Lilienkampf von FanFicFreak98 ================================================================================ Kapitel 2: (Un-)Erwünschter Besuch ---------------------------------- Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fand ich mich – wie zu erwarten – im Krankenhaus vor. Ich spürte ein Ziehen auf der Brust, was ich wohl der neuen Narbe zu verdanken hatte. Ich erinnerte mich an den Traum, welchen ich während der Bewusstlosigkeit hatte. Ich wusste nicht warum, aber der unbekannte Junge spielte eine Rolle. Innerlich regte ich mich über mich selbst auf, weil ich zuließ, dass er bereits in mein Unterbewusstsein eingriff. Dabei kannte ich ihn nicht einmal. Weiß nur, dass er Tim heißt. Und selbst das, war schon eine Information zu viel. Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, klopfte es auch schon an der Tür. Herein kam eine Ärztin, genauer gesagt die Oberärztin. Na super, als hätte ich nicht gerade schon ein anderes Problem, was sich gerade in mein Hirn frisst und in mein Unterbewusstsein einnistet. Sie schaute mich mit einem Blick voll Mitleid und Wut zugleich an. Wenn ich ihn genauer deutete, war er doch eher vorwurfsvoll und sie könnte jeden Moment vor Verständnislosigkeit ausbrechen. Wie ein Vulkan, der Jahre lang wartet, bis das Schauspiel beginnen kann. Für nichts anderes mehr Augen hatte, als endlich das loszuwerden, was ihm schon lange bevorsteht. Oder im Falle meiner Ärztin, endlich das hinauszuschreien, was sie mir doch fast jeden Tag erzählte. Ich wusste, was für einen Vortrag sie mir halten würde. Von wegen ich hätte nicht weglaufen sollen – ich setzte mein Leben aufs Spiel – ich sei verantwortungslos – und so weiter. Als sie die Tür hinter sich, aber leider von innen, schloss, verdrehte ich die Augen und hörte mir ihre Standpauke an. „Auf Grund der Verletzung mussten wir ein CT durchführen. Du hattest Glück, dass deine Lunge nicht verletzt wurde. Aber leider, haben wir noch eine ganz andere Entdeckung gemacht“, sagte sie schließlich wieder mit ruhiger Stimme, nachdem sie das halbe Krankenhaus zusammengeschrien hattet. Ich verstand nicht mal, warum sie schrie. Ich war ein Patient, wie jeder andere. Nur mit dem Unterschied, dass ich bereits Jahre hier liege, die Oberärztin eigentlich die einzige Person ist, die mich wirklich kannte. Naja – zumindest meine Krankengeschichte und wie mein Körper von innen aussah. Ich hatte es mir schon gedacht. Warum erzählt sie mir das? Genau das ist der Grund, warum ich gegangen bin. Weil ich es wusste und mich nicht wieder so einem völlig sinnlosen Gespräch unterziehen wollte. Mein Entschluss stand fest. „Na und? Es ist mir egal. Ist er halt wieder da. Ich werde definitiv keine weitere Session durchführen!“. Antwortete ich in einem lauten, bewussten Ton. Ich wollte ihr zeigen, obwohl sie es ja inzwischen deutlich genug bemerkt haben sollte, dass ich keinen Grund habe weiter zu machen. Und da werden ihre Reden oder Standpauken, wie auch immer man es nennen will, keinen Unterschied machen. Bevor mir die Ärztin wieder antworten konnte, klopfte es erneut an der Tür und Tim trat herein. Na super. Der hatte mir gerade noch gefehlt. „Wir reden später“, drohte mir die Ärztin und verließ endlich das Zimmer. Und ich wusste, dass ich da nicht drum herum kam, mir dieses Geschwafel erneut anhören zu müssen. Wenn Blicke töten könnten, wäre ich bereits Weltrekordhalter im 'gestorben sein', so oft, wie mir die Oberärztin am liebsten die Kehle zudrücken würde. Ich schaute kurz zu dem mir völlig Unbekannten. Meine Augen zeigten deutlich, was ich davon hielt, hier zu liegen und er daran schuld war. Gut – er war nicht daran schuld, sondern der Kerl, der mich abmurksen wollte. Aber das tat nichts zur Sache. Ich wollte ihn nicht sehen, seinen Duft nicht atmen und seine Stimme nicht hören. Er brachte mich völlig aus dem Konzept. Tauchte hier auf, ohne, dass er mich kannte. Meint wohl, dass er dank seiner dunklen Wuschelmähne und das liebliche Grinsen, was von einem leichten Rosaton begleitet wurde, einfach hier herein spazieren kann. Besuchte mich und schaute mich mit diesen smaragdgrünen Augen an, als würden wir uns ewig kennen. Ich konnte noch nicht mal ansatzweise ernst bleiben, so sehr verwirrte er mich. Er sollte gehen. Tim hingegen sah das wohl ein wenig anders. Denn er kam herein, war etwas verlegen und setzte sich neben mich auf einen freien Stuhl. Kann er mal aufhören so zu schauen? Sich das Rot aus dem Gesicht stehlen lassen? Es irritierte mich. „Wie geht es dir?“, fragte er leise und er schien wirklich besorgt. Wieder hörte ich seine Stimme, der ich unwillkürlich zuhören musste. Sie drang in mein Ohr, so als ob ich dazu gezwungen werden würde, ihm zuhören zu müssen. Es war Qual und Segen zugleich. Sie gab mir das Gefühl nicht atmen zu können, dass alles andere Nebensächlich schien. Der Raum wirkte auf einmal viel zu klein und das Gefühl von Bedrängnis überrumpelte mich. Seltsam. War klar, dass die Frage kam, aber ich konnte es ihm auch nicht übel nehmen. Vermutlich würde ich das Gleiche fragen, wenn ich ihn mit einer Stichverletzung in der Brust gefunden hätte. Obwohl nein. Würde ich nicht. Weil ich ihn nicht besuchen würde. Es wäre mir egal, ob er es überlebt hätte oder nicht. „Geht schon“, antwortete ich kurz und knapp. Es war doch offensichtlich, dass ich nicht mit ihm reden wollte. Aber gab nicht nach – wäre auch zu schön gewesen. Natürlich hakte er nach, was die Ärztin meinte und worüber sie reden will, doch ich hatte keine Lust ihm alles zu erklären. Deshalb schaute ich nur in die entgegengesetzte Richtung und sagte nichts. Nur weil er mir das Leben rettete, musste er ja nicht gleich meine ganze Lebensgeschichte wissen. Für wen hält er sich denn? Es war eine peinliche Stille zwischen uns, bis er schließlich erneut nach meinem Namen fragte. Ich nannte ihn diesen, ohne zu zögern. Sobald ich ihn ausgesprochen hatte, biss ich mir auf die Unterlippe. Ich wollte nichts mit ihm zu tun haben, warum stelle ich mich ihm also vor? Ändern konnte ich es jetzt sowieso nicht mehr. Doch die Stille blieb bestehen. Ich wollte ihn eigentlich schon bitten zu gehen, da ich meine Ruhe und nicht weiter in dieser unangenehmen Situation stecken wollte, doch das hatte sich zum Glück selbst organisiert. Die Stille wurde nämlich durch das Klingeln seines Handys unterbrochen. „Entschuldige“, sagte er schnell, obwohl ich nicht wusste warum er es tat, schließlich hatten wir sowieso nichts zu erzählen. Ich hoffte inständig, dass es etwas war, das ihn auf schnellsten Wege gehen lassen musste. „Hallo? - Oh Shit! - Ja ich bin unterwegs, bis gleich!“ hörte ich ihn nur stürmisch sagen, als er dann ohne ein weiteres Wort das Zimmer verließ. Ich dachte mir meinen Teil, machte mir aber keine weiteren Gedanken über ihn – versuchte es zumindest. Dieser Tim war seltsam. Ich wusste nicht was ich von ihm halten sollte. Aber ich mochte ihn trotzdem nicht. Auch wenn ich das Grün seiner Augen immer noch vor mir sah und die Stimme in meinem Ohr schallte. Nein. Ich mochte ich nicht. Glücklicherweise nervte mich auch die Oberärztin für heute nicht mehr, sodass ich wenigstens meine Ruhe hatte, um alles noch ein wenig zu verdauen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)