Fliegen von phean (Alles für die Freiheit) ================================================================================ Kapitel 15: Sehr erfreut – Fräulein Sophie und Haskell ------------------------------------------------------ „Wie heiß ich jetzt wieder?“ Wir waren noch keine halbe Stunde unterwegs und ich fragte nun schon zum vierten Mal. Ich konnte mir den Namen, den mir Kid geben musste einfach nicht merken. Heats dagegen war der Wahnsinn. „Sophie“, sagte er mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. Er fand es wohl auch amüsant. Ich brummte und nickte. Der Name gefiel mir nicht. Überhaupt nicht. Unsere Geschichte aber umso besser. Endlich hatte ich mal das Sagen, wobei ich das nicht wollte. Ich war eine Tochter aus gutem Hause und nachdem wir angegriffen wurden, war ich mit meinem treuen Diener geflohen. Wir waren an die Insel gekommen und so sind wir zu der Villa gegangen, weil wir schon viel darüber gehört hatten. Ich wollte aber nicht das Sagen haben, besonders nicht über Heat. Er tat mir ja nichts. Heat klopfte und stellte sich neben mich. Mein Blick glitt über ihn. Er sah wirklich gut aus. Sein Piratendasein konnte man nur aus seinen Tattoos lesen. Sie spitzen unter seiner Kleidung hervor. Seine grauen Haare hatte er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Er trug eine dunkelgraue Stoffhose, ein weißes Hemd und ein dunkelgraues Jackett. Es war eher der lässig-schicke Look. Er sah mich kurz an und dann wieder nach vorn. Ich schüttelte meinen Kopf und konzentrierte mich auf meine Aufgabe. Ich sah nach vorn. Da hatte ich doch wirklich zum ersten Mal bemerkt, dass Heat gut aussah. Die Tür öffnete sich mit einem Krächzen. Es quietschte und die Tür schrie nach Öl. Ich biss die Zähne zusammen. Als ich wieder aufsah, war die Tür bereits offen und ein Mädchen, nur ein paar Jahre jünger als ich, sah durch den Spalt. Sie hatte große Augen, die durch eine große Brille schauten. Sie musterte uns etwas verwirrt, aber als sie sah, dass wir nicht böswillig wirkten, machte sie die Türe weiter auf. „Ja?“, ihre Stimme war unsicher und zittrig. Traurig sah ich mich in ihr wieder. Ich war früher auch so kleinlaut gewesen. Unterwürfig und demütig. „Ist der junge Herr Hugh da?“ „Und Sie sind?“, fragte sie nach, ohne auf Heats Frage einzugehen. „Das ist Fräulein Sophie und ich bin Ihr treuer Begleiter Haskell“, er verneigte sich leicht und lächelte. Sie nickte, „warten Sie“, sie schob die Tür wieder ein Stück zu und ihre Schritte halten durch den Eingangsbereich nach draußen. „Ihr treuer Begleiter“, imitierte ich meinen Freund und konnte mir ein Kichern nicht verkneifen. „Was denn?“, schmollte er. „Nichts, es gefällt mir“, gestikulierte ich, „könnte öfter so sein.“ Als Antwort bekam ich nicht mehr und auch nicht weniger als den Blick auf seine Zunge. Ich lachte noch eine Weile in mich hinein und freute mich über meinen plötzlichen Positionswechsel, da hallten auch schon wieder Schritte durch die Hallen. „Bitte folgen Sie mir“, nuschelte sie und führte uns durch den großen Eingang. Neugierig sah ich mich um. Es war groß und reich geschmückt, dennoch recht eintönig gehalten. Es gab keine unnützen Verzierungen. An den Fenstern hingen hellrote Vorhänge, die Lampen waren Kronleuchter und überall standen Pflanzen. Sonst waren die Wände Cremeweiß. Das Hausmädchen führte uns durch einen Flur, der sich durch das gesamte Haus zog, wir kamen an einer Treppe vorbei. Kurz danach blieb sie vor einer Tür stehen. „Er erwartet Sie“, sie hielt uns die Tür auf. Ich lächelte schräg und ging an ihr vorbei. Drinnen angekommen, schloss sie leise hinter uns die Tür. Ich sah mich um. Überall waren Bücher an den Wänden. Die Regale waren Deckenhoch und so fast dreimal so hoch wie ich selbst. An einer Leiste konnte eine Leiter entlang geschoben werden. Diese wurde durch einige Treppen und ein paar Vorsprüngen abgegrenzt. Der großen Tür gegenüber war eine große Fensterfront, die die Mitte des Raumes erleuchtete. Für die späten Stunden gab es einige Stehlampen und Kerzen. Ein niedriger Tisch stand dabei und darum herum zwei Sofas und drei Sessel. Auf einem dieser Sessel saß ein junger Mann, etwa so alt wie Kid – jedoch hatte er ein freundlicheres Gesicht. „Sie müssen Fräulein Sophie sein“, sagte er freundlich und stand auf. Er schritt elegant zu uns hinüber, nahm meine Hand und gab ihr einen Kuss. Vor Überraschung quiekte ich auf. Als ich merkte was ich getan hatte, spürte ich die Röte auf meinen Wangen. „Entschuldigung“, murmelte ich verlegen und hielt mir meine freie Hand vor den Mund. „Euer Lachen ist ein Klang, der mir den Abend versüßt.“ „Mein Herr, es tut mir Leid Euch zu unterbrechen“, mische sich Heat ein. „Ihr seid Haskell, oder?“, er richtete sich auf und sah meinen Begleiter an. „Sehr wohl“, der Grauhaarige verbeugte sich leicht, „Fräulein Sophie und ich mussten das Anwesen Ihres Vaters so eilig verlassen, dass wir keine Möglichkeit hatten, etwas mitzunehmen. Wir kamen an diese Insel und hoffen nun, dass wir vielleicht einige Nächte hier bei Ihnen übernachten können.“ „So einem liebenswerten Wesen, kann ich keinen Gefallen ausschlagen“, er lächelte mich charmant an und breitete seine Arme aus, „bitte, setzt Euch.“ Dankend gingen wir an ihm vorbei und setzten uns. „Ich sage Alli, dass sie zwei Zimmer für Euch herrichten soll“, er setzte sich neben mich auf das Sofa. „Haben Sie vielen Dank, mein Herr“, sagte ich dankend. „Bitte, nennt mich Hugh“, wieder lächelte er. Auch ich lächelte, „ok.“ Er fragte uns, woher wir genau kamen und was denn passiert sei. Ich gab die Antworten von mir, die Kid Heat und mir vorgegeben hatte. Es sei eine kleine Insel und wir seien die einzige Adelsfamilie dort gewesen. Mein Vater hätte die Menschen dort gütig regiert, hatte aber nie versucht sie zu unterwerfen. Mich hätte er ebenso umsorgt und mir zum Schutz Haskell zur Seite gestellt. Es war eine lange Fragerunde. Sie zog sich hin und so war es bald mitten in der Nacht. Die Uhr auf dem Kaminsims schlug Mitternacht. Hugh richtete sich überrascht auf und sah sich blinzelnd um. „Schon so spät?“, er warf einen Blick auf mich und lächelte, „es tut mir Leid, ich hatte gar nicht auf die Uhr geachtet. Wir hatten uns so gut unterhalten.“ Ich erwiderte sein Lächeln und schüttelte leicht den Kopf, „ich verstehe Euch. Mein Vater hat auch stets darauf geachtet, wen er in sein Haus lässt.“ Erstaunt sah mich Heat an. Ich improvisierte. „Er wollte Euch auch nicht gefährden Lady Sophie“, er musste sich ein Grinsen verkneifen und biss sich auf die Wangeninnenseite. Ich sah das kleine Grübchen welches dabei entstand. „Euer Vater ist ein großer Mann. So etwas wie Güte kennen diese Barbaren von Piraten gar nicht“, Hugh spuckte das Wort Pirat abfällig aus, doch dann glätteten sich seine Gesichtszüge wieder, „ich werde nach Alli sehen und wie weit sie mit den Zimmern ist. Bitte wartet einen Moment.“ Er eilte nach draußen und vergaß dabei nicht die Türe hinter sich leise zu schließen. Ich hatte kaum geblinzelt, da waren beide wieder da. Alli führte uns durch zwei Gänge und eine Treppe hinauf, sie blieb zwischen zwei Türen stehen. „Das rechte hier ist Euer Zimmer Fräulein Sophie“, sie sah mich eindringlich an, ich nickte, „und das linke eures, Haskell.“ „Habt Dank“, er beugte seinen Kopf leicht und sie verschwand. Ohne auf Heat zu achten ging ich in mein Zimmer und schloss die Tür hinter mir. Es war riesig. An den Wänden hingen einige Gemälde. Es war doppelt so hoch wie ich und ein Leuchte hing in der Mitte des Raumes. Mir gegenüber war eine große Fensterfront, eine Tür führte auf einen kleinen Balkon und umrahmt wurde alles von beigefarbenen Vorhängen. Ein Himmelbett stand zu meiner Linken. An beiden Seiten ein kleiner Beistelltisch mit Lampe und einem Wecker. Zu meiner rechten waren eine Tür und ein großer Schrank. Und unter dem Leuchter war ein niedriger Tisch mit Sofa und Sessel. Alles war schlicht gehalten und wirkte doch pompös. Neugierig spitzelte ich durch die Türe rechts – ein Bad. Dann lief ich auch schon zu dem Sofa und ließ mich rückwärts über die Lehne fallen. So hingen meine Füße nach oben und mein Kopf, Schultern und Arme lagen ausgebreitet auf der Sitzfläche. Erleichtert atmete ich auf. Es war geschafft. Ich hatte es hierher geschafft und das fast ohne Hilfe. Ich schloss kurz die Augen und lächelte. Als ich sie wieder öffnete verschwand es. Mein Blick war traurig, dazu musste ich nicht einmal in den Spiegel sehen. Ich drehte meinen Kopf um aus dem Fenster zu sehen. Dort draußen war es. Ich wusste es. Ich hatte es im Gefühl. Aber wollte ich wirklich dorthin? Ich hatte doch gar keine Zeit dafür. Ich könnte mich wegschleichen und zurück sein, bevor sie es merken würden. Ich biss mir nervös auf die Lippe. Das konnte ich nicht machen. Das … Ein Klopfen holte mich aus den Gedanken und Heats leise Stimme. Erschrocken aber erleichtert schluckte ich meine Sorgen runter und bat ihn herein. Bei jedem anderen hätte ich mich schnell aufgerichtet und wäre vermutlich über meine eigenen Beine geflogen, bei ihm ist es mir egal. Verwirrt musterte er mich und legte den Kopf schief, damit er mich gerade sah. Schüttelte aber den Kopf und richtete sich auf. Er schloss die Tür hinter sich, nachdem er nochmal einen misstrauischen Blick nach draußen geworfen hatte. „Bequem?“, fragte er. „Türlich“, ich grinste, „was sonst?“ Ich versuchte die Beine über meinen Kopf zu schwingen, um mich vom Sofa zu rollen, doch es wollte nicht klappen. „Hilfst du mir?“, bettelte ich. „Da hast du dich selbst reingeritten.“ Schmollend versuchte ich mich zu befreien, das endete aber darin, dass ich mich komisch über das Sofa robbte und stöhnend meinen Arsch in die Höhe streckte. Lachend setzte sich Heat in den Sessel, „was hältst du von ihm?“ „Von wem?“ „Na von diesem Hugh?“ Meine Miene wurde nachdenklich. Ich stand auf und lief um das Sofa. „Er scheint nett zu sein, aber er scheint auch einige Geheimnisse zu haben, denn er gibt sich ab und an nur so, oder bilde ich mir das ein?“ „Nein, das hatte ich mir auch gedacht.“ „Wie wollen wir an die Bibliothek kommen?“ „Immer alles langsam“, beschwichtigte er mich, „er wird dich morgen herumführen. Er findet dich reizend, das konnte ich sehen, selbst wenn er dich nur vergewaltigen wollen würde.“ „WAS?“, kreischte ich auf. „Immer sachte“, lachte er, „so schätz ich ihn nicht ein. Aber wir müssen erst einmal herausfinden wo die Bibliothek ist, sonst würden wir doch gegen deinen Vorsatz verstoßen, es auf deine Art zu machen, oder nicht?“ „Ja“, mit hoch erhobener Nase stolzierte ich an ihm vorbei und Richtung Fenster. Ich senkte meinen Kopf wieder und sah gedankenverloren nach draußen. Ich wollte hinaus. Ich hatte plötzlich dieses große Verlangen nach draußen zu gehen. Wie in Trance schritt ich auf das Fenster zu und legte meine Hand auf die kalte Scheibe. „Su, du hörst mir ja gar nicht zu“, beschwerte sich Heat. „Doch“, murmelte ich. „Und was habe ich eben gesagt?“ „Na, dass ...“, begann ich und konnte meinen Blick von der Dunkelheit nicht abwenden. Seufzend fuhr sich Heat durch die Haare, „ich lass dich allein, wir reden morgen früh nochmal. Ich werde dich wecken, für das gerade – nur damit du's weißt.“ Ich blinzelte mehrmals und sah der Spiegelung von Heat nach, dann schaute ich wieder durch die Scheibe und legte meinen Kopf dagegen. Ich schloss die Augen. Kurz darauf spürte ich, dass sie feucht wurden. Als ich sie wieder öffnete fiel die erste Träne zu Boden. „Mama … Papa ...“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)