Wortgebilde von Yosephia ([Zirkel-Aufgaben / OS-Sammlung]) ================================================================================ Kapitel 5: Kornblume – Weil sie Vier sein müssen ------------------------------------------------ Das glockenhelle Gelächter der Kinder hallte durch den großen Garten, erfüllte ihn mit Leben, verlieh den Farben des Sommers ein starkes, wunderschönes Leuchten. Viel intensiver als der Duft der unzähligen Blüten, das sanfte Rauschen der riesigen Trauerweide, das Summen der Bienen und das Zwitschern der Singvögeln durchdrang dieses Geräusch das Bild. Erst durch dieses Geräusch wurde es vollständig und vollkommen… Mit einem leisen Lächeln lehnte Mavis sich auf ihrem Terrassenstuhl zurück und lauschte dem Lachen ihrer Tochter, die mit ihren zarten drei Jahren wie ein Wirbelwind durch den Garten rannte, um nicht von ihrem Großcousin Lector eingefangen zu werden. Munter und kräftig, wie der Siebenjährige war, hätte er Morgana dennoch mühelos einfangen können, aber er ließ sie jedes Mal in letzter Sekunde entwischen oder sich von ihr einfangen, wenn sie an der Reihe war mit Fangen. Er hatte aller Großmäuligkeit zum Trotz eindeutig das sanfte Wesen seiner Mutter geerbt, insbesondere wenn es um Morgana ging. Gerade als er wieder die Arme um Morgana schlang und schwer atmend mit ihr zum Stehen kam, drehte er sich mit leuchtenden Augen um und suchte die Terrasse ab, der Mund bereits für einen triumphierenden Ruf geöffnet, der ihm jedoch in der Kehle stecken blieb. Mavis konnte regelrecht spüren, wie die Erkenntnis den Jungen aus seiner Euphorie riss und zurück in die grausame Realität. Denn der eine Mensch, mit dem er seine Freude zuallererst teilen wollte, war nicht da. Schwer schluckend drehte er der Terrasse wieder den Rücken zu, stupste Morgana, die nichts gemerkt hatte, an und rannte dann davon, damit sie ihn fangen konnte. Er strebte zum anderen Ende des Gartens, weit weg von der Terrasse und unliebsamen Erinnerungen. Neben Mavis erklang ein schwerer Seufzer und sie richtete ihre Aufmerksamkeit auf ihren Cousin Dobengal. Sein sandbraunes Haar war genauso wirr wie eh und je, aber seine Züge ließen die sonst übliche Ausdruckslosigkeit vermissen, waren gezeichnet von Sorgen und Gram. „Er fragt immer noch nach ihm…“ Seine Stimme offenbarte all die Gefühle, die er nie in Worte zu fassen bereit war. Seine Müdigkeit ob der nun schon Monate langen Suche. Seine schwindende Hoffnung. Seine Resignation. Und doch auch dieser Hauch eines Widerstands, der Weigerung, einfach aufzugeben. Seit Monaten zerriss Dobengal sich regelrecht für diese ewige Suche, aber er hatte nie auch nur angedeutet, dass er damit aufhören wollte. Soweit Mavis es von Flare wusste, hatte Dobengal auch nie versucht, seinem Sohn die täglichen Fragen auszureden. Vielmehr schienen diese Fragen ihn erst recht anzuspornen. Mavis wünschte sich, sie könnte ihre Dankbarkeit nur einmal richtig in Worte fassen, aber der altbekannte Kloß hatte sich in ihrer Kehle festgesetzt und nahm ihr jede Möglichkeit, überhaupt irgendetwas über die Lippen zu bringen. Angestrengt wandte sie den Blick von ihrem Cousin ab und ließ ihn über den Garten gleiten, den ihre Mutter vor so vielen Jahren liebevoll angelegt hatte, als Jude für sie die Villa hatte bauen lassen. Er folgte keinem klaren Muster, wirkte auf dem ersten Blick sogar eher verwildert, aber gerade das machte seinen besonderen Charme aus. Zierblumenbeete wechselten sich mit Hochbeeten für Kürbisse und Zucchini, Beerensträuchern, Kräuterkästen und dergleichen mehr ab. Zwischendrin standen immer wieder Obstbäume, Rankhilfen für Tomatenpflanzen, Sonnenblumen und sogar kleine Beetabschnitte für Wurzelgemüse. Zwischen all diesen Beeten und Kästen schlängelten sich schmale und breite Wege, die aus großen, unregelmäßigen Steinplatten bestanden, zwischen denen das Gras ungehindert wachsen konnte. Vogeltränken und –futterhäuser, Statuen mit Tier- und Fabelwesenmotiven, kleine Springbrunnen und Kunstsäulen verteilten sich im gesamten Garten und im hinteren Bereich gab es einen großen Pavillon mit einer Holzterrasse, die halb über den großzügigen Teich ragte. Dass Morgana in den Teich fiel, stand nicht zu befürchten, Lector würde sie wie seinen Augapfel hüten. Ein kleines, aus echten Steinquadern errichtetes und mit Schiefer abgedecktes Gartenhaus, das die ganzen Utensilien für die Gartenpflege enthielt, stand unweit der Villa im halbmodern-halbaltertümlichen Sandstein-Stil und war über und über mit Efeu bewachsen. An einem dicken Ast der riesigen Trauerweide, die schon lange vor dem Haus gestanden hatte – tatsächlich war sie sogar der Grund gewesen, warum Jude dieses Gelände gekauft hatte –, hing eine schlichte Reifenschaukel. Auf der anderen Seite der Weide, halb verborgen hinter den dort dichter hängenden, üppig wachsenden Zweigen, konnte Mavis ihre jüngere Schwester entdecken. Lucy hatte sich das große Hängemattengestell dorthin gezogen und sich mit einem Quilt, der eigentlich gar nicht ihr gehörte, darauf nieder gelassen. Aus der Entfernung sah es aus, als würde sie schlafen, aber Mavis wusste, dass es nicht so war. Ihre Schwester konnte schon seit langer Zeit nicht mehr richtig schlafen. Natsu hatte Mavis anvertraut, dass er in letzter Zeit immer häufiger mitten in der Nacht eine leere Bettseite neben sich vorfand und dass Lucy dann jedes Mal an ihrem Klavier saß, ohne je auch nur eine Taste anzurühren. Seit vier Monaten hatte Lucy nicht mehr richtig spielen können. Bei der Arbeit hatte man Verständnis für Lucys Zustand, aber das war nicht der Punkt, der Mavis und Natsu Sorgen bereitete. Sie wussten Beide, dass ihnen Lucy langsam aber sicher entglitt. Der Verlust hatte sie einfach zu hart und zu tief getroffen… Wortlos wuchtete Mavis sich in die Höhe und griff nach ihren Handschuhen und der praktischen Gürteltasche, in deren Laschen ihre wichtigsten Gartenwerkzeuge steckten. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie Zeref von seinem Buch aufblickte. Seine Miene blieb so ruhig wie eh und je, aber in seinen dunklen Augen stand eine Frage, die für Mavis so einfach zu lesen war, als hätte er sie in Worte gefasst. Zur Antwort schüttelte sie unmerklich den Kopf und verließ dann die Terrasse, um zu dem Beet zurück zu kehren, um das sie sich zuletzt gekümmert hatte, ehe Spetto, Haushälterin und gute Seele der Villa, zum Tee gerufen hatte. Es half ihr, sich um die Pflanzen zu kümmern, auch wenn es sie gleichzeitig schmerzlich daran erinnerte, dass sie sich diese Arbeit früher mit Lucy geteilt hatte. Die Begeisterung fürs Gärtnern hatten die Schwestern Beide von ihrer Mutter geerbt. Zu Lebzeiten hatte Layla immer mit ihnen zusammen für die vielen Zier- und Nutzpflanzen gesorgt und nach Laylas Unfalltod hatte es Mavis und Lucy geholfen, diese Tradition aufrecht zu erhalten. Nie im Leben hätte Mavis gedacht, dass es etwas gäbe, das diese Ordnung stören könnte. Es war einfach immer ein fester Bestandteil ihres Lebens gewesen. Nicht dass der Verlust Mavis nicht betreffen würde. Ganz im Gegenteil, er hatte sie schwer erschüttert. Vor allem, da es Wochen lang noch voller Unsicherheiten und Hoffnungen gewesen war. Sie hatte sich in der ersten Zeit fürchterlich verausgabt, hatte Tag und Nacht gesucht und alle möglichen und unmöglichen Leute angerufen und ausgefragt. Mavis hatte das ganze Repertoire ihrer Kontakte angezapft, Gefallen eingefordert, Experten engagiert. Ohne jeden Erfolg. Sie wusste gar nicht mehr, wer es war, der das erste Mal zur Sprache gebracht hatte, dass das ewige Suchen vielleicht vergeblich war. Keiner von ihnen jedenfalls. Jemand von außerhalb. Jemand, der nicht verstand, wie grausam diese Worte waren, wie tief sie ihnen ins Herz schnitten. Und doch hatten seine Worte Samen gesät. Sie waren auf unwirtlichen Boden gefallen, die meisten vertrocknet, bevor sie auch nur keimen konnten. Doch bei ihnen allen waren doch ein paar von ihnen hängen geblieben. Nur langsam hatten sie Wurzeln gefasst, aber diese Wurzeln hatten sie alle durchdrungen und unrettbaren Schaden angerichtet. Am deutlichsten war das bei Lucy. Es war, als wäre aller Lebensmut aus ihr gewichen. Sie hatte die Suche als Erste aufgegeben und hatte darüber Tränen über Tränen vergossen. Mavis wusste gar nicht mehr, wie viele Nächte sie ihre Schwester damals in den Armen gehalten und zu trösten versucht hatte. Sie hatte die Schluchzer der Jüngeren gespürt und gehört und hatte voller Gram gewusst, dass etwas in Lucys Inneren zu zersplittern begann, ohne dass sie irgendetwas dagegen hatte unternehmen können. Nicht einmal Natsu hatte etwas tun können. Sie alle hatten hilflos mit ansehen müssen, wie Lucy aufhörte, die Lucy zu sein, die sie alle so sehr liebten. Sofern es Mavis selbst betraf, hatte sie irgendwann einfach anfangen müssen, Prioritäten zu setzen. Sie suchte immer noch weiter, fragte herum, bemühte weitere Experten, aber sie hatte nebenbei ein millionenschweres Unternehmen zu leiten, hatte mehrere Stiftungen, die ihrer Hilfe bedurften, hatte eine Familie… So bitter diese Einsicht für sie auch gewesen war, irgendwann hatte sie einfach zugeben müssen, dass ihr persönlich bei der Suche die Hände gebunden waren. Also hatte sie sich stattdessen darum bemüht, die Familie zusammen zu halten, insbesondere das, was von Lucy noch übrig war. Als der Eimer voll mit Unkraut war, stand Mavis wieder auf und drückte sich eine Hand ins Kreuz, das Gesicht den warmen Sonnenstrahlen entgegen gereckt. Es war nicht so brütend heiß, wie man es Anfang August erwarten könnte, aber Mavis war froh darum. So musste sie nicht befürchten, dass Morgana sich zu sehr verausgabte, und die Arbeit im Garten war auch viel angenehmer, wenn nicht das Risiko bestand, sich den Nacken zu verbrennen. Im Grunde wäre es der perfekte Tag. Wenn alles normal wäre, dann würde Lucy jetzt nicht in der Hängematte liegen, sondern am Piano im Wohnzimmer sitzen, die Fenster weit geöffnet, damit die Musik auch im Garten gut zu hören war, begleitet von klaren, gefühlvollen Violinentönen… Seufzend griff Mavis nach dem Eimer und brachte ihn zum Gartenhaus, wo eine schon halbvolle Schubkarre bereitstand. Mit dem leeren Eimer kehrte Mavis zur Terrasse zurück und holte eine große Schüssel, die mit feuchten Tüchern ausgelegt war. Damit bewaffnet begab sie sich zu einer Reihe rankender Pflanzen mit kräftig grünen Erbsenhülsen. Eben diese betastete Mavis bei der ersten Pflanze. Wo sie die Erbsen gut genug spüren konnte, pflückte sie die Hülse, öffnete sie vorsichtig und ließ die Erbsen in die Schüssel fallen, während die Hülse im Eimer landete. Es war eine Fummelarbeit, deren Fortschritt sich nur langsam abzeichnete, aber Mavis fand es entspannend. Nach all dem Stress in der Woche tat es gut, etwas so Schlichtes und doch so Nützliches zu tun… Als ein Schatten auf sie fiel, hob Mavis nicht einmal den Blick. „Ich dachte schon, du kommst heute nicht.“ „Dachte ich auch“, murmelte Rakheid und ging neben ihr in die Hocke, um ihr die nächste Hülse abzunehmen und sie zu öffnen. Flüchtig blickte Mavis von ihrer Arbeit auf und musterte ihren jüngeren Bruder. Äußerlich war ihm nichts von dem qualvollen Druck anzusehen, den er sich selbst auferlegte. Er war immer noch der wahr gewordene Traum vieler Frauen, aber Mavis war sich sicher, dass in den letzten Monaten keine einzige Frau es geschafft hatte, seine Aufmerksamkeit zu erregen. Sein Augenmerk galt nur noch seiner Suche. Während sie Lucy ausgebrannt und Mavis zu Teilen in die Knie gezwungen hatte, hatte sie Rakheid in ihren Bann gezogen. Noch immer wanderte er jeden Tag durch die Stadt, startete Kampagnen, verfolgte jeden der bekannten letzten Schritte des Gesuchten. Mavis war sich sicher, dass ihr Bruder dabei so einige Gesetze gedehnt, wenn nicht sogar überschritten hatte, aber so sehr sie das auch besorgte, gleichzeitig war sie dankbar dafür. Er tat, was sie einfach nicht konnte. Dafür versuchte sie, ihm den Rücken frei zu halten. „Ich habe ein paar Hacker um Rat gefragt“, murmelte Rakheid und nahm immer neue Hülsen entgegen, um sie zu öffnen und die darin befindlichen Erbsen in die Schüssel kullern zu lassen. „Du solltest wirklich vorsichtig sein, worauf du dich da einlässt“, erwiderte Mavis, aber sie wusste selbst, dass ihrer Stimme der Tadel fehlte. Sie konnte nicht einmal einen Tadel aufbringen, als sie den starken Deo-Geruch bei ihrem Bruder registrierte, mit dem er den Gestank von Zigarettenqualm zu übertünchen versuchte. So wenig er auch dazu in der Lage war, dieses dumme Laster wieder abzulegen, er versuchte zumindest, zu verhindern, dass seine Nichte etwas davon mitbekam. Wenn er hierher kam, hatte er die Packung mit den Zigaretten und das Feuerzeug nicht einmal in der Tasche. Mavis würde sich wünschen, dass er überhaupt gar nicht rauchen würde, aber sie wusste, dass Rakheid irgendein Ventil für seine blank liegenden Nerven brauchte, also bedrängte sie ihn nicht deswegen. Er wusste ohnehin, wie sie dazu stand. „Ich habe den Kontakt mehrfach verschlüsselt und über zig Leitungen geschickt. Und selbst wenn sie diese Spur zurück verfolgen können, sie haben keinen Grund dafür. Das sind echte Cracks, die wollen nur den Kick, mal eine Verkehrskamera zu hacken oder etwas Ähnliches“, erklärte Rakheid und fummelte eine verschrumpelte Erbse unter den gesunden hervor. Als wäre sie ein kleines Wunder, betrachtete er sie aufmerksam, während er weiter sprach. „Das funktioniert vielleicht besser als die Suchanzeigen.“ Die edlen Gesichtszüge des jungen Mannes wurden von Gram zerfurcht und Mavis presste die Lippen aufeinander. Mehrmals hatten sie Suchanzeigen ins Internet gestellt. Auf entsprechenden Portalen, aber auch auf einer eigenen Homepage. Es hatte geradezu Hinweise gehagelt und sie hatten Ewigkeiten damit zu tun gehabt, alle durch zu gehen, obwohl sie Beide geahnt hatten, dass all diese Hinweise gefälscht waren – aber die Hoffnung darauf, wenigstens einen hilfreichen Kommentar zu finden, hatte sie bis zum bitteren Ende durchhalten lassen. Der Misserfolg dieser Suchanzeigen hatte Rakheid nur noch mehr angespornt, hatte in ihm regelrecht ein Feuer entfacht. Er war gewissermaßen zum Zugpferd der Familie geworden. Unerschütterlich, unermüdlich und absolut zuverlässig. Manchmal schaffte Mavis es kaum, ihren Bruder anzusehen, weil seine Zielstrebigkeit ihr wie ein Wahn vorkam, doch in Momenten wie jetzt war ihr in Rakheids Nähe wohltuend warm und beruhigend zumute. Es gab ihr das Gefühl, dass alles irgendwann irgendwie wieder ins rechte Lot kommen würde. Die Suche würde ihr Ende finden und Lucy würde wieder sie selbst und sie würden endlich wieder vollständig sein… „Wo ist Natsu heute?“, wechselte Rakheid das Thema, warf die verschrumpelte Erbse in den Eimer und blickte zur Hängematte, in der Lucy noch immer lag. „Sein Pieper ist kaum eine halbe Stunde, nachdem er mit Lucy hier angekommen war, los gegangen“, seufzte Mavis und blickte nun ebenfalls zur Hängematte. „Er hat Lucy dorthin gebracht und dann wollte er eigentlich mit Zeref und mir reden. Er sah wirklich müde aus.“ Mavis ahnte, was ihr Schwager bereden wollte, und wenn sie ehrlich war, hatte sie schon vor Wochen darauf gehofft, dass das Thema zur Sprache kam. Wenn Lucy zurück in die Villa kam, konnten sich mehr Leute um sie kümmern. Vielleicht würde ihr das irgendwie helfen. Allerdings konnte Mavis auch verstehen, warum Natsu eben doch so lange damit gezögert hatte. Ihm musste wie es ein Eingeständnis seines eigenen Unvermögens vorkommen. Dabei hatte er in den letzten vier Monaten wirklich alles für seine Verlobte getan, was man nur tun konnte. Es war nicht seine Schuld, dass Lucy in dieses Loch gefallen war. Rakheid stieß ein leises Brummen aus und warf die letzte Hülse in den Eimer, ehe er sich die Hände abwischte. Ohne eine Erklärung stand er auf und ging gemächlich zu einem nahen Blumenbeet, wo er eine der blauen Blumen mit Lilastich pflückte, um damit zur Hängematte zu gehen. Wortlos beobachtete Mavis, wie Rakheid die Blume in Lucys Haar steckte und sich vorsichtig zu ihr in die Händematte legte. Zuerst verkrampfte Lucy sich, als ihr Bruder sie in eine Umarmung zog, aber schließlich erlahmte ihr schwacher Widerstand und sie drückte ihr Gesicht in seine Brust, um zu weinen. Die zierliche Blüte leuchtete vor dem Hintergrund der goldblonden Haare und zitterte mit den Schluchzern der Trägerin. Obwohl die Blüte eine hellere Farbe hatte, erinnerte sie Mavis an ein Paar intensivblauer Augen mit einem lebenslustigen, warmherzigen Funkeln, gepaart mit dem strahlendsten Lächeln, das Mavis kannte… Wie passend, dass Rakheid ausgerechnet diese Blume ausgewählt hatte, um sie Lucy ins Haar zu stecken. Dabei war Mavis sich sicher, dass er nicht um ihre Bedeutung in der Sprache der Blumen wusste. Die Kornblume, die seit jeher Laylas Lieblingsblume gewesen war und die in jedem noch so perfekten Garten etwas Wildes und Unbezähmbares behielt, eine leuchtende Erinnerung an die Natur und das Leben in Reinform. Sonst hatte Layla sich nie viel aus der Blumensprache gemacht, hatte den Garten keinerlei parktypischen Raster unterworfen, sondern eben dort genau die Pflanzen angesetzt, wo und nach denen ihr gerade zumute gewesen war. Dieser Garten war nie nach einem Plan angelegt worden, seine Pflanzen waren alle mit Liebe und Sorgfalt gepflegt und nie in strikte Formen gezwängt worden. Alles nach dem Vorbild dieser Pflanze, deren Bedeutung Mavis und Lucy von frühster Kindheit an immer wieder ins Ohr geflüstert worden war und die so perfekt zu dem passte, was Rakheid zu vermitteln versuchte: Ich gebe die Hoffnung nicht auf! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)