Trauer, Rache und andere Gefühle von BloodyRubin ================================================================================ Kapitel 3: Geständnisse ----------------------- How can you see into my Eyes, like open Doors? Leading you down into my Core, where I become so numb. Evanescence – Bring me to Life Das Auspacken dauerte nicht lange und Tanuma kehrte in die Küche zurück. Dort war Natori damit beschäftigt, Fleisch anzubraten und das Zimmer mit einem herrlichen Duft zu füllen. Dabei summte er leise vor sich hin. Der Schwarzhaarige blieb stehen und lauschte der Melodie. Sie kam ihm seltsam bekannt vor, er konnte aber nicht sagen, weshalb. „Das Lied hat meine Mutter mir früher immer vorgesungen.“ sagte der Schauspieler, ohne sich zu ihm umzudrehen. „Das war, als meine Kindheit noch friedlich und normal war.“ „Ich kenne das Lied auch.“ erwiderte Tanuma. „Auch durch deine Mutter?“ „Ich bin mir nicht sicher. Sie starb, als ich fünf war.“ Er setzte sich an den Tisch und beobachtete den anderen, ehe er sich ein Herz fasste. „Was ist mit deinen Eltern?“ „Sie empfanden mich als Ungeheuer, weil ich Youkai sehen kann. Sie haben mich in ein Heim gegeben und sind an das andere Ende des Landes gezogen. Ich habe seither keinerlei Kontakt zu ihnen.“ meinte Natori kalt. In der Küche schien die Temperatur um zehn Grad gesunken zu sein und der Schwarzhaarige fröstelte und beschloss, den Mund zu halten, bis der Schauspieler fertig war. Hätte er doch nicht gefragt, dachte er. Natori schien ziemlich wütend zu sein, wie seine hart glitzernden Augen verrieten. Als er sich mit den beiden Tellern umdrehte, bemühte Tanuma sich, nicht vor dem anderen zurückzuweichen. Das schien dem Schauspieler aufzufallen, denn er stockte kurz, ehe seine Gesichtszüge sich wieder entspannten. „Entschuldige. Ich wollte dich nicht erschrecken. Es ist nur so, dass ich sehr lange nicht mehr an meine Eltern gedacht habe.“ „Mir tut es auch leid, dass ich gefragt habe, ohne nachzudenken.“ „Mach dir deswegen keine Gedanken. Komm, lass uns essen.“ Der Schwarzhaarige probierte und war überrascht, wie gut es schmeckte. „Das ist wirklich gut.“ „Danke.“ Natori lächelte und schien nun wieder bessere Laune zu haben. Allerdings nur, bis sie fertig waren. Wie aus dem Nichts spürte Tanuma, dass sie nicht mehr alleine waren. Natori wandte sich um und schien überrascht. „Was machst du hier, Hiiragi? Ich dachte, ich hätte deutlich gemacht, dass ihr hier nichts zu suchen habt.“ meinte er streng. Der Schwarzhaarige versuchte, etwas zu erkennen, konnte aber nichts sehen. War etwa ein Youkai in der Wohnung? „Verstehe. Nun gut, ich kümmere mich darum. Und es geht dich nichts an, warum Tanuma hier ist.“ Der Schauspieler stand auf und blickte Tanuma entschuldigend an. „Ich muss gehen. Offenbar treibt sich in der Nähe ein mächtiger Youkai herum, der nicht sehr friedfertig ist. Ich werde ihn exorzieren müssen. Du kannst hier tun und lassen, was du möchtest. Ich muss dich nur bitten, drinnen zu bleiben.“ „In Ordnung. Bis später.“ „Bis später.“ Nachdem Natori fort war, vertrieb Tanuma sich die Zeit bis zu seiner Rückkehr damit, fernzusehen und sich die Räume noch etwas genauer einzuprägen. Nur das Zimmer des Schauspielers ließ er aus Respekt vor diesem unbehelligt. Natori kam erst recht spät wieder. Er wirkte erschöpft, aber auch zufrieden. „Ich bin wieder da.“ „Willkommen zurück. Und, wie war es?“ „Ich konnte den Dämon versiegeln. War gar nicht so einfach. Er hat sich ziemlich gewehrt. Und dann ist auch noch Matoba aufgetaucht und hätte fast dafür gesorgt, dass der Youkai entkommen ist.“ Tanuma fühlte sich, als würde sein Inneres einfrieren. Die Tasse mit Tee, die er sich gemacht hatte, fiel ihm aus den Händen und zersprang klirrend auf dem Boden. Natori sagte etwas zu ihm, doch er hörte es nicht. Viel zu sehr hatte er das Bild des höhnisch lächelnden Matoba vor Augen. Ihm drehte sich alles und er hatte das schreckliche Gefühl, als würde er gleich umkippen. „Tanuma. Tanuma!“ Endlich registrierte er, dass Natori ihn schüttelte und ziemlich besorgt ansah. „Hast...du...gerade...Matoba...gesagt…?“ fragte er stockend. „Kennst du ihn?“ „Ja...“ Das Gesicht des Schauspielers wurde ernst. „Tanuma, was ist los? Erst die Sache auf dem Friedhof und jetzt verhältst du dich, als hätte ich vom Teufel geredet. Woher kennst du Seiji Matoba?“ Zweifelnd blickte der Schwarzhaarige den anderen an, ehe er beschloss, Natori die Wahrheit zu sagen. „Ich muss dir etwas gestehen. Ich war nicht ehrlich zu dir. An dem Abend, als das...mit Natsume passiert ist...da hat er mir etwas gesagt.“ Tanuma brach ab und starrte auf die Scherben der Tasse. „Er war an dem Abend sehr verzweifelt. Ich habe gefragt, was mit ihm los ist, aber er hat total abgeblockt. Ich bin wütend geworden, weil er immer gedacht hat, er müsste alles alleine schaffen. Ich habe ihn zu mir gedreht und dann gesehen, dass er sich offenbar… Er hatte angefangen, sich zu ritzen. Ich war geschockt und besorgt. Schließlich hat er mir gesagt, dass er...er...“ Wieder brach der Schwarzhaarige ab. Natori hatte kein Wort gesagt, während er sprach. Auch jetzt sagte er nichts, sondern legte nur den Arm um Tanumas Schulter und zog ihn an sich. Als dieser die Wärme des Schauspielers spürte, schaffte er es schließlich, sich wieder zu beruhigen. „Natsume...ist vergewaltigt worden. Mehrmals. Von...von Seiji Matoba.“ Der Körper neben ihm verspannte sich. „Matoba hatte Natsume gedroht, seiner Pflegefamilie etwas anzutun, wenn er irgendjemandem etwas erzählt. Ich konnte nicht glauben, dass ich nichts davon mitbekommen habe. Und dann hat Natsume noch gesagt, er könne nicht mehr, er würde sich hassen...und dann...dann...“ Nun war es sein Schluchzen, das Tanuma davon abhielt, den Rest der Geschichte zu erzählen. „Matoba...hat Natsume...vergewaltigt?“ fragte Natori erschüttert. „Ja...und dann habe ich ihn auch noch auf der Beerdigung getroffen. Es war ihm völlig egal, dass er Natsume in den Tod getrieben hatte. Im Gegenteil, er hat sich auch noch über meine Wut amüsiert und gesagt, dass jemand wie ich niemals gegen ihn ankommen könne. Hätte mich nicht einer seiner Youkai zurückgehalten, hätte ich ihn in diesem Moment umgebracht. Er ist es, den ich finden will, um ihn für das, was er meinem besten Freund angetan hat, bezahlen zu lassen.“ Tanumas Gefühle spielten völlig verrückt, nachdem er geendet hatte. Deutlich konnte er spüren, dass immer noch Tränen über seine Wangen flossen, doch nun war auch eine flammende, alles verzehrende Wut hinzugekommen. Er versuchte, sich wieder in den Griff zu bekommen und schaffte es schließlich. Dann löste er sich von dem anderen und sah diesem in die Augen. „Es tut mir leid, dass ich dich angelogen habe.“ Natori erwiderte den Blick, dann schüttelte er den Kopf. „Du musst dich nicht entschuldigen. Allerdings muss ich dir sagen, dass Matoba mit einer Sache Recht hatte. Du kannst es nicht alleine mit ihm aufnehmen. Lass mich dir helfen. Auch für mich war Natsume ein guter Freund. Und wenn es tatsächlich Matobas Schuld ist, dass er tot ist, werde ich alles tun, um ihn zur Rechenschaft zu ziehen. Gemeinsam mit dir.“ „Bist du dir sicher? Matoba ist gefährlich und wird sicher versuchen, uns aufzuhalten, ehe wir ihn aufhalten können.“ Natoris Blick wurde weich und er strich Tanuma über die schwarzen Haare. „Manchmal erinnerst du mich sehr an Natsume. Auch du bist nicht bereit, deine Last mit anderen zu teilen. Aber ich werde schon auf mich aufpassen.“ „Versprich es mir. Ich will nicht noch einen Freund verlieren.“ Kurz weiteten sich die rotbraunen Augen des anderen, dann lächelte er wieder. „Ich verspreche es. Und jetzt versuch, etwas zu schlafen. Schließlich musst du morgen wieder in die Schule.“ Tanuma warf einen Blick auf die Uhr. Natori hatte Recht, es war schon ganz schön spät. „Ich fege nur noch die Scherben zusammen.“ „Darum werde ich mich kümmern. Nun geh schon.“ „In Ordnung. Gute Nacht, Natori.“ „Gute Nacht.“ Der Schwarzhaarige ging zum Flur, wo er sich noch einmal umdrehte. Der Schauspieler saß immer noch auf dem Sofa, den Blick gesenkt und mit bebendem Körper. Tieftraurig wandte sich Tanuma um und ging auf sein Zimmer, wo er eine schlaflose Nacht verbrachte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)