Lights of Piltover von Leilan (Vi/Caitlyn Oneshot) ================================================================================ Kapitel 1: Lights of Piltover ----------------------------- Es war spät in der Nacht, als Vi die nur von einem flackernden Licht erleuchteten Treppen hinaufstolperte und die lauten Geräusche des nächtlichen Piltovers hinter sich ließ – dröhnende Sirenen, Maschinenrattern und die Fahrzeuge auf den Straßen. Weit entfernt hörte sie eine der magischmechanischen Hextechbrücken ausfahren, die über den Fluss führten. Ihr Schädel brummte und sowohl ihre Fäuste als auch ihre Seite pochten schmerzhaft. Wie öfter nach einem heftigen Kampf spürte sie ihre Finger kaum und tat sich schwer, die Schlüssel aus der Tasche ihrer Hose zu fischen und sie in das Schloss zu manövrieren. Ein lautes Fluchen entschlüpfte ihr und sie trat genervt und frustriert gegen die schwere Tür, bevor ihr auffiel, wie spät es war. „Verdammte Scheiße!“ Hoffentlich hatte sie niemand gehört, neugierige Nachbarn konnte sie gerade am wenigsten brauchen. Leider hatte sie kein Glück. In dem Moment, in dem sie endlich den Schlüssel im Schlüsselloch versenkt hatte, hörte sie ein Klicken und der Türknauf bewegte sich. In dem Türrahmen, der nur wenig Einblick in den halbdunklen Flur der Wohnung dahinter bot, der nur von einigen Lichtern von den vor den Fenstern stehenden Laternen erleutet wurde, stand Caitlyn und blickte sie an. Statt ernst und nüchtern dreinzuschauen, wie sie es bei der Arbeit immer tat, waren ihre Augen dunkel vor Sorge. Ihre blauen, langen Haare waren zu einem Zopf zusammgengebunden und sie trug bequeme Kleidung - eine weite Hose und einen Strickpullover - war wohl noch nicht im Bett gewesen, obwohl es doch schon weit nach ihrer Schlafenszeit war. Ihr Gesicht zeigte Vi deutlich, dass sie wohl auf sie gewartet hatte – und das sehr lange. Caitlyns Stimme war ruhig und sanft, aber eindringlich: „Vi. Du bist spät.“ Anstatt zu antworten, schob Vi sie unsanft zur Seite und betrat Caitlyns Wohnung. Eigentlich hatte sie zu sich nach Hause gehen wollen, doch die Aussicht auf ihre ungemütliche Einzimmerwohnung ohne funktionierende Heizung hatte ihr nicht gefallen. Vor allem... hatte sie nicht alleine sein wollen, auch wenn sie das nur schwer zugeben wollte. Allgemein fiel es ihr sehr schwer, Schwäche zu zeigen, doch wie sie Caitlyn kannte, hatte diese längst erkannt, was Sache war und ihre mürrische, aggressive Maske durchschaut. „Getrunken hast du scheinbar schon genug“, meinte Caitlyn kühl und tadelnd und fügte hinzu: „Wie wäre es mit einem Tee?“ „Mir egal“, knurrte Vi und ließ sich der Länge nach auf Caitlyns bequemes Sofa fallen. Ihr Blick glitt durch die Wohnung ihrer Freundin, in der sie inzwischen öfter zu 'Besuch' war als bei sich Zuhause. Inzwischen... war das eigentlich ihr Zuhause, auch wenn es ihnen beiden schwer fiel, das offiziell anzuerkennen. Sie drückten sich noch immer darum, gewisse Dinge auszusprechen und für den Moment war das auch in Ordnung. Vi hörte, wie Caitlyn sich in die Küche begab, um Teewasser aufzusetzen. Die vertrauten Geräusche beruhigten Vi ein wenig und sie schloss für einen kurzen Augenblick die Augen und atmete tief durch. „Du bist wohl wieder einmal in eine Prügelei geraten, hm?“ Scheinbar war der Moment doch länger gewesen als sie gedacht hatte. Vi öffnete ihre Augen und sah Caitlyn vor dem Sofa stehen, mit einem Tablett mit Tee in den Händen, das sie auf den Sofatisch stellte, auf dem sich noch eine halbvolle Schale mit Keksen und ein umgedrehtes, aufgeschlagenes Buch befanden. „Frag doch nich so dumm. Sieht man doch“, knurrte Vi noch immer ungehalten und setzte sich ruckartig wieder auf, nahm Haltung an. Mit denen ihr eigenen eleganten Bewegungen ließ sich Caitlyn auf einen Sessel nieder und goss ihnen beiden eine Tasse Tee ein. Ihr Blick fiel auf Vi's aufgeschlagene, blutige Hände, auf die langsam aufblühenden blauen Flecke in ihrem Gesicht, den mittelgroßen Riss in Vis enganliegendem Shirt und ihre Augenbrauen zogen sich dezent zusammen, wie man es so oft bei ihr sah, wenn sie kurz davor war, Vi zu tadeln. „Spar's dir“, meinte diese daher, bevor Caitlyn etwas sagen konnte. „Ich muss nur wissen, ob ich dich morgen selbst in die Zelle stecken muss, oder ob sich die Angelegenheit mit ein wenig Papierkram lösen lässt“, antwortete Caitlyn kühl und musterte Vi erneut. Sie hatte wieder diesen Blick, der dafür sorgte, dass sich Vi wie ein kleines, unartiges Kind fühlte, das vor seinem Lehrer stand. Auch wenn sie sich nicht daran erinnerte, jemals einen Lehrer gehabt zu haben, aber so ungefähr stellte sie es sich vor. „Weder noch“, antwortete sie grummelig und rollte mit den Augen. „War nur ne Kneipenschlägerei und ich hab nichma angefang'n.“ Auf diese Aussage hin entspannte Caitlyn sich ein wenig, lehnte sich in ihrem Sessel zurück und überschlug ihre langen, schönen Beine. Zu jeder anderen Zeit hätte Vi die Blicke nicht davon wenden können, doch gerade konnte sie keinen klaren Gedanken fassen. Noch immer beherrschte eine verwirrende Mischung aus Aggression, Hass und Unsicherheit ihre Gedanken. Wie um sich zu schützen, verschränkte sie die Arme vor der Brust und ignorierte dabei die Tatsache, dass sie ihr Blut überall an ihre Kleidung schmierte. War sowieso überwiegend fremdes Blut. „Ich mag es nicht, wenn du dich grün und blau schlagen lässt.“ Caitlyns Stimme war tadelnd, aber der besorgte Unterton war deutlich hörbar. „Glaub mir, die anderen seh'n schlimmer aus“, gab Vi zurück und schnaubte. Das Gesicht ihrer Freundin wurde nun sehr weich. „Warte bitte kurz. Und trink einen Schluck, deine Stimme klingt rauh wie ein Reibeisen.“ Mit diesen Worten erhob sie sich elegant und verschwand in ihrem Schlafzimmer, in dem sie beide nun schon seit einigen Wochen gemeinsam schliefen. Auch wenn sie nicht gerne auf Anweisungen hörte, so konnte sie den Sinn dieses Befehls gut nachvollziehen. Vi beugte sich nach vorne und trank ein paar Schlucke Tee, obwohl er eigentlich noch so heiß war, dass sie kaum schmecken konnte, welche Sorte es überhaupt war. Sie hatte ziemlichen Durst - erst hatte sie ziemlich viel Alkohol getrunken, irgendein billiges Bier in ihrer Stammkneipe, dann die Prügelei und der Weg hierher, den sie zu Fuß hatte bewältigen müssen, weil sie zu betrunken zum Fahren gewesen war. Hoffentlich würde ihr Motorrad bis morgen noch vor der Bar stehen und noch nicht in die Fänge der allgegenwärtigen Kleinkriminellen geraten sein. Der Tee tat ihr gut. Kurz seufzte sie und lehnte sich wieder zurück. Mit geschlossenen Augen atmete sie den typischen Geruch von Caitlyns Wohnung ein. Tee. Das Parfüm, das ihre Freundin immer auflegte und das nur unterschwellig, aber merklich nach Blumen roch. Und natürlich – seit Vi hier öfter war – der Geruch nach Metall, Öl und gerade... Blut. Sie hatte ziemlich viel Unordnung in Caitlyns perfektes Leben gebracht. Manchmal tat es ihr Leid, aber die meiste Zeit war sie zu egoistisch, um darüber nachzudenken. Außerdem war Caitlyn selbst Schuld, immerhin hatte sie sie aus der Gosse gezogen und in ihr Leben eingeladen. Mit einem kleinen Täschchen in den Händen und einem nassen Tuch kehrte Caitlyn schließlich zum Sofa zurück und ließ sich nun neben Vi darauf nieder. Nah. Sehr nah. Näher als Freunde sich für gewöhnlich kamen. Sie blickte seitlich zu Vi auf – auch sitzend war sie ein paar wenige Zentimeter kleiner – und ihr Blick hatte jegliche Strenge und Härte verloren, den er den ganzen Tag bei der Arbeit nicht ablegte. „Komm, zeig mir deine Hände.“ Es war eine Bitte, keine Aufforderung, ihre Stimme hatte nichts Drängendes. Wie in Trance hob Vi ihre linke Hand und legte sie in Caitlyns, die sich zuerst nur die aufgeplatzten Knöchel besah. „Ich muss kurz sichergehen, dass nichts gebrochen ist.“ Vi nickte nur und biss die Zähne zusammen, als Caitlyn vorsichtig, aber mit Nachdruck die Handknöchel abtastete. „Nein, scheint alles in Ordnung zu sein. Du hast Glück gehabt.“ „Ich weiß, wie ich zuschlagen muss“, antwortete Vi mürrisch und wandte ihren Blick von Caitlyn ab und ließ ihn aus dem Fenster über das nächtliche Piltover schweifen. Die Stadt, die nie schlief. Überall blinkten Lichter und irgendwo da draußen fanden gerade Verbrechen statt. Gut, dass sie Feierabend hatten, denn sie war gerade nicht dazu aufgelegt, sich darum zu kümmern. „Das weiß ich doch“, antwortete Caitlyn sanft und beinahe beruhigend wie zu einem Kind. Dann machte sie sich daran, so vorsichtig wie sie konnte, die aufgeplatzten Wunden abzutupfen und das Blut von der Hand zu waschen. Vi konnte nicht anders, als Caitlyns Hände zu betrachten, die sich so sehr von ihren eigenen unterschieden. Obwohl auch ihre Freundin viel und hart arbeitete und sich auch häufig die Hände dabei schmutzig machte, waren ihre Finger lang, schlank und makellos, mit schönen, nicht zu langen Nägeln. Grazil, sehr flink und mit viel Gefühl. Vi's Hände hingegen waren grob und vernarbt, oft gefühllos und taub aufgrund der vielen verletzten Nerven, wie ihr ein Heiler gesagt hatte, die Nägel oft im Stress abgekaut. Es gab Tage, da fiel es ihr schwer, die Feinmechanik in ihren Hextechhandschuhen zu justieren. Zum Glück verfügte sie über genug Erfahrung und selbsterlerntem Fachwissen, um es trotzdem meistern zu können, doch konnte sie manchmal nicht anders, als Caitlyn darum zu beneiden, wie leicht ihr solche filigranen Arbeiten fielen. Auch wenn sie sich näher kamen... Oft fühlten sich ihre Hände dabei zu klobig und zu rauh an, wenn Caitlyn ihr auch immer das Gegenteil versicherte. Caitlyns Gesicht war konzentriert, aber sanft, während sie erst die eine, dann die andere Hand abtupfte und säuberte. Und langsam, sehr langsam, beruhigte Vi sich. Die Anwesenheit ihrer Freundin hatte – wie immer – heilsame Wirkung auf sie, schaffte es, dieses Chaos in ihrem Kopf zu ordnen, ohne überhaupt etwas anderes zu tun als einfach da zu sein. Und dafür liebte sie sie – so sehr. „Willst du mir nicht erzählen, was los war? Normalerweise tust du so etwas doch nicht ohne Grund.“ Erneut nur ein Angebot, eine Bitte. Keine Anweisung. Vi war ihr dankbar dafür, denn Bitten kam sie deutlich lieber nach als Anweisungen. Während Caitlyn nun weiße, saubere Bandagen um die gesäuberten und mit Salbe bestrichenen Fingerknöchel wickelte, begann Vi zu sprechen. „Ach. Ich krieg das einfach nicht aus dem Kopf.“ „Was genau meinst du?“, fragte Caitlyn, ohne den Blick von ihrer Arbeit zu wenden. „Gestern beim Ligakampf. In der Kluft. Was dieser Freak gesagt hat.“ Nun blickte Caitlyn sie doch an, nahm eine von Vi's frisch bandagierten Händen sanft zwischen ihre und streichelte über den unverletzten Daumen. „Der neue Champion? Camille?“ „Hast's doch gehört, oder?“ Caitlyn nickte. Sie hatte in einem der zahlreichen Übertragungsräume gesessen und sich Vis Kampf angesehen, so wie sie es, wenn ihre Arbeit es zuließ, meistens tat. „Ja, das habe ich. Ich habe auch darüber nachdenken müssen.“ Vi fuhr fort: „Bevor sie mir mit diesen beschissenen Beinen das Leben rausgeprügelt hat...“ Ja, so etwas nahm sie persönlich. Ihre Erfolge auf den Richtfeldern waren nicht unerheblich, aber bei einem unbekannten Gegner... nun, wer hatte da nicht schonmal die eine oder andere Niederlage einstecken müssen. Nicht, dass es das besser machte. „Wenn ich mich richtig an die Fomulierung erinnerte...“, begann Caitlyn nachdenklich, doch Vi schnitt ihr das Wort ab: „Wunderst du dich manchmal, wie du zu einer Waisen wurdest?“ Vi spuckte die Worte voller Hass aus und konnte Caitlyns Blick nicht länger etragen. Sie erhob sich, entzog ihr die Hand und trat ans Fenster, um über die nächtliche Stadt zu schauen, die Stadt, die sie liebte und hasste, in der sie so viel Gutes und Schlechtes erlebt hatte. „Ich habe niemals herausbekommen, wer meine Eltern damals ermordet hat. Warum ich auf der Straße gelandet bin. Scheiße nochmal, ich weiß eigentlich gar nichts über meine Vergangenheit. Und dann kommt diese arrogante Schlampe daher und...“ Ihre Stimme überschlug sich und sie schwieg, bevor sie ihr noch weiter entgleisen konnte. Caitlyn wusste jedoch genau, was sie hatte sagen wollen. „... und scheint mehr zu wissen als du.“ „Ja verdammt“, fluchte Vi und trat gegen die Wand, wohlwissend, dass sie ihre Hände nicht weiter strapazieren sollte. „Die Schlampe hängt in der ganzen Scheiße mit drin, ich weiß es genau!“ „Das wissen wir nicht, Vi“, versuchte Caitlyn, sie zu beschwichtigen. „Aber wir werden es herausfinden, das verspreche ich dir.“ „Das sagst du mir schon seit Wochen“, antwortete Vi barsch und wirbelte herum. Ihre blauen Augen funkelten wild und aggressiv. Sie erhob ihre Stimme und äffte Caitlyns typischen Akzent nach: „Oh Vi, wir finden schon heraus, wer du bist und woher du kommst. Und wie du wirklich heißt.“ Erneut drehte sie sich zum Fenster. „Ach scheiß doch drauf. Is' doch eh bullshit. Vergangenheit. Interessiert niemandem mehr.“ Verbitterung und auch eine Nuance Trauer stiegen in ihr auf. Die Tatsache, dass ihre ersten Erinnerungen einsetzten, als sie schon auf der Straße lebte und dass auch diese löchrig und lückenhaft waren, hatte sie Caitlyn erst vor kurzem erzählt. Diese hatte ihr versprochen, Nachforschungen anzustellen, doch diese waren bislang nicht von Erfolg gekrönt gewesen. Hinter sich hörte Vi, wie Caitlyn sich erhob und sich mit leisen Schritten näherte, doch sie drehte sich nicht um. Sie wollte nicht, dass Caitlyn sie so sah – so verletzlich. Caitlyn schien das zu wissen und zu respektieren, denn sie schlang von hinten die Arme um Vi und vergrub ihr Gesicht in ihrem Nacken. „Vi... deine Vergangenheit ist ein Teil von dir. Und ich möchte an allem teilhaben, was dich ausmacht. Das weißt du.“ Ein Schauer Aufgregung jagte durch Vi's Körper und ihr Herz begann, heftig zu klopfen. Solche Zuneigungsbekundungen war sie von der sonst eher kühlen Caitlyn nicht gewohnt. Sie versuchte, sich von dieser Achterbahnfahrt der Gefühle nichts anmerken zu lassen, beruhigte sich und atmete einmal tief durch. Kurz wollte sie etwas sagen, aber wusste nicht, was. Allgemein war sie nicht besonders gut mit Worten, was wohl sicherlich daran lag, dass sie lieber ihre Fäuste gebrauchte und auch nichts anderes gelernt hatte, aber immerhin brachte sie schließlich ein rauhes „Ja...“ heraus. „Und wenn diese Camille etwas über deine Vergangenheit weiß – was offensichtlich scheint – dann ist sie vielleicht die Spur, nach der wir gesucht haben. Vielleicht kann ich über diesen Weg etwas herausfinden. Ich habe dir versprochen, dass ich dem nachgehe, und dieses Versprechen werde ich nicht brechen.“ Vi griff nach Caitlyns Hand und streichelte sanft darüber – zumindest so sanft sie mit ihren immer noch leicht gefühllosen Händen konnte. Näher kam sie an ein 'Danke' gerade nicht heran. Doch zum Glück verstand Caitlyn. Caitlyn verstand immer. „Ich muss zugeben...“, fuhr diese sanft fort. „Ich kann mir nicht vorstellen, wie du dich gerade fühlen musst... aber ich bin hier. Ich bin immer hier...“ „Das ist das erste Mal, dass jemand sowas zu mir sagt“, meinte Vi und ließ damit einen Moment lang zu, dass Caitlyn hinter die Mauer schaute, die sie um sich aufgebaut hatte, die alleingelassene Waise sah, die kalte, einsame Winter auf der Straße verbracht hatte, die vergammeltes Essen aus Mülltonnen fischen musste, um nicht zu verhungern. „Ich meine es ernst, Vi“, antwortete Caitlyn mit Nachdruck. Und in diesem Moment wollte Vi ihr gerne glauben. Und sie konnte es. Ohne die Umarmung zu brechen, drehte Vi sich zu Caitlyn um und legte ihre eigenen Arme um die schlankere Frau, die ihr, jetzt da sie ihre Arbeitskleidung und Waffe nicht trug, einfach nur feminin, zerbrechlich und zart vorkam. Sie vergrub ihr Gesicht in Caitlyns Halsbeuge und drückte sie eng an sich. „Vi...“, flüsterte Caitlyn sanft und streichelte ihr über den muskulösen Rücken. Ob das nun ihr wirklicher Name war oder nur ein Spitzname, war eigentlich egal. Es war der Name, mit dem Caitlyn sie jetzt ansprach und darum mochte sie ihn. Vielleicht wäre es gut gewesen, ihn abzulegen, als sie einen Schlussstrich hinter ihr illegales Leben auf der Straße gesetzt hatte. Aber mit den Tätowierungen wäre das ja irgendwie albern gewesen. „Caitlyn...“, antwortete Vi ebenso sanft und spürte, wie sich ihre Freundin in ihren Armen etwas versteifte. Zuerst wusste sie nicht recht, warum, doch als sie dann spürte, wie Caitlyns Puls sich beschleunigte und ihr Atem etwas schneller ging, wurde es ihr klar. Sie nannte Caitlyn selten beim Namen - sogar bei der Arbeit rief sie sie bei ihrem scherzhaften Spitznamen 'Cupcake'. Doch gerade war ihr nicht nach Scherzen zumute. Im Gegenteil – selten war ihr etwas ernster gewesen. „Caitlyn... ich... ich...“, begann sie und stockte dann erneut. Es auszusprechen, fiel ihr so unglaublich schwer. Dieses Zugeständnis zu machen, diese ultimative Schwäche, dieses Ausgeliefertsein, sie konnte es einfach nicht. Noch nicht. Caitlyns Stimme zitterte, bebte, als sie mit klopfendem Herzen antwortete: „Ich weiß...“ Sie waren beide keine einfachen Menschen, bei weitem nicht. Ihre Lebensgeschichten waren so verschieden, wie sie nur sein konnten. Vi als gewalttätiges Straßenkind mit illegalem Hintergrund, Caitlyn als strenger, vorbildlicher, gesetztestreuer und -bewahrender Bürger mit reichen Eltern. Und dennoch hatten ihre Wege sie hier zusammengeführt. Eine ganze Weile standen sie so ineinander verschlungen am Fenster, das einen guten Ausblick auf eine der zahlreichen wissenschaftlichen Forschungseinrichtungen Piltovers bot und genossen die Wärme des jeweils anderen. „Komm, Vi... Gehen wir schlafen. Wir müssen morgen früh pünktlich auf dem Revier sein.“ Vi konnte nicht anders als zu lachen. Egal, was kam – Caitlyn musste IMMER pünktlich bei der Arbeit sein. Unpünktlichkeit, Unordentlichkeit, Unzuverlässigkeit, so etwas gab es bei ihr nicht. Das einzige nicht perfekte in ihrer Wohnung war der zusammengewürfelte Haufen mit Vi's Sachen, der in einer Ecke im Schlafzimmer lag. „Is gut“, antwortete sie friedfertig. Die Aggressionen von vorhin waren von ihr abgefallen und gemeinsam mit ihrer Freundin ging sie ins Schlafzimmer, wo sie sich ihrer Kleidung entledigte und Caitlyn den Anblick ihres grün und blau geschlagenen Oberkörpers mit einem deutlich sichtbaren Hämatom an der rechten Seite preisgab. „Vielleicht solltest du dich morgen doch noch einmal professionell verarzten lassen“, meinte Caitlyn kritisch. Vi jedoch zuckte nur mit den Achseln und zwinkerte ihr schelmisch zu: „Finde, du hast das ziemlich gut gemacht.“ Während sie sich selbst umzog, warf Caitlyn ihr einen gespielt genervten Blick inclusive rollender Augen zu: „Durch dich bekomme ich auch mehr als genug Übung darin.“ „Siehste, da sind meine Prügeleien ja doch zu was gut, hm?“, gab Vi grinsend zurück und trat an ihre Freundin heran, die sich gerade das Nachthemd anziehen wollte. „Biste sicher, dass du das brauchst?“, fragte sie und zog sie in eine erneute Umarmung. Caitlyn drehte sich darin zu ihr herum und schlag ihr die Arme um den Hals. Ihr Körper wand sich beinahe lasziv in Vi's Umarmung: „Ich lasse es aus. Aber nur wenn du morgen anstandslos aufstehst, wenn der Wecker klingelt.“ Dieser Tag war wirklich ein Wirbelsturm der Gefühle gewesen. Erst diese Aggressionen gegenüber Camille, die sie in einer Kneipenschlägerei abgelassen hatte, dann das Gespräch mit Caitlyn und die... beinahe überquellenden Emotionen, die sie jetzt erlebte. Die Liebe, die sie für diese verstockte, überkorrekte, penible und absolut wundervolle Frau verspürte. „Dann holen wir eben einen doppelten Kaffee zu den Donuts“, meinte Vi grinsend, zuckte mit den Achseln und manövrierte Caitlyn in Richtung des Bettes. - Ende - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)