auch wenn er dann auch schnell wieder schmolz. „Wir sollten langsam gehen...“ „Nein“, sagte Isabelle. „Lass uns noch einen Schneemann bauen, okay?“ Alec schüttelte sich den Schnee aus dem Haar und sah sich um, aber nach wie vor war nichts und Niemand um sie herum, nichts was er sehen konnte, also nickte er ihr zu und machte sich daran, gemeinsam mit ihr einen Schneemann zu bauen. Erst eine ganz große Kugel, anschließend eine mittlere und dann noch eine kleine wurde von ihnen gerollt und auf einander gestapelt. Isabelle schaffte es mit Alexander's Hilfe – er hob sie hoch – ein paar Äste abzupflücken, die man perfekt als Arme benutzen konnte. Auch Augen und Mund formten sie mit Ästen, da sie keine Steine zu finden vermochten unter dem Schnee und der darunter eisigen Erde. „Oh... er ist so schön...“, hauchte sie begeistert. „Wir hätten etwas zum fotografieren mitnehmen sollen...“ „So etwas brauchen wir nicht“, meinte er. „Du hast das für immer im Kopf, und das reicht doch.“ „Da hast du Recht, Brüderchen.“ Eine Weile standen sie vor dem Schneemann, weder er sagte was, noch seine sonst so gesprächige Schwester. Zumindest bis sie sich plötzlich umdrehte und sich ihm einfach wieder an den Hals warf. Vor Überraschung schaffte er es nicht einmal das Gleichgewicht zu halten und stolperte nach hinten, bis er den Hals ganz verlor und sie gemeinsam im Schnee landeten – mal wieder. Um sie zu halten, legte er die Arme um ihre Taille. „Ich habe dich lieb, Brüderchen“, flüsterte sie ihm ins Ohr. Alec lächelte leicht, spürte den kühlen Atem und bekam eine Gänsehaut dadurch. „Ich dich auch, Izzy.“ Sie drückte sich weiterhin fest an ihn und vergrub die Nase in seinem Hals, was ihn erneut erschaudern ließ. „Nein, ich liebe dich wirklich, Brüderchen.“ „Das sagtest du bereits.“ „Nein, dass verstehst du falsch“, seufzte Isabelle fast schon genervt. „Du bist der einzige Junge den ich in meinem Leben akzeptieren möchte, weißt du!? Du bist anders, als die anderen Jungs. Viel, viel, besser! Und Mama sagt doch immer, ich muss einen Jungen heiraten und werde mich verlieben. Kann ich nicht einfach dich nehmen?“ „Das geht nicht Izzy. Wir sind Geschwister“, schmunzelte er und gab ihrer kalten Wange einen Kuss. „Außerdem bist du erst 9. Ich bin mir sicher in ein paar Jahren, wirst du mich nicht mehr so lieb haben.“ Er war sich ziemlich sicher, dass sie Jemanden finden würde, der sie liebte und den sie auch liebte. Die Frage war eher was dieser Mann sein würde und ob ihre Eltern begeistert über diesen Mann sein würden. Er würde immer an ihrer Seite bleiben, aber halt nur als Bruder und nicht als Ehemann, auch wenn sie sich das im Moment wünschte. Sie schmollte ihn an, so stark das Alexander leicht lachen musste und kaum tat er das, lächelte auch Isabelle wieder. Er ließ sich nach hinten fallen, bis er wieder im Schnee lag und bekam vielleicht ein wenig zu spät mit, dass Isabelle sich ebenfalls nach vorne beugte. Erst als ihr kühler Atem wieder sein Gesicht traf, registrierte er die plötzliche Nähe. Bevor er reden oder gar denken konnte, drückte sich etwas kaltes gegen seine Lippen. Alec blinzelte verwirrt und bekam von Sekunde zu Sekunde immer mehr mit, was hier gerade passierte. Ein Kuss war nichts Besonderes. Isabelle küsste ihn öfters mal. Aber das war etwas völlig anderes. Es dauerte länger, sie hatte die Augen geschlossen und wirkte förmlich vertieft in dem was sie tat. Kurz hob sie ihre Lippen wieder an und schaute zu ihm, und küsste ihn dann erneut. Zaghaft bewegte sie ihre zarten Lippen und Alec atmete vor Panik auf und plötzlich schlossen sich seine Augen ebenfalls wie von selbst und unkoordiniert versuchte er es ebenfalls damit, die Lippen zu bewegen. Auch wenn alles in seinem Kopf sich sträubte und selbst sein Körper unter Strom stand, konnte er nichts dagegen tun, dass es ihm irgendwie gefiel, seine Schwester auf diese andere Art zu küssen, als normal war. Isabelle löste den Kuss schließlich wieder, als sie sich aufsetzte und ihn strahlend ansah: „Papa hat gesagt, den ersten Kuss muss man mit Jemanden teilen, den man sehr liebt!“ Schwester hin oder her – für dieses Strahlen, würde er sie auch nochmal Küssen. Egal ob es erlaubt war oder nicht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)