The Opera von FraeuleinUnruh (Mitmach-FF) ================================================================================ Kapitel 2: Now you'r just somebody that i used to know ------------------------------------------------------ Edge, 2002 Mein PHS klingelt schon zum dritten Mal heute. Es ist nur ein einfaches Klingeln, besser gesagt ein kurzes, leises 'Pling' und um noch genauer zu sein, ein ganz besonderes 'Pling' zwischen all den anderen Mitteilungstönen, aber ich ignoriere es geflissentlich. Ich weiß, dass es nicht das letzte sein wird und ich habe mir angewöhnt, erst nach jedem fünften zu antworten, sonst komme ich tagsüber gar nicht mehr zum arbeiten. ''Es ist wieder er, oder?'' Ihre sanfte Stimme lässt mich kurz von meinem Wischlappen und der spiegelglatten Theke aufschauen, ehe mein Blick mit einem freudigen, warmen Lächeln kollidiert. Ich lächle zurück und wechsle das weiche Tuch in die andere Hand, um die Politur in weiten, meditativen Kreisen einzuarbeiten und das dunkle Holz wieder zum Glänzen zu bringen. ''Ja, natürlich. Wer sonst?'' Mit einem Seitenblick streife ich mein PHS und sehe den kleinen orangefarbenen Punkt an der linken, oberen Ecke aufleuchten. Definitiv er. Aber da es erst die dritte Nachricht ist, ist das noch kein Grund nachzuschauen. Später dann. ''Und du willst nicht lesen was er dir schreibt?'' ''Das Gewäsch kann sie getrost löschen. Gib her. Ich les's für dich.'' Die große Hand greift zielstrebig über die Theke, doch mit einem treffsicheren Schlag des nassen Lappens halte ich ihn davon ab nach meinem PHS zu greifen. ''Lass das mal schön meine Sorge sein.'' Ich zwinker ihm zu, als er sich gespielt über den Handrücken reibt und sich zurück auf den knarrenden Barhocker sinken lässt. ''Also wirklich! Gewäsch...'' Sie lacht herzlich auf. ''Du könntest dir an ihm mal noch ein gutes Beispiel nehmen. Eine Frau an deiner Seite würde dir gut tun.'' Ich greife wieder nach der Flasche mit der Politur und ein angenehmer Duft von Öl und einem Hauch Orange erfüllt den Raum, als sich die dünne Pfütze auf dem blanken Holz langsam kriechend ausbreitet. Mit einem breiten Lächeln schüttle ich den Kopf und fahre mit dem Einarbeiten des Pflegemittels fort. Tage wie diese sind mittlerweile zu einer kleinen, liebgewonnen Tradition geworden. Immer wenn Barret zurückkehrt oder Edge wieder verlässt, trifft er sich mit Elmyra zusammen hier bei mir. Sie hat sich bereit erklärt in regelmäßigen Abständen die Kinder zu sich zu nehmen, wenn er unterwegs ist und auch ich nicht viel Zeit für die beiden erübrigen kann. Marlene und Denzel verbringen zum Glück gern die Tage bei ihr in Kalm. Elmyra hat einfach ein ausgesprochen sensibles, liebevolles Händchen für Kinder. Sie kümmert sich gut um sie. ''Ein Beispiel? Dass ich nicht lache.'' Barret verschränkt in gespielter Misslaune die Arme vor der Brust und verzieht kurz das Gesicht. ''Ich soll mir ein Beispiel an so einem weichgespülten Trottel nehmen... meine Gute, da kannst du bis zum zweiten Meteorfall drauf warten.'' Er nimmt einen kräftigen Zug aus seinem Glas und stellt es, mir zuliebe, wieder fein säuberlich auf den Untersetzer zurück. Schließlich weiß er genau wie viel mir die saubere, mackenfreie Theke bedeutet. Sie ist immerhin mein Aushängeschild. Eine gute Bar muss eine gepflegte Theke haben, denn hier läuft das meiste, das beste Geschäft ab. Alles andere wäre ein Schritt Richtung 'billige Kaschemme' und das ist wirklich das Letzte, womit sich eine Lockhart identifizieren würde. ''Ich weiß nicht, was du an dem überhaupt findest. Ist absolut nichts für dich.'' Ich senke den Kopf und konzentriere mich weiter auf meine Arbeit, um meinen resignierten Blick vor ihm zu verstecken. Bedauerlicherweise hat er irgendwo Recht und eigentlich weiß ich es auch nicht. Als mein PHS zum vierten Mal dieses ganz besondere 'Pling' macht, kann ich das leicht genervte Seufzen nicht mehr unterdrücken. Es ist Mittag, deswegen schreibt er auch wieder. Pausenzeit. Im Prinzip freue ich mich ja über seine Nachrichten, aber er übertreibt es gern. Oft. Und das, obwohl ich ihm nur sporadisch antworte. ''Jetzt ist aber mal gut. Jedes Mal dieselbe Leier.'' Sie zwickt dem Hünen schelmisch in die Seite. ''Kunsel ist ein wundervoller Mann und Tifa hätte es kaum besser treffen können.'' Hier muss ich aber auch Elmyra ihren Punkt eingestehen. Von seinem gesteigerten Mitteilungsbedürfnis einmal abgesehen, ist er wirklich ein bodenständiger Kerl. Ein gutes Pendant zu mir, wenn ich mich wieder einmal in ungeahnten Gefühlsausbrüchen verliere. Es macht das fünfte Mal 'Pling'. ''Jetzt musst du aber antworten. Es ist immerhin schon die fünfte Nachricht.'' Elmyra lächelt mich breit an und verschränkt die schmalen Hände unter dem Kinn. ''Und lies es vor. Ich mag's, wenn er dir so süße Komplimente macht.'' Ich erwidere ihr Lächeln, lege den Lappen beiseite und wische mir die Hände an der kurzen Schürze trocken, ehe ich nach dem PHS greife. 'Kling' Ich zögere. Das war kein 'Pling'. Das war weder sein, noch der Ton einer der anderen. Das war... ich starre ungläubig auf das blau blinkende Lämpchen in der oberen, linken Ecke. ''Was ist?'' Ich habe das wirklich gehört, oder? Noch einmal ein Blick auf das Licht. Blau. Nicht orange, nicht gelb oder rot oder grün. Nein, Blau. Ich spüre, wie sich ein fester, dicker Klumpen in meinem Hals bildet, als sich die Erkenntnis langsam in meinem Kopf zu einem vollständigen Gedanken formt und ich genug Mut gesammelt habe, um das PHS aufzuklappen und auf das Display zu schauen. [Inbox: 6 neue Nachrichten] Fünf davon sind von ihm. Ich weiß es, ich habe es 'Pling' machen hören und das orangefarbene Licht gesehen. Die sechste Nachricht, die mit dem 'Kling' und dem blauen Licht... sie ist von dir. [13:09 - Können wir uns treffen?] Es sind nicht mehr als vier kleine Worte und doch reichen sie aus, um mir den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Meine Hand tastet Halt suchend nach der Kante der frisch polierten Holzplatte und krallt sich energisch hinein, als sie sie findet. ''Tifa?'' Elmyras Stimme klingt ein leicht besorgter Unterton mit, als sich ihre Hand vorsichtig und beschwichtigend nach meiner ausstreckt und sie sanft meine Finger umfasst. ''Hm?'' Ihre Berührung weckt mich aus meinem kurzzeitigen Gedankenkoma und allmählich kann ich auch meinen ungläubigen Blick vom mittlerweile schwarz gewordenen Display losreißen. Barrets dunkle, wachsame Augen begegnen mir skeptisch. Sie wären noch dunkler, wenn er wüsste, dass du mir geschrieben hast. ~*~ Seit du weggegangen bist, habe ich nichts mehr von dir gehört. Und das war auch immer gut so. Das war ok für mich. Ich habe mit der Zeit gelernt, das zu akzeptieren und damit umzugehen. Doch jetzt reißt du mich so brutal aus meinem mühevoll einstudierten Alltag. [13:09 - Können wir uns treffen?] Mit einem schweren Seufzen klappe ich das PHS wieder zu und lasse es in meine Westentasche gleiten. Ich sollte die Nachricht einfach löschen. Ich hätte sie schon längst löschen sollen. Die Nachricht, deine Nummer, dich. Damit wäre allen geholfen. Allem voran mir. Ja. Doch das leise Klicken des Türschlosses lenkt mich von diesem Gedanken ab. Schwere Schritte bewegen sich zielstrebig über den Flur in Richtung der kleinen Küche und kommen direkt hinter mir zum Stehen. ''Hallo Liebes.'' Er haucht mir einen zarten Kuss in den Nacken, ehe er mir die Hände auf die Schultern legt und mir einen weiteren Kuss auf die Wange drückt. Ein Lächeln huscht mir über die Lippen. Es ist immer wieder ein Genuss, wenn er sich mir so zärtlich nähert und ich kann nicht anders, als mich zurückfallen zu lassen und in seine Hände zu schmiegen. Wir haben uns zufällig kennengelernt. Hier, im siebten Himmel. Er kam, wie er erzählte, nach Schichtende hier her, da er die ehemals berühmteste Bar der Midgar Slums und nun vom Nordviertel Edges, kennenlernen wollte. Weißt du, SOLDAT ist mittlerweile die gehobene Exekutive der Schutz- und Sicherheitsabteilung von ShinRa. Quasi die höhergestellte Position über den Schutzstaffeln der WRO und nicht mehr dieser kranke Haufen elitärer Superkrieger... Aber das sind Nebensächlichkeiten. Kunsel ist ein liebevoller, aufmerksamer Mann und schenkt mir so viel Zärtlichkeit und Zuneigung, dass ich fast daran zu ersticken drohe. Und es gibt da noch einen Punkt der absolut für ihn spricht. Im Gegensatz zu dir hat er mich nie belogen. Im Gegensatz zu dir ist er First Class SOLDAT. Ich denke, du weißt spätestens jetzt worauf ich hinaus will. Richtig? Er hat mir Dinge über dich erzählt, die du mir, die du uns allen vermutlich auf ewig verschwiegen hättest. Er hat mir viel von Zack erzählt, einem Freund. Ein mir, wenn auch nur flüchtig bekannter Name. Er hat mir erzählt, dass Zack und, wie nannte er ihn noch, der General, immer deine Idole waren. Die Idole, eines einfachen Infanteristen. Er hat mir erzählt, dass du einige Jahre nach Ende des Vorfalls in Nibelheim... ...in Midgar aufgetaucht bist --ich weiß, ich erinnere mich, wie ich dich in deinem desolaten Zustand am Bahnhof in Sektor 7 gefunden habe--, aber nie selbst wieder bei ShinRa warst. Schließlich warst du für den Konzern offiziell tot. Du bist damals in Nibelheim gewesen. Richtig? Verdammt. Du bist dagewesen! Deine halbe Vergangenheit... sie ist nichts weiter als eine Lüge. Eine große, schmutzige Lüge. Eine Lüge, die du mir, die du uns allen mit extra viel Zuckerbrot schamlos aufgetischt hast. Und nie hast du es auch nur eine Sekunde in Erwähnung gezogen uns, oder zumindest mich davon in Kenntnis zu setzen. Ich habe immer gedacht wir wären Freunde. Enge Freunde. Vielleicht mehr. Doch du hast all das kaputt gemacht. Kaputt gemacht, als du gegangen bist. Als du uns den Rücken gekehrt hast. Als deine Lügen sich nach all der Zeit von selbst an die Oberfläche gekämpft und mir die Wahrheit erzählt haben. Du hast alles kaputt gemacht. Du hast... Du... Ich zerre ihn am Kragen dichter an mich und uns enger an die Wand und rette mich aus den elendigen Gedanken in einen innigen Kuss. Seine Lippen schmecken süß und liebkosen zärtlich meinen Hals, als er seine Hände von mir löst, die Ledergurte von seinen Schultern streift und den Saum seines schwarzen Pullunders unter dem breiten Gürtel hervorzieht. Ich seufze verhalten, schlinge schnell die Arme um seine Schultern und ziehe ihn zu einem weiteren Kuss wieder an mich. ''Bitte...'' Noch ein Kuss. ''Behalt' sie noch für einen Moment an.'' Noch ein Kuss und ich kann sein Grinsen auf meinen Lippen spüren. ''Zu Befehl, Ma'am!'' Er packt mich und trägt mich die letzten Schritte auf seinen starken Armen zum Schlafzimmer, ehe er uns beide lachend auf das Bett fallen lässt. Ich kralle mich in den festen, groben Stoff über seinen Schultern und ziehe ihn wieder an mich. Ich weiß, dass es albern, leichtsinnig und unverschämt ist, doch ich kann gerade einfach nicht anders. Du hast das alles wieder in mir hochgebracht, hast den trockenen Satz am Boden der leeren Tasse, die du an jenem Tag auf dem Tisch hast stehen lassen, wieder aufgewirbelt. Und jetzt... Es ist die Uniform, die damit verbundene Erinnerung. Die Erinnerung an dich. An all das, was ich immer haben wollte, doch niemals bekommen durfte. Und wenn ich die Augen schließe, meine Hände über das typische Ripsmuster des Pullunders streifen lasse, meine Fingerspitzen in dem kurzen Haar versenke... nur für einen Moment... Ich ersticke das aufkommende, weinerliche Jammern in dem ich mich fest in seinen Kuss dränge. Er ist ein so guter Mann und hat es wirklich nicht verdient, dass ich mich so egoistisch meinen Erinnerungen hingebe. Doch ich kann es nicht ändern. Ich brauche das. Hier. Jetzt. Denn schlussendlich sind es nichts weiter als ebendiese. Verblassende Trugbilder von dem, was du für mich einmal gewesen bist. Und im Gegensatz zu dir ist er da. Ist hier bei mir. Jeden Tag. Immer wenn ich ihn brauche. Im Gegensatz du deinen sind seine Hände, die mich halten, die mich stützen, die mich wissentlich liebend berühren, real. Und ich weiß, dass er mich, im Gegensatz zu dir, niemals verlassen wird. Nicht so, wie du mich verlassen, zurückgelassen hast. Allein. Aber er kam und hat mich wieder aufgehoben, hat mich gehalten, mich gestützt und wieder aufgestellt. Ich greife nach meinem PHS und dimme das Licht des kleinen Displays, als es mir im Dunkeln mahnend entgegenstrahlt. Sein nackter, schlafender Körper liegt dicht an meinen gedrängt und seine ruhigen, gleichmäßigen Atemzüge bringen auch mich wieder ins Gleichgewicht, nach dem du mich aus dem Schlaf gerissen hast. Es ist nicht viel, ein paar kleine Klicks und ich bin, wo ich sein wollte. Ich schmiege den Kopf an die Schulter, die hinter mir liegt. Er ist ein Kompromiss, wenn auch ein wundervoller, doch das weiß er nicht. Und er braucht es auch nicht zu wissen. Doch du... Du sollst wissen, dass du keine Option mehr bist. [Möchten Sie den Kontakt wirklich löschen?] [Ja] ~*~ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)