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Der unsichtbare Freund

A Hare Amoung Wolves [Pilot]
von
Koautor:  Seki

Vorwort zu diesem Kapitel:
Als kleiner Hinweis: Ich habe das Ende des letzten Kapitels noch etwas verändert ;) Davon abgesehen aber nichts groß. Komplett anzeigen

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Puzzelstücke

Es dauerte eine Weile, doch am Ende hatte Kyra es geschafft, die Ladenbesitzerin zu überzeugen, sie die Überwachungsvideos anschauen zu lassen. Manchmal hasste sie es, kein offizieller Consultant der Polizei zu sein. Es würde so vieles einfacher machen. Doch was hatte es für einen Sinn darüber nachzudenken. Nicht jeder Privatdetektiv wurde so leicht zum Consultant berufen und auch wenn es einem gewisse Vorteile gab – gerade in Fällen, wie diesem, an denen ebenso die Polizei arbeitete – so kam sie auch so irgendwie klar.

Dankbarer Weise konnte man dennoch mit den Leuten reden; selbst wenn es zwanzig Minuten dauerte und einem die Zeit davon lief. Nun saß sie vor einem sehr, sehr kleinen alten Röhrenbildschirm im Hinterraum des Supermarkts und sah sich das Video an, während der arme Watson vor dem Laden warten musste.

Sie hatte sich einen Energy Drink und Chips gekauft, da sie befürchtete, dass es etwas dauern würde.

Wenn Cole nach der Schule erst zum Spielplatz gegangen war, war er wahrscheinlich irgendwann zwischen halb vier und fünf Uhr hier vorbei gekommen. Das bedeutete, es gab eineinhalb Stunden Video, die sie schauen musste.

Sie konnte froh sein, dass die Kamera draußen keine Attrappe gewesen war. Zwar würde es ihr wahrscheinlich nicht viel sagen, aber immerhin konnte sie so sehen, ob der seltsame Mann und Cole hier vorbei gekommen waren.

Wenn nicht... Dann wusste sie wirklich nicht mehr weiter. Aber wie sagte man? „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“

Natürlich war es nicht besonders professionell, sich tatsächlich Sorgen um das Ziel eines Auftrags zu machen, aber es war am Ende nur ein kleiner Junge.

Sie spulte das Video vor, langsam genug, als dass sie sehen konnte, wenn jemand vorbei kam. Wann immer sie jemanden sah, verlangsamte sie das Video, in der Hoffnung, dass es Cole oder ein großer, blasser Mann mit Sonnenbrille war.

Ungeduldig, wie sie war, seufzte sie schon nach den ersten zehn Minuten genervt auf und sah erneut auf ihr Smartphone, wieder darauf hoffend, dass Mrs. MacConnery ihr geschrieben hatte.

Nichts.

Wieder sah sie auf den kleinen Bildschirm, spulte etwas weiter vor. Dann hielt sie an. Da war ein Junge, der die Straße entlang rannte. Das Bild war zu klein, um mit Sicherheit sagen zu können, dass es Cole war, doch zumindest hatte der Junge helle Haare und schien etwa die richtige Größe zu haben. Wichtiger aber noch: Keine Minute später kam ein großer Mann vorbei, gekleidet in einem guten Anzug, mit einem Hut und Sonnenbrille.

Auch wenn ebenso keine Details zu erkennen waren, dank der schlechten Bildqualität. Allerdings erinnerte sie der Mann an etwas, das sie in einem von Jasons Artikeln gesehen hatte... „Men in Black“ war der Begriff, der ihr einfiel. Aber das war Unsinn. Vielleicht eine Verkleidung? Sie hatte einmal gelesen, dass Serientäter solche Angewohnheiten entwickelten.

Was bedeutete, dass es noch schlimmer für Cole aussah.

Aber er war hier vorbei gekommen. Also war sie auf dem richtigen Weg. Was bedeutete, dass sie sich besser beeilen sollte.

Sie stand auf, pausierte das Video und ging in den Laden zurück. „Ich habe, was ich brauche“, sagte sie zu dem jungen, blassen Mann – kaum mehr, als ein Teenager – der gelangweilt an der Kasse stand. „Danke.“

„Kein Ding“, meinte er monoton und lehnte gegen die Kasse.

Kyra verließ den Laden und machte Watson los. „Komm, Junge“, sagte sie, ehe sie sich nach rechts wandte.

Sie wusste nicht, was sie zu finden hoffte. Aber hey, der Junge schien erstaunlich intelligent gewesen zu sein. Vielleicht hatte er sich irgendwo verstecken können? Oder zumindest eine Spur hinterlassen... Etwas, dass sie zu ihm führen konnte.

Irgendetwas...

Sie folgte der Straße weiter, wohl wissend, dass sie Cole so wohl kaum finden würde. Als die Straße endete und sich in zwei Straßen aufteilte – eine breitere, die in Richtung des alten Hafengebiets zu führen schien, und eine schmalere, die an weiteren Wohnhäusern vorbei zu einem kleineren Grüngebiet führte – bückte sie sich.

„Was meinst du, Watson?“, fragte sie, da ansonsten keine Methode einfiel, außer eine Münze zu werfen. „Glaubst du, du kannst die Spur wieder aufnehmen?“

Der Bernersennen legte den Kopf schief und sah sie an.

Erneut holte sie das T-Shirt hervor und hielt es ihm noch einmal hin. „Bitte, Watson“, murmelte sie, während er erneut interessiert daran schnüffelte.

Zumindest schien er nun schneller zu verstehen, was sie von ihm wollte, den nach einigen Sekunden ausgiebigen Schnüffelns am T-Shirt senkte er die Nase wieder und lief ein wenig den Bürgersteig entlang.

Kyra konnte nicht sagen, warum es ihm hier so viel schwerer viel als vorher. Immerhin sollte es nicht ablenkende Gerüche geben, als auch dem Spielplatz, oder? Davon einmal abgesehen müsste diese Spur sogar ein wenig frischer sein. Doch vielleicht sah es für die Hundenase anders aus oder Watson war einfach erschöpft. Vielleicht kamen auch einfach mehr andere Hunde vorbei, deren Territoriumsmarkierungen ihn verwirrte. Er würde sich am Abend wahrscheinlich ein besseres Essen verdient haben, als sie es sich normal für ihn leistete.

Schließlich schien er tatsächlich etwas gefunden zu haben. Er war nicht mehr so zielstrebig, wie er zuvor gewesen war und trabte die breitete Straße entlang.

Es ging dieses Mal langsamer voran, da Watson immer wieder inne hielt, um ausgiebiger zu schnüffeln.

Er führte sie so in eine Gegend, die früher einmal von der Industrie genutzt worden war, während nun viele der alten Industriegebäude und Lagerhäuser leer standen. War der Junge wirklich hierher gekommen? Sie konnte nur sagen, dass sie sich als Kind wohl eher von der Gegend ferngehalten hätte. Immerhin war sie eher dafür bekannt, eine Zuflucht für Drogenhändler zu sein. Auf der anderen Seite wusste es der Junge wahrscheinlich nicht oder hatte es viel besser nicht gewusst, als er hierher geflohren war – wenn er hierher geflohen war.

Immer wieder schien Watson die Spur zu verlieren, aber wenn sie der Straße weiter folgten, fand er sie meistens nach einer Weile wieder.

Nach einer Weile jedoch jaulte der Hund auf. Er hob die Schnauze, machte kehrt und lief so mehrfach im Kreis.

Sie standen in der Nähe einer Kreuzung, von der eine Straße weiter zum Hafen, eine jedoch weiter ins alte Industriegebiet führte, während eine andere zum modernen Industriegebiet zu führen schien, da es hier besuchte Pubs und Fastfoodjoints gab, wahrscheinlich für die Arbeiter, die in der Mittagspause und nach der Arbeit herkamen.

„Komm, Watson“, meinte sie, als er verwirrt umher lief.

Wenn sie so nicht weiterkam, dann musste sie halt fragen. Vielleicht hatte jemand am Tag zuvor Cole gesehen?

Es war mittlerweile Nachmittag – etwa dieselbe Zeit, zu der auch Cole hier durchgekommen sein musste. Also vielleicht hatte sie Glück.

Sie ging in das erste Pub hinein. Ein sehr kleines Pub, das neben der Bar nur ein paar eng aneinander gerückte Tische hatte. Doch zumindest saßen einige Leute – vorrangig Männer – hier, die teilweise aßen, zum Teil jedoch auch einfach nur ein Bier tranken.

Köpfe drehten sich zu ihr um, als sie hineinkam.

„Kann ich Ihnen helfen, junge Lady“, meinte der Mann hinter der Bar in einem scherzhaften Ton. Er hatte eine Halbglatze und war recht breit gebaut, aber nicht dick. „Haben Sie sich verirrt?“

Es hatte keinen Sinn groß um den heißen Brei herum zu reden. „Ich bin auf der Suche nach jemand. Einen Jungen, der gestern verschwunden ist.“ Sie holte das Bild Coles aus ihrer Tasche hervor. „Hat jemand von Ihnen ihn gesehen?“

Der Mann an der Bar nahm das Bild und betrachtete es. „Verschwunden, sagen Sie? Entführt?“

„Das ist nicht bekannt“, erwiderte Kyra. „Aber ich habe Hinweise, dass er hier vorbei gekommen ist.“

Der Mann schüttelte den Kopf. „Sorry, Mädel, habe ihn nicht gesehen.“

Einer der anderen Männer streckte die Hand aus. „Zeig mal her, Oliver“, meinte er und nahm das Bild.

So wurde das Foto von einer Hand zur anderen gereicht, bis schließlich ein blonder Mann aufstand. „Ich habe den Jungen gesehen“, sagte er. „Is' gestern hier durchgekommen. Hat's ziemlich eilig gehabt. Is' Richtung der alten Näherei gerannt.“

„Alte Näherei?“, fragte Kyra.

„Na ja, alte Schneiderei oder so was“, meinte ein anderer Mann, offenbar ein Arbeiter, wenn Kyra nach seiner Kleidung ging. „Wenn du schauen willst: Die Straße hoch. Altes Backsteingebäude. Abgesperrt. Aber nicht zu verfehlen. Würd' dir aber nicht raten, reinzugehen. Keine Ahnung ob das Kind dahin ist. Aber ja...“

„Is' zumindest in die Richtung gerannt“, meinte der erste Mann wieder.

Ja, so etwas hatte sie häufiger schon gehört. Zugegebener Maßen wünschte sie sich gerade, ihre Pistole dabei zu haben – aber sie wollte sich nicht die Zeit nehmen, zum Spielplatz zurück zu laufen, mit dem Auto nach Hause zu fahren, nur um wieder hierher zu kommen. Immerhin war es Herbst und es würde nicht mehr zu lange dauern, bis es dunkel wurde.

„Danke“, meinte sie nur. „Ich schaue einfach nach.“

„Sei vorsichtig, Mädel“, rief ihr noch jemand hinterher, während sie wieder nach draußen ging, wo Watson auf sie wartete.

Eigentlich hätte er hier in der Gegend wohl an die Leine gesollt, doch wenn man bedachte, dass Watson sich freiwillig ohnehin nicht mehr als einige Meter von ihr entfernte, nahm sie es nicht so ernst. Sie hatte nicht einmal eine Leine dabei.

„Komm“, sagte sie wieder und ging in die Richtung, die man ihr gezeigt hatte. Sie kam nicht umher ein ungutes Gefühl zu haben.

Auch wenn viele anliegenden Gebäude eher zerfallen und verlassen waren, traf es nicht auf alle zu. Es gab noch einige Läden und offenbar auch ein paar Wohnhäuser. Nun, wenn sie Cole nicht fand, konnte sie da einmal herumfragen. Allerdings sah es nicht danach aus, als gäbe es irgendwo gute Verstecke.

Doch Kyra fand, was man ihr beschrieben hatte. Ein altes Gebäude, wie sie zur Zeit der industriellen Revolution gebaut worden waren. Sie wusste, dass viele dieser Fabriken noch recht lange genutzt wurden, doch nun sah das Gebäude aus, als wäre es seit mindestens zehn Jahren verlassen.

Ein knapp zwei Meter hoher Maschendrahtzaun mit einem „Einsturzgefahr! Betreten verboten!“ Schild war um das von Pflanzen überwucherte Gelände gespannt. Der ursprünglich einmal geteerte Platz vor dem Gebäude war von Gräsern und anderen Pflanzen überwuchert und die Bäume am Rand des Geländes, hätten dringend einmal getrimmt werden müssen.

Watson bellte und begann an dem Boden an einer Stelle unter dem Zaun zu kratzen.

„Was ist los?“, fragte Kyra

Erneut bellte Watson und grub weiter. Er lief ein wenig zur Seite und drückte gegen den Zaun, als würde er wonach suchen. Dann gab der Zaun an einer Stelle nach. Ein Teil des Maschendrahts war an einem der metallenen Pfähle lose und bot definitiv genug Platz, als dass ein Kind hätte drunter durchklettern können.

Auch Watson kam problemlos durch.

Kyra seufzte und kniete sich hin, ehe sie sich ebenfalls den Boden entlang unter dem Zaun durchquetschte.

Als sie auf der anderen Seite – dreckig und mit nassen Hosenbeinen – stand sie auf und sah sich um.

Eine Sache verstand sie einfach nicht.

Sie war auf dem Weg hierhin an mehr als einem Laden oder Pub und an mehr als genug Wohnhäusern vorbei gekommen. Wenn Cole Angst hatte und verfolgt worden war, warum hatte er nicht irgendwo um Hilfe gebeten? Er hätte mehr als genug Möglichkeiten gehabt.

Warum war er hierher gekommen? In den Augen von welchem Kind erschien es sinnvoller, in das gruselige alte Fabrikgebäude zu rennen, anstelle davon, in einen Laden zu gehen und sich an Erwachsene zu wenden?

Wenn der Junge wirklich hierher gekommen war, erschien es ihr mehr als seltsam. Nun, sie war nicht beauftragt worden, die Psychologie des Jungen zu analysieren, sondern nur dafür ihn zu finden.

Noch einmal sah sie sich um. Niemand schien hier zu sein.

Watson lief zielstrebig zu dem verrosteten Stahltor hinüber, dass früher wohl einmal der Haupteingang in die Fabrikhalle gewesen war. Er kratzte daran.

Im Vertrauen auf ihren Hund ging Kyra hinüber und versuchte das Tor zu öffnen. Wenig überraschend bewegte es sich keinen Millimeter. Vielleicht war es abgeschlossen, vielleicht aber auch nur zu eingerostet, doch ohne Werkzeug würde sie es nicht aufbekommen.

Sie ging an der roten Backsteinmauer entlang, bis sie eine kleinere Tür fand. Auch diese Tür schien metallen zu sein, wenngleich sie weiß lackiert gewesen war. Dennoch brach auch an verschiedenen Stellen Rost durch den Lack.

Sie griff die Klinke und versuchte die Tür zu öffnen, aber natürlich bewegte auch diese sich nicht. Es wäre auch zu einfach gewesen!

Frustriert seufzte sie auf.

„Cole?“, rief sie und hämmerte mit der Faust gegen die Tür. „Cole? Bist du darin?“

Keine Antwort.

„Verflucht“, grummelte sie und sah sich um.

Wenn sie die Tür nicht aufbekam, würde auch Cole sie nicht aufbekommen haben – daran bestand kein Zweifel. Also hatte sich der Mann in dem Pub vielleicht geirrt. Doch dann wiederum hatte auch Watson ausgeschlagen und vorher an dem Tor gekratzt.

Aber wie zur Hölle wäre der Junge reingekommen?

Sie ging weiter um das Gebäude herum. „Wie bist du darein gekommen“, murmelte sie zu sich selbst, doch Watson hielt das nicht davon ab mit einem Jaulen zu antworten.

Und dann fand sie etwas, das eventuell möglich war: Eine alte Treppe, die auf das Dach des Gebäudes heraufführte. Vielleicht gab es oben einen Zugang?

Sie sah auf die alten, dreckigen Fenster. Oder vielleicht kam sie da hinein...

Es war einen Versuch wert.

Vorsichtig setzte sie einen Fuß auf die Treppe, die ebenfalls ziemlich verrostet war. Sie konnte nur hoffen, dass sie ihr Gewicht tragen würde. Es tiefes Knarzen ging durch die gesamte Struktur der Treppe, doch sie bewegte sich nicht und schien zu halten.

Also machte Kyra einen weiteren Schritt, dann noch einen, ehe sie noch einmal wartete.

Die Treppe hielt.

Watson dagegen schien wesentlich unbesorgter. Er schien verstanden zu haben, was sie wollte, und lief leichtfüßig die Treppe hoch. Leichtfüßiger, als er mit seiner enormen Größe, hätte sein sollen, dachte Kyra.

Doch als er zwei Plattformen, der gesamt drei, über ihr stand, sah er durch die Treppenstufen zu ihr hinab und bellte.

Kyra seufzte. „Geh weiter, Watson“, sagte sie laut. „Geh!“

Noch einmal bellte er, rannte dann aber weiter, während auch sie sich etwas beeilte und die Treppe weiter hinaufging, dabei darum bemüht das beständige Knarzen zu ignorieren. Mehrfach hatte sie das Gefühl, dass die Treppe sich doch etwas bewegte. Na, ganz toll, dachte sie sich bitter. Dennoch schaffte sie es auf das Dach, ohne dass die Treppe einbrach.

Zumindest eine positive Sache gab es zu berichten, als sie einmal auf dem flachen Dach des Gebäudes angekommen war: Es gab einen offensichtlichen Zugang zum Gebäude, durch den auch ein schwacher neunjähriger Junge hätte nutzen können. Denn an der Seite des Dachs war ein Loch, wo das Dach eingebrochen war. Kyra schätzte, dass es die Folge von Regenwasser war, dass sich angesammelt hatte, zusammen mit angerosteten Dachträgern, da diese eindeutig abgebrochen war.

Watson stand am Rand des Lochs und bellte in das Zwilicht darunter.

„Ist er da, Watson?“, fragte Kyra ihn. „Ist Cole da unten?“

Der Bernersennen bellte nur wieder.

Manchmal wünschte sie sich, Watson könnte tatsächlich sprechen. Es würde manche Dinge einfacher machen – einmal davon abgesehen, dass sie einfach nur einmal gern mit ihm gesprochen hätte.

Er bellte wieder, während sie ihr Smartphone aus der Jackentasche holte und eine Taschenlampen-App aufrief.

Durch den über Jahre angesammelten Dreck auf den Fabrikfenstern, die teilweise auch mit Graffiti zugeschmiert waren, und dank der Tatsache, dass die Sonne langsam Richtung Horizont wanderte, war es recht finster in der Halle. Doch mithilfe der Lampe konnte sie eine Art Galerie oder Balkon direkt unter dem Loch sehen – vielleicht zwei Meter unter ihr.

„Nun...“, murmelte sie. „Verdammt.“ Sie zögerte. „Cole?“, rief sie dann in das Loch hinab. „Cole? Bist du da unten?“

Wieder keine Antwort.

Vielleicht war das der Zeitpunkt, an dem sie besser die Polizei anrufen sollte. Sie konnte es sich sogar noch einfacher machen und Molly anrufen, damit diese etwas organisierte. Doch auf der anderen Seite... Wahrscheinlich würde sie Molly mal wieder nicht ernst nehmen. Sie nahm sie nie ernst.

Und ein unbestimmtes Gefühl sagte ihr, dass man der ganzen „Mein Hund hat mich hierhin geführt“ Aussage auch weniger Aufmerksamkeit schenken würde, oder?

Nun, vielleicht war es auch ihr Stolz, der sie dazu anspornte das ganze allein zu lösen. Den Jungen selbst zurückzubringen, wenn es möglich war. Immerhin würde der Typ dem Jungen sicher nicht mit hier hinunter gefolgt sein, oder?

Natürlich nicht, sagte sie sich. Sie würde nur das Problem haben, wieder hinauf zu kommen...

Aber, meinte eine andere Stimme in ihrem Kopf, vielleicht war der Junge auch unten und verletzt, brauchte dringend Hilfe. Wenn sie ihn gefunden hatte – und festsitzen würde – würde sie immer noch die Polizei rufen können, oder?

Es sei denn natürlich, der Entführer war auch da unten und schlimmstenfalls bewaffnet.

Wollte sie in dem Fall Cole noch länger allein mit ihm lassen?

Vor allem, da ein eventueller Entführer nun sicher wusste, dass sie da war. Sie hatte immerhin nach Cole gerufen.

Es war also nicht besonders weise und sicher auch nicht besonders gut durchdacht, doch Kyra steckte ihr Smartphone kurz wieder in ihre Jackentasche und wandte sich an Watson.

„Bleib hier, ja?“, meinte sie zu ihm.

Der Hund jaulte.

„Du musst hier bleiben“, widersprach sie, da sie davon ausging, dass sein Jaulen so etwas wie „Garantiert nicht“ bedeutete. „Im Notfall musst du Hilfe holen, verstehst du?“

Ein weiteres Jaulen.

„Bleib“, sagte Kyra nun mit etwas festerer Stimme.

Watson ließ sich auf das Dach fallen und sah sie mit traurigem Blick an.

Kyra seufzte nur und ging vorsichtig an den Rand des Lochs, wo die Teerschickt eingesunken war. „Oh man“, murmelte sie zu sich selbst, als sie sich an den Rand setzte und dann – so vorsichtig, wie nur irgendwie möglich – in das Loch fallen ließ.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Taroru
2017-06-03T17:25:36+00:00 03.06.2017 19:25
Und Drama :-D
Die Lage spitzt sich zu.... und ich sollte einfach weiter lesen, bevor ich noch mehr Stuss von mich gebe XD
Und Drama, ist da vielleicht zu viel gesagt *lach* man merkt schon, das die Lage ernst ist wird, und das sie sich auch Gedanken macht..... und ich lese dann einfach mal weiter :-p
Von: Futuhiro
2017-06-01T16:11:20+00:00 01.06.2017 18:11
Boar. Jetzt wirds langsam echt nervenzehrend spannend. Ich kau hier schon fast an den Fingernägeln. Ich würde nicht in das Loch springen, wenn ich nicht wüsste, wie ich nachher wieder rauf komme.


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