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Verborgen in Stille Teil II

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Vertrauen muss man sich verdienen

Verwirrt folgte ich Jack. Es war mitten in der Nacht, als wir unsere Sachen packten. Wenig ordentlich stopfte ich das Hemd in die Reisetasche. Ich brauchte es eh nicht mehr. Meine Gedanken überschlugen sich. Jack liebte mich noch! Dies hatte er sogar als erstes von uns beiden gesagt! Früher war ich es, der dies als erster preisgab. Ich zog mir gerade meine Hose an, als ich leise fragte: „Wieso zu deiner Basis? Wieso nicht einfach nach Hause?“ Er drehte sich kurz zu mir und sah mich eingängig an. Er ließ sich auf das Bett nieder und band sich seine Schuhe zu, als er meinte: „Einige Freunde wollen besucht werden. Und… ich will, dass du mir wieder vertraust! Also zeige ich dir das, was ich dir zeigen kann.“

Ich war unschlüssig was Jack meinte mit ‚einige Freunde wollen dich sehen‘, hatte ich seine Freunde doch nur einmal getroffen. Doch es war mir egal. Es rührte mich, dass er wollte, dass ich ihm wieder vertrauen konnte. Vermutlich hatte ihn meine ehrlichen Aussagen wirklich überrascht. Und ja, ich hatte ihn auch mit dieser Aussage verletzt…

Ich lächelte ihn leicht an und ehrlich sagte ich: „Damit habe ich nicht gerechnet. Also, dass du mir das nun so extrem beweisen willst…“ Sehr ernst nickte Jack, fast schon zu ernst. „Natürlich Jazz“, raunte er ruhig, „ich weiß ja auch, dass ich einiges wieder gut zu machen habe… Ich will einfach, dass du mir die Chance gibst.“ Hatte er davor wirklich so große Sorge, dass ich ihm die Chance nicht geben würde? War er deswegen so offen? Vermutlich… Und wenn ich ehrlich zu mir selbst war bekam Jack diese Chance auch nur, weil er für mich so wundervoll war. Er war damals mein Fels in der Brandung gewesen. Mein bester Freund, anders als es Eric war, mein Lebensretter, vielleicht auch in gewisser Art und Weise ein Lehrer für mich. Ja, er stand auf einem Podest. Er durfte sich Sachen erlauben, die Andere sich nicht erlauben durften. All diese Sachen brauchte ich heute nicht mehr von ihm, ich brauchte keinen ‚Lehrer‘ mehr, aber ich wollte Jack wieder vertrauen.

„Jack“, raunte ich leise und ehrlich, „du würdest diese Chance immer bekommen…“ Er lächelte mich leicht an. Er nickte darauf und schwieg. Ich drückte kurz seine Hand. „Ich WILL einfach, dass du mir wieder vertraust und ich werde es mir wieder verdienen“, meinte Jack und zog sich eine Jacke über. Ja, im März konnte es nachts noch ziemlich kalt sein. „So etwas braucht leider Zeit“, nuschelte ich und auch ich zog mir Jacks alte Lederjacke über, welche ich von unten aus der Tasche zog. Jack betrachtete seine alte Jack an mir und lächelte leicht. „Steht dir“, raunte er und klopfte mir auf die Schulter.

Überrascht sah der Hotelier uns an, als wir mitten in der Nacht auscheckten. Ich log, als ich meinte: „Familiärer Notfall, machen Sie sich keine Sorgen…“ Als er fragte, ob er uns ein Taxi rufen sollte, stimmte Jack gleich zu.
 

Als wir am Flugplatz ankamen, wartete Rica bereits auf uns. Es war halb fünf morgens und etwas verschlafen trank sie ihren Kaffee aus einem Pappbecher mit einem grünen Logo darauf. „Hey, Notfall?“, fragte Rica, streckte sich und Jack nickte vage. „Ich hab die Kleine volltanken lassen“, sagte sie und tätschelte fast schon liebevoll den Jet. Ich grinste leicht, doch schnell betraten wir den Jet, da es zu regnen begann. Woher Jack seine Energie hernahm, war mir fast ein Rätsel!

Schnell waren wir in der Luft, doch ich war zu müde und blieb lieber auf dem bequemen Sessel sitzen. Auch Jack lehnte sich zurück, rauchte eine Zigarre und schwieg einige Momente. „Würde es dich stören“, begann er nach einigen Sekunden, „wenn ich etwas Musik anmache?“ Ich schüttelte den Kopf und war erstaunt, als sich Jack zu den Computern an der Wand herumdrehte. Wenn ich ehrlich zu mir selbst war, sah ich in Jack zu häufig einen Mann, der nur ernst war und sich selten Zeit für sich und seine Bedürfnisse nahm. Das er natürlich auch Musik hörte war natürlich, doch eigentlich hatten wir nie darüber gesprochen, was der jeweils andere an Musik hörte… Ich schloss etwas die Augen, doch als ich plötzlich Bon Jovi hörte, starrte ich ihn verblüfft an.

Ich grinste leicht, als ich fragte: „Echt? Bed of Roses?“ Jack grinste leicht und raunte: „Das ist ein Klassiker. Weißt du eigentlich wie viele Frauen ich zu diesem Song flachgelegt habe?“ Ich schürzte die Lippen, doch frech erwiderte ich: „Können ja nicht so viele gewesen sein… Eine?“ Genervt verzog Jack das Gesicht und verdrehte das Auge. Doch als er grummelnd antwortete, musste ich lachen. „Nein“, raunte er und klang genervt, „es waren zwei… Arschloch.“

Immer noch kicherte ich leise und frech erwiderte ich: „Oh mein Gott, ganze zwei? Die Frauenwelt muss sich eindeutig vor dir in Acht nehmen du Casanova!“ Ich lachte und ungerührt blies mir Jack den Rauch seiner Zigarre ins Gesicht, was mich husten ließ. Ja, ich fand es amüsant, was er sagte, doch wieder sprach er nur von Frauen. Natürlich, wenn man bi war oder ist, ist es immer einfach Menschen des anderen Geschlecht kennen zu lernen. Das war bei Jack sicherlich nicht viel anders, als bei anderen Menschen.

Ich lachte leise und leise fragte ich: „Glaubst du, du schaffst es echt auf Frauen zu verzichten.“ Ein Schmunzeln glitt über Jacks Gesicht. Vielleicht fand er meine Sorgen niedlich. Er nickte nur leicht mit den Kopf und schwieg. Wir lauschten der Musik und tatsächlich hatten wir so etwas noch nie gemacht. Einfach mal gemeinsam Musik hören. Zusammen fernsehen und gemeinsam Sport machen ja, aber entspannen und der Musik des anderen lauschen? Nein, das hatten wir tatsächlich noch nie gemacht. Ich war erstaunt von Jacks Musikgeschmack, hatte ich ihm diesen doch gar nicht zugetraut. Ihn hätte ich eher als einen Rock oder Metal Fan eingestuft, doch wie sich herausstellte stand er total auf 90er und 80er Jahre Musik.

Ich verbrachte die nächste halbe Stunde damit mich über seinen Musikgeschmack lustig zu machen, fand ich ihn doch grauenhaft. Jack nahm es mir wie immer nicht übel… Hatte ich bei ihm auch diese Sonderstellung, wie er bei mir? Vermutlich, doch ich fragte nicht danach. Doch es war erstaunlich, dass er eigentlich nie wirklich sauer oder gar gereizt auf meine freche Art reagierte!

Auch das ich ihn aus Spaß Casanova nannte und den ach so großen Frauenflachleger nahm er mit Humor zur Kenntnis. „Wenigstens kann ich mich an alle erinnern“, raunte er mir grinsend zu und ich schmunzelte leicht. „Wenn ich mich anstrenge, dann schaffe ich das auch“, sagte ich schmunzelnd und Jack lachte leise.

Die Sonne ging auf und dank der Zeitverschiebung konnte ich während des Fluges mit meinen Freunden daheim sprechen.

Ich telefonierte mit meiner Schwester, Emily und dem ganzen anderen Rest. Sogar Eric konnte ich erreichen, obwohl er ein Praktikum machte. Sie reagierten genauso, wie ich es vermutet hatte. Sie waren froh, dass er nicht Straffrei davon kam, doch die Strafe sei viel zu niedrig! Sie waren alle überrascht, dass ich nicht weiter gegen das Urteil vorgehen wollte. Allerdings bestand ich darauf, dass es meine Entscheidung sei. Dad war vorbestraft, hatte Auflagen bekommen, die ihn nicht passten und es würde nichts an meinem Leben ändern, wenn das Urteil anders ausgegangen wäre. Meine Brüder würden mich trotzdem meiden und meine Mutter… Ja, meine Mutter wäre weiterhin einfach so wie sie war.

Ich versuchte während des Fluges zu schlafen, doch wirklich gelang es mir nicht. „Wo genau“, begann ich, nachdem wieder einmal geschwiegen wurde, „liegt die Basis eigentlich.“ Ich gähnte erschöpft und betrachtete Jack, wie er an seiner Zigarre rauchte.

„Nicht in Amerika“, war Jacks immer noch einsilbiger Kommentar. Ich schüttelte nur den Kopf. Er hätte auch einfach sagen können, nein, das sag ich dir nicht, aber immer noch tat er sich schwer mit direkten und klaren Aussagen. Jedenfalls wenn es um diese Themen ging. Ich verdrehte genervt die Augen, doch Jack tat, als würde er es nicht bemerken. Entspannt saß er auf seinem Stuhl, die Arme auf der Lehne liegend, in der anderen hielt er eine brennende Zigarre in der anderen sein Handy. Rauchen in Flugzeugen war eigentlich untersagt, doch natürlich störte es niemanden in einem Privatjet. Rica flog die Maschine ruhig und ohne große Turbulenzen der morgendlichen Sonne entgegen.

„Was hast du eigentlich mit dem Geld vor“, fragte Jack ruhig und streckte seine Glieder. Darüber hatte ich mir noch keine Gedanken machen können und unschlüssig betrachtete ich ihn. „Weiß nicht… ich will es eigentlich gar nicht haben“, meinte ich leise und blickte weg von Jack. „Das ist albern, Jazz! Das Schmerzensgeld ist eh zu niedrig meiner Meinung nach… Erfüll dir damit doch den ein oder anderen Traum… Du hast doch nicht viel Geld“, raunte er mit seiner rauchigen Stimme zu mir. Ja, da hatte Jack natürlich nicht unrecht. Am liebsten, würde ich das Geld Jack geben, schließlich zahlte er meine Collegegebühren, doch ich brauchte es ihm gar nicht erst anbieten. Er würde sofort ablehnen.

Ich runzelte die Stirn und meinte nach einigen Augenblicken. „Ich glaub, wenn ich es wirklich bekomme, eröffne ich für Luna ein Sparbuch… Da tu ich was drauf… und vielleicht mach ich endlich mal meinen Motorradführerschein. Dann können wir zusammen fahren“, grinste ich leicht, während ich an Jacks alte schwarze Maschine dachte, mit welcher ich leider nur ein einziges Mal fahren konnte.

„Ja“, raunte Jack zustimmend und schien froh, dass ich diese Pläne hatte, „warum nicht, oder ein eigenes Auto…“ Ich nickte leicht, ja auch dies war eine gute Idee, doch ich grinste leicht und beugte mich zu ihm hinüber, während ich keck meinte: „Wenn du häufiger bei mir bist… dann brauchst du bei mir auch ein Auto und wenn du auf der Arbeit bist, brauchst du das hier ja nicht… da könntest du den Schlüssel ja auch bei mir lassen…“ Auch Jack lachte leise und wog den Kopf hin und her. „Ich denk darüber nach“, raunte er grinsend und hielt mir seine Zigarre entgegen. Seine zweite mittlerweile. Ich nahm sie ihm ab und rauchte ein wenig. Irgendwie gewöhnte man sich immer mehr an diesen kratzigen Geschmack und er schmeckte mir immer besser. „Dann besorg ich mir eine coole Maschine. Mit viel PS“, grinste ich breit und Jack verzog leicht das Gesicht. „Kannst du doch eh nicht wirklich ausfahren“, meinte er und nahm mir seine Zigarre ab. „Aber die sehen cool aus“, grinste ich breit. „Autos oder Motorräder“, fragte Jack gedehnt.

„Motorräder! Autos müssen groß sein. Ich will einen Geländewagen!“ Während wir über Autos und Motorräder sprachen verflog allmählich die Zeit.
 

Ich schaute aus dem Fenster, wir waren schon mehrere Stunden unterwegs gewesen, als ich am Horizont etwas erkannte. Es ragte dunkel aus dem Wasser empor. Details waren noch nicht ersichtlich. Ich runzelte die Stirn und versuchte zu erkennen, was es war und fragte: „Ist es das, Jack?“ Auch er erhob sich, schaute kurz aus dem Fenster und nickte leicht.

„Wieso auf dem Meer“, fragte ich verwirrt und blickte weiterhin gebannt aus dem Fenster. „Auf internationalem Gewässer gibt es keine Gesetzte von Ländern, an die wir uns halten müssen.“ Kurz warf ich einen Blick hinüber zu ihm und nickte leicht. Immer mehr Türme ragten aus dem Wasser. Das Eisen war gräulich gestrichen worden. Einzelne Plattformen waren mit Brücken verbunden. Wie ein Komplex aus vielen Ölplattformen sah es aus. Ich setzte mich, da wir eigentlich gerade landeten und drehte den Stuhl so, dass ich noch hinaussehen konnte. „War das früher eine Ölplattform?“ Kurz grinsend nickte Jack. „Ja, die lassen viele, wenn sie nicht mehr gebraucht werden einfach stehen… Praktisch für uns. Und wenn wir wollen können wir vergrößern.“ Rica wendete das Flugzeug und die Basis verschwand aus meinem Sichtfeld. Ich betrachtete Jack und stellte fest, dass er wieder sein Handy in der Hand hatte und mich fast schon unschuldig anlächelte. Ich wusste, dass er Fotos mochte, nur eben keine gestellten. Ich verdrehte fast schon die Augen und betrachtete ihn. „Mach doch mal Fotos wenn ich schaue. Vielleicht ja auch mal mit dir zusammen darauf“, schlug ich scherzhaft vor und zwinkerte leicht. Ein anzügliches Lächeln schlich auf Jacks Gesicht, als er antwortete: „Vielleicht später… Ich hätte viel lieber welche von dir, wo du nichts anhast…“

Perplex sah ich ihn an, während wir sanft auf der Basis landeten. „Das hättest du wohl gerne, oder“, raunte ich und leckte mir leicht über die Lippen. Erneut zog Jack an der Zigarre und nickte leicht, während seine Lippen sich süffisant verzogen. „Ja, sagte ich doch“, meinte er kurz angebunden. Doch da das Flugzeug gerade zum Stehen kam, wurde Jacks Aufmerksamkeit abgelenkt. Gemächlich stand er auf, griff nach den Taschen und deutete mir an ihm zu folgen. Jack öffnete selbst die Tür und verließ das Flugzeug.

Unsicher folgte ich ihm und sah mich um.

Mir fiel auf, dass wir noch auf dem Festland waren. Hier sah es aus wie auf einer klassischen Militärkaserne. Es standen einige langgezogene Häuser herum, einige sehr große Hangar, und ein kleiner Turm, in dem wahrscheinlich Fluglotsen saßen. „Gehört das Land hier nicht mehr zu Amerika?“ Er schüttelte den Kopf und betrachtete mich. „Mexico“, raunte er und grinste leicht, „aber alle Entscheidungen werden da hinten getroffen.“ Er deutete auf die Türme, die im Wasser standen und ich verstand. Hier auf dem Land unterstand er dem mexikanischen Gesetzt, dort draußen nicht mehr…

„Internationales Gewässer beginnt aber recht früh an der Küste“, stellte ich überrascht fest und Jack nickte leicht. „Ja, dass stimmt. Ist je nachdem wo du bist unterschiedlich.

Ich folge Jack zu einem Helikopter, der ganz in der Nähe stand und grade warm lief. Fragend sah ich Jack an und er verstand die nonverbale Frage sofort. „Auf der Plattform ist zu wenig Platz für einen Jet. Wo soll der da landen?“ Ich nickte und stieg mit ihm in den Heli. Ein anderer Pilot, den ich nicht kannte, saß am Steuer. Jeder bekam Kopfhörer in die Hand gedrückt und wir nahmen Platz. Auf das Fliegen mit einem Helikopter freute ich mich ungemein! Es war aufregend, meiner Meinung nach! Ich bemerkte, wie Jack kurz durchzuatmen schien, als sammelte er sich. Ich erinnerte mich, dass er nicht gerne Helikopter flog. Seit dem Absturz nicht mehr. Kurz drückte ich seine Hand und fast schon verwundert sah er kurz auf meine Hand. „Du magst Heli fliegen immer noch nicht besonders, oder“, ich formulierte es als Frage, doch eigentlich war es mehr eine Feststellung. Er schüttelte leicht den Kopf, doch schwieg er und sagte nichts. Wie so oft bei ihm.

Als der schwarze kleine Hubschrauber langsam aufstieg hatte ich einen sehr guten Blick auf das umzäunte Areal. Gehörte das wirklich alles ihm? Ich sah unterschiedlich hohe Türme, sah die einzelnen Brückenelemente, doch Jack lenkte mich ab. „Jazz“, raunte er und augenblicklich hatte er meine Aufmerksamkeit, „ich würde dich bitten nicht einfach ohne mich überall hinzulaufen. Man kann sich schnell verlaufen.“ Mir war klar, dass dies nicht der wahre Grund war. Vermutlich ging mich einiges, vielleicht auch vieles, was er auf der Basis hatte, einfach nichts an. „Geht klar“, sagte ich zustimmend. Leise fragte ich: „Habt ihr viele… geheime Sachen dort?“ Er sah weg, vermutlich wollte er einfach sagen, dass es mich nichts anging. Allerdings ging es um Vertrauen und ich war erstaunt, als er ehrlich sagte: „Ja, das ein oder andere ist schon dabei.“ Ich nickte leicht und ja, wenn ich ehrlich war, wollte ich sofort alles wissen! Doch nichts überstürzen… vermutlich blieben wir hier mehrere Tage, vielleicht sah ich dann das ein oder andere. Ich wollte taktisch vorgehen!

Der Helikopter setzte zur Landung an und sanft setze er auf einer der Plattformen auf. Als wir ausstiegen salutierten die umstehenden Soldaten und ich verstand genau warum. Jack war hier Chef, aber das wusste ich ja schon. Trotzdem war es seltsam es so zu sehen. Ich schaute mich um und brauchte tatsächlich einen Moment um alles um uns herum zu erfassen. Es war gigantisch!

Diese Bohrinseln boten wenig Grundfläche, daher wurde scheinbar viel in die Höhe gebaut. Viele Türme mit kleinen Fenstern darin. Es war ähnlich wie moderne Container Häuser, bloß weit weniger Chic. Ich staunte über einen fast runden Turm, auf dessen Front Jacks Logo prangte. Der Totenschädel mit Schlange. Die oberen zwei Etagen waren rundum verglast. Ein Labyrinth aus Gängen und Treppen erstreckte sich vor mir. Alle aus Metall.

Jede Treppe schien zu einem anderen Turm zu führen. Die Türme selbst waren in unterschiedlicher Höhen mit kleinen Brücken verbunden. Ein wildes Durcheinander.

Als angehender Architekt kräuselten sich mir die Fußnägel bei dem Anblick. Man hätte es alles viel organisierter bauen können!

Als ich mich von dem ersten Eindruck losreißen konnte, ging ich langsam zum Rand der kleinen Insel. An den meisten Stellen befand sich ein hüfthoher Zaun. Wieder einmal konnte ich in Gedanken nur den Kopf schütteln. Ich sah hinunter in das Wasser. Die Wellen waren hoch und schlugen hart gegen die gigantischen Metallpfeiler im Wasser. Es war sehr hoch. Nie hätte ich gedacht, dass solche Ölbohrinseln so weit aus dem Wasser ragten.

Nun endlich konnte ich meinen Blick zu den Nachbarinseln schweifen lassen.

Auf einer befand sich eine haushohe Antenne. Kein Wunder, dass Jack immer alles wusste. Daneben befand sich ein schmales, hohes weißes Gebäude. Die dritte Insel sah ich von meinem Standpunkt aus kaum. Sie war am unauffälligsten. Vielleicht Quartiere? Doch sicher konnte ich mir nicht sein. Große Brücken verbanden die einzelnen Inseln miteinander.

Ich blickte über meine Schulter und sah, dass Jack schon auf mich wartete. Also entschied ich später nach dieser dritten Insel zu sehen.

Als ich Jack folgte, nickte er den für mich fremden Menschen zu, welche immer noch vor ihm salutierten. Es war für ihn sicher so normal, doch für mich war es das nicht. „Was für einen Freund soll ich denn besuchen“, wollte ich wissen. Ich erinnerte mich an Adam, den großen sehr blonden Russen mit dem freundlichen Lächeln, den Revolvern an der Seite und mit den auffälligen roten Handschuhen. Doch meine Gedanken an ihn wurden just unterbrochen, als ich schon im nächsten Moment ein lautes Bellen hörte. Und es machte klick bei mir! Nicht Adam, nicht dieser Miller… Didi. Ein breites, sehr zufriedenes Lächeln erschien auf meinem Gesicht und auch Jacks Grinsen wurde breiter, während er meinte: „Der wird gleich kommen…“ Und als ich den großen, fast schon riesigen Körper des Hundes sah, wusste ich, dass Jack keinen Menschen meinte.
 

Ein Strahlen schlich sich auf mein Gesicht. Wieso hatte ich ihn vergessen? Kläffend und schwanzwedelnd rannte er auf Jack zu. Groß, grau und flauschig sah er aus. Jack ging ihm ein paar Schritte entgegen und Didi ließ sich von ihm streicheln. Sein riesiger Kopf ging sogar über Jacks Hüfte. Das Viech war echt groß. Jack sagte dem Hund etwas, dass ich nicht verstand und deutete mit dem Finger in meine Richtung. Der Hund kam gutgelaunt ein paar Schritte auf mich zu und schnüffelte an meinen Händen, die ich ihm entgegenhielt. Ich grinste leicht, denn nichts erinnerte mehr an den kleinen süßen Vierbeiner, der einst tapsig in meinen Garten schlich. Seine Ohren spitzten sich und er sah zu mir hoch. Erneut bellte er mir leise etwas entgegen und ich hätte schwören können es klang, als hätte er „Jazz?“ gefragt.

Sein langer zotteliger Schwanz begann immer schneller zu wedeln. Er fiepste und ging ein paar Schritte rückwärts. Ich verstand erst nicht was los war. Breit grinsend ging Jack einen Schritt beiseite und schon im nächsten Augenblick verstand ich weswegen. Nur mit großer Anstrengung schaffte ich es mich auf den Beinen zu halten, als der riesige Hund mir einfach auf den Arm sprang! Das Jaulen des Hundes in meinen Ohren ließ mich lachen und die nasse Zunge leckte mir immer wieder hektisch über mein Gesicht. Nie hätte ich gedacht, dass der Hund so groß wird. Wenn er auf den Hinterläufen stand, konnte er ganz locker seine Pfoten auf meine Schultern legen. Immer und immer wieder sprang er an mir rauf, als hoffte er ich würde ihn auf den Arm nehmen. Ich ging in die Knie, denn dieses strampelnde Gewicht zog mich immer weiter hinunter. Ich lachte und wuschelte das Fell des großen Tieres! Wie sehr ich dieses Tier vermisst hatte merkte ich erst jetzt. Tränen schossen mir in die Augen, während ich immer noch lachend den Hund streichelte. Das Fiepen und Jaulen schien gar nicht mehr nachzulassen. Immer und immer wieder sprang er aufgeregt vor mir hin und her, bevor er mich wieder fröhlich ableckte. Er bellte immer wieder seinem Herrchen etwas entgegen, als wollte er sagen „schau mal, er ist wieder da.“ Jacks Lachen bemerkte ich erst nach einer Weile. Tatsächlich hatte ich Jack nur wenig lachen gehört. Meistens war er dafür immer zu ernst!

Die verwirrten Gesichter der umstehenden Soldaten bemerkte ich nicht, zu sehr lenkte mich das riesige Fellbündel ab. „Didi aus“, rief ich immer wieder, doch der Hund schien gar nicht daran zu denken. Und erst nachdem Jack und ich beide lauter „aus“ sagten, ließ er widerstrebend von mir ab. Immer noch haftete das vorhandene Auge des Hundes an mir. Er hockte mehr auf seinen Hinterläufen, als das er wirklich saß und als ich mich erhob stand er dicht neben mir und drückte seine Nase an meine Hüfte. Tatsächlich reichte mir sein Kopf bis über die Hüfte! Ich trat neben Jack und immer noch waren Soldaten in unserer Nähe. Viele trugen schwere Waffen bei sich. Sturmgewehre waren um ihre Schulter geschnallt und als wir drei an ihnen vorbeiliefen, salutierten sie vor uns. Ich konnte kaum gehen, weil sich der Hund immer wieder an mich drückte. Ich kam gar nicht dazu, auf den Weg zu achten!

Schon nach wenigen Metern wurden wir abgefangen. Ein großer Mann trat auf uns zu. Vermutlich ähnlich groß wie Jack und ich. Ich erkannte ihn an seiner auffälligen Frisur, es war Miller. Immer noch hatte er kurze blonde Haare, die in einer Elvis-Tolle nach hinten gekämmt waren und er trug immer noch eine fast schon riesige, leicht getönte Fliegerbrille auf der Nase.

Seine Haut war heller als unsere. Er wirkte trainiert, hatte aber einen eher schmaleren Körperbau. Anders als die Soldaten trug er ein ordentliches Hemd und eine Krawatte dazu. Ein hellbrauner Mantel reichte ihm bis über die Knie. Er hatte weichere Gesichtszüge, war glatt rasiert, doch sein Blick, mit dem er uns bedachte, schien alles andere als freundlich. Er würdigte mich keines Blickes, sondern starrte Jack zornig an. „Boss, wieso verschwindest du einfach und tauchst dann mit einem wild fremden Kerl auf?!“ Anders als die anderen Soldaten ließ er sich nicht von Jacks bloßer Anwesenheit einschüchtern, er salutierte auch nicht vor ihm. Unbeeindruckt sah Jack ihn an und meinte: „Alles ist gut Kaz, der gehört zu mir…“

Verwirrt betrachtete Miller mich und erneut wusste ich nicht, was ich von ihm halten sollte. Er hatte was mit Jack gehabt! Er war dieser ‚Freund‘ gewesen. Wie albern Eifersucht doch sein konnte und trotzdem konnte man sie nicht abstellen! Wollte er vielleicht noch etwas von Jack? Wie würde er es finden, wenn er herausfand, dass wir zusammen sind?

„Wer ist das“, wollte Miller von Jack wissen und nicht von mir selbst. Gerade, als ich etwas sagen wollte, lenkte mich Didi erneut ab. Es schien ihm nicht zu passen, dass meine Aufmerksamkeit den beiden Männern galt und nicht ihm. Er leckte mir erneut über die Hand und kläffte mich an. Während ich kurz zu dem Hund sah und ihm hinterm Ohr kraulte, hörte ich Jack mit seiner tiefen rauchigen Stimme antworten: „Das ist Jazz… Vielleicht erinnerst du dich an ihn“, meinte Jack und trat entspannt einen Schritt zur Seite. „Der Junge aus Texas“, raunte Miller und drehte sich überrascht zu mir um und schien mich das erste Mal, seit ich auf der Basis war, richtig anzusehen.

Seine Augen, welche nur schwer durch die getönte Brille zu sehen waren, schienen mich zu mustern und als er die Brille ein Stück hinunterschob, bohrten sich seine Augen in die Meinen. Ich wusste nicht, was Jack ihm alles über mich damals gesagt hatte, doch er hatte ihn zu sich geholt, als ich im Krankenhaus lag. Doch unser Start damals in Arlington war nicht der Beste gewesen, doch Jack hatte sich an ihn gewandt, als er Hilfe brauchte, ob mir das nun passte oder nicht. Sie waren Freunde und so wie es den Anschein hatte auch Partner hier.

„Zivilisten sollten hier nicht sein, Snake“, raunte er und sein Blick schweifte wieder zu Jack. Dieser zuckte entspannt mit den Schultern und nickte mir zu, dass ich ihm folgen sollte. Es war als interessierte es ihn nicht, wie Miller dies fand! „Ich erkläre es dir später Miller“, raunte er zu ihm und ich bemerkte, wie er die Lippen schürzte. Ja, vermutlich passte es ihm wirklich nicht, dass ich hier auf der Basis war.

Doch direkt angehen konnte er Jack auch nicht, denn er war schließlich nicht der Boss hier.

Wo genau er mich hinführte, verriet Jack mir nicht. Wir blieben auf der Plattform auf welcher der hohe Turm war, welcher oben vollkommen verglast war. Fragend sah ich zu dem Turm, nachdem Jack Kaz einfach hatte stehen gelassen. „Die Kommandozentrale, da kommen nur die wichtigen Leute rein und der Hund“, scherzte Jack, nachdem er meinem Blick folgte und tätschelte Didis Rücken. Ich grinste leicht und folgte Jack. Ich hatte seinen Spruch noch im Kopf, von dem ich wusste, dass er oben an der Wand geschrieben stand. Keine Grenzen… Also war ich sicher, dass eigentlich jeder rein durfte… Doch natürlich wusste ich es nicht. Er schmunzelte und ging einige Treppen empor. Alles wirkte wie ein Labyrinth und ich brauchte sicher einige Tage bis ich mich zurecht fand.

Wir schwiegen kurz und er meinte, nachdem wir einige Treppen hinaufgegangen waren. „Ich muss gleich noch was mit Miller besprechen… Ich bring dich in mein Quartier und komme dann später zu dir… In Ordnung? Du wirst seine Gesellschaft heute eh nicht mehr los“ Er deutete kurz auf den Hund, der sehr bemüht darin war möglichst wenig Platz zwischen ihm und mir zu lassen.

Ich nickte unsicher und fragte; „Kriegst du jetzt Ärger? Ich dachte du bist Chef…“ Oder war er etwa nicht alleine Chef?

Abwinkend erklärte Jack, während wir weiter über die Basis gingen: „Nehm das nicht so ernst, er lässt gerne mal den Chef raushängen. Er kümmert sich um den organisatorischen Kram, dass liegt mir nicht…“ Verstehend nickte ich und ich glaubte ihn. Jack war sicher vieles, aber kein Büromensch. Ich sah wie ein Helikopter aufstieg und folgte mit den Augen wohin er flog. Doch er brachte nur andere Soldaten hinüber zum Festland. Ja, Jack konnte wirklich stolz sein, auf das was er hier aufgebraut hatte. Es wirkte professioneller, wie ich vermutet hatte.

„Wohnen alle hier“, fragte ich und sah mich um. Immer mal wieder gingen wir an vereinzelten Türen vorbei. „Nein, nicht alle, aber alle die was zu sagen haben, haben hier ihr Zimmer, damit sie schnell bei der Zentrale sind“, raunte Jack und fügte erklärend hinzu: „Auf der Plattform mit der Antenne gibt es einen größeren Trakt und auf dem Festland sind noch einige Räume.“ Ich nickte leicht und fragte, was dir dritte Plattform sei. Die, von der ich eigentlich annahm, dass dort die Schlafräume seien. „Das ist zum Beispiel unser Lager“, antwortete er nur und ging um eine Kurve und ich verlor die Plattform aus den Augen. Ich wusste, dass dort die Geheimnisse waren, die ich nicht sehen durfte. Was Jack alles hatte… Na ja, jedenfalls hatte er angereichertes Uran… Wenn er es denn noch wirklich hatte. Doch viel Zeit zum Nachdenken blieb mir nicht.

Wir blieben vor einer schlichten eisernen Tür stehen und Jack schloss sie auf und drückte mir den Schlüssel in die Hand. „Kannst dich schon mal umschauen“, meinte er ruhig und nickte mir kurz zu. Noch einmal lächelte er mich leicht an und streichelte den Hund über den Kopf, eher er verschwand. Er ließ mich und Didi zurück und ich sah ihm noch kurz nach, ehe ich vom Hund abgelenkt wurde, welcher seine nasse Nase wieder an meine Hand drückte. Ja, es war wirklich ein großer Vertrauensbeweis, dass er mich hier ließ. An diesen Ort, den viele gar nicht kannten.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Von:  Pitchermaus
2017-04-03T07:13:02+00:00 03.04.2017 09:13
Oh man, da hat Jazz ganz schön viele Eindrücke zu bewältigen. Die Idee mit der Ölbohrinsel ist echt genial. Ich hatte mit vielem gerechnet nur damit nicht. Jack ist wirklich tricky. Und dann ist Didi wieder da. Dass Jazz so lange gebraucht hat bis er wusste wen Jack meinte. Wobei ich hatte auch kurz an Adam gedacht. Es ist aber schon schön zu sehen, dass Didi sich anscheinend doch an Jazz erinnern kann (auch wenn ich mir nicht ganz sicher bin, ob Hunde wirklich so ein gutes Gedächnis haben). In seinem Verhalten, nicht mehr von Jazz Seite zu weichen erinnert er ein bisschen an Jack. Da haben die zwei wohl was gemeinsam.
Dass Jazz ein paar verwunderte und irritierte Blicke aufsich zieht ist wohl normal. Jack ist sicherlich nicht gerade für seinen großen Freundeskreis bekannt. Und Miller scheint ja auch hellauf begeistert zu sein. Mit dem wird es Jazz sicherlich nicht leicht haben. Wobei ich galube, dass er nicht eifersüchtig zu sein braucht. Eher, dass Miller in Bezug auf Jazz reagiert, wie Jack es bei jedem Anderen auch tun würde. Und für Jack und seine Unternehmungen ist es wohl auch gut, jemanden an seiner Seite zu haben, der ihm auch ehrlich die Meinung sagt. Wobei ich Jack auch nicht als so leichtsinnig einschätze, dass er Jazz etwas erzähen würde, was ihn und seine Leute in Gefahr bringen würde, nur um Jazz Vertrauchen zu gewinnen. Vor allem, da es Jazz sehr wahrscheinlich auch gefährden würde.
Bin auf jeden Fall gespannt, was Jazz von Jacks Bsis noch so zu sehen bekommt und auf wen er noch so trifft. Irgendwie kann ich mir nicht ganz vorstellen, dass Miller der einzige sein wird, der etwas gegen Jazz Anwesenheit auf der Basis hat. Ich hoffe, dass das für Jack nicht zu sehr zum Problem wird und Jazz sich die Ablehnung dann nicht zu sehr anzieht. Allerdings kann Jazz ja eh nur ein paar Tage bleiben und da bin ich auch schon gespannt zu sehen, wie es dann zwischen den Beiden weitergeht. Jetzt freue ich mich aber erste einmal noch auf ein bisschen Jack und Jazz Time im nächsten Kapitel :)
Von:  Laila82
2017-03-29T19:58:17+00:00 29.03.2017 21:58
Didi behalte Miller im Auge. Der soll weit weg bleiben von Jazz, der Kerl ist mir nicht geheuer.
Von:  chaos-kao
2017-03-29T18:44:49+00:00 29.03.2017 20:44
DIDI! *___* Endlich sind die drei wieder vereint! Und man Didis Begeisterung richtig fühlen und hat sich mit gefreut :)


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