Illuminated von Sas-_- (Harry/Hermine) ================================================================================ Kapitel 4: Ginny ---------------- Es ist schon zehn Uhr abends als Harry die Tür zu seinem und Ginnys Haus öffnet, die Schuhe von den Füßen tritt und seine Schlüssel auf die Kommode direkt am Eingang wirft. Wenn er Glück hat, hatte Ginny was für sie gekocht. Wenn nicht, dann würde er irgendwas zu Essen bestellen. Schnuppernd reckt er die Nase in die Luft, da er aber nichts riechen kann (außer den angebrannten Toast von heute Morgen), muss er von Essen-Bestellen ausgehen. Auch gut, denkt er und zuckt gedanklich mit den Schultern, als er sich seinen Mantel von den Schultern streift und aufhängen will. „Ginny, bist du zu Hause?“ Eigentlich weiß Harry die Antwort, als er diese Frage in den Gang ruft – immerhin brannte Licht im Wohnzimmer. Aber es kommt keine Antwort. Harry gefriert mitten in der Bewegung, den Mantel noch in den Händen, kurz davor, über den Kleiderhaken zu gleiten. Ganz langsam hängt er ihn auf, ganz langsam wandert seine Hand zu seinem Hosenbund, wo sich – in einem Holster – sein Zauberstab befindet. Harry zieht ihn möglichst geräuschlos hervor, wendet sich dem langen Flur Richtung Wohnzimmer zu, verpasst seinem Körper non-verbal einen Dämpf-Zauber und bewegt sich lautlos zur Lichtquelle. Anschließend wirkt er, ebenso stumm, „Homenum Revelio“. Aus der Spitze seines Zauberstabs bricht ein dünner, silbriger Faden, der sich in Windeseile ins Wohnzimmer bewegt. Harry ist nicht allein. In seinen Gedanken spielt sich ein Horrorszenario nach dem anderen ab, sein Puls schnellt in die Höhe, sein Herz fängt an zu rasen, das Blut rauscht ihm in den Ohren. Er kann hundert Festnahmen mitmachen, er kann hundert Verfolgungsjagden hinter sich haben, aber wenn es ums Ganze geht, dann schießt das Adrenalin nur so durch Harrys Adern. Immer und immer wieder. Er ist nur noch wenige Schritte vom Wohnzimmer entfernt, den Zauberstab leicht erhoben, die Ohren gespitzt, die Nerven zum Zerreißen gespannt. Im Wohnbereich brennt Licht. Es ist kein Geräusch zu hören. Wo ist Ginny? Vor Harrys innerem Auge liegt sie auf dem Wohnzimmerteppich, reglos, die Gliedmaßen von sich gestreckt, ihr Blick geht ins Leere. Er schüttelt den Kopf, beißt die Zähne aufeinander. Reiß dich zusammen! Er betritt zitternd das Wohnzimmer. Zu seiner rechten befindet sich die Couch, dahinter ein kleiner Tisch aus hellem Holz und an der Wand hängt ein großer Fernseher. Zu Beginn war Ginny skeptisch, ob des Muggel-Dings, aber nun findet sie großen Gefallen daran und ist teils begeistert, teils entsetzt, was Muggel unter Unterhaltung verstehen. Obwohl der Dämpf-Zauber tadellos wirkt, bewegt sich Harry ganz langsam und bedächtig auf die Couch zu, den Zauberstab erhoben. Als er endlich nahe genug ist, um einen Blick über die Rückenlehne werfen zu können, zuckt er unwillkürlich zusammen. Ginny liegt seitlich auf der Couch, die Beine angezogen und schnarcht leise. Harry atmet hörbar aus, er hat gar nicht gemerkt, dass er die ganze Zeit die Luft angehalten hat. Ganz langsam fällt die Anspannung von ihm ab. „Ginny?“, sagt er leise, greift über die Couch und berührt sie sanft an der Schulter. Sie brummt leise, greift nach seiner Hand, drückt sie sanft und öffnet schläfrig die Augen. „Ich hab auf dich gewartet … Lange …“ Harry lächelt müde. „Tut mir leid. War ein langer Tag.“ Sie richtet sich langsam auf, streckt sich, massiert sich den Nacken und nimmt Harry genauer in Augenschein. „Was willst du mit dem Zauberstab?“ Siedendheiß fällt Harry ein, dass er den nicht mehr weggesteckt hat und noch immer in der Hand hält. „Oh, äh … Na ja … Ich hab nach dir gerufen, als ich Heim gekommen bin, du hast nicht geantwortet, da …“ Er stockt, will ihr gegenüber nicht in Worte fassen müssen, dass er dachte, irgendein ehemaliger Todesser hätte sich Zugang zu ihrem Haus verschafft und Ginny den Todesfluch verpasst. Irgendwie klingt das jetzt albern, findet er. Ginny seufzt, schüttelt den Kopf. „Aber mir nicht glauben wollen, dass du Urlaub brauchst …“ „Auroren stehen ganz oben auf der Liste, wenn’s um solche Sachen geht“, verteidigt sich Harry zerknirscht, steckt den Zauberstab weg und setzt sich neben ihr auf die Couch. Lächelnd greift er nach ihren Händen, nimmt sie sanft in seine und drückt sie. „Wie war dein Tag?“ Ginny blinzelt langsam und streicht mit ihrem Daumen über seinen Handrücken. „Gut. Es war ja heute nur Training. Es lief gut. Wir sind alle in Form, keine Drachenpocken, keine gebrochenen Gliedmaßen und keinen „Wir haben euren Teamkameraden gemopst“-Streich.“ Harry nickt. „Klingt gut. Klingt … erfolgreich.“ „Bei dir?“ „Bin von einem Teekessel gebissen worden.“ „Ist das gut?“ „Seamus meinte, es bringt Glück.“ Ginny zieht eine Augenbraue hoch und schmunzelt. „Davon hab ich noch nie gehört.“ Harry verdreht die Augen. „Ich hab nichts dazu gesagt. An manchen Tagen hab ich immer noch das Gefühl, erst gestern in die Zaubererwelt gestolpert zu sein.“ Ginny nickt, dann schweigen die beiden Hände haltend. Nach einiger Zeit kann Harry sehen, dass Ginnys Mund schmal wird, sie runzelt die Stirn – er kennt dieses Gesicht. „Wir hatten beide einen langen Tag, meinst du nicht?“, beginnt er leise. Er kann sehen, dass Ginny reden will, aber Harry fühlt sich heute nicht danach. Aber wenn er ehrlich zu sich sein soll, dann fühlt er sich nie danach, und Ginny weiß das auch. Ihre Gesichtszüge werden hart. „Ja. Aber ich warte schon seit Wochen. Insgesamt hatten wir heute zumindest einen guten langen Tag.“ Harry lässt ihre Hände los, lehnt sich zurück und fährt sich durch sein unbändiges Haar. „Also gut.“ Ginny lehnt sich ebenfalls zurück und verschränkt die Arme vor der Brust. „Wegen Quidditch will ich gar nicht reden.“ Harry bekommt ein klammes Gefühl. Quidditch war seit einigen Monaten Thema. Er schafft es zu selten, ihre wichtigen Spiele zu sehen, bringt nicht genug Interesse und oder Begeisterung auf und so weiter. Was Harry immer für sich behalten hat: Ginny bringt, seiner Ansicht nach, dafür ziemlich wenig Interesse für seine Arbeit auf. Wenn er so darüber nachdenkt, will wenigstens Hermine so ziemlich alles über seine abgedrehten Fälle wissen – und damit ist sie die Einzige. Denn Ron hat auch genug davon. „Harry? Hörst du mir zu?!“ Er schreckt aus seinen Gedanken auf, sieht Ginny verlegen an und rutscht auf der Couch hin und her. „Doch, ja, tu ich.“ „Und was gedenkst du anders zu machen?“ Mist, Lügen haben kurze Beine. „Okay, ich bin müde und war kurz in Gedanken …“ Ginny seufzt genervt, Harry versteht das. Er ist ja auch von sich genervt. „Tut mir leid, wirklich.“ „Du arbeitest nur noch! Wir machen ja auch sonst fast nichts mehr miteinander. Dass wir zusammen essen ist schon viel und selbst das klappt nicht immer!“ „Ja, es ist nur …“ Harry fasst sich an den Nacken, das wird nicht gut gehen. „Mein Chef ist zufrieden mit meiner Arbeit. Ich weiß, dass meine Beförderung zum Greifen nahe ist.“ Ginny knirscht sichtbar mit den Zähnen. „Und das heißt?“, fragt sie angespannt, obwohl sie die Antwort bereits kennt. Harry hebt abwehrend die Hände. „Nur einen Monat, vielleicht zwei. Dann hab ich das im Sack!“ „Und dann hast du wieder Zeit, ist das so?“ Dass Ginny das nicht glaubt könnte Harry selbst dann hören, wenn er taub wäre. Er seufzt tief. „Dann hab ich wieder Zeit.“ „Hast du nicht. Wir sind jetzt seit zwei Jahren dabei …“ „Auror ist kein Job mit geregelten Arbeitszeiten …“ „Nein, aber es ist auch kein Job, bei dem man zwölf Stunden oder mehr am Tag arbeitet oder mitten in der Nacht plötzlich aus dem Bett apparieren muss!“ Harry macht den Mund auf, um ihr zu widersprechen, aber leider hat Ginny recht. Niemand hat ihn explizit dazu aufgefordert, auch wenn sein Chef seinen Einsatz sehr zu schätzen weiß, besonders, seit Ron und Dean den Job an den Nagel gehängt haben. Auror wird man nicht einfach so, die Menge an geeigneten Hexen und Zauberern hält sich im überschaubaren Rahmen. Es will schon wohl überlegt sein, wer im Ernstfall sogar unverzeihliche Flüche aussprechen darf, ohne mit rechtlichen Konsequenzen rechnen zu müssen. Vielleicht sollte er ehrlich mit ihr sein, so wie er ehrlich mit Hermine ist. Vielleicht hilft das. „Ich brauche das, irgendwie. Ich kann es nicht so richtig erklären, aber es fühlt sich richtig an.“ Ginny reibt sich das Gesicht. „Überarbeitung ist nicht richtig.“ Harry schüttelt nachdrücklich den Kopf. „Das meine ich nicht. Ich meine, ich brauche diese Arbeit einfach. Ich brauche das Gefühl, gebraucht zu werden …“ Sie beugt sich vor, legt Harry ihre Hände auf seine Schultern und sieht ihm direkt in die Augen. „Ich brauche dich. Ich hab dich immer gebraucht.“ Sie lässt ihn wieder los, bewegt sich von ihm fort, Trauer überschattet ihr Gesicht. „Zumindest war das sehr lange so.“ Harrys Herz zieht sich schmerzhaft zusammen. „Wie meinst du das …?“, flüstert er leise. „Ich kann nicht mehr auf dich warten, Harry …“ Ohne darüber nachzudenken beugt nun er sich vor und will nach ihr greifen, aber Ginny zieht sich zurück. „Harry. Ich verstehe mich mit ihm, weißt du.“ „Montague“, sagt Harry mit aufeinander gepressten Zähnen. „Ja. Seit bestimmt einen Monat bin ich dabei, dass ihr euch mal trefft.“ „Ich will ihn nicht treffen“, faucht Harry und verschränkt bockig die Arme vor der Brust. Er weiß, dass er sich kindisch verhält, aber er will Montague einfach nicht sehen. Es ist ihm sowieso ein absolutes Rätsel, was Ginny plötzlich an dem ehemaligen Quidditch-Kapitän von Slytherin nur findet. Ginny lehnt ihren Kopf erschöpft gegen die Rückenlehne des Sofas. „Sei nicht albern, ihr seid doch keine Schüler mehr! Er hat sich geändert, ich kenne keinen, der fairer spielt als er. Nur so als Beispiel. Graham beschäftigt sich mit der Muggelwelt, er beginnt zu verstehen, dass sie nicht unser Feind sind, und Muggelgeborene keine Gefahr für die Zaubererwelt darstellen. Er ist mit diesem Weltbild aufgewachsen, aber Graham beginnt zu begreifen, dass es falsch ist – voller Angst und Vorurteilen. Er möchte sich gerne mit dir unterhalten.“ Harry schnaubt. „Ich mich aber nicht mit ihm! Schön, er ändert sich, gute Sache, aber in gewisser Weise bleibt er sich ja offenbar trotzdem treu …“ Sie blinzelt und hebt den Kopf wieder. „Bitte?!“ „Du weißt schon, was ich meine …“, murmelt Harry. Er will es nicht aussprechen müssen. „Was meinen?!“, zischt Ginny und ihre Augen bekommen diesen Ausdruck, von dem Harry weiß, wäre sie eine Aurorin, würde sich ihr Gegenüber sofort kleinlaut ergeben. „Das weißt du doch genau“, grummelt Harry schließlich trotzig und blickt genervt weg. Sie steht auf – er holt tief Luft. „Graham ist nicht mit mir befreundet, weil ich reinblütig bin!“ Harry springt nun ebenfalls auf die Füße. „Ach ja? Und woher willst du das so genau wissen?! Er macht einen auf Muggelfreund, aber am Ende bleibt der Fischer doch bei seinen Netzen!“ „So ein Schwachsinn! Jetzt hörst du dich an wie ein Reinblut-Fanatiker! Ich weiß das alles übrigens so genau, weil wir seit einiger Zeit in derselben Mannschaft spielen und ich ihn seit Monaten treffe. Ich unterhalte mich mit ihm am Tag mehr als wir zwei in einer Woche!“ „Wie toll für euch! Und, habt ihr auch schon entschieden, ob eure Kinder nach Slytherin oder nach Gryffindor kommen?!“ Ginnys Gesicht wird rot vor Wut. „Wie kannst du mir so was vorwerfen?! Als hätte ich dich jemals betrogen! Du hast kein recht, so was zu sagen! Du rennst mit deinen Problemen ja sowieso nicht zu mir, sondern …“ Ginny kommt ins Stolpern, geht einen Schritt zurück und sieht aus als wollte sie gerne den Wohnzimmertisch packen und durch den Raum werfen. Harry muss sich zusammenreißen, ihr dabei nicht zuvor zu kommen. „Sondern?“, greift er außer Atem ihren letzten Satz mit zitternder Stimme auf. Ginny richtet ihre glühenden Augen wieder auf ihn. „Sondern zu ihr.“ Harry gibt zu, nun ist er etwas verdutzt. Seine Wut verraucht ein wenig und er runzelt leicht die Stirn. „Ihr?“ „Hermine!“ „Was ist mit Hermine?“ Harry sieht Ginny nun dümmlich an. Sie wiederum sieht aus als würde sie Harry gerne eine runterhauen. „Was soll das heißen, was ist mit Hermine?! Du schüttest deinen Kummer bei ihr aus, ich weiß das! Über deine Vergangenheit sprichst du mit ihr nicht mit mir! Du sagst mir, du hast okay geschlafen und ihr erzählst du von deinen Albträumen! Du sagst zu mir, dein Tag war okay und ihr erzählst du, dass dein letzter Einsatz dich an damals erinnert hat!“ „Ich erzähl dir das auch, oder … Ich hab es dir erzählt, aber Hermine versteht mich!“, bricht es aus Harry heraus. Ginny brüllt zurück. „Und ich dich etwa nicht?!“ „Nein! Du verstehst es nicht! Nicht so wie sie! Weil du das gar nicht kannst!“ Genau in dem Moment, als diese Worte aus Harry raus sind, täte er alles, um sie wieder zurücknehmen zu können. Die Wut verebbt in Ginny, das kann er sehen. Und die Wut wird ersetzt, durch Schmerz, tiefgehendem Schmerz und schwerer Enttäuschung. „So hab ich das nicht gemeint …“, sagt er kleinlaut. „Doch, das hast du“, hält Ginny mit heiserer Stimme dagegen. „Du hast es genau so gemeint.“ Für einen kurzen Moment stehen sie sich gegenüber. Harry sieht sie reuevoll an, Ginny ihn zutiefst verletzt. Schließlich dreht sie sich langsam um und geht Richtung Schlafzimmer. Als sie die Tür aufstößt, muss Harry entsetzt feststellen, dass ihr Koffer schon längst gepackt war. Ginny hat damit gerechnet. Sie hatte bereits geplant, ihn heute mit einem gepackten Koffer zu verlassen, und er hat ihr die perfekte Vorlage dafür geliefert. Er ist ehrlich mit ihr gewesen, aber nicht so, wie er es eigentlich vorgehabt hatte. „Wo … Wo gehst du hin?“, fragt Harry mit flehender Stimme und folgt ihr stolpernd. Ihre Hand schließt sich um den Griff des Koffers. „Das weißt du.“ „Das … Das kannst du nicht machen …“ „Nun“, sagt Ginny mit bebender Stimme und wendet sich Harry mit zitternden Lippen zu, „er versteht mich.“ „Nicht zu ihm …“, fleht Harry, erreicht Ginny und legt ihr seine bebende Hand auf die Schulter. „Wieso nicht? Ich will auch nur verstanden werden, genau wie du. Ich gehe zu ihm. Geh du doch zu ihr …“ Bevor Harry noch ein weiteres Wort sagen kann, ist Ginny disappariert und er steht allein im Schlafzimmer. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)