Welcome to Canterlot High von Erenya (School life is magic) ================================================================================ Prolog: Ich bin Ich und doch nicht ---------------------------------- Ich musste mehrmals blinzeln, als ich in den Spiegel sah. Und ja, ich konnte es kaum glauben, was ich sah. Mal abgesehen davon, dass meine Haut ein dunkles Grau war und sich damit sehr von meiner sogenannten Bäckerbräune unterschied, war ich doch seltsam jung geworden. So als hätte der Jungbrunnen nach mir gerufen. Ich meine, ich sah schon immer jung aus, aber so jung? Scheinbar hatte mein Ich gerade die Hälfte meines Lebens einfach so mal abgelegt und sich entschieden wieder ein Kind zu sein. Eine Jugendliche, um exakt zu sein. Ich schluckte schwer, während ich mich in dem Spiegel ansah. Was zum Teufel war hier passiert? Wo war ich hier? Warum ich mich das fragte? Nun ich wusste wie meine Wohnung aussah und dieses Zimmer war eindeutig zu klein für meine Wohnung die nicht einmal einen Standspiegel hatte. Ich war also eindeutig nicht mehr in meiner Heimat. Nur der Anblick im Spiegel verriet mir, pii mal Daumen, wo ich mich befand. Ich schluckte schwer, während ich mich von dem Spiegelbild abwandte und im Zimmer umsah. Dort war ein Schreibtisch mit einem großen braunen Briefumschlag. Ein paar Fotorahmen mit Personen die mir fremd waren, abgesehen von dem Mädchen, welches ich in dem Spiegel gesehen hatte und eine Geldbörse. Das Zimmer schien mir nicht eingerichtet zu sein wie das von einem Mädchen, dass hier gerade erst durch Zufall gelandet war. Im Gegenteil. Ich sah Kuscheltiere, von denen mein Herz mir verriet, dass sie diesem Mädchen sehr ans Herz gewachsen waren und jedes eine wichtige Erinnerung inne hatte. Ich sah Bücher, deren Buchrücken abgegriffen waren und verrieten, dass sie wohl zur Lieblingslektüre gehörten. Ein gepackter Koffer stand inmitten des Zimmers und auf dem Bett lagen wenige Kleider. Nein, dass war definitiv nicht meine Welt, eher ein Traum, denn niemals hätte ich in der Realität Kleider angezogen. Um Gottes Willen ich und Kleider waren genauso wahrscheinlich wie ein Tag im Call Center an dem nur liebe und verständnisvolle Kunden anriefen. Unwahrscheinlich. Meine Suche stoppte aber nicht wegen ein paar Kleidern, im Gegenteil, sie ging weiter. Bei dem Schreibtisch. Ich zog eine Schublade hervor in dem ein Flyer lag. Ein Flyer von einer High School, die meine erste Befürchtung eigentlich nur bestätigte. „Canterlot High...“, flüsterte ich und blinzelte mehrfach um mich zu versichern, dass ich mich hier nicht verlesen hatte. Doch was sollte dieser Flyer hier? Ich war sichtlich verwirrt und fuhr mit einer Hand über die Buchrücken, bis ich bei einem Buch inne hielt. „Diary“ stand dort auf pinken Einband in goldenen Lettern geschrieben. „Volltreffer“, hauchte ich und öffnete das Buch, dass bis auf eine Seite nichts geschriebenes hatte. Scheinbar war mein Ich nur bereit gewesen dieses Tagebuch zu führen um einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. Zumindest war es das, was ich dem Tagebuch entnahm.   Es ist soweit. Die Middle School liegt hinter mir und die Schule, nach der ich mich schon so lange sehnte, ist in greifbarer Näher. Canterlot High hat mich aufgenommen. Auch wenn ich alles hinter mir lassen muss, freue ich mich darauf. Es hat lange genug gedauert alle davon zu überzeugen, dass ich bereit bin. Ich werde nun also keinen Rückzieher machen. Ich habe einfach das Gefühl, dass ich nach Canterlot gehöre. Frage mich nicht wieso. Diese Schule zieht mich magisch an, man könnte sagen sie ruft nach mir. Ich habe mir vorgenommen, beginnend mit heute, alle meine Erlebnisse in diesem Buch niederzuschreiben. Damit ich mich später mal daran erinnere, ab wann meine Unabhängigkeit begann.   Ich hatte mir den Eintrag mehrmals durchgelesen, hoffend, dass ich mehr Informationen herauslesen konnte. Aber mehr als wenig war leider nicht drin. Ich wollte das Tagebuch gerade zuschlagen, als ich bei der ersten Seite inne hielt. „Tagebuch von Butterfly Story alias Erenya“ Mir gefror schon ein wenig das Blut in den Adern, als ich das las. Ich war nicht nur nicht in meiner Wohnung, sondern auch nicht in meinem eigenen Körper. Und doch war diese Person ich. „Hahahaha... seltsamer Traum...“, flüsterte ich mir zu und mahnte mich dazu aufzuwachen. Doch ich wachte nicht auf. Im Gegenteil, dieser Traum fühlte sich von Sekunde zu Sekunde realer an. Doch warum sollte ich hier sein, wenn es nicht nur ein Traum war? Wie war ich hier her gekommen? Und warum hatte mein Ich, dass hier Butterfly Story hieß, scheinbar eine Vergangenheit? Ich war durch und durch verwirrt und alles was diese Verwirrung lösen konnte, war einfach mitzuspielen. Auch wenn ich es bereits fürchtete. Kapitel 1: Wie im Trickfilm --------------------------- Ich saß an dem Schreibtisch, der wohl meiner war und starrte auf den braunen Umschlag, der dort noch ungeöffnet ruhte. Bisher hatte ich ihn mir nicht genauer angesehen, denn ich hatte andere, wichtigere Probleme. Probleme wie „Wie zum Teufel war ich hier her gekommen?“ oder „Wie konnte ich wieder zurück in meine Welt gehen?“ Mal ehrlich, ich war wohl die schlechteste Besetzung für einen Charakter in einer Welt, in der Freundschaft echt alles war. Vor allem Magie. Gerade im letzten Jahr hatte ich gelernt, dass Freundschaft fragil war und man eben nicht über alle Fehltritte hinwegsehen konnte. Es war sogar so, dass ich an manchen Tagen an den Sinn von Freundschaften zweifelte. Yey... perfekte Welt also für mich. Ich seufzte und griff zu dem Briefumschlag. Es brachte ja jetzt nichts darüber mich zu beschweren, wenn ich nicht einmal wusste, bei wem ich mich beschweren durfte. Bei meinem Glück war ich wahrscheinlich durch ein Portal gefallen, was wie eine Pfütze ausgesehen hatte. Gedankenversunken öffnete ich den Briefumschlag, den Stempel ignorieren, der mir sonst vielleicht noch bekannt vorgekommen wäre. Vorsichtig zog ich einen dünnen Stapel von Blättern hervor, deren erste Seite schon in großen Lettern verkündete, worum es in diesem Brief ging. „Sie wurden aufgenommen!“ Mein Herz setzte eine Millisekunde aus, als ich diesen Satz las. Aufgenommen... Um sicher zu gehen, dass es das war, was mein Kopf mir gerade versuchte verständlich zu machen, las ich weiter. Der Inhalt besagte, dass meine Bewerbung für die Canterlot High angenommen wurde. Meine Noten seien hervorragend gewesen, ebenso mein soziales Engagement schien ebenso beeindruckt zu haben, auch wenn ich ehrlich keine Ahnung hatte, wovon in dem Brief gesprochen wurde. Scheinbar hatte sich aber Butterfly Story mächtig Mühe gegeben an Canterlot angenommen zu werden. Und all diese Bemühungen hatten sich gelohnt. Wieder und wieder las ich über die Zeilen und plötzlich, änderte sich etwas in der Atmosphäre. Verwirrt sah ich auf, denn eine leise Melodie ertönte. Eine Melodie, ohne Gesang. Nirgendwo war ein Radio angeschaltet worden, ebenso konnte diese Musik nicht von draußen kommen. War das...   Es war eine schwere Zeit, voll von Einsamkeit. Doch es hat sich gelohnt, ich komme, Canterlot. Ein Traum wird wahr, nach langer Zeit. Der mir neue Wege weist. Ich wartete so lang, mir war kurz bang, doch es ist nun soweit. Ein Traum wird wahr, es beginnt die neue Zeit.   Ich wusste, dass meine Mimik wohl nicht zu dem Lied passte, dass wie von selbst über meine Lippen kam. Ich konnte es nicht aufhalten, konnte mich nicht dagegen wehren, sondern sang einfach was mir ein unsichtbares Drehbuch vorzuschreiben schien.   Mein neues Ich erwartet mich, zu entdecken gibt es viel. In Canterlot, das war mein großes Ziel! Mich selbst zu finden, steht hier auf dem Spiel.   Die Musik verstummte und etwas Wehmut machte sich breit, so als ob es mir wirklich wichtig war, dass ich auf die Canterlot ging. Das hieß, es war Butterfly Story wichtig, die wohl mein Equestria Girls Alter Ego war. Dennoch es war schon seltsam, dass plötzlich aus dem Nichts Musik ertönte und ich anfing zu singen. Nicht dass sich das von meiner Welt großartig unterschied. Dort hörte ich ständig Musik in meinem Kopf, aber ungefähr so musste sich das wohl für die Charaktere in High School Musical anfühlen. Ich hoffte nur, dass dies nicht so oft passierte und schon gar nicht auf de Straße. Nichts wäre peinlicher als wenn ich auf offener Straße plötzlich ein Lied anstimmte und niemand mitsang. Ich widmete mich wieder dem Brief, legte die erste Seite beiseite und bemerkte, dass die zweite eine Wegbeschreibung war. Die dritte enthielt eine Liste von Büchern, die ich mir wohl erst noch besorgen durfte, in der Schule, bei der Ausgabe, irgendwo. Seite vier enthielt meinen Stundenplan. Klasse, neben all den guten Fächern, die man in der Schule haben konnte, hatte ich auch hier ätzende wie Mathe, Chemie... Oh mein Gott bitte nicht-Fächer. Schnell legte ich Blatt vier weg und hatte schließlich nur noch eines in der Hand. Auf diesem standen alle möglichen Clubs, Events, welche die Schule in diesem Jahr feiern würde, und andere „wichtige“ Dinge. „Scheint anstrengend zu werden...“, nuschelte ich, erinnerte mich dabei aber an das Tagebuch. „Moment? Woher wusste ich, dass ich genommen wurde?“ Nur um sicher zu gehen, dass ich mich nicht irrte, öffnete ich das Tagebuch und las den Eintrag erneut durch. Nein, ich hatte mich nicht getäuscht. Sie hatte darüber geschrieben aufgenommen worden zu sein. Aber der Brief war ungeöffnet gewesen. Wie also hatte sie das gewusst? Ein Anruf vielleicht? Oder, das Erhalten des Briefumschlag hatte ihr sofort klar gemacht worum es ging. Er war immerhin nicht dünn gewesen und eine Absage wäre sicher nicht so voll bepackt gewesen. Nur um sicher zu gehen, dass ich Sherlock Holmes gerade alle Ehre machte, sah ich mir den Briefumschlag an. Der Poststempel war von vor einigen Tagen, wenn ich dem Kalender an der Wand, über dem Schreibtisch, glauben konnte. Wenn die Post nicht gerade so langsam war wie die aus meiner Welt, war der Brief am vorherigen Tag angekommen, was wiederum bedeutete, dass der Eintrag vom Vortag war. Noch dazu war auf dem Briefumschlag das Logo von Canterlot High aufgestempelt. Ein C in einem Hufeisen. Die Frage war nur, was ich nun machte. Anhand der Tatsache, was Butterfly in ihrem Tagebuch reingeschrieben hatte, befand sich Canterlot in einer anderen Stadt. Also würde ich wohl dieses Zimmer und vor allem dieses Haus verlassen müssen. Ich erhob mich von meinem Platz am Schreibtisch und ging zum Bett, auf dem die Kleider lagen und die Tasche. Ich öffnete diese und bemerkte, dass nicht mehr viel Platz darin war. Dafür aber ein Zettel. Neugierig wie ich war, entfaltete ich das Papier und las es. Es stellte sich heraus, dass es eine Checklist war. „Wohnung finden... Nebenjob finden... Lernen... Die Stadt kennenlernen... So viele Schulclubs wie möglich besuchen... Das kann doch nicht ihr... mein ernst sein. Ich meine die ersten beiden verstehen sich von selbst, ebenso die Stadt kennenzulernen, aber lernen... Das Mädchen hat bisher nicht gele- eigentlich ist das kein großer Unterschied zu mir als Teenager.“ Ich seufzte über diese laut ausgesprochene Tatsache und schüttelte den Kopf. Scheinbar unterschied sich mein Equestria Girls Ich kaum von mir. Und wahrscheinlich sollte ich das einfach mal ändern, wenn sie nicht so enden sollte wie ich.   **~~** Nach einiger Durchsuchung des Zimmers hatte ich schließlich herausgefunden, dass ich noch am selben Tag einen Zug erwischen musste, der mich in die neue Stadt fuhr. Na schön, eigentlich verdankte ich das dem Taxifahrer, der bestellt worden war und mich abgeholt hatte, aber hey, ich hatte es immerhin irgendwie herausgefunden. Die Fahrt dauerte ungefähr zwei Stunden und angekommen in meiner neuen Heimat mit meiner gepackten Tasche, fühlte ich mich ehrlich gesagt hilflos. Ich brauchte dringend ein Dach über den Kopf, musste aber bedenken, dass ich nun ein High School Schüler war und nicht soviel Geld übrig haben wollte. Just in diesem Moment fragte ich mich, wie Sunset Shimmer das nur machte. Immerhin war sie auch von heute auf Morgen in dieser Welt gelandet. Und sie sah nicht aus, als wäre sie verhungert, oder verwahrlost. Irgendwo hatte sie also eine Unterkunft gefunden. Wäre cool gewesen, wenn man die jemals in den Filmen gesehen hätte. Und wahrscheinlich hätte mir das auch eine Idee gegeben, wo ich eine Wohnung aufgabeln sollte. Ich seufzte, während ich dem Auto zusah, wie es sich immer mehr entfernte und wahrscheinlich wieder zurück zu seinem Standort fuhr, um dort auf den nächsten zu warten, der es betrat. Die Frage war nur, wo sollte ich nun meine Suche beginnen? Ich wusste nämlich nur, dass es am besten eine kurze Suche war.   Einfach so loszulaufen, ohne eine Orientierung, war noch nie eine gute Idee gewesen. Das machte ich mir bewusst, als ich mich in der wohl finstersten Gegend der Stadt befand. Es war nicht nur so etwas wie das Ghetto sondern auch das Rotlichtviertel. Wäre mein Abenteuer jetzt im Fernsehen, hätten sie diese Szenen sicher rausgeschnitten, weil sie nicht jugendfrei waren. Die leichtbekleideten Ladys konnte man aber auch niemanden zumuten. Zumindest keinen kleinen Kindern. Die Frage war nun allerdings, wie konnte ich mich nur so dumm verlaufen? „Hey, Kleine... Brauchst du Hilfe?“ Ich erschauderte als ich die tiefe Stimme eines Mannes hörte, der mich von der linken Straßenseite ansprach. Die Goldkettchen und die Elvislocke schrien nur so „Zuhälter“. Besser war also ich war ausnahmsweise nicht naiv und dachte von ihm, dass er mir wirklich helfen wollte. „Äh... nein danke. Ich komme schon zurecht.“ Eine dreiste Lüge, aber lieber lief ich einem angenehmeren Herren in die Arme als diesen. Wahrscheinlich wäre mir gerade sogar Discord lieber gewesen. „Komm schon, Kleine, ich kenne mich hier bestens aus.“ Er ließ nicht locker. Was sagte man als Frau zu so einem lästigen Gesellen? Ehrlich gesagt, hatte ich bisher noch nicht viele Erfahrungen gemacht. „Mein Dad ist ein Cop.“ Irgendwann hatte ich diesen Satz mal in einem Film gesehen oder einem Spiel. Damals hatte ich ihn als albern gesehen, aber scheinbar wirkte er, denn der „Zuhälter“ erblasste und wich vor mir zurück als sei ich die Pest in Menschengestalt. Bevor er es sich anders überlegen konnte oder meine Lüge enttarnte, das wäre unangenehm und vielleicht sogar gefährlich, machte ich mich auf den Weg zurück. Dahin wo ich her gekommen war. Das brachte mich zwar nicht weiter, aber auch nicht in Gefahr. Dachte ich zumindest. Denn der Teufel steckte im Detail, oder war viel mehr Pink. Mein Schicksalstern stand etwas ungünstig für meinen ersten Tag in dieser Welt. Nachdem ich schon nicht wusste, wo ich eine Wohnung finden konnte, hatte ich entschieden wenigstens herauszufinden, wie ich zu Canterlot kam. Durch diese Entscheidung hatte ich den Briefumschlag mit dem Inhalt aus meiner Tasche gezogen. Und dann kam ein pinker Wirbelsturm, der mir diesen Brief förmlich aus der Hand rieß. „MEIN BRIEF!“ Es war ein Reflex der mich unbewusst dazu zwang meiner Überraschung Ausdruck zu verleihen während ich nach dem Brief griff. Ich schaffte es gerade so ihn zu greifen, denn der Wirbelsturm kam zurück. Ich sah auf, denn irgendwie hielt der Wind vor mir inne. Dort ich sie. Pinkes, lockiges Haar. Pinkfarbene Haut, große blaue Augen und absolut in bester Laune. Pinkie Pie. „Oh hallo, das tut mir leid. Ist alles okay?“ Schon die ersten Worte waren zuviel und zu schnell und so typisch für Pinkie. Ich blickte wieder hinab und sah auf den Brief in meiner Hand. Er war nicht offen und scheinbar war auch nichts herausgefallen. Ein Glück. „Oh oh oh! Du gehst auf die Canterlot High? Bist du neu? Natürlich bist du neu. Ich habe dich noch nie gesehen und ich kenne jeden in der Schule. Wirklich jeden. Und dich habe ich noch nie gesehen, also musst du neu sein! Das müssen wir feiern! Man trifft nicht jeden Tag einen neuen Freund. Kennst du schon das Sweet Shoppe? Das musst du unbedingt kennenlernen, dort gibt es die besten Cupcakes der Stadt.“ Ich schluckte schwer, als das Wort Cupcake hörte, denn dunkel erinnerte ich mich an diese Creepypasta mit Pinkie Pie und sehr speziellen Cupcakes. Aber hey, abgesehen von einem Typen der sehr suspekt war, hatte ich nichts gruseliges gesehen. Und Pinkie Pie klang wie Pinkie Pie immer klang. Überdreht, hibbelig, fröhlich. Und sie ließ mir keine Chance abzulehnen, denn sie griff nach meinem Handgelenk, half mir auf die Beine und stürmte los in Richtung des Sweet Shoppe.   „Eine heiße Schokolade und einen Beerencupcake für meine neue Freundin!“ Niemand schien zu hinterfragen, wie Pinkie Pie schon jetzt sagen konnte, dass wir Freunde waren. Aber scheinbar gehörte auch das zum normalen Pinkie Pie verhalten. Ebenso dass sie mich zu einem Sitzplatz bugsierte und dort liebevoll zum hinsetzen zwang. „Also, mein Name ist Pinkie Pie, ich gehe auch auf die Canterlot High, zusammen mit meinen Freunden. Ich liebe Partys und mag meine Freunde. Oh du musst unbedingt meine Freunde unbedingt kennenlernen. Hast du auch Freunde? Wo kommst du eigentlich her? Wie ist dein Name? Was sind deine Hobbys und was machst du so am liebsten in deiner Freizeit? Weißt du schon welche Clubs du in der Schule besuchen wirst?“ Gerade in diesem Moment fragte ich mich, wie Pinkie Pie es schaffte soviel und vor allem so schnell zu reden ohne Luft zu holen. Mir persönlich wäre ja lieber gewesen sie hätte mir eine Frage nach der anderen gestellt, aber so musste ich warten bis ihre Rede vorbei war. Genug Zeit also um mir etwas auszudenken. Sollte ich die Wahrheit sagen? Oder doch lieber lügen? Ich merkte erst, dass sie fertig war, als sie mich erwartungsvoll mit ihren großen Augen ansah. Wartend. „Uhm... Also... Äh... M-Mein Name ist Ere- ich meine Butterfly Story?“ „Oh du bist schüchtern? Meine Freundin Fluttershy ist auch schüchtern. Und sie kann mit Tieren reden.“ Ich hob eine Augenbraue. Ungläubig. Mal ehrlich, ich wusste das Fluttershy mit Tieren reden konnte, aber es war wohl besser, wenn ich nicht an die große Glocke hing was ich alles wusste. Butterfly Story wusste das alles sicher nicht. „N-Nein. Ich bin nicht schüchtern nur... etwas überrannt von deinen ganzen Fragen. Aber ich beantworte sie dir gerne. Ich stamme ursprünglich nicht von hier und ziehe heute sozusagen her. Um auf die Canterlot zu gehen. Das heißt ich lasse Zuhause ein paar Freunde zurück, denke ich. Meine Hobbys sind lesen, schreiben und uhm... Musik... und Schauspielerei. Demnach ich weiß noch nicht, was für Clubs ich nehmen werde. Aber es wäre irgendwie cool, wenn ich dort meine Stärken ausleben könnte.“ Es war schwer alle Fragen zu beantworten, die Pinkie auch wirklich gestellt hatte. Aber selbst wenn ich nicht alle mitbekommen hatte, Pinkie schien zufrieden zu sein. Zumindest stellte sie keine weiteren Fragen, während ich meine heiße Schokolade trank und überlegte ob ich wirklich diesen Cupcake essen sollte. „Das ist schade, du wirst deine Freunde sicher vermissen. Aber du kannst hier auch viele neue Freunde finden und vielleicht besuchen dich deine Freunde ja und dann können wir alle gemeinsam was unternehmen. Hier kann man total viel erleben. Wir haben magische Dämonenwesen, teuflische Sirenen, Waldmonster und-“ „Es tut mir wirklich leid, dass ich dich unterbreche, aber... Uhm... ich suche noch eine Wohnung hier. Und ich würde mich gerne noch etwas umsehen, bevor mir die Zeit davon rennt. Aber wir sehen uns ja sicher in Canterlot High.“ „Oh natürlich! Und dann stelle ich dir wie versprochen alle meine Freunde vor. Ich freue mich schon drauf.“ Ich nickte auf Pinkies Worte und leerte meine Tasse Schokolade. Immerhin fühlte ich mich mit dieser Ausrede nicht schlecht, denn eigentlich war es ja nicht einmal eine Ausrede. „Oh du suchst eine Wohnung. Frag mal in Apple Valley. Dort stehen viele Häuser und einige Wohnungen werden auch vermietet. Dort könntest du Glück haben. Oder in Cloud Avenue.“ Immerhin hatte ich nun doch etwas Glück. Dank Pinkie wusste ich nun, wo ich eine Bleibe finden konnte. Und schaden würde es ja nicht sich einfach mal dort umzusehen. „Danke dafür, Pinkie Pie. Du hast was gut bei mir.“ „Ach was, dafür doch nicht. Dafür sind Freunde doch da.“ Sie lächelte mich fröhlich. Ein Lächeln das mir zeigte, dass sie es ernst meinte. Sie sah mich als Freundin und das obwohl sie mich gar nicht kannte. Doch ich traute dem Frieden nicht ganz. Keiner schloss so bedingungslos Freundschaften, oder? Zumindest nicht mit mir. Ich musste also fürchten, dass Pinkie Pie mich nicht mehr als Freundin sah, sobald sie mich näher kennenlernte. Es war also besser, ich ging auf Abstand. Dann musste ich nicht wieder zur Puppe mutieren und einfach nur funktionieren, so wie bei den meisten meiner Bekanntschaften, die ich mal Freunde genannt hatte.   **~~**   Cloud Avenue lag näher als Apple Valley, weswegen ich mir gleich diesen Ort vorgenommen hatte. Doch kaum, dass ich dort angekommen war, wurde mir bewusst, dass diese Häuser wohl außerhalb meiner Preisklasse liegen würden. Und ja, dort standen nur Häuser. Keine Hochhäuser für Wohnungen oder dergleichen. Dennoch, vielleicht hatte ich ja Glück und ich konnte ein kleines Häuschen, eher eine Hütte, billig mieten. Von Hütten sah ich allerdings nicht viel. Zumindest so lange nicht, bis ich fast am Ende der Avenue war. Dort stand sie, eine kleine aus Stein gebaute Hütte. Sie wirkte wie ein Winzling neben den weißen Häusern mit den roten Dächern. Sie wirkte, niedlich und schien nach mir zu rufen und noch dazu stand ein „Zu verkaufen“ Schild vor diesem. Zusammen mit einer Frau, die gerade einen Interessenten aus dem Haus lies. „Entschuldigung!“, traute ich mich zu sagen und ging auf die Dame zu. Sie lächelte mich an und richtete sich ihren braunen Schal, der so gar nicht mit ihren grünen Haaren harmonierte. Rarity wäre wahrscheinlich entsetzt gewesen. „Ich suche nach einer Bleibe und dieses Häuschen sieht niedlich aus, kann ich mich umsehen?“ „Oh natürlich doch. Es ist zwar klein, nicht geeignet für Familien, aber wenn man alleine lebt ist es ideal. Und vor allem idyllisch. Das hier ist auch eine ruhige Gegend. Sehr beschaulich und die Nachbarn sind freundlich. Eine bessere Wohngegend könnten sie gar nicht finden.“ Mir wurde unwohl bei dem Gedanken, wie mir die Verkäuferin diesen Ort anbot. Sie wollte das Häuschen unbedingt verkaufen oder vermieten. Und eigentlich wollte ich es auch. Doch noch gab ich meine Bedenken nicht preis und folgte ihr stattdessen ins Innere. Und selbst Innen sah es zauberhaft aus. Traumhaft, magisch. Nur leider würde der Preis nicht gering genug sein, so dass ich es mein Eigen nennen konnte. Leider. „Wie Sie sehen, ist es hier vollständig eingerichtet. Sie sparen sich also die Möbel. Sie haben eine Küche mit Durchreiche zum Kochen. Und es ist genug Platz da um Gäste zu verköstigen. Außerdem haben sie eine kleine Terrasse. Das Schlafzimmer ist gleich hier. Wie gesagt es ist nicht sonderlich groß, so dass die wichtigsten Zimmer sich auf einer Etage befinden und zum Beispiel das Bad nur eine Dusche hat. Aber dennoch ist es komfortable.“ „Und... Wieviel soll das kosten? Bzw. kann man dieses Haus mieten?“ „Gut das sie fragen. Es ist ein Schnäppchen. Pro Monat beträgt die Miete nur 500 Dollar.“ Ich schluckte merklich, denn soviel Geld würde ich wohl nicht einmal mit einem Gelegenheitsjob zusammen bekommen. Dafür hätte ich zumindest mehr als einen gebraucht und dank Persona 3 und 4 wusste ich, wie mein Zeitmanagment darunter leiden würde. „Tut mir leid. So schön das Haus auch ist, ich glaube ich muss passen.“ „Sie haben hier sogar einen eigenen Sicherheitsmann in der Gegend. Es gibt nur selten bis keine Einbrüche und auch die Verbrechensrate ist gering.“ Es klang wirklich gut. Viel zu gut für mich und vor allem für meinen Geldbeutel. „Ich kann wirklich nicht. Ich kann mir das nicht leisten. Ich bin nur eine High School Schülerin die für ihre neue Schule hergezogen ist. Aber... sie wissen nicht zufällig wo ich heute Nacht unterkommen könnte?“ Ich hatte bereits damit abgeschlossen, dass ich heute keine Wohnung mehr bekam. Es wurde bereits dunkel und ich brauchte dringend einen Schlafplatz. Ich konnte auch noch in den nächsten Tagen nach einer Wohnung suchen. „Nicht weit von hier gibt es das Changeling Motel. Nicht gerade der schönste Ort, aber es reicht für eine Übernachtung. Sie gehen einfach die Straße hier entlang und biegen bei der ersten großen Kreuzung Recht ab. Dort sehen Sie dann schon das Schild mit der Neonschrift.“ „Danke.“ Ich war erleichtert. Egal wie heruntergekommen das Motel war. Ich würde immerhin nicht in einem Zelt oder unter der Brücke schlafen müssen. Morgen war auch noch ein Tag und sicher konnte ich diesen effizienter für die Wohnungssuche nutzen. Immerhin hatte ich noch Apple Valley vor mir. Aber heute würden meine Schritte mich nur noch ins Changeling Motel führen. Auch wenn der Name im My little Pony Universum nicht gerade die beste Unterkunft oder die freundlichsten Nachbarn versprach. Kapitel 2: Allein oder nicht allein ----------------------------------- Überall fiel buntes Konfetti von der Decke und eine Tröte machte mir alles andere als Freude, als sie meine Ohren penetrieren. Um mich herum hüpfte die menschliche Pinkie Pie und redete irgendetwas von einer Party. Ein Albtraum, dem ich versuchte zu entkommen, was nur sehr schwer war, weil Pinkie einfach so verdammt schnell war und überall zu sein schien. „Hier probier diesen Cupcake mal, Rainbow hat sie gemacht!“ „Wa-“ Ich wollte gerade erwidern, dass ich diesem Cupcake niemals probieren würde, wenn Rainbow sie gemacht hatte, doch Pinkie stopfte ihn mir einfach in den Mund. Um nicht zu ersticken, musste ich kauen und schlucken. Ich bereute es aber sogleich dies getan zu haben, denn die Schärfe mit dem Geschmack von Ingwer verbreitete sich unaufhaltsam. Mir wurde schlecht, warm und kalt gleichzeitig und während meines Problems irgendwie diese Schärfe los zu werden, vermischte sich Pinkies Stimme mit der Musik, den Tröten und schließlich, schlagartig war es still. „Und hier haben wir dieses schöne Objekt. Es ist zwar nur ein Karton, aber mit einer Miete von 400 Dollar kann man ihn als echten Luxuskarton bezeichnen.“ „Was?“, fragte ich und sah die Maklerin an, die mir diese wunderschöne Wohnung hatte verkaufen oder eher vermieten wollen. „Um Möbel brauchen sie sich keine Sorgen machen. Es ist hier so gemütlich, dass sie keine Möbel brauchen“, erklärte sie, während der Karton in dem ich stand immer kleiner und kleiner wurde.   Bevor der Karton mich zerquetschen konnte, wachte ich schweißgebadet und schwer atmend auf. Wie gerne hätte ich die Schuld auf das Bett geschoben, dass mich solche Albträume verfolgten, leider sah das Zimmer gerade jetzt im Tageslicht sogar noch besser aus als am Vorabend. Ja der Name Changeling Motel hatte so einiges an Gedanken und Bildern in meinem Kopf wachgerufen. Aber so heruntergekommen war es gar nicht. Die Zimmer waren zwar dürftig eingerichtet, aber sagten jeden Besucher eine klare Message „Wir existieren nur für den Notfall“. Und meinen Notfall hatte das Motel wirklich schön abgedeckt. Zu einem günstigen Preis wohl bemerkt und ein Frühstück war auch inklusive. Doch selbst wenn es einigermaßen bequem war, wollte ich nicht länger hier verweilen. Meine eigenen vier Wände waren mir doch lieber. Ich kroch aus dem Bett und ging ins Bad nebenan. Dort im Spiegel erwartete mich ein Anblick an den ich mich wohl nicht so schnell gewöhnen würde. Dunkelgraue Haut, pinkes Haar, eine Kombination, von der ich behaupten würde, dass sie so gar nicht passte. Ich konnte nur beten, dass ich nicht Rarity traf, für sie wäre ich modetechnisch sicher ein Unfall. Wenn ich nach den Sachen in meiner Tasche ging, ja, ich war ein Modeunfall. Aber besser als nur ein Modeopfer. Ich bereitete mich für den neuen Tag vor, schlüpfte in frische Klamotten und kämmte mir die Haare, so dass sie nicht mehr ganz so schlimm ungeordnet waren. Dabei hatte ich mir in meiner Welt die langen Haare abgeschnitten um nicht mehr dieses Problem zu haben. Einfach mit der Bürste durchgekämmt und schon lag alles wie es liegen soll. Mit langen Haaren lief ich allerdings Gefahr, dass ich Klümpchen im Haar hatte, weil sie verfilzten. Ich hasste so was. Mit etwas Glück hatte ich in diesem Universum aber auch keine Probleme damit. Überhaupt fragte ich mich, wie Pinkie ihre Haare so stylte. Und ob sie am Morgen Probleme mit bösen Filzen hatte. Wenn ich nach Canterlot, hätte ich sicher noch genug Zeit sie zu fragen. Wobei ich ehrlich solche Partymenschen wie Pinkie lieber mied. Ich war noch nie jemand gewesen der mit Menschen klar kam die so hyperfröhlich waren. Sie verunsicherten mich in einem gewissen Maß und wenn ich ehrlich war, fühlte ich mich bedrängt. Allerdings war ich zu freundlich um ihnen das zu sagen, so dass ich regelmäßig nach Ausreden suchte um von diesen weg zu kommen. Mit Pinkie würde ich also noch die ein oder andere Herausforderung haben. Bei dem Gedanken an das, was vor mir lag, atmete ich tief ein und aus. Solange ich nicht in der Schule war, würde ich Pinkie nicht sehen. Mal ehrlich, wie hoch war die Wahrscheinlichkeit, dass ich Pinkie heute schon wieder sehen würde? Richtig, sie war alles andere als hoch. Nachdem ich mich mit diesen Gedanken getröstet hatte, fertig angezogen war und in den Tag durchstarten konnte, verließ ich mein Zimmer und machte mich auf dem Weg zum Speisenraum. Dort angekommen merkte ich, dass ich nicht die einzige war, die nach einer Übernachtung hier die Batterien für den Tag auftankte. Und das Frühstücksbüffet war auch nicht zu verachten. Von Cornflakes bis hin zu frischen Brot, Brötchen und verschiedenen Arten diese zu belegen war alles da. Innerlich fluchte ich, dass ich selten bis nie richtig frühstückte. Aber hey, das war ein Hotel und ich bezahlte dafür, als rein mit dem Frühstück. Ich nahm mir ein Brötchen und etwas Marmelade. Die Frage war nur, womit ich Getränketechnisch den Tag begann. „Der Kaffee ist wirklich scheußlich. Wie kann es sein das alles in Ordnung ist und nur der Kaffee ungenießbar?“ Ich sah auf und entdeckte ein Pärchen, welches angewidert eine Kanne, wohl mit dem ungenießbaren Kaffee, von sich schob. Damit wusste ich schon einmal, was ich nicht trinken würde. Aber Kaffee hätte sowieso nie zur Debatte gestanden. Kaffee war einfach nur zu bitter. Latte Macchiato war da eher mein Ding, oder Cappuccino. Da beides aber Kaffee enthielt, entschied ich mich von dem kaffeehaltigen Getränken Abstand zu gewinnen und verblieb bei einem warmen Früchtetee. Apfelgeschmack. Das war doch der perfekte Start in den Tag nachdem man einen Albtraum hatte.   Viel Zeit würde ich für das Auschecken nicht brauchen, soviel war mir klar, als ich meine Tasche nahm, die ich nur einmal geöffnet hatte um mir frische Klamotten rauszuholen. Und selbst wenn es hier bequem war, ich hatte einen langen Tag vor mir. Immerhin ging meine Suche noch weiter. Auch wenn ich mir fast sicher war, dass ich in Apple Valley auch keine Wohnung finden würde, die ich mir leisten konnte. Es würde also schwer werden. Ich musste umplanen. Die Frage war nur, wo konnte ich mit dem Umplanen anfangen. „Rathaus... Oder die hießige Redaktion. Oder gleich ein Zeitungsladen“, überlegte ich. Denn irgendwo musste es doch etwas bezahlbares geben. Zumindest für jemanden wie mich. Und es war hoffentlich mehr als ein Karton. „Nur nicht aufgeben. Dieses Ich hätte doch nicht die Canterlot High gewählt, wenn eine Wohnung unmöglich wäre.“ Es war wirklich ein Gedanke der mich etwas tröstete und aufmunterte. Mein anderes Ich schien alles genau durchgeplant zu haben, immerhin war Canterlot ihr Ziel gewesen. Also warum sollte dann eine Wohnung nicht im Bereich des möglichen liegen? Ebenso ein Teilzeitjob neben der Schule. Alles machbar. Entschlossener als nach dem Aufwachen nahm ich meine Tasche und verließ das Motelzimmer. Während ich den Gang zur Rezeption lief, fiel mir etwas auf, dass mit ab Abend, aufgrund der Dunkelheit, noch nicht aufgefallen war. Die Seite auf der ich mich befand war ausschließlich in grün gestrichen. Die Wand vor mir, die auf die andere Seite des Hauses führte, war jedoch kitschig Pink. Kein Pinkie pink, aber dennoch merkwürdig im Anbetracht des seltsamen Kontrastes. An der Rezeption angekommen, legte ich den Schlüssel zu meinem Zimmer auf den Tresen und wartete, dass die Dame vom Schalter meine Kosten für eine Nacht mit Frühstück berechnete. Während sie aber alles in einen Computer eingab, nutzte ich die Gelegenheit eine wichtige Frage zu stellen, die mich einfach nicht los ließ. „Eine kurze Frage. Wieso teilt sich das Motel farblich? Mir ist es gestern Abend zwar nicht aufgefallen, aber diese Seite ist doch ziemlich pink.“ Ich bemühte mich, nicht ganz so unhöflich zu klingen und noch zu erwähnen dass diese Farben eigentlich gar nicht zueinander passen wollten, doch meine Frage schien die Rezeptionistin zu belustigen. Sie kicherte und sah über ihren Computer zu mir. „Damit sich alle wohlfühlen. Besonders die Pärchen“, erklärte sie nur und zwinkerte vieldeutig, was dafür sorgte, dass ich die Luft einmal scharf einziehen musste. Eines wusste ich sicher, noch eine Nacht hier, niemals. Versteht mich nicht falsch, ich hatte nichts gegen Pärchen, aber dieses Motel war zur Hälfte ein Love Hotel und ich konnte mich wohl glücklich schätzen das ein Zimmer im grünen Bereich frei gewesen war. Allerdings musste ich auch eingestehen, dass dieses Geschäftsmodel höchst interessant und sicher auch Profitabel war. Ein Einzelner Gast würde sich zumindest nicht über das Pärchen von nebenan beschweren müssen.   **~~**   Scheinbar meinte es das Wetter auch heute gut mit mir, denn die Sonne gab ihr bestes warm und freundlich zu strahlen. Nachdem ich ausgecheckt war, hatte ich die Rezeptionistin nach einer Karte gefragt, durch die ich mich etwas orientieren konnte. Mit einem kleinen Aufpreis zu meiner eigentlichen Rechnung konnte ich mich nun also Besitzerin einer Stadtkarte schimpfen und verfluchte die Tatsache, dass ich eine absolute Niete im Kartenlesen war. Dennoch vielleicht half es mir. Ich klappte die Karte auf und... hatte versagt. Das hier war kein Google Maps, dass mir einfach mal die Richtung wies. Ich musste allen ernstes auf die Straßennamen achten und hoffen dass ich nicht sofort in die falsche Richtung lief. Genervt seufzte ich und versuchte auszumachen, wohin ich wollte. Glücklicherweise hatte die Rezeptionistin mir den Startpunkt eingezeichnet. Der Rest konnte also nur ein Drama werden.   Ich war immerhin dem Rathaus näher gekommen, nachdem ich mich durchgefragt hatte und mir verschiedenste Leute eine Wegbeschreibung gegeben hatte. Und schon zu fragen war ein Kraftakt. Es erinnerte mich an die Buchmesse in Leipzig vor einem Jahr, bei der ich so viele Cosplayer eigentlich hatte fotoknipsen wollen und es am Ende doch nicht wirklich gebracht habe, weil ich einfach zu schüchtern war. Immerhin drei hatte ich angesprochen. Ein persönlicher Rekord wenn ich das mal so sagen durfte. Und heute hatte ich selbst diesen gebrochen, denn auf einige Wegbeschreibungen kam ich absolut nicht klar, weswegen ich mehrmals fragen musste, wie ich denn zum Mittelpunkt der Stadt kam. Der letzte Passant war sogar so freundlich gewesen und hatte mir auf einem Schmierzettel den Weg aufgemalt, so dass ich diesen parallel zur Karte verfolgen konnte. Es war zwar immer noch nicht Google Maps aber besser als gar nichts. Meine Schritte gerieten aber ins Stocken, als ich in der Ferne eine pinke, flauschige Mähne sah, die ich selbst nach nur einer Begegnung nur zu gut kannte. Sollte mein Albtraum wahr werden? Bitte nicht. „Wenn ich langsam zurück gehe und so tue als habe ich sie nicht gesehen, sieht sie mich vielleicht auch nicht“, wisperte ich mir leise zu und wandte mich um. „Nur keine schnellen, ruckartigen Bewegungen. Verhalte dich ganz normal“, mahnte ich mich und versuchte zu vergessen, welches „Übel“ mir im Rücken lag. Es schien sogar zu funktionieren, was absolut unglaublich war. Zumindest dachte ich es. „Butterfly!“ Ich erstarrte in meiner Bewegung als ich Pinkies Stimme meinen Namen rufen hörte. Verdammt verraten. Ich hätte einfach weitergehen sollen, vielleicht hätte sie gedacht sie hätte sich geirrt. Aber nein, ich gefror auf der Stelle ein und machte damit sogar noch deutlich, dass ich wirklich Butterfly Story war. Verdammt. „Was für ein Zufall, dass wir uns heute wieder über den Weg laufen. Ich habe schon meiner Freundin Applejack von dir erzählt und was für ein Zufall ist auch gerade hier. Ich habe dir ja versprochen, dass ich dir meine Freundinnen vorstellen werden. Also, dass ist Applejack.“ Ich versuchte mir ein Lächeln abzuringen und wandte mich um. Es war wirklich Pinkie Pie und neben ihr stand, wie nicht anders zu erwarten, Applejack. „Immer langsam mit den jungen Pferden, Pinkie“, erklärte sie und ich war ihr so unglaublich dankbar dafür. Scheinbar hatte sie bemerkt, dass ich von der rosa Welle drohte davon gespült zu werden. „Howdy, mein Name ist Applejack. Schön dich kennenzulernen.“ „Hi, ich bin Butterfly Story. Ebenfalls sehr erfreut.“ Für mich hätte sich damit ein Gespräch erledigt, ich meine ich war nicht die beste wenn es um neue Bekanntschaften ging. Im Gegenteil, ich brauchte etwas um warm zu werden. Das hatte sich in meiner Welt immer wieder gezeigt. „Ich freue mich wirklich total, dass wir uns heute wiedersehen. Weißt du nachdem ich dich gestern getroffen habe und wir uns verabschiedet haben, habe ich Applejack angerufen und ihr alles erzählt. Das du neu auf die Canterlot High gehst und deine Freunde Zuhause zurücklassen musstest und hier noch niemanden kennst und dass ich dir versprochen habe dir meine Freunde vorzustellen. Ebenso, dass du wie wir Musik machst und dich für die Clubs in der Schule interessierst.“ „Pinkie~“, seufzte Applejack nur und schüttelte den Kopf. „Entschuldige Pinkie bitte. Sie ist eine Frohnatur, wie du sicher bemerkt hast und neue Freunde kennenzulernen findet sie sehr aufregend.“ „Ist schon okay. Ich denke ich gewöhne mich daran, irgendwie.“ „Oh da fällt mir ein, hast du gestern eine Wohnung gefunden? Warst du schon in Apple Valley? Ich habe Applejack nämlich erzählt, dass du eine Wohnung suchst und ich dir Apple Valley und Cloud Avenue empfohlen habe.“ Egal wie man es versuchte, scheinbar konnten nicht einmal Pinkies Freunde sie aufhalten, aber irgendwie machte das auch ihren Charme aus. Und ja selbst ich konnte verstehen, dass sie das eben zu der Person machte die sie war. „Ich war gestern in Cloud Avenue, es lag näher. Allerdings habe ich dort nichts gefunden was zu meinem Geldbeutel passt. Ich bezweifle auch, dass ich in Apple Valley etwas finde, dass ich mir leisten kann, wenn ich ehrlich bin. Deswegen wollte ich im Rathaus gucken ob es im Register für Mietwohnung eine angemessene gibt.“ Ich sah die beiden Mädchen an und lächelte etwas verlegen. Denn indirekt gestand ich gerade ein, dass ich eine arme Kirchenmaus war. Ich wollte gar nicht wissen, was sie nun über mich dachten. Sicherlich hätte mein Ich sich eine Wohnung leisten können, wenn sie mehr gearbeitet hätte in ihrer Heimat. Aber ich denke, das hatte sie bereits getan, neben dem Lernen. „Nun daran sollte es nicht scheitern, Sugar Cube. Ich denke ich kann dir helfen selbst in Apple Valley etwas zu finden, dass du dir auch leisten kannst.“ „Wirklich?“, fragte ich total überrascht. Ich meine Applejacks Großmutter besaß eine Farm, soweit wusste ich bescheid. Aber wie sollte sie, die ebenfalls nur eine Schülerin war, mir helfen eine günstige Wohnung zu finden? „Jap. Granny hat ein paar Immobilien die noch nicht vermietet sind. Einige davon in Apple Valley, andere außerhalb. Wenn du magst, kann ich sie dir gerne mal zeigen.“ Ich konnte irgendwie nicht recht glauben, was ich da hörte. War das ein Traum? Hatte ich mich doch nicht aus dem Bett im Motel gegraben? War ich wieder eingeschlafen? „Autsch!“ Ein Schmerz fuhr mir sanft aber tückisch durch die Wange und als ich neben mir sah, entdeckte ich Pinkie, die mir liebevoll in die Wange gekniffen hatte. „Wofür war das?“, fragte ich und rieb mir die schmerzende Stelle. „Oh du sahst so als würdest du glauben, dass du träumst und deswegen dachte ich ich beweise dir das Gegenteil.“ „Danke?“ Der Schmerz ließ allmählich nach und ich bemühte mich gar nicht zu fragen, woher Pinkie wusste was ich gerade dachte, glaubte usw. Es war einfach Pinkie. „Jedenfalls, Applejack, danke. Ich würde mich wirklich sehr freuen, wenn ich mir ein paar eurer Wohnungen ansehen kann.“ Ich war wirklich froh, gerade Applejack getroffen zu haben und das mein Fluchtversuch dank Pinkie gescheitert war. Am glücklichsten war ich aber nur darüber, dass die Applejack aus den Filmen genauso wie die vor mir war.   **~~**   Die Karte brauchte ich nicht mehr, denn mit Pinkie und Applejack hatte ich zwei Wegführer, die sich wirklich gut auskannten. Noch während der Bus uns in Richtung Apple Valley fuhr, zeigten mit beide ein paar Ecken in der Stadt, die ich zu Fuß kaum in einem Tag zu Gesicht bekommen hätte. Es war schön so etwas von der neuen Stadt zu sehen, auch wenn ich nicht wusste, wie lange ich hier bleiben musste. Oder ob Butterfly Story auch nur eine Erinnerung an meine Erlebnisse haben würde. Schön wäre es für sie. „Und das ist Crystal Prep High. Unsere Rivalenschule.“ „Ah richtig. Bei den Friendship Games haben sie, abgesehen vom letzten Mal, immer gewonnen.“ Sofort sahen mich Applejack und Pinkie an. Verdammt, damit hatte ich wohl zu viel gesagt. „Stimmt was nicht?“, fragte ich und versuchte dabei unschuldig zu wirken. Wenn ich so tat als wäre das Grundwissen, würden sie sich höchstens fragen, wie viel ich über die Friendship Games wusste. Und ob das mit Twilight publik geworden war. Natürlich würde ich ihnen ausgerechnet das nicht auf die Nase binden, auch wenn Pinkie es mir indirekt schon erzählt hatte. „Du weißt davon?“ In Applejacks Stimme schwang eher etwas Verwunderung mit, kein Misstrauen. Grundwissen schien das damit nicht zu sein, aber ich war mir sicher, dass man auch an diese Information kam, wenn man sich ausgiebig mit der CHS beschäftigte. „Ja. Ich wollte schon seit ich denken kann auf die Canterlot High. Also habe ich mir alle möglichen Informationen über die Schule gesucht. Auch wenn einige Dinge recht mysteriös waren.“ „Was für Dinge?“ Ich konnte sehen, dass Applejack nun doch vorsichtig wurde. Was kein Wunder war, nach all dem was in der CHS vorgefallen war. „Wie kamt ihr darauf aus dem Music Showcase ein Battle der Bands zu machen?“ „Also das-“ „Drei böse Sirenen aus einer anderen Welt kamen an unsere Schule und wirkten mit ihrer dunklen Magie dafür, dass alle Zombies wurden und taten was sie wollten, außer wir, denn wir selbst haben magische Fähigkeiten und als das Finale des Battle der Bands war, konnten wir die Sirenen zusammen mit Sunset Shimmer besiegen, so dass sie nun keine Macht mehr haben um böses zu tun.“ „Äh was?“ „Was Pinkie eigentlich sagen wollte, wir hatten uns einfach überlegt, das ein Showcase nicht so spannend wäre. Deswegen ein Battle of Bands.“ „Oh~ Verstehe. Schade das ich da nicht dabei war.“ Eigentlich war das gar nicht schade, aber um in meiner Rolle zu bleiben musste ich so tun, als würde es mich wirklich ärgern dieses Event nicht miterlebt zu haben. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich den Sirenen ebenfalls zum Opfer gefallen wäre war größer als mir lieb war. Am Ende hätte ich sowieso nicht viel von der ganzen Sache mitbekommen.   Die letzte Station war auch unsere Endstation. Apple Valley. Das musste ich mir merken, dass der Bus bis genau hier her fuhr. Wenn mir eine der Wohnungen gefiel, würde ich wohl häufiger den Bus nehmen müssen. „Und da sind wir, Apple Valley. Ich möchte dir genau zwei Wohnungen zeigen, die sind nicht weit von hier“, erklärte Applejack und führte mich den Weg entlang. Weit liefen wir nicht, was ihre Worte nur noch mehr unterstrich. „Hier ist das erste Objekt. Du hast hier ein Wohnzimmer, eine Küche, ein Bad, Abstellkimmer und ein Schlafzimmer. Perfekt geeignet für eine Person. Noch dazu ist die Miete günstig. 170 Dollar im Monat ist ein echtes Schnäppchen.“ Zielsicher führte mich Applejack in das Haus und zur passenden Wohnung. Sie war klein, aber vollkommen ausreichend für mich. Wobei ich sogar eingestehen musste, dass sie größer war als meine Wohnung in meiner Welt. Perfekt also. Vor allem für diesen Preis. Das Badezimmer war direkt neben dem Wohnzimmer und die Wände waren gelb gestrichen. Nicht gerade meine Lieblingsfarbe, aber das Gelb hatte etwas beruhigendes an sich.. „Wow. Echt cool hier. Was ist das zweite Objekt?“ „Komm mit, ich zeige es dir. Allerdings, muss ich dir dazu etwas sagen.“ Ich folgte Applejack und Pinkie zu einem Haus welches vier Türen weiter war. Gleich in der untersten Etage war das Objekt, welches Applejack mir hatte zeigen wollen. Der Schnitt war identisch. Das Bad war lediglich neben der Küche und statt einem Schlafzimmer schienen es zwei zu sein. „Lass mich raten, ich würde hier nicht alleine wohnen?“ „Richtig, Sugar Cube. Aber es hat den Vorteil, dass ihr euch die Miete von 300 Dollar im Monat teilen könnt. Und ich denke es wäre vielleicht auch nicht schlecht wenn ihr beide zusammen wohnt. Du hättest gleich jemanden der dir etwas mehr über die Stadt erzählen kann, denn sie hat auch mal mit null hier angefangen und ich denke sie kann dir helfen dich hier besser einzuleben.“ „Sie?“, fragte ich und musste gestehen, dass ich nun doch neugierig geworden war. „Eine gemeinsame Freundin von uns. Sie ist vor ein paar Wochen erst hier eingezogen. Wir hatten sogar eine große Einzugsparty, man war die toll. Es gab Cupcakes, Kuchen, Ballons, Pizza. Oh und alle unsere Freunde waren da.“ Sofort war Pinkie wieder in ihrem Element. Partys. Irgendwie niedlich, vor allem dass ihre Freundin eine Party geschmissen bekommen hatte. Ich konnte mir daraus also ableiten, dass es wohl eine zukünftige Mitschülerin aus der Canterlot High war. Die Frage war nur wer, wenn sie erst vor kurzem eingezogen war. Twilight konnte ich ausschließen. In Everfree Forest hatte man gesehen, dass sie bereits irgendwo lebte. Ebenso Pinkie, die mit Maud Pie und ihrem Stein zusammen wohnte. Applejack lebte sicher auf der Farm ihrer Grandma. Von dem Rest war nichts bekannt. „Und sie hätte nichts gegen eine Mitbewohnerin?“, fragte ich vorsichtig. „Sie hatte dieselbe Wahl wie du und hat sich bewusst für diese Wohnung entschieden.“ Ich dachte nach. Sicher, für 170 Dollar eine Wohnung zu beziehen, ganz alleine, war nicht schlecht. Allerdings in einer WG konnte ich Geld sparen. Noch dazu würde meine Mitbewohnerin mir sicher helfen können mich einzuleben. Die Frage war nur, würde ich mit dieser Mitbewohnerin zurecht kommen? „Entschuldigt, wenn ich das jetzt erst frage, aber... Warum helft ihr mir? Ich meine ich bin eine vollkommen Fremde. Ihr wisst nichts über mich und doch, reicht ihr mir gerade helfend die Hand.“ „Das ist doch vollkommen klar, wir sind Freunde!“, antwortete Pinkie wie aus der Pistole geschossen und lächelte breit. „Außerdem scheinst du recht sympathisch zu sein. Ich wüsste also nicht, was dagegen spricht zu helfen.“ „Aber... ist die Miete nicht etwas zu gering?“, fragte ich vorsichtig und bekam fast schon ein schlechtes Gewissen dabei. Mir kam es so vor, dass ich Applejack und ihre Familie ausnutzen würde, wenn ich dieses Angebot annahm. „Nun was hältst du davon, wenn du den abgemachten Preis zahlst und uns zusätzlich hin und wieder auf Granny Smith Farm besuchst und auch zu den Familienfeiern kommst?“ Ich dachte nun noch etwas mehr nach. Der Preis stimmte, ein bisschen Gesellschaft bei Applejacks Familie, warum nicht? „Und welche Wohnung wirst du nehmen?“, fragte Pinkie, fast so, als wüsste sie, dass ich dieses freundliche Angebot nicht ablehnen wollte. „Mh... Bevor ich mich entscheide, würde ich gerne das Mädchen kennenlernen, dass vielleicht meine Mitbewohnerin wird. Einfach um zu sehen, ob die Chemie stimmt.“ Ich lächelte beide an und bereute was ich gesagt hatte sogleich, als ich das glückliche Funkeln in Pinkie Pies Augen sah. „Weißt du was das bedeutet? WILLKOMMENSPARTY!“ Hilfesuchend sah ich zu Applejack doch sie machte mir klar, dass man Pinkie nun nicht mehr stoppen konnte. Aber schön, eine Willkommensparty. Warum nicht? Kapitel 3: Auf der Suche nach der Mitbewohnerin ----------------------------------------------- „Weißt du was das bedeutet? WILLKOMMENSPARTY!“ Hilfesuchend sah ich zu Applejack, doch sie machte mir klar, dass man Pinkie nun nicht mehr stoppen konnte. Ich seufzte leise und sah zu Pinkie, die aufgeregt auf und ab hüpfte und schon davon sprach, was sie zur Dekoration benutzen würde. Und das sie unbedingt jemanden bräuchte, der ihre Partykanonen an Ort und Stelle brachte. „Partykanonen?“, fragte ich, die Unwissende spielend. Natürlich wusste ich, was die Partykanonen waren, doch ich bezweifelte, dass Butterfly sie jemals in ihrem Leben gesehen hatte. Geschweige denn, dass sie auf einer Party gewesen war. „Sie werfen Konfetti! Konfetti in allen Farben so Boom!“, erklärte Pinkie aufgeregt und ich fürchtete schon, dass sie jetzt aus dem Nichts eine dieser Kanonen hervorholen würde um mir das zu demonstrieren. Überhaupt fragte ich mich, woher sie diese meist in der Serie bekam. Aber gut, es war eine Serie für Kinder, viel Logik musste da also nicht vorkommen. Kinder waren bei so etwas sehr akzeptierend. „Oh.“ Meine Antwort war nicht gerade von Begeisterung geprägt, wenn man bedachte, dass ich eigentlich kein Partymensch war und diese wie die Pest mied. Aber selbst in meiner Welt machte ich die ein oder andere Feier mit. Sei es Feste mit den Kollegen, oder der Familie. Letzteres konnte man aber weniger als Party bezeichnen. „Und wo soll die Party stattfinden?“, fragte ich nach einiger Zeit und unterbrach Pinkie bei ihrer Planung. Sie sah mich an. Nachdenklich, denn scheinbar überlegte sie, wo so eine Party stattfinden könnte. Für gewöhnlich schien sie diese ja in der Schule zu veranstalten. „Kein Problem, Sugar Cube. Wir können in zwei Tagen die Party auf der Farm meiner Eltern feiern. Wir hätten dort genug Platz für alle.“ „Für alle?“, fragte ich und musste gestehen, dass ich fühlte, wie die Farbe aus meinem Gesicht wich. „Da wären unsere Freundinnen, dann noch Applejacks Familie, meine Schwester, ihre Freunde, die Freunde ihrer Freunde und deren Freunde und dessen Freunde und-“ Pinkie stoppte in ihrer Aufzählung und sah von mir zu Applejack. „Alle eben die auf die Canterlot High gehen.“ Mein schlechtes Gewissen wurde wach. Ich meine nicht, dass ich etwas gegen eine Willkommensparty hatte, aber gleich so viele Leute einzuladen? Wegen mir? Oder war es nicht nur wegen mir? Vielleicht plante Pinkie ja auch die anderen Neuzugänge einzuladen. Damit hätte man zumindest mein schlechtes Gewissen beruhigen können. „Werden auch die anderen Neuzugänge kommen?“ „Zumindest jene von denen wir wissen, dass sie die Canterlot High besuchen. Das wird ein Spaß. Ihr könnt euch schon vorab kennenlernen. Außerdem lernst du auch alle anderen kennen. Oh, ich weiß, wir könnten Vinyl fragen ob sie den DJ für uns macht. Vielleicht zeigt Trixie ein paar ihrer Zaubertricks.“ „Immer langsam mit den jungen Fohlen, Pinkie. Du hast zwei Tage Zeit alles zu organisieren, es gibt also keinen Grund etwas zu überstürzen. Wir sollten lieber Butterfly fragen ob sie einverstanden ist. Nicht das wir sie überrennen.“ Scheinbar hatte mir Applejack angesehen, dass mir nicht so wohl bei dem Gedanken war zu viele Fremde Menschen auf einmal zu treffen. Und ehrlich, wenn ich gekonnt hätte, ich hätte es vermieden. Ich hatte schon die Schulzeit immer gehasst wegen der vielen Menschen und die Uni. Selbst jetzt lehnte ich Treffen mit meinen Freunden ab, wenn sie noch Freunde mitbrachten, einfach weil ich Angst hatte, sie könnten mich für blöd erklären, oder für kindisch, oder was man mir nicht noch so alles nachgesagt hatte. Selbst Conventions waren regelmäßig ein Problem. Nein ich war eigentlich nicht geschaffen für große Menschenmengen. Und dennoch, das hier war nicht mein Leben. Es gehörte Butterfly und sie wollte sich finden. Es wäre zumindest gut für sie, wenn ich mich mit Leuten anfreundete, die ihre Freunde waren und ihr helfen konnten, wenn ich diese Welt jemals wieder verlassen sollte. „Nein nein, alles in Ordnung. Ich bin nur kein Partymensch.“ Pinkie zog die Luft scharf ein und wollte gerade etwas sagen, als Applejack ihr sanft die Hand auf den Mund legte. „Wir können die Feier auch kleiner gestalten, wenn es dir zu viel wird.“ Applejack war wirklich süß auf ihre Art. Sie war empathisch und aufrichtig, eine Eigenschaft, die sie herzallerliebst machte. „Nein, das ist schon okay. Ich hatte mir in diesem Jahr vorgenommen neue Dinge auszuprobieren und mich selbst zu finden.“ Es war einfach Applejack gegenüber offen zu sein, wenn auch ein wenig unangenehm. Denn wirklich offen war ich ja nicht. Ich sagte lediglich etwas, das ich glaubte, dass Butterfly zu finden erhoffte. Ihr wahres Ich. Ein anderes Ich. „Wirklich? Du musst dich nicht zwingen. Es wäre wirklich kein Problem das ganze kleiner zu halten.“ „Ganz ehrlich, Applejack. Ich werde damit schon irgendwie klar kommen. Außerdem bin ich ja nicht alleine. Ihr seid doch auch da.“ Irgendwie war das interessant, dass mir ausgerechnet dieser Gedanke über die Lippen kam. Oft genug sagte ich, dass diverse Momente und Situationen an ungeliebten Orten okay waren, weil ich andere Leute um mich herum hatte, denen ich vertraute. Bei der LBM war Franzi und ein paar andere Freunde gewesen, auf Arbeit der ein oder andere Kollege und jetzt Applejack und Pinkie. Noch seltsamer war wirklich nur, dass ich mich davor fürchtete all diese bekannten Charaktere zu treffen. Ich kannte sie doch. Für mich waren sie nicht wirklich fremd und doch hatte ich Bedenken. Genau wie bei meiner ersten Begegnung mit Shicchi. Dabei hatten wir schon längere Zeit Kontakt über Mexx gehabt und doch hatte ich diese Angst verspürt. Diese Angst, dass sie nicht das sah, was sie erwartete oder sich vorgestellt hatte und dass sie nicht mehr mit mir befreundet sein wollte. Eine Angst die sicher jeder einmal irgendwie hatte. Und bei mir wollte sie einfach nie gehen. „JUHU! Ich verspreche dir, das wird eine tolle erste Party. Die wird unvergesslich!“ Irgendwie glaubte ich Pinkie das sogar. Eine Pinkie Pie Party konnte man mit Sicherheit nicht vergessen. „Dann bleibt ja nur eines zu tun. Finden wir deine vielleicht baldige Mitbewohnerin“, erklärte Applejack nach einiger Zeit, in der Pinkie wahrscheinlich schon die Hälfte der Planung erledigt hatte. „Die Frage ist nur, wo sie sein könnte?“ Applejack verschränkte die Arme und dachte nach. Da es eine ihrer engsten Freundinnen war, konnte sie sicher den ein oder anderen Platz in Gedanken ausmachen. „Ah ich weiß. Im Park vielleicht.“ Im Park? Vor mir tauchte mit einem Mal das Bild von Fluttershy auf und ich stöhnte innerlich. Nicht das ich etwas gegen Fluttershy hätte, aber ich bezweifelte, dass wir als WG-Bewohner so gut miteinander auskamen. Ich selbst war schon ein Einsiedlerkrebs, das hatte mir meine Zeit in meiner Studenten-WG gezeigt. Damals hatte das auch niemanden gestört, aber mit jemanden zusammen zu wohnen, der kaum ein Wort mit mir wechselte weil ich kein Tier war, erschien mir als schwierig. „Oh richtig, sie geht hin und wieder dort joggen.“ Joggen? Die Blase von Fluttershy zerplatzte und stattdessen rückte Dash nach. Noch schlimmer. Als absoluter Sportmuffel wollte ich nicht, dass sie mich am Morgen zum aufstehen und Laufen animierte. Mit Sicherheit wäre das der Fall gewesen. „Doch nicht um diese Tageszeit, Pinkie. Wir sollten einfach nachsehen. Unterwegs können wir Butterfly noch ein paar wichtige Orte zeigen.“ Nervosität machte sich breit. Nicht das ich mich auf meine vielleicht baldige Mitbewohnerin freute, aber ich hatte Angst einfach den schlechtesten ersten Eindruck zu hinterlassen, den man machen konnte.   Egal was Pinkie und Applejack mir zeigten, die Wohngegend wurde nur idealer. Ein paar Meter von der Wohnung entfernt stand ein Supermarkt, der auch bis spät abends offen hatte, so dass man auch schnell mal nach den Clubaktivitäten oder einem Teilzeitjob einkaufen gehen konnte. Noch dazu musste man die Sachen nicht weit schleppen. Sicher machte es auch Spaß mit einer Mitbewohnerin die gemeinsamen Einkäufe zu tätigen. Arbeitsteilung und so weiter. Und wenn man mal keine Lust hatte zu kochen, auch kein Problem. Gleich neben dem Supermarkt stand ein Restaurant. Ein chinesisches. Ich musste also nur noch hoffen, dass es nicht zu scharf gewürzt war und das Abendessen im asiatischen Style war gerettet. „Von hier aus fährt täglich während der Schulzeit der Schulbus. Punkt um Sieben Uhr fünfzehn. Du solltest also nicht zu spät sein. Sollte es doch mal passieren, kannst du den Bus in die Stadt nehmen. Das ist zwar ein Umweg, aber auch mit diesem Bus wirst du zur Canterlot kommen“, erklärte mir Applejack, als wir an einer Haltestelle vorbeikamen, die auch nicht wie die regulären gewirkt hatte. Ich versuchte zwar, diese Haltestelle in meiner geistigen Stadtkarte zu speichern, aber mit Sicherheit müsste meine Mitbewohnerin noch den ein oder anderen Morgen mit mir in der Begleitung zum Bus laufen, damit ich mir den Weg auch wirklich merkte. „Sehe ich da hinten richtig und das ist ein Wald?“, fragte ich und war etwas verwirrt. Bisher hatte ich nur viel Stadt gesehen aber keine Wälder und ich war mir sicher, dass dies auch nicht Everfree Forest war. „Ah, das ist Whitetail Wood. Gleich davor befindet sich der Whitetail Park. Es gibt einen Pfad im Park, der direkt in den Wald führt und auch ein idealer Laufweg ist. Solltest du also eher zur sportlichen Sorte gehören, kannst du dort ohne Bedenken jeden Morgen ein paar Kilometer laufen.“ Laufen war nun das letzte woran ich dachte, wenn ich einen Wald sah. Aber mit Sicherheit wäre auch mal ein Spaziergang drin, um den Kopf frei zu bekommen. Gut also zu wissen, dass es auch diese Möglichkeit für traute Einsamkeit gab. Und ein Park war noch besser, wenn man mal an der frischen Luft schreiben wollte. So gesehen, die Gegend war wirklich perfekt und egal wofür ich mich entscheiden würde, ich lebte in einem Paradies. In einem günstigen Paradies. Ich folgte Applejack und Pinkie weiter in Richtung Park und war wirklich erstaunt. Es war hier so idyllisch und doch passte etwas nicht ins Bild. Kurz vor dem Park stand ein Automat der erfrischenden Apfelcider anpries. Wobei, wenn man es recht bedachte, war die Lage perfekt. Vor und nach dem Joggen konnten sich durstige Kehlen an einem kühlenden Apfelcider ergötzen. Sicher war dieses Getränk hier der Renner und ich war ehrlich gesagt versucht selbst eine Dose zu ziehen. Allerdings fürchtete ich, dass ich Applejack und Pinkie dann aus den Augen verlor. Später. Später hätte ich sicher noch genug Zeit dafür und sicher auch etwas Kleingeld. „Und ihr seid euch wirklich sicher, dass eure Freundin hier ist?“, fragte ich nach einiger Zeit, die wir den Park betreten hatten und Pinkie zusammen mit Appeljack die Augen offen hielt. Vielleicht war ja jetzt der richtige Moment um mehr Informationen über meine Mitbewohnerin in Spe zu bekommen. Viel hatten sie mir ja bisher nicht erzählt. Außer dass sie hin und wieder mal joggen ging. „Es wäre zumindest wahrscheinlich. Immerhin liegt er nahe. Vielleicht fällt uns ja sonst noch ein anderer Ort ein.“ Ich fragte mich nun, ob das hieß, dass meine Mitbewohnerin gerne in der Natur war. Fluttershy wurde gerade als Kandidatin wahrscheinlicher. Auch wenn ich sie mir nicht vorstellen konnte, wie sie durch den Wald joggte. „Wie ist sie denn so?“ „Sie ist ganz nett und vor allem klug. Sie weiß immer was zu tun ist und strahlt eine unglaubliche Energie aus.“ Einige der Hinweise sprachen nun doch wieder auf Rainbow. Allerdings andere auch auf Fluttershy. Mir wäre wahrscheinlich besser geholfen gewesen, wenn Pinkie noch den Namen genannt hätte. Aber so verschwieg man ihn. „FLUTTERSHY!“, rief Pinkie plötzlich aus und lief auf ein Mädchen mit hellem rosafarbenen Haar zu, das gerade auf einer Bank saß, umringt von Eichhörnchen. Ich musste nicht einmal die helle gelbe Hautfarbe sehen um zu wissen, dass es wirklich Fluttershy war. Von Pinkies Geschrei etwas aufgeschreckt, streckten die Eichhörnchen ihre Köpfe in die Luft und sahen sich besorgt um, während sie einige Eicheln umklammert hielten. „Habt keine Angst, meine Kleinen. Es ist nur Pinkie Pie, sie tut euch nichts.“ Ich war mit Applejack und Pinkie Pie zum Glück nahe genug an Fluttershy heran getreten, so dass ich ihr sanftes, leises Stimmchen gut hören konnte. Von einer größeren Entfernung hätte ich sie sonst wohl nicht verstanden. „Was machst du hier, Fluttershy?“, fragte Applejack und sah zu ihrer Freundin, die mich erblickte und sich verlegen eine Haarsträhne aus dem Gesicht strich. „Ich füttere die zahmen Park-Eichhörnchen. Wisst ihr sie streiten häufiger, weil es nicht genug Futter gibt, also komme ich einmal die Woche her und sorge dafür, dass alle genug zu Essen bekommen.“ Ich kniff die Augen etwas zusammen und näherte mich Fluttershy um sie noch besser zu verstehen. Ihre Schüchternheit am Anfang war immer etwas hinderlich. Aber mit Sicherheit würde sie sich an mich gewöhnen wenn ich länger hier blieb. Ich brauchte nur ein Haustier das süß und niedlich war, damit Fluttershy warm mit mir wurde. „Butterfly, ich möchte dir gerne unsere Freundin Fluttershy vorstellen. Sie geht ebenfalls auf die Canterlot High. Fluttershy, das hier ist ist Butterfly, sie zieht neu in die Stadt um auf die Canterlot High zu gehen. Sie wird also ein waschechter Wondercolt.“ Fluttershy hob ihre Hand und winkte mir schüchtern zu. Ich brauchte wirklich dringend eine Katze um mit ihr ins Gespräch zu kommen. Anders würde das mit ihr jedes Mal etwas krampfhaft werden. „Hallo.“ Stille. Es war wirklich nicht so einfach mit Fluttershy und das bemerkten auch Applejack und Pinkie. Jedoch versuchten sie auch nicht zwanghaft ein Gespräch zwischen Fluttershy und mir zustande zu bekommen. „Sag mal, Fluttershy, hast du Sunset schon gesehen? Butterfly überlegt ob sie nicht das freie Zimmer in der ihrer Wohnung nimmt.“ „Sunset?“, kaum das Applejack ihren Namen gesagt hatte und offenbarte, wer meine Mitbewohnerin in Spe sein würde, kam mir ein überraschter Laut über die Lippen. Die drei Mädchen sahen mich verwundert an und ich musste nun überlegen, was ich erklären, oder erzählen würde, dass ich so laut ausgerufen hatte. „I-Ihr hattet mir ihren Namen noch nicht gesagt. Ich hatte kurz geglaubt, dass Fluttershy meine neue Mitbewohnerin ist.“ „Oh“, antwortete Applejack nur auf meine Erklärung, und lächelte. Scheinbar hatten sie mir geglaubt, was echt unglaublich war, denn nicht einmal ich hätte mir diese fadenscheinige Ausrede geglaubt. Aber schön, so gab es weniger Probleme für mich. „Nein nein, deine Mitbewohnerin wäre Sunset Shimmer. Sie ist wie schon erwähnt eine unserer Freundinnen.“ Ich nickte zum Zeichen, dass ich verstanden hatte. Doch gleichzeitig versuchte ich nicht zum Ausdruck zu bringen, was ich empfand, nachdem ich diese Nachricht gehört hatte. Immerhin gehörte Sunset zu meinen Lieblingscharakteren im Equestria Girls Universum. Wobei ich sagen musste, sie war DER Lieblingscharakter schlechthin. Mit ihr also zusammen zu wohnen wäre ein kleiner Traum der wahr wurde. Eigentlich war sie das Argument schlechthin, dass mich mehr dazu bewegte die WG zu wählen. Dennoch ich wollte Sunset live und in Farbe kennenlernen, bevor ich mich endgültig zu entschied. Schließlich konnte es sein, dass sie mich gar nicht mochte oder wir einfach nicht miteinander auskamen. Die Chemie musste stimmen. „Also, Fluttershy, hast du Sunset gesehen? Sie war nicht Zuhause.“ Fluttershy schüttelte auf Applejacks erneute Frage den Kopf, was wohl deutlich hieß, dass sie es nicht wusste. Schade eigentlich. „Ich habe sie heute noch nicht gesehen.“ Das war natürlich ernüchternd, dass scheinbar niemand wusste, wo sich Sunset befand. Vielleicht war es aber auch einfach die Aufregung, weil ich sie so schnell wie möglich treffen wollte. „ICH HABS!“, rief Pinkie schließlich laut und sorgte dafür, dass die Eichhörnchen endgültig wegliefen. Fluttershy sah ihnen zwar nach und versuchte mit einigen zu reden und sie davon zu überzeugen, dass sie nicht weglaufen müssten. Allerdings erfolglos. Wahrscheinlich würden die Eichhörnchen auch erst wiederkommen, wenn Pinkie nicht mehr in ihrer Nähe war. „Vielleicht ist Sunset in der Stadtbibliothek!“ „Zwei Wochen vor Schulbeginn?“, fragte Applejack und sah Pinkie an, die aufgeregt nickte. Und für mich erklärte sich nun, wie weit Butterfly geplant hatte. Sehr sehr weit. Schon zwei Wochen vor Beginn der Schulzeit in diese fremde Stadt zu kommen um sich eine Wohnung zu suchen und mit der Umgebung vertraut zu machen, war cleverer als ich selbst im Mittelschulalter war. Und wenn man nach amerikanischen Standard ging, war sie gerade mal 14. In diesem Alter hatte ich wirklich andere Probleme, wobei ich immer noch sonderlichere Probleme hatte wie andere Leute in meinem Alter. Egal wo ich also war, ich würde wohl immer etwas anders sein, aber das war nichts schlechtes, eher was positives. „Dann sollten wir wohl in der Stadtbibliothek suchen. Auch wenn wir in der Schule eine gut sortierte Bücherei haben, kann es nie schaden sie zu kennen.“ Ich nickte, denn ich wusste nur zu gut, dass selbst eine gut sortierte Schulbücherei noch lange nicht die Stadtbibliothek ersetzen konnte. Wobei ich das nie von der Bücherei meiner Uni sagen konnte. Die schlug jene in meiner Heimat um Längen. „Fluttershy, willst du mitkommen?“ Applejack sah zu ihrer Freundin, die gerade schon Ausschau nach ihren Eichhörnchen hielt. „Uhm... tut mir leid, aber ich muss die Eichhörnchen noch füttern.“ Irgendwie war mir das schon klar gewesen und wenn ich ehrlich war, war es mir für den Anfang lieber wenn Fluttershy nicht dabei war. Ich hätte sonst nicht gewusst wie ich mit ihr umgehen sollte, denn ich war keine Person die jemanden außen vor ließ. Wahrscheinlich hätte ich mich zu sehr bemüht mit Fluttershy zu sprechen und sie dabei nur bedrängt. „Dann sehen wir uns später wieder“, erklärte Applejack und ich konnte sehen, wie Fluttershy vorsichtig nickte. Sie bemerkte, dass ich sie ansah und winkte mir zu, immer noch zurückhaltend, aber irgendwie schien sie doch etwas aufgetaut zu sein.   „Ich denke, Fluttershy mag dich.“ Verwundert sah ich zu Pinkie Pie, als diese mich mit ihrer Feststellung konfrontierte, kurz nachdem wir den Park verlassen hatten. „Also für mich sah es jetzt nicht aus, als wenn sie mich mag. Aber sie schien mir doch sehr nett zu sein.“ Sicher, Fluttershy war nett und sie schien mich nun nicht gerade abzulehnen, aber dennoch ich konnte nicht viel an ihrer Handlung ablesen, wodurch ich hätte ablesen können, dass sie mich mochte. „Sie hat dir gewunken“, antwortete Pinkie und lächelte fröhlich. Scheinbar war sie zufrieden, dass ihre Freunde, zu denen ich, wieso auch immer, gehörte, sich gut verstanden. „Das war doch sicher nur aus Höflichkeit?“ Ich machte kein Geheimnis daraus, dass ich Pinkies Worte anzweifelte. Doch Applejack gab mir einen sanften Klaps auf den Rücken. „Keine Sorge, Pinkie hat Recht. Fluttershy mag dich. Bei der Party könnt ihr euch noch etwas besser kennenlernen und da wirst du das schon sehen.“ Das waren ja ermutigende Worte, allerdings fürchtete ich, dass ich selbst auf der Party nicht viel mit Fluttershy reden würde. Vielleicht sollte ich von meinen Katzensitting-Jobs erzählen. Dann hätte ich wenigstens etwas Gesprächsstoff für sie. „Heiliges Hufeisen!“ Verwundert sah ich zu Applejack, als sie plötzlich stehen blieb und ihren Blick zu einer Hauswand wandte, die farblich gesehen nicht mehr ganz so einheitlich war. Im Gegenteil. Auf der roten Wand prangte das Graffiti eines schwarzen, zerbrochenen Spiegels. Wenn man bedachte, dass wir gerade noch auf demselben Weg waren wie zu unserer Reise zum Park, konnte dieses Graffiti noch gar nicht lange dort pranken. Zuvor waren mir und Applejack keine aufgefallen. „Nicht schon wieder!“ Erzürnt ging Applejack auf das Haus zu und sah sich das Graffiti genauer an. Pinkie und ich folgten ihr, wodurch wir das Bild genauer sehen konnten. Es war wirklich ein Graffiti. Man sah deutlich, dass es aufgesprüht wurde, die Begrenzungen waren uneben, die Farbe an einigen Stellen nicht gleichmäßig aufgetragen und vor allem roch man noch die Sprühfarbe, auch wenn es wohl schon getrocknet war. „Ich glaub's ja nicht. Wir dürfen schon wieder ein Haus neu anstreichen. Wenn ich diese Typen in die Finger kriege.“ „Schon wieder?“, fragte ich und war etwas beunruhigt. „Das ist nicht das erste Mal, dass so ein Bild auftaucht. Genau dasselbe Bild mit dem zerbrochenen Spiegel. Und das seit Wochen. Ich sollte Big Mac Bescheid geben. Den Kassenbon sollte er ebenfalls aufheben. Das Geld holen wir uns von dem Täter zurück.“ Es war wohl eine miese Angewohnheit von mir neugierig zu sein, aber ich konnte nicht anders als über Applejacks Worte nachzudenken. Ein zerbrochener Spiegel... in Schwarz. Das passte irgendwie nicht. „Das ist seltsam... in der Regel Bomben Sprayer ihren Namen oder ihre Tags. Zumindest wenn es Personen sind die einfach nur auf Ruhm aus sind. Noch dazu benutzen sie auffälligere Farben. Ich sehe hier aber keinen Namen und Tag. Heißt der Sprayer will anonym bleiben. Vielleicht ist es jemand, der einfach nur Ärger machen will, allerdings bleibt dann die Frage warum ein zerbrochener Spiegel. Und warum diese Farbe schwarz. Der Rahmen könnte jede mögliche Farbe haben, wenn derjenige nur Ärger machen wollen würde. Vielleicht eine Botschaft? Ein zerbrochener Spiegel steht für sieben Jahre Pech. Die Farbe schwarz ist meist eine Farbe die mit dem Tod und der Trauer impliziert wird. Würde man nun sammeln, wo überall diese Bilder zu sehen sind, könnte man vielleicht eine Art Ziel festlegen und hätte ein Motiv... oder ob es eine Warnung für eine bestimmte Person ist.“ Es war wirklich interessant schon allein weil mein Autorenhirn gerade auf Hochtouren lief und im Geiste versuchte den Täter zu analysieren um eine Story zu entwickeln. Doch ich hielt inne, als ich merkte, dass zwei paar Augen mich verdutzt ansahen. „Oder aber es ist bedeutungslos und der Täter ist einfach nur unkreativ“, setzte ich nach und spürte wie die Röte mir in die Wangen schoss. „Egal was es ist, der Täter muss sich dafür verantworten. Das ist Vandalismus.“ Ich nickte zustimmend. Applejack hatte ja Recht. Egal wieso das hier hing, es war durch und durch Vandalismus und konnte man nicht gut heißen. Zumal ich dem ganzen Wahrscheinlich viel zu viel Bedeutung beimaß, einfach weil es ein guter Plot für eine Story wäre. „Sagt mal, wie ist eigentlich der Unterricht so an der CHS? Gibt es eine Möglichkeit Nachhilfe zu bekommen, wenn man in einigen Fächern vielleicht nicht so gut sein sollte?“ Um vom Thema abzulenken, schnitt ich ein neues Gesprächsthema an. Shicchi wäre stolz auf mich, weil sie mir immer sagte, dass ich ein unglaubliches Talent hatte Themenwechsel zu vollführen die absurd waren, in gewisser Weise. „Da du ja im Jahrgang unter uns sein wirst, können wir dir sicher bei dem ein oder anderen Fach helfen. Letztes Jahr hatten wir eine Lehrgruppe und man, Twilight hat uns zusammen mit Sunset richtig auf Vordermann gebracht.“ Ich musste bei Applejacks Erklärung schon etwas schmunzeln, denn ich konnte mir bildlich vorstellen, wie beide den anderen halfen und sie auf den rechten Weg führten. Wenn mich also die böse Mathematik wieder quälen wollen würde, wüsste ich, wen ich ansprechen würde für Hilfe. Und hoffentlich merkte ich mir dann endlich mehr als in meinem alten Leben. Eins war aber sicher, ich würde Mathe auch hier hassen. „Du musst unbedingt das Essen in der Cafeteria probieren. Besonders der Taco-Dienstag ist toll. Wir können uns dann einen Taco nach Wunsch zusammenstellen. Letztes Mal hatte ich einen mit bunten Streußeln und Muffinbrocken!“ Irgendwie konnte ich mir diese Zusammenstellung bei Pinkie vorstellen. Doch der Taco-Dienstag weckte eher eine andere Erinnerung. Eine an eine Sirene, die den sicher auch heute noch ganz toll fände, wenn sie noch Schülerin an der CHS wäre. „Klingt auf jeden Fall interessant. Ein Spagettitaco wäre auch mal wieder etwas.“ „Spagettitaco?“ Ich konnte in Applejacks Gesicht sehen, dass sie nicht überzeugt schien. Ich wäre es auch nicht gewesen, wenn ich es nicht einmal probiert hätte. „Jap. Die sind gut zum selbstmachen. Fleischbällchen machen am besten aus frischen Hack, mit etwas Koreander, Salz und Pfeffer, diese scharf anbraten und dann in der Tomatensoße kochen. Nudeln kochen, alles gut vermengen und rein in den Taco.“ Ein einfaches aber sehr leckeres Rezept. Wie gut, dass ich es doch mal ausprobiert hatte, wenn auch etwas anders. Ich hatte nämlich gleich Bolognese gemacht. Aber im Prinzip konnte man sich auch Spagetthi Carbonara in den Taco stopfen. „Klingt lecker“, merkte Pinkie an und ich hatte kurz das Gefühl mit ihr auf einer Wellenlänge zu sein. „Aber nichts ist leckerer als ein Kuchentaco.“ Diese Schlacht hatte ich wohl eindeutig verloren, aber damit konnte ich leben. Gegen Kuchen war einfach alles machtlos.   Während ich Pinkie und Applejack weiter gefolgt war, prägte ich mir wieder einige Stellen ein. Und einige kamen mir sogar bekannt vor, wodurch ich wusste, dass sie mit mir zur Bushaltestelle gingen. Scheinbar lag wohl die Stadtbibliothek wieder in der Innenstadt, was bedeutete, dass mein Aufenthalt in Apple Valley vorerst vorüber war. „Hey, da ist Big Mac!“ Irgendwie schien Applejack wirklich aufmerksamer zu sein als ich, die einfach nur dafür sorgte beide Mädchen nicht aus den Augen zu verlieren. Sie erkannte ihren Bruder, der gerade in ein Auto steigen wollte, welches in einer Auffahrt geparkt war. Scheinbar verwaltete Applejacks ihre Objekte in jeglicher Hinsicht, denn er hielt einen Werkzeugkoffer in der Hand, was mir nur sagte, dass er gerade zu einer Reparatur angerückt war. „Big Macintosh!“ Wie schon bei dem Graffiti stürmte Applejack auf ihren Bruder zu, der sich zu ihr umwandte, kaum dass er seinen Namen vernommen hatte. „Hast du heute noch viel zu tun?“ „Nope.“ „Sehr gut. Du musst Farbe kaufen, das rote Haus an der 22. hat eines dieser Graffitis. Heb die Rechnung bloss auf. Wenn wir den Täter kriegen, wird er uns alles zurückzahlen.“ Ein unerfreutes Seufzen kam über seine Lippen und ich hatte das Gefühl, er hatte sich irgendwie auf so etwas wie einen Feierabend gefreut. „Du musst doch sowieso in die Stadt, oder?“ „Jup.“ „Kannst du uns mitnehmen? Wir wollen Butterfly die Stadtbibliothek zeigen.“ „Jup.“ Ich zog eine Augenbraue hoch. Nicht das ich Macintosh so gut kannte, aber das was ich von ihm wusste, bestätigte doch schon alles. Er war selbst hier kein großer Freund von vielen Worten. „Butterfly, das ist mein Bruder Big Macintosh. Er ist nicht gerade der Gesprächigste, aber ein herzensguter Kerl.“ „Hallo, Big Macintosh.“ „Hi.“ Problemkind Nummer zwei war damit gefunden. Macintosh. Aber gut immerhin war sein Hi laut und deutlich. Was beschwerte ich mich also? „Na dann steigt mal ein. Mit dem Auto sind wir in Null Komma nichts bei der Bibliothek.“ Applejack öffnete die Verladetür des Vans, so dass Pinkie und ich einsteigen konnten. So ganz sicher erschien mir das nicht. Was wahrscheinlich daran lag, dass ich kein großer Fan vom Autofahren war. Noch dazu vermisste ich die Sicherheitsgurte. Aber die gab es auch nicht im Bus und es wäre mal eine neue Erfahrung. Warum also nicht?   Erleichtert kletterte ich vor der Bibliothek vom Van. Eine neue Erfahrung war es allemal gewesen. Eine die ich so schnell nicht wieder machen wollte. Fahren ohne Gurt an der frischen Luft, nein Teufelswerk, nein. „Danke für das Fahren, Big Mac. Vergiss nicht die Rechnung.“ „Jup.“ Ich klammerte mich etwas an Pinkie, um wieder einen sicheren Stand zu bekommen, bemerkte aber noch den Abschied von Applejacks Bruder, dem ich einfach nur zuwinkte bevor er den Motor startete und losfuhr. Es dauerte einige Augenblicke, bis ich wieder unter den wandelnden Lebenden weilte, doch als mein Magen, und alles andere an Organen, sich wieder geordnet hatte, betrat ich zusammen mit Applejack und Pinkie die Bibliothek, die wirklich gigantisch war. Okay, sie hatte die Größe meiner Unibibliothek, aber die hatte ich ja schon als gigantisch angesehen. „Kurze Frage, wo suchen wir eure Freundin?“ Es war in der Tat, gemessen der Größe der Bibliothek, fragwürdig, wo sich Sunset befinden würde. Doch ein Lächeln auf Pinkies und Applejacks Gesicht zeigte nur zu deutlich, dass sie schon eine ungefähre Ahnung hatte. Scheinbar waren Sunsets spontane Besuche keine Seltenheit mehr. „Komm mit, es gibt nur eine Abteilung in der sie momentan sein kann.“ Wie meine Fremdenführerin, machte sich Applejack auf den Weg, gefolgt von Pinkie. Ich atmete einmal tief aus, denn meine Begegnung mit Sunset war in greifbarer Nähe und so etwas wie Nervosität machte sich in mir breit.   Die Esoterikabteilung war nun nicht gerade das, was ich erwartet hatte, aber da saß sie wirklich. Sunset Shimmer, gebeugt über ein Buch, dessen Inhalt ich nicht einmal erahnen konnte. „Sunset, wussten wir doch, dass du hier bist.“ „PST!“ Ein wenig zu laut hatte Pinkie Sunset begrüßt, die von ihrem Buch aufsah und ihre Freundinnen anlächelte. Das die Bibliothekarin auf dieser Ebene nicht erfreut war, machte sie deutlich genug, so dass es mir fast schon unangenehm war. „Hey, was macht ihr hier?“, fragte Sunset im Flüsterton, als wir uns zu ihr an den Tisch mit dem Stapel Bücher über Weiße Magie, Schwarze Magie, Magische Utensilien und so weiter setzten. Meine Augen wandten sich aber schnell von den Buchrücken ab und hafteten an Sunset. Sie war real und ich saß ihr gegenüber und sie war genauso wie in den Filmen. Gott war ich nervös, was wenn sie mich unsympatisch fand? „Wir haben Butterfly von dir erzählt. Sie überlegt, ob sie zu dir in die Wohnung zieht. Bevor sie sich entscheidet, wollte sie dich aber kennenlernen.“ Applejack zeigte zu mir und ich hob wie ein verschüchterter Groupie die Hand und mühte mir ein unsicheres Lächeln ab. „Hi, Sunset Shimmer. Ich bin, Er- Butterfly Story, freut mich dich zu sehen.“ Es war so schwer. So unglaublich schwer, vor ihr zu sitzen und plötzlich nicht zu wissen, was man sagen sollte. Dabei wollte ich so viel sagen und die Hälfte davon wäre reichlich unklug gewesen. „Freut mich auch. Du hättest also nichts gegen eine Mitbewohnerin?“ „Nein gar nicht. Wenn es passt ist das doch toll. Außerdem komme ich nicht von hier und etwas Hilfe könnte nicht schaden. Man kann sich außerdem den Haushalt aufteilen. Ich kann ganz gut kochen.“ Es wurde peinlicher, von Sekunde zu Sekunde. Denn alles was ich sagte wirkte peinlich. Ich war wirklich nicht gut darin Personen zu treffen die ich irgendwie mochte und sogar heimlich bewunderte. „Uhm, was liest du da?“, fragte ich schließlich um wenigstens irgendetwas intelligentes zu sagen. „Das? Ach, nichts interessantes.“ „Nichts Interessantes? Du versuchst doch-“ „PST!“ Noch bevor Pinkie aussprechen konnte, was sie wollte, hielt Applejack ihr die Hand vor den Mund und stoppte sie. Als ich zu Sunset sah, konnte ich einen sanften Rotschimmer auf ihren Wangen ausmachen. War ihr das hier vielleicht peinlich und Applejack wusste das? „Achso. Uhm, Applejack sagte, dass du auch auf die Canterlot gehst. Besuchst du irgendwelche Clubs? Was sind deine Hobbys?“ Ein Lächeln legte sich auf Sunsets Lippen als sie meine Fragen hörte. Sie schien erleichtert und irgendwie sorgte dieses Lächeln dafür, dass ich mich ebenfalls etwas entspannte. „Was hältst du davon, wenn wir einen Kaffee trinken gehen und in aller Ruhe reden.“ „Oh geht ihr ins Sweet Shoppe? Dann kann Butterfly doch noch die Cupcakes dort probieren und-“ „PST!“ Die Bibliothekarin wurde allmählich ungeduldig und vor allem auch etwas wütend auf Pinkie, die vom Bibliotheksknigge scheinbar nichts wusste. „Ich denke wir lassen euch erst einmal alleine. Ihr habt viel zu besprechen. Ich gehe mit Pinkie ins Sweet Shoppe.“ Applejack hatte erneut Pinkies Mund zugehalten und lächelte uns an, während sie das Partygirl vor sich herschob und einen entschuldigenden Blick zur Bibliothekarin warf. Scheinbar wollte sie nur vermeiden, dass Sunset und ich nicht auch noch rausgeschmissen wurden. „Können wir aus dem Kaffee einen Latte oder Cappucino machen?“ Sunset lächelte, als ich ihr Angebot erneut aufgriff, als hätte es die Unterbrechung durch Pinkie nicht gegeben. „Natürlich. In der ersten Etage hier unten gibt es ein kleines Café. Ich war sowieso hier fertig.“ Sunset schnappte sich das Buch, welches sie gerade gelesen hatte und legte es auf den Stapel, der neben ihr stand. Sie erhob sich von ihrem Platz und ich tat es ihr gleich. Ein Kaffee mit Sunset, der Tag wurde immer besser. Kapitel 4: Auf Schnupperkurs ---------------------------- Von unserem Tisch aus konnten Sunset und ich beobachten, wie Applejack Pinkie von der Bibliothek entfernte. Ein wenig Gegenwehr war schon zu erkennen, doch Applejack war gut darin jemanden zu überzeugen, warum es besser war, wenn sie mich mit Sunset alleine ließ. Ich würde mich später bei Applejack bedanken, denn Pinkie war schon eine echte Naturgewalt. „Ich hoffe du bist mit Pinkie klar gekommen.“ Sorge war deutlich aus Sunsets Stimme zu hören. Sorge wahrscheinlich darüber, dass mir ihre Freundin zuviel war. Das hätte unter Umständen einer guten Mitbewohnerschaft im Wege gestanden. „Pinkie ist etwas besonders, aber sie ist echt freundlich. Hätte sie mich Applejack nicht vorgestellt, dann hätte ich wahrscheinlich noch etwas länger nach einer Unterkunft suchen können. Auch wenn ich ehrlich bin, dass mich die Erwähnung von Partykanonen verwundern. Braucht man für die keinen Waffenschein?“ Sunset lachte leise und schüttelte den Kopf. Immerhin das war schon einmal ein guter Anfang. Die meisten Freundschaften begannen mit einem Lachen. „Wenn du wüsstest, was in Pinkies Kopf vor sich geht.“ Nun war ich es, die leise lachen musste. Ich wusste ja, was in Pinkies Kopf vor sich ging und wie Sunset war mein erster Gedanke 'Das erklärt einiges' gewesen. „Würde das einiges erklären?“ „Vieles.“ Das Eis war für den Moment gebrochen und ich konnte hoffen, dass es so blieb, denn wenn ich ehrlich war, machte ich mir doch Sorgen darüber, was ich Sunset alles erzählen konnte und was nicht. Es war aber besser, wenn ich verschwieg, dass ich aus einer anderen Welt kam und eigentlich nicht einmal wusste was ich hier sollte und mein Equestria Girls Alter Ego eine Geschichte hatte von der ich nicht viel wusste. Ja, diesen Part ließ ich besser weg. „Magst du eine Kleinigkeit zu deinem Getränk essen?“ „Hier kann man was essen?“ Ich war überrascht, ich meinte gut, ungewöhnlich war das nicht. In Erfurt hatte es auch im Cafe der Unibibliothek etwas gegeben. Aber ich hätte ehrlich nicht damit gerechnet. Zumal ich nichts dergleichen gesehen hatte. Keine Auslage für die Snacks die man bot, weswegen ich einfach davon ausgegangen war, dass dies eines der wenigen Cafés war, die eben nichts essbares anboten. „Ja. Sie machen hier die besten Sandwichs. Ich empfehle das Käse-Ei Sandwich.“ „Na wenn du mir das empfiehlst, dann nehme ich das doch. Das Frühstück ist schon eine Zeit lang her.“ Ich lächelte und Sunset nickte. Wenn man es recht bedachte wäre ein Mittagessen nun nicht schlecht. Immerhin war es nach Zwölf. Unglaublich, wie viel Zeit vergangen war. Sie war förmlich dahin geflogen. „Dann hol ich zwei Käse-Ei Sandwichs. Ich lad dich ein.“ „Was?“ Ich konnte nicht glauben, was Sunset gesagt hatte und errötete. Es war mir unangenehm, aber nicht weil es Sunset war, sondern allgemein mochte ich es nicht so wenn mich auf etwas einlud. „Keine Widerrede. Ich mach das gerne.“ Sie lächelte zum Zeichen, dass sie ihre Worte ernst meinte. Ja, sie machte das gerne. In der Hinsicht unterschied sich diese Sunset aus dem ersten Film. Sie war großzügig und freundlich, was schon mehr als deutlich machte, dass sie sich verändert hatte und das jeder die Chance hatte sich zu ändern.   Da unsere Sandwichs frisch zubereitet worden, kam Sunset mit leeren Händen zurück. Obwohl das Eis gebrochen war, hatte ihr Angebot mich einzuladen mich doch eingeschüchtert. Sie war so toll und ich hatte einfach nur noch mehr Angst, dass sie mich nicht leiden konnte, wenn sie auch nur etwas mehr von mir erfuhr. „Also, erzähl mir etwas von dir.“ Ich schluckte schwer und holte tief Luft. Es ging nun also ans eingemachte. Noch dazu stupste Sunset gleich mein zweites Problem an. Ich wusste nichts über Butterfly Story. Oder viel eher nicht viel. „V-Von mir? Uhm... ich weiß gar nicht... also wo ich anfangen soll.“ Mir schlug das Herz bis zum Hals und ich versuchte Sunsets Blicken auszuweichen. Was wenn sie etwas merkte. Sie war ein Pony aus einer magischen Welt. Es wäre nicht unwahrscheinlich, wenn sie vielleicht bemerkte, dass auch ich nicht von hier, aus dieser Welt stammte. „A-Also... Ich komme aus einer kleineren Stadt, die schon etwas weiter von hier entfernt ist. Es war aber schon länger mein Traum zur Canterlot zu gehen, weswegen ich viel gelernt habe und auch noch ein paar Zusatzaktivitäten machte.“ Zumindest hatte ich das aus Butterflys Zusage herausgelesen. Und aus dem Tagebuch. Was das aber für Zusatzaktivitäten waren, wusste ich nicht. Ich konnte nur hoffen, dass Sunset das nicht genauer wissen wollte. „Was für Aktivitäten hast du denn noch gemacht?“ Am liebsten wäre ich im Erdboden versunken. Natürlich musste sie diese Frage stellen. Ich hätte sie ja auch gestellt. Ich ohrfeigte mich geistig dafür, dass ich es überhaupt erwähnt hatte. „D-Das...“ Ich überlegte fieberhaft was ich erzählen sollte. Oder viel mehr überlegte ich, wie ich Butterfly einschätzte und was für Aktivitäten sie gemacht hatte. „Du musst es nicht erzählen wenn es dir unangenehm ist.“ „Nein, nein. Das ist es nicht. Ich bin nur nervös. Du bist so nett und ehrlich gesagt habe ich Angst dass ich irgendetwas sagen oder tun könnte, was mich unsympathisch macht. Denn... ehrlich gesagt bin ich nicht gerade gut im Umgang mit anderen Menschen. Das ist auch der Grund warum ich nicht viele Freunde habe... nicht mehr. Dabei tue ich gerne was für andere Menschen. In der Schule war ich bei der Schülerzeitung, ich habe immer wieder als Notnagel für Volleyballturniere gedient. Aber naja ich komme nicht gut mir anderen zurecht wegen meiner Tiefs die ich habe.“ „Deine Tiefs?“ „Jap. Es gibt Tage da bin ich ein notorischer Schwarzseher und da verstehe ich vieles auch falsch weil die Welt einfach nur düster erscheint. Das hat dafür gesorgt, dass ich einige Freunde verloren habe und naja ich habe daher Angst mich anderen anzunähern.“ „An der CHS musst du dir keine Sorgen machen. Glaub mir. Niemand wird dich für vergangene Taten verurteilen. Wichtig ist einfach, dass du du selbst bist.“ Wie gerne wäre ich ich selbst gewesen. Doch wenn ich war wie ich nun einmal bin, sie hätten es nicht verstanden. Und vor allem hätte es Butterfly Story Probleme gemacht. „Was machst du sonst noch so? Ich bin mir sicher ich kann dir ein paar Leute vorstellen, die deine Interessen teilen.“ „Nun, ich schreibe gerne. Ich singe auch hin und wieder oh und ich liebe es zu kochen. Außerdem liebe Reverse Harem Geschichten.“ „Reverse Harem?“ „Ja, das sind so Geschichten in denen es eine Protagonistin gibt und diese Protagonistin ist umringt von vielen gutaussehenden Männern, die alle auf sie stehen. Es gibt nicht viele Menschen die das mögen und diese Leidenschaft teilen, aber ich finde es total cool. Auch wenn sie oft mal total unlogisch sind. Aber ich denke ich mag es so, weil ich mir wünsche akzeptiert und geliebt zu werden als die Person die ich bin. Außerdem finde ich die Charaktere interessant. Man kann sie so gut interpretieren. Zum Beispiel aus der Serie Uta no Prince-sama. Es geht da um eine Gruppe, Starish, die von der Protagonistin zusammengeführt wird und durch ihre Lieder großen Erfolg haben. Doch sie haben auch Konkurrenz, denn Quartet Night und Heavens sind ebenfalls nicht schlecht und dürfen ebenfalls die Lieder der Protagonistin singen. Aktuell haben es mir Heavens angetan. Auf dem ersten Blick erscheinen sie wie der Abklatsch von Starish, doch wenn man etwas genauer hinsieht werden sie so unglaublich vielschichtig. Da ist zum Beispiel Van Kiryuin. Er ist der Womanizer Typ doch in seiner Folge kam er eher wie der Charakter rüber, der etwas Easy Going ist und nichts wirklich ernst nimmt. Doch dann Bam hat er mich umgehauen. Ich glaube er hält dieses Image mit Absicht aufrecht, denn so hat niemand zu hohe Erwartungen und am Ende kann er sie doch überraschen und...“ Ich stoppte und sah in Sunsets Gesicht. Sie lächelte, obwohl sie wahrscheinlich nur die Hälfte von dem verstand, was ich erzählte. Mit mir war gerade einfach nur das Fangirl durchgegangen. Wie peinlich. Um mich daran zu hindern noch mehr zu reden, nahm ich das Glas mit Latte Macchiato, welches von der Kellnerin vor mich hingestellt worden war und nippte daran. Sunset merkte, dass ich mich selbst bremste, zwang mich aber nicht weiter zu reden. Stattdessen nahm sie ihr Sandwich und biss von diesem ab. Ich sah zu meinem Sandwich und musste feststellen, dass es wirklich lecker aussah. Es bestand aus Weißbrot, Salat, Käse, Gurke, Tomate und Ei. Die richtige Mahlzeit für einen kleinen Snack. „Uhm sag mal, Sunset... Das Buch das du gelesen hast... also... liest du gerne Dinge über Magie?“ „Was?“ Nun war es Sunset die erschrocken auf meine Frage reagierte und errötete. Ich war nun wohl diejenige, die einen empfindlichen Punkt getroffen hatte. „Nein nein. Ich... uhm... In der CHS gibt es eine Schülerin die gerne Zaubertricks vorführt. Ich dachte ich lese mir diese Bücher durch und finde vielleicht heraus wie diese Tricks funktionieren.“ Irgendwie konnte ich Sunset diese Begründung nicht kaufen. Denn selbst ich wusste, dass es einen Unterschied zwischen Zaubertricks und Magie gab. „Zaubertricks unterscheiden sich von Magie. Wie der Name schon sagt, ist das was diese Schülerin macht, nur ein Trick. Er kann auch nur dann gelingen, wenn sie geschickt ist und vor allem schnell. Zauberei funktioniert nur, wenn man den Zuschauer manipuliert, sein Denken beeinflusst und ihn täuscht. Man muss die Aufmerksamkeit immer vom Trick weg lenken, damit er sich verzaubert. Zum Beispiel wenn der Zauberer den leeren Zylinder präsentiert, macht er dem Zuschauer weis, dass er nirgendwo anders eine Taube verstecken könnte. Niemand käme auf die Idee, das der Tisch, auf dem der Zylinder steht eine kleine unscheinbare Vertiefung hat, in der er die Taube versteckt. Meist steckt die Tauber nämlich dort, wo das Tischbein am Tisch beginnt. Der Ständer ist hohl. Am Ende braucht er nur noch einen mystischen Spruch sprechen und Vóila er hat die Taube aus dem Zylinder gezaubert.“ „So hat Trixie also das Kaninchen her gezaubert.“ Ich nickte und lächelte. Sunset spielte ihre Rolle wirklich gut. Oder sie wusste es wirklich nicht. Ganz so sicher war ich mir da aber nicht. „Was ist dann aber der Unterschied zu Magie?“ Ich dachte über Sunsets Frage nach und rührte in meinem Latte. In meiner Welt hatte ich zwar einiges über Magie gelesen, aber nie eine wirkliche Antwort darauf gefunden. Magie war etwas nicht greifbares, etwas unerklärliches, etwas das einfach geschah. „Magie... ist natürlich. Eine Energie, gegeben aus der Natur. Magie geschieht immer und überall um uns herum. Man darf sich aber nicht ablenken lassen. Hier muss man aufmerksam sein und die Zeichen sehen.“ „Die Zeichen?“ „Jap. Ich hab mal in einem Magazin gelesen, dass die Zeichen überall um uns herum sind. Das Blühen einer Blume. Der Duft eines frischen Sommerregens, das Lichtspiel von Gewitter.“ Ich hätte noch dutzende Beispiele nennen können, doch ich beließ es dabei. Sunset hingegen schmunzelte. „Das klingt nicht sehr magisch sondern eher natürlich. Was ist mit schwebenden Gegenständen, Gedankenlesen, das sprechen von unmenschlichen Sprachen, übernatürliche Stärke?“ Was Sunset aufzählte, waren die Fähigkeiten ihrer Freundinnen. Ich fragte mich, ob sie diese verstehen wollte. „Klingt auch natürlich. Abgesehen von den schwebenden Gegenständen. Aber Gedankenlesen bedeutet für mich, dass man besonders empathisch ist. Unmenschliche Sprachen zu sprechen zeugt für mich von einem besonderen Feingefühl. Übernatürliche Stärke muss Kraft schon zur Grundvoraussetzung haben. Magie, oder was wir in diesen Fällen als solche verstehen, bedeutet, dass es immer eine Vorrausetzung für diese Affinität geben muss, damit ein Katalysator sie verstärken kann. Zum Beispiel wird Edelsteinen besondere magische Kraft zugesprochen. Seemänner trugen früher häufiger einen Aquamarin bei sich, denn sie glaubten, er würde sie vor Gefahren beschützen. In China benutze man viel Jade, denn man spricht ihm zu, dass er Glück bringen soll.“ „Hat das dann nicht aber eher mit Glauben zu tun?“ „Ja. Magie hat immer mit Glauben zu tun. Ein Mensch der nicht glaube andere verstehen zu können, wird sie niemals verstehen. Ein Mensch der nicht glaubt Kraft zu haben, wird schwach sein. Ein Mensch der bei Krankheit nicht glaubt gesund zu werden, wird es auch nicht. Wenn man aber an die Macht von Steinen glaubt, kann es den eigenen Glauben verstärken und dadurch der Magie entsprechend einen Push geben.“ Ich nahm das Sandwich und biss in dieses hinein. Kaum dass meine Zunge die Sandwichcreme schmeckte, in Verbindung mit dem frischen Gemüse, dem Käse und Ei, wusste ich, dass ich im Himmel war. Sunset hatte nicht übertrieben. Die Sandwichs waren echt genial. „Woher weißt du soviel über Magie?“ „Ich hatte eine Phase in meinem Leben, in der ich mich für Magie sehr interessiert habe. Ich wollte eine Wicca werden und habe mir alle möglichen Bücher und Zeitschriften zu dem Thema durchgelesen. Ich hatte sogar meinen eigenen Zauberspruch, den ich bis heute vor mich hin sage, wenn mir mulmig zumute ist. Im übrigen gibt es in der Magie auch eine oberste Regel. Was du mit Magie wirkst, kommt dreifach auf dich zurück. Das ist der Grund warum besonders in den Büchern zur Magie davon abgeraten wird schädliche Magie wirken zu wollen. Das heißt, wenn man nur Gutes tun, wird einem nur Gutes widerfahren.“ „Und wie soll sich das bemerkbar machen?“ Ich schmunzelte leicht und sah zu Sunset. „Nehmen wir Applejack als Beispiel. Sie scheint mir sehr aufrichtig zu sein. Das heißt jeder wird ihr glauben mit dem was sie erzählt. Einem notorischen Lügner hingegen würde niemand etwas glauben. Und so kann es passieren, dass der Lügner, wenn er in Gefahr schwebt, diese Gefahr nicht überwinden kann. Jemand der als mit seiner Magie schlechtes wirkt, dem wird es früher oder später das Genick brechen.“ Ich biss erneut von meinem Sandwich ab während ich Sunset beobachtete. In ihrem Kopf schien es gerade drunter und drüber zu gehen. Vielleicht hatte ich ihr gerade zuviel Input gegeben oder sie nur noch mehr verwirrt. Denn meine Ansichten von Magie mussten ganz andere sein als in Equestria. „Sag mal, Sunset. Wo kommst du eigentlich her?“ „Also ich bin schon längere Zeit hier, aber ursprünglich komme ich auch aus einem anderen Land.“ „Seltsam, Appeljack hat gesagt du seist erst vor kurzem in die WG-Wohnung gezogen.“ „J-Ja. Das ist richtig. Ich habe vorher bei... Bekannten gewohnt, doch ich wollte etwas unabhängiger werden, also habe ich eine eigene Wohnung gesucht und dank Granny Smith eine gefunden.“ Ich schmunzelte. Nur zu gerne hätte ich erfahren, wie Sunset zuvor gelebt hatte, doch scheinbar würde ich das auch jetzt nicht erfahren. Aber schön. Mit etwas Glück würden wir viel Zeit miteinander verbringen. „Lass mich raten, Applejack hat dir von Granny Smiths Wohnungen erzählt?“ Sunset lachte sanft und nickte. „Ich kann mich wirklich glücklich schätzen sie zu meinen Freunden zu zählen. Ebenso Pinkie. Mit ihr wird es nie langweilig. Ich bin mir sicher, dass wirst du noch merken. Wie lange bist du eigentlich schon in der Stadt?“ „Oh ich bin erst gestern angekommen. Und Pinkie gehörte zu meinen ersten Begegnungen hier.“ „Wen hast du noch kennengelernt?“ „Abgesehen von Applejack und Fluttershy ist mir gestern noch so ein zwielichtiger Typ über den Weg gelaufen der mir ziemlich aufdringlich helfen wollte. Ich bezweifle, dass er mir wirklich helfen wollte.“ „Oh der Typ. Den habe ich auch schon kennengelernt. Ich konnte ihn Dank Flash loswerden. Wie bist du ihm entkommen?“ Ich grinste und trank erneut einen Schluck von dem Latte Macchiato. „Ich hab behauptet, dass mein Dad ein Cop ist.“ „Sehr kreativ.“ Ich errötete wegen dem Lob von Sunset. Ich persönlich empfand diese Ausrede nicht als kreativ, aber meine Ansichten von den Dingen die ich tat waren sowieso immer andere. Wenn ich der Meinung war nur das Nötigste zu tun, gab es immer Personen die meinte ich tat viel mehr. „Da können wir beide ja froh sein, dass wir dank Granny Smith eine Wohnung in so einem schönen Viertel bekommen haben. Bzw ich werde sie wohl noch bekommen.“ „Richtig. Es ist wirklich erstaunlich, wie gut sie diese Objekte verwaltet. Man kann sie auch jederzeit anrufen, wenn etwas nicht funktioniert und sie lässt es durch Macintosh reparieren. Eine bessere Vermieterin kann man sich wohl nicht vorstellen.“ Ich nickte, denn in meiner Welt hatte ich ja schon einiges erlebt, was Vermieter betraf. Zwar nur durch meine Eltern, aber ich wusste, dass es auch diese Untätigen gab, bei denen man sich förmlich den Mund fusselig redete. Egal was es war. Und dennoch musste man brav die Miete zahlen, weil man sonst flog, wenn dies nicht geschah. „Und... wie stellst du dir deine perfekte Mitbewohnerin vor?“ Ich nahm mir den Mut und versuchte meine Chancen bei Sunset abzuschätzen. Es wäre wirklich ein Traum mit ihr zusammen zuziehen, denn bisher war sie genauso, wie ich es immer in den Filmen gesehen hatte. Noch dazu hatte ich das Gefühl, dass die Chemie wirklich stimmte und es funktionieren konnte. Doch ich wollte nicht über Sunsets Kopf hinweg entscheiden. Ideal wäre, wenn sie dasselbe dachte. „Nun, ich muss gestehen, ich habe noch nicht darüber nachgedacht. Ich bräuchte wahrscheinlich noch etwas mehr Zeit um darüber nachzudenken. Immerhin wohne ich noch nicht lange in der WG und ich hatte auch nicht so schnell mit einer potenziellen Mitbewohnerin gerechnet. Es ist doch recht spontan.“ „O-oh, richtig. Entschuldige.“ Ich bemühte mich zu lächeln, war aber doch ein wenig enttäuscht, dass Sunset von mir nicht so überzeugt schien, wie ich von ihr. Aber in gewisser Hinsicht hatte ich ihr einiges voraus. Ich kannte sie schließlich schon durch die Filme. Ich hingegen war eine vollkommene Fremde. Das hieß ich war immer noch nicht sicher. „Ich hab eine Idee. Wenn wir in der Bibliothek sind, warum zeigst du mir dann nicht einfach mal die Bücher, die du gerne liest. Ich meine ich kann dir gleich zeigen wo sie stehen, für den Fall, dass du dir mal eines ausleihen willst.“ „Wir könnten dann deine Bücher noch wegräumen. Ich bin dabei.“ Auch wenn die Antwort auf die Frage nach der idealen Mitbewohnerin eher ernüchternd ausgefallen war, war ich doch froh, dass Sunset scheinbar noch mehr Zeit mit mir verbringen wollte und mich nicht zum Teufel schickte. Ich versuchte mir einzureden, dass dies bereits ein gutes Zeichen war. Immerhin lief Sunset nicht schreiend vor mir weg.   Die Bücher waren nicht von der Bibliothekarin weggeräumt worden, so dass ich mich bei Sunset immerhin für das Sandwich revanchieren und ihr beim zurück räumen helfen konnte. Zu zweit ging das auch wirklich schnell, so dass Sunset schneller von meinen Buchvorlieben hörte. „Mythologie?“ Sunset schien verwundert, als wir, nicht unweit von der Esoterik Abteilung, vor den Mythen und Sagen standen. „Jap. Es fing damit an, als ich eine größere, eigene Geschichte schrieb. Sie handelte von einem Mädchen, dass durch die Kräfte verschiedener Wesen erschaffen wurde um Erebos zu besiegen. Doch bevor er gegen dieses Mädchen unterlag, pflanzte er die Saat des Erebos in ihr. Reine Finsternis, die Jahr um Jahr größer wurde und sich der Macht des Mädchens zunutze machte um sie zu korrumpieren. In den letzten, bewussten Atemzügen, spaltet sie alles gute von sich ab und erschuf ein Kind, welches in ferner Zukunft den Kampf gegen sie führen sollte. Das ist im groben die Legende um die es sich dreht. Der Hauptcharakter der Geschichte macht aufgrund dieser Legende eine Reise durch die verschiedenen Welten. Die Welten der Götter, der Engel, der Dämonen und Feen. Ich musste für diese Geschichte viel recherchieren. Das habe ich in der Bibliothek meiner Heimat gemacht. Doch während ich recherchierte, faszinierten mich die Mythen und Legenden immer mehr.“ Während sie mir zuhörte, griff Sunset zu einem Buch und schlug es auf. Sie blätterte durch dieses, überflog einzelne Zeilen, doch hielt sie auf einer bestimmten Seite inne. „Sirenen?“ „Oh ja. Dieser Mythos ist besonders interessant. Er kam durch die Reisen des Odysseus auf. Odysseus war ein Seefahrer, der von Troja zurück nach Hause segeln wollte. Doch er verärgerte Poseidon den Gott des Meeres, wodurch dieser ihm vom Weg abbrachte. Auf seiner Reise nach Hause traf er auf Zyklopen und eben auch die Sirenen. Ihre Stimme verzauberten die Seefahrer, welche, unter ihren Zauber stehend, das Schiff aufs Riff steuerten und dort ihr Ende fanden. Der Mythos von Frauen, die mit ihrer Stimme verzaubern können, ist weit verbreitet. In meiner Heimat gibt es die Geschichte von Lorelei, die, nachdem ihr Geliebter, ein Seefahrer, nicht mehr nach Hause kam, auf den Klippen steht und ihr Lied singt. Dies sorgt dafür, dass die Seefahrer unaufmerksam werden und ebenfalls das Schiff ins Unglück lenken.“ „Und wie sehen diese Sirenen aus?“ „Mh, gute Frage. In Odysseus werden sie als wunderschöne Frauen beschrieben. Aber es gibt auch Darstellungen als blutrünstige, hässliche Wasserhexen. Wusstest du, dass es sogar Sirenen gibt, also so echt?“ „Was?“ „Naja nicht solche wie in Odysseus. Seekühe sind die wahren Sirenen der Meere. Früher haben die Seeleute die Gesänge der Seekühe mit den Gesängen von Frauen verwechselt. Und irgendwie sponn sich daraus ein Mythos. Seltsam oder?“ Ich sah wie Sunsets entsetzter Gesichtsausdruck sich entspannte und hätte mich in diesem Moment am liebsten selbst geohrfeigt. Wahrscheinlich hatte sie gedacht ich sprach von den ihr bekannten Sirenen. Offiziell schien nichts über die Magie aus Equestria bekannt geworden zu sein. Und wie ich Sunset und ihre Freundinnen einschätzte, wollten sie auch nicht, dass es jemand erfuhr. „Ja, das ist es. Was für Bücher interessieren dich noch so?“ „Fantasy. Wobei ich nicht nur Fantasy lese. Ich mag hin und wieder auch Krimis. Oder halt Romantik. Aber da in Fantasy meist auch Romantik abgedeckt ist, trifft es das ganz gut. Nur zu schnulzige Romantik ist nicht mein Ding.“ „Na dann komm mit, ich zeig dir unsere Fantasy Abteilung. Und wenn du Krimis magst, dann empfehle ich dir die Sherlock Hooves Reihe.“ War ja irgendwie klar, dass es auch in MLP bekannte Romanfiguren in Ponyformat gab. Hier eventuell nur als Figur in Equestria wahrscheinlich sogar als Pony. Anders konnte man sich Doctor Whooves nicht erklären. „Die Reihe kenne ich sogar. Also einige der Geschichten.“ „Du scheinst wirklich gerne zu lesen, oder?“ „Naja momentan eher weniger. Aber Hörbücher machen mir das ganze leichter. Es lässt sich gut machen, wenn man etwas zockt, einfach mal nebenbei ein Hörbuch zu hören. Oder wenn man backt. Einige sagen zwar, dass nur Lesen das Wahre ist, aber ich denke Menschen die nicht gerne lesen, fällt so etwas leichter. Wenn jemand anderes gut vorliest, kann man vielleicht so andere von Literatur begeistern.“ „Wow, irgendwie verwundert es mich. Du bist jünger wie ich und doch scheinst du schon um ein wesentliches reifer.“ „Ach was, das kommt dir sicher nur so vor. In Wahrheit bin ich noch total unerfahren. Zumindest in einigen Dingen.“ Fragend sah mich Sunset an und ich dachte nur darüber nach, worin ich nicht so reif wirkte. Als 29 jährige aus einer anderen Welt war das nicht so einfach. Doch wenn ich nicht das Misstrauen von Sunset wecken wollte, und das war wie man in Film drei gelernt hatte einfach, musste ich mir schnell etwas einfallen lassen. „Naja ich bin hin und wieder etwas kindisch. Schaue Trickfilme und ich hasse Mathe.“ Gut das war das einzige, das man mir als „kindisch“ nachsagen konnte, aber es reichte um Sunset zu überzeugen. „Sag mal, Butterfly, hast du ein Buch entdeckt das du möchtest? Wenn du noch keine Karte hast, kannst du dir gerne ein Buch über meine Karte ausleihen.“ Ich schüttelte den Kopf, denn diese Großzügigkeit war wirklich eindeutig zuviel. Noch dazu hatte Butterfly genug Bücher Zuhause die ich erst einmal lesen musste, nachdem ich eine Wohnung und einige Sachen nachliefern lassen hatte. Ich bezweifelte nämlich, dass die Sachen aus meiner Reisetasche wirklich genügen würden für einen Umzug. „Wie wäre es dann, wenn ich dir noch etwas die Stadt zeige? Oder haben Pinkie und Applejack das schon gemacht?“ „Nein, das wäre wirklich super. Ich habe bisher nur Apple Valley gesehen. Und einen Stadtteil, den ich lieber wieder vergessen möchte. Oh und Cloud Avenue. Aber sonst habe ich nicht viel mehr gesehen. Ich würde mich also wirklich freuen, wenn du mir die Stadt etwas zeigst. Zum Beispiel das Kino. Ich liebe Kino.“ „Na dann, komm mit.“   Mit dem Bus für die Stadttour hatte Sunset einen echten Volltreffer gelandet. Davon abgesehen, dass ich einige Sehnswürdigkeiten sah, wurde zu den wichtigsten Orten auch noch etwas historischer Hintergrund bekannt gegeben. Nebenbei zeigte mir Sunset einige Orte, die sie als wichtig empfand. „Hier ist die Stripe Mall. Dort findest du alles, was du suchst. Von Schuhen bis hin zu Klamotten und Musik findest du alles hier. Oh und dort, das Crystal Spa. Rarity meint dort sei es sehr angenehm und entspannend, ich hatte allerdings noch nie die Chance dort hin zu gehen.“ „Rarity?“ „Ja, ebenfalls eine Freundin von mir. Wenn du Fragen in Sache Mode hast, ist sie die perfekte Ansprechpartnerin. Die meisten Outfits für die Auftritte der Rainbooms hat sie entworfen.“ Es war schwer die Unwissende zu spielen, doch gleichzeitig auch Interessant, denn ich hörte, wie sie über ihre Freunde dachte. Nicht das man es nicht schon längst wusste, aber es war dennoch schön. „Oh hier ist das Kino. Das Popcorn ist echt gut und günstig. Ich kann es dir empfehlen. Und aktuell laufen ein paar ganz gute Filme. Da die Schule erst in zwei Wochen beginnt, empfehle ich, dass du die Zeit nutzt und einfach mal in einen Film gehst.“ Ich nickte und lächelte, doch als wir an einer Boutique vorbeifuhren, fiel mir etwas ein. Etwas, dass sehr wichtig sein würde. „Sag mal, gibt es hier eine Bank in der Nähe? Ich bräuchte noch etwas Geld. Außerdem hat Pinkie vor in zwei Tagen eine Party zu schmeißen und ich glaube für eine Party habe ich nicht das Passende dabei.“ „Am Ende der Tour gibt es einen Automaten. Da kannst du etwas abheben. Und was das Outfit angeht, ich kann dir helfen eines auszusuchen.“ „Was? Nein, das wäre echt zu viel des Guten. Ich meine du hast doch sicher noch etwas besseres heute zu tun.“ „Ach was. Ich hätte den ganzen Tag in der Bibliothek gesessen. Mach dir keine Sorgen. Außerdem so können wir noch etwas mehr miteinander reden.“ Sunset hatte wirklich entwaffnende Argumente und ließ mir nicht einmal die Chance 'Nein' zu sagen. Dabei fürchtete ich, dass jede Sekunde länger mit ihr, mich vielleicht unsympathischer bei ihr machen konnte. „Also schön. Ich denke ich kann den ein oder anderen modischen Tipp gebrauchen. Aber vorher brauche ich wirklich noch etwas Geld.“ 'Und einen Blick über meine Finanzen', ergänzte ich in Gedanken.   Als ich vor dem Bankautomaten stand, betete ich zu den Göttern, dass in meiner Brieftasche eine Bankkarte war. Und das mir ein leiser Gedanke zuflüsterte, wie die Pinnummer lautete. „Ist alles in Ordnung?“, fragte Sunset, als sie mein Zögern bemerkte. Immer so wissend zu tun war schwer und vor allem fast unmöglich. „Ja, ich hab einfach nur etwas Angst, dass ich nicht genug für das Leben hier gearbeitet habe. Neben der Schule habe ich gejobbt und mein Taschengeld habe ich auch aufgespart, aber die Zweifel ob es genug ist, sind noch da.“ „Mach dir keine Sorgen. Wir könnten dann auch gleich nachsehen, ob irgendwo eine Aushilfe gesucht wird.“ Ich nickte. Wirklich, sie war einfach zu klug als dass ich groß die Chance hatte um zu zweifeln. Ich öffnete meine Geldbörse und sah sofort an der Klappe für das Kleingeld, einen Zettel mit sieben Zahlen hängen. Um Gotteswillen, wie unvernünftig war Butterfly? Ich hatte mir meine Pins immer gemerkt, aber niemals in die Geldbörse getan. „Hast du einen Stift?“, fragte ich Sunset, die sofort in ihren Rucksack griff und mir einen schwarzen Edding gab. Sie schien bemerkt zu haben, was mich selbst entsetzt hatte. „Das Konto ist so gut wie neu. Wie gesagt ich habe alles was ich bekommen habe gespart, daher musste ich den Pin nicht oft eingeben.“ Ich steckte die Karte in den Automaten und gab den Pin ein, den ich vom Zettel ablas. Ich merkte mir so die Bewegung die ich auf dem Nummernblock tun musste. Oben rechts, eins nach unten, die Diagonale nach unten in die Mitte. Diagonale zurück zu zuvor. Eins nach unten. Diagonale zu ganz oben links und schließlich die Zahl in der Mitte. 3686915. Ich flüsterte sie mir in Gedanken immer wieder zu. 3686915. Eine blödere Zahl hätte man sich nicht wünschen können. Aber irgendwie musste ich sie mir merken. Als der Automat mich fragte wohin ich schalten wollte, fragte er noch ein paar Mal nach der Nummer. Und das nur um meine Daten einsehen zu können. Es stellte sich heraus, dass ich vier Monatsmieten locker zahlen konnte. Selbst das Outfit für die Party würde kein Problem sein. Immerhin eine Sorge weniger. Als ich schließlich die passende Menge an Geld abheben wollte, gab ich, ohne Zettelhilfe ein drittes mal meine Nummer ein. 3686915. Ich hatte mir wirklich die Bewegung gemerkt und ich konnte nur hoffen, dass es so blieb. Mit dem Edding übermalte ich dick die Zahlen, sowohl von der Vorder- als auch von der Rückseite. Jetzt durfte ich diesen Pin nicht mehr vergessen. „Scheint als hätte ich doch genug um ein paar Monate über die Runden zu kommen und mir ein neues Outfit zu holen“, erklärte ich und zerknüllte den Zettel in meiner Hand. „Na dann ab zur Stripe Mall. Dort finden wir sicher etwas für dich. Irgendwelche Vorstellungen was du tragen willst?“ Ich hob eine Augenbraue, musste aber schließlich grinsen. „Ich hab nie eine Vorstellung was ich trage. Mode ist wirklich so gar nicht mein Ding. Es sollte bequem sein. Also keine Absatzschuhe. In denen kann ich sowieso nicht laufen.“ „Wir finden sicher was für dich. Vertraust du mir, Butterfly?“ Sunset sah mich an und ich erwiderte ihren Blick. In Sachen Mode vertraute ich nicht einmal Franzi. Doch vielleicht war es gerade das, was Butterfly nun brauchte. Eine Person, der sie vertrauen konnte, die ihr half ihr Ich zu finden. Vielleicht war ein modisches Umdenken da der richtige Weg. Und vielleicht fand ich durch Sunset Butterflys Stil. Ein Versuch war es wert. „Na dann, auf in die Mall.“ Kapitel 5: Let's go to the mall ------------------------------- Schon das Einkaufszentrum in meiner Welt war immer in Grauen gewesen. Das hier war aber noch einmal eine neue Ebene von Grausamkeit. Immerhin war ich, was Mode betraf, ein absolutes Opfer. Ich war schon froh wenn ich einigermaßen zufrieden mit meiner Wahl war. Und dabei machte ich mir selten Gedanken darüber, ob ich die Farben wirklich miteinander kombinieren konnte oder nicht. Solange es bequem war, war mir alles Recht. Aber ich war ja nicht allein. Ich hatte Sunset bei mir und sie schien mir in Sachen Mode wesentlich Sattelfester zu sein als ich. Dennoch das Einkaufszentrum, auch bekannt als Stripe Mall war gigantisch und damit ein Grauen. Ich wusste nicht einmal wo ich anfangen sollte, nach einem passenden Outfit für die Party zu suchen. Ich ließ meinen Blick in der Mall umherschweifen und machte schließlich ein Schaufenster aus, dass förmlich danach schrie, dass es dort Klamotten gab. Zielsicher lief ich los, fühlte aber wie mich eine Hand zurück hielt. „Warte! Hier ich zeige dir, wo es günstigere Sachen gibt.“ Ich blinzelte ein paar Mal und sah zu Sunset die mich sanft anlächelte. Es war eindeutig, dass sie schon wesentlich länger hier war. Sie kannte die Mall in- und auswendig. Was sie wahrscheinlich auch ihren Freunden verdankte. „Oh na dann gehen wir dahin.“ Ich folgte Sunset, die zielsicher zu einem kleinen Laden lief. Das Schaufenster war ebenfalls mit Puppen in der neusten Kollektion gestaltet. Über dem Eingang prankte ein Schild mit der Beschriftung „Manehatten.“ Das war wohl das Äquivalent zum New Yorker in meiner Welt. Dementsprechend würde es wohl auch hier Sonderangebote geben, bei denen man sich T-Shirts für drei Euro kaufen konnte. „Hier kannst du immer etwas günstiges finden. Vielleicht nicht gerade das was auf den Laufstegen der Fashion Weeks läuft, aber dennoch im Trend liegt. Der andere Laden ist zwar das neuste vom Neuen aber glaub mir, man müsste seine Seele verkaufen um sich da komplett einkleiden zu können.“ „Dann kann ich dir ja dafür danken, dass du meine Seele gerettet hast“, scherzte ich und lachte. Sunset schien den Witz zu bemerken und stimmte in mein Lachen ein. „Komm mit. Probieren wir einfach ein paar Sachen an.“ „Wir?“ „Natürlich, denkst du ich lasse dir den Spaß ganz alleine?“ Sunset griff erneut nach meiner Hand und zog mich ins Innere des Ladens. Just in diesem Moment, hörte ich wie eine Melodie erklang, während Sunset schon die ersten Kleidungsstücke in die Hände nahm.   Dies ist ein Tag, der allen Spaß macht. Neue Dinge gibt es zu erleben. Mit guten Freunden, macht alles noch mehr Spaß. Und genau deshalb, werden wir alles geben!   Verwirrt sah ich zu Sunset, die plötzlich unsere Shoppingtour mit einem Lied auf den Lippen garnierte. Ich hatte bereits einige Sachen im Arm und der Stapel schien nur noch größer zu werden. Doch schließlich schob mich Sunset in eine Kabine. Sie nahm die direkt neben mir.   Ich weiß nicht ob es kann, Ob ich das wirklich bin, Führt dieser Moment, mich zum Ziel.   Als wäre dies ein Duett, kamen mir auf einmal Lyrics über die Lippen. Wie schon am Tag zuvor als ich meine Aufnahme an Canterlot zelebriert hatte. Es war wirklich seltsam und doch passte es irgendwie. Es drückte die Zweifel aus, die ich hatte, als ich mir mein aktuelles Shirt auszog und ein moosgrünes Oberteil schlüpfte, welches aus mehr Pailletten als Stoff bestand und ziemlich unangenehm kratzte.   Denk nicht darüber nach, genieße diesen Tag, denn wer weiß, wohin er dich führt.   Ich sah wie Sunsets Hand in meine Kabine reichte und nach mir griff. Mit sanfter Gewalt zog sie mich hervor, direkt vor einem Spiegel, vor dem wir beide standen und die absurden Sachen anschauen konnten. Ich wirkte wie ein glitzernder Weihnachtsbaum, dem nur noch die Kugeln fehlten um mich deutlicher zu schmücken. Sunset hingegen trug ein Top, dass ziemlich kantig war. Es fiel nicht richtig flach, sondern hatte an den Schultern Falten die so Kantik waren, wie ein Quadrat.   Auch wenn wir verschieden sind, gibt es doch keinen Grund, dass wir nichts gemeinsam unternehmen. Wir können noch soviel lern' nicht nur über uns. Wir können gemeinsam ein Abenteuer erleben.   Nachdem wir herzhaft über die ersten Sachen gelacht hatten, waren wir wieder in unsere Kabinen verschwunden und probierten sogleich die nächsten Sachen an. Dieses Mal griff ich nach einer Hose, die voller Schleifchen war und einem Oberteil, dessen Ärmel so lang hinab hingen als würden sie es mir ermöglichen zu fliegen. Schon das sah albern aus und ich war gespannt, was für eine schräge Kreation Sunset tragen würde. Ich trat also hervor und erblickte sie gleich in einem ausgefallenen Hippie Look. Ihr Oberteil war definitiv zu groß und die Farben total verwaschen.   Noch ist das alles unbekannt, eine Reise ins ferne Land.   Doch du weißt du bist nicht allein, Freunde werden bei dir sein.   Es waren noch dutzende von Sachen die wir anprobierten. Und selbst ohne gesprochene Worte wussten wir, dass wir dasselbe dachten. Wer kaufte so etwas? Just als wir uns das fragten, erkannten wir jemanden, der wirklich mit der Schleifchenhose an die Kasse ging und zahlte. Alleine die Tatsache, dass wir die Hose so albern gefunden hatten, ließ uns lachen. Scheinbar gab es hier für alles einen Markt.   Die Stimmung zwischen mir und Sunset war richtig locker geworden. Ebenso waren meine anfänglichen Zweifel dahin geschmolzen. Wir hatten gemeinsam noch dutzende Sachen anprobiert, die keine von uns auf einer Party tragen würde. Außer vielleicht auf einer Worst Taste Party. Ich fürchtete nun auch nicht mehr, dass meine persönliche Klamottenwahl so schlimm werden konnte. Ein wenig modischen Geschmack besaß ich doch. Letzten Endes hatten wir die Albernheiten hinter uns gelassen und nach einem zweiten Gang durch den Laden war mir das ein oder andere Kleidungsstück in den Blick gefallen, von dem ich mir dachte, dass es gut passen könnte. Am Ende stand ich in der Umkleidekabine mit einem Knielangen, fliederfarbenen Kleid da. Es lag eng an, war aber nicht zu freizügig. Passend für mich, die eigentlich nie Kleider trug. Aber warum nicht mal mutig sein und was neues probieren. Noch dazu schien das Kleid nach mir zu rufen. Es hatte immerhin eine Schreibfeder in pinken Farben, als Muster. Ich zupfte es mir noch etwas zurecht, strich mir durchs Haar und versuchte sie zu richten. Ich war gespannt, wie Sunset darauf reagieren würde. Denn die oberste Regel beim Shoppen mit einer Freundin... Du kaufst nichts, was deine Freundin nicht auch absegnet. Ich holte tief Luft und trat aus der Kabine hervor. Dort saß Sunset und schien geduldig darauf zu warten, was ich wirklich aussuchen wollte. Ihr Kopf hob sich, als sie meine Bewegung wahrnahm. Es war der Moment der Wahrheit der wirklich aufregend war. „Und?“, fragte ich und sah Sunset erwartungsvoll an, wobei ich mich zuvor noch einmal drehte. Ich fühlte mich nicht schlecht in diesem Kleid, es war immerhin lang genug und noch dazu war es wohl absolut Butterflys Stil. Und irgendwie auch meiner. „Das sieht gut aus. Vielleicht finden wir noch eine Kette oder dergleichen.“ Irgendwie hatte ich genau dasselbe gedacht. Das Kleid sah schon gut aus. Aber es fehlte noch das ein oder andere Accessoire. „Also schön. Eine Kette finden wir sicher auch noch. Ich habe welche bei den Handschuhen und Schals gesehen.“ „Lass mich das machen. Ich bin gleich zurück.“ Verwundert sah ich Sunset nach, die in Richtung der Accessoires verschwand. Ich fragte mich, ob ich mich schon umziehen oder noch warten sollte. Sicher, es wäre besser im Kleid zu bleiben, denn nur so konnte man prüfen, ob die Accessoires auch wirklich passen würden. Soviel verstand selbst ich als Laie. Ich setzte mich also auf die Bank vor der Umkleidekabine und wartete darauf, dass Sunset zurückkam. Irgendwie war es schon ein unglaubliches Glück sie so live und in Farbe zu erleben. Sunset Shimmer. Der Charakter aus Equestria Girls, der mich so unglaublich faszinierte, dass es mich jedes Mal geärgert hatte, dass sie im zweiten Film so eine geringe Rolle gespielt und im dritten Film fast wieder in Twilights Schatten getreten wäre. Damals hatte ich mir gewünscht, eine Fanfiction mit ihr zu schreiben und andere Charaktere aus dem Ponyverse mit einzubauen. Discord, Queen Crysalis... King Sombra... Ob sie auch ihre Ebenbilder hier hatten? Laut dem Film hatte so ziemlich jedes Pony ein menschliches Abbild. Was war dann aber mit Sunset. Gab es noch eine zweite Version von ihr? Wenn ja, wo war sie? Ebenso die Sirenen. Sie waren in diese Welt verbannt worden, doch rein theoretisch müsste es dann wirklich talentierte, singende Versionen von ihnen geben. Durfte ich hier überhaupt logisch denken, oder gab es doch Unterschiede zum Ponyverse? „Butterfly, ich denke, diese Kette passt perfekt.“ Ich sah zu meiner Linken, wo Sunset lächelnd stand und mir eine Kette in Schmetterlingsform zeigte. Die Flügel wirkten wie vier Schreibfedern und der Körper wie ein zusammengerolltes Pergament, in dessen Mitte ein rotes Band es zusammenhielt. Die Flügel selbst waren neben dem silbernen Rahmen mit pinken Schmucksteinen verziert. „Woah! Die ist hübsch.“ Ich konnte gar nicht in Worte fassen, wie unglaublich schön diese Kette war. Ich nahm sie behutsam aus Sunsets Hand und legte sie mir um den Hals. Es war eines dieser Accessoire, die man nicht nur zu einer Party oder einem Kleid tragen würde. Ich war mir eigentlich sicher, dass ich sie auch so in der Freizeit spazieren führte, wenn es mir gerade danach war. „Und?“ Ich wandte mich zu Sunset und lächelte glücklich, auch wenn ich irgendwie gespannt darauf war zu erfahren wie sie es fand. Ich erwartete nicht einmal dass sie ganz Shojo mäßig errötete. So hübsch war ich selbst als EQG nicht. Doch Sunset erwiderte mein Lächeln und ließ mich damit erröten. „Sie steht dir wirklich. Also, haben wir dein Partyoutfit gefunden?“ Ich brauchte einige Sekunden um mich wieder zu fangen. Komplimente waren nun wirklich nichts womit ich gut umgehen konnte. Eigentlich gar nicht gut. Doch es machte mich froh, dass ich Sunsets Segen hatte. „Jap. Das ist mein erstes Partyoutfit. Für meine erste Party.“ Sunset lächelte und ich konnte mein Glück kaum glauben. Auf einmal fürchtete ich nicht mehr die Party, sondern freute mich darauf. Immerhin war dieses Kleid Sunset-Approved. „Ach da fällt mir ein.“ Ich zuckte zusammen als Sunset sich mir näherte und mir einen grauen Hut aufsetzte. Ich blinzelte und sah in den Spiegel. Es sah, cool aus. Und vollkommen ungewohnt. Doch irgendwie passte der graue Hut. Er war klein, verdeckte nicht meinen gesamten Kopf, sondern saß auf der rechten Seite, da wo mir die pinken Haare nicht ins Gesicht hingen. Es hatte wirklich Stil. „Ich dachte mir, dass würde ganz gut aussehen. Was sagst du?“ „Es ist als wäre das letzte Puzzleteil ins Bild eingefügt.“ Ich konnte nicht glauben, dass dies im Spiegel wirklich ich war. Mal davon abgesehen, dass mein EQG nicht einmal ansatzweise wie mein reales Ich war. Doch irgendwie hatte ich mich recht schnell an das Gesicht im Spiegel gewöhnt. Vielleicht lag es daran, dass ich mein reales Ich nie wirklich akzeptieren konnte. Das die Person die ich im Spiegel sah, nie die Person war, die ich zu sehen hoffte.   Ich war aus dem Kleid geschlüpft und hatte die Preise genaustens studiert. Sunset hatte wirklich Recht. Sie waren recht niedrig und ich konnte mir die Kette und den Hut zum Kleid kaufen. Es war einfach unglaublich. In meiner Welt hätte ich wahrscheinlich niemals so günstig ein gesamtes Outfit bekommen. Ich freute mich wirklich auf die Party. Darauf, diese Sachen Pinkie und Applejack vorzuführen. Seltsam wenn man bedachte, dass ich sonst nicht so scharf darauf war gesehen zu werden. Ich legte die Sachen auf die Ladentheke und wartete, dass die Kassiererin alle Teile einscannte. Auch auf der Kasse zeigte sich, dass dieser Laden wirklich ein Paradies für Schnäppchenjäger war. Ich sparte selbst hier noch etwas von dem geplanten Geld. Und das war einfach unglaublich toll. Ein schönes Gefühl, dass mir sagte, dass ich vielleicht mit Franzi wieder shoppen gehen sollte, wenn ich in meine Welt zurück kam. Ich nahm mir das definitiv vor, als ich das Geld auf den Tresen legte und das Wechselgeld entgegen nahm. Erst als ich meine Tüte nahm, bemerkte ich, dass auch Sunset etwas auf den Tresen gelegt hatte. Ich erkannte rot, orange und etwas gelb. Als wäre das Motiv eine heiß glühende Flamme. Nur konnte ich nicht erkennen was sie da kaufte und vor allem wann sie sich dieses Stück gesichert hatte. Ich wartete daher geduldig auf Sunset, die ihr Kleidungsstück bezahlte, aber auf eine Tüte verzichtete. Stattdessen band sie sich den Stoff um. Es war ein Schal mit hellen Flammenmuster, der sich farblich von ihrer Kleidung abhob, aber ihre gewellten roten Haare mit den gelben Strähnen nur noch mehr betonten. Sie wirkte wie ein Phoenix, der soeben sein Gefieder bekommen hatte und dessen flammenden Farben der Welt präsentierte. „Woah! Der Schal steht dir wirklich ausgezeichnet.“ Überrascht sah Sunset zu mir und ich hätte schwören können, dass sie einen sanften Rotschimmer auf den Wangen hatte. Entweder war sie Komplimente nicht gewohnt, oder aber ich machte sie wirklich gerade verlegen. Und das sie verlegen war, zeigte sich deutlicher, als sie sich eine Strähne hinter ihr Ohr strich und lächelte. „Danke.“ Ich schmunzelte, denn Sunset war schon niedlich. Auch wenn sie immer stark und Selbstbewusst wirkte, oder zumindest meist, war diese Seite von ihr ebenfalls erstaunlich. Und vor allem so neu. Es zeigte mir, dass ihr die Mane Six wirklich gut taten. Das wiederum freute mich, denn so konnte Sunset das wahre Potential ihrer Person offenbaren und vielleicht auch selbst erkennen. „Also...“, setzte Sunset an. „Soll ich dir noch die Mall zeigen? Hier gibt es den ein oder anderen Laden, der dich vielleicht interessieren könnte.“ Ich nickte und lächelte Sunset zu. Mit Sicherheit würde sie mir noch die interessantesten Orte hier zeigen. „Also, den anderen Modeladen hast du ja schon gesehen. Die haben zwar auch schöne Sachen, aber man sollte wirklich auf die besondersten Anlässe warten. Und vor allem sparen. Oder aber du fragst Rarity, ob sie dir mit deinen Sachen hilft. Ihre Selbstgemachten Kleidungsstücke sind genauso gut und günstiger. Ganz dort hinten ist das Ponymane. Ein Friseurladen. Die Friseusen sind reine Künstler und wissen wirklich jede Mähne zu zähmen. Daneben ist der Zigarrenladen, nicht das er was für uns ist, wir sind denke ich zu vernünftig um zu rauchen. Und von dem Handyladen würde ich die Finger lassen, es gibt da ein paar Gerüchte, über die ich lieber nicht sprechen möchte.“ Es war nicht fair, dass Sunset nicht über die Gerüchte sprechen wollte. So entfachte sie nur ungewollt die Neugier in mir. Den Autoren, dessen Kreativität dafür sorgte, dass ich mir die schlimmsten Dinge ausmalte. Handys die von einem Lieferwagen gefallen waren und nun für Spottpreise verkauft wurden. „Es mag nicht viel sein, aber man kann hier das wichtigste finden, wenn man sich den Weg in die Shoppingmall sparen will.“ Ich nickte verstehend, denn ich war sowieso nicht der größte Fan von Einkaufszentren. Viel zu viele Menschen, viel zu viel Platz und doch nicht genug damit ich der Masse aus dem Weg gehen konnte. So ein kleines Carré war da doch schon anonymer und vor allem ruhiger. Mit Sicherheit würde ich mir hier das ein oder andere Kleidungsstück besorgen. „Also... Wie wäre es, wenn ich dir meine Wohnung zeige?“ Verwundert sah ich zu Sunset. Die Wohnung hatte ich schon gesehen und sicher wusste sie das auch. Warum also wollte sie mir diese noch einmal zeigen? Irgendwie weckte ihre Frage in mir die Hoffnung, dass sie mich noch nicht gehen lassen wollte. Dass sie mehr wissen wollte und sie wie ich das Gefühl hatte, dass wir auf einer Wellenlänge waren. „Gerne. Ich nehme an, wir nehmen wieder den Bus?“ Sunset lächelte und nickte. Irgendwie gewöhnte ich mich daran, dass so viele Orte mit dem Bus erreichbar waren. Es hatte etwas von Zielgerichtheit. So als würde mich der Bus wirklich überall dahin führen können, wohin ich wollte.   Ich hatte nicht in Erinnerung, dass ich mit Applejack und Pinkie so lange unterwegs gewesen war, aber der Rückweg zu Sunsets Wohnung dauerte geschlagen vierzig Minuten, der kleine Fußweg mit eingeschlossen. Wahrscheinlich hatte unsere Shoppingtour uns weiter von der Bushaltestelle entfernt als geglaubt. Doch das war nicht schlimm. Ich genoss jede Minute. Immerhin konnte es ja passieren, dass diese Begegnung schneller enden konnte als geplant. Zumal ich nicht einmal mein Erscheinen hier geplant hatte. „In der Regel ist die Fahrt nicht so lang. Aber es scheint wohl einen Unfall gegeben zu haben.“ „Das ist schon okay. Wir hatten dadurch die Zeit viel mit einander zu reden. Es ist also nicht schlimm.“ Ich lächelte Sunset an, die mich zielsicher zu ihrer Unterkunft führte. Mir war während meines Gespräches mit Sunset bewusst geworden, dass es mir eigentlich nicht so wichtig war, ob sie mich als Mitbewohnerin akzeptieren würde. Ich wollte nur noch, dass sie mich irgendwie mochte. Dass wir vielleicht Freunde werden konnten. „Okay, hier sind wir. Ich... Es ist schlicht eingerichtet. Ich hoffe du magst es dennoch.“ Ich konnte deutlich hören, das Sunset nervös war. Was dachte sie wohl, was ich erwarten würde? Es war schon irgendwie niedlich. Denn ich sah Sunset immer als so stark und Selbstsicher, doch gerade zeigte sie mir eine Seite, die ich nicht erwartet hätte. „Mach dir keine Sorgen. Ich hatte schon einen kleinen Rundgang und schlicht ist niemals falsch.“ Verlegen strich sich Sunset wieder eine Strähne aus dem Gesicht und zog ihren Schlüssel aus der Tasche. Ich wartete, bis sie mir die Tür öffnete und mich eintreten ließ. Auch wenn ich die Wohnung schon einmal gesehen hatte, war es ein ganz anderes Gefühl zusammen mit Sunset die Räumlichkeiten zu betreten. „Also, hier ist der Wohnungsflur. Er ist nicht groß, aber er führt in die einzelnen Räume. Von hier kommst du ins Bad und in die Küche. Außerdem kommst du von hier auch in die Schlafzimmer. Allerdings birgt der Flur ein Geheimnis.“ Sunset lächelte mich geheimnisvoll an und ging zu einem Schrank, den sie öffnete. Verwundert folgte ich ihr und sah in diesen hinein. „Unglaublich“, flüsterte ich und war wirklich erstaunt, denn obwohl der Schrank von außen wie ein normaler Kleiderschrank wirkte, ging dieser noch viel tiefer hinein. Als wäre er der Eingang in die Welt von Narnia. Oder in diesem Fall wie der Weg in die Abstellkammer. Denn im verborgenen Raum hatte Sunset die ein oder andere Kiste gestapelt. Ebenso standen dort noch Standlampen und andere Dinge, die wahrscheinlich einfach nicht in Sunsets Einrichtung gepasst hatten. „Eine geheime Abstellkammer. Cool. Wie hast du die entdeckt?“ „Ich wollte meine Jacken reinhängen und habe festgestellt, dass da mehr als zwei Jacken reinpassen.“ Wir lachten beide herzhaft darüber, was wohl dieses Mal der Anlass war, dass Sunsets Nervosität dahinschmolz und sie mutiger wurde. „Komm mit. Als nächstes zeige ich dir die Küche.“ Sie nahm wieder meine Hand und führte mich in den ersten Raum neben der geheimen Abstellkammer. Wie schon beim ersten Mal war die Küche weiß gekachelt, sauber und vor allem einsam, denn sie sah nicht aus, als ob sie oft benutzt wurde. „Hier koche ich hin und wieder. Aber meist fehlt mir die Zeit. Deswegen bereite ich höchstens mal Sandwichs zu. Doch der Kühlschrank... hat eine kleine Macke. Ich hab ihn schon oft geölt, also die Scharniere und dennoch quietscht er beim öffnen.“ Um mir das, was sie sagte zu beweisen, öffnete sie den Kühlschrank und er gab ein Geräusch von sich, als hätte man eine Katze gerade eingeklemmt. Dasselbe Geräusch machte sie, als Sunset die Tür wieder schloss. „Klingt wirklich als hätte man eine Katze dort eingeklemmt.“ „Fluttershy hat dasselbe gesagt. Sie kommentierte den Kühlschrank mit den Worten 'Das Arme Kätzchen'“ Ich konnte mir das wirklich vorstellen, wie Fluttershy schüchtern diesen Witz machte. Wissend, dass kein Kätzchen dieses quietschen verursachte. „Vielleicht wird der Kühlschrank auch einfach nur zu selten genutzt. Zeit das jemand kommt und häufiger kocht.“ „Dann kann ich dir ja zeigen, wo man gemeinsam das Essen genießen kann. Besonders nach der Schule.“ Sie führte mich aus der Küche, ins Wohnzimmer und zeigte auf den Tisch, der direkt neben dem Fenster stand. „Aus diesem Fenster hast du am Abend den besten Ausblick. Der Sonnenuntergang ist hier am besten zu sehen und wenn das Licht auf die Dächer fällt, dass hat was malerisches. Ich lege mich gerne auf die Couch und sehe zu, wie der Himmel in Flammen aufgeht, während die Sonne sich für die Nacht verabschiedet.“ „Sehr poetisch. Aber mit der Couch meinst du nicht die, oder? Die sieht schon ziemlich alt und abgelegen aus.“ „Der Schein trügt. Sie ist total bequem. Setz dich mal hin. Ich garantiere dir, danach willst du nicht mehr hier weg.“ Ich überlegte kurz, ob es ich es wagen sollte, ließ es aber sein, denn ich fürchtete, dass ihre Garantie zu meinem Fluch wurde und ich hinterher nicht mehr gehen wollte. „Ich lass es lieber. Am Ende musst du mich als deine Mitbewohnerin nehmen, selbst wenn du nicht willst.“ „Nun, solange du bei der Hausarbeit helfen würdest, sehe ich kein Problem. Das ist doch das wichtigste an einer WG. man teilt sich neben der Miete auch noch die Arbeit. Wichtiger ist nur, dass man sich sympathisch ist und ich glaube die Sympathie ist bei uns da.“ Es war ja gut, dass Sunset sagte, dass wir einander sympathisch waren, doch noch hatte ich dieses Zimmer in dieser WG nicht gewonnen. Es wäre auch reichlich viel verlangt, wenn sie sich nach einem halben Tag dafür entscheiden würde mich als ihre neue Mitbewohnerin zu adoptieren. Und ich wollte sie auch nicht stressen diese Entscheidung zu treffen. Immerhin hatte ich ja auch in Aussicht meine eigenen vier Wände zu beziehen. Die Felle schwammen mir also nicht davon. Dennoch ein kleiner Anflug von Panik konnte sich nicht vollständig verbergen lassen, was wohl auch Sunset merkte, weswegen sie lächelte. „Wenn die Couch dich nicht überzeugt, dann vielleicht doch dein Schlafzimmer in Spe. Sie verließ das Wohnzimmer und deutete mir an, dass ich ihr folgen sollte. So wie sie es wollte, folgte ich ihr in den Flur und zu einer Tür, die wohl das sagenumwobene Zimmer war, dass ich vielleicht bewohnen konnte, wenn Sunset es genehmigte. Sie öffnete Lächelnd die Tür und ließ mich ins Innere blicken. Dort war es das Zimmer, dass ich nur zu gerne hätte. Möbel brauchte ich für dieses Zimmer nicht mehr, denn dort stand ein Schreibtisch, ein Bett und ein Kleiderschrank. Zusätzlich noch ein großes Bücherregel und neben dem Bett stand ein Nachtschränkchen. Geschätzte würde das meiste aus Butterflys Zimmer hier sicher reinpassen. „Geh nur rein. Das Zimmer hat übrigens noch ein kleines Bad. Also mit Toilette und Waschbecken. Duschen oder Baden kann man aber nur im großen Bad. Es ist aber recht praktisch, weil man sich früh so nicht im Weg ist. Ein weiterer Pluspunkt ist, dass dieses Zimmer bereits vollständig eingerichtet ist. Du müsstest lediglich deine Habseligkeiten noch herbringen und es nach persönlichen Geschmack gestalten.“ Sie lächelte immer noch und mir wurde gerade nur zu deutlich klar, was sie damit sagen wollte. Diese Wohnungstour war nicht einfach eine, die man einer potentiellen Mitbewohnerin gab, sondern eine die man einer Person gab, von der man schon geistig so weit war zu sagen, dass sie wirklich eine Mitbewohnerin war. Wahrscheinlich musste nur noch ich zusagen und sie hätte sich genauso gefreut wie ich mich. „Der Schreibtisch ist perfekt. Da würde mein PC drauf passen. Und Platz für die Hausaufgaben wäre auch noch.“ „Und wenn der nicht reicht, kannst du sie gemeinsam mit mir im Wohnzimmer machen. Hat den Vorteil, dass du mich fragen kannst, wenn du bei irgendetwas Hilfe brauchst.“ Ich nickte und lächelte Sunset an. Wie gerne hätte ich meinen Koffer nun hier rein gestellt, einfach um zu sehen, ob er gut passte. Ich war definitiv dabei Ja zu sagen, denn auch konnte mir nur zu gut vorstellen, wie ich für Sunset kochte, wie wir gemeinsam vielleicht einen Filmabend machten, oder wie sie ihre Freundinnen einlud und sie gemeinsam neue Songs einstudierten. „Da fällt mir ein... Du kommst ja nicht von hier. Hattest du Gepäck bei dir?“ Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich mein Gepäck vollständig vergessen. Doch jetzt, da Sunset es erwähnte, erinnerte ich mich wieder ganz deutlich an meinen Koffer. „Oh Richtig. Meinen Koffer hatte ich bei Applejack im Büro gelassen. Sie musste ja die Schlüssel holen und damit ich den Koffer nicht herumschleppen muss, haben wir ihn dort gelagert. Ich hatte das ganz vergessen. Verdammt... wie komme ich nun an meinen Koffer?“ „Mach dir darüber keine Sorgen, ich kann sie anrufen.“ Gesagt getan, zog sie ihr Handy aus der Hosentasche und drückte eine Zahl. Scheinbar hatte sie ihre Freunde auf der Kurzwahltaste. Hatte ich auch, bei besonders wichtigen Freunden, wie Shicchi. Es erinnerte mich aber auch gleichzeitig daran, dass ich ja ebenfalls so ein schmuckes Stück in dieser Welt hatte. „Hallo Appeljack. Ja, wir verstehen uns gut und haben viel Spaß. Ich weiß, deswegen rufe ich an. Kannst du uns ihren Koffer vorbeibringen. Ja, ich denke wir machen heute Abend ein kleines Sleepover, dann muss sie nicht in ein Hotel.“ Ich war überrascht das von Sunset zu hören, vor allem nachdem ich jeden Moment genossen hatte, als ob es der letzte sein könnte. Doch nun würde dieser Moment noch länger andauern. Eine Pyjama-Party mit Sunset. Das klang doch interessant. Man hätte es aber auch ein Probeschlafen können. Menschen die heiraten wollten, hatten immerhin auch ein Probeessen, warum sollte es also so etwas ähnliches nicht für zukünftige Mitbewohner geben? Mit einem Lächeln, wandte ich mich wieder meinem eigenen Handy zu und bemerkte es. Der Akku neigte sich Stück für Stück dem Ende. Schon am Vortag hatte ich das bemerkt, doch meine Suche nach einem Ladegerät, hatte sich im Koffer als vollkommen sinnlos herausgestellt. Scheinbar hatte Butterfly ein paar andere Dinge im Kopf, statt ein Ladegerät einzupacken. „Danke, Applejack. Wir sehen uns dann.“ Sunset beendet das Gespräch mit ihrer Freundin und schien schnell zu merken, dass etwas nicht stimmte. „Ist alles in Ordnung?“ „Fast. Ich hab wohl vor lauter Aufregung mein Ladegerät vergessen und mein Akku ist fast platt. Du kannst mir nicht zufällig dein Ladegerät für einige Minuten leihen?“ Sie nickte und verließ gemeinsam mit mir das Zimmer um zurück ins Wohnzimmer zu gehen. Dort lief sie zielgerichtet auf den Fernsehschrank zu und öffnete eine der Türen. „Es war doch hier irgendwo...“, sie kramte konzentriert im Schrank und ich konnte sehen, dass da, wo sie gerade suchte eine große Unordnung herrschte. Noch eine Gemeinsamkeit, denn ich selbst war nicht gerade eine der ordentlichsten Personen. „Ah, da ist es.“ Zwischen einem Haufen Blättern und anderen Kabeln, die wohl noch für andere Geräte waren, zog sie eines hervor, welches sie schließlich mir reichte. „Danke.“ Erleichtert, dass mein Handy doch nicht am Saftentzug sterben würde, steckte ich das Ladekabel an und ließ mir von Sunset zeigen, wo ich den Stecker reinstecken konnte. „Du~ Du meintest doch, dass du Kino liebst. Hättest du vielleicht Lust mit mir zusammen einen Film zu sehen? Heute?“ Verwundert sah ich zu ihr, doch sie hielt mir einfach einen Flyer mit den aktuellen Filmen für das hiesige Kino entgegen. Schon auf der ersten Seite konnte ich sehen, dass wohl gerade ein Fantasy-Action-Film hoch im Kurs stand. „Ich lad dich ein.“ „W-Was? D-Das ist etwas-“ Ich wollte gerade anmerken, dass das etwas zuviel des Guten war, nachdem sie mir schon ein Sandwich spendiert hatte. Doch ich stockte, denn Sunset griff zur wohl fiesesten Waffe die sie einsetzen konnte. Ein Hundeblick. In der Regel war ich wirklich immun dagegen, doch Sunset sah einfach zu niedlich aus, so dass es mir unmöglich war standhaft bei einem „Nein“ zu bleiben. „Sunset, dass ist nicht fair!“ Ich seufzte, doch ich hatte verloren also wollte ich das auch offen zugeben. „Also schön. Darf ich mal sehen was läuft?“ Sie jubelte stumm und freute sich gewonnen zu haben. Eines war mir aber klar, ich würde mich rächen, auf süße Art und Weise. Lächelnd nahm ich ihr den Flyer ab und entdeckte einen Film, der doch mehr als nur interessant klang. „Wie wäre es mit Arsene Lupin trifft auf Herlock Shooves. Der scheint auf einem Roman von Leblank zu basieren, dem Erfinder von Arsene Lupin. Da Sir Arch Conan Doyle war nicht damit einverstanden, das Leblank einfach seinen Sherlock verwendet hat, also hat Leblank einfach das S an den Nachnamen gehangen und so einen ebenbürtigen Rivalen für Lupin erschaffen. Im Endeffekt wusste aber jeder, dass Hooves gemeint ist. Ich bin gespannt, wie sie dieses Aufeinandertreffen im Film darstellen.“ Sunset lachte los, kaum dass mein Fangirl-Moment vergangen war. Ich errötete, denn es war immer wieder peinlich, dass ich mich doch so gehen ließ. „Schon verstanden. Das wird sicher lustig.“ Kapitel 6: Von Abenteuern, Dieben und Detektiven ------------------------------------------------ Mit einem geladenen Handyakku der mich davor bewahrte, dass ich nicht in die Verlegenheit kam ein Passwort einzugeben, dass ich nicht kannte, waren Sunset und ich zum Kino aufgebrochen. Ich schwöre, so viel war ich selten unterwegs. In meiner Welt vergrub ich mich meist in meinem Zimmer und versuchte mich so von der Tragik der Welt abzukapseln. Wobei ich gestehen musste, dass ich hin und wieder doch mal mit Freunden über das Internet kommunizierte. Im Universum von Equestria Girls würde sich das wohl ändern, denn wie ich es aus den Filmen kannte, war hier immer etwas los und niemand hatte wirklich die Zeit Zuhause zu bleiben. Dieser Tag war also in jeglicher Hinsicht meine Feuertaufe. Und wenn ich sie nicht bestand, hatte ich ein gewaltiges Problem. Denn wenn ich das Tempo heute nicht mithielt, wie wollte ich das in Zukunft? Mit Sunset zusammen zu wohnen, würde immer Action bedeuten. Schon allein auf Grund der Tatsache, dass ihre Freundinnen sie sicher häufiger besuchten, und so mehr Leben in die Bude kam. Ich hatte dann also nur die Chance mitten im Geschehen zu sein, eine Ausrede zu finden wohin ich musste, oder mich in meinem Zimmer zu verbarrikadieren. Letzteres würde allerdings nur ein paar Mal gut gehen, aber nicht immer. „Kennst du das Buch, auf dem der Film basiert?“, fragte Sunset, als wir in der Warteschlange vor der Kasse standen und darauf warteten, dass wir unsere Karten und etwas Knabberkram holen konnten. „Leider nein. Ich weiß zwar, dass es diesen Roman gibt, habe ihn aber noch nicht gelesen. In der Bibliothek meiner Stadt konnte ich ihn nicht finden. Daher bin ich umso gespannter wie der Film ist.“ „Dann haben wir beide etwas gemeinsam. Ich bin selbst gespannt, wie der Film wird. Kannst du mir vielleicht etwas über den Charakter Arsene erzählen?“ Ich schmunzelte und nickte. Mein Wissen über Arsene Lupin war zwar nicht sehr gewaltig, aber es reichte für eine kleine Einführung. „Arsene Lupin ist ein Meisterdieb. Man nannte ihn sogar den Gentlemendieb. Er stiehlt selten um sich zu bereichern. Aber er ist auch kein Robin Hood. Dennoch kannst du dir vorstellen, dass Arsene von den Gesetzeshütern gejagt wird. Dabei erstellen sie eine Falle nach der anderen, doch Arsene gelingt es jedes Mal zu entkommen.“ „Wie können er und Sherlock Hooves zusammen passen?“, fragte Sunset interessiert und ich dachte nach. „Nun... beide stehen sich meines Wissens nach als ebenbürtig gegenüber. Beide sind gut im sich verkleiden und auch in der Stimmenimitation. Noch dazu sind beide genial. Ich denke das macht sie zu guten Rivalen. Denn, Arsene ist doch irgendwie anders. Nicht nur weil er ein Dieb ist. Noch dazu scheint es Arsene zu genießen, wenn man ihn versucht zu fangen. Und gerade Hooves ist derjenige, der ihn schon mehrmals in die Enge getrieben hat. Natürlich genießt es Arsene so einen genialen Gegner vor sich zu haben.“ Sunset schmunzelte, noch während ich erzählte. Manchmal konnte ich richtig aufgehen, wenn ich über Dinge sprach, die mir einigermaßen vertraut waren, oder die ich kannte. Und bei Literatur konnte ich dank meines Studiums eine Menge reden. „Klingt als könnte es ein wirklich spannender Film werden.“ „Oh ja und wir brauchen unbedingt Popcorn und Getränke. Ich zahle die. Um die Kinokarte komme ich ja nicht herum“, scherzte ich und konnte das vielsagende Grinsen auf Sunsets Gesicht sehen. Natürlich kam ich nicht drum herum, dass sie mir Karte spendierte. Sie konnte so dickköpfig sein, ich allerdings auch. Deswegen stand meine Einladung zum Knabberkram nicht zur Debatte. „Also schön, das Popcorn und eine mittlere Cola geht auf dich.“ Kaum das Sunset das gesagt hatte, waren wir auch schon an der Reihe in der Schlange. Gemeinsam orderten wir, was es zu ordern gab und bezahlten jede von uns den vereinbarten Teil. Sie die Karten, ich den Knabberkram.   Ich staunte nicht schlecht, als ich den Kinosaal betrat. Er wirkte gemütlich, mehr wie ein Heimkino, auch wenn er größer als eben jenes war. Von der Größe her entsprach es ungefähr den Sälen in meiner Welt. Zwanzig Reihen zu je 20-25 Sitzen. Davon ein paar für Pärchen und ein paar für die Singles, oder guten Freunde, die nicht so auf Händchen halten und kuscheln standen. Die Sitze waren mit einem roten Samtbezug geziert, an dem sich einige blaue und goldene Streifen wie eine Zierde entlang rangen. „Wow, sieht ganz anders aus als bei mir Zuhause. Wobei ich glaube, dass rot ein allgemeingültiger Bezug für Kinositze ist. Bei mir Zuhause sind sie auch rot. Aber bei uns haben die Sitze keine Halterung für den Snack, nur was für die Getränke und da muss man sich auch meist mit dem Sitznachbarn streiten.“ „Unser Kino ist zwar nicht sehr groß, aber was es in Größe nicht liefert, bringt es an Service mit sich. Setz dich einfach mal. In den Sitzen fühlt man sich wohlig wie in einem Kissen.“ Ich konnte nicht anders als Sunsets Aufforderung nach zu kommen und ließ mich nieder. Auf eine Wolke purer, roter Bequemlichkeit, die mir drohte so weich zu sein, dass selbst ich ohne Probleme im Sitzen schlafen konnte. Ich betete, dass mir das niemals in Sunsets Gegenwart passieren würde. „So Fuwa-Fuwa...“, murmelte ich und bemerkte einen fragenden Blick Sunsets, der mich kurzerhand erröten ließ. Verdammt, meine Angewohnheit hin und wieder etwas in japanisch zu sagen, hatte sich doch gezeigt. Wobei Fuwa-Fuwa nicht einmal ein Wort war, sondern eher eine Beschreibung die man abgab wenn etwas so flauschig schön weich war. Ich nutzte diesen Ausdruck gerne, weil ich ihn häufiger fühlte als einfach nur zu sagen „Awwww wie weich und flauschig.“ Zu viele Worte für einen einfach zu umschreibenden Umstand. „Das ist japanisch. Man drückt damit aus, dass etwas weich und flauschig ist.“ „Du sprichst japanisch?“ „Nicht wirklich. Ich bin nur begeisterter Manga und Anime-Fan und hin und wieder stolpert man über Phrasen die im Kopf bleiben und die man dann anwendet. Mehr ist das nicht, was ich an Sprache beherrsche.“ Vielleicht war es eine Untertreibung. Immerhin konnte ich mit viel Mühe Kata- und Hiragana lesen. Das ein oder andere Kanji war mir auch vertraut und wenn ich hin und wieder in mein Japanischbuch sah, konnte ich auch sicher mehr als zu fragen wie es einen ging, und das ich Erenya hieß. Immerhin verstand ich dank dem japanisch Unterricht in der Uni ein gutes dutzend japanische Worte mehr, ein paar andere waren einfach hängen geblieben weil ich Subs liebte und diverse Worte häufiger erwähnt wurden. Aber vom sprechen, da war ich noch meilenweit entfernt. „Fuwa-Fuwa... das klingt irgendwie niedlich.“ „Nicht wahr? Es zu hören erwärmt schon mein Herz und macht mich glücklich oder erinnert mich daran wie es sich anfühlt in Glück eingeflauscht zu sein.“ Ein leises Kichern war von Sunset zu vernehmen und trieben mir die fast verschwundene Schamesröte wieder in die Wangen. Dennoch wusste ich, dass es kein böswilliges Lachen war. Mehr eines von der Sorte das man von sich gab, wenn man etwas niedlich fand. „Ich glaube in der Literatur bezeichnet man Worte wie 'eingeflauscht“ eine kreative Wortneuschöpfung.“ Ich nickte, immer noch peinlich berührt. Aber es gab kein zurück mehr. Ich konnte das Gesagte nicht mehr zurück nehmen. „Das muss dir nicht peinlich sein. Ich finde es irgendwie niedlich. Und interessant. Noch dazu hast du ja gesagt, dass du gerne schreibst und ich würde gerne mal das ein oder andere von dir lesen.“ Sie hatte wirklich aufrichtiges Interesse an meinen Geschichten. Etwas das ich nach all den Wochen und Monaten fast schon unglaublich fand. Ich hatte nie massenweise Leser. Zwar auch nicht wenige, aber auch nicht so viele dass die Zahlen mich unglaubwürdig wirken ließen. Hochgerechnet, hatte ich auf Animexx 48 Abonnenten, denen ich insgeheim wohl dankbarer war, als ich immer zum Ausdruck brachte. Ich wusste allerdings nie was sie lasen, ob es alle Geschichten waren oder ob sie mich nur durch ein bestimmtes Fandom gefunden hatten. Letzteres wäre fast schon unglaublich gewesen, da ich mich nie sonderlich lange in einem Fandom aufhielt. Serien wie Hakuouki und Uta no Prince-sama grenzten da fast an ein Wunder. Doch irgendwann verlor jede Serie für mich irgendwie ihren Reiz. Eine Tatsache die ich traurig fand. Woran es genau lag, konnte ich nicht sagen. Ich vermutete aber, dass mir einfach die Kommunikation mit anderen Fans fehlte. Und dadurch auch der kreative Input. Ich lebte davon, schreiben zu können, wenn ich mit anderen fachsimpelte. Oder einfach nur fangirlte und abstruse Ideen austauschte. Manchmal entflammte das in mir die Kreativität die ich brauchte um mal wieder ein Kapitel für eine bestehende Serie voran zu treiben. Viele Menschen dafür hatte ich nicht. Die meisten Freunde hatte ich sogar verloren und nun vermisste ich diese gemeinsame Zeit, von der immer noch ein kleiner Teil in mir hoffte, dass sie wiederkehren würde. Doch ein anderer Teil wusste, dass es aussichtslos war. Deswegen berührte es etwas in mir, dass Sunset wirklich etwas von mir lesen wollte und nicht einmal genauer vorgab, was es sein sollte. Sie zauberte mir ein Lächeln auf die Lippen und ich nickte. „Gerne doch. Wenn ich etwas beendet habe, dass ich gut finde, dann zeige ich es dir.“   Wir redeten noch ein paar Minuten, während wir beobachteten, wie mehr Leute den Saal fühlten. Auch vor uns die Plätze waren voll belegt, doch anders als ich es aus meiner Welt kannte, waren die großen Personen allesamt in den hintersten Reihen. Scheinbar organisierten die Kartenverkäufer hier sogar die Sitzordnung, so dass niemand von anderen Besuchern gestört wurde. Es war angenehm und auch ungewohnt. Denn niemand schien sich auch nur im entferntesten nicht an seine Sitzplatznummer halten zu wollen. Ein Unding in meiner Welt, denn dort saß sich aus Prinzip jeder dahin wo er wollte. Selbst ich hatte das schändlicherweise getan, denn in meiner Heimat waren die Kinosäle meist unterirdisch leer. Mein Blick richtete sich gen Leinwand, als die Lichter gedämmt wurden und die Werbung für eine neue hippe Musikgruppe, farbenfroh und laut das aktuellste Album promotete. Die Musik war experimentell, nicht ganz mein Geschmack. Und Sunsets scheinbar auch nicht, denn sie zuckte bei einer schnellen, unpassenden Überleitung in einen lauteren Song zusammen. Und wieder hatte ich eine Gemeinsamkeit entdeckt. „Erleben sie diesen Sommer“ Eine fast schon vertraute tiefe Klischeestimme ertönte, als der erste Trailer vorgestellt wurde. Gronkh hatte dies bezüglich mal einen Witz gerissen, dass diese Sprecher immer übertrieben dramatisch oder aufbauschend wirken wollten. In Trailern selbst hatte ich das noch nie erlebt, aber das hier war eine Kindersendung-Welt, da gehörte das wohl einfach dazu. „Ein neuer Tag, eine neue Höhle.“ Die letzten Geräusche in dem Saal verstummten, als eine Frau mit langen schwarzen, lockigen Haar auf der Leinwand erschien. Sie kam mir bekannt vor und hatte etwas von Sydney aus der Serie „Relic Hunter“ obwohl sie doch mehr wie ein weiblicher Indiana Jones wirkte. „Sie hat ihr Debüt auf der Leinwand. Und bringt euch ihr neustes Abenteuer!“ Die Stimme machte eine dramatische Pause, und zeigte eine andere Szene, in welcher der Frau einem Mann gegenüber stand, der einen Ring in ihrer Hand gierig fixierte. „Na na, Ahuizotl, du weißt, dass ich dich liebe, aber ich kann dir erst den Ring geben, wenn ich dir einen angemessenen Antrag gemacht habe.“ Sie schwang ihre Peitsche, während sie das sagte. Gezielt genug, so dass sie ein paar Stalagmiten von der Decke holte und ihren Gegenüber genug ablenkte um zu fliehen. „Doch auch sie wird lernen, dass man nicht immer alles alleine schaffen kann.“ Erneut wechselte die Szene. Dieses Mal stand die Frau vor einer schmächtigen Dame, die sie mit dem Namen Daring gerufen hatte und bat mitkommen zu dürfen, weil sie ihr helfen konnte. „Daring Doo braucht keine Hilfe. Sie erledigt ihre Angelegenheiten selbst.“ „Aber Daring!“ ihre Begleitung schien nicht erfreut über diese Worte zu sein, doch was danach kam, wurde nicht offenbart, denn wieder wechselte die Szene. Dieses Mal hing Daring an einer Klippe, ein Artefakt fest umklammert. „Scheint, als wäre an dem Fluch doch etwas dran...“, murmelte sie und versuchte sich mit nur einer Hand hochzuziehen. Doch es gelang ihr nicht. In der Aufnahme konnte man aber gut sehen, wie ihre Finger rutschten. Stück für Stück. Und gerade als sie keinen festen Halt mehr hatte und das sichere Gestein hinter ihr lag, umklammerte sie eine Hand. Daring sah auf und ihre Augen weiteten sich. „Du?!“ Doch bevor auch die Zuschauer erkennen konnten, wer es war, wurde das Bild schwarz und stattdessen erschien in weißer Schrift das Datum, an dem dieser Film im Kino erscheinen würde. „Wenn Rainbow diesen Trailer sieht, wird sie den Film sicher sehen wollen“, flüsterte Sunset plötzlich neben mir. Und ich musste ihr Recht geben. Selbst mich hatte der Trailer so weit gepackt, dass ich mehr wissen wollte. Ich wollte wissen, um was für einen Ring es ging, woher das Artefakt kam, wie es zwischen Daring und der zierlichen Frau ausging und vor allem, wer sie da gerettet hatte. Der Trailer hatte wirklich ganze Arbeit geleistet. Er hatte mich angefeedet. „Wieso?“, fragte ich dennoch flüsternd, doch Sunset entfernte sich wieder etwas von mir mit einem geflüsterten „Ich erklär es dir später.“ Nun war ich doppelt gespannt. Auf Daring Doos Film und auf Sunsets Erklärung.   Als der Film, den wir eigentlich sehen wollten, endlich die ersten Bilder zeigte, musste ich gestehen, dass ich sehr überrascht war. Ich hatte mit einem viktorianischen Szenario gerechnet, nicht aber mit einem das so modern war. Sicher, ein moderner Sherlock Holmes war ich alleine schon wegen meines Lieblingsotome-Games gewohnt, aber Arsene Lupin? Das war neu. Arsene war, so wie auch nicht anders zu erwarten, jemand mit etwas mehr Geld als jemand aus der Arbeiterklasse. Um genau zu sein einer ganzen Menge mehr Geld. Doch anders als Batman hatte er keine tragische Hintergrundgeschichte. Seine Eltern lebten noch und erfreuten sich selbst gegenwärtig bester Gesundheit. Doch auch sie hatten ein Geheimnis. Sie waren ebenfalls Diebe. Arsenes Familie schien einer langen Generation von Dieben zu entspringen und so war es eine Selbstverständlichkeit gewesen, dass Arsene ebenfalls zu einen Meisterdieb erzogen wurden war. „Aber warum geben wir denen für die wir stehlen nicht einfach Geld?“, hatte klein Arsene am Anfang des Filmes gefragt. Etwas, dass sicher jeder getan hatte. Denn nach deutschen Recht war Diebstahl kein Kavaliersdelikt. „Weil man das Unrecht, welches ihnen widerfahren ist, nicht mit Geld ungeschehen machen kann. Hör zu, Arsene. Wir stehlen nicht einfach Kunstwerke, Schmuck oder Kleinigkeiten. Wir stehlen Erinnerungen und bringen sie ihren Besitzern zurück. Merke dir, es gibt nichts wichtigeres als Erinnerungen an die Personen die wir lieben. Deswegen musst du immer gut auf deine aufpassen.“ Ganz wie in Spiderman, war es dieses Gespräch, dass Arsene ab diesen Moment prägte. Prägender war nur die Tatsache gewesen, dass mich ein klingelndes Handy im Film daran erinnerte, dass ich mein eigenes immer noch angeschaltet hatte. So unauffällig wie möglich war es mir daraufhin gelungen, mein eigenes abzuschalten, was scheinbar jemand neben mir bemerkt hatte. „Danke“, flüsterte Sunset mir leise zu und ich konnte die Bewegungen spüren und hörte das Rascheln ihrer Kleidung, als sie in ihre Tasche griff und wohl meinem Beispiel folgte.   „Herr Lupin, warum tun Sie das? Warum bringen Sie sich in Schwierigkeiten für die Brosche meiner Großmutter?“ „Weil sie ein Teil von dir sind. Ein Teil jener Erinnerungen an deine Großmutter, die dir wichtig sind, Eveline. Und ich kann eine Frau nicht weinen sehen, deswegen war es mir eine Ehre und meine Pflicht, dir zu helfen.“ Es war die letzte Szene des Filmes, die noch einmal die Anfangsszene mit Arsenes Vater widerspiegelte. Da stand er, der Gentlemendieb, ganz nah bei seiner Eveline, die alles getan hatte, um ihn vor Herlock zu beschützen. Sie hielt die Brosche, ein Medaillon mit einem roten Diamanten. Sie hatte Arsene anvertraut, dass ihre Großmutter es erhalten hatte, als man ihr berichtet hatte, dass ihr Mann im Krieg verstorben war. Das Medaillon war sein letztes Geschenk an sie gewesen. Und ihre Großmutter hatte es an Eveline vermacht, auf dem Sterbebett. „Was wenn sie euch fangen, Herr Lupin? Herr Shooves ist Ihnen immer noch auf den Fersen.“ „Keine Sorge, Eveline. Selbst wenn er mich in Handschellen an sich gefesselt hätte, habe ich doch großes Vertrauen in meine Fähigkeiten.“ „Tch... Du bist dieses Mal nur knapp entkommen und hast dennoch eine große Klappe“, erwiderte Herlock auf Lupins Kommentar und erschien wie ein Schatten hinter ihm. Angelehnt an eine Hauswand, mit verschränkten Armen. Eveline war erschrocken, doch auf Lupins Lippen zeichnete sich nur ein schmales Lächeln ab. „Du bist zwei Sekunden zu spät, Shooves. Ich habe die Brosche nicht mehr.“ Der Detektiv schwieg und starrte zu Lupin, der ihm immer noch mit dem Rücken zugewandt stand. Es war unklar zu sagen, was nun passieren würde. Shooves hatte nun die Chance Lupin zu fassen und doch schien er zu zögern. Die Frage war nur wieso? „Und ich nehme an, ich habe auch niemanden, der bezeugen kann, dass das Schmuckstück des Barons den Besitzer gewechselt hat... Mh... dann ist es wohl bei deiner Flucht verloren gegangen, Arsene.“ „Ja, dass scheint wirklich der Fall zu sein, manchmal bin ich so schusselig.“ „Mh... und ich kann mich auch nicht mehr daran erinnern wirklich dich am Tatort gesehen zu haben. Ich vermute es war ein Trittbrettfahrer“, schlussfolgerte Shooves vollkommen falsch und doch hatten seine Worte eine weitaus tiefere Bedeutung. „Er war den ganzen Abend bei mir, Herr Shooves“, gab Eveline zu verstehen, als auch ihr klar wurde, was die beiden Rivalen soeben stumm vereinbarten. „Dieses Mal hattest du Glück Arsene, aber nächstes Mal erwische ich dich.“ „Ich freue mich schon darauf... alter Freund.“ Mit einem Laut des Missfallens, stieß sich Shooves von der Wand ab und verschwand in die Dunkelheit der Nacht.   Irgendwie war es schade, dass der Film doch noch ein Ende fand. Ja, er war überraschend anders gewesen als ich ihn mir vorgestellt hatte und obwohl immer wieder ein paar Hints zu Eveline und Arsene als Pärchen gefallen waren, hatte ich es nicht als so störend empfunden wie in diversen Hollywood-Blockbustern in meiner Welt. Dort schien jede Geschichte eine Lovestory zu haben, selbst wenn es ein Horrorfilm war. Da Arsene aber immer charmant zu Damen war, erschien es mir sogar als selbstverständlich, dass er in jedem Abenteuer eine kleine Romanze brauchte. Eine, die dann mit einer eventuellen Fortsetzung verblich und zu einer neuen wechselte. „Wow. Einfach nur Wow“, kommentierte Sunset den Film, als das Licht anging und die Credits abgelaufen waren. Ich musste grinsen, denn ich empfand ebenso. „Heißt dass, er hat dir gefallen?“ „Und ob. Shooves ist ein wirklich genialer Charakter. Man spürte am Schluss richtig, dass es ihm eigentlich nicht schmeckte Arsene gehen zu lassen, er es aber für Eveline getan hatte. Als er beim Baron die Brosche gesehen hatte, wusste er ja sofort, dass sie nicht das Eigentum des Barons war. Wahrscheinlich wollte er auf diese Art und Weise das Unrecht, dass Eveline widerfahren war, wieder Rechtens machen.“ „Sehe ich auch so. Es gab ja keine andere Möglichkeit. Eveline konnte ja leider nicht nachweisen, dass die Brosche ein Erbstück ihrer Familie war. Der Baron hatte wirklich ganze Arbeit geleistet alle Beweise zu zerstören und neue zu fälschen. Man kann wirklich froh sein, dass Shooves so ein gescheiter Kopf ist. Wobei ich denke diese Runde hat Arsene dominiert.“ „Mh, ich muss ehrlich sein, ich hatte das Gefühl, dass es ein eigentlicher Sieg für Shooves war. Immerhin hat er zum Schluss den Baron zu Fall gebracht. Arsene hätte das nicht so öffentlich gekonnt.“ „Das mag sein, aber Arsene hat alles in die Wege geleitet.“ Ich erlebte wirklich das erste Mal an diesem Abend, dass Sunset und ich uns nicht einig waren. Doch es war nicht schlimm. Irgendwie war es sogar interessant, weil ich so erfahren konnte, was Sunset dachte, wie sie auf ihre Gedanken kam. Sie hatte Dinge im Film bemerkt, die mir selbst entfallen waren. „Ich könnte den Film glatt noch einmal sehen. Wenn er auf DVD erscheint, hole ich ihn mir vielleicht.“ „Unbedingt. Wir könnten dann einen Filmabend machen. Es gibt auch ganz viele Shooves Filme.“ „Wirklich?“ Ich nickte aufgeregt und eher unbewusst. Vollkommen vergessend, dass es meine Welt war, in der es einige Holmes Filme gab. Und eine Serie. „Oh richtig, das erinnert mich gerade daran, dass es ja auch eine Serie von Shooves gibt und der Schauspieler von Shooves auch hier in diesem Film seine Rolle des Meisterdetektivs gespielt hat“, merkte Sunset an und sofort entflammte ein Stück weit Begeisterung in mir. Diese Serie würde nun ganz weit oben auf meiner Liste stehen. Definitiv. „Echt? Cool. Das würde ja dann irgendwie bedeuten, dass der Film und die Serie im selben Universum spielen, oder?“ „Richtig, die Serie behandelt auch einen sehr gegenwärtigen Shooves. Wobei ich auch gespannt wäre zu sehen, wie so ein altbritischer Shooves ist.“ Aufgeregt schwatzend verließen Sunset und ich gemeinsam das Kino. Es machte Spaß mit ihr zu fangirlen. Es fühlte sich sogar ein wenig so an, als seien wir schon seit einer Ewigkeit gute Freundinnen, die regelmäßig mal das Kino besuchten um danach einfach nur zu fachsimpelten. „Da fällt mir ein. Ich muss dir meinen Lieblingsbuchladen noch zeigen. Ich hätte Lust etwas mehr über Hooves zu lesen. Ich bin mir sicher, dass es da etwas gibt und günstig ist es obendrein.“ „Günstig?“ „Jap, es ist ein Second-Hand Buchladen. Manchmal finde ich dort kleine verschollene Schätze. Ich besuche ihn hin und wieder mal“, erklärte Sunset und ich war ehrlich sofort Feuer und Flamme. Ein Second-Hand Buchladen erzählte noch mehr Geschichten, als die Bücher, die man darin finden konnte. Ich erinnerte mich daran, dass ich selbst einen besagten Schatz in einem Second-Hand Buchladen gefunden und für einen Apfel und ein Ei gekauft hatte. Darin hatte sich ein Foto befunden, vermutlich war es als Lesezeichen benutzt worden. Ich hatte eine Frau mit einem Kind auf dem Bild gesehen und mich sofort gefragt, ob dieses Buch dem Vater des Kindes gehört hatte und ober das Buch so sehr liebte, dass er seine Familie darin verwahrte, um sie beim Lesen immer bei sich zu haben. Zumindest war das eine Geschichte, die mein Kopf sich zusammen gesponnen hatte. Wie weit ich von der Wahrheit wahrscheinlich entfernt war, würde ich wohl nie erfahren. Doch umso gespannter war ich, herauszufinden, was für Geschichten ich im Second-Hand Buchladen finden würde, den mir Sunset unbedingt zeigen wollte.   Half Price Books war der Name des Second Hand Ladens in den mich Sunset geführt hatte. Der Geruch alter, aber gut gepflegter Bücher schlug mir entgegen. Es war ein angenehmes Gefühl. Zumal ich die Menge an Büchern sah, die mir aus den Regalen entgegen lächelten. „Sunset, schön das du wieder da bist. Hast du die letzten Bücher schon ausgelesen?“ Der Verkäufer hinter der Theke sah auf und lächelte Sunset wohlwollend an. Scheinbar war sie wirklich eine Stammkundin hier und hatte sogar so etwas wie Freundschaft gefunden. „Noch nicht ganz. Aber ich brauche Nachschub. Und ich wollte ihr diese Buchhandlung zeigen, weil sie gerade erst neu in die Stadt gekommen ist.“ Die Blicke des Verkäufers wanderten zu mir. Was mir nur ein schüchternes Winken entlockte. Ich war wirklich nicht gut darin, neue Bekanntschaften zu schließen, wenn mir die Personen nicht in irgendeiner Weise vertraut waren. „Na dann willkommen. Wenn du mal was bestimmtes suchst, komm einfach her. Wir finden immer genau das, was das Herz begehrt.“ „Ähm... Danke. Ich werde es mir merken.“ Ich spürte wie ich errötete. Interessanterweise erinnerte mich der Verkäufer an den alten Mann aus Persona 3, der ebenfalls eine kleine Buchhandlung geführt hatte. Alt, mit großväterlichen Falten und einer Lesebrille, hinter der kleine, aber sanfte blaue Augen hervor blickten. „Komm mit Butterfly, ich zeig dir einige der Abteilungen.“ Mit einem Lächeln zog mich Sunset sofort in die Richtung der Abenteuer-Romane. Zumindest sagte das Schild dieses. Vor einem Regal mit Daring Doo Romanen blieb sie stehen und zeigte es mir fast schon stolz. „Das ist die Lieblingsabteilung meiner Freundin Rainbow Dash. Sie steht total auf Daring, seit sie mal mit Grippe im Bett lag und nichts anderes tun konnte als zu lesen. Seitdem ist sie einer der größten Daring Doo Fans die du treffen wirst. Sie kennt jedes Buch und mit Sicherheit wird sie das dazu bewegen den Film zu gucken. Ungefähr Zwanzig Mal.“ Ich kicherte leise und sah mir eines der Bücher an. Es standen ungefähr dreißig dort. Manche Teile zweifach, andere nur einmal. Ich zog eines der Bücher hervor und sah auf den Preis. Es kostete nur einen Apfel und ein Ei. Ich liebe Second Hand Buchläden. Eindeutig. „Mit welchem Teil müsste ich anfangen?“, fragte ich leise und sah zu Sunset, die sofort gezielt zu einem der Bücher griff. „Hier, es ist zwar der siebte Band, aber er erzählt sehr prägnant, wie Daring angefangen hat. Man könnte ihn auch ersten Fall bezeichnen. Ich persönlich fand ihn wirklich sehr interessant und kann dir wirklich nur empfehlen damit anzufangen.“ Ich nahm Sunset das Buch aus der Hand und las mir den Rückentext durch. Er berichtete von einer jungen, unerfahrenen Daring die ihr erstes Abenteuer bestritt und dabei eine Menge zu lernen hatte. Der Text an sich erinnerte mich dezent an Lara Croft. Umso gespannter war ich zu sehen, was für Parallelen sie mit der guten Lara hatte. „Ich denke damit habe ich meinen ersten Fund. Was sind noch so deine Lieblingsabteilungen?“ „Ich glaube das weißt du. Aber, du könntest mir helfen das passende Buch über Sherlock Hooves zu finden. Welches empfiehlst du?“ Ich schmunzelte und folgte Sunset in die Krimi-Abteilung. Neben Mrs. Maple die wohl ein Pony Äquivalent zu Mrs. Marple war, fanden sich dort auch noch andere Romane großartiger Autoren und vor allem großartiger Ermittler. „Warte mal kurz.“ Beim vorbeigehen war mir besonders ein Name aufgefallen. Leblank. Der Autor von Arsene. Gerade nach dem Film hatte ich doch so etwas wie ein Verlangen nach dem Gentlemen Dieb bekommen. Und da standen sie. Ein paar seiner Werke, die sich damit beschäftigten. Und wieder kosteten sie nur einen Apfel und Ei. Ich wusste schon jetzt, dass ich mich hier sicher eindecken konnte. „Arsene hat es dir angetan oder?“, fragte Sunset schmunzelnd und ich nickte. Irgendwie hatte Arsene das wirklich. Seit ich Code Re:alize gespielt hatte. Dort war es Lupin gewesen, der die längste Route bekommen hatte. Auch wenn mich Saint Germain mehr fasziniert hatte. „Jap. Ich hab mal ein Spiel gespielt, in dem er vorkam. Und ich erwarte noch ein anderes Spiel, in dem Arsene einen Auftritt hat. Zwar etwas anders als in seinen Büchern und auch nicht wirklich menschlich, aber dennoch vorhanden.“ „Du spielst also?“ Ich war über mich selbst verwundert, denn ich verstand, wie viel ich Sunset über mich preis gab. Nicht über Butterfly Story. Doch es fühlte sich auch nicht falsch an, weswegen ich es einfach ohne nachzudenken tat. „Hin und wieder. Und meist auch alles mögliche, wo ich die Geschichte interessant finde. Ich bin daher kein sehr guter Spieler. Ich scheitere immer am Leveln.“ „Wie kommst du dann durch die Level?“, fragte Sunset und die Frage war gut. Doch die Antwort war einfach. „Es gibt die Möglichkeit die Spiele auf sehr einfach oder nur einfach zu spielen. Da ist das Leveln kein Problem mehr. Und ich bin am Ende nicht so frustriert.“ Ich grinste breit und konnte ein amüsiertes Lächeln auf Sunsets Lippen sehen. Ich weiß ja selbst, dass es alles andere als glorreich war auf diese Weise ein Spiel durchzuspielen, aber mir war es egal, solange ich wirklich nur die Geschichte genießen konnte. Vor der Reihe von Sherlock Hooves Büchern blieben wir stehen und Blick glitt förmlich über die verschiedensten Bände. Es waren Auflagen verschiedener Publisher und auch welche in anderen Sprachen. Noch dazu waren seine größten Fälle dabei. Der Hund von Baskerville, eine Studie in Scharlachrot und diverse Sammelbände der Kurzgeschichten. „Ich empfehle mit der Studie in Scharlachrot anzufangen. Dort lernt Hooves Watson kennen, nachdem dieser aus dem Krieg zurückkehrt und nach einer Unterkunft sucht. Man könnte es also als den Anfang bezeichnen. Danach kommt 'Im Zeichen der Vier.' Die Kurzgeschichtensammlungen kann man dann für zwischendurch genießen. Am interessantesten finde ich die Geschichten mit Moriarty.“ Durch meine Beratung inspiriert griff Sunset nach der Studie in Scharlachrot. Ich lugte etwas über ihre Schulter und fragte mich, wie dieser Second Hand Laden sich finanzierte, denn auch dieses wurde für einen Apfel und ein Ei verkauft. „Sag mal Sunset, gibt es hier Mangas?“   Es gab wirklich Mangas. Dutzende gebrauchte, die ich toll fand. Ich wusste also schon einmal, wo ich meinen kindlichen Stoff herbekam. „Du liest also Comics?“ „Mangas, Sunset. Das sind Mangas. Und ja ich liebe sie. Auch wenn die Geschichten nicht ausschließlich im Wort erzählt wird, sondern auch in Bildern, ist es doch immer spannend. Wenn ich sie lese, lerne ich die Charaktere besser kennen. Ihre Körperhaltung, ihre Wortwahl, geheime Zeichen, die sie in Gesprächen mit anderen senden und so mehr charakterisieren. Meist ist die Story in Mangas nicht so unbedingt das was mich fesselt. Es sind die Charaktere die ich kennenlernen kann. Durch die ich selbst lerne, wie man Charaktere entwickeln kann. Es macht das Geschichten schreiben umso interessanter.“ Ich sah mir gerade 'Akatsuki no Yona' an und erinnerte mich wehmütig daran, dass diese Bände auch in meiner Welt im Regal standen. Einfach weil ich Yona als Charakter sehr interessant empfand. Und ihre Geschichte. Ich empfand beim Lesen auch so etwas wie Neid, weil ich weit davon entfernt war, solche Geschichten zu schreiben. Und ich wünschte es mir so sehr. „Yona, Prinzessin der Morgendämmerung?“, fragte Sunset und ich nickte, die Tränen zurückhaltend, weil ich das erste Mal wirklich daran dachte, dass ich hier nicht Zuhause war. „Es ist eine sehr tragische Geschichte von der wohlbehüteten Prinzessin, die am selben Tag ihre große Liebe und ihren Vater verliert. Anders als gedacht, denn ihre große Liebe bringt ihren Vater um. Da er sie auch ermorden lassen will, flieht sie mit ihrem Leibwächter und lernt nun das Reich kennen, dass unter ihrem Vater lebte. Sie erkennt, dass ihr Vater nicht in jeder Hinsicht perfekt war, vielleicht auch kein guter König, doch weil sie sich an ihrer großen Liebe rächen will, geht sie auf Reisen und sucht nach den vier Drachen, die dem König mit flammend roten Haar dienen sollen.“ „Aber wenn sie dem König mit flammend roten Haar dienen sollen, wieso sollten sie ihr helfen?“, fragte Sunset und ich lächelte. Scheinbar war sie irgendwie nun doch angefixt. „Die Mangas kosten einen Dollar. Ich habe schon sieben für die Bücher fix. Das heißt ich kann mir die ersten drei Bände kaufen. Soll ich sie dir dann leihen?“, fragte ich hämisch grinsend, ohne auch nur ihre Frage zu beantworten. „Das erwarte ich, wenn du mir schon so vorschwärmst.“ Ich kicherte leise und nickte. Ich würde Sunset definitiv nicht abschlagen diese Mangas zu leihen. Ich schlug es ja nicht einmal in meiner Welt jemanden ab. Viel zu sehr wünschte ich mir einfach jemanden, mit dem ich über die Storys reden konnte. Von Sunset konnte ich mir daher großartige Gespräche erhoffen. Die Tatsache, dass wir über den Arsene Film so gut diskutiert hatten, hatte mir diese Erkenntnis gebracht.   Es waren zwanzig Dollar, die wir gemeinsam in diesem Buchladen gelassen hatten. Und wahrscheinlich würde es mir auch noch gelingen hier zum Stammkunden zu mutieren. Die Mangas waren günstig und ebenso andere Lektüre. Für die Schule war es sicher praktisch, wenn der kleine Geldbeutel mal wieder stark geschmälert war und alles nur danach rief, dass man eigentlich am Hungertuch nagen musste. „Wenn wir das nächste Mal dahin gehen, muss ich dir noch die Literatur über Magie zeigen. Ich bin gespannt was du davon hältst“, deutete Sunset an, als wir im Bus saßen, jede von uns einen Beutel mit Büchern neben sich. „Du kannst mir sicher ein paar gute Bücher empfehlen, oder?“, fragte ich neckisch und grinste sie breit an. „Okay, ich gestehe Bücher über Magie und Mystik gehören zu meiner Lieblingsliteratur. Man könnte sagen, dass beides, da wo ich ursprünglich herkomme, zu meinem Leben gehörte. Ich kann mich nur schwer davon lösen. Aber ich lese auch andere Sachen wie die Daring Doo Reihe. Auch wenn ich sie nicht sofort zum Release haben muss, so wie Rainbow. Was sind deine Lieblingsbücher?“ Ich dachte kurz nach und überlegte. So eine richtige Präferenz hatte ich nicht. Wobei mir Lovestorys bei Mangas am meisten gefielen. „Ich mag die Geschichten von Marion Zimmer Bradley. Die Feuer von Troja war eine gute Story. Wobei ich hin und wieder etwas erröte. Sonst lese ich quer durch was interessant klingt. Richard Powers hat mit Galatea 2.2 einen echt guten Roman geschrieben. Oder Christopher Ransmayr mit 'Die letzte Welt' war nicht schlecht.“ Ich erinnerte mich nur zu gut an einige der Bücher aus meiner Unizeit. Und musste lächeln. Viele dieser Bücher hätte ich wahrscheinlich nicht einmal mit der Kneifzange angefasst. Doch die Uni hatte mich dazu gezwungen. „Was ich auch immerzu gerne lese ist die Ring Reihe von Koji Suzuki. Nicht in der Originalsprache, aber die Übersetzung ist auch nicht schlecht. Ich mochte vor allem den dritten Teil, da dieser auf verschiedensten Ebenen echt tiefgründig war. Man hätte ihn gut auch ohne Vorwissen an die anderen Bände lesen können, aber er ergänzt die Reihe auf seine Weise unglaublich gut.“ „So geht es mir mit einigen Büchern über Magie. Es gibt einige großartige Autoren die auf diesem Feld hier forschen und es ist interessant zu lesen wie sich einige Magie vorstellen.“ „Klingt als wüsstest du wie Magie aussieht.“ Ich wusste es war nicht fair sie so zu necken. Scheinbar wollte Sunset nicht, dass ich von der wahren Magie wusste. Niemand schien das zu wollen, was mich zweifeln ließ und weswegen ich mich fragte, wieso? Gerade wenn ich an die Canterlot gehen würde, so konnte doch niemand so lange verbergen, dass dort magische Dinge vor sich gingen. „Magie umgibt uns doch überall“, erklärte Sunset und schien damit auf meiner Neckerei einzugehen. Sie zwinkerte mir verstehend zu, denn was sie gerade sagte, hatte ich wohl irgendwie so ähnlich in der Bibliothek gesagt. Ihr Geheimnis würde also weiterhin ihr Geheimnis bleiben. Aber, alles zu seiner Zeit.   Ihre Knie stützten meine, die Lehne des Sofas stützten unsere Rücken und obwohl man es als beengend hätte sehen können, war es nicht unbequem. Es hatte irgendwie was entspannendes zu wissen, dass sie hier war, während ich in der Welt von Daring Doo Band sieben las. Daring war auf eine Expedition gegangen, zusammen mit einem Bekannten, der nach einem alten Artefakt aus Mesopotamien suchte. Sunset hingegen hatte sich in die Studie aus Scharlachrot vergraben. Ich spürte hin und wieder, wie sich ihr Körper anspannte, oder entspannte. Kleinste Bewegungen, die wohl das gelesenen bei ihr auslöste. „Wie hält Watson es nur mit Shooves aus?“, fragte sie nach einiger Zeit und ich sah von dem Buch auf zu Sunset. „Gute Frage. Vielleicht ist es Faszination. Vielleicht aber auch sein Eid als Arzt und das Wissen, dass Shooves recht destruktiv gegen sich selbst sein kann. Da wegzusehen fällt ihm sicher nicht leicht. Wobei ich denke später ist es aufrichtige Freundschaft. Meiner Meinung nach können wahre Freunde jede Macke des anderen ertragen, selbst wenn man sie nicht gut heißen kann. Beneidenswert, nicht wahr?“ „Watson verzeiht Shooves also?“ „Irgendwie immer. Er kann es nicht akzeptieren manchmal auch nicht tolerieren. Aber er kann es vergeben. Verzeihen ist einer Freundschaft doch das Wichtigste oder? Interessant ist auch, dass Watson zwar immer wieder erwähnt, dass Shooves ihn in eine gefährliche Lage nach der anderen brachte und ihn hin und wieder die allerschlimmsten vorhält, aber das macht ihre Beziehung nicht aus. Nicht wenn er gerade nicht durch Emotionen geleitet wird.“ Ich sah deprimiert in das Buch, welches teils auf meinen Knien lag. Ich wusste wie bitter es sein konnte, etwas vorgehalten zu bekommen. Shooves machte das nur selten aus. Er hatte auch immer noch einen cleveren Konter. Doch wenn der Konter nur aus „Wir haben alle Fehler gemacht“ bestand und der Rest von „alle“ ihn nicht einsehen wollte, war es ein schwacher Konter. Eigentlich nicht einmal wert ausgesprochen zu werden. „Oder wenn man gerade nicht daran denkt“, erwiderte Sunset und ließ mich erneut aufblicken. Ich wusste, woran sie wohl dachte. An das Fest, bei dem sie zu einem Dämon geworden war. Doch das lag hinter ihr. Die Sunset von damals war nicht mehr die von heute. Die Frage war nur, konnte ich mich auch so verändern? „Redest du noch von den Büchern? Meines Wissens nach erwähnt Watson Shooves Vergangenheit immer nur wenn er gerade wieder etwas wütend auf ihn ist. Aber unbedacht...“ „Tut mir leid, ich dachte nur gerade an eine Sache mit meinen Freunden. Aber ich nehme ihnen es nicht übel. Es ist eher eine Gewohnheit geworden und sie meinen es nicht böse.“ Ich sah Sunset an und lächelte. Freunde konnten also über Fehler hinweg sehen. Es war schön zu wissen, dass es eine Welt gab, in der Freundschaften wirklich solche Macht hatten. Wobei dieses Vertrauen von Sunset mich sehr an Shicchi erinnerte, die wohl ein ebenso großes Vertrauen in mich hatte und der ich vertraute. „Was hältst du von einem kleinen Snack?“, fragte Sunset nach einigen Sekunden des Schweigens und erhob sich bereits von ihrem Platz als wüsste sie, dass ich nicht nein sagen würde. Ich lächelte und nickte. Ein kleiner Snack wäre wirklich nicht schlecht. „Soll ich dir helfen?“ „Nein, nein. Du kannst dein Buch ruhig weiterlesen. Ich mach da-“ Sunset stoppte kurz bevor sie ihre Wortwahl überdachte. „Ich kümmere mich darum.“ Es brauchte einige Zeit bis ich feststellte, wieso sie gestockt hatte. Wahrscheinlich hatte sie gerade an Gloriosa gedacht, die diesen Satz „Ich mach das.“ immer wieder gesagt hatte. In der Hoffnung Camp Everfree zu retten. Scheinbar hatte Sunset ein kleines Déjà-vu was das anging. Aus der Küche kam ein quietschen, als wäre eine Katze eingeklemmt worden. Ich kicherte leise, denn es erinnerte mich an unseren Rundgang. Der Kühlschrank.   Auf dem kleinen Tisch bei der Couch, auf der ich immer noch halb lag, stellte Sunset eine Schüssel mit einer weißen, festeren Masse, in der sich farbige Akzente abzeichneten. „Ich kenne deine Vorlieben noch nicht, daher dachte ich, mit einem Quark Früchtemix kann man nichts falsch machen“, erklärte sie und ich musste ein breites Grinsen hinter den Seiten meines Buches verstecken. Sunset war durch und durch niedlich und irgendwie sehr bemüht, ein gutes Bild von sich zu erzeugen. „Danke. Quark und Frucht klingt hervorragend. Und nicht zu schwer für den Abend.“ Ich legte ein Lesezeichen in das Buch, welches interessanterweise schon in diesem gewesen war. Das Lesezeichen selbst hatte das Motiv einer Fee, umgeben von der Natur. Das Motiv war mehr in grün gehalten mit einigen braunen Akzenten, welche wohl einen Wald implizieren sollten. Es schien selbstgezeichnet zu sein und ich fragte mich, was für eine Person dieses selbstgemachte Lesezeichen wohl vergessen hatte. „Und wie findest du Daring?“, fragte Sunset, als ich zu der Schüssel griff, welche wohl als meine bestimmt war. Ich dachte kurz nach und sah zu dem Buch, welches ich auf den Tisch gelegt hatte. „Nun... Die Beschreibungen sind recht realistisch. Ich denke einige Szenen sind etwas over the top, aber sie wirken doch sehr so als hätte die Autorin das alles wirklich erlebt. Allerdings muss ich sagen, dass Daring mir als Charakter nicht so gefällt. Zumindest die junge Daring. Sie ist etwas zu distanziert. Auch wenn sie deutliche Tendenzen dazu hat, Freunden helfen zu wollen. Es fühlt sich aber auch so an, als würde sie einsam sein und als würde sie es merken, doch nichts dagegen tun wollen. Die Story selbst ist aber spannend.“ „Wo bist du gerade?“ Sunset schien wirklich mehr als nur interessiert daran zu sein, was meine Meinung und mein Fortschritt für dieses Buch war. „An der Stelle wo sie mit ihrem Bekannten im Tempel von Mesopotamien ist. Da wo das Artefakt ursprünglich liegen sollte. Sie haben gerade den Hauptraum erreicht und festgestellt, dass das Artefakt nicht mehr dort ist.“ Ich nahm einen Löffel voll von dem Quark und steckte ihn mir in den Mund. Ich schmeckte sofort etwas Zitrone und Honig heraus. Gemeinsam mit Äpfeln und Erdbeeren. Doch da war noch etwas anderes. Etwas, dass dem Quark eine nahezu magische Note gab. „Minze!“, äußerte ich überrascht und wühlte mit dem Löffel in dem Quark. Auf der Suche nach der Minze, doch ich sah keine. „Ich habe von meiner Freundin Twilight mal ein Bündel Minze bekommen und sie getrocknet. Danach habe ich sie mit Mörser und Stößel sehr klein gestampft und mit etwas Speiseöl in einem kleinen Glas durchziehen lassen. Manchmal sprühe ich etwas davon mit einer kleinen Flasche in den Jogurt oder Quark. Dadurch bekommt er eine erfrischendere Note. Ich dachte aber nicht, dass man es so deutlich raus schmeckt.“ Was Sunset erklärte, klang wirklich interessant. Ich ahnte, dass ich es wohl mal in meiner Welt probieren würde, wenn ich wieder zurück war. „Das muss ich mir wirklich merken. Aber heißt das, du hast Mörser und Stößel?“, fragte ich und sah Sunset an, die nickte. „Das passt zu einer Wicca. Ich hab bei mir Zuhause auch einen im Schrank. Sie sind praktisch. Man kann soviel damit machen. Vor allem auch leckeres Pesto.“ Ich schob mir einen weiteren Löffel mit Quark in den Mund und schmeckte Apfelsine. Es war wirklich ein Mix. Ein leckerer.   Mir fielen fast die Augen zu und doch fiel es mir schwer mich gerade jetzt von dem Buch zu trennen. Daring hatte ihren Gegenspieler entdeckt und war gerade dabei ihm einen Schlüssel zu entwenden, den sie brauchte um ein geheimes Grab inmitten von Kairo zu öffnen. Ich wollte wissen wie es weiter ging, doch die Müdigkeit zog meine Augenlider immer wieder runter. Und es dauerte auch nicht lange, das mein Körper mich zwang zu gähnen. „Es ist schon ziemlich spät“, merkte Sunset an und zwang mich damit liebevoll selbst einen Blick auf die Uhr zu riskieren. Es war kurz vor Mitternacht. „Wir sollten schlafen gehen. Morgen wird sicher wieder ein langer Tag“, erklärte sie und ich fragte mich, ob sie mich damit meinte, oder sich selbst. Ich spürte die Wärme ihrer Knie schwinden und empfand es irgendwie als schade. Die letzten Stunden war sie meine Stütze gewesen, die Person die es mir so angenehm und bequem wie möglich gemacht hatte. Und obwohl wir während des Lesens nicht viel miteinander gesprochen hatten, war es nicht unangenehm gewesen. Es schien so etwas wie eine stumme Kommunikation gegeben zu haben. Ich wusste nicht was trauriger war, die Tatsache, dass diese stumme Kommunikation am nächsten Tag vielleicht ihr Ende fand, oder dass dieser kostbare Tag an Bedeutung verlor, wenn ich mit Sunset zusammenzog. Ich war unsicher, was vielleicht viel eher der Müdigkeit geschuldet war. Sunset hatte wohl Recht. „Wir sehen uns dann morgen früh, oder?“ Sunset lächelte und nickte. Vielleicht war dieses Übernachten auf Probe wirklich keine schlechte Idee um herauszufinden, ob dies der Ort war, an dem ich... an den Butterfly Story gehörte. Ich erhob mich von der Couch und griff nach dem Beutel, in dem auch die restlichen Bücher verweilten. „Dann schlaf gut, Sunset. Wir sehen uns morgen.“ „Gute Nacht, Butterfly.“ Sie verabschiedete mich mit einem Lächeln und ich konnte ihre Blicke in meinem Rücken spüren, als ich zu dem Zimmer ging, welches für mich, oder ein anderes Mädchen in Zukunft bestimmt war. Den Beutel, mit den Büchern, legte ich auf dem Schreibtisch ab und schlüpfte in meinen Pyjama. Ich spürte erst jetzt, was der Tag mit meiner Stamina gemacht hatte. Ich war so ziemlich die ganze Zeit auf dem Sprung gewesen. Erst die Suche nach einer Wohnung, was sich dank dem Treffen mit Applejack und Pinkie als einfach herausgestellt hatte, dann das Treffen auf Sunset in der Bibliothek. Die kleine Shoppingtour, die zweite Wohnungsbesichtigung. Das Kino, der Second Hand Shop... „Ganz schön viele Eindrücke...“, murmelte ich leise und fühlte mich auf einmal wie gerädert. Mal davon abgesehen, dass ich hier in einer irrealen Welt war, die nicht als meine Heimat zählte, was davon eigentlich die größere Belastung sein sollte, hatten mich die Ereignisse heute einfach nur in jeglicher Hinsicht überrollt und mitgerissen. Ich hatte nur selten daran gedacht, dass ich kein Teil dieser Welt war. Es hatte sich einfach so ergeben, dass ich mich wohl gefühlt hatte. Als teil dieser Welt, nicht als etwas unnatürliches. „Ob das immer so ist... wenn man in eine andere Welt kommt?“, fragte ich mich, als ich in das kuschelige Bett legte und die Decke über mich zog. „Oder ist das nur so, weil ich Butterflys Leben übernommen habe?“ Es war ein kurzer Moment, in dem ich mich fragte, ob sich Parasiten so fühlten. Als Fremdkörper auf oder in einem Wirt und doch vollkommen natürlich. Die Frage war nur, was für ein Unheil ich anrichten konnte, wenn ich wie ein Parasit war. „Es gibt auch gute Parasiten...“, flüsterte ich leise und müde. Richtig, es gab auch gute Parasiten. Die in Symbiose lebten. Wirt und Parasit profitierten dann von einander. Die Frage war nur, wie konnte Butterfly in Zukunft durch mich profitieren. Doch die besser Frage war wahrscheinlich, warum ich hier war. Die Gedanken wirbelten durcheinander, vermischten sich mit den Eindrücken des Tages. Arsene... Hooves... Sunset... Graffiti... Spiegel... Wie ein Karussell drehten sie sich in meinem Kopf und wiegten mich in den Schlaf. Kapitel 7: Bringen Scherben Glück? ---------------------------------- Ich hatte wirklich lange geschlafen und fühlte mich erholt, als ich wach wurde. Kein Wecker der mich störte, keine Bohrer, keine lauten Straßengeräusche... all das hatte dafür gesorgt, dass ich wirklich gut geschlafen hatte und das obwohl ich mich in einer vollkommen fremden Umgebung befand. Wobei fremd auch nicht gerade das richtige Wort war. Dennoch der Traum war verwirrend gewesen. Ungewohnt. Zumindest fühlte es sich so an. Ich wühlte mich aus dem Bett, dass mir für diese Nacht als Schlafplatz gewährt war. Irgendwie würde ich diesem Bett nachtrauern wenn ich mich gegen die WG mit Sunset entschied. Wobei ich schon stark dafür war. Nicht weil sie den Tag zuvor so nett war, sondern weil ich Sunset seit dem zweiten Movie wirklich sehr mochte. Sie war für mich das Symbol dessen geworden, dass Freunde auch mal über Fehler hinweg sehen konnten. Das Freunde in der Lage waren Situationen zu analysieren und zu erkennen warum jemand tat, was er eben tat. Gut Sunset hatte schon dezent übertrieben, aber hey, ich konnte sie verstehen. Das Gefühl keine Befriedigung der eigenen Bedürfnisse zu haben, dass Gefühl, dass man nicht respektiert oder wertgeschätzt wird. Doch nun hatte Sunset all das. Und sie hatte erkannt, dass all die Macht, nach der sie sich gesehnt hatte, gar nicht das war, was sie wirklich wollte. Es freute mich für Sunset, dass sie nach dem zweiten Movie nun doch so akzeptiert in Canterlot High war, dass sie wirklich ein paar sehr gute Freunde gefunden hatte, neben den Main Six. Das war also die Sunset, die sie schon immer hätte sein können. Und sie hatte mir soviel Wärme und Freundlichkeit gegeben. Egal was war, ich würde ihr dafür danken. Vielleicht sollte ich doch mal kochen. Aber vorerst, wollte ich das, was mir von dem Traum in Erinnerung geblieben war, niederschreiben. Keine Ahnung wieso, aber es erschien mir just in diesem Moment wichtig zu sein. Sehr wichtig. Ich schlurfte zu meiner Tasche und zog aus dieser das Tagebuch von Butterfly. Ich war mir nicht sicher, ob der Traum wirklich das richtige war um dies darin festzuhalten... allerdings konnte ich ihn ja auch analysieren indem ich ihn niederschrieb und mit den Erlebnissen des Vortags verband. Das klang zumindest nach einem guten Plan. Einem sehr guten.   Hallo Butterfly, ich bin es. Irgendwie Du und irgendwie auch nicht. Ich gebe mein Bestes dein neues Leben in Canterlot High nicht zu sehr zu ruinieren. Versprochen. Damit du aber auf dem Laufenden bist, schreibe ich alles in dein Tagebuch. In der letzten Nacht hatte ich einen seltsamen Traum. Ich träumte vom Changeling Hotel und dass dort eine Managerin namens Chrysalis versuchte eine besondere Magie in eines ihrer Familienerbstücke zu ziehen. Das liegt wohl daran, dass ich eine Nacht in diesem Hotel verbracht habe und es zwei Seiten hat. Eine für Singles und eine für Pärchen. Wahrscheinlich hatte ich das Gefühl, dass man dort besonders dankbar für Pärchen war. Wahrscheinlich kosten die Zimmer einfach ein Stück weit mehr. Dann waren da noch diese seltsamen Spiegel, die an Hauswänden erschienen und durch die irgendwas seltsames kam. So genau erinnere ich mich leider nicht mehr. Aber die Spiegel sahen genauso aus wie das Graffiti das ich am Tag zuvor an einer Hauswand gesehen habe. Applejack, die Enkelin deiner vielleicht zukünftigen Vermieterin, erklärte, dass diese wohl häufiger auftauchen in letzter Zeit. Mein Kopf rotierte und dachte sich dabei irgendwelche seltsame Dinge aus. Wahrscheinlich zeigt mein Traum auch nur, dass ich mit Sunset, deiner vielleicht zukünftigen Mitbewohnerin, zu viel über Magie gesprochen habe. Ich habe sie in der Bibliothek getroffen und einen schönen Nachmittag mit ihr verbracht. Was dann wohl auch Arsene Lupin in diesem Traum erklärt. Wir haben gemeinsam einen Film mit ihm gesehen. Und am Abend habe ich ein Daring Doo Buch gelesen. Ich hoffe du wirst mir nicht sauer sein, dass ich sie von deinem Geld gekauft habe. Ich verspreche dir, wenn du etwas wie ich bist, dann wirst du sie mögen. Und keine Sorge, die Bücher waren auch nicht teuer. Sunset hat mir einen Laden gezeigt, in dem Bücher günstig aus zweiter Hand bekommt. Keine Sorge, ich werde für dein Geld arbeiten und dir alles zurück zahlen. Beziehungsweise werde ich noch genug verdienen um das Leben hier zu finanzieren. Ich werde dein Leben nicht allzu sehr auf den Kopf stellen. Hoffe ich jedenfalls. Nachdem was ich über dich erfahren habe, bist du gut in der Schule... ich hatte immer schon mit Mathe meine Probleme. Aber du kannst dich darauf verlassen, dass hier gute Mädchen sind, die mir, also irgendwie auch dir, helfen werden. Du wolltest eine vollkommen neue Seite, die werde ich dir wohl nun ungewollt geben. Aber keine Sorge, sobald der Zeitpunkt passend ist, werde ich ihnen erklären wer ich bin und dass ich nicht du bin. Ich werde dafür sorgen, dass sie dich dennoch in Ihren Reihen begrüßen und du nicht ohne Freunde da stehst.   Ich schloss das Tagebuch und schob den Stuhl zurück. Er war echt bequem gewesen, so dass die halbe Stunde Schreiben fast wie im Fluge verging. Ich hätte gerne mehr noch geschrieben, doch für den Moment sollte das reichen. Gleichzeitig fragte ich mich, wie Butterfly darauf reagieren würde, wenn sie das las. Würde sie sich an alle Ereignisse erinnern und dann nicht verstehen, wie so etwas in ihrem Tagebuch stehen konnte, oder würde sie dankbar sein, wenn sie keine Erinnerung hatte? Es war tricky und mit Sicherheit würde ich diese Antworten niemals bekommen. Ich erhob mich von dem Platz und ging in Richtung Zimmertür. Es war Zeit das Frühstück und für ein Dankeschön an Sunset. Dafür, dass sie mich so herzlich begrüßt hatte. So leise wie möglich öffnete ich die Tür und schlich ins Badezimmer. Solange Sunset nicht wach war, konnte ich eine Dusche genießen. Das war zumindest der Plan. Denn vom genießen war ich weit entfernt. Kaum dass ich unter die Dusche getreten war und das prasselnde Wasser hörte, schien etwas in meinem Kopf zu triggern. Die Party. Nur zu gut erinnerte ich mich daran, dass Pinkie eine Willkommensparty für die neuen Schüler der Canterlot High geben wollte. Auf Applejacks Farm. Das passende Outfit hatte ich ja dank Sunset, aber es gab noch genug Probleme, die ich haben würde. Das eigentliche Problem war ich. Denn ich war nicht sonderlich offen mit vollkommen fremden Personen. Noch dazu musste ich hier bedenken, dass ich nicht jeden so vertraut ansprechen konnte. Offiziell war ich eine vollkommen fremde. Da konnte ich nicht einfach sagen „Hi, Derpy! Wie geht’s dir“ oder so. Das nächste Problem... Twilight. Ja richtig. Ich sah Twilight irgendwie als Problem. Das Mädchen war schlau und wenn ich mich blöd verriet, dann hätte ich ein Problem. Es grenzte schon an ein Wunder, dass ich vor Sunset noch kein Fandomwissen preisgegeben hatte. Nicht so wie bei Pinkie und Applejack. Aber bei den beiden war es nicht aufgefallen. Nicht das ich sie für dumm hielt, aber wenn die Equestria Twilight nur ansatzweise wie die Pony-Twilight war, dann würde sie schneller misstrauisch werden als ich eine gute Story dichten konnte. Und auf einer Party konnte man sich schnell verplappern. Nun hätte man sagen können „Dann geh ihr doch aus dem Weg“ aber gerade das wäre ein Fehler. Es würde Twilight wurmen, warum ich ihr aus dem Weg ging. Sie würde meine Nähe suchen, oder gar versuchen etwas über mich herauszufinden... über Butterfly herauszufinden. Und wenn ich dann Geschichten erzählte, die sich nicht mit Butterflys deckten, war ich am Ende. Es würde auf eine Konfrontation mit Twilight hinaus laufen. Oder eher auf eine Begegnung. Ich musste mich also vorbereiten. Mit mir geistig abklären, was ich sagen konnte, erzählen würde, wie ich vielleicht sogar ganz unauffällig mich aus der Affäre ziehen konnte. Eine Party bedeutete Menschen. Ich konnte mich also vielleicht vom Klo verlaufen und untertauchen. Doch dann wäre das Problem... wie würde ich Sunset wieder finden? Ich seufzte, als ich mir die Haare einshampoonierte. Wobei ich mich dabei erwischte, wie ich vorsichtig mit den Fingern das Haar abtastete und nach Ponyohren suchte. Ich war fast schon erleichtert, dass ich immer noch keine spürte. Solange Butterfly keine wuchsen, war bei ihr keine Magie im Spiel. Einerseits war das gut, andererseits schlecht, denn ich wusste so nicht, wie ich nach Hause kommen würde. Die Theorie zu träumen hatte ich endgültig verworfen. Dafür war ich einfach zu lange hier.   Es hatte gedauert, bis ich alle Gedanken förmlich von meinem Körper gespült hatte. Wichtig für den Moment war nicht die Party am nächsten Tag, sondern das Frühstück. Was aß Sunset eigentlich früh? Ich hatte ehrlich keine Ahnung und wusste nicht, ob ich mit einem Klischeefrühstück wirklich punkten konnte. Ich betrat das Wohnzimmer, oder linste viel mehr hinein. Sunset war nicht hier. Aus ihrem Zimmer waren auch keine Geräusche gekommen. Schlief sie noch? Perfekt. So konnte mein Frühstück sie überraschen. Anders als meine Mutter damals, als ich noch ein Kind war. Sie war meist aufgestanden, sobald ich angefangen hatte den Toast zu machen. Wie oft hatte sie gepredigt, dass sie sich einmal wünschte wach zu werden und einen fertig gedeckten Frühstückstisch zu sehen. Kein leichtes Ding, wenn sie selbst eine Stecknadel fallen hörte und dann gleich aufsprang. Sie hatte manchmal echt Hummeln im Hintern. Hoffentlich war also Sunset nicht so, denn mit diesem Frühstück würde ich etwas brauchen. Schließlich wusste ich nicht wo was hier in dieser Küche stand. Wobei... was war eigentlich, wenn Sunset kein Frühstück wollte? Ich war ja auch einer der Menschen, die frühs kein Frühstück brauchten. Ich dachte einige Zeit nach, entschied aber, dass ein leichtes Frühstück dann wohl ideal wäre. Entschlossen betrat ich die Küche und war fast schon enttäuscht, dass sie genauso aussah wie eine Küche in meiner Welt. Hängeschränke, eine Spülmaschine, ein Kühlschrank... alles so wie ich es aus meiner Welt kannte. Abgesehen vom dem Küchentisch, an dem zwei Stühle standen. Genug Platz also für zwei Personen. Ob Sunset hier immer ihr Frühstück zu sich nahm, wenn sie ein Frühstückmensch war? Oberflächlich sah ich mich in der Küche um und entdeckte schließlich einen Zettel, der auf dem Tisch lag. Auch wenn es unhöflich war, ließ meine Neugier nicht zu, dass ich diesen Zettel nicht las. Ich näherte mich und hob den Zettel an, wobei ich in feiner, filigraner Handschrift Worte las, die an mich gerichtet waren. Solltest du vor mir wach sein, Butterfly, kannst du ruhig aus dem Kühlschrank nehmen was du brauchst. Nur keine Scheu. Besteck findest du im Schrank neben dem Spülbecken. Die Teller und Tassen stehen im Hängeschrank rechts vom Kühlschrank. Als hätte sie Gedanken gelesen. Ich musste schmunzeln, denn ich hätte wohl wirklich etwas gezögert und mich gefragt, ob ich überhaupt etwas aus dem Kühlschrank nehmen durfte. Aber schön, ich hatte von Sunset die Erlaubnis. Und es war ja nicht nur ein Frühstück für mich, sondern auch für sie, als war das schon in Ordnung, oder nicht? Die Frage war nun nur noch, was ich zubereiten würde.   Ich hatte mich letzten Endes für das wohl amerikanischste Frühstück entschieden, dass mir einfiel und das auch der Kühlschrank hergab. Pancakes mit einem Früchtejogurth. Dabei konnte man ja nicht viel falsch machen. Man konnte höchstens variieren und das hatte ich versucht. Ich hoffte zumindest, dass Sunset Nuss-Pancakes mochte. Der Tisch war gedeckt, wobei ich zwei Tassen auf der Schrankablage platziert hatte, mit einem Kräuterteebeutel. Das Wasser kochte und die letzten Pancakes brutzelten in der Pfanne. Ich säuberte die kleine Dose, in der ich den Teig bereitet hatte, damit die Küche nicht ganz so schlimm nach Schlachtfeld aussah, wie sie es gelegentlich in meiner Welt war. Der Teekessel pfiff und ich ließ von der Dose ab. Fast schon zu zielsicher griff ich nach dem Topflappen, den ich mir für den Fall der Fälle hingelegt hatte und trug den Teekessel in Richtung unserer Tassen. Ich zog beide Tassen näher an mich heran, da ich nie sonderlich gut darin war Wasser irgendwo reinzugießen, wenn die Tasse nicht nahe an mir dran war. Dabei passiert es aber. Die Tasse, welche ich für Sunset bereit gestellt hatte, rutschte etwas zu weit. Dank Teekessel in der Hand konnte ich nicht schnell genug reagieren und die Tasse segelte vom Schrank, runter auf den Boden und zerschellte unter einem porzellanischen Klirren. „Fuck“, fluchte ich und stellte den Teekessel wieder auf den Herd. Ich hasste mich schon jetzt dafür, dass ich so ungeschickt war. „Immerhin das haben wir gemeinsam Butterfly... Sorry. Ich hoffe Sunset ist uns nicht böse deswegen...“, flüsterte ich leise und kniete mich zu den Scherben. Vorsichtig hob ich die Scherben auf, wobei mir erst jetzt auffiel, dass diese Tasse sich von jener unterschied die noch auf dem Schrank stand. Mir war es zwar schon unbewusst beim ersten Mal aufgefallen, weswegen ich sie genommen hatte, aber erst jetzt sickerte es in mich. Diese Tasse war für Sunset von großem Wert. Die Farbe schien an einigen Stellen abgeblättert und auch erneut drauf gemalt worden zu sein. Flecken am Rans zeugten von häufiger Benutzung. Die weiße Farbe war etwas verblasst, wahrscheinlich weil sie so oft abgewaschen worden war. Ich konnte gerade so noch ausmachen, dass auf der Tasse mal das Zeichen gewesen war, welches sich auch auf Sunsets Buch befunden hatte. Umso mehr tat es mir nun leid, dass diese Tasse kaputt war. Ich betrachtete die Stücken und fragte mich, ob man sie vielleicht zusammenkleben konnte. Ich setzte einige Scherben zusammen, bemerkte aber, dass ein paar Brocken einfach zu klein waren um sie ordentlich zu verkleben. Seufzend legte ich die Scherben auf ein Küchentuch und überlegte, wie ich das Gut machen konnte. Eine neue Tasse würde das nicht wieder retten. Es gab Dinge die waren nicht nur von materiellen Wert. Und diese Tasse gehörte dazu. Erneut sah ich mir die Scherben an, betrachtete sie und fragte mich, was sie für Sunset bedeutete. War es die erste Tasse, die sie ihr Eigen genannt hatte, seit sie Equestria verlassen hatte? War es ein Geschenk ihrer neuen Freunde? Was für Erinnerungen verband sie mit dieser Tasse? Ich legte die Scherbe zurück, achtete dabei aber nicht auf die restlichen, so dass das nächste Unglück passierte. Ich blieb mit dem kleinen Finger hängen und zog mir einen blutenden, kleinen Schnitt zu. Es war mehr der Schock der mich über den schnellen Schnitt zucken ließ, als wirklicher Schmerz. Ich zog die Hand zurück, sah das Blut laufen und einen einzelnen Tropfen zu Boden fallen. Wie in Zeitlupe beobachtete ich, dass der dort aufkam und sich ausbreitete. Ich war wirklich der ungeschickteste Hornochse in diesen Räumlichkeiten. Ich sah auf meinen kleinen Finger. Der Schnitt war genau an der Beuge. Das würde eklig werden, sobald der Schmerz eintrat. Eilig nahm ich Stück von einer Küchenrolle und bückte mich erneut, dieses Mal allerdings um das Blut wegzuwischen. Das gehörte heute definitiv nicht zu den besten Morgenden die ich hatte. Sunset würde sicher denken, dass ich ein Schussel war... wenn mir dieses Missgeschick nicht sogar die Chance versaute ihre neue Mitbewohnerin zu werden. Wer wollte schon eine Mitbewohnerin, die wertvolle Andenken zerstörte? 'Vielleicht auch nicht. Wichtig ist nur, dass du ehrlich zu ihr bist', mahnte eine Stimme in mir und ich wusste, dass sie Recht hatte. Jetzt alles zu tun um dieses Missgeschick zu verbergen, nur damit Sunset mich weiterhin mochte, würde alles schlimmer machen. Ich musste mich einfach wappnen, dass sie sauer sein würde, aber letzten Endes... würde sie mir doch vergeben, oder? Das war es doch, was diese Welt ausmachte. Vergebung für Fehler und Freundschaft.   Das Frühstück stand fertig auf dem Tisch und mir klopfte wild das Herz, als ich unentschlossen vor Sunsets Tür stand. War es nicht unhöflich sie zu wecken? Allerdings, das Frühstück würde kalt werden... Ich wusste wirklich nicht ganz was ich tun sollte, doch ein Impuls ließ mich die Hand an die Türklinke legen und diese runterdrücken. Vorsichtig und leise betrat ich das Zimmer von Sunset. Es war einfach eingerichtet. Wobei ich deutlich erkannte, dass Sunset ein Bücherwurm war, denn sie hatte drei ganze Regale stehen, die gefüllt waren und ein viertes, in welchem sich bereits die Bücher aufreihten. Einen Schreibtisch schien sie hier nicht zu brauchen. Die Hausaufgaben machte sie wohl entweder in der Küche oder im Wohnzimmer. Dafür stand aber ihr Bett nahe dem Fenster, welches mit Vorhängen zugezogen war. Als hätte würde ich ein Heiligtum betreten, setzte ich vorsichtig einen Schritt vor den anderen und näherte mich dem Bett von Sunset. Da lag sie, schlafend und in ihre Decke gekuschelt. Das sonst so geordnete, wellige, rot-gelbe Haar wirkte verwuschelt und lugte wirr aus einem orangen Stirnband hervor, welches auf ihren Ohren lag. Es schien fast so, als hätte wäre sie vor dem Schlafen noch joggen gewesen oder als trug sie es um gleich nach dem Aufstehen ein paar Runden zu drehen. Erneut erblickte ich eine Seite von Sunset, die ich in den Filmen wohl nie erblickt hätte. Und schon das reichte, um mich glücklich zu machen. Ich meine Sunset war seit dem zweiten Film mein liebster Charakter. Ihre Entwicklung war einfach unglaublich gewesen und nun bei ihr zu sein und zu erleben, wie sie sich noch weiter entwickelte... es war einfach faszinierend und ließ mich vergessen, dass sie nicht die einzige war, die sich wohl entwickeln würde. Ich wollte immerhin auch Butterfly helfen. Ihr da liebevoll eigentlich die Main Seven dieser Welt aufzudrücken, war doch ein guter Weg, oder? Wobei... würde sie da rein passen? Würde ich da rein passen? Die Main Seven waren magisch, aber Butterfly schien keinerlei magische Kräfte zu haben und wenn sie welche bekam... würde Magie sie dann nicht so korrumpieren wie es bei allen anderen hier der Fall gewesen war? Sunset, Twilight... Gloriosa... War es da nicht vielleicht besser, wenn ich Butterfly von diesen Sieben entfernte und stattdessen andere Bekanntschaften knüpfte? Ich zweifelte zum ersten Mal, ob es richtig war mit Sunset zusammen zu ziehen. Allerdings hatte ich genauso Angst alleine in dieser Welt zu sein, ohne jemand Vertrauten um mich herum. Und die Main Seven waren mir wohl die bekanntesten Gesichter hier. „Ngh...“ Es war ein knuffiges Murren welches Sunset von sich gab, vermutlich weil irgendetwas in einem Traum passierte, dass ihr nicht ganz passte. Es war niedlich genug um alle meine Sorgen zu vertreiben. Zumindest für den Moment. Ich konnte mir später wieder Gedanken machen, wenn ich wollte. Oder auch wenn ich nicht wollte. Unter Kontrolle hatte ich das ja nie. „Sunset?“, flüsterte ich leise, denn ich wollte sie nicht mit einem Paukenschlag wecken. Allerdings wollte ich sie auch nicht berühren um sie zu wecken. Wer wusste schon, ob sie im Schlaf ihre Fähigkeiten unter Kontrolle hatte. Ich wollte vermeiden, dass sie sah, wo ich wirklich herkam. Oder dass ich nicht Butterfly war. Wer wusste schon, was für Assoziationen das bei ihr auslösen würde. Ich kam mir ja selbst wie eine Lügnerin vor. „Sunset, hörst du mich?“ „Mh? Was...?“, murmelte sie leise, noch im Halbschlaf, wobei sie sich eingekuschelt in ihrer Decke etwas herumwälzte. „Es tut mir leid, dass ich dich wecke, aber ich habe Frühstück gemacht.“ Dieses Mal gab Sunset keinen Laut von sich. Sie wandte sich nun gezielt zu mir und öffnete müde die Augen. „Guten Morgen, Butterfly.“ Sie lächelte etwas, wobei ich einen verlegenen roten Schimmer auf ihren sah. Wie hätte Rarity es genannt: adorable. „Guten Morgen. Magst du mit mir Frühstücken? Wenn Pancakes und Früchtejogurt gut klingen?“ Sie nickte angedeutet und schälte sich mühsam aus ihrer Decke. Scheinbar war sie kein wirklicher Morgenmensch, aber das konnte ich verstehen. Ich gehörte auch nicht zu jenen. „In Ordnung, ich bin gleich da.“ Sie lächelte verschlafen und ich nickte. Die Zeit die sie brauchte, wollte ich ihr geben. Ich konnte in der Zwischenzeit noch etwas Chaos beseitigen.   Ich wartete in der Küche und starrte nervös auf das Tuch, in dem ich die Scherben gepackt hatte. Ich wollte es schnell aus dem Weg räumen. Sunset schnell beichten, was passiert war, würde wohl die schwerste Tat an diesem Morgen sein. Während ich auf Sunset wartete, legte ich mir die Worte zurecht, die ich ihr wohl sagen würde. Von „Es tut mir leid“ bis hin zu „Wie kann ich das wieder gut machen?“ war wirklich alles dabei. Und doch hatte ich das Gefühl, dass nichts von dem wirklich ausdrückte, wie ich über mein Missgeschick empfand. „Da bin ich“, verkündete Sunset, als sie die Küche betrat. Sie hatte sich schnell frisch gemacht und umgezogen, doch die Nacht war ihr noch deutlich im Gesicht anzusehen. Wer wusste schon wie lange sie wirklich geschlafen hatte. „Guten Morgen nochmal. Hast du gestern noch lange gelesen?“, fragte ich um irgendeinen Einstieg in ein Thema zu bekommen. Wobei ich gestehen musste, dass ich am Morgen genauso schlecht darin war Small Talk zu machen, wie wenn ich jemanden neu kennenlernte. „Nein nicht wirklich. Ich hab aber noch ein bisschen im Internet recherchiert. Das war aber nicht lange. Und dennoch war es erfolgreich.“ Sie lächelte und setzte sich mir gegenüber, wobei ihr Blick auf das Tuch vor mir fiel, in dem ihre kaputte Tasse lag. „Uhm... Sunset... ich muss dir was gestehen. Als ich das Frühstück gemacht habe, ist mir diese Tasse hier herunter gefallen. Ich würde ja gerne sagen, dass ich sie dir irgendwie ersetze, aber ich glaube an ihr hängt ein bestimmter ideeller Wert, richtig?“ Ich entpackte die Scherben und zeigte sie Sunset, die im ersten Moment wirklich erschrocken schien. Umso mehr tat es mir leid, dass dieses Missgeschick passiert war. Und doch, sah Sunset mit einem Lächeln zu mir auf. „Danke, dass du so ehrlich zu mir warst. Mach dir keine Sorge wegen der Tasse. Es gibt in dieser Welt nichts, dass man nicht wieder reparieren kann.“ Ich fragte mich wirklich, wie sie das so gelassen sehen konnte. Und gleichzeitig zweifelte ich, dass diese Tasse jemals wieder nutzbar war. Aber vielleicht wollte Sunset mir auch einfach nur ein gutes Gewissen geben. „Darf ich fragen, wieso diese Tasse dir so wichtig ist?“, fragte ich schließlich, denn ich wollte es irgendwie verstehen. Ich wollte verstehen, warum sie der Meinung war, dass es nichts gab, dass man nicht wieder reparieren konnte, denn ich hatte das Gefühl, dass diese Tasse sie daran erinnerte. „Nun... Es gab eine Zeit, in der ich nicht gerade nett zu den Menschen um mich herum war. Ich war korrumpiert von dem Wunsch Macht zu haben und benutzte alles und jeden um in der Canterlot High beliebt zu werden. Das ging so weit dass ich fast alles zerstört hätte. Doch ich habe meine Freunde getroffen und sie haben mir alles verziehen und mir gezeigt, dass es auch anders geht... Was wirklich wichtig ist. Und diese Tasse, war ihr erstes Geschenk an mich.“ Ich blickte auf die Scherben und erinnerte mich daran, was ich von Sunset wusste. Es schnürte mit förmlich die Kehle zu, denn dieses Geschenk war mehr als nur wichtig. Es war bedeutsam. Denn es bezeugte die Zeit, in der sich Sunset verändert hatte. „Dann freue ich mich umso mehr, dass ich die heutige Sunset kennenlernen durfte. Denn ich mag sie“, sagte ich vollkommen unbedacht und sah zu Sunset auf, die überrascht schien aber doch glücklich lächelte.   Die Pancakes waren mir wirklich gut gelungen und zusammen mit dem Jogurt und den Früchten war es wirklich gut. Und doch etwas hinderte mich daran es zu genießen. Immer wieder erwischte ich Sunset dabei, dass sie mich ansah. Nachdenklich. Fast so als läge ihr etwas auf der Zunge. „Danke für das Frühstück, Butterfly. Die Pancakes waren richtig gut.“ Ich lächelte sie an und war froh darüber, dass ihr das Frühstück geschmeckt hatte. Aber wirklich viel falsch machen konnte man bei Pancakes nicht, außer dass der Teig zu wenig war. Aber mit diesem Problem hatten wir glücklicherweise nicht zu kämpfen. „Du, Butterfly... hast du heute schon was vor?“ Fragend sah ich zu Sunset auf und war verwundert. Eigentlich hatte ich keine Pläne für den Tag, außer vielleicht weiter die Stadt erkunden, eine Nebenjob finden und herausfinden, was Butterfly noch vergessen hatte in die Tasche zu packen. „Nicht wirklich. Wieso?“ Nicht wirklich war ja keine Lüge. Sie war lediglich eine Antwort die mir neue Optionen offen hielt. Zum Beispiel wenn Sunset einen guten Vorschlag hatte, was ich heute unternehmen konnte. „Oh nur so... ich fragte mich halt, was du so in deiner neuen Umgebung vor hast. Ich kann mir vorstellen, dass du viel auf deiner To-Do hast.“ Es machte auf mich nicht den Eindruck, dass sie etwas auf dem Herzen hatte, aber sich nicht sicher war, ob sie es sagen konnte oder nicht. „Hast du vielleicht eine Idee was ich machen könnte?“, fragte ich und versuchte dabei genauso um das Thema herumzuschleichen wie sie. Fast so als wollte ich sie nicht noch mehr verunsichern. „Denk jetzt bitte nicht, dass eine von diesen Beautybesessenen bin. Hättest du vielleicht Lust mit mir ins Spa zu gehen für etwas Wellness? Meine Freundin Rarity hat mir das mal nahe gelegt.“ Ich dachte über Sunsets Angebot nach und es war wirklich verlockend, denn es hieß ich konnte mehr Zeit mit ihr verbringen. Doch gleichzeitig bedeutete es, ich würde mehr Zeit mit ihr verbringen und die Angst, dass sie erfuhr wer ich wirklich war, wo ich herkam, schwebte immer noch über mir wie ein sich langsam senkendes Beil. „Das ist wirklich sehr nett von dir, Sunset, aber... können wir das verschieben? Ich denke es ist besser, wenn ich mir erst einmal noch die Stadt ansehe, vielleicht Ausschau nach einem kleinen Nebenjob halte und noch ein paar Dinge besorge, die ich in den nächsten Tagen brauche. Das Ladekabel habe ich ja erfolgreich vergessen und es wäre besser, wenn das Handy Saft hat, denn ich hab die Pin vergessen“, erklärte ich und versuchte es dabei so selbstverständlich wie möglich klingen zu lassen. Eventuell rettete mich meine Schusseligkeit davor misstrauen zu erwecken, indem ich gestand, dass ich das meine Handypin nicht wusste. Ein weiterer Nebeneffekt wäre, dass ich Sunset nicht so nahe war und mein Geheimnis vielleicht noch eine kleine Weile länger geheim blieb. „Ich räum dann mal ab, bevor ich los mache“, erklärte ich und fragte mich just in diesem Moment, ob ich so klang, als wäre ich auf der Flucht. Ich wollte Sunset nicht vor den Kopf stoßen. Um Gottes Willen. Wäre ich wirklich ein fester Bestandteil dieser Welt gewesen, ich hätte jede Minute mit Sunset genutzt und ausgekostet. „Warte, ich helfe dir. Ich muss dir auch noch etwas zeigen, dass ich gestern Abend entdeckt habe.“ Voller Tatendrang stapelte Sunset die Teller und griff nach den Tassen. Wie es schien wollte sie mir nur das Besteck lassen, was, aus meiner Sicht, nicht ganz fair war. „Warte, Sunset, ich nehm dir was ab.“ „Nein, nein. Das ist schon in Ordnung. Du hast das Frühstück gemacht. Außerdem hast du dich vorhin verletzt, oder?“, fragte Sunset und verwies dabei auf meinen kleinen Finger, denn ich etwas ungelenk in ein paar Fetzen Taschentuch gewickelt hatte. „Das geht schon. Es ist nur ein kleiner Schnitt. Nichts schlimmes.“ „Lass mich dir dennoch helfen. Außerdem zu zweit geht es schneller.“ Es war logisch was Sunset sagte und es gab für mich keine Möglichkeit mehr dagegen zu argumentieren. Und doch konnte ich nicht anders als ihr eine Tasse abzunehmen. „Du hast mich entwaffnet.“   Es war mehr als nur das Geschirr vom Morgen. Das saubere Geschirr, welches in der Spülmaschine war, schien von einigen Tagen gesammelt zu sein. Sunset reichte mir immer wieder sauberes Geschirr und sagte mir, wo ich es hinstellen musste, so dass ich eine gute Übersicht darüber bekam, wo hier was stand. Doch etwas störte mich. Die Tatsache, dass Sunset mich scheinbar keine Sekunde aus dem Blick ließ. Doch es war kein prüfender Blick, sondern eher ein fragender? Oder vielleicht auch verwunderter. Ich ließ mir nichts anmerken, sagte nichts dagegen, doch als Sunset mir immer noch diesen Blick widmete, während wir das schmutzige Geschirr einräumten. Ich ertrug es nicht mehr und wollte wissen, was in ihrem Kopf vor sich ging. Ob sie vielleicht schon etwas ahnte, oder ich am Vortag zu viel offenbart hatte. Vielleicht hatte sie am Vortag auch schon etwas von mir gesehen. Wäre nicht verwunderlich gewesen, wenn ich recht darüber nachdachte. Wir hatten Knie an Knie gesessen. Da hatte sie sicher das ein oder andere gesehen. „Sunset? Stimmt etwas nicht?“, fragte ich vorsichtig und sah zu Sunset. Sie schien sich ertappt zu fühlen, denn sie sah weg. „N-Nein. Es ist alles in Ordnung“, erklärte sie, wobei ich sie nun zweifelnd ansah. Was auch immer es war, dass Sunset durch den Kopf ging, sie schien nicht sagen zu wollen was los war. Und dennoch es sorgte dafür, dass ich es wissen wollte. „Sicher? Du siehst mich nämlich schon die ganze Zeit an und ich weiß nicht... irgendwie scheint dir etwas durch den Kopf zu gehen. Egal was es ist, sag es ruhig.“ „Nein, es ist wirklich nichts. Mach dir nicht zu viele Gedanken.“ Sunset stellte den letzten Teller in die Spülmaschine, bevor sie die Klappe schloss und die Spülmaschine einstellte. Doch gerade weil sie es sagte, dass ich mir keine Gedanken machen sollte, machte ich mir welche. Und doch gab mir Sunset nicht einmal die Chance lange darüber nachzudenken. „Wir sind fertig. Komm mit, ich zeige dir was ich gefunden habe.“ Als begrüßte sie die Tatsache, dass wir fertig waren, packte sie mich an der Hand und zog mich aus der Küche raus.   Sunset hatte mich zurück in ihr Zimmer geführt, indem auch ein PC stand, den ich wohl bei meinem ersten Besuch übersehen hatte. Es war kein sonderlich modernes Ding, sondern erinnerte mich mit seinem globigen Bildschirm an einen Windows 97 PC. Als Sunset ihn anschaltete, gab er sogar dieses schnaufende Geräusch von sich, dass klar und deutlich bedeutete, dass wohl von der gebrauchteren Sorte war. Und doch fuhr er verlässlich hoch. Und vor allem schneller als der Laptop in meiner Welt. Scheinbar war an diesem Computer etwas aufgerüstet worden. Wir warteten einige Augenblicke, bis der PC ordentlich hochgefahren war, bevor Sunset den Internetbrowser Firehorse öffnete. Dort war noch eine Seite offen, auf der sie wohl am Abend zuvor gesurft hatte. Amahoofes. Wohl der Pendant zu Amazon in meiner Welt. Interessanter war aber, wonach sie wohl gesucht hatte. „Schau mal, ich habe gestern diesen Manga über Sherlock Hooves gefunden und dachte, er könnte dich interessieren.. Oder hast du sie schon?“, fragte Sunset und sah mich förmlich strahlend an. Ich hingegen war fasziniert, dass sie scheinbar von ein paar Stunden Zeit die wir verbracht hatten, bemerkt hatte, dass ich Mangas mochte. „Ich müsste Zuhause nachsehen ob ich sie schon habe“, erklärte ich, unwissend, ob Butterfly überhaupt irgendwelche Mangas besaß. Die Zeit sich in ihrem Zimmer umzusehen hatte nicht gereicht, zumal ich auch andere Dinge im Kopf hatte, nachdem ich plötzlich in einem fremden Körper, in einer anderen Welt aufgetaucht war. Doch sollte ich mit der Wohnung hier ein Zuhause gefunden haben, würde sich dass in den nächsten Tagen wohl nachholen lassen. Ich könnte mir die Wohnung genauer ansehen, während ich entschied, was ich mitnehmen würde. „Ich verstehe. Du musst sicher noch mal zurück nach Hause und ein paar Sachen für den Umzug regeln, oder?“ Ich nickte und war verwundert wie selbstverständlich wir beide scheinbar davon ausgingen, dass diese Wohnung bereits mein Zuhause werden würde. Dabei hatte weder Sunset noch ich endgültig ja gesagt und doch fühlte es sich schon jetzt so normal an. „Richtig. Ich hatte geplant ein paar Tage hier zu sein, alles organisatorische zu erledigen und dann vor dem neuen Schuljahr umzuziehen. Wobei ich sagen muss, im Nachhinein betrachtet, war ich wohl etwas zu unorganisiert. Ich hätte sicher auch aus meiner Heimatstadt eine Wohnung finden können, oder zumindest suchen.“ Ich lächelte Sunset an, die verständnisvoll nickte. Scheinbar klang was ich sagte logisch und das meiste hatte ich nur anhand der Sachen geschlussfolgert, die Butterfly gepackt hatte. Sie schien nicht auf einen sofortigen Umzug gepackt zu haben. „Als ich herkam, war das auch sehr spontan und manchmal fragte ich mich, wie ich das schaffen sollte. Aber irgendwie hatte ich irgendwann heraus, wie diese Welt funktionierte.“ Es war nur ein unbedachtes Wort, eine Bemerkung, die Sunset genauso wörtlich meinte, wie sie es sagte. Ich konnte mir wirklich vorstellen, dass Sunset erst nicht wusste, was sie tun sollte, doch dann mit einem Schlag, scheinbar wusste wie es hier lief. Ich mochte mir eigentlich gar nicht vorstellen, wie die alte Sunset das gemacht hatte, denn die, die ich hier sah gefiel mir besser. „Dann bin ich froh, dass du es geschafft hast, sonst hätten wir einander nicht kennenlernen können.“ Ich merkte erst, nachdem ich es gesagt hatte, wie falsch diese Worte klangen und wie sehr sie Sunset in gewisser Weise verletzten. Sie verzog ihr Gesicht etwas qualvoll, wahrscheinlich weil sie ihr vergangenes Ich gerne ungeschehen gemacht hätte. „Also, wenn du magst kann ich dir die Stadt zeigen. Ich weiß auch schon den ein oder anderen Ort, der noch ein paar Teilzeit-Aushilfen sucht.“ Dankbar sah ich Sunset an und hoffte, dass sie über meine Worte hinweg sehen konnte. So unbedacht sie auch gewesen waren. Vielleicht würde sie sich denken „Sie weiß nicht wie ich wirklich war“ und so weiter. „Danke, Sunset. Ich glaube ohne dich, wäre ich aufgeschmissen.“ „Mach dir keine Sorgen. Und bezüglich dem Pin deines Handys, ich kenne da jemanden der dir helfen kann.“ Fragend sah ich zu Sunset und war verwundert. Wen meinte sie? Und wie wollte die Person mir helfen? Ich war verwundert und gleichzeitig aufgeregt. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)