Tales of the real Ghostbusters von RaoulVegas ================================================================================ Kapitel 1: New Job, new chance? ------------------------------- Gut gelaunt schlendert der junge Mann den Flur des Fakultätsgebäudes entlang. Für heute hat er seine Arbeit beendet, wenn man das so nennen kann und freut sich jetzt darauf, endlich zu seinem Date zu kommen. Er hat ewig gebraucht, um Gloria dazu zu überreden, mit ihm auszugehen und daher will er sich auch besonders Mühe geben und sich von seiner besten Seite zeigen. Immerhin ist die aufreizende Rechtswissenschaftlerin keine Frau, die einem eine zweite Chance gibt. Doch er sieht kein Problem darin, sie mit seinem unvergleichlichen Charme zu überzeugen. Pfeifend betritt er das Labor, indem sein Freund und Kollege arbeitet. In dem kleinen Raum herrscht ein heilloses Durcheinander, das wahrscheinlich jeden in den Wahnsinn treiben würde. Doch für Egon steht alles genau am richtigen Platz. Das Labor wird von großen, unheimlich wirkenden Maschinen dominiert, von denen Peter nicht einmal erahnen kann, wozu sie gut sind. Doch solange der Blonde noch irgendwie den Überblick behält und nicht die halbe Uni in die Luft jagt, ist es Peter völlig gleich. Lässig wirft sich Venkman auf den alten Bürostuhl und legt die Füße auf den völlig überfüllten Schreibtisch. Gelassen verschränkt er die Hände im Nacken und blickt zur Decke empor. Irgendwo in den Untiefen des kleinen Raums kann er Egon murmeln und an etwas schrauben hören. Wie eigentlich immer, ist er so sehr in seine Arbeit vertieft, dass er nicht mitbekommt, dass sich außer ihm noch jemand in dem Zimmer aufhält. Doch er bekommt hier unten so selten Besuch, dass er diese Tatsache schon völlig verdrängt hat. Außer Peter verirrt sich sonst eigentlich niemand zu ihm und der Brünette macht sich daher gern einen Spaß daraus, seinen grübelnden Kollegen zu erschrecken. Grinsend lümmelt er auf dem Stuhl und beobachtet wie die schwungvolle Frisur des Blonden hinter dem Maschinenberg hin und her tanzt. Innerlich kann er sich vor Lachen schon gar nicht mehr halten, doch er wartet noch. Schließlich umrundet Egon die Maschine, an der er gerade arbeitet und tritt nun völlig in Peters Sichtfeld, bemerkt diesen aber auch weiterhin nicht. Murmelnd fummelt er an ein paar Kabeln herum, die ganz eindeutig Strom führen und versucht sie an den richtigen Platz zu bekommen, ohne dass sie sich berühren. Auf diesen Moment hat Peter nur gewartet. Er nimmt leise die Füße vom Tisch und beugt sich so weit es geht über die Platte nach vorn. „Hilfe, Feuer!“, ruft er laut aus. Dadurch erschreckt sich Egon so sehr, dass er die beiden Kabel unabsichtlich zusammenführt. Ein greller Funken entsteht an ihrer Verbindungsstelle. Ein leichter Rauchfaden steigt auf und schließlich fliegt sie Sicherung der Maschine mit einem gequälten Poltern aus ihrer Position. Durch den Schreck taumelt der Tüftler überrascht nach hinten, stolpert über ein arm dickes Kabel am Boden und landet dann unsanft auf seinen vier Buchstaben. Ungläubig starrt er das verblassende Rauchfähnchen an und versteht nicht so recht, was eigentlich passiert ist. Dann hört er allerdings das haltlose Lachen neben sich und weiß, wer ihm das eingebrockt hat. „Herr Gott, Peter!“, fährt er den anderen Mann an, während er sich mühsam erhebt und seine Brille zurechtrückt. Lachend kugelt sich Venkman auf dem Stuhl. „Du hättest mal dein Gesicht sehen sollen!“ Zornig starrt der andere ihn an. „Ich weiß gar nicht, was es da zu lachen gibt. Immerhin hätte ich auch einen Stromschlag bekommen können!“, empört sich der Blonde und betrachtet den Schaden. „Hast du aber nicht. Und außerdem war das dein Weckruf für den Feierabend.“ „Wie bitte?“, entgegnet Egon, während er im Gedanken schon die Schritte durchgeht, die nötig sind, um das Schlamassel wieder zu beseitigen. Plötzlich vollkommen ernst setzt sich Peter wieder vernünftig auf den Stuhl und rollt an den Tisch heran. „Hast du etwa vergessen, dass du mir versprochen hast, heute pünktlich Feierabend zu machen, damit ich rechtzeitig zu meinem Date komme?“ Empört blickt er den Tüftler an. Dieser sieht grübelnd zur Uhr über der Tür. „Oh, so spät schon? Aber ich kann hier jetzt unmögliche weg, Peter. Ich stehe kurz vor der Vollendung meines ectoplasmischen Spektraldetektors!“ „Deines was?“, fragt Peter verwirrt und betrachtet die riesige Maschine. „Wenn alles funktioniert, kann ich damit die individuelle Signatur aufspüren, die jeder Geist hinterlässt und dann ist es mir möglich, sie damit aufzuspüren und zu bestimmen, welcher Klasse sie angehören.“, versucht der Blonde es einfacher auszudrücken, doch auf Peters Gesicht prangert immer noch ein kleines Fragezeichen. Ein wenig hat er schon verstanden, doch die Größe der Maschine stellt für ihn immer noch ein Problem da. Als hätte Egon seine unausgesprochenen Bedenken bemerkt, redet er auch schon weiter. „Die Maschine ist natürlich nur ein Prototyp. Wenn das Ganze funktioniert, will ich versuchen, das Gerät viel kleiner zu machen, damit man es auch mitnehmen kann.“ Leicht überfordert nickt Venkman. Er kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie aus dieser Monstrosität ein tragbares Gerät werden soll. „Das hört sich doch alles ganz prima an, Egon. Doch das löst leider nicht das Problem mit meinem Date, wenn du vorhast, heute noch weiterzumachen…“ Tja, da hat Peter ganz unzweifelhaft Recht, muss sich der Blonde eingestehen. Eigentlich gibt es da auch nur eine Lösung, doch Egon will sie nicht so ganz akzeptieren. Als er dem Brünetten beim letzten Mal sein Auto geliehen hat, damit er zu seinem Date fahren kann, hat er am nächsten Morgen doch tatsächlich den Schlüpfer der jungen Dame auf dem Rücksitz gefunden und das war sehr unschön. Noch heute graut es ihm vor dem Gedanken, was die beiden dort alles angestellt haben könnten… Innerlich schüttelt sich Egon. Peters Triebhaftigkeit stellt seine Geduld immer wieder auf eine sehr harte Zerreißprobe. Aber was bleibt ihm schon anderes übrig, wenn er in Ruhe weiterarbeiten will? Die Hartnäckigkeit des Brünetten kennt da genauso wenig eine Grenze wie sein animalischer Trieb. Der Brillenträger gibt ein tiefes Seufzen von sich. Schließlich greift er in die Tasche seines Kittels und holt den Autoschlüssel hervor. Langsam streckt er ihn Peter entgegen. Als dieser danach greift, zieht Egon jedoch die Hand zurück. „Es widerstrebt mir, dir mein Auto zu überlassen, nachdem was beim letzten Mal gewesen ist. Allerdings ist mir meine Arbeit das Ganze schon wert. Ich bitte dich nur inständig darum, das Auto nicht wieder für eure Annäherungen zu benutzen…“, sichtliches Unwohlsein spiegelt sich in den blauen Augen des Tüftlers wieder. Einen Moment überlegt Peter, was genau Egon ihm damit sagen will. Dann fällt ihm der unschöne Streit ein, den sie deswegen beim letzten Mal hatten. Er grinst keck. „Kein Problem. Wir werden unsere Annäherungen auf ein Minimum reduzieren oder uns ein kuschliges Plätzchen suchen.“ Misstrauisch mustert der Tüftler ihn noch einen Augenblick, dann reicht er ihm doch den Schlüssel. Schnell nimmt Venkman ihn an sich, ehe er es sich doch wieder anders überlegt. „Hach Egon, manchmal könnte ich dich küssen!“, verkündet er fröhlich. Der Angesprochene rümpft verstört die Nase und rückt seine Brille zurecht. „Ich würde dich bitten, dass nicht zu tun. So etwas schickt sich nicht am Arbeitsplatz. Zudem ist es unmoralisch und hat biologisch gesehen keinen sinnvollen Aspekt.“, erwidert Egon mit einem Hauch von Ekel. Peter zwinkert ihm keck zu. „Nun sei doch nicht immer so verklemmt oder hast du Angst, dass es dir gefallen könnte?“, haucht er zurück und kommt ihm dabei so nahe, dass sich ihre Nasenspitzen fast berühren. Der Blonde rümpft wieder die Nase und tritt ein paar Schritte zurück. „Ich habe keine Angst. Ich sehe nur keinen Sinn dahinter, wenn zwei Männer so etwas tun. Außerdem verstehe ich nicht, wieso du dich nicht zwischen Frauen und Männern entscheiden kannst, wo es doch nur eine sinnvolle Antwort gibt.“ „Für dich gibt es da vielleicht nur eine sinnvolle Antwort, aber du weißt ja auch nicht, was Spaß bedeutet, weil du nur mit deiner Arbeit verheiratet bist, anstatt raus zugehen und das Leben zu genießen.“ Gespielt schmollend streckt Peter ihm die Zunge heraus. Der Blonde verdreht stattdessen nur leicht die Augen. „Ich weiß gar nicht mehr wie oft wir diese Diskussion schon hatten und wir wissen beide, dass das zu nichts führt. Also geh endlich und amüsier dich während ich mich hier amüsiere.“ „Wenn du das amüsieren nennst, bitte. Wir sehen uns morgen!“ Mit diesen Worten zwinkert Peter ihm noch einmal keck zu und verschwindet dann, sodass Egon endlich weitermachen kann. Am nächsten Tag… „Nun beeil dich doch, Peter!“, kommt es ungeduldig von dem Blonden, da sie eh schon spät dran sind. „Ja, ja. Ich komm ja schon…“, erwidert Venkman gähnend und stolpert die paar Stufen des Wohnkomplexes zu dem wartenden Wagen hinunter. Schwerfällig lässt er sich auf den Beifahrersitz fallen und schließt augenblicklich wieder die Augen, während sich Egon in den Berufsverkehr einfädelt. Eine Weile sitzen sie schweigend nebeneinander. Die sich schnell füllenden Straßen Manhattans gleiten träge dahin. Dann zieht geräuschvoll ein Krankenwagen an ihnen vorbei und holt Peter aus seinem Nickerchen zurück. „Was ist…?“, fragt er verschlafen und desorientiert. „Da vorne ist irgendwo ein Unfall. Sie sperren gerade die Gegenfahrbahn ab.“, erklärt Egon und biegt in eine andere Straße ab. „Schon wieder? – Hach, das liebe ich so an New York. Jeden Morgen ein Unfall und freitags zwei.“ „Heute ist Freitag, Peter.“ „Na dann weißt du ja, was uns noch blüht.“, grummelt der Brünette und versucht eine bequeme Position in dem alten Sitz zu finden. Noch ahnt er nicht, dass seine scherzhaft gemeinte Aussage sich bald in bitte Realität verwandeln wird, auch wenn körperlich niemand zu Schaden kommt. Der Tüftler gibt ein Seufzen von sich und hält an einer roten Ampel. „Wie war eigentlich dein Date? Ich habe dich gar nicht zurückkommen gehört.“ Peter gibt ein genervtes Schnauben von sich. „Muss wohl daran gelegen haben, dass ich noch vor dir wieder Zuhause war…“, schmollend verschränkt er die Arme vor der Brust. Die Ampel schlägt auf grün um und Egon fährt weiter. „Dann lief es also nicht so gut?“ „Das kannst du aber laut sagen! Alles fing so gut an. Wir sind nett Essen gewesen und wollten dann tanzen gehen. Auf dem Weg dorthin sind wir dann einem Typen begegnet, den sie kannte. Er hat schamlos an ihr herum gebaggert und sie hat sich das auch noch gefallen lassen. Als ich dann dazwischen gegangen bin, sagt sie doch allen Ernstes, ich solle das lassen und mich nicht einmischen! Das Ganze endete dann damit, dass sie mir das halbe Strafgesetzbuch vorgebetet hat und mit dem Typen verschwunden ist!“ „Das ist aber nicht sonderlich nett…“, kommentiert Egon das Ganze mitfühlend. Vor ihnen taucht langsam das Unigebäude auf. „Ach wirklich? Vielleicht solltest du ihr das mal sagen! – Und wie lief es mit deinem Ecto-Dings?“ „Du meinst den ectoplasmischen Spektraldetektor? Ganz wunderbar! Ich habe ihn gestern noch fertigbekommen und will heute einen Testlauf durchführen.“, sprudelt es begeistert aus dem Blonden. „Na wenigstens einer, der einen erfolgreichen Abend verbracht hat…“, erwidert Peter verstimmt und starrt aus dem Fenster. Egon verkneift sich jede weitere Bemerkung, da er nun damit beschäftigt ist, den Wagen in eine der ziemlich kleinen Parklücken zu lenken. Wenig später gehen die beiden den Flur entlang. „Ok, sehen wir uns nachher zum Mittagessen?“ „Ich denke, das lässt sich einrichten.“, erwidert Egon und schließt sein Labor auf. Als er die Tür öffnet, stockt ihm jedoch der Atem. „Was zum…“ Peter, der gerade auf dem Weg zu seinem Büro war, macht kehrt, um zu sehen, was seinen Kollegen so erschreckt. „Na, hast du einen Geist gesehen?“, scherzt er noch kichernd. Als er aber an dem Blonden vorbei in den Raum schaut, sieht er nichts. Im wahrsten Sinne nichts. Das Zimmer ist komplett ausgeräumt. Selbst das Namensschild neben der Tür ist leer. „Was soll denn der Scheiß?“, kommentiert Venkman das Ganze. Egon kann nur weiterhin mit offenem Mund in sein ausgeräumtes Labor starren. „Der Scheiß, wie sie sich ausdrücken, Dr. Venkman, ist ganz einfach zu erklären.“ Überrascht wenden sich die beiden jungen Männer um und entdecken den Vorsitzenden der Fakultät hinter sich. „Ach ja? Dann lassen sie mal hören!“, verlangt Peter und tritt warnend auf den breit gebauten Mann zu. Dieser lässt sich davon aber keineswegs beirren. Im Gegenteil, er schiebt den Brünetten zur Seite, damit er mit Egon sprechen kann. „Dr. Spengler, ihre Sachen befinden sich draußen im Hof sicher verpackt. Also brauchen sie sich keine Gedanken zu machen. Die Männer, die sie raus gebracht haben, haben sich sehr bemüht, nichts kaputt zumachen.“ „Ja, aber…“, setzt Egon an, wird aber sogleich von dem anderen Mann unterbrochen. „Ihre Forschungen sind ja schön und gut, doch unglaublich kostspielig. Und die Universität kann es sich nicht mehr leisten, etwas zu finanzieren, das keinerlei Erfolg verspricht. Das verstehen sie doch sicher.“ „Ja, schon. Aber ich bin sicher, dass meine Maschine funktioniert und ich…“ „Die Entscheidung ist bereits gefallen, Dr. Spengler. Also sorgen sie dafür, dass ihre Sachen bis Montag vom Unigelände verschwunden sind, sonst landen sie auf dem Sperrmüll! Ist das klar?“ Erschrocken weicht der Tüftler einen Schritt zurück. „Ja, natürlich ist das klar, Sir…“ „Hey, jetzt hören sie mal! So können sie doch nicht mit ihm umgehen!“, fährt Peter den Vorsitzenden grob an. „Mischen sie sich nicht ein, Dr. Venkman!“, erwidert dieser kalt. „Und ob ich mich einmische! Immerhin hätten sie ja auch mal einen Ton sagen können, anstatt seine Sachen des Nachts von irgendwelchen Gorillas auf die Straße werfen zu lassen!“ „Ist schon gut, Peter…“, versucht der Blonde ihn zu beruhigen. „Nein, es ist nicht gut, Egon! Ich will das jetzt ausdiskutieren!“ Wütend ballt er die Fäuste. Doch der Vorsitzende lässt sich auch davon nicht beeindrucken. „Wenn sie diskutieren wollen, bitte. Mit ihnen wollte ich sowieso noch ein Hühnchen rupfen, Dr. Venkman!“ „Na wunderbar, dann sind wir uns ja mal einig!“ „Definitiv, denn sie können ebenfalls ihre Sachen packen und Dr. Spengler Gesellschaft leisten!“ „Was soll denn das jetzt wieder heißen?“, verlangt Peter zu wissen. „Das heißt, dass ich mir lange genug ihre unschicklichen Methoden angeschaut habe. Seid sie ihre Arbeit aufgenommen haben, haben sich vierzehn Studentinnen bei mir beschwert, sie wären während ihrer angeblichen Tests von ihnen belästigt worden. Zudem haben sich auch drei Studenten deswegen bei mir gemeldet. Allen voran der junge Mann letzte Woche, den ich nur ganz knapp davon überzeugen konnte, keine Anzeige gegen sie zu stellen, weil das dem guten Ruf der Uni erheblich schaden würde. Ich habe meinen Kopf oft genug für sie hingehalten, weil ich sie immer für jemand Vielversprechenden gehalten habe, doch jetzt reicht es endgültig!“ Nun wird Peter auf einmal ganz klein. Der junge Bursche letzte Woche war wirklich echt schnuckelig und der Brünette war die ganze Zeit der Meinung, dass er seine Annäherungen befürwortet. Schließlich sind sie deswegen in Streit geraten und hätten sich fast geprügelt, wenn nicht eine andere Studentin vorbeigekommen wäre. „Au, verdammt…“ ist alles, was Peter dazu noch einfällt. „So sieht es aus, Dr. Venkman. Also machen sie sich ans Einpacken und verschwinden sie. Je schneller ich sie beide hier los bin, desto besser! Guten Tag, die Herren.“ Und mit diesen Worten dreht sich der Vorsitzende um und geht seiner Wege. Zurück bleiben die beiden Wissenschaftler vor den Scherben ihrer Zukunft. „Was machen wir jetzt?“, fragt Peter schließlich. Egon blickt ihn müde und vollkommen fertig an. „Ich denke, du solltest deine Sachen packen und ich werde telefonieren und meine Sachen einlagern lassen. – Dann fahren wir nach Hause und dort fällt uns dann sicher etwas ein, hoffe ich…“ Die traurige Enttäuschung in Egons Stimme versetzt Peter einen Stich ins Herz. So hat er seinen Freund noch nie erlebt. In jeder anderen Situation hätte der Brünette jetzt einen Scherz gemacht, nur um Egon ein paar Augenblicke auf andere Gedanken zu bringen oder sich selbst aufzuheitern. Doch im Moment ist ihm einfach alles vergangen. „Ok, klingt gut…“, gibt er daher von sich und schlurft dann in Richtung seines Büros. Am Abend… Betrübt sitzen die beiden Männer auf der Couch in Peters Wohnung und überlegen, was sie jetzt tun sollen. An jedem anderen Tag hätte sich Egon über das Chaos in der Wohnung seines Kollegen pikiert, doch heute kann er großzügig darüber hinwegsehen, was den Ernst der Lage noch weit deutlicher macht. Tiefes Grübeln liegt zwischen den beiden Männern und hält sich hartnäckig, wie eine Erkältung an einem kalten Wintertag. Plötzlich unterbricht Peter das Schweigen und holt Egon damit aus seinen Gedanken. „Nehmen wir mal an, deine Maschine funktioniert tatsächlich und du kannst damit Geister aufspüren. Glaubst du, es ist möglich, sie auch einzufangen? Zu beseitigen wie ein Kammerjäger oder so…“ Überrascht sieht der Blonde ihn an. „Ich denke, das ist tatsächlich möglich! Man bräuchte dafür nur eine gewisse elektromagnetische Spannung in Form eines Protonenbeschleunigers. Das würde ihre spezifische Masse stören und…“ „Ja, ist ja gut. Wenn du meinst, dass das klappt, warum tun wir es denn dann nicht einfach?“ „Was tun?“ „Na, Geister fangen!“, die Begeisterung hält Einzug in Peters Gesicht und lässt ihn fast wie einen aufgeregten Schuljungen wirken. „Das klingt nach einer guten Idee. – Aber die Ausrüstung dafür zu bauen, kostet Unsummen, die wir nicht haben. Außerdem kann man solche Maschinen nicht in so einer kleinen Wohnung unterbringen. Sie würden eine Gefahr für die anderen Bewohner darstellen…“, trübt Egon seine Begeisterung. Verdutzt blickt der Brünette ihn an. „Ach Egon, ich hab ja auch nicht behauptet, dass es ein Kinderspiel werden würde. Aber denk doch mal nach. Wir bekommen diesen Monat noch Geld von der Uni und wenn wir unsere Wohnungen kündigen und uns irgendwo eine Halle oder so suchen, dann ist das doch bestimmt sicher genug. Und was wir sonst noch an Geld brauchen, kannst du dir doch sicher von deinem Vater borgen.“ „Ja, dass mit der Halle würde sicher reichen. – Aber ich weiß nicht, Peter. Mein Vater war noch nie begeistert von meiner Ecto-Forschung. Er hält das alles für Unsinn. – Er wird mir nie das Geld leihen und wie soll ich ihm jemals so viel wieder zurückbezahlen?“, fast schon verzweifelt sieht der Blonde ihn an. Das hatte Peter ganz vergessen. Egons Vater ist ein hoch angesehener Wissenschaftler, aber immerhin hat er eine Menge Geld. Dafür muss es also eine Lösung geben. Schließlich kann Peter seinen eigenen Vater nicht fragen. Der glaubt zwar die Geistersachen, aber er ist auch das größte Schlitzohr, dass die Welt je gesehen hat und damit steckt er weit tiefer in der Miesere, als Egon und Peter zusammen. „Wegen deinem Vater wird uns schon was einfallen. Im Ernstfall schwindeln wir uns einfach was zusammen. Lass uns jetzt lieber erst mal nachdenken, was wir alles brauchen und welche Anforderungen so eine Halle erfüllen müsste, damit wir darin leben und arbeiten können. Und wenn wir das haben, wirst du mit deinem Vater sprechen und ich werde mit ein paar Maklern reden, ok?“ Widerwillig stimmt Egon dem Ganzen zu und so geht das Grübeln wieder los. Ein paar Tage später… „Und, wie lief es?“ „Mein Vater hat mir das Geld gegeben, doch ich bin nicht glücklich damit ihn deswegen angelogen zu haben…“, erwidert der Ältere bedrückt. „Ach, nimm´s nicht so schwer. Wenn die ganze Sache läuft, kannst du es ihm zurückzahlen und ihm auch gleich auf die Nase binden, wie erfolgreich du mit diesem Unsinn bist!“, frech grinst er ihn an und zwinkert. Egon ringt sich ein Lächeln ab, aber besonders wohl fühlt er sich dennoch nicht. „Kopf hoch, du Genie, sieh dir an, was ich gefunden hab.“ Schwungvoll reicht Peter ihm einen dünnen Stapel Papier. Dabei handelt es sich um ein Exposé, wie Egon schnell feststellt. „Eine alte Feuerwache?“, fragt er skeptisch. „Ja, klasse oder? Das wäre doch genau das Richtige für uns. Solide gebaut, mit vielen Zimmern, Keller und Wohnbereich. Es gibt sogar eine Küche!“ Nicht wirklich überzeugt blättert der Blonde die Auflistung durch. „Du scheinst davon ja angetan zu sein, wie mir scheint. – Ok, anschauen können wir es uns zumindest mal. Schließlich haben wir ja nichts Besseres vor…“, resignierend seufzt er auf und Peter klopft ihm fröhlich auf die Schulter. „Das ist die richtige Einstellung, alter Junge!“, flötet er. Und so machen sich die beiden auf den Weg zur Besichtigung. Eine Stunde später… „Wie sie sehen, sind die Räume trotz des langen Leerstands in einem guten Zustand. Die Rohre und elektrischen Leitungen wurden erst kurz vor der Schließung der Feuerwache erneuert.“ „Das sieht wirklich alles sehr schön aus.“, entgegnet Peter der Maklerin, die jedoch wenig Interesse an seinen Annäherungsversuchen zeigt. Stattdessen wendet sie sich an Egon. „Ich hoffe, das Ganze ist auch nach ihren Vorstellungen, Dr. Spengler?“ „Durchaus, Miss Winkler.“ „Das freut mich. Zu der Feuerwache gehört auch noch die Gasse nebenan. Die Stadt hat mich beauftragt, ihnen mitzuteilen, dass, wenn es zum Kauf kommt, sie verpflichtet sind, den Unrat in der Gasse zu entfernen und einen neuen Zaun aufzustellen, damit die Bewohner des Nebengebäudes und des Cafés im Erdgeschoss nicht länger diesen Anblick vor Augen haben. Das verstehen sie doch sicher? Die Stadt würde das dann auch innerhalb eines Monats kontrollieren, damit sie die Kaufanforderungen auch erfüllen. Erst dann wird ihnen das Grundstück vollends gehören.“ „Natürlich verstehen wir das und das ist auch gar kein Problem.“, versucht er Peter erneut mit all seinem Charme. Doch er trifft nur wieder auf taube Ohren. Murrend gibt Venkman schließlich auf und überlässt Egon das Feld. Immerhin ist es ja auch sein Geld, also soll er auch die Entscheidung treffen. Während sich der Blonde weiterhin mit der Maklerin unterhält, schlendert Peter zum Fenster hinüber und blickt in die Gasse hinunter. Leicht angewidert rümpft er die Nase. Dort liegt allerhand Dreck. Sogar eine alte Matratze, umgeben von Unmengen leerer Bierdosen und Schnapsflaschen. Wer weiß, was da noch alles so zu tage kommen wird. Aber so wie es aussieht, haben sich dort Junkies oder Jugendliche ordentliche Partys geliefert. Der Gedanke, dass das bald ein Ende haben wird, erfüllt den Brünetten irgendwie mit Vorfreude. Schließlich will er nicht des Nachts erleben, wie dort sonst was abgeht. Verträumt starrt er weiterhin aus dem Fenster, beobachtet das abflauende Treiben in und um das Café nebenan. Dabei merkt er gar nicht wie die Zeit vergeht und die Verhandlungsgespräche langsam ein Ende finden. Der Jüngere ist schon fast im Stehen eingenickt, da holt Egon ihn aus seinen Gedanken zurück. „Peter? Ich denke, wir sind fertig.“ Mit einem Gähnen streckt sich der Angesprochene und wendet sich um. „Na, wunderbar. Und wie hast du dich entschieden?“ „Ich denke, das Gebäude erfüllt all die Anforderungen, die wir für wichtig halten und bietet zudem auch noch ausreichend Platz. Und wenn du einverstanden bist, können wir den Vertrag unterschreiben.“, erwidert der Blonde nun mit mehr Zuversicht. „Großartig! Siehst du, Junge, das war doch gar nicht mal so schwer.“, lässig legt er den Arm um Egons Schulter und zwinkert ihm zu. Der Brillenträger tut das Ganze mit einem knappen Lächeln ab und befreit sich dann wieder von ihm. „Dann darf ich den Herren zu ihrer ausgezeichneten Wahl beglückwünschen! Lassen sie uns hinauf in die Küche gehen, dort habe ich schon alle Papiere vorbereitet.“, verkündet die Maklerin stolz und mit einer gewissen Erleichterung. Zwei Wochen später… „Na, ein Glück sind die Handwerker endlich weg. Ich hätte das keine Minute länger ertragen…“, kommt es genervt von Peter, während er sich auf einen Stuhl in seinem behelfsmäßigen Büro fallen lässt. „Da kann ich dir nur beipflichten. Endlich kehrt ein bisschen Ruhe ein und wir können mit unserer Arbeit beginnen. Die Möbelpacker haben auch gerade die letzten Kisten aus unseren Wohnungen gebracht…“ Peter schenkt ihm nur ein müdes Lächeln und lehnt sich wieder in seinem Stuhl zurück. Die letzten zwei Wochen haben sie wie verrückt geschuftet, um alles so schnell wie möglich fertig zu bekommen, haben kaum geschlafen oder mal eine ruhige Minute gehabt. So etwas ist der Brünette einfach nicht gewohnt und er will jetzt nur noch schlafen. Trotz der Tatsache, dass es Egon eigentlich genauso gehen müsste, wuselt der Blonde dennoch unermüdlich mit Block und Stift bewaffnet durch die einzelnen Räume und versucht den idealen Platz für alles zu finden. Sein murmelndes Umherschleichen macht Peter noch ganz verrückt, doch ihm fehlt einfach die Kraft, um sich darüber zu beschweren. Also schließt er die Augen und geht im Gedanken noch einmal die Werbeanzeige durch, die er drucken lassen will. Eine Anzeige wurde vor drei Tagen schon im Bezirk aufgehängt. Also ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der erste Auftrag reinkommt und das Geschäft zu laufen beginnt. Langsam breitet sich ein Lächeln auf seinen Zügen aus. Hach, er kann es gar nicht abwarten, die erste Rechnung zu schreiben! Das wird ein ganz herrliches Gefühl werden. Plötzlich klopft es laut an der in das Garagentor integrierten Tür. Widerwillig setzt sich Peter aufrecht hin und starrt hinüber. „Gehst du nachsehen?“, fragt Egon ihn beiläufig und ist dann schon wieder in seine Planung vertieft. „Na schön…“ Schwerfällig erhebt sich Venkman von seinem Stuhl und schlurft zur Tür hinüber. Wieder ein Klopfen. „Ich komm ja schon…“, ruft er der Tür zu, bewegt sich deshalb aber kein bisschen schneller. Ein erneutes Klopfen nagt langsam an seiner Geduld. „Scheint ja wichtig zu sein…“, murmelt Egon beiläufig und versinkt dann wieder in seinen Gedanken. „Das hoffe ich…“ Ehe Peter die Tür öffnen kann, klopft es schon wieder. „Wo brennt´s denn?“, fragt er als beiläufigen Witz, da sie ja in einer ehemaligen Feuerwache wohnen. Als Antwort begegnet ihm aber kein aufgebrachter Bürger mit einem Geisterproblem, sondern ein rohes Ei. Klatschend landet es mitten in seinem Gesicht. „Hey, was soll der Scheiß?“, stößt er hervor, ehe er einem zweiten Ei nur knapp ausweichen kann. „Verschwindet, ihr Spinner!“, tönt ein junger Mann, kaum älter als Peter selbst. Ein weiteres Ei macht sich auf seine kurze Reise und trifft die Türzarge. Nun weiß Peter auch, was an dem Klopfen so komisch geklungen hat. Es waren einzig und allein die Eier, die dieses Geräusch verursacht haben und mittlerweile einen Großteil des Garagentors bedecken. „Sag mal, hast du sie noch alle?“, erbost sich der Brünette mit geballten Fäusten. Doch der junge Mann reagiert gar nicht auf seine Frage und wirft weiterhin mit Eiern. „Haut ab! Keiner braucht euch! So was wie Geister gibt es gar nicht, also erzählt den Leuten nicht so einen Mist!“, gibt er von sich und versucht ein weiteres Mal Venkman mit einem seiner Geschosse zu treffen. Dieser kann so viel Ignoranz und Vandalismus überhaupt nicht ertragen. Knurrend tritt er aus der Tür und krempelt sich kampfbereit die Ärmel hoch. Dabei macht er sich auch überhaupt keine Gedanken, dass der Eierwerfer fast zwei Köpfe größer als er selbst ist. Oh, nein. Peter konnte noch nie gut mit Kritik umgehen und sich zu prügeln gehörte schon immer zu einem seiner Hobbys, obwohl er oft genug den Kürzeren gezogen hat. „Ach ja? Ich zeig dir gleich, dass es sehr wohl Geister gibt, Freundchen. Also mach dich auf etwas gefasst!“ Von dem Lärm, den die beiden Streitenden produzieren, wird Egon erheblich in seinem Denkprozess unterbrochen, was ihn dazu veranlasst, nachzusehen, was genau dort vor sich geht. Als er durch die Tür blickt, sind Peter und der andere Mann tatsächlich kurz davor sich zu prügeln. Kopfschüttelnd tritt Egon auf sie zu. ‚Nicht schon wieder…‘ Beschwichtigend versucht er auf die beiden einzureden, doch keiner der Kontrahenten will nachgeben. Dummerweise kann der Blonde sie beide verstehen. Peter glaubt, wie er selbst an Geister, weil sie schon so einiges erlebt haben und ihre gesamte Forschung darauf aufbaut. Der junge Mann glaubt selbstverständlich nicht an Geister, wie wahrscheinlich neunzig Prozent der restlichen Bevölkerung, weil sie nie einem begegnet sind. Es wäre zwar schöner gewesen, so etwas zu entgehen, aber tief in seinen Gedanken hat Egon schon befürchtet, dass so etwas passieren könnte. Doch so schnell hat er damit nun wirklich nicht gerechnet. Drohend stehen sich die beiden Männer gegenüber und absolut nichts scheint sie von ihrem Vorhaben abbringen zu können. Als allerdings ein Polizeiwagen mit Blaulicht aus einer Nebenstraße einbiegt, beendet der andere Mann seine Beleidigungen und macht sich einfach so vom Acker. „Ja, verschwinde ruhig, du Spinner und lass ehrliche Leute ihre Arbeit machen!“, ruft Peter ihm noch zornig hinterher, ehe er von Egon wieder nach drinnen gebracht wird. „Nun beruhige dich mal wieder…“ „Wie soll ich mich denn bei so einem Arschloch beruhigen?“, kontert Venkman sauer. „Na, weil das ganz sicher noch öfter passieren wird, ehe wir keine sichtbaren Resultate hervorbringen können…“ Vollkommen verständnislos mustert Peter ihn eine ganze Weile. Egon hält dem Ganzen ungerührt stand. Schließlich seufzt der Brünette tief und voller Traurigkeit. „Du hast ja Recht. – Ich hab mir das alles wohl viel zu einfach vorgestellt, nicht wahr? – Aber mal ehrlich. Von so einem Idioten lassen wir uns doch aber nicht unsere Idee kaputtmachen, oder?“ „Nein, ganz sicher nicht. – Immerhin haben wir dafür alles aufgegeben und daher bleibt uns auch nicht viel mehr, als uns einfach durch zuschlagen.“ Etwas gequält lächeln sich die beiden Freunde an. „Hey, was hältst du davon, wenn wir erst mal ne Runde darüber schlafen?“ „Das hört sich wirklich gut an, Peter.“ Zwei Tage später… „Ok, ich erhöhe um fünfzig Cent und will sehen!“, kommt es enthusiastisch von Venkman. Gebannt starrt Egon auf die Karten in seiner Hand und lässt sich nichts anmerken. „Wie du willst. – Royal Flash!“ „Ist nicht dein Ernst?! Das ist jetzt das dritte Mal hintereinander! Du schummelst doch!“ Aufgebracht springt Peter von seinem Stuhl auf und schlägt die flachen Hände auf den Schreibtisch. Unschuldig hält Egon seinen Anschuldigungen stand. „Das tue ich nicht und das weißt du auch. Im Gegensatz zu dir, versuche ich keine Herz Dame in meinem Ärmel zu verstecken…“, entgegnet der Blonde ruhig und deutet auf die Karte, die aus Peters Hemd gerutscht ist. Abschätzend mustert der Brünette ihn und sucht nach einer schnippischen Antwort, als das Telefon zu klingeln beginnt. Überrascht blicken die beiden Männer in die Richtung des roten Apparates auf dem vorderen Schreibtisch. Bisher hat er noch nie geklingelt und jetzt zerschneidet es die angestaute Luft zwischen ihnen wie ein plötzlicher Pistolenknall. Das Läuten hört nicht auf, also nimmt Peter den Anruf entgegen. „Geisterjäger? Spukt es bei ihnen, sind wir schon zur Stelle! – Ja, genau. – Aha. – Ja, prima, wir kommen sofort!“ Grinsend wendet sich Venkman um. „Unser erster Auftrag, Egon! Ist das denn zu fassen?“ „Es liegt auf jeden Fall im Bereich des Möglichen. – Hoffen wir mal, dass es kein übler Scherz ist, so wie der Eierwerfer neulich…“ Doch davon lässt sich Peter nicht beirren und schon Minuten später sitzen die beiden in Egons Wagen und fahren zu der Adresse. Dort angekommen, stehen sie tatsächlich einem leibhaftigen Geist gegenüber. Eine echter Härtetest für die Maschinen, die sie bisher nur sporadisch testen konnten. Zu ihrem Glück handelt es sich nur um einen ziemlich kleinen Geist und so gelingt es den beiden nach einigen Anläufen ihn einzufangen. Stolz beglückwünschen sich die zwei, als sich die Wohnungsbesitzer wieder in ihre vier Wände trauen. Beim Anblick der jungen Frau geht Peter glatt das Herz auf und er würde nur zu gern mal mit ihr Essen gehen. Doch ihr Freund schmälert seine Vorfreunde ganz gewaltig. „Du?“, entgegnet er dem Mann zornig und nun erkennt auch Egon ihn. Es ist der Eierwerfer, der der festen Überzeugung war, dass es keine Geister gibt. Jetzt blickt er stattdessen fast schon schuldbewusst zu Boden. „So Mister Eierwerfer-es-gibt-keine-Geister! Ich denke mal, das hier eine Entschuldigung angebracht ist, andernfalls sehe ich mich gezwungen dieses niedliche, kleine Etwas wieder auf freien Fuß zu setzen und zu sehen, wie dir das dann gefällt!“, grinst Peter ihm entgegen. Seine Freundin versetzt dem Eierwerfer einen ordentlichen Schlag in die Rippen und mustert ihn finster. Schließlich tritt er vor. „Hey, Mann, das war doch gar nicht so gemeint. – Nimm das Ding bitte mit. Es tut mir echt leid und das wird auch nicht wieder vorkommen, ich schwör´s…“, kleinlaut und verlegen kratzt er sich am Hinterkopf und versucht den Blickkontakt mit Peter zu meiden. „Du bist so ein elender Feigling…“, profiliert sich seine Freundin und verlässt verärgert das Zimmer. „Das ist echt ein kluges Mädel. – Aber ich denke, wir können über deinen Fehltritt hinwegsehen, wenn du die Rechnung bezahlt hast. Und keine Sorge, wir nehmen auch Bargeld!“, erläutert ihm Peter. Doch seinen Worten ist anzuhören, dass er nichts Anderes als Bargeld annehmen wird und auch diese Wohnung nicht eher verlässt, bis er es hat… Kapitel 2: Helping Hands ------------------------ Ein paar Wochen später… „Nun geh endlich rein da, du hässliche Qualle…!“ Mit seiner Geduld hart an der Grenze, versucht Peter den aufmüpfigen Geist in die Falle zu bekommen. Nachdem das Mistding ihm schon zweimal entwischt ist, hat er absolut keinen Nerv mehr dafür. In seinem Kopf dominieren schon seit Stunden Hunger und Müdigkeit. Hinzu kommen die Kälte des rücksichtslosen Winters und ein nagender Kopfschmerz, ausgelöst von Egons anhaltendem, für ihn völlig unverständlichen Gerede. Abermals gelingt es dem Geist sich loszureißen, indem er Peter eine leere Bierdose an den Kopf wirft. „Sag mal, hast du sie noch alle?“, brüllt er dem rosafarbenen Etwas entgegen, während er erneut mit dem Protonenstrahler auf ihn zielt. Lachend versucht der Geist, der aussieht, als hätte man ein Schwein und eine Katze gekreuzt und dem Ganzen dann das Fell abgezogen, ein neues Wurfgeschoss aus dem Müllhaufen zu fischen. Doch diesmal tritt Venkman ihn von hinten und kann ihn festhalten. Mit einem ohrenbetäubenden Schrei wird der Müllkippengeist schließlich in die Falle gesaugt. Als sie zuschnappt und ihn darin einsperrt, vermittelt dieses Geräusch dem Brünetten eine unglaubliche Wohltat. „Juhu, endlich…“, verkündet er erschöpft und lässt sich ungelenk auf seine vier Buchstaben sinken. Müde schließt er für einen Moment die Augen und verdrängt vehement den fauligen Gestank um sich herum. Zumindest so lange, bis sich Etwas kalt und feucht den Weg durch seinen Overall bahnt. Angewidert verzieht er das Gesicht und stößt ein theatralisches Seufzen aus. „Oh, warum muss mir so was immer passieren?“ „Was hast du gesagt?“, fragt Egon, der gerade mit einem anderen Geist fertig geworden ist. „Ich hab gesagt: wir sollten das Doppelte verlangen, wegen unzumutbarer Arbeitsbedingungen und jetzt hilf mir hoch!“ Etwas verwundert legt Egon die Stirn in Falten und mustert seinen Kollegen einen Moment lang leicht belustigt. Dann kommt er hinüber und reicht ihm die Hand. Als sich Peters Overall vom Boden löst, entsteht ein widerlich feucht-klebriges Schmatzen, sodass sich dem Brünetten fast der Magen umdreht. „Faszinierend.“, gibt Egon von sich und betrachtet den undefinierbaren Glibberhaufen, auf dem Venkman gesessen hat. „Das ist ganz und gar nicht faszinierend, sondern widerlich!“, entgegnet ihm Peter angeekelt. Doch davon lässt sich der Blonde keineswegs beirren. „Sag mal, was zur Hölle machst du da?“, will der Jüngere nun wissen, während er sich umsieht, um etwas zu finden, womit er sich seine Kehrseite abwischen kann. „Ich nehme eine Probe von diesem Schleim. Dabei handelt es sich um eine äußerst interessante Art von Schimmelpilz, die ich gern für meine Sammlung hätte.“ „Ist doch nicht wahr…“, kommentiert Peter und rümpft die Nase. Endlich findet er eine Zeitung, die nicht komplett durchnässt ist und versucht damit seinen Overall vom Schlimmsten zu befreien. Dabei baut sich ein Bild von dem Regal in Egons Labor in seinem Kopf auf. Darauf stehen unzählige Behälter und Gläschen mit Proben von Pilzen, die teilweise aussehen, als kämen sie aus einer anderen Welt. Die Begeisterung seines Freundes dafür, kann er überhaupt nicht verstehen. Doch immerhin kann er dankbar dafür sein, dass Egon sie nicht im Schlafzimmer aufgestellt hat, wie er es ursprünglich machen wollte. „Doch, es ist wahr. Sieh dir nur diese wundervolle Purpurfarbe mit den gelben Einschlüssen an! Das ist unglaublich.“ Begeistert hält Egon ihm das Glas vor die Nase. „Ja, unglaublich ekelhaft…“, erwidert Peter und schiebt das Glas schnell wieder von sich weg. Für einen Moment sieht der Blonde ihn verständnislos, ja fast schon traurig an, dann betrachtet er wieder voller Begeisterung die undefinierbare Masse in dem Glas. Augenrollen sammelt Peter die Fallen ein und verstaut sie im Kofferraum. „Nun komm endlich, Egon! Ich will ins Bett…“ Zur Abwechslung darf Peter sogar mal fahren, da der Blonde ganz vernarrt mit seinem Schimmel zugange ist. Auf der Fahrt zurück zum Hauptquartier, wie sie die alte Feuerwache getauft haben, fällt es Venkman immer schwerer wachzubleiben. Seit sie vor ein paar Wochen ihren ersten Geist eingefangen und somit die Leute von ihrer Wichtigkeit überzeugt haben, mussten sie fast ununterbrochen ausrücken. Allein heute waren es schon zehn dieser schleimigen Gesellen und es ist erst Mittag. Zum Glück funktioniert Egons Verbannungscontainer einwandfrei, sonst hätten sie ein echtes Problem und ihnen wären schon lange die Fallen ausgegangen. Egon ist mittlerweile bei ihrem Bau zwar ziemlich routiniert, dennoch nimmt es eine ganze Menge Zeit in Anspruch sie herzustellen. Und Peter ist ihm dabei auch nicht wirklich eine Hilfe. Seine Kenntnisse im Umgang mit Werkzeug und sein technisches Verständnis liegen jenseits von allem, was dem Blonden irgendwie hilfreich sein könnte. Daher spielt Venkman schon seit ein paar Tagen mit dem Gedanken jemanden einzustellen, der dem Genie irgendwie zur Hand gehen kann. Peter denkt dabei allerdings an jemanden, der zwar mit einem Schraubendreher umgehen kann, aber eine weit verständlichere Sprache an den Tag legt, als der Ältere. Venkman kann ihn ja wirklich gut leiden und kennt ihn nun ja auch schon etliche Jahre, aber den ganzen Tag mit ihm zusammen zu sein und auch noch die Wohnung zu teilen, ist dann doch etwas zu viel für seine Nerven, wenn er nicht ab und zu mal mit einem anderen Menschen reden kann. Zudem haben sie außer ihrer Arbeit so gut wie nichts gemeinsam und so fallen die Gespräche zwischen ihnen eher spärlich aus. Da das Geschäft aber ziemlich gut läuft, können sie es sich auch locker leisten, jemanden zu bezahlen. Fragt sich nur, ob Egon da derselben Meinung ist. Schließlich ist er nebenbei fleißig damit beschäftigt seinem Vater das geborgte Geld zurückzuzahlen. Bei all diesen Gedanken verflüchtigt sich Peters Müdigkeit allmehlig und er schielt neben sich. Noch immer ist der Tüftler schwer mit seinem Schimmel beschäftigt und murmelt unverständliche Sachen vor sich hin. Leicht muss der Jüngere schmunzeln. Die liebevollen und begeisterten Blicke, die Egon der Glibbermasse zu teil werden lässt, sind einfach unbezahlbar. „Soll ich euch beide in einem Motel absetzen, damit ihr euch näher kennenlernen könnt?“, grinst er den Blonden an. Dieser scheint überhaupt nicht zu verstehen, was Peter damit anzudeuten versucht. Irritiert legt Egon den Kopf auf die Seite und starrt ihn an. „Was sollen wir denn in einem Motel? Ich dachte, du wolltest schlafen und ich möchte diesen Schimmel in meinem Labor untersuchen…“ Lachend betrachtet der Brünette ihn. „Vergiss es, Egon, war nur ein Witz. – Aber mal ernsthaft, was hältst du von etwas Unterstützung?“ „Sag bitte nicht, du willst mir im Labor helfen!“, entkommt es dem Blonde skeptisch. Dabei fällt ihm das letzte Mal ein, als Peter sich nützlich machen wollte und er dabei einen Feuerwehrgroßeinsatz an der Universität ausgelöst hat. Eine Woche lang konnten die unteren Stockwerke der Fakultät nicht mehr betreten werden, weil alles nach Buttersäure gerochen hat. Seither versucht er penibel Peter von seinen Arbeitsgeräten fernzuhalten, wenn es sich nur irgendwie einrichten lässt. „Nein, das hab ich ganz sicher nicht gemeint. – Ich meine eine richtige Hilfe. Wie wäre es, wenn wir uns vergrößern und jemanden einstellen, der uns bei der Arbeit hilft? Im Labor, beim Geisterfangen und so weiter.“ „Ich muss sagen, das ist gar keine so schlechte Idee. – Als wir mit der Geisterjagd begonnen haben, hatte ich mir das Ganze etwas entspannter vorgestellt. Alle paar Tage einen einfangen und den Rest Zeit für alles andere. – Doch irgendwie ersticken wir geradezu in Aufträgen, was ja an sich nicht schlecht ist. Aber zu zweit ist das echt schwierig…“, geht Egon das Ganze durch. „Also bist du einverstanden?“ „Durchaus.“ „Na wunderbar! Während du mit deinem Schimmel liebäugelst, werde ich mal eine Anzeige verfassen und dann sehen wir, wer sich so alles meldet!“ Der Gedanke an Hilfe war wirklich gut, doch es tut sich rein gar nichts. Peter hat sämtliche Zeitungen in Manhattan und sogar einige in den Nachbarorten mit seiner Anzeige ausgestattet, doch niemand meldet sich. Nicht mal ein kleiner Anruf, um ein paar Details zu erfragen oder sich wenigstens über sie lustig zu machen – absolut nichts. Wirklich frustrierend, dabei wächst ihnen die Arbeit mit jedem Tag mehr über den Kopf. Wer hätte schon ahnen können, dass es so viele Geister in Manhattan und Umgebung gibt? Bevor Peter diese glorreiche Idee gekommen ist, schien es nirgends auch nur das kleinste Anzeichen von geisterhaften Aktivitäten zu geben. Und kaum interessiert sich jemand für die kleinen Schleimer, kommen sie aus all ihren Löchern gekrochen und machen nichts als Ärger… Die Leute haben vielleicht begriffen, dass ihre Arbeit irgendwo wirkungsvoll ist, dennoch sind sie scheinbar auch weiterhin der Meinung, dass dort in der aufgegebenen Feuerwache nur zwei Spinner wie ein paar Einsiedler hausen und dabei mit gefährlichen Maschinen spielen und wer will schon mit solchen Typen zusammenarbeiten? Langsam biegt der schwarzblaue Ford Mustang in die North Moore Street ein. Suchend sieht sich der Fahrer die Gebäude auf beiden Seiten der Straße an. Unsicher parkt der Wagen neben der alten Feuerwache und der junge Mann steigt aus. Noch einmal vergleicht er die Adresse mit der, die in der Anzeige steht. Sie stimmen überein, dennoch weiß er sich nicht wirklich zu helfen, ist sich unschlüssig. Er tritt vor die Eingangstür und blickt an der Hausfassade empor. Über der Tür ist eine Leuchtreklame angebracht, die einen Geist in einem roten Verbotskreis zeigt. Vielmehr deutet nicht daraufhin, dass hier zwei Männer arbeiten sollen, deren Hauptaufgabe es angeblich ist, Geister einzufangen. Dieser Gedanke klingt mehr als verrückt und Winston ist im Leben auch noch nie ein echter Geist begegnet, doch eine andere Wahl hat er nicht mehr wirklich. Der Winter hat die Stadt inzwischen fest im Griff, Weihnachten und das neue Jahr sind nur noch einen Wimpernschlag entfernt und die Temperaturen fallen stetig ins bodenlose. Da ist es kein Wunder, dass es auf dem Bau keine Arbeit mehr gibt und alle entbehrlichen Kräfte bis zum Frühling entlassen wurden. Verständlich und völlig normal, aber ganz sicher nicht hilfreich. Der Verdienst ist eh schon nicht sonderlich hoch und es ist selbst für einen alleinstehenden Mann schwierig die Miete zu zahlen und noch genug Geld übrig zu haben, um etwas Anständiges auf den Tisch zu bringen. Aber so, unmöglich… Winston war mit den Zahlungen eh schon im Rückstand, doch eine Woche länger Arbeit hätte ihm wenigstens noch eine Schonfrist eingeräumt. Doch wie immer, wenn man auf so etwas hofft, wird man enttäuscht. Er verlor seine Arbeit und vor ein paar Tagen auch seine Wohnung, sodass er die letzten zwei Nächte in dem Lagerraum übernachten musste, indem seine Sachen momentan untergebracht sind. Doch da drin gibt es natürlich keine Heizung und schon gar kein fließend Wasser oder eine Toilette. Am Ende des Blocks gibt es zwar ein Restaurant, in dem er sich waschen kann, doch das ist sicher keine dauerhafte Lösung. Erst recht nicht, wenn sie ihm nur einmal umsonst das Bad benutzen ließen und dann einen Wucherpreis verlangten. Dabei ist sich Winston nicht ganz sicher, ob die Besitzer das immer so handhaben oder ihm einfach nicht trauen, weil sie denken, dass jeder Farbige irgendwie Dreck am Stecken haben muss. Zwar ist er in dieser Hinsicht bisher ganz glimpflich durchs Leben gerutscht, doch bei ein paar Gelegenheiten war ihm seine dunkle Hautfarbe durchaus schon hinderlich. Direkt ins Gesicht gesagt hat ihm das allerdings erst einer und der war auch sonst nicht gerade von der freundlichen Sorte. Die anderen versuchten ihre Bedenken hinter falscher Freundlichkeit zu verbergen, aber in ihren Augen war die Abneigung deutlich erkennbar. Daraus hat er aber auch schon viel gelernt. Zum Beispiel, dass sich die meisten Menschen am Telefon sehr nett und hilfsbereit anhören, sich das aber schlagartig ändert, wenn man dann vor ihnen steht. Daher hat Winston es sich schon lange abgewöhnt, sich Arbeit übers Telefon zu besorgen. Es macht ohnehin viel mehr Eindruck, wenn man persönlich vorbeikommt und gleich mal zeigt, was man so draufhat. Auf der Suche nach einem Job, ist er heute schon den ganzen Tag durch die Stadt gefahren. Allmehlig geht ihm aber das Benzin aus und zum Tanken fehlt ihm schlicht und einfach das Geld. In seiner letzten Hoffnung hat er vor einer Stunde eine Zeitung gekauft und ist auf die Anzeige der Ghostbusters gestoßen. Besonders überzeugt war er davon aber nicht. Ein paar Sachen, die man sich so in der Stadt über die beiden Männer erzählt, hat er schon aufgeschnappt, aber allzu positiv klang das alles nicht so. Dennoch muss er es zumindest versuchen. Immerhin bieten sie sogar die Möglichkeit an, bei ihnen zu wohnen und ein warmes Dach über dem Kopf wünscht sich Winston in diesen Tagen noch weit mehr als einen Job. Andererseits, wie schwer kann die Arbeit hier schon sein? Sie suchen jemanden, der mit Werkzeug umgehen kann und ein technisches Verständnis mitbringt. Beides kein Problem, immerhin hat er fast sein ganzes Arbeitsleben auf Baustellen verbracht und nebenbei auch noch in ein paar Autowerkstätten gejobbt, da wird sich der Rest hoffentlich zeigen. „Ach, scheiß drauf! Du hast schon Schlimmeres durchgezogen. Also los! – Hoffe ich zumindest…“ Tief holt er noch einmal Luft und klopft dann an die Tür… Drinnen sitzen Peter und Egon beisammen und zerbrechen sich den Kopf, wie es jetzt weitergehen soll. Bei ihrem letzten Einsatz vor zwei Tagen musste Egons Auto dran glauben. Die Geister, die sie verfolgten, haben irgendwann den Spieß umgedreht und sich darangemacht, den Buick zu attackieren. Bei voller Fahrt haben sie unteranderem die Bremsleitungen durchtrennt und die beiden Ghostbusters sind dann gegen einen Brückenpfeiler geknallt und fast im East River gelandet. Sie konnten sich wirklich glücklich schätzen, dass sie bei der ganzen Sache ins Schleudern geraten sind, so die meiste Geschwindigkeit abgebaut wurde und sie mit dem Kofferraum voran gegen den Betonpfeiler gefahren sind. Mehr als ein paar Schrammen und blaue Flecken haben sie nicht davongetragen. Doch der rote Buick, den Egon schon seit seiner Highschoolzeit fährt, ist nur noch ein Totalschaden. Hinzu kommt noch, dass ihnen die Geister dabei auch noch entwischt sind und sie daher nicht einmal etwas verdient haben. Es ist einfach frustrierend und auf die Anzeige hat sich bis jetzt auch noch keiner gemeldet, obwohl Peter so hartnäckig dahintersteht, dass einige der Zeitungen schon nichts mehr von ihm entgegennehmen wollen. Halb so wild eigentlich, am Wichtigsten ist jetzt eh erst mal ein neues Auto, schließlich können sie schlecht mit ihrer Ausrüstung im Bus herumfahren. Das Klopfen an der Tür holt beide dann aber aus ihrer Gedankenwelt zurück. „Na, endlich! Ich dachte schon, die Pizza würde nie hier ankommen. Wenn der keine gute Ausrede hat, kann er sein Trinkgeld aber vergessen!“, profiliert sich Venkman und stapft zur Tür. „Reg dich nicht so auf, Peter. Immerhin bringt man uns überhaupt Pizza…“, entgegnet Egon und denkt dabei an die etlichen Male, bei denen sie vergeblich gewartet haben oder man sie veralbert hat. Venkman erwidert das Ganze nur mit einem abwertenden Schnauben und öffnet die Tür. „Das wurde aber auch Zeit, Freundchen!“, wirft er dem jungen Mann auch prompt an den Kopf. Dieser blickt ihn nur überrascht an. Dann erwidert Peter seinen Blick nicht weniger überrascht. „Wo ist die Pizza?“, fragt er schließlich gereizt. Winston legt die Stirn in Falten. „Ich habe keine Pizza. Davon stand auch nichts in der Anzeige…“, kommentiert der Dunkelhaarige und hält ihm die Seite der Zeitung vor die Nase. Ungläubig betrachtet der Brünette das bedruckte Blatt Papier und versteht erst gar nicht, was los ist. Dann stechen ihm seine eignen Worte in die Augen und langsam fällt der Groschen. „Klar, die Anzeige! Sorry, aber ich dachte erst, du bist der Pizzajunge…“, räuspert sich Venkman. „Hey, kein Problem. – Gilt die Anzeige denn jetzt noch oder muss ich doch eine Pizza holen?“ „Logisch gilt die Anzeige noch und dass mit der Pizza vergessen wir mal, ne? Du bist sogar der Erste, der sich meldet. Also nichts wie rein in die gute Stube!“ Über zwei Stunden traktieren sie Winston mit ihren Fragen und Aufgaben. Er denkt schon, dass das Ganze nie ein Ende haben wird. Zwischendrin kommt tatsächlich auch noch die Pizza und die zwei verrücktwirkenden Vögel überraschen ihn damit, dass sie ihm anbieten mit ihnen zu Essen. Auch wenn die Fragen teilweise echt schwierig sind und er das Meiste von dem, was Egon über das Geisterfangen erzählt, nicht versteht, fühlt er sich dennoch auf seltsame Weise heimisch. Das Zusammensitzen mit diesen beiden so grundverschiedenen Männern erinnert ihn sogar ein bisschen an die Zeit im Waisenhaus. Sie alle schien nichts zu verbinden und dennoch war dort etwas, dass es trotzdem geschafft sie aneinander zu binden und Winston ein gutes Gefühl gegeben hat. Peter und Egon scheint es da nicht anders zu gehen. Im Laufe des Gesprächs werden sie viel lockerer und erzählen munter von ihren Erlebnissen und Erfahrungen beim Geisterfangen. Der Schwarzhaarige ist zwar nicht ganz so begeistert von dem Gedanken in Zukunft wohl sein Auto hergeben zu müssen, aber es könnte weit schlimmer sein. Immerhin hat er jetzt einen festen Job und wieder ein Dach über dem Kopf, mehr braucht man doch gar nicht zum Glücklich sein, oder? Unbemerkt geht der Nachmittag in den Abend über und an allen nagt die Müdigkeit. Ein Gefühl des Angekommen seins überkommt Winston, als Peter ihm das Schlafzimmer mit seinem eigenen Bett zeigt. Ja, hier lässt es sich ganz bestimmt gut aushalten. *Zufrieden. Ja, das ist er. Zum ersten Mal, seit er damals das Waisenhaus verlassen hat, um seinen eigenen Weg zu finden, hat er das Gefühl, am rechten Ort zu sein – zu Hause zu sein. Wie er so dasteht, im letzten Dämmerlicht des Tages, kurz vorm Höhepunkt des Winters, fühlt er sich auf merkwürdige Weise heiter und seltsam vollständig – vollständig auf eine Art, die er, soweit er sich erinnern kann, seit dem Tod seiner Eltern nicht mehr empfunden hat. Er legt den Kopf in den Nacken und sieht die kalten Wintersterne am dunklen Himmel. Wie lange er so steht, weiß er nicht, obwohl es, nach Sekunden und Minuten gemessen, nicht lange gewesen sein kann. Dann flammt die Deckenbeleuchtung auf und die beiden jungen Männer, die nun seine Partner sind, betreten das Zimmer. Wenig später liegt jeder von ihnen erschöpft, aber glücklich in seinem Bett und driftet dem erholsamen Schlaf entgegen. Auf das er ihnen Kraft geben möge, für all die Dinge, die sie fortan gemeinsam erleben werden… Kapitel 3: A female touch ------------------------- Ein paar Wochen später… Langsam macht sich Erschöpfung in Venkman breit. Wenn nicht bald etwas passiert, kann er den Geist nicht mehr lange im Protonenstrahl halten. Sollte er tatsächlich entwischen, droht das unaussprechliche Chaos. Ganz so schlimm ist es dann doch nicht, aber ihn überhaupt so weit zu bekommen, hat einiges an Kraft gekostet und die Lobby des Hotels hat dabei schon einigen Schaden genommen. Der Besitzer des Nobelschuppens ist deswegen auch ziemlich sauer, doch darauf können die Jungs im Moment beim besten Willen keine Rücksicht nehmen. Schließlich hat der überdimensional aufgebähte Geist auch ohne ihr Zutun schon genug Kleinholz aus der Hütte gemacht. Dummerweise hat sich herausgestellt, dass ihre Fallen bei Weitem nicht genug Fassungsvermögen für diesen Klops haben und so versuchen Egon und Winston einige der Fallen miteinander zu verbinden, um genug Saugwirkung zu erzeugen, die den Geist in kleinere Portionen teilen soll, die dann eingefangen werden können. So zumindest die Theorie… „Jungs! Nun macht schon, ich kann ihn nicht mehr lange halten! Jungs!“, kommt es hilflos jammernd von Peter. „Versuch es noch etwas, ja? Das hier ist ein bisschen schwieriger und wir müssen uns konzentrieren…“, erwidert Egon leicht gehetzt, während er die einzelnen Verbindungskabel sortiert. „Na schön, vielleicht kann ich ihn ja auf einen Kaffee einladen und ein bisschen mit ihm plaudern, bis ihr fertig seid?“ Der Sarkasmus in der Stimme des Brünetten ist fast schon greifbar, dennoch werden seine Worte von den anderen beiden völlig ignoriert. „Und du denkst, dass das wirklich klappt?“, fragt Winston etwas skeptisch, als er die letzte Falle an die lange Kette anschließt. „Theoretisch müsste es klappen. Doch ausprobiert habe ich es selbstverständlich noch nicht…“, erwidert Egon trocken. „Gut zu wissen. Dann hoffen wir mal, dass du recht hast…“ „Auf jeden Fall. Wir müssen die Fallenkette nur unter den Geist bringen. - So zusammengeschlossen können wir sie nicht einfach rüber werfen. Die Verbindungsstücke könnten sich lösen und dann wäre die ganze Arbeit umsonst gewesen…“ Abschätzend betrachtet Winston Peters hoffnungslos wirkenden Kampf mit dem Geist und nickt dann. „Ok, hilf du Peter und ich sorge dafür, dass die Fallen an Ort und Stelle kommen.“, legt der Schwarzhaarige kurzerhand fest. Besorgt mustert Egon ihn. „Denk aber daran, wir haben nur diesen einen Versuch. Und du darfst dich auf keinen Fall von den Protonenstrahlen treffen lassen!“, ermahnt ihn der Blonde. „Schon klar. – Aber was passiert denn eigentlich, wenn ich doch getroffen werden sollte?“, fragt der Jüngere vorsichtig. Eine Frage, die ihm schon eine ganze Weile auf der Seele brennt, er aber immer die Gelegenheit verpasst hat, sie zu stellen. „Dann war es mir wirklich eine Freude, dich kennengelernt zu haben, Winston Zeddmore. – Die Strahlen würden deine atomare Struktur schwächen, bis sich die einzelnen Molekülketten voneinander trennen. Dadurch würde so viel Energie frei werden, dass das Gleichgewicht deines Körpers darunter zusammenbricht…“ „Und was bedeutet das jetzt genau?“, hakt Winston nach, da er sich noch nicht ganz sicher ist, was die Strahlen genau bei ihm bewirken würden. Egon kann es jedoch nicht erklären, da sich Peter auf einmal lautstark einmischt. „Es bedeutet, dass du explodierst wie ein Wasserballon! Und jetzt komm endlich her, Egon!“ Erschrocken blickt der Schwarzhaarige den Tüftler an. Dieser richtet sich verlegen die Brille und räuspert sich. „So kann man es auch beschreiben, fürchte ich. – In jedem Fall wäre von dir nicht mehr viel übrig. – Also viel Glück…“ Schnell erhebt sich der Blonde und eilt zu Venkman hinüber. Winston bleibt allein zurück und starrt auf die lange Kette von Fallen. Dann blickt er hinüber zu den beiden Männern, die ihm Arbeit und einen warmen Platz zum Schlafen gegeben haben. Die in jedem Einsatz bewusst oder unbewusst ihr Leben für diese weitgehend undankbare Stadt aufs Spiel setzten. In den gut zwei Monaten, die er jetzt Mitglied der Ghostbusters ist, haben sie viel miteinander geteilt. Jede Menge Einsätze gab es zu bestehen und danach haben sie oft friedlich zusammengesessen und ihren Erfolg gefeiert. Seit fast zwanzig Jahren hat er das erste Mal wieder Weihnachten und Silvester mit richtigen Freunden gefeiert. Er würde sogar sagen mit Familie. Am Anfang hätte er es gar nicht für möglich gehalten, dass er eine so vertraute Bindung zu diesen beiden Männern aufbauen könnte. Fast schon, als hätte er lang vermisste Brüder wiedergefunden. Und jetzt kann er es sich gar nicht mehr anders vorstellen. Also denkt er, trotz der offensichtlichen Gefahr, überhaupt nicht lange nach. Als Egon und Peter den Geist halbwegs wieder unter Kontrolle haben, wirft sich Winston die Fallenkette über die Schulter und sprintet los. Um seinen Kopf zucken bedrohlich die Protonenstrahlen, so nah, dass er ihre Hitze auf seiner verschwitzten Haut spüren kann; und in seinen Ohren dröhnt das wilde, aufgebrachte Geheul des sich wehrenden Geists. All das blendet er erfolgreich aus, sieht nur noch sein Ziel vor Augen. Doch bei der gewaltigen Größe seines Gegners in der beengten Hotelhalle, gibt es nur eine Möglichkeit seine Aufgabe zu erfüllen. Und ja, Egon hat recht. Er hat nur diesen einen Versuch, also muss es auf Anhieb klappen, sonst kann er sehen, wie er die Fallen wieder neu platzieren kann, vorausgesetzt keines der Verbindungsstücke hat sich gelöst. Das größere Problem stellen aber immer noch die Strahlen da. Wenn es ihm gelingt, die Fallen richtig zu platzieren, er selbst aber nicht rechtzeitig aus der Schussbahn kommt, dann heißt es: ade du schöne Welt! Nicht zum ersten Mal ist Winston daher froh, dass er seine Begeisterung für Baseball auch nach der Highschool nicht verloren hat. So kann er jetzt im entscheidenden Moment auf sein jahrelang antrainiertes Geschick zurückgreifen. Im richtigen Augenblick wirft er sich zu Boden, als würde er versuchen die rettende Base noch rechtzeitig zu erreichen. Auf den auf Hochglanz polierten Marmorplatten hat er mehr als genug Schwung, um die Fallen im geeigneten Moment unter dem tobenden Geist öffnen zu lassen. Der Vorteil an dem glatten Boden ist allerdings auch sein größter Nachteil. So rutscht Winston noch ein gutes Stück weiter durch die spiegelglatte Halle und wird erst von den Türen des Fahrsuhls gebremst, gegen die er mit voller Wucht kracht. Für ein paar Sekunden sieht er nur noch Sterne und reibt sich schmerzlich den pochenden Kopf, dennoch bekommt er mit, wie es Egon und Peter gelingt, den Geist einzufangen. Die Theorie des Blonden hat sich also als äußerst Durchführbar erwiesen. Den Geist hat es in fünf Teile zerrissen, die dadurch bequem in den Fallen Platz finden. Besonders glücklich ist das Dickerchen deswegen natürlich nicht, aber im Verbannungscontainer kann er sich dann ja wieder zusammensetzten und so viel schmollen und toben wie er will. Erleichtert atmen die Jungs auf und versammeln sich um den qualmenden Haufen Fallen. „Was haben sie bloß getan? Mein schönes Hotel!“, ertönt auf einmal die aufgebrachte Stimme des Besitzers hinter ihnen. Süffisant grinsend dreht sich Peter zu ihm herum und hält ihm ein Blatt Papier vor die Nase. „Tja, Berufsrisiko. Hier ist die Rechnung!“ „Was bilden sie sich eigentlich ein, wer sie sind?“, bäumt sich der kleine, rundliche Mann auf. „Ich bin Dr. Peter Venkman, angesehener Wissenschaftler und allseits beliebter Chef der Geisterjäger, die SIE um Hilfe gerufen haben. Ansonsten bilde ich mir nicht viel ein. Ich denke nur, dass wir für unsere lebensgefährliche Arbeit entlohnt werden sollten. Zumal der Geist mindestens genauso viel Schaden angerichtet hat und das schon bevor wir hier angefangen haben.“, erläutert Peter erstaunlich entspannt. „Verlassen sie auf der Stelle mein Hotel und lassen sie sich hier nie wieder blicken!“, entgegnet der Besitzer wutschnaubend. „Sind sie sicher? Wenn sie uns ohne Bezahlung wegschicken, sehe ich mich leider gezwungen, meinen Kollegen zu sagen, dass sie den Geist wieder freilassen sollen und ich kann ihnen sagen, der ist jetzt noch viel wütender…“ Wie zur Bestätigung ertönt plötzlich ein wildes Gebaren aus dem Haufen Fallen und verstummt dann langsam wieder. Auf Peters Gesicht erscheint ein düsterer Ausdruck, der deutlich besagt, dass er jetzt ganz und gar keine Scherze mehr macht. Insgeheim wünscht sich der Brünette sogar ein bisschen den Geist wieder freizulassen, nur um zu sehen, wie diese fette, kleine Bulldogge von einem Mann um Gnade winselt. Stattdessen wirft er Winston einen vielsagenden Blick zu. Auf dessen Gesicht breitet sich ein herausforderndes Lächeln aus und er lässt seinen Finger gefährlich nahe zum Öffnungsmechanismus einer der Falle gleiten. Ein paar Augenblicke hält der Hotelbesitzer das Ganze doch noch für einen Bluff, dann bilden sich bereits nervöse Schweißperlen auf seiner Stirn. Schließlich gibt der Geist ein erneutes Grummeln von sich und da knickt er ein. „Also gut, sie bekommen ihr Geld! Doch nehmen sie dieses Ungeheuer mit und verschwinden sie hier!“ Zitternd zieht er ein Bündel Geldscheine aus der Tasche seines Anzugs und zählt peinlich genau die Summe auf der Rechnung ab. „Warum nicht gleich so?“, grinst Peter ihm entgegen und erntet dafür noch einen abgrundtief verhassten Blick von dem kleinen Mann, ehe die Ghostbusters endlich von Dannen ziehen und ihm das Schlachtfeld überlassen. Im Auto brechen Peter und Winston dann in hemmungsloses Gelächter aus. „Hab ihr das Gesicht von dem Typen gesehen? Das war echt filmreif!“, kichert Peter und legt gelassen die Füße aufs Armaturenbrett. „Ja, der dachte echt, wir würden den Geist wieder rauslassen!“, erwidert Winston lachend und schiebt Peters Füße ganz nebenbei wieder zu Boden. Spaß schön und gut, doch da es ja sein Auto ist, möchte er schon irgendwie vermeiden, dass es grundlos Schaden nimmt oder sein Dasein für selbstverständlich gehalten wird. Aus dem Augenwinkel mustert Venkman ihn leicht geknickt, sagt dazu aber nichts weiter. Stattdessen verschränkt er die Arme hinter dem Kopf, lehnt sich im Sitz zurück und schlägt die Beine übereinander. Das Bündel Geldscheine in seiner Brusttasche verleiht ihm ein viel zu gutes Gefühl, um jetzt einen unnötigen Streit anzufangen. Und so schmunzelt er zufrieden in sich hinein. Winston konzentriert sich derweilen auf den anhaltenden Feierabendverkehr und reiht sich auf der Spur heimwärts ein. Im Rückspiegel beobachtet er Egon, der mit penibler Genauigkeit und größter Vorsicht die Fallen wieder voneinander trennt, damit keine unschöne Kettenreaktion ausgelöst wird, sollte sich eine davon unabsichtlich öffnen. Er scheint so in seine Arbeit vertieft zu sein, dass er von dem Gerede seiner Kollegen gar nichts mitbekommen hat. „Hey, Egon? Alles klar da hinten?“, fragt ihn der Schwarzhaarige daher. Überrascht hebt der Angesprochene den Kopf. „Huh? Was hast du gesagt?“ „Ich habe gefragt, ob bei dir alles in Ordnung ist?“ „Oh ja. Bestens. Danke der Nachfrage…“ Der Blonde schenkt ihm ein knappes, kleines Lächeln und widmet sich dann wieder seiner Arbeit. Winston blickt wieder auf die Straße. Der Verkehr lichtet sich langsam und die richtige Ausfahrt kommt in Sicht. „Lass unser kleines Genie nur spielen. Dann ist alles prima. Er wird schon früh genug quenglig, wenn er nachher ins Bett soll.“, scherzt Peter neben ihm. Lächelnd legt Winston die Stirn in Falten. Venkmans Vergleich mit Egon und einem übermüdeten Kind scheint so gar nicht zu passen und dennoch ist es witzig. Erst letzte Woche ist Egon über einem seiner Geräte eingeschlafen und als sie ihn dann ins Bett bringen wollten, hat der Blonde tatsächlich wie ein kleines Kind dagegen protestiert, obwohl er schon im Gehen wieder eingenickt ist. Mit diesem Gedanken biegt der ehemalige Bauarbeiter um die letzte Kurve und steuert das Hauptquartier an. Rückwärts nähert er sich dem Gebäude. Langsam öffnen sich dabei die großen Flügeltüren der Garage und der Wagen verschwindet in der einstigen Feuerwache, als würde es von ihr verschluckt werden. Kaum das sich die Türen geschlossen haben und die drei Männer ausgestiegen sind, beginnt das Telefon schrill zu klingeln. „Geisterjäger? Dr. Peter Venkman am Apparat. Was kann ich für sie tun?“ Am anderen Ende der Leitung setzt eine aufgebracht wütende Frauenstimme ein. „Da sind sie ja endlich! Ich habe es schon ein halbes Dutzend Mal versucht, doch nie hat jemand abgenommen! Sie sollten mal ein ernstes Wörtchen mit ihrer Sekretärin reden! Schließlich handelt es sich um einen Notfall und sie brüsten sich ja damit, 24 Stunden lang im Einsatz zu sein!“ Die Stimme der älteren Dame wird zwischenzeitlich so laut, dass Peter den Hörer auf Distanz halten muss und dennoch alles klar und deutlich verstehen kann. „Madam, nun beruhigen sie sich doch mal wieder, sonst bin ich bald taub und kann ihnen nicht mehr helfen. - Zudem haben wir gar keine Sekretärin…“, erwidert Peter leicht genervt und versucht das Klingeln in seinen Ohren zu ignorieren. „Nicht? Also wirklich! Ein Unternehmen wir ihres sollte aber eine Sekretärin haben, junger Mann! Das sollte sich dringend ändern! Und ihr frecher Ton gefällt mir auch nicht! Aber nun gut, hören sie…“ Und Peter hört ihr zu. Ja, ein furchtbarer Geist terrorisiert sie schon den ganzen Tag, blablabla. Schon klar, warum auch sonst sollte sie hier anrufen, abgesehen von den Tipps, die sie zur Verbesserung ihrer Geschäftsführung und Peters vorlautem Verhalten beizusteuern hat? Aber so Unrecht hat sie gar nicht… „Ok Jungs, zurück ins Auto. Wir haben einen neuen Auftrag…“, teilt Peter den anderen beiden augenrollend mit. Erschöpft treffen sie ihre Blicke, doch ohne Widerworte machen sie auf dem Absatz kehrt und fahren wieder los. Auf dem Weg zu der Adresse berichtet der Brünette, was die Dame noch so alles von sich gegeben hat, wobei er aber auslässt, was sie am Schluss noch über sein unfreundliches Verhalten zu sagen hatte. Sie mag vielleicht auch damit recht haben, aber Peter hört nicht das erste Mal, dass er unfreundlich ist und seine Kollegen wissen das schließlich auch. Also erspart er sich und ihnen die ganze Story und erzählt nur das Wesentliche. Ein ganz typisches Verhalten verängstigter Mitbürger mit einem Geisterproblem. „Ich denke, die Frau hat gar nicht mal so Unrecht, meine Herren.“, wirft Egon schließlich ein. „Was meinst du denn damit?“, hakt Winston nach und sucht nach der richtigen Straße. „So gut wie jedes moderne Unternehmen hat, je nach Größe und Auftragslage, mindestens eine Sekretärin, die die Anrufe entgegennimmt und alles am Laufen hält, wenn die Mitarbeiter oder der Chef nicht da sind. Und wenn sie wirklich schon ein halbes Dutzend Mal angerufen hat, ist ihre Panik mehr als verständlich, sofern sie wirklich von einem Geist heimgesucht wird.“ „Also denkst du, wir sollten uns eine Sekretärin zulegen?“ „Durchaus. Schließlich ist es undenkbar, dass einer von uns im Hauptquartier bleibt, um die Anrufe entgegenzunehmen. Das wäre mehr als unproduktiv, wo wir schon zu dritt genug zu kämpfen haben…“, erläutert der Blonde. „Hm, das macht Sinn. Wie siehst du das, Peter?“ Gedankenverloren schmunzelt Peter in sich hinein und blickt aus dem Fenster. Vor seinem geistigen Auge entsteht das Bild einer hübschen Blondine, die kaugummikauend hinter der Schreibmaschine sitzt, während ihre schlanken Finger über die Tasten huschen und sie den Telefonhörer unters Ohr geklemmt hat. Und wenn die Jungs dann von einem anstrengenden Auftrag wiederkommen, empfängt sie der Duft von frischem Kaffee und warmem Essen, gekrönt vom aufreizenden Anblick der langbeinigen, jungen Dame in einem hautengen Kleid, mit einem tiefen Ausschnitt, in den man fast reinfallen könnte und das gerade so lang ist, dass es über ihren wohlgeformten Po reicht. Mann, wäre das mal eine Abwechslung! Weitere Fantasien machen sich in seinem Kopf breit, welche, die schon nicht mehr jungendfrei sind. Es ist wie in einem schlechten Film, in dem die hübsche Empfangsdame ihren Chef verführt. Venkman hätte da absolut nichts dran auszusetzen! Immerhin sind weder Egon noch Winston sein Typ, was wohl auch auf größtmöglicher Gegenseitigkeit beruht, wie ihm scheint und das ist auch gut so. Da ist es dann auch nicht schlimm, sich anderweitig umzusehen. „Peter? Hast du nicht gehört?“ „Oh doch und wie! Ich halte das für eine ganz tolle Idee, Jungs! Ich weiß nämlich echt nicht mehr, wie lang ich es noch ertrage, mir von solchen Leuten ins Ohr brüllen zu lassen. – Außerdem wäre das doch mal eine nette Abwechslung…“, erwidert Venkman mit einem breiten Grinsen. Argwöhnisch mustern die beiden anderen ihn. Egon kann sich nur zu gut vorstellen, was im Kopf seines langjährigen Kollegen vorgeht. Zudem ist der Ausdruck auf seinem Gesicht mehr als verräterisch. Innerlich seufzt der Tüftler, verkneift sich aber jedes Wort dahingehend. Er kann nur hoffen, dass die infrage kommende Dame ein dickes Fell hat und weiß wie sie mit solchen Typen wie Peter umzugehen hat. Winston kennt den Brünetten zwar noch nicht so lange, um ganz sicher zu wissen, was in seinem Kopf so vorgeht, doch sein Blick ist auch für ihn ziemlich eindeutig. Und so wie sich Venkman den meisten anderen Frauen gegenüber so verhält, braucht man nur eins und eins zusammenzuzählen, um zu wissen, was ihm durch den Kopf gegangen ist. Wenn das mal gut geht… Doch immerhin muss sich ja erst mal jemand melden und dann auch noch so verrückt sein, bei ihnen arbeiten zu wollen. Da kommen bestimmt nicht allzu viele Frauen infrage… Schon am nächsten Tag setzt Peter seine Anzeige in sämtliche Zeitungen der Stadt und wartet dann voller Vorfreude darauf, dass sich jemand meldet. Aber wie nicht anders zu erwarten, wird das Warten zu einer echten Zerreißprobe. Da kommt auch dem versucht angergierten Chef der Geisterjäger der Gedanke, dass nicht viele Frauen so verrückt oder so verzweifelt sind, bei ihnen arbeiten zu wollen. Eine wahrhaft bescheidene Tatsache. Winston zu finden, ging aber auch nicht über Nacht, also einfach nicht die Hoffnung aufgeben! Am anderen Ende der Stadt verlässt derweilen eine junge Frau wütend das Büro ihres ehemaligen Chefs. „Nun warten sie doch, Miss Melnitz! Ich bin sicher, wir können dieses kleine Missverständnis auf andere Weise aus der Welt schaffen! Ich möchte nur ungern eine so kompetente Mitarbeiterin wie sie verlieren…“, ein wenig Reue liegt in der Stimme des ältlichen Firmenchefs, aber sie ist kaum hörbar. Aufgebracht dreht sich die Rothaarige zum ihm um und stemmt die Hände in die Hüften. „Ach ja? Was verstehen sie denn unter kompetent? Das ich Kaffee koche und mir den ganzen Tag von ihnen auf den Hintern und den Busen starren lassen muss? Von ihren anzüglichen Äußerungen mal ganz zu schweigen! Das muss ich mir beim besten Willen nicht länger gefallen lassen! Also suchen sie sich jemand anderen, den sie für dumm verkaufen können…“ Ohne ein weiteres Wort öffnet Janine die Tür zum Treppenhaus des Bürogebäudes und verlässt dieses auf dem schnellsten Weg. Unten im Parkhaus angekommen, lässt sie sich hinter das Lenkrad ihres Spider Cabriolet fallen und seufzt schwer. ‚Das hast du wirklich prima gemacht, Janine! Jetzt bist du zwar diesen alten Lustmolch los, deinen Job aber leider mit…‘, geht es ihr durch den Kopf. Langsam startet sie den Motor, fährt auf die Straße und überlegt, was sie nun tun muss. Lange kann sie nicht ohne Job leben und zu ihrer Familie zurück will sie auf keinen Fall. Schließlich hat sie sich so dafür eingesetzt unabhängig zu sein, wie würde das denn aussehen, wenn sie zurück gekrochen kommt? Nein, auf keinen Fall! Sie ist jung, hübsch und eine ganz ausgezeichnete Sekretärin, da wird es doch wohl irgendwo in dieser Stadt einen Job für sie geben, wo sie nicht wie ein Dienstmädchen oder eine Dirne behandelt wird. Oder wenigstens einen Job mit einem Chef, bei dem ihr nicht die Galle hochkommt, wenn sie ihn nur ansieht… So eine Stelle gibt es ganz sicher irgendwo, sie muss sie nur finden und das am besten möglichst schnell! Daher startet sie ihre Suche auch hochmotiviert, durchwühlt sämtliche Zeitungen, redet mit Freunden und Bekannten und schlendert durch die Stadt. Es dauert auch gar nicht lange, bis sie ein paar vielversprechende Angebote entdeckt. Leider erweisen sie sich alle als Reinfall. Dennoch gibt sie nicht so schnell auf. Zum gefühlt hundertsten Mal durchblättert sie einen neuen Stapel Zeitungen und markiert sich jede infrage kommende Anzeige. Allerdings werden es immer weniger. Die meisten hat sie einfach schon durch und so schnell scheint auch nichts Neues dabei zu sein. Abgesehen von einer, findet sie nichts. Skeptisch liest sie noch einmal den Text durch. Das Profil passt schon mal sehr gut und die Bezahlung hört sich auch nicht gerade schlecht an, nur der Laden macht ihr ein paar Gedanken. Die Geisterjäger? Wie sich das schon anhört, wie ein Haufen Verrückter, die das Geld von ahnungslosen und verzweifelten Leuten einstreichen, so wie Kartenleger auf einem Rummelplatz. Was man so in der Stadt über die drei Männer hört, klingt auch nicht unbedingt so berauschend. Aber die Meinungen gehen da mittlerweile auch ziemlich auseinander. Die einen halten sie für die totalen Spinner und die anderen sind ganz angetan von ihrer Arbeit. Grübelnd betrachtet sie die Anzeige. Dann fällt ihr ein, dass vor ein paar Tagen doch ein Bericht über die Ghostbusters in der Zeitung war. Irgendwas mit einem Hotel. Schnell steht sie auf und sucht im Karton mit den alten Zeitungen nach dem Bericht. Als sie ihn zum ersten Mal gesehen hat, hat sie ihn nicht mal gelesen, weil sie das Ganze für totalen Mist gehalten hat. Doch sie erinnert sich daran, dass einer der Männer ein Interview gegeben hat und daher ein Bild von ihm mit abgedruckt wurde. „Ah, da ist es ja!“, lässt sie ertönen und nimmt den Bericht mit ins Wohnzimmer. Gründlich liest sie den halbseitigen Text durch. Scheint ja ein ganz schönes Chaos in dem Hotel gegeben zu haben. Soweit sie auf ihrem Stadtbummel gesehen hat, ist es immer noch wegen Umbauten geschlossen. Aber das ist ja auch nicht wichtig. Neben dem Bericht ist ein Bild von einem jungen Mann im Overall zu sehen, der eine merkwürdige Art Rucksack auf den Schultern trägt und sie damit etwas an einen Kammerjäger mit einer Gasspitzpistole erinnert. In dem Text wirken seine Worte ziemlich hochtrabend und selbstsicher und auch das Bild scheint sein Ego gut eingefangen zu haben. Dr. Peter Venkman. Wenn der Typ wirklich einen Doktortitel hat, ist es schon irgendwie erstaunlich wie jung er aussieht. Aber um Geister zu fangen muss man bestimmt nicht zehn Semester studieren. Das Interview gibt sein Alter leider nicht Preis und auch von seinen beiden Kollegen werden lediglich die Namen erwähnt. Sie sind nicht mal auf dem Foto zu sehen. Aber wenn dieser Venkman der Chef ist, ist das ja schon mal besser zu ertragen, als bei ihrem letzten Job. Zumindest auf dem Bild wirkt Peter, als wäre er kaum älter als sie selbst. Was hat sie schon zu verlieren? Kleine Jungs kann man immerhin besser in Zaum halten, als alte Männer mit lockeren Fingern. Schulterzuckend greift sie zum Telefon und wählt die angegebene Nummer, um einen Vorstellungstermin auszumachen. Zwei Tage später… Gähnend schiebt Peter das Fenster im Schlafzimmer auf. Fast augenblicklich umfängt ihn die kühle Luft dieses frühen Februarnachmittags. Ein Schauer läuft ihm den Rücken hinunter, doch er hofft, dass die Kälte seine Müdigkeit ein wenig vertreiben wird, schließlich muss er heute noch ein Vorstellungsgespräch führen und da möchte er der Dame, die mutig genug ist hierher zu kommen, nicht zur Begrüßung seine Mandeln zeigen. Mit einem weiteren herzhaften Gähnen stützt er die Arme aufs Fensterbrett und beobachtet das wenige Treiben auf der Straße. Träge beginnt Venkman die vorbeifahrenden Autos zu zählen und schläfert sich so unbewusst noch mehr ein. Als er kurz davor ist, sich diesem schönen Gedanken hinzugeben, hält ein Wagen direkt unter dem Fenster. Das silberne Spider Cabriolet wirkt sauber und gepflegt, doch in Anbetracht der Kälte ist das Verdeck geschlossen, sodass Peter dem Ganzen nicht viel Aufmerksamkeit zu teil werden lässt. Nach ein paar Momenten öffnet sich die Fahrertür und eine junge Dame steigt aus. Eingehüllt in einen langen, flauschigen Mantel blickt sie auf einen Zettel, betrachtet dann die Feuerwache und sieht schließlich prüfend auf ihre Uhr. Dies gibt Peter die Chance sie etwas genauer zu betrachten. Wegen des langen Mantels kann er von ihrer Statur leider nicht viel sehen, doch ihre Bewegungen wirken geschmeidig und elegant. Enge, glänzend blaue Stiefel schmiegen sich um ihre langen Beine und verschwinden unter dem Saum des sonnengelben Mantels. Die hohen Absätze wirken für das Wetter unpassend, dennoch scheinen sie die junge Frau in keiner Weise zu behindern. Stiefel und Mantel bilden einen scharfen Kontrast zur fast blassen Haut und den kirschroten Haaren, die schulterlang zu einer Frisur gestylt sind, die der jungen Dame ein keckes Aussehen verleiht. Verträumt betrachtet der Brünette sie und merkt dabei gar nicht, dass es Zeit für das Vorstellungsgespräch wird und er eigentlich schon in seinem Büro sein wollte. Er ist so in den Ausblick vertieft, dass ihm gar nicht in den Sinn kommt, dass die junge Frau dort unten die sein könnte, auf die er eigentlich die ganze Zeit wartet. Prüfend sieht die Rothaarige nach einmal auf die Uhr und wendet ihre Aufmerksamkeit dann zufällig zum Fenster empor. Für einen Moment treffen sich ihre Blicke und Peter schluckt. ‚Man, was für eine Frau…‘, geht es ihm durch den Kopf, während er sie mit offenem Mund anstarrt. Sie schenkt ihm ein freundliches Lächeln mit ihren sanft geschwungenen, zartrosa geschminkten Lippen und augenblicklich stellt sich Peter vor, wie es wohl wäre, sie zu küssen. Verträumt erwidert er ihr Lächeln und winkt ihr zu. Statt zurückzuwinken erhebt sie jedoch die Stimme. „Dr. Venkman? Ich bin wegen des Vorstellungsgesprächs hier…“ Ihre Worte reißen Peter aus seinen Fantasien. Erschrocken richtet er sich auf und knallt dabei mit dem Hinterkopf an den Fensterrahmen. Schmerzlich reibt er sich die pochende Stelle. „Au! – Arg! – Dann hatten wir neulich telefoniert? - Miss Melnitz, richtig?“ „Ja, genau. Ich war mir nicht sicher, ob ich hier auch wirklich richtig bin. Sie sagten zwar, es sei die alte Feuerwache, aber ich hatte mir das dann doch irgendwie anders vorgestellt…“, erwidert sie. „Ja? Wir arbeiten noch daran. – Warten sie, ich komme runter…“ Kurz darauf schließt sich das Fenster und Peter rutscht an der Stange ins Erdgeschoss hinunter. Auf dem Weg zur Tür übermannt ihn wieder seine Fantasie. So eine Frau, hier? Das wäre echt eine Wucht! Als er die Klinke niederdrückt und die kalte Februarluft in die Garage strömt, kann er sein Glück kaum fassen. Aus der Nähe betrachtet ist die junge Frau noch viel beeindruckender. Geschickt tappert sie an ihm vorbei und blickt sich um. „Ich darf ihnen doch sicher den Mantel abnehmen?“, versucht sich Peter von seiner charmantesten Seite zu zeigen. Abschätzend betrachtet Janine den jungen Mann vor sich, der sie unbeholfen anlächelt. „Aber sicher doch.“, erwidert sie und streift den Mantel ab. Als Venkman ihn ihr abnimmt, zieht er hörbar die Luft ein. So kuschlig eingepackt sah sie ja schon umwerfend aus, doch jetzt fehlen ihm fast die Worte. Die blauen Stiefel reichen ihr fast bis zu den Knien, gehen dann über in zwei wohlgeformte Oberschenkel, die schließlich von einem weinroten Kleid abgelöst werden, das gerade lang genug zu sein scheint, damit es ihren Po bedeckt. Der dunkle Stoff schmiegt sich perfekt an ihre schlanke Figur und betont in Peters Augen genau die richtigen Stellen. Leicht genervt verdreht Janine die Augen, doch irgendwie hat sie sich so was schon gedacht und irgendwie ja auch darauf gehofft, dass er darauf anspringt und sie sich so einen Vorteil erhoffen kann. Doch wie er sie ansieht, ist schon fast unheimlich. *‚Er gafft dich nur an, das machen die Jungs, seid deine Brüste gewachsen sind…‘ Was auch stimmt, aber das ist etwas Anderes. Denn Peter Venkman ist nicht wie die meisten Männer, die in den letzten zehn Jahren ihren straffen und überaus sehenswerten Stapel Holz vor der Hütte betrachtet haben. Tatsache ist, dass manche Männer einen ansehen, und manche – sehr wenige – scheinen einen regelrecht mit den Augen abzutasten, und Venkman gehört definitiv zu denen. Sein Blick scheint wahrhaft Gewicht zu haben. Wenn er sie so ansieht, kann sie geradezu spüren, wie seine Augen über ihre Vorderseite gleiten, wie sie sich wie Kaulquappen am Strang des Sehnervs winden, um Janines Berge zu erklimmen und dann wie Quallen in ihre Täler zu flutschen, sodass Janine sich wünscht, sie hätte an diesem Tag lieber eine Nonnentracht angezogen. Oder noch besser, eine Ritterrüstung. Doch dem ist nicht so, denn schließlich braucht sie diesen Job ganz dringend und dazu ist ihr einiges recht, solange sie diesen Möchtegern nicht anfassen muss. Sie gönnt ihm noch einen Moment des Betrachtens, ehe sie sich entschieden räuspert und die Arme vor der Brust verschränkt. Als hätte man ihn bei etwas Verbotenem erwischt, zuckt Peter schuldbewusst zusammen, murmelt eine Entschuldigung und bittet sie dann schnell zu seinem Schreibtisch. Dort angekommen versucht er sich so professionell wie nur irgend möglich zu verhalten, doch leicht fällt es ihm nicht. Immer wieder begeben sich seine Augen auf Wanderschaft und Janine lässt ihn erst mal gewähren. ‚Er wird schon noch sehen, was er davon hat…‘, denkt sie sich, doch das hebt sie sich auf, bis sie sicher weiß, dass sie den Job auch wirklich hat. Bis auf Peters nicht gerade unauffälliges Starren verläuft das Gespräch ziemlich gut und Janine kann sich auch vorstellen, dass ihr die Arbeit hier gefallen könnte, immer vorausgesetzt, die beiden Kollegen dieses Möchtegerns sind nicht auch so anhänglich. Das würde sie nun wirklich nicht ertragen können. Dann hätte sie ja auch bei ihrer alten Stelle bleiben können. Aber die beiden anderen Männer sind laut Peters Aussage beschäftigt und sie wird sie dann zu gegebener Zeit kennenlernen. Schön und gut, im Ernstfall kann sie ja einfach wieder kündigen, auch wenn das nicht so toll wäre. Schließlich neigt sich das Gespräch dem Ende zu. Aufreizend beugt sich die Rothaarige auf dem Schreibtisch vor. „Und was sagen sie nun zu meiner Bewerbung, Dr. Venkman? Bekomm ich den Job?“ „Oh, aber selbstverständlich. Sie sind mehr als qualifiziert dafür und ich freue mich, sie bei den Geisterjägern willkommen zu heißen!“ „Vielen Dank, Dr. Venkman.“ ‚So, das wäre geschafft, jetzt muss ich ihn mir nur noch vom Leib halten…‘, geht es ihr durch den Kopf, doch der Brünette versucht dies gleich auf die Probe zu stellen. „Da wir ja jetzt alles geklärt haben, was halten sie davon mich Peter zu nennen? Und als kleines Willkommensgeschenk könnten wir zwei doch nett Essen gehen…“ Das hat Janine schon befürchtet und dabei wirkt Peter auch noch so selbst von sich überzeugt, dass sie sich ernsthaft zu fragen beginnt, bei wie vielen Frauen er mit dieser Masche schon landen konnte. Ehe sie seine eifrigen Versuche jedoch abwimmeln kann, ertönen Schritte auf der Treppe. Hoffnungsvoll wendet sie ihren Blick in diese Richtung. „Peter? Brauchst du noch etwas aus dem Supermarkt? Ich würde jetzt mal Einkaufen fahren, wo es gerade so ruhig zu sein scheint…“, kommt es von einem hochgewachsenen Blonden, der stirnrunzelnd eine lange Liste zu studieren scheint. „Ich denke nicht, nein. Aber begrüß doch erst mal unsere neue Sekretärin!“ Überrascht hebt Egon den Blick und richtet seine Brille. „Oh, sehr erfreut, Miss. Ich bin Dr. Egon Spengler.“ Er tritt ans Ende der Treppe und reicht ihr höfflich die Hand. Janine hingegen starrt ihn einfach nur an. Der junge Mann, der vor ihr steht, wirkt als wäre er das hundertprozentige, wenn nicht sogar das tausendprozentige Gegenteil von Venkman. Ein Leben lang war Janine stets eine Verfechterin des Gedankens der Liebe auf den ersten Blick gewesen. Mehr als einmal hat sie sich während ihrer Schulzeit über die Mädchen lustig gemacht, die ihrem Traumprinzen angeblich auf diese Weise begegnet sein wollen. Doch dieser junge Mann scheint all das zu vereinen, was sie niemals dachte, je zu finden. Ihr Herz macht einen Freudensprung nach dem anderen. Verwundert betrachtet Egon sie. „Geht es ihnen nicht gut, Miss?“, fragt er schließlich. Er sieht sie mit einer so herzlichen Nachdenklichkeit an, dass sie tief im Innern ein verlangendes Prickeln verspürt. Überschwänglich ergreift sie schließlich seine Hand. „Oh, mir geht es ganz ausgezeichnet, danke der Nachfrage. Ich bin Janine. Freut mich sehr, dich kennenzulernen, Egon!“, trällert sie begeistert und hofft, nicht allzu sehr mit der Tür ins Haus zu fallen, wenn sie ihn gleich mit dem Vornamen anspricht. Doch der Blonde scheint sich davon nicht beirren zu lassen. „Die Freude ist ganz meinerseits, Janine.“, erwidert der Blonde freundlich. Innerlich seufzt die Rothaarige erfreut auf, das Eis scheint gebrochen, Peter vollkommen vergessen. „Das ist aber eine ziemlich lange Einkaufsliste. Was hältst du davon, wenn ich dich begleite?“, wirft sie schnell ein, um sich etwas Abstand on dem Brünetten zu erhoffen. Resignierend betrachtet Egon nach einmal die lange Liste. In letzter Zeit war so viel zu tun, dass sie schon ewig nicht mehr einkaufen waren und sie die Reserven rapide dem Ende geneigt haben. Besonders wohl fühlt er sich nie, wenn er mit Einkaufen dran ist, da kommt ihm etwas Hilfe ganz gelegen. „Wenn dir das nicht zu viel Mühe ist?“ „Ach, wie könnte es denn!“, beruhigt Janine ihn begeistert. Hinter ihnen räuspert sich Peter lautstark, da er irgendwie das Gefühl hat, nicht mehr beachtet zu werden und das schmeckt ihm so gar nicht. „Entschuldige mich einen Moment, Egon. Ich muss nur kurz mit deinem Kollegen reden.“ „Kein Problem. Ich fahr schon mal den Wagen nach draußen…“ Einen Augenblick sieht sie dem Blonden noch hinter her, dann dreht sie sich zu Peter herum. „Da du Egon ja jetzt kennst, kommen wir doch mal zu meiner Frage zurück, ja?“, hoffnungsvoll blickt er sie an. Abschätzend mustert sie ihn noch einen Moment, dann verschränkt sie abweisend die Arme vor der Brust und blickt ihn streng an. „Ich bin ihnen ja wirklich sehr dankbar für den Job, aber das gibt ihnen noch lange nicht das Recht, mich anzuschauen, als wäre ich irgendein billiges Ding, das am Rand einer Rennstrecke steht und die Fahrer anheizt! Und weitere Äußerungen und Blicke dahingehend verbiete ich ihnen hiermit entschieden! Des Weiteren werde ich weder jetzt, noch in irgendeiner Zukunft mit ihnen Essen gehen, also fragen sie mich auch nie wieder danach! Ich hoffe, wir haben uns verstanden, Dr. Venkman?“ In ihrer Stimme liegt all die Abneigung, die sie die ganze Zeit über versucht hat zu verbergen und somit hagelt sie ziemlich hart auf Peter nieder. Überrumpelt starrt er sie an und ringt nach einer Antwort. „Klar, verstanden…“, ist aber alles, was ihm im Moment einfällt. Sie schenkt ihm ein kleines Lächeln. „Dann ist ja gut. Auf gute Zusammenarbeit, Dr. Venkman.“, entgegnet sie ihm noch, ehe sie sich ihren Mantel wieder überstreift und nach draußen zu Egon eilt. Perplex sieht Peter zu, wie die beiden davonfahren. Er hat zwar schon etliche unschöne Abfuhren bekommen, aber das gerade war schon echt heftig. Unweigerlich fragt er sich, was Egon an sich hat, dass sie sich ihm so an den Hals wirft. Doch er kommt beim besten Willen nicht drauf. Stattdessen fallen ihm ein paar Zeilen aus einem Lied von Elvis ein, die seiner Meinung nach perfekt auf die temperamentvolle Rothaarige zutreffen: ‚Du siehst aus wie ein Engel. Du gehst wie ein Engel. Du redest wie ein Engel. Aber ich habe es erkannt! Du bist der Teufel in Verkleidung!‘ „Na dann auf gute Zusammenarbeit…“, gibt er betrübt von sich und schließt die Tür. Das kann ja sicher noch heiter werden… Kapitel 4: And one make four ---------------------------- Sechs Monate später… Gewissenhaft schließt die Mutter die Knöpfe am Mantel ihres Sohnes, obwohl es August und damit eigentlich viel zu warm für einen Trenchcoat ist. Doch Raymond lässt das Ganze schweigend über sich ergehen. Immerhin fällt der Abschied seiner Mutter unglaublich schwer und so zögert sie es so lange wie nur irgend möglich hinaus. Sie kann es einfach nicht ertragen, ihren einzigen Sohn in die große Stadt hinausziehen zu sehen, ohne zu wissen, wann sie ihn das nächste Mal wiedersieht und ob er dort, wo er hingeht, auch glücklich sein wird. Schließlich steht noch nicht einmal fest, ob er die Stelle überhaupt bekommt, für die er so schwärmt. Diese Ungewissheit macht sie ganz verrückt und nicht zum ersten Mal wünscht sie sich, dass er diesen Job nicht bekommt und somit wieder zu ihr zurückfindet. Doch Ray´s Begeisterung für Übersinnliches und Geister ist so groß, dass nicht einmal die Tatsache, seiner Mutter mit seinem Abschied das Herz zu brechen, ihn davon abhalten kann zu gehen. Immerhin bekommt man ja nicht alle Tag die Gelegenheit die berühmten Geisterjäger höchst persönlich kennenzulernen und vielleicht sogar mit ihnen zusammenzuarbeiten. „Bist du sicher, dass du auch wirklich alles hast, Ray-Schätzchen?“, fragt sie zum gefühlt hundertsten Mal. Sanft lächelt er ihr zu und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. „Ja, Mom. Ich hab alles.“ „Gut, gut. Und vergiss nicht anzurufen!“, mahnt sie ihn. „Nein, Mom. Ich ruf dich an, sobald ich weiß, ob ich den Job hab oder nicht.“ „Wunderbar und dann…“ Sanft, aber bestimmend ergreift er ihre nervösen Hände, die seinen Kragen erneut glätten wollen. Tief sieht Ray ihr in die Augen und lächelt sein liebenswertes Knabenlächeln. „Mom, ganz ruhig! Ich geh doch nicht für immer weg. Es ist immer noch New York und sobald ich die Möglichkeit hab, werde ich euch besuchen kommen. Das weißt du doch!“, versucht er ihr begreiflich zu machen. Sie lächelt ihm traurig entgegen und nickt. „Natürlich weiß ich das, dennoch ist es so schwer…“ „Nun lass dem Jungen doch mal Luft zum Atmen! Er ist doch kein kleines Kind mehr und wird schon klarkommen, habe ich recht, Raymond?“ Schwer legt sich dich Hand seines Vaters auf seine Schulter. Über seine Pfeife hinweg, zwinkert er seinem Sohn zu und versucht seine Frau mit einem ernsten Blick zu strafen, auch wenn es ihm mindestens genauso schwerfällt, seinen einzigen Sohn ziehen zu lassen. Leicht trotzig erwidert sie den Blick ihres Mannes, streicht ihre Schürze glatt und tritt dann zwei Schritte zurück. „Ihr habt ja recht – gut, ich gebe mich geschlagen. Und nun nimm ihn mit, ehe ich noch weinen muss…“ Mit einer zitternden Hand kramt sie ein Taschentuch aus ihrer Schürze und beginnt daran herum zu zupfen. „Ich warte im Auto auf dich, Junge.“, verkündet sein Vater und verlässt mit schweren Schritten den Raum, den Rauch seiner Pfeife hinter sich herziehend wie eine kleine Dampflok. Mitleidig betrachtet Ray seine Mutter, die sichtlich mit ihren Gefühlen kämpft. Mit glänzenden Augen wendet sie sich kurzerhand von ihm ab. „Nun geh schon, Ray. Lass deinen Vater nicht warten, sonst verpasst du noch deinen Zug…“, weist sie ihn mit brüchiger Stimme an. Geschwind tritt er an sie heran und nimmt sie von hinten fest in die Arme. „Ich hab dich lieb, Mom…“, haucht er ihr ins Ohr und kann dabei spüren wie ihre Schultern zu beben beginnen. „Ich hab dich auch lieb, Ray-Schätzchen…“ Ihre Tränen beginnen zu fließen. Doch als draußen die Hupe ertönt, trennt er sich von ihr und verlässt ohne ein weiteres Wort sein Elternhaus… Die Fahrt zum Bahnhof verläuft schweigend. Erst als der Wagen schwerfällig auf dem kleinen Parkplatz vor der Station zum Stehen kommt, bricht sein Vater die Stille. Gewichtig legt sich seine Hand auf Ray´s Oberschenkel. „Du brichst deiner Mutter das Herz, Raymond.“ „Ja, ich weiß und es tut mir auch schrecklich leid…“, entgegnet der Junge betrübt. „Mir geht es nicht viel anders, seid deine Schwestern alle gegangen sind.“, beharrt der ältere Mann, auch wenn ihm bewusst ist, seinen Sohn nicht umstimmen zu können. „Auch das weiß ich und es tut mir genauso leid…“ „Dein Ehrgeiz in dieser Sache ist wirklich bewundernswert, mein Junge. Aber ich wünschte, du hättest dir etwas Sinnvolleres ausgesucht, als so einen Hokuspokus zu studieren und jetzt irgendwelchen Hirngespinsten hinterher jagen zu wollen…“, streng sieht er ihn an, doch in seinem Blick liegt auch Resignation. „Dad, das ist kein Hokuspokus, sondern Wissenschaft und auch keine Hirngespinste, sondern Geister!“, empört sich Ray ein bisschen, doch eigentlich hat er diese Diskussion schon lange aufgegeben. Es mag noch so viele unerklärliche Wunder in der Bibel seiner Mutter geben, von deren Wahrheit sie vollends überzeugt ist, aber das heißt ja noch lange nicht, dass sie deswegen an Geister glauben müssen. Sie wollen ihn einfach nicht verstehen und das wird sich wohl auch nicht mehr ändern, außer er kann sie vom Gegenteil überzeugen. Aber dafür braucht er diesen Job. „Ich weiß doch, Raymond. Aber es bleibt das Gleiche. – So, und nun beeil dich, dein Zug kommt bald. – Denk dran, dass wir immer für dich da sind und du jederzeit wieder nach Hause kommen kannst. Dein Onkel hält dir immer einen Platz in seiner Werkstatt frei.“ „Und dafür bin ich euch auch allen sehr dankbar. Wirklich. – Doch ich hab mich entschieden und will es wenigstens versuchen! Mach´s gut, Dad…“ Über die Mittelkonsole hinweg umarmen sie sich kurz, ehe Ray den Wagen verlässt. Noch eine ganze Weile blickt er dem davonfahrenden kleinen, grünen Auto nach, winkt seinem Vater und kämpft ebenso mit seinen Gefühlen. Es geht ihm sehr nahe, seine Familie einfach so hinter sich zu lassen, war er doch bisher nie wirklich von ihnen getrennt. Noch vor ein paar Monaten hätte er es nicht für möglich gehalten, das heimische Nest zu verlassen und sich eine Arbeit außerhalb der Werkstatt seines Onkels zu suchen. Dort hat er so viel gelernt und es hat ihm unendlich Spaß gemacht. Doch irgendwie war das Herumschrauben immer mehr nur eine Art Hobby. Seine wahre Begeisterung galt immer dem Übernatürlichen, dem nicht Greifbarem, dem Unglaublichen. Selbst wenn alle über ihn gelacht und seine Eltern ihn stets zu etwas Anderen versucht haben zu überreden. Seine älteren Schwestern haben in den letzten zehn Jahren eine nach der anderen einen Job gefunden, eigene Familien gegründet und sind in die Welt hinausgezogen. Er als Jüngster blieb übrig und seine Mutter dachte wohl stets, dass dies immer so sein wird. Im Grunde hätte Ray auch nichts dagegen zu bleiben. Doch der Drang etwas Neues zu erleben, wurde so unerträglich, dass er ihn bald nicht mehr in Zaum halten konnte. Als er schließlich auf das Stellenangebot der Geisterjäger gestoßen ist, war dies wie der Startschuss, auf den er so lange gewartet hat. Schon als die Jungs das erste Mal in der Zeitung standen und dann auch im Fernsehen zu sehen waren, war er gefesselt. Fortan hat er jeden ihrer Schritte verfolgt. Die Chance sich nun bei ihnen vorstellen zu dürfen, ist einfach das Größte für ihn. Mit einem letzten Seufzen blickt er dem inzwischen winzigen Punkt nach, zu dem das Auto seines Vaters geworden ist. Dann schleicht sich die Vorfreude in sein Gesicht und beschwingten Schrittes betritt er den Bahnhof. Vertieft in ein Comicheft versucht er die Wartezeit bis zur Einfahrt des Zuges zu verkürzen, während er immer wieder aufgeregt die Gleise entlangblickt, an deren fernem Ende irgendwann die Nase des Zuges sichtbar werden wird. Als der Zug schließlich die Schienen entlangrumpelt und vor ihm zum Stehen kommt, ist es, als würde ein Funke überspringen. Seine Aufregung steigt gleich um mehrere Stufen an. Grinsend schnappt er sich seine Tasche und sucht sich einen schönen Fensterplatz. Dann setzt sich der Zug langsam in Bewegung und Ray vergisst sein Comicheft, das er auf der Fahrt eigentlich zu Ende lesen wollte. Bisher ist er nur selten aus Morrisville herausgekommen und nun gleich nach Manhattan fahren zu können, ist schon wirklich etwas Besonderes. Daher kann er die Augen gar nicht von der vorbeiziehenden Umgebung abwenden. Die Landschaft vor seinem Fenster verändert sich so schnell, dass es fast so wirkt, als würde man durch die Zeit reisen. Die verhältnismäßig wenig bebaute Umgebung des kleinen Madison County erhält rasch Zuwachs von hohen, dicht gedrängten Gebäudekomplexen, Wohn- und Büroanlagen und riesigen Shoppingcentern. Das laute, blühende Leben Manhattans scheint das hundert prozentige Gegenteil zum ländlich gebliebenen Morrisville mit seinen nur knapp tausend Einwohnern zu sein, obwohl beide zu New York gehören. Die sich ständig verändernde Landschaft mit all ihren vielen Sehenswürdigkeiten fesseln die jungen Mechaniker so sehr, dass er kaum mitbekommt, wie die fünf Stunden Fahrzeit an ihm vorbeischreiten. Denkt Ray zumindest. Doch dann fährt der Zug nicht mehr weiter, sondern bleibt in Croton-on-Houston stehen. Die Station ist die letzte Haltestelle vor seinem Ziel, der Pennsylvania Station und er würde eigentlich noch eine Stunde im Zug sitzen müssen, um dort anzukommen. Als Raymond aus dem Fenster sieht, bemerkt er die ungewöhnliche Aufregung auf dem Bahnsteig. Aufgebrachte Menschen laufen verwirrt und ziellos umher, andere versuchen eine Antwort aus dem sichtlich überforderten Bahnhofspersonal herauszubekommen. Alles wirkt viel zu hektisch und zu verloren. Die anderen Leute im Zug sehen ebenfalls verwundert aus den Fenstern und scheinen langsam nervös zu werden. Der Zug steht einfach schon zu lange hier und irgendwie ist auch niemand eingestiegen. Dann ein krächzendes Knacken aus dem Lautsprechern über den Fahrgästen und draußen auf dem Bahnhof. Ein Mann vom Bahnhofspersonal verkündet, dass die Fahrt hier endet und auch keine anderen Züge weiterfahren werden. Nur ein paar Meilen vom Bahnhof entfernt ist ein großer Sattelschlepper auf einem Bahnübergang mit einem anderen Zug kollidiert, sodass der Fahrbetrieb eingestellt werden muss. Etliche Rettungskräfte und Löschwagen sind wohl schon dort und bergen die Verletzten und die Überreste der beiden Fahrzeuge. Der Zugverkehr ist bis auf weiteres eingestellt und die Umgebung um die Unfallstelle ist weiträumig abgesperrt. Dazu gehören auch wichtige Straßenabschnitte, die nach Manhattan führen. Die Passagiere werden gebeten den Zug zu verlassen und auf andere Beförderungsmittel umzusteigen. Irgendwie ein echter Witz, wo die meisten Zufahrtsstraßen, die von hier in die Innenstadt führen, ja wegen des Unfalls gesperrt sind. Kein Wunder also, dass die Leute auf dem Bahnsteig so durch den Wind sind und nicht wissen wohin. Hilflos blickt Ray auf seine Uhr, während er den Zug verlässt. Sein Vorstellungstermin beginnt in nicht mal zwei Stunden und er hat keine Ahnung, wie er da hinkommen soll. Eigentlich wären es von der Pennsylvania Station nur zwei Meilen bis zur ehemaligen Feuerwache gewesen. Eine Strecke, die man locker auch zu Fuß in kurzer Zeit hätte bewältigen können. Doch von hier aus sind es gut vierzig Meilen in einem ihm völlig unbekannten Stadtteil. Suchend blickt er sich um, doch er findet nicht viel, dass ihm weiterhelfen könnte. Alle Taxen, die sonst in langen Schlangen vor dem Bahnhof auf Gäste warten, sind besetzt und versuchen irgendwie einen Weg in die Innerstadt zu finden. Aber durch die Sperrungen ist so gut wie kein Durchkommen und so stehen die Taxen mit all den anderen Autos in langen, wütend hupenden Schlangen und es geht weder vor noch zurück. Auf dem Busbahnhof vor der Station sieht es nicht viel besser aus. Die wenigen Busse, deren Strecke so günstig verläuft, dass sie an dem Unfall vorbeikommen, sind hoffnungslos überfüllt und wie die anderen Autos stehen auch sie in dem endlosen Stau, der sich mittlerweile gebildet hat. Wie so viele andere Leute auch, sucht Ray nach einem Stadtplan. In der Ferne kann er den dichten, schwarzen Rauch der Unfallstelle erkennen und immer wieder hört er das An- und Abschwellen von Sirenen. Obwohl er es nicht will, kommt er nicht umhin sich vorzustellen, wie es dort hinten wohl aussehen mag. Ein eisiger Schauer jagt seinen Rücken hinunter und er wendet den Blick schnell wieder ab. Endlich gelingt es ihm sich zu einem Stadtplan durchzukämpfen. Was er allerdings sieht, ist nicht sehr erfreulich. Ein durchaus hilfsbereiter Bahnmitarbeiter hat inzwischen eingetragen, wie weit die Straßensperren gehen und welche Linien davon betroffen sind. Die Sperrung reicht fast bis nach Ossining. Von dort aus fahren wieder Züge in die Innenstadt, wobei Ray in Marble Hill in einen Bus umsteigen müsste, da die Züge sonst in die falsche Richtung weiterfahren. Zudem wird den Fahrgästen aufgrund der hohen Verkehrsbelastung empfohlen, den Weg bis nach Ossining zu Fuß zu nehmen. Ein wahrhaft schlechter Scherz. Doch wenn Ray sich die Menschenmengen hier und auf den Straßen ansieht, wohl die einzige Möglichkeit vor Einbruch der Dunkelheit von hier weg zu kommen. Allerdings eine Möglichkeit, die schon unter normalen Umständen gut eine Stunde dauert. Von Ossining fährt der Zug dann etwa vierzig Minuten bis Marble Hill und der Bus von dort aus ist auch noch mal eine Dreiviertelstunde unterwegs. Seufzend sieht Ray noch mal auf seine Uhr und rechnet nach. Mathe ist zwar nicht gerade seine Stärke, da er oft mit den Kommastellen durcheinanderkommt, doch selbst für ihn ist es nicht schwer festzustellen, dass er die Strecke nicht mehr rechtzeitig hinter sich bringen wird. Das fängt ja wirklich herrlich an. Dabei hatte er sich so auf das Treffen mit den Ghostbusters gefreut und nun wird er zu spät kommen und wer weiß, ob sie ihn dann überhaupt noch haben wollen… Aber er muss es einfach durchziehen! Also versucht er sich den Weg bis nach Ossining so genau wie möglich einzuprägen, nicht das er sich auch noch verläuft. Obwohl das fast unmöglich erscheint, wenn er bedenkt, dass gefüllte zehntausend andere Leute denselben Plan verfolgen und den Meisten davon deutlich der Termindruck ins Gesicht geschrieben steht. Mit einem letzten Blick zu der aufsteigenden Rauchsäule zu seiner Rechten, wendet er sich nach links und kämpft sich seinen Weg durch die Massen zur Straße durch, um seinen Fußmarsch zu beginnen… Inzwischen ist es Nachmittag geworden. Der Weg nach Ossining ist endlich geschafft, doch durch die vielen Menschen und das Chaos auf den Straßen, hat das Ganze auch fast das Doppelte an Zeit geschluckt. Vor den Toren der Bahnstation sieht Ray auf die Uhr und es versetzt ihm einen Stich ins Herz zu sehen, dass sein Vorstellungstermin eigentlich in zehn Minuten beginnen sollte. Auf dem Fußmarsch hatte er sowieso schon die Hoffnung aufgegeben es noch irgendwie zu schaffen. Bei den ganzen Leuten um ihm herum, war das auch irgendwie nicht anders zu erwarten, doch Ray ist von Grund auf Optimist. Daher trifft es ihn zwar hart, nicht rechtzeitig anzukommen, doch unterwegs hat er viel von der Stadt gesehen und ist auch mit allerhand Menschen ins Gespräch gekommen. Gelangweilt hat er sich also auf keinen Fall. Ein paar der Leute wussten sogar einige Dinge über die Geisterjäger zu erzählen. Gutes war nicht unbedingt dabei, aber das hat Ray auch nicht so sehr erwartet, kennt er doch die oftmals sehr abfälligen Zeitungsartikel oder Fernsehberichte. Selbst wenn die Jungs den Leuten den Hintern retten, werden sie dennoch immer gern mit Füßen getreten. Wirklich traurig. Doch Ray hat sich sein Missfallen über dieses Benehmen nicht anmerken lassen. Das Letzte, was er in dieser ohnehin schon erbosten Menschenansammlung verursachen wollte, war ein Streit. Egal, was die Leute auch gesagt haben, Raymond hat brav genickt und ihnen zugestimmt. Seine Eltern sind ja größtenteils derselben Ansicht wie diese Leute hier, von daher kennt er das ja alles schon und weiß wie er damit am besten umgehen muss. Ein, zwei Leute hatten aber auch gute Dinge zu erzählen, darunter sogar eine Frau, die selbst schon von einem Geist heimgesucht wurde und die Jungs um Hilfe bat. Den Großteil des Weges hat sich Ray mit ihr unterhalten und dabei ihren Kinderwagen vor sich hergeschoben, während sie das schlafende Baby die meiste Zeit auf dem Arm hatte. Es war schon richtig schade, dass sie dann einen anderen Weg eingeschlagen hat, bevor sie Ossining erreicht haben. Nun ist Ray wieder allein. Zumindest hat er keinen netten Gesprächspartner mehr. Allein ist er aber noch lange nicht, auch wenn sich die Zahl der Leute auf dem Weg um einiges verkleinert hat. Dennoch sind noch so viele Menschen übrig, die sich jetzt in die bereitstehenden Züge drängen, dass es ein echtes Wunder ist, dass es noch Luft zum Atmen gibt. Während sich Raymond weiterhin durch die Stadt quält und die Zeit immer mehr gegen ihn läuft, breitet sich allmehlig Missfallen im Hauptquartier der Geisterjäger aus. Ungeduldig sieht Janine ein weiteres Mal auf die Uhr und gibt ein verstimmtes Seufzen von sich. Der junge Mann, der sich vorstellen wollte, hätte schon längst hier sein müssen, doch nichts dergleichen. Es wird auch nicht besser, wenn Peter alle fünf Minuten vorbeikommt, um zu fragen, ob sie schon etwas gehört hat. Am Telefon klang dieser Dr. Stanz so vernünftig und gefesselt von der Stelle, dass schon fast kein Zweifel mehr besteht, dass er den Job auch bekommen wird. Aber so was sagt natürlich nichts über die Pünktlichkeit und Verlässlichkeit seiner Person aus. In diesem Falle sollte man sich wohl noch einmal gründlich überlegen, ob er die richtige Wahl für die Stelle ist. Vertieft in ihre Arbeit hat die Rothaarige dann auf einmal das Gefühl beobachtet zu werden. Sie lässt absichtlich laut ein genervtes Seufzen hören und wendet dabei den Blick zur Treppe. Wie schon vermutet, steht Peter dort auf den Stufen. Mit einem Augenrollen widmet sie sich wieder ihrer Schreibmaschine. „Ich habe immer noch nichts zu berichten, Peter. Also lass es endlich…“, verkündet sie zwischen den Tastenanschlägen. Venkman ist inzwischen zu ihrem Schreibtisch geschlendert und setzt sich gleichgültig auf eine der Ecken. „Das war mir schon klar. Ich wollte dir auch eigentlich nur sagen, dass es sich damit wohl erledigt hat. Wahrscheinlich hat er es sich in letzter Minute anders überlegt oder weiß der Geier. Aber falls er hier doch noch die Güte hat aufzutauchen, kannst du ihn gleich wieder vor die Tür setzen…“ Ohne von ihrer Arbeit aufzublicken, antwortet sie ihm. „Das hätte ich so oder so getan!“ „Hach Janine, ich bewundere immer wieder deine nette Höflichkeit, wirklich.“, entgegnet ihr Peter sarkastisch. „Danke und ich bewundere deine Ernsthaftigkeit.“, erwidert sie gelassen, ohne aufzublicken. Für einen Augenblick setzt Peter ein leichtes Schmollen auf. Diese Frau macht ihn noch mal ganz wahnsinnig. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass sie jeden seiner Annäherungsversuche brutal im Keim erstickt und stattdessen die ganze Zeit wie eine rollige Katze um Egon herumschleicht, nein, sie verwendet auch einfach alles, was er sagt, gegen ihn. Es ist, als wäre sie die kleine Schwester, die er nie hatte. Irgendwie hatte er sich etwas mehr Feingefühl von ihr erhofft, wo er sich doch die ganze Zeit so auf den Vorstellungstermin gefreut hat. Immerhin hat er im Leben nicht damit gerechnet, jemanden zu finden, der genauso ein Kauderwelsch von sich geben kann wie Egon und dennoch der verständlichen, englischen Sprache mächtig ist, um den Unsinn des Blonden zu übersetzen. So eine Chance wird sich nie wieder ergeben. Peter versteht auch beim besten Willen nicht, warum der Bengel nicht aufgetaucht ist. Bei ihrem Telefonat klang er so begeistert, als würde er am liebsten durch den Hörer steigen, um gleich anfangen zu können. Irgendwas stimmt da einfach nicht. Von dem ganzen Gewarte und Gedenke bekommt er schon Kopfschmerzen. „Hey Janine, wie wäre es mit einem Kaffee?“, fragt er daher ganz unschuldig. Für einen kurzen Moment sieht sie ihn an und hebt dabei abschätzend eine Augenbraue, dann tippt sie ungerührt weiter. „Nein danke, ich hatte gerade einen.“ Verdammt, immer die gleiche Antwort! Was für eine Sekretärin ist sie eigentlich, wenn sie ihrem Chef nicht mal einen verdammten Kaffee machen will? Aber so leicht gibt Peter nicht auf. „Aber ich meinte doch nicht für mich, sondern für Egon.“, lockt er sie. „Oh nein, Dr. Venkman! Sie meinten für sich! Ich hab nämlich gerade erst einen Kaffee mit Egon getrunken und selbst wenn nicht, warum sollte er dir sagen, dass ich ihm einen kochen soll?“ Herausfordernd sieht sie ihn an. Leicht schmollend erwidert Venkman ihren Blick. Das hat gesessen, jetzt weiß er auch nicht mehr weiter. Ungelenk erhebt er sich von der Tischplatte und wendet sich zur Treppe. „Küche!“, ruft Janine ihm hinterher. Irritiert dreht er sich um. „Wie bitte?“ „Wenn du Kaffee willst, dann geh in die Küche.“ Ein vorfreudiges Lächeln breitet sich auf dem Gesicht des Brünetten aus. „Steht da etwa welcher?“ „Nein, aber die Kaffeemaschine und sie werden es doch wohl schaffen, das Ding zu bedienen. Immerhin hat es nur einen Knopf und um den zu finden, reicht auch ein durchgemogelter Studienabschluss, Dr. Venkman!“, lächelt sie ihm keck entgegen. Wieder ein Tritt in die Magengrube. Peter gibt ein genervtes Schnauben von sich. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass sie so frech ihm gegenüber ist, nein, dann auch noch ständig dieses absichtliche Siezen und herabwürdigen seines so hart erkämpften Titels. Manchmal würde er sie wirklich gern wieder vor die Tür setzen. Doch bevor er das schafft, friert wahrscheinlich eher die Hölle zu oder sie setzt ihn vor die Tür. „Schon gut, schon gut. Ich hab verstanden…“, motzt er kindisch zurück und stapft grummelnd die Treppe wieder hinauf. Eine Weile scheint Ruhe zu herrschen, sodass Janine den Text, den sie getippt hat, noch einmal durchlesen kann. Dabei kann sie leises Gepolter aus der Küche oben hören. Scheinbar versucht Peter wohl doch allein sein Glück mit der Kaffeemaschine. Ein wenig grinst die Rothaarige in sich hinein. ‚Nur immer schön standhaft bleiben, Janine. Dann wird aus Peter vielleicht doch eines Tages ein vernünftiger Mann.‘, sagt sie sich selbst, ehe sie den Text auf dem Blatt Papier für korrekt empfindet und die Seite auf den dünnen Stapel legt, den sie schon fertig hat. Mit geschickten Fingern spannt sie ein neues Blatt in die Schreibmaschine und beginnt wieder zu tippen. Nicht lange später klopft es verhalten an der Tür. „Herein!“, ruft die kecke Sekretärin und unterbricht kurz ihre Arbeit. Fast schon vorsichtig öffnet sich die Tür und ein junger Mann im Trenchcoat tritt ein. Janine hebt eine Augenbraue. Es ist zwar schon fast dunkel draußen, aber noch bei weitem zu warm, um überhaupt etwas Langärmliges zu tragen, schließlich ist August. Aber egal. Innerlich zuckt sie mit den Schultern und wartet, bis er zu ihr an den Tisch herangekommen ist. Er wirkt sehr nervös und sieht aus, als hätte er einen ziemlich langen Tag hinter sich. Aber wer hat das nicht? Immerhin haben die Jungs heute schon fünf Geister eingefangen, die über die halbe Stadt verteilt waren und Janine sitzt schon seit heute Morgen an der Schreibmaschine und ist dabei mehr als erstaunt, dass sie überhaupt noch ein Gefühl in den Fingerspitzen hat. Also braucht der Bursche kein Mitleid von ihr zu erwarten, egal was er sich für eine Ausrede für sein Zuspätkommen auch ausgedacht haben mag. „Verzeihen sie die Störung, Miss, aber ich bin…“, setzt Ray hoffnungsvoll an. Er wird aber fast augenblicklich von Janine unterbrochen. „Ich weiß schon, wer sie sind, Dr. Stanz! Aber ihr Termin war vor über drei Stunden und jetzt ist Schluss! Daher würde ich sie bitten zu gehen!“, entgegnet sie ihm kalt. Sichtlich zuckt der junge Mann unter ihrer strengen Stimme zusammen und sucht nach einer Antwort. „Hören sie, meine Verspätung tut mir wirklich aufrichtig leid, aber da war ein Unfall auf der Bahnstrecke und…“ Wieder unterbricht sie ihn. „Ein Unfall, ja? Klingt ja wirklich tragisch. Aber davon habe ich nichts mitbekommen. Also verlassen sie jetzt bitte das Gebäude, ehe ich sie rausbringen muss!“, scharf funkelt sie ihn an. Innerlich schluckt Ray bei solch einem Temperament und er möchte sich auch wirklich nur sehr ungern mit ihr anlegen. Doch dieser Job bedeutet ihm alles und so leicht gibt er sich nicht geschlagen. „Aber, wenn ich es ihnen doch sage. Da war ein Unfall. Ich bin praktisch zu Fuß durch die halbe Stadt gelaufen, weil alles verstopft war. Schalten sie doch das Radio ein, da werden sie sicher etwas darüber bringen.“, versucht es Raymond weiterhin. Langsam erhebt sich die Rothaarige von ihrem Stuhl und stützt die Hände warnend auf die Tischplatte. Angesäuert mustert sie ihn. Was sie nicht bemerkt hat, ist, dass Peter schon wieder auf der Treppe steht und das Ganze beobachtet. In seiner Hand eine dampfende Tasse Kaffee. Doch als er einen Schluck davon nimmt, verzieht er angewidert das Gesicht. Irgendwas ist da schiefgelaufen. So schlimm das Gebräu auch schmecken mag, so interessant ist die Aussicht von hier. Gezielt wandern seine Augen über Ray´s Gestalt. Wegen dem Trenchcoat ist nicht allzu viel zu sehen, aber ein hübsches Gesicht hat der Junge allemal. Es wirkt schon fast niedlich, wie er versucht, sich Janine gegenüber zu behaupten. Als würde man einen kleinen Jungen beobachten, der versucht vehement seiner Mutter zu widersprechen. Ein Grinsen huscht über Venkmans Gesicht. ‚Bloß nicht aufgeben, Kleiner! Wenn du Janine packst, packst du alles!‘, feuert er ihn gedanklich an. „Dr. Stanz, ich habe versucht, es ihnen höflich rüberzubringen, aber das hat ja nichts gebracht. Also wenn sie jetzt nicht auf der Stelle gehen, sehe ich mich gezwungen sie…“ Nun ist es einmal Peter, der sie unterbricht. „Janine, warum sagst du mir denn nicht, dass unser Gast eingetroffen ist?“ Lässig schlendert er die Treppe hinunter und stellt ihr den ungenießbaren Kaffee demonstrativ auf den Tisch. Perplex sieht sie Peter an. „Du hast gesagt, ich soll ihn vor die Tür setzen, wenn er hier auftaucht und genau das versuche ich ja gerade!“, kontert sie. Der Brünette lässt sich davon aber nicht beirren und versucht sich so ein wenig für vorhin zu rächen. „Aber Janine, so was würde ich doch nie sagen! Warum auch? Immerhin habe ich seine Ankunft doch schon die ganze Zeit erwartet.“ Mit offenem Mund mustert der Rothaarige ihn, ehe sie sich wortlos auf ihren Stuhl zurückfallen lässt. „Ach, macht doch, was ihr wollt…“, grummelt sie in sich hinein, ehe sie wieder auf ihrer Schreibmaschine zu tippen beginnt. Überfordert hat Ray das Ganze verfolgt und ist nicht sicher, was er davon halten soll. Andererseits steht dort leibhaftig Dr. Peter Venkman vor ihm, da ist alles andere nebensächlich. Triumphierend lächelt der Brünette und führt Ray dann in sein Büro hinüber. „Vielen Dank, dass sie sich trotz meiner Verspätung doch noch Zeit für mich nehmen, Dr. Venkman. Das bedeutet mir wirklich sehr viel.“, sprudelt es aus Ray heraus. „Oh, das ist doch kein Problem. Kann doch jedem mal passieren. Aber zwei Männer vom Fach wie wir sollten sich nicht Siezen, finde ich. Also nenn mich doch einfach Peter.“ Vertraulich beugt er sich etwas vor, legt den Kopf auf die Handfläche und zwinkert dem Jüngeren zu. Etwas überrascht blinzelt der Mechaniker. „Oh, äh, ja natürlich. Ich bin Raymond.“ Lächelnd stellt Peter ihm ein paar Fragen. Was er schon so alles gemacht hat. Was er sich unter dem Ganzen hier so vorstellt und so weiter. Dabei studiert er den Lebenslauf des Jungen vor sich auf dem Tisch. Begeistert beginnt Ray von seinem Studium zu erzählen und wie er den Werdegang der Geisterjäger in allen Medien verfolgt hat. Wirklich zuhören tut Venkman ihm aber nicht wirklich. Das Meiste hatten sie eh schon am Telefon. Jetzt findet er den Jungen an sich viel interessanter. Eigentlich sollte er ja mehr eine Hilfe für Egon sein, doch inzwischen ist Peter eher zu der Ansicht gekommen, dass er ihm selbst wohl viel nützlicher sein könnte. Ray wirkt so aufgeweckt und unschuldig wie ein kleines Kind. Die Tatsache, dass er sechs ältere Schwestern hat, hat ganz sicher einen Einfluss auf ihn genommen, das kann Venkman förmlich riechen und genau das gefällt ihm. Zudem kann er sich nicht vorstellen, dass Ray dieselbe miese Show mit ihm anzieht wie Janine, nur um eingestellt zu werden. Aber Peter selbst hat auch ein bisschen dazugelernt und versucht nicht ganz so sehr mit der Tür ins Haus zu fallen. Als Mann einen anderen Mann anzubaggern, ist immerhin ein gewaltiger Unterschied, als wenn man eine Frau anbaggert. Genug Übung hat der Brünette ja in beiden Fällen, aber seine Erfolgsquote liegt doch eher schlecht. Daher muss er behutsam vorgehen. Einen Pluspunkt hat er bei Ray aber anscheinend schon mal, denn der Junge redet so voller Begeisterung von Venkman, dass es schon fast an Ehrfurcht grenzt. Da dürfte der Rest doch ein Kinderspiel werden! Und Egon wird ihm die Tour hier wohl kaum vermiesen können. Ein warmes Gefühl von Sieg breitet sich in ihm aus. Langsam versucht Peter ihm wieder zuzuhören. Ray erzählt gerade von seinem Onkel und dessen Autowerkstatt, in der er neben seinem Studium eine Lehre gemacht hat. Venkman ist der Ansicht, dass ein richtiger Mechaniker immer eine gute Sache ist. Winston beherrscht dahingehend zwar auch so einiges, aber eben nicht alles. Wo er so darüber nachdenkt, passt Ray einfach sehr gut zu ihnen. Er versteht, was Egon erzählt und kann es übersetzen, er kann mit Winston am Auto rumschrauben, kann beim Bauen von Maschinen und dergleichen helfen und wenn alles gutgeht, wird er ein prima Spielkamerad für Peter. Bei all diesen Gedanken, fällt ihm ein Satz ein, den Egon mal losgelassen hat, bevor Winston zu ihnen kam und sie Egons Auto in die Werkstatt bringen mussten. Der Blonde meinte, dass ein Mechaniker nichts weiter wäre, als ein Kind mit einer überlegenen Beherrschung für Motorik. Damals fand Peter diese abfällige Bemerkung urkomisch, im Gegensatz zu dem Mechaniker, der sie daraufhin aus der Werkstatt geworfen hat. Ray hingegen wirkt wirklich wie ein zu groß geratenes Kind, womit Egons Aussage wohl doch einen wahren Kern haben könnte. Aber dieses kindliche passt wirklich gut zu ihm und es macht ihn dadurch nur noch sympathischer. „Ok Ray, das klingt alles hervorragend und ich bin froh, dich bei uns begrüßen zu dürfen!“, lächelnd reicht er dem Jungen die Hand. Freudestrahlend ergreift Ray sie und freut sich noch mehr, dass Peter ihn auch noch bei seinem Spitznamen nennt, obwohl er ihm diesen gar nicht gesagt hat. „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ich bin so glücklich und ich werde euch ganz sicher nicht enttäuschen!“, verkündet er begeistert. „Das würde ich auch nicht vermuten. Also fühl dich hier ganz wie Zuhause!“ „Wo du das gerade erwähnst, würde ich gern mal auf die Toilette, wenn das geht.“, erwidert Ray leicht verlegen. „Aber klar geht das. Einfach die Treppe rauf, zweiter Stock und durchs Schlafzimmer. Es ist nicht zu verfehlen.“, erläutert der Brünette lächelnd. Raymond bedankt sich und macht sich auf den Weg nach oben. Derweilen erhebt sich Janine von ihrem Platz und kommt zu Peter nach hinten. Mit einem freundlichen Lächeln stellt sie ihm eine Tasse auf den Tisch. „Hier ist dein Kaffee, Peter.“ Überrascht blickt er sie an. „Du bist ja doch ein echtes Goldstück!“, entgegnet er ihr fröhlich und nippt an dem Kaffee. Sie wendet sich wieder um und geht zu ihrem Platz zurück. ‚Oh nein, Peter, das bin ich sicher nicht!‘, geht es ihr durch den Kopf, während sie sich lächelnd wieder ihrer Arbeit widmet. Hinter sich hört sie Venkman auch gleich schimpfen. In der Tasse war schließlich nur das Gebräu, das er selbst fabriziert hat und das ist inzwischen auch noch kalt geworden und somit noch abstoßender als vorher. Ray hat in der Zwischenzeit das Schlafzimmer gefunden. Mit einem warmen Gefühl im Herzen betrachtet er die drei Schlafplätze. Jeder ganz individuell gestaltet. Auf dem vierten Bett liegt frische Bettwäsche und wartet nur darauf bezogen zu werden. Der Anblick vermittelt ihm ein Gefühl von Zuhause und er denkt sich, dass es sich hier ganz sicher sehr gut leben lässt. Dann tritt er an die Badezimmertür. Als sich seine Hand um die Klinke legt, bewegt sich diese auf einmal abwärts und ganz unvermittelt wird die Tür geöffnet. Da Ray damit aber überhaupt nicht gerechnet hat, wird er dadurch nach vorn gezogen und fällt dem Unbekannten damit direkt in die Arme. Beide geben einen überraschten Laut von sich. Dann gibt der Mann, der auf der Schwelle des Badezimmers steht, ein kleines Lachen von sich. „Na sie mal einer an, was die Katze da wieder angeschleppt hat.“, scherzt er und hilft Ray wieder in eine aufrechte Position. Dabei können sich die beiden jungen Männer dann auch ins Gesicht sehen. Überrascht stellt Raymond fest, dass sein Gegenüber, abgesehen von einem Handtuch um die Hüften, nackt vor ihm steht. Augenblicklich färben sich seine Wangen in einem verlegenen Rot und er tritt einen Schritt zurück. Sein Gegenüber lächelt nur freundlich und scheint auf eine Antwort zu warten. Doch anstatt ihm diese zu geben, ist Ray nur gefesselt, von dem, was er zu sehen bekommt. Der junge Mann vor ihm ist etwa in seinem Alter, etwas größer und mit einer trainiert wirkenden Figur. Seine kurzen, tiefschwarzen Haare sind durchzogen von schimmernden Wassertropfen, die langsam seine Wangen hinabperlen und auf seine blanke Brust tropfen. Sie verleihen seiner dunklen Haut das Aussehen frisch geschmolzener Schokolade. Mit offenem Mund steht Ray da und starrt ihn einfach nur an. In den schiefergrauen Augen des anderen Mannes liegt ein so warmherziger Ausdruck, dass dem Mechaniker schon fast schwindlig wird. Nur ein einziger Gedanke scheint in seinem Kopf noch Platz zu finden, in dem sonst das reinste Chaos kindlicher Neugierde und Begeisterung herrscht. Und dieser Gedanke ist einfach nur ‚Wow!‘ Dann jedoch ändert sich langsam der Blick des Dunkelhäutigen und wechselt eher zu einem irritierten, fast schon besorgten Ausdruck. „Ist alles in Ordnung?“, fragt Winston daher. Ganz allmehlig dringen die Worte zu Raymond durch und ihm wird plötzlich klar, wie sehr er den anderen Mann doch anstarrt. Überrascht räuspert er sich und tritt noch einen Schritt zurück. „Oh, entschuldige bitte. Ich wollte dich nicht so anstarren…“, etwas verlegen sieht er zu Boden. Der andere lacht kurz auf. „Halb so schlimm. Wie heißt du denn?“ „Ich – ich bin Ray. Peter hat mich eingestellt, um euch zu helfen…“ „Na da bin ich aber froh, dass das geklappt hat. Wir dachten schon, dass sich gar keiner melden würde. Ich bin Winston. Willkommen, Kollege!“, entgegnet der Schwarzhaarige mit einem Lächeln und reicht ihm die Hand. Noch etwas zögerlich erwidert Ray das Lächeln und schüttelt ihm die Hand. „Hast du dich verlaufen?“, fragt Winston schließlich. „Nein, eigentlich wollte ich nur mal auf die Toilette. Aber vielleicht kannst du mir sagen, wo ich ein Telefon finde, damit ich meine Eltern anrufen kann.“ Winston tritt ins Schlafzimmer hinein, damit der Weg ins Bad frei wird. „Bitte sehr. Und da drüben auf dem Nachttisch ist ein Telefon.“ Ray wendet den Blick in die Richtung. „Ah, danke schön.“ Kurz darauf verschwindet er im Bad und Winston geht zu seinem Bett, um sich anzuziehen. Als Ray beim Händewaschen im Spiegel über dem Becken sein Gesicht sieht, bemerkt er, dass seine Wangen immer noch leicht gerötet sind. Ganz unweigerlich erscheint vor seinem inneren Auge das Bild des frischgeduschten Winston. Er schluckt schwer und stößt seufzend die Luft aus. ‚Reiß dich zusammen, Ray. Mach bloß nicht denselben Fehler wie auf der Highschool…‘, mahnt er sich selbst und verlässt dann entschlossenen Schrittes das Bad. Ein Blick durch das Schlafzimmer verrät ihm, dass Winston zum Glück schon wieder gegangen ist und er so nicht noch mehr zu sehen bekommt, als er schon konnte. Erleichtert seufzt er, denkt aber, dass die Zusammenarbeit unter diesen Umständen sicher eine ganz schöne Herausforderung wird. Doch so lange es nicht wieder im Krankenhaus endet, wie damals, als er seinem Klassenkameraden gesagt hat, dass er in ihn verliebt ist, ist ihm alles recht. Schnell läuft er zum Telefon und teilt seiner inzwischen sehr besorgten Mutter mit, was heute alles so passiert ist und dass er trotz alledem den Job bekommen hat. Die Tatsache, dass er gesund und heil dort angekommen ist, lässt seiner Mutter förmlich hörbar ein Stein vom Herzen fallen. Dennoch scheut sie sich nicht, ihm abermals zu sagen, dass sie ihn lieber wieder hier Zuhause wüsste. Doch jetzt gibt es für Ray kein Zurück mehr, was er ihr auch wiederholt erklärt. Schließlich nimmt sie es hin, erst recht, als sich Ray´s Vater hörbar im Hintergrund zu Wort meldet. Aber der Mechaniker verspricht ihr noch einmal ganz fest, sie so bald wie möglich wieder zu besuchen und das beruhigt sie dann doch etwas mehr. Erleichtert legt Raymond den Hörer auf die Gabel zurück und verlässt das Zimmer. Eigentlich will er wieder nach unten gehen und noch etwas mit Peter reden oder schauen, was Winston macht. Auf dem Flur angekommen, hört er jedoch Geräusche aus einem anderen Zimmer. Neugierig nähert er sich der halboffenen Tür und späht hinein. Dort sitzt ein blonder Mann an einem Tisch und bastelt an einer Art Maschine herum. Ray kann auf die Entfernung beim besten Willen nicht sagen, wozu sie gut sein soll, doch sie hat auf jeden Fall sein Interesse geweckt. Mit einem Klopfen betritt er den Raum, doch der Tüftler nimmt ihn scheinbar gar nicht wahr. Als er sich aber dem Tisch nähert, erhält er doch eine Reaktion. „Peter? Würdest du mir bitte das *Okuliermesser reichen?“, fragt der Blonde und streckt ihm eine Hand entgegen, während er hochkonzentriert mit der anderen an ein paar Kabeln fingert. Kurz blickt sich Ray auf dem Durcheinander des Tisches um und findet dann das Gewünschte. Als er Egon das Messer in die geöffnete Hand legt, blickt dieser es irritiert an. Peter war nie ein Freund von Werkzeugen, weshalb er auch die meisten Namen nicht kennt und schon gar keine Fachbegriffe. Daher ist es auch kein Wunder, dass der Blonde etwas verwirrt darüber ist, auf einmal das Richtige in Händen zu halten. Er will gerade Peter ein Lob aussprechen, da merkt er, dass Venkman gar nicht neben ihm steht, sondern ein ihm unbekannter junger Mann. „Hm…“, gibt er in einem leicht missfallenen Ton von sich und schiebt seine Brille zurück auf ihren Platz. „Und sie sind?“, fragt er schließlich. „Oh, Verzeihung. Ich wollte mich nicht anschleichen oder so. Ich bin Ray Stanz. Peter hat mich eingestellt…“, erklärt er knapp. Die anfängliche Strenge weicht aus dem Gesicht des Blonden. „Ah, Dr. Stanz! Wir haben schon den ganzen Tag auf dich gewartet. Ich bin Egon Spengler.“ Abschätzend betrachtet er den jungen Mann vor sich. Verlegen kratzt sich Ray am Hinterkopf. „Das tut mir wirklich leid. Es gab einen Unfall auf der Bahnstrecke…“ „Faszinierend. Doch wie ich sehe, bist du unverletzt.“, stellt Egon fest und mustert ihn eingehender. „Ja, mir ist nichts passiert. Aber einen anderen Zug vor uns hat es erwischt.“ Ray ist das Ganze sichtlich unangenehm, weshalb er schnell das Thema wechselt. „Darf ich fragen, woran du arbeitest?“ Egon Gesicht hellt sich deutlich auf. „Das ist ein thermomagnetischer, klangverstärkter, multivariabler Notfallmechanismus für unseren Verbannungscontainer.“ „Ah. Du willst den Verbannungscontainer also mit einem Sensor ausstatten, der auf Stimme und Fingerabdrücke der einzelnen Mitarbeiter reagiert, um einer Fehlbedienung von Außenstehenden vorzubeugen. Das ist eine klasse Idee!“ Die Begeisterung steht Ray ins Gesicht geschrieben und Egon ist wieder überrascht. Er ist zwar schon vielen intelligenten Menschen begegnet, doch selten einem in seinem Alter, der zudem auch noch versteht, was er sagt. Gedanklich spricht er dann doch ein Lob an Peter aus, was dieser für eine gute Entscheidung getroffen hat. „Ich schätze, das wird eine gute Zusammenarbeit.“, meint er schließlich und klappt das Messer auf. „Kann ich dir denn irgendwie helfen?“, fragt Ray. „Aber gern.“, erwidert der Blonde und so setzen die beiden die Arbeit gemeinsam fort, bis der Tag sich endgültig dem Ende neigt. Kapitel 5: Crucial test… ------------------------ Zwei Wochen später… Die letzten beiden Wochen sind mehr oder weniger friedlich dahingezogen, sodass die Jungs Gelegenheit hatten, sich in ihrer jetzigen Konstellation aneinander zu gewöhnen. Ray hat die meiste Zeit zusammen mit Egon in dessen Labor verbracht und an allerhand Gerätschaften gebastelt. Die beiden Männer scheinen sprichwörtlich auf einer Wellenlänge zu denken und reden den ganzen Tag einen solch unverständlichen Stuss zusammen, dass Peter schon bei dem Gedanken daran der Kopf brummt. Damit arrangieren kann er sich aber schon, schließlich sollte der Rothaarige ja auch eine Hilfe für den Tüftler sein. Weniger anfreunden kann er sich aber mit der Tatsache, dass Raymond fast den ganzen Rest der Zeit damit verbringt, in Winstons Nähe zu sein. Die beiden schauen zusammen fern, spielen Karten oder basteln am inzwischen ziemlich mitgenommenen Wagen des Dunkelhaarigen herum. Ähnlich wie mit Egon, scheinen sich auch die zwei hervorragend zu ergänzen. Sie wirken unzertrennlich, fast so, als würden sie sich schon ewig kennen. Peter stinkt das gewaltig. Noch beim Einstellungsgespräch war Ray sein größter Fan gewesen, hatte ihn bewundert, ja praktisch zu ihm aufgesehen und jetzt? Ja, jetzt ist es, als wäre er nur noch Luft für ihn. Er wird von ihm zwar nicht ignoriert oder dergleichen, aber eine gewisse Distanz ist deutlich spürbar. Zwischen Ray und Winston liegt etwas in der Luft, auch wenn der Bauarbeiter von seinem Glück wohl noch nichts ahnt. So oder so macht es Venkman völlig wahnsinnig. Reicht es denn wirklich noch nicht, dass er Janine an Egon verloren hat? Muss er mit Ray jetzt ehrlich dasselbe durchmachen? Es ist wirklich zum Haare raufen! In ihm steigt eine ungeahnte Eifersucht auf, die er kaum zügeln kann. Zumindest kann er sich aber ein bisschen damit trösten, dass er nicht auch noch in ihn verknallt ist. Seine Bemühungen sind rein körperlicher Natur angelegt, was es nicht weniger frustrierend macht, wenn er mit ansehen muss, wie sein Auserwählter sich um einen anderen bemüht. Dennoch hätte er nichts dagegen gehabt, wenn sich Ray im Zuge dessen irgendwann in ihn verliebt hätte. Doch wie es scheint, kann er wohl alle Gedanken und Wünsche dies betreffend vergessen… Allerdings sieht Peter es nicht ein, Winston das Feld einfach kampflos zu überlassen. Und nur, weil Ray in ihn verschossen ist, heißt das ja noch lange nicht, dass der Dunkelhäutige es auch ist, nicht wahr? Winston hat nie etwas dergleichen verlauten lassen, obwohl Peter mit so einem Thema ja ziemlich offen umgeht und sich auch nicht gescheut hat, nachzufragen. Doch Winstons Antwort dahingehen fiel eher mäßig aus. Er hatte bisher zwar nur Beziehungen mit Frauen, schien bei dem Gedanken an Männer aber nicht gerade auf die Barrikaden zu gehen, wie man es erwarten würde, wenn man nur strickt in eine Richtung gepolt ist. Was aber längst nicht heißen muss, dass er es auch wirklich ausprobieren wollen würde. Der Brünette kann das enttäuschte Gesicht des Jüngsten aber förmlich vor sich sehen, wenn er Winston seine Gefühle offenbart und dieser ihm sagt, dass er wohlmöglich nicht auf Männer steht. Ein fast schon gehässiges Lächeln breitet sich auf seinen Lippen aus. Das wäre wirklich ein Schlag für Ray; und Peter, als guter Freund, würde ihm natürlich beistehen und sich so Zugang zu ihm verschaffen. Eine prima Idee. Fragt sich nur, ob er solange warten kann und will? Die beiden zusammen zu sehen, ist wie ein Schlag in die Magengrube und schürt nur noch mehr von seiner Eifersucht. Warum muss auch alles, was er sich so feinsäuberlich überlegt, in die Hose gehen? Es ist wie verhext. Fast so, als wolle jemand nicht, dass er glücklich wird. Aber so leicht wird man einen Dr. Peter Venkman nicht los! Er mag zwar oftmals ziemlich undiszipliniert und faul sein, doch wenn es um sein Vergnügen geht, konnte er noch nie lockerlassen und genau das wird er auch nicht tun! Mit etwas Glück ist noch ein Rest Begeisterung für ihn in Ray vorhanden und das wird ihm schon irgendwie einen Weg ebnen, da ist er sich ganz sicher. Und bis es so weit ist, sollte er sich vielleicht Gedanken darübermachen, wie er es schafft, dass die beiden weniger Zeit miteinander verbringen. Vertieft in seine Bemühungen eine Lösung zu finden, wippt Venkman mit seinem Stuhl hin und her. Das Läuten des Telefons auf Janines Schreibtisch veranlasst ihn keineswegs dazu, seine Gedanken zu unterbrechen. Stattdessen taucht er noch tiefer in sie ein, um die Unterhaltung der Rothaarigen ignorieren zu können. Hätte er jedoch zugehört, wäre er auf das Folgende vielleicht vorbereitet gewesen. Nur wenige Augenblicke nach dem Läuten des Telefons, ertönt das schrille Kreischen der Einsatzglocke, dass die ehemalige Feuerwache durchdringt, wie ein heißes Messer einen Klumpen Butter. Und als würde das nicht schon reichen, folgt dem auch noch Janines durchdringende Stimme. „Jungs! Ihr habt einen Einsatz!“, versucht sie lautstark das Schrillen der Glocke zu übertönen, was ihr mal wieder erstaunlich gut gelingt. Peter wird dadurch so abrupt aus seinen Gedanken gerissen, dass er heftig zusammenzuckt. Dabei verliert er unweigerlich das Gleichgewicht. Der angekippte Stuhl rutscht unter ihm weg. Hilflos rudert er noch mit den Armen, doch es ist bereits zu spät. Mit einem überraschten Aufschrei stürzt er samt Stuhl zu Boden und schlägt mit dem Kopf hart auf den Fliesenboden. Schwerfällig bringt er sich zurück in eine sitzende Position, reibt sich die pochende Stelle und versucht die Sterne in seinem Sichtfeld zu ignorieren. Aus dem Augenwinkel bekommt er aber mit, wie Ray und Egon an der Stange hinabrutschen und sich dann mit Janine unterhalten. Trotz der wachsenden Beule an seinem Hinterkopf und den flackernden Punkten vor seinen Augen, bereitet ihm dieses Bild so etwas wie Genugtuung. Nur kurz darauf kommt Winston nämlich aus dem Lagerraum neben seinem Büro. Etwas überrascht sieht er Venkman auf dem Boden sitzen und sich mit schmerzverzerrtem Gesicht den Kopf reiben. „Was ist denn passiert?“, fragt er und reicht Peter die Hand. Mit einem übertrieben gequält klingenden Stöhnen lässt sich der Brünette von ihm aufhelfen. „Wonach sieht es denn aus?“, erwidert er leicht patzig und setzt ein schmollendes Gesicht auf. Winston besieht sich den umgestürzten Stuhl und mehr braucht er auch gar nicht, da er weiß, wie gern sein Kollege damit herumwippt. „Hat man dir in der Schule denn nicht beigebracht, dass man nicht mit dem Stuhl kippelt?“, kommt es mit dem Anflug eines Lächelns von Winston. Kindisch streckt Peter ihm die Zunge heraus. „Doch, schon. Ich hab nur nie zugehört…“ „Wenn die Herren dann fertig sind mit ihrer Unterhaltung, können wir dann vielleicht unserer Arbeit nachgehen?“, erklingt auf einmal Egons Stimme. Die Dringlichkeit darin ist deutlich hörbar und duldet keine weitere Verzögerung. „Jaja, mach dich nur über mein Leid lustig…“, schmollt Peter noch mehr. Abschätzend legt der Blonde die Stirn in Falten und schiebt seine Brille zurecht. „Für deine sinnlose Zurschaustellung der Missachtung des routinemäßigen Gebrauchs eines Sitzmöbels, kannst du wohl kaum eine positive, emotionale Reaktion von mir erwarten.“, erwidert Egon und wendet sich zu Ray um, der die Ausrüstung in den Wagen lädt. „Was hat er gesagt?“, fragt der Brünette angesäuert. Schmunzelnd deutet Winston ihm an, sich in Bewegung zu setzen. „Ich denke mal, er meinte: wer kippelt ist selber schuld und kann daher auch kein Mitleid erwarten. Und jetzt komm.“ Für einen Moment verweilt Peter noch reglos vor Janines Schreibtisch und wirft Egon einen finsteren Blick zu. Da dieser ihm aber den Rücken zukehrt, gibt er schnell wieder auf und steigt schließlich mit den anderen in den Wagen. Die Fahrt durch den zunehmenden Verkehr gestaltet sich als nicht gerade einfach. Aber was erwartet man auch Ende August, wenn alle Leute in die Ferien wollen oder gerade zurückkommen? Zwar prangert rund um Winstons Ford Mustang das Logo der Ghostbusters, das den Leuten eigentlich vermitteln soll, dass sie ein Einsatzfahrzeug sind, doch die Reaktion darauf hält sich in Grenzen. Und da es einem Privatwagen nicht gestattet ist, eine Warnsirene oder dergleichen zu benutzen, vorausgesetzt es handelt sich dabei nicht um ein ziviles Polizeifahrzeug, können sie sich auch leider nicht anderweitig Gehör verschaffen. Nach endlos erscheinenden Minuten erreichen sie aber schlussendlich ihren Bestimmungsort. Vor ihnen erstreckt sich eine gewaltige Lagerhalle. Auf der Fläche davor stehen etliche Gabelstapler, LWK-Anhänger und mannshohe Türme aus Holzpaletten. Dennoch ist keine Menschenseele zu sehen. „Happy Pig…?“, liest Ray fragend das Schild vor, das über dem Eingang der Halle hängt. Langsam rollt der Mustang durch das sich öffnende Maschendrahttor. „Was ist das für ein Laden?“, fragt der Rothaarige schließlich. Ausnahmsweise kann Peter mal etwas erklären. Er beugt sich lässig vom Beifahrersitz nach hinten, während Winston den Wagen neben das Gebäude lenkt. „Happy Pig ist die größte Fleischerei in ganz Manhattan. So gut wie alles, was in New York und Umgebung geschlachtet wird, wird hier vor verarbeitet und gelagert und dann an kleinere Fleischereien, Lebensmittelhersteller und Großabnehmer im ganzen Süden der USA geliefert. Zudem veranstalten sie zu Thanksgiving und Weihnachten einen Fabrikverkauf, wo man dann günstig Truthahn, Gänse und Enten kaufen kann, die sie dafür extra mit einer selbstgemachten Marinade behandeln. Da läuft dir das Wasser im Mund zusammen, kann ich dir sagen.“, schwärmt Venkman. „Nun halt mal den Ball flach, Peter. Sonst haben wir gleich alle solchen Hunger, dass wir die Protonenstrahler nicht mehr halten können.“, scherzt Winston, während sie den Wagen verlassen. Als Rays Magen kurz darauf hörbar ein Kommentar dazu abgibt, müssen die vier unweigerlich lachen. Die kurzzeitige Heiterkeit wird jedoch schon einen Moment später unterbrochen, als ein völlig verängstigter Mann aus dem Lagerhaus auf sie zu gerannt kommt. „Da sind sie ja endlich…“, keucht der Mann gehetzt und klammert sich krampfhaft an Peters Overall fest. „Sie müssen diesen wildgewordenen Köter sofort einfangen, bevor er mich noch in den Ruin treibt!“, verlangt der Mann aufgewühlt. Peters Gesicht verfinstert sich. Mit Mühe gelingt es ihm, den Typen von seiner Uniform loszubekommen und packt ihn nun seinerseits am Kragen. „Nun hören sie mal, guter Mann. Wir sind die Geisterjäger und keine armseligen Hundefänger. Also…“, setzt er zu seiner Standpauke an, die jedoch in diesem Augenblick von Egon unterbrochen wird. „Wirst du wohl damit aufhören, Peter! Ich bin sicher, dass dieser Herr allen Grund hat, uns zu rufen und wir werden uns das Ganze ansehen, ob es dir passt oder nicht!“, harscht er Venkman an und einem unguten Gefühl folgend zieht er sein PKE-Gerät aus der Tasche. Zum zweiten Mal an diesem Tag wirft der Brünette ihm einen finsteren Blick zu und zum zweiten Mal bemerkt Egon ihn nicht, da er die Anzeigen auf seinem Gerät studiert und sich langsam damit auf den Eingang der Halle zubewegt. „Ach…“, schimpft Peter stattdessen und verschränkt abwertend die Arme vor der Brust. Derweilen kümmern sich Winston und Ray um den aufgelösten Mann. Sie führen ihn zu ihrem Wagen und setzen ihn erst mal auf die Rückbank. „Erzählen sie uns doch bitte, was passiert ist.“, kommt es von dem Mechaniker. „Ja, und wo sind die ganzen Leute?“, setzt der Schwarzhaarige hinzu. Tief atmet der andere Mann ein und aus und sucht nach den richtigen Worten. „Ich bin Sam Peebles, der Besitzer von Happy Pig. Außer mir ist heute niemand hier, da nachher Reparaturarbeiten angesetzt sind und wir den Betrieb dafür ruhen lassen. Ich bin hier, um die Handwerken in Empfang zu nehmen und alles zu überwachen. Ich hab gerade einen Rundgang durch die Halle gemacht, als ich merkwürdige Geräusche aus der großen Kühlkammer im hinteren Teil gehört hab. Zuerst dachte ich, ein Kühlschlauch oder Ähnliches wäre geplatzt und bin nachsehen gegangen. - Doch als ich die Tür geöffnet hab, stand da dieser riesige, abstoßende Köter und ist auf mich losgegangen. – Ich konnte mich gerade noch in ein Büro retten und hab sie von dort auch gleich angerufen…“ Aufmerksam lauschen die beiden Geisterjäger den Ausführungen, während Peter weiterhin mit verschränkten Armen in der Nähe steht und sich darüber aufregt, einen Hund einfangen zu müssen. Er gibt ein missgünstiges Schnauben von sich, so laut, dass die drei es auch hören können. „Das klingt ja wirklich furchtbar. Aber warum haben sie uns gerufen und keinen Hundefänger?“, hakt Ray nun nach. Mister Peebles wirft einen abschätzenden Blick zu Peter hinüber, ehe er antwortet. „Weil das kein gewöhnlicher Hund ist! – Er ist riesig und hat Hörner auf dem Kopf. Er sieht aus wie ein zum Leben erweckter Wasserspeier!“ Ein Zittern jagt durch seinen Körper und er blickt die beiden jungen Männer vor sich flehend an. Ein weiteres Mal tauschen Winston und Ray unschlüssige Blicke aus. „Wir werden uns das Ganze auf jeden Fall einmal ansehen, also seien sie ganz unbesorgt und warten sie hier im Wagen.“, versucht der ehemalige Bauarbeiter den aufgebrachten Chef zu beruhigen. Inzwischen ist Egon wieder zu ihnen zurückgekommen. „Wir sollten uns das Ganze wirklich gründlich ansehen, meine Herren. Ich empfange deutliche PKE-Signale aus der Halle. Und nach der Beschreibung zu urteilen, fürchte ich, dass wir es hier wohlmöglich mit einem Terrorhund zu tun haben…“ Nun kommt auch Peter näher heran. „Egon, du musst dir wirklich abgewöhnen spät nachts immer noch so gruselige Filme zu schauen. Das bekommt deinem Superhirn nicht gut!“, entgegnet er dem Blonden grimmig. Doch der Tüftler lässt sich davon keineswegs beeindrucken. Er wirft Peter einen mahnenden Seitenblick zu und schiebt sich die Brille zurecht. „Sei nicht albern, Peter. Der Terrorhund ist keine fiktive Gestalt in irgendeinem billigen Horrorfilm, sondern vollkommen real!“ „Er hat recht.“, erwidert Ray, der aus dem Handschuhfach Tobins Geisterführer gezogen hat. „Laut Tobin ist ein Terrorhund ein Wachposten aus der Unterwelt. Eigentlich halten sie sich auch grundsätzlich dort unten auf und verlassen ihren Meister nicht. Außer es tut sich eine Öffnung in die reale Welt in ihrer Nähe auf und sie werden durch sehr etwas Interessantes angelockt…“, liest er vor. „So ist es. Daher vermute ich, dass sich ungewollt durch Verschiebungen ein Tor zur Unterwelt in der Kühlkammer geöffnet hat und der Hund durch den Geruch des Fleisches angelockt wurde. – Da es sich bei ihm aber nicht um einen Geist handelt, sondern um ein stoffliches Wesen, können wir ihn auch nicht einfangen. Wir müssen die Öffnung finden, falls sie noch da ist und ihn wieder dort durch in die Unterwelt schicken und dann den Durchgang versuchen zu schließen.“, erläutert Egon streng. „Na das klingt ja wirklich großartig…“, schnaubt Venkman. Doch auf seine Bemerkung hin bekommt er keine Reaktion, da seine drei Kollegen sich schon auf dem Weg zum Eingang machen. Etwas verdutzt registriert er ihr Verschwinden. „Hey, nun wartet doch wenigstens auf mich…“, ruft er ihnen hinterher und setzt sich in Bewegung. Zurück bleibt der nervöse Mister Peebles, der nun sicherheitshalber die Autotür schließt und sich tief in die Rückbank hineindrückt. Schließlich stehen sie alle vier vor der Blechtür. Stumm und angespannt gehen sie einen Augenblick in sich. Als der Moment verstrichen ist, meint Egon, dass er sich zur Kühlkammer vorarbeiten und nachsehen wird, ob sich der Durchgang zur Unterwelt dort befindet und ob er noch offen ist. Die drei anderen sollen derweilen in der Halle nach dem Hund Ausschau halten und ihn dann in Richtung der Kühlkammer lotzen. Da er kein Geist ist, kann er nicht durch Wände gehen und ihnen eigentlich auch nicht entkommen und bei seiner Größe sollte es hoffentlich auch nicht allzu viele Versteckmöglichkeiten für ihn geben. Verstehend nicken die Jungs und gemeinsam betreten sie die Halle. Das langestreckte Gebäude liegt im Halbdunkeln. Nur sehr vereinzelte Deckenleuchten sind eingeschaltet und der Großteil des wenigen Lichts kommt durch die hoch sitzenden Fenster. Durch das Fehlen der Arbeitskräfte und den Stillstand der Förderbänder und Maschinen wirkt die ganze Halle wie ausgestorben. So als wäre sie schon seit Jahren nicht mehr benutzt worden. Die penible Sauberkeit und der frische Duft von Reinigungsmitteln beweist aber das Gegenteil. Nirgends ist auch nur ein Krümelchen Fleisch zu sehen. Da nicht gearbeitet wird, befindet es sich wohl in den einzelnen Kühlkammern, damit es nicht verdirbt. Auf dem Boden der Halle sind verschieden farbige Pfeile gemalt, die jeweils in andere Teile der Halle führen. An der Wand neben dem Eingang hängt eine Art Schwarzes Brett, auf dem unteranderem die einzelnen Farben erläutert werden. Mit einem schnellen Blick sucht Egon nach der Farbe, die ihn zur großen Kühlkammer bringen wird. Kurz darauf stapft er auch schon los, den Blick fest auf sein piepsendes PKE-Gerät gerichtet. Winston, Ray und Peter teilen sich derweilen auf, um die gesamte Breite der Halle von vorne nach hinten durchkämmen zu können. Lange Förderbänder ziehen sich fast durch das ganze Gebäude. In gewissen Abständen sind Arbeitsplätze sichtbar, an denen die einzelnen Mitarbeiter die verschiedenen Schritte des Zerteilens und Vorbereitens des Fleisches durchgehen. An verschiedenen Stellen stehen Kisten, Kartons und Hubwagen bereit. Eine schmale Stahltreppe führt nach oben zu einem Rundlauf, der sich fast einmal um die ganze Innenseite der Halle zieht. Dort oben befinden sich Wasch- und Umkleideräume, ein Labor, Krankenzimmer, Büros und ein Pausenraum. Jeder einzelne der Jungs hofft, dass sich der Terrorhund nicht nach dort oben verirrt hat. Doch dies ist wohl zweifelhaft, da die hinaufführenden Treppen so schmal sind, dass man sie nur einzeln erklimmen kann und auch der Rundlauf ist gerade so breit, dass zwei Leute aneinander vorbeikommen. Im Zwielicht der Halle setzten die drei Geisterjäger vorsichtig ihren Weg fort und blicken sich dabei nervös von einer Seite zur anderen um. Durch die Breite der Halle und die ganzen Maschinen können sie einander nicht einmal sehen, was das Ganze noch beunruhigender macht. Nirgends scheint auch ein Geräusch zu herrschen, abgesehen von ihren eigenen Schritten auf dem polierten Metallboden, dem Summen der Lüftungsanlage und den stetig leiser werdenden Piepsen des sich entfernenden PKE-Gerätes. Das Ganze gleicht einem Horrorfilm, in dem die ahnungslosen Protagonisten umherirren, in der Hoffnung einen Ausgang zu finden und dann hinterrücks von der Bestie, die im Dunkeln lauert, gepackt und verschleppt zu werden… Unabhängig von einander entsteht dieser Gedanke in den Köpfen der drei Geisterjäger. Einzig und allein Egon ist so auf sein Gerät fixiert, dass er so gut wie nichts Anderes wahrnimmt, was um ihn herum passiert. Langsam steigt die Nadel der PKE-Anzeige an, erreicht mit aufgeregtem Piepsen den roten Bereich. „Faszinierend…“, lässt der Blonde verlauten und stellt dann fest, dass er direkt vor der schweren Tür der großen Kühlkammer steht. Sie steht gut einen halben Meter offen und eisige Luft dringt durch den Spalt hinaus. Vorsichtig blickt der Tüftler in die Öffnung. Sein Gesicht wird augenblicklich von der arktischen Kälte der Kammer eingenommen. Ein Zittern gleitet seinen Körper hinab, doch er nimmt es kaum wahr. Stattdessen tritt er ein paar Schritte in die Kammer hinein. Nun spürt er die Kälte aber wirklich. Ein Thermometer neben der Tür legt die Temperatur auf minus fünfzehn Grad fest. Allein beim Gedanken an diese Kälte fangen Egons Zähne unwillkürlich an zu klappern. Plötzlich jedoch breitet sich eine enorme Hitze in seiner Hand aus. Verwundert blickt er auf sie hinab und stellt fest, dass die Anzeige seines PKE-Gerätes am Anschlag angekommen ist und dennoch weiterhin versucht zu steigen. Funken beginnen aus dem Gerät zu sprühen, die Antennen schwingen wie wild auf und ab, dünne Qualmfäden steigen auf, das Piepsen erreicht einen so schrillen Ton, dass ihm die Ohren davon schmerzen. Das Metallgehäuse beginnt langsam rot zu glühen und verbrennt ihm die Haut. „Ah…!“, gibt er schmerzlich von sich und lässt das Gerät reflexartig zu Boden fallen. Dort scheint es ein Eigenleben zu entwickeln. Es zuckt und hüpft ein paar Mal hin und her, schließlich gibt es einen dumpfen Knall und das PKE-Gerät explodiert vor seinen Füßen. Erschrocken weicht Egon einige Schritte zurück und besieht sich dann die qualmenden Überreste. „Hm. Der Durchgang befindet sich definitiv hier…“, bestätigt er sich selbst und beginnt sich umzusehen. Die Kühlkammer ist wirklich riesig und erinnert mit ihren Ausmaßen an eine Sporthalle. An zwei Seiten des Raumes sind hohe Metallregale aufgestellt, in denen normalerweise das Fleisch in Kisten und Kartons verpackt auf seine Auslieferung wartet. Doch alle Regale scheinen leer zu sein. Zerbrochene Kisten und zerfetzte Kartons liegen überall auf dem Boden verstreut. Dazwischen diverse Kratzspuren und undefinierbare Fleisch- und Knochenreste. Die Größe und Tiefe der Kratzer lassen Egon erschaudern. Es wirkt, als wäre ein überdimensionaler Grizzlybär hier drin gewesen. Vor der dritten Wand der Kammer hängen Metallhaken von der Decke herab. Unter normalen Umständen würden hier wohl Rinder- und Schweinehälften hängen, doch auch sie sind komplett leer. Anscheinend hatte der Terrorhund einen gewaltigen Appetit. Wie schon in der Halle gibt es auch hier drinnen nur sehr wenig Beleuchtung. Durch die Kälte wirkt das Licht noch viel merkwürdiger, fast wie Scheinwerfer in einer nebligen Nacht, nur viel trüber, bläulicher. Daher kann Egon das Ende der Kammer auch nicht sehen. Doch er nimmt ein etwas helleres, grünliches Licht von dort wahr. Obwohl er schon am ganzen Körper zittert und seine Finger schon fast taub sind, spürt er die Kälte nicht mehr. Zu sehr fasziniert ihn dieses Leuchten von dort hinten. Langsam bewegt er sich darauf zu. Schließlich steht er vor der hinteren Wand der Kühlkammer. Zwischen den Regalen befindet sich eine Tür. Ein Notausgang wie er schnell feststellt. Das grünliche Leuchten stammt von der Beleuchtung über der Tür, wie er nun enttäuscht bemerkt. Doch da ist noch etwas Anderes. Als er seine beinahe steifgefrorenen Finger nach der Tür ausstreckt, treffen sie nicht auf das eisige Metall der Oberfläche. Stattdessen scheint die Tür zu wabern, als würde eine Schicht aus flüssigem Wasser an ihr hinabfließen. Die kleinen Wellen, die dabei entstehen, schimmern in bunten Regenbogenfarben. Seine Finger verschwinden darin einfach und kein Widerstand setzt sich ihnen entgegen. Als er seine Hand zurückzieht, hinterlassen seine Finger für einen Augenblick Löcher in der wässrigen Oberfläche. Durch sie dringt ein widerwärtiger Gestank, gemischt mit heißer Luft, abgerundet von unmenschlichen Lauten. Dann verschluckt die Struktur der Oberfläche die Löcher wieder und die Tür wirkt wieder völlig normal. Kein Zweifel, dass es sich hierbei um den Durchgang zur Unterwelt handelt, durch den der Terrorhund gekommen ist. „Äußerst Faszinierend…“, lässt Egon verlauten. Gewohnheitsgemäß will er seine Brille zurechtrücken. Doch seine Finger sind inzwischen so unbeweglich, dass er seine Brille stattdessen fast zu Boden reißt. Ungläubig betrachtet er seine Hände und realisiert erst jetzt, wie sehr sie zittern und wie kalt ihm wirklich ist. Zähneklappernd macht er auf dem Absatz kehrt und verlässt die Kühlkammer wieder. Kraftlos reibt er sich über die Arme und versucht seinem Körper etwas Wärme zu spenden. Neben der Kühlkammer sucht er sich ein sicheres Plätzchen, kauert sich zwischen ein paar Kartons und lauscht in die Halle hinein. Außer seinen klappernden Zähnen und dem Summen der Lüftung ist aber noch nichts zu hören. Irgendwie hofft er auch, dass er die Jungs nicht um Hilfe rufen hört, da er wahrscheinlich gar nicht in der Lage wäre ihnen zu helfen. Jetzt, wo er die Kühlkammer verlassen hat und sein Körper wieder aufzutauen beginnt, merkt er erst richtig, wie sehr ihm die Kälte zugesetzt hat. Somit wird es wohl noch eine Weile dauern, bis er sich wieder richtig bewegen kann. Derweilen tasten sich die drei übrigen Geisterjäger Schritt für Schritt weiter in der Halle vor. Aufmerksam haben sie ihre Umgebung im Blick und suchen nach Hinweisen auf den Terrorhund. Dabei sind ihre Nerven so sehr angespannt, dass sie bei jedem noch so kleinen Geräusch hilflos zusammenzucken. Ihre nervösen Finger liegen so knapp über dem Abzug des Protonenstrahlers, dass es ein wahres Wunder ist, dass bis jetzt keiner von ihnen einen Fehlschuss abgegeben hat. Plötzlich bleibt Ray unsicher stehen. Im Schatten einer nicht eingeschalteten Lampe ist eine dunkle Silhouette erkennbar. Groß und unförmig füllt sie die Sackgasse aus, die sich zwischen zwei sich kreuzenden Förderbändern ergibt. Von seiner unbändigen Neugier gefangen, tritt Raymond einen Schritt näher und im selben Moment wünscht er sich, er hätte es nicht getan. Denn auf einmal beginnt sich der dunkle Berg zu bewegen. Ein raues, nasales Geräusch ertönt, das dem Mechaniker das Blut in den Adern gefrieren lässt. Er klingt, als würde die Bestie schnüffeln, wahrnehmen, dass sie nicht mehr allein ist. Kurz darauf ein rotes Glühen, als die Kreatur die Augen öffnet. Die blicklosen, blutroten Edelsteine wenden sich Ray zu, bohren sich mit all ihrer bodenlose Leere in seine Gedanken. Er merkt gar nicht, wie er so hart und krampfhaft schluckt, dass ihm morgen noch der Hals schmerzen wird. Dann erhebt sich der dunkle Schatten und kommt mit schweren Schritten auf ihn zu. Kaum drei Meter von ihm entfernt kommt der Terrorhund unter dem fahlen Lichtkegel einer Lampe zum Stehen. Nun kann Ray das ganze Ausmaß der Bestie sehen und kann es dennoch nicht glauben. *Ein Grauen, das fast panisches Entsetzen ist, ergreift ihn – ein Gefühl, wie es gewöhnlich den schlimmsten Alpträumen vorbehalten bleibt, Alpträumen, an die man sich mach dem Aufwachen kaum noch erinnert. Und genau das wünscht sich Ray in diesem Moment auch, sich nicht mehr an diesen Anblick erinnern zu können. Das, was dort vor ihm steht, hat so wenig Ähnlichkeit mit einem Hund wie mit einem Auto und dennoch ist es wohl noch das Tier, das ihm am Nächsten kommt. Auf allen vieren stehend, ist das Vieh gut zweieinhalb Meter hoch, mit Augen so groß wie Teller und einem Äußeren, als wäre es das Produkt eines sehr misslungenen Experiments. Es hat kein Fell, seine schlammbraune Haut wirkt eher schuppig, wie die eines Drachen. Sein Hinterteil hängt tiefer, als die Vorderseite, was Ray an eine Hyäne denken lässt. Der Schwanz ist nur ein kurzer Stummel und über seinen Rücken zieht sich ein flacher Kamm kleiner Höcker, die ihm noch mehr das Aussehen eines Reptils verleihen. An jedem Fuß trägt es drei nach vorn ausgerichtete Zehe mit einer langen Kralle und eine nach hinten gerichtete Zehe. Der groteske Kopf sitzt auf breiten, muskulösen Schultern. Links und rechts an den Wangen sprießen vier gelblichweiße Stacheln. Das klaffende Maul ist gespickt mit ebenso gelben, schiefstehenden Zähnen, die keiner wirklichen Ordnung folgend darin eingebettet sind. Wild scheinen sie in alle Richtungen zu wachsen und werden dabei durch große Lücken getrennt, in denen locker noch ein oder zwei Zähne Platz finden würden. An den Seiten seiner Stirn wachsen lange Hörner hervor, wie sie vielleicht ein altertümlicher Ochse tragen würde. Und zwei weitere, kleine Hörner sitzen direkt auf dem breiten Schädel. Mit gefletschten Zähnen und bebenden Nüstern starrt der Terrorhund den erstarrten Rothaarigen an. Zähflüssiger Speichel tropft von seinen zurückgezogenen Lefzen und bildet eine dampfende Pfütze zwischen seinen Pranken. Ray ist vollkommen außer Stande etwas zu tun. Wie hypnotisiert sinken seine Hände mit dem Protonenstrahler herab und die beiden ungleichen Lebewesen blicken sich tief in die Augen. „Das ist einfach unglaublich…“, kommt es plötzlich, in völliger Begeisterung erstickt, von dem jungen Geisterjäger. Seine wenigen Worte aber reichen aus, um das Eis zwischen ihnen zu brechen. Der Terrorhund lässt ein tiefes, gutturales Knurren hören, in dem so viel Bedrohlichkeit liegt, dass Raymonds Schockzustand wie weggeblasen ist. Blinzelnd betrachtet er die Kreatur noch einen kurzen Augenblick, dann weicht er langsam vor ihr zurück. Dies scheint dem Hund aber keineswegs zu reichen. Er verstärkt sein Knurren und gibt ein widerwärtiges Bellen von sich, bei dem der zähflüssige Speichel nach allen Seiten spritzt. Ohne eine weitere Vorwarnung stürzt der Terrorhund plötzlich auf ihn zu, versucht ihn mit seinen groteskstehenden Zähnen zu erwischen. Ray gibt einen hilflosen Schrei von sich und versucht mit zitternden Händen den Protonenstrahler auf die Bestie zu richten. Doch er ist viel zu langsam. Bevor die dolchartigen Zähne aber ein Stück von ihm erhaschen können, wird er plötzlich grob zur Seite gestoßen. Haltlos stolpert er mit seinem Retter über eines der Förderbänder hinweg und so außer Reichweites des Hundes. Dieser kommt ein gutes Stück weiter hinten schlitternd zum Stehen und lässt ein wütendes Jaulen erklingen. Knurrend hebt er die Nase in die Luft und schnüffelt. „Alles in Ordnung?“, kommt es leicht besorgt von Winston. Überrascht blickt Ray den unter ihm liegenden Mann an. Augenblicklich zieht sich ein roter Schimmer über seine Wangen, sein Herz wummert heftig gegen seine Brust und schlagartig hat er den Terrorhund auch schon vergessen. Alles, was jetzt zählt, ist die Nähe zu diesem Mann. „Ja, alles ok…“, haucht er verträumt, schließt die Augen und beugt sich wie ferngesteuert langsam zu ihm hinunter. In der Zwischenzeit hat auch Peter den Ort des Geschehens gefunden und klettert auf eines der Förderbänder, um seine Kollegen zu erreichen. Noch mit dem glatten, schwarzen Gummi unter seinen Stiefeln, sieht er wie Ray versucht Winston zu küssen. Schlagartig breitet sich wieder eine ungeahnte Eifersucht in Venkman aus. ‚Nein! Das darf nicht sein!‘, geht es ihm durch den Kopf. Gerade überlegt er sich, wie er das Ganze noch im letzten Moment verhindern kann, da ertönt zwischen den Förderbändern ein wütendes Knurren. Die stechenden, roten Augen bohren sich durch das Zwielicht und fixieren die Geisterjäger. Dann rennt der Hund zähnefletschend auf sie zu. Durch den Lärm abgelenkt, vergisst Peter für einen Moment seine Eifersucht und gibt beim Anblick des Hundes einen überraschten Schrei von sich. Als er instinktiv zurückweichen will, verschiebt sich das Förderband unter seinen Füßen und er landet mit dem Hintern auf der Gummibeschichtung. Dabei löst sich ein Schuss aus seinem Protonenstrahler und trifft eine der Deckenlampen. Diese fällt daraufhin wie ein Stein zu Boden und trifft den heranstürmenden Hund direkt zwischen die Augen. Überrascht jault die Kreatur auf und schüttelt den Kopf. Dies gibt Winston Zeit zum Handeln. Ohne auf Rays Annährungen einzugehen, schupst er den Jungen von sich runter, sodass dieser neben ihm zum Liegen kommt. „Vorsicht!“, ruft der Dunkelhäutige noch, ehe er seinen Strahler schnappt und damit auf den näherkommenden Hund schießt. Verwirrt wird sich nun auch der Rothaarige wieder der Situation bewusst, setzt sich auf und feuert gemeinsam mit Peter auf die Bestie. Diese zuckt erschrocken zusammen, weicht einen Schritt zurück, ehe ihr klar wird, dass die Strahlen zwar schmerzen, ihr aber sonst nichts anzuhaben scheinen. Durch diese unschöne Behandlung nur noch wütender, setzt sie ihren Weg fort und nähert sich unaufhaltsam den drei jungen Männern. „Oh oh…“, lässt Winston verlauten. „Egon meinte ja, dass wir nicht viel ausrichten können, aber das ist doch wohl ein Witz! Was machen wir denn jetzt?“, wirft Peter gehetzt in den Raum. Ohne mit dem Schießen aufzuhören, klettert er von dem Förderband und gesellt sich zu den anderen beiden. „Wir müssen ihn zu dem Durchgang locken!“, erwidert Ray. „Das dürfte ja nicht schwer sein. So wie er aussieht, denkt er wahrscheinlich wir sind Schnitzel auf zwei Beinen…“, der Sarkasmus in Peters Stimme mischt sich mit seiner hilflosen Angst und lässt ihn dadurch wie einen kleinen Jungen klingen, der versucht vor anderen anzugeben. „Denkt ihr, dass Egon den Durchgang inzwischen gefunden hat?“, wirft Winston nun das Unausweichliche ein. In die Ecke getrieben versuchen die drei die Stellung zu halten. Ehe einer von ihnen aber antworten kann, trifft ein vierter Strahl den Hund mitten in die Flanke. Überrascht jault das Wesen auf und wendet seinen Blick um. Die Geisterjäger tun es ihm gleich. Und da, auf der anderen Seite der Förderbänder steht Egon und schießt auf das Vieh. „Meine Herren, ich habe den Durchgang gefunden. Er befindet sich tatsächlich in der großen Kühlkammer…“, tönt der Blonde über das laute Knurren hinweg. Die drei stellen das Feuer ein, sodass der Terrorhund nun seine Wut auf Egon richtet. Ungelenk klettert die Kreatur über die Förderbänder hinweg auf den Tüftler zu. Dieser wird Zusehens nervöser und weicht bis an die Wand zurück. Winston huscht unter den Förderbändern hindurch und unterstützt Egons Bemühungen, während Peter und Ray den Köter von hinten in Schach halten. Gemeinsam treiben sie den Hund auf den Weg zurück und lotzen ihn Richtung Kühlkammer. Knurrend, beißend und mit spritzendem Speichel versucht der Terrorhund einen Ausweg zu finden. Doch egal welche Richtung er versucht einzuschlagen, jedes Mal trifft ihn wieder einer der Strahlen. Langsam findet er das gar nicht mehr lustig und auch seine dicke Haut ist inzwischen so gereizt, dass es allmehlig penetrant wird. Eigentlich wollte er doch nur seine Ruhe haben und nach dem Essen ein Nickerchen machen und nun wird er von diesem blassen, kleinen Wesen aufs Übelste gepiesackt. Das ist nicht fair! Heulend vor Schmerz versucht er einen klaren Gedanken zu fassen. Doch es gibt nur eine einzige Möglichkeit, um dieser Pein zu entkommen: er muss zurück in die Unterwelt! Wenn er Glück hat, hat sein Meister sein Fehlen vielleicht noch nicht einmal bemerkt. Andernfalls droht ihm eine Strafe. Aber nach dem, was er hier mit diesen Typen durchmacht, dürfte diese nicht so schlimm sein. In seinem pochenden Schädel formt sich der Gedanke an den Durchgang. Ja, als er in diese Welt kam, war er umringt von unglaublich viel köstlichem Fleisch und es war kalt um ihn herum. So gut es geht, versucht er den Strahlen auszuweichen und hebt die Nase in die Luft. Dort hinten ist der Geruch von Kälte, dort kam er her und dort muss er wieder hin. Bellend bäumt er sich auf und schafft sich etwas Freiraum. Dann nimmt er Anlauf und springt über Egon und Winston hinweg. Mit offenem Mund beobachten die vier Geisterjäger wie der Terrorhund die Flucht ergreift und in Richtung Kühlkammer läuft. „Ihm nach!“, harscht Peter seine Jungs an. Schnell folgen sie dem Vieh und verhindern mit ihren Strahlern, dass er doch noch einen anderen Weg einschlägt. Mit lautem Krachen schlägt die schwere Tür der Kühlkammer gegen die Wand und der Hund stürzt in dem eisigen Raum dahinter, dicht gefolgt von den vier Männern. Vor dem Durchgang wird die Kreatur plötzlich langsamer und dreht sich noch ein letztes Mal zu ihnen herum. Wütend knurrt es sie an und lässt ein letztes, undefinierbares Bellen hören, ehe es in die Unterwelt zurückspringt. Etwas perplex beobachten die Geisterjäger das Schauspiel. „Wir müssen den Durchgang schließen! Schießt in die Öffnung, damit können wir die molekulare Struktur minimieren und so eine Dysfunktion der Molekülketten hervorrufen!“, teilt Egon dem anderen mit. „Egon, findest du nicht, wir hatten heute schon genug um die Ohren? Da brauchen wir keine Ratestunde. Sag doch einfach, was wir machen sollen…“, jammert Peter erschöpft. „Er meint, dass, wenn wir mit unseren Strahlern in die Öffnung schießen, dass sie dann in sich zusammenfällt und sich schließt. Das ist eine Superidee, Egon!“, kommt es aufgeregt von Ray. „Na, wehe dir, wenn das nicht stimmt!“, mault Venkman weiter, inzwischen ziemlich durchgefroren. „Was bleibt uns schon anderes übrig?“, erwidert Winston und gemeinsam eröffnen sie das Feuer. Zuerst passiert nichts. Dann beginnt die wassergleiche Oberfläche des Durchgangs zu vibrieren, als stünde sie kurz davor zu kochen. Um die Strahlen bildet sich ein Strudel. Sämtlich Farben des Regenbogens spiegeln sich darin wieder. Immer schneller und schneller rotiert er und scheint dabei sich selbst aufzusaugen. Wenige Sekunden später ist der Durchgang wesentlich kleiner geworden und schließlich so klein, dass er mit einem leisen, hohlen Ploppen verschwindet. Prüfend fährt Egon mit der Hand über die Stelle und befragt dann sein Ersatz-PKE-Gerät. Nichts! „Meine Herren, wir haben es geschafft!“ Ein erleichtertes Jubeln geht durch die Runde. Jetzt, wo sich die ganze Aufregung legt, merken die vier auch, wie verflucht kalt es hier drinnen eigentlich ist. Schnell suchen sie das Weite. Ein lautes Niesen ertönt, als sie wieder in der Halle angekommen sind. „Können wir jetzt endlich nach Hause ins Warme?“, jammert Peter schniefend und ausnahmsweise sind sie alle einmal seiner Meinung. Kapitel 6: On the backseat of my car... --------------------------------------- Einen Monat später… Nach diesem doch ziemlich aufreibenden Einsatz waren die nächsten leichter zu bewältigen und das Teamwork der Jungs steigerte sich mit jedem neuen Geist. Doch jetzt herrscht wieder etwas mehr Ruhe. Die willkommene Auszeit genießt jeder Einzelne von ihnen auf seine Weise. Egon hat sich in seinem Labor verkrochen und bastelt dort mal wieder an etwas Neuem herum. Bis auf gelegentliches Poltern oder der vertiefte Singsang seiner mit sich selbst geführten Gespräche, ist von ihm nichts zu hören. Janine macht sich derweilen nach und nach mit dem neuen Computer vertraut, den die Jungs ihr vor zwei Wochen spendiert haben. Dennoch steht ihre treue Schreibmaschine noch immer neben ihr und findet mehr Beachtung, als der PC, der für sie noch viele Rätzel aufweist. Aber sie ist durchaus willens ihn zu benutzen, es braucht einfach nur etwas Zeit und da sie diese gerade hat, versucht sie sich erneut mit dem Einrichten und Ausprobieren der einzelnen Programme, die Egon für die installiert hat. Winston genießt derweil das warme Wetter des allmehlig endenden Sommers und sieht sich ein Baseballspiel im Park an. Das kann Peter nur recht sein. Er ist es mehr als nur Leid, mit anzusehen, wie Ray den Schwarzhaarigen anhimmelt. Es grenzt echt an ein Wunder, dass Winston davon scheinbar überhaupt nichts mitbekommt, wo es für Peter doch mehr als offensichtlich ist. Doch vielleicht ignoriert er es auch einfach nur sehr geschickt? Aber auch das kann Venkman nur recht sein. Je weniger Winston auf dumme Gedanken kommt, desto eher hat der Brünette eine Chance seine auszuleben. Voller Begeisterung hat er den ganzen Tag darauf gewartet, dass Winston endlich verschwindet und zum Glück scheint Ray etwas Anderes im Kopf zu haben, als ihn zu begleiten. Er streunt irgendwo in der Gasse neben der Feuerwache herum und untersucht den Schrott, der dort noch liegt. Nach Egons und Peters Einzug damals, haben sie sich bemüht, die Anforderungen der Stadt zu erfüllen, einen neuen Zaun aufgestellt und einen Teil des Mülls abholen lassen. Als Winston dann dazu kam, haben sie noch mal ein gutes Stück davon entfernen lassen. Doch noch immer liegt dort einiges, ihnen fehlt bisher aber schlichtweg das Geld, um es entsorgen zu lassen. Ist aber halb so wild. Das Meiste ist schließlich weg, sodass sich eigentlich keiner beschweren kann. Und es ist ja nicht so, als würden dort irgendwelche Leichen vor sich hin verwesen, die die Nachbarn stören könnten. Der Großteil besteht eher aus Metall- und Holzschrott, alten Möbelstücken und kaputten Elektrogeräten. Der Menge des Mülls nach zu urteilen, kann es sich dabei aber unmöglich alles um altes Zeug aus der ehemaligen Feuerwache handeln. Vielmehr haben die Leute aus den umliegenden Wohnhäusern es ausgenutzt, dass dort Platz ist und das Grundstück leer steht. Nun, wo ein neuer Zaun das Abladen verhindert und die meisten Leute in der Nachbarschaft eh kein so gutes Bild von den neuen Eigentümern der Feuerwache haben, kam auch kein weiterer Müll mehr dazu. So herrscht auch genug Platz, damit Ray dort ein bisschen Ordnung schaffen kann. Hochmotiviert sortiert er das ganze Zeug und stapelt es auf verschiedenen Haufen. So arbeitet er sich langsam zum hinteren Ende der Gasse durch. Eine hohe Mauer trennt dort das Grundstück der Feuerwache zur Straße hin ab. Ein schmaler Weg führt zwischen der Mauer und dem Hauptquartier der Geisterjäger hindurch und endet an einer schweren Metalltür, die einen Notausgang für das Gebäude darstellt. Gleichzeitig ist sie aber auch der einzige Zugang in die Gasse, wenn man nicht gerade über den Zaun klettert oder sich die Mühe macht dessen einzelne Maschen von den Halterungen zu trennen. Die Zeit vergeht und Rays Schrotthaufen wachsen immer weiter an. Hier einer mit Holzteilen, dort einer mit Metall, ein weiterer mit alten Elektrogeräten, ein anderer mit all dem Zeug, das man sonst nirgends zuordnen kann. Aber es gibt auch einen Haufen, auf dem Dinge liegen, die man vielleicht noch gebrauchen kann. Dazu gehören größtenteils unversehrte Rohre und Elektroteile, die das Glück hatten in oder unter Kartons oder Planen zu liegen und somit der Witterung der Jahre nicht allzu sehr ausgeliefert waren. Schließlich erreicht der Mechaniker die hintere Mauer. Ein letzter großer Haufen türmt sich vor ihm auf. Es sieht aus, als wären es die Bretter eines Schrankes, die sich einem Tipi gleich um einen Kern aufreihen. Als Ray ein paar der Bretter zur Seite räumt, erkennt er in dem Zwischenraum eine dunkelgraue Plane, die über etwas ziemlich Großem ausgebreitet ist. Geschwind räumt der Rothaarige die restlichen Bretter weg und umrundet dann den undefinierbaren Haufen Plane. Was immer sich auch dort drunter befindet, hat die Zeit hier wohl noch am sichersten überstanden und dürfte daher wohl in einem besseren Zustand als die anderen Dinge sein. So zumindest theoretisch. Über Raymonds Gesicht breitet sich ein Ausdruck völliger Vorfreude auf. Als er jedoch die Plane zur Seite zieht, gefriert dieser Ausdruck und er betrachtet das vor ihm Stehende mit offenem Mund, hin und hergerissen zwischen Begeisterung und Entsetzen. Das Auto, wenn man es überhaupt so nennen kann, ist ein Wrack. Es scheint, als würden die einzelnen Teile nur noch von Gebeten und Rostschutzfarbe zusammengehalten, doch in Ray´s Augen könnte der Wagen nicht perfekter sein. Erst recht, da Winstons Mustang langsam aber sicher in Begriff ist den Geist aufzugeben und auch der wiederholte Versuch ihn zu reparieren leider das Unvermeidliche nur hinauszögert, als es zu verhindern. Er ist einfach nicht ausgelegt für die schwere Ausrüstung der Jungs und darunter leidet er mit jedem Einsatz mehr. Ein sanftes Lächeln breitet sich auf seinen Zügen aus. Es hat etwas Liebevolles an sich, als würde er einen alten Hund beim Schlafen beobachten. Fast schon zärtlich gleiten seine Finger einen Moment über die völlig zerbeulte, dick mit Dreck bedeckte, einst schwarze Motorhaube. Dabei hinterlassen seine Finger wirre Muster in der Dreckschicht und geben etwas mehr von der einstmals schwarzen Farbe frei. Irgendwie macht ihn der Anblick traurig, so einsam und vergessen wie das Auto hier all die Jahre gestanden hat. Langsam umrundet er den Wagen und verschafft sich einen ersten Eindruck davon. Bei dem Auto handelt es sich ganz unverkennbar um einen 1959er Cadillac Miller-Meteor, ein Fahrzeug, dass bis Ende 1979 hauptsächlich als Kombination aus Kranken- und Leichenwagen benutzt wurde. Zu Beginn der 80er Jahre wurden jedoch die technischen Anforderungen für solche Fahrzeuge geändert, was das Ende für diese Cadillac-Art bedeutete. Heute sind sie nicht mehr zulässig und finden höchstens noch bei Sammlern Anerkennung, als Lastwagen für Bauern oder als Ersatzteilspender. Während seiner Blütezeit war der Miller-Meteor aber ein Meilenstein in seiner Klasse und auf den Straßen kaum wegzudenken. Das Fahrzeug wurde für seine Dienste hochgeschätzt, nicht zuletzt wegen seines extrem verstärkten Fahrgestells, wodurch er spielend mit der zusätzlichen Last der eingebauten Geräte klarkam und dabei dennoch schnell und wendig blieb. Diese Tatsache bringt Ray auf eine geniale Idee. Warum den Wagen nicht nutzen und ihn zu einem richtigen Einsatzfahrzeug für die Geisterjäger umbauen? Das wäre die ideale Lösung, statt immer die heißgeliebten Autos der Jungs Zweck zu entfremden, bis sie auf tragische Weise das Zeitliche segnen. Die ursprüngliche Begeisterung kehrt in Rays Gesicht zurück, das ist ganz klar eine Aufgabe nach seinem Geschmack. Allerdings eine nicht sonderlich einfache. Es wird ziemlich schwierig werden, Ersatzteile dafür zu bekommen und von den endlos vielen Stunden an Arbeit ganz zu schweigen. Aber Raymond wäre kein guter Mechaniker, wenn ihm dafür keine Lösung einfallen würde! Geduldig fummelt er unter der Haube nach dem kleinen Hebelchen, der sie öffnet und wirft dann einen Blick auf den Motor. Sein geschultes Auge verrät ihm, dass hier einiges an Arbeit auf ihn wartet, doch das mindert seine Freude keineswegs. Äußerlich sieht der Wagen zwar ziemlich fertig aus, doch Motor und Elektronik scheinen besser in Schuss zu sein. Aber je mehr er tun kann, desto mehr Spaß macht es doch erst. Nach diesem kurzen Check geht er zur Fahrerseite und probiert die Tür. Verriegelt und mit ihr alle anderen ebenso. Schnell läuft Ray zurück in die Feuerwache und holt einen Werkzeugkasten. Als er wieder nach draußen läuft, sieht ihn Peter. Leicht verwundert legt der Brünette die Stirn in Falten und fragt sich, was der Bengel da draußen eigentlich macht. Neugierig geworden folgt er dem Rothaarigen unbemerkt und beobachtet ihn um die Hausecke herum. Überrascht stellt Venkman fest, dass dort ein Auto steht. Der schwarze Lack dick mit Staub und Dreck bedeckt, alle vier Reifen platt, Rost soweit das Auge reicht. Es wirkt alles andere als einladend und doch scheint es Rays ganze Aufmerksamkeit zu haben. Peter sieht wie er vor der Fahrertür auf die Knie geht und scheinbar an dem Schloss herumfummelt. Es dauert nur ein paar Sekunden, dann erhebt sich der Mechaniker wieder und öffnet die Tür. Neugierig steckt er den Kopf ins Wageninnere und wird sofort von einem muffigen Geruch nahezu erschlagen. Eine Mischung aus Staub, Ethanol, Desinfektionsmittel und dem schweren Duft von Eichenholz, versetzt mit einem Hauch süßlichen Puders. Der Geruch brennt sich ihm förmlich in die Nase und er weicht ein paar Schritte zurück. Etwas frische Luft würde dem Wagen auf jeden Fall guttun. Daher öffnet Ray auch noch die anderen Türen und die Heckklappe. Ein Blick in den hinteren Teil des Wagens verrät ihm, dass sein letzter Einsatz wohl als Leichenwagen gewesen sein muss. Alle medizinischen Geräte sind ausgebaut, um Platz für den Sarg und seine Befestigung zu schaffen. Die Fenster sind mit dicken, grauschwarzen Vorhängen verdunkelt, um neugierige Blicke auszusperren und die Sirene auf dem Dach wurde ebenfalls abmontiert. Danach hat man ihn wohl hier abgestellt und vergessen oder durch ein neueres Fahrzeug ersetzt. Ray krabbelt in den Transportbereich und besieht sich die Arbeit, die er hier machen muss. Darauf hat Venkman irgendwie nur gewartet. Er schleicht um die Hausecke zum Wagen. *Für einen kurzen Moment hält Peter inne. Er muss an seinen Vater denken, der ihn manchmal mit dem Finger gepikst hat, wenn er ihm einen Rat gab – wobei er den Finger benutzte, um seinen Aphorismen besonderen Nachdruck zu verleihen -, zum Beispiel: ‚Niemand wird schwanger, wenn einer von euch seine Hose anbehält, Petie.‘ Einer der wenigen Ratschläge, die wirklich einen sinnvollen Kern haben, wie Peter findet. Dennoch hat er im Laufe der Jahre gemerkt, dass es da ein entscheidendes Schlupfloch gibt. ‚Tja Dad, niemand kann schwanger werden, wenn sich zwei Jungs vergnügen!‘, geht es Venkman grinsend durch den Kopf, während er um das Heck des Wagens herumschlendert. Allein beim Gedanken daran, brennt eine tiefe Erregung in ihm und jetzt zu sehen, wie Ray auf allen vieren durch den Wagen krabbelt, macht es nur noch schlimmer. Er schluckt schwerlich und versucht sich noch etwas zu beherrschen. Möglichst lässig legt er einen Arm auf das Wagendach und lehnt sich gegen die Karosse. Wenig später dreht sich Ray zu ihm um und scheint seine Inspektion beendet zu haben. Erst jetzt merkt er, dass er nicht mehr allein ist. Als sich Peters und seine Augen treffen, schreckt der Rothaarige unwillkürlich zusammen, verlagert unbewusst sein Gewicht nach hinten und landet schließlich unsanft auf seinen vier Buchstaben. „Herr Gott, Peter! Hast du mich vielleicht erschreckt…“, japst er etwas atemlos und legt sich theatralisch eine Hand auf sein pochendes Herz. Venkman grinst nur vor sich hin. „Wirklich? Ich? Und nicht etwa der Leichenwagen, in dem du hier rumkrabbelst und in dem es von Geistern nur so wimmeln könnte?“, hackt er nach, könnte sich innerlich dafür aber selbst ohrfeigen. Was, wenn dort wirklich Geister drin hausen? Ach, scheiß drauf! Wenn dem so ist, dann ist es halt so und wenn nicht, wird das Gefährt kurzfristig von ihm halt zu einer etwas makabren Spielwiese umfunktioniert! Überrascht sieht Ray ihn an. „Bis jetzt konnte ich noch keine Geisteraktivität feststellen…“, gibt er zurück, deutet auf das PKE-Gerät neben dem Radkasten und versucht den Wagen zu verlassen, doch Peter stellt sich ihm in den Weg. „Wohin denn so eilig?“, fragt Venkman ihn mit einem ungewöhnlichen Anflug von Strenge. „Ähm, mein Werkzeug holen?“, erwidert Ray irritiert. „Dafür hast du auch später noch Zeit!“, verkündet der Brünette kurzerhand. Bestimmend schiebt er den Mechaniker zurück in den Wagen, krabbelt selbst hinein und schließt hinter sich die Heckklappe. „Was machst du denn?“, fragt der Rothaarige leicht nervös. „Och, nichts Besonderes. Ich finde nur, wir sollten uns mal ein bisschen unterhalten.“, entgegnet Peter in einem seltsamen Tonfall. Sein Blick ist starr auf Raymond gerichtet und für den Jüngeren undefinierbar. *Unbehagen regt sich in Ray. Diese grünen Augen machen ihn nervös – es sind die Augen eines alten Katers, der schon viele herumstreifende Mäuse wie ihn zur Strecke gebracht hat. Nein, eigentlich müsste es heißen, ins Bett gekriegt und eigentlich waren es meistens auch eher Mietzen als Mäuse, aber so weit reichen Ray´s Gedanken im Moment noch nicht. Die durchdringenden Blicke des anderen Mannes haben für ihn nichts Erotisches, nicht einmal etwas Anziehendes. Sie sind eher bohrend, als versuche Peter in seine Seele zu blicken und herauszufinden, ob er ein kleines Geheimnis versucht zu verstecken. Womit er nicht mal so ganz Unrecht hätte, da Ray es nicht gerade an die große Glocke hängen möchte, dass er dem eigenen Geschlecht zugetan ist. Auch wenn ihm das Winston gegenüber wirklich schwerfällt. „Worüber willst du denn reden?“, fragt er sichtlich verunsichert und versucht dabei die anstößigen Blicke seines Gegenübers zu ignorieren; Blicke, die sich anfühlen, als wolle er ihn nur mit seinen Augen versuchen auszuziehen. Warum in aller Welt kommt Ray eigentlich auf so eine Idee? Klar, Peter ist oft komisch, eine Marke für sich eben, aber er hat ihm gegenüber nie offen behauptet, dass er auf Männer steht. Das würde Ray nicht mal vermuten, wo Peters Lieblingsbeschäftigung doch darin besteht, jedem hübschen Mädchen nachzulaufen. Er rutscht auf dem Wagenboden zurück, um etwas mehr Abstand zwischen sie zu bringen. Doch er kommt nicht allzu weit. Kurz darauf spürt er die Rückseite der hinteren Sitzreihe im Rücken. Der muffige Geruch, den sie verströmt, hat für ihn etwas Endgültiges, so als wolle er ihm sagen, dass es kein Entkommen gibt. Dieser Gedanke bereitet ihm noch mehr Unbehagen. Peter scheint dies zu merken und rutscht näher zu ihm heran, präsentiert ihm ein Lächeln, das irgendwie etwas Durchtriebenes hat. „Das wirst du gleich merken…“, entgegnet er ihm schlicht. Was folgt ist für Ray gleichermaßen neu wie erschreckend. Damals auf der Highschool war er in den ein oder anderen Jungen verknallt und hat sich mehr als nur einmal vorgestellt, wie es sein würde, von ihnen berührt zu werden. Warme, nackte Körper, die sich lustvoll aneinanderschmiegen; zum Zerreißen gespannte Muskeln; brennendes Verlangen; so viele verschiedene Gefühle, dass einem der Kopf schwirrt, allein ausgelöst von einem zarten Kuss; vollendete Zweisamkeit. Doch dies alles waren damals nur Wunschträume und mehr als ein Aufenthalt im Krankenhaus hat ihm seine damalige Offenheit auch nicht eingebracht. Abgesehen natürlich von den fiesen und demütigenden Hänseleien seiner Mitschüler. Zumindest in dieser Hinsicht ist Ray viel erwachsener geworden. Doch nun wird er mit etwas konfrontiert, was er nie für möglich gehalten hat. Allerdings haben Peters Annährungen für ihn nichts Erregendes. Nein, es ist eher erschreckend, mit welcher Bestimmtheit der Brünette vorgeht und ihm nebenbei auch noch erzählt, dass er bei Winston eh keine Chancen hätte und es daher doch aufgeben solle. Mit ihm hätte er eine viel bessere Wahl getroffen. Peter würde ihn verstehen und ihm mit seinen Problemchen helfen. Ray kann kaum glauben, was Venkman ihm da so erzählt, während seine Hände sich unentwegt an ihm zu schaffen machen. Doch es klingt alles so logisch. Warum auch sollte Winston etwas für ihn empfinden, ausgerechnet für ihn? Warum sollte ein so toller Kerl wie er überhaupt etwas von einem anderen Mann wollen? Diese Erkenntnis, die er zweifelsohne nicht zum ersten Mal hat, sie aber aus dem Mund eines anderen noch viel logischer klingt, trifft ihn schwer. Er kämpft mit seinen Gefühlen und gleichzeitig mit Peter. Es mag ja sein, dass Winston vielleicht wirklich nichts für ihn übrighat, aber das muss ja noch lange nicht bedeuten, dass sich Ray dann dem erst besten unterwerfen muss, der ihm vor die Augen tritt! Doch so sehr er sich auch bemüht, der Brünette ist einfach stärker und Rays Gedanken zu sehr mit der Verarbeitung des Ganzen beschäftigt, um ihm wirklich etwas entgegen zu setzen. So behält Venkman recht locker die Oberhand und baut sich einen Grundstein auf, den er bei der nächsten Gelegenheit hoffentlich vertiefen kann. Doch fürs erste soll es ihm genügen nur von seinen geübten Finger Gebrauch zu machen und so etwas Druck abzubauen. Eine Art Vorspiel, wenn man so will, um dem Rothaarigen die feinen Vorzüge seiner Person klarzumachen. Dass Ray dabei alles andere als Spaß hat, kümmert ihn im Moment reichlich wenig. Der Bengel ist einfach zu überfordert mit allem, was gut ist. Früher oder später wird er aber sicher die guten Seiten ihrer neu gewonnenen Verbindung erkennen und dann stehen ihm alle Türen offen! Nach getaner Arbeit verlässt der Brünette das Auto. Er kehrt entspannt in die Feuerwache zurück und lässt Raymond mit seinen chaotischen Gedanken allein. Dieser liegt reglos auf dem Boden des Wagens, blickt mit großen, feuchten Augen zur fleckigen Deckenverkleidung empor und versucht zu begreifen, was gerade passiert ist. Sein offener Overall zeugt von dem, was zwischen ihnen vorgefallen ist, doch er verrät bei weitem nicht, wie beschmutzt und vor allen Dingen wie benutzt er sich jetzt fühlt. Wie konnte das nur passieren? Er kann es nicht begreifen, kann nur froh sein, dass Peter sich noch so sehr zurückgehalten hat, obwohl ihm der Gedanke an eine Steigerung dessen eine Heidenangst einjagt. Für einen Moment schließt er die Augen, ein paar Tränen rinnen seine erhitzten Wangen hinab und er gibt ein ersticktes Schluchzen von sich. Schließlich öffnet er sie wieder und begibt sich mühsam zurück auf die Knie. Mit einer leicht zitternden Hand zieht er den Reißverschluss seiner Uniform wieder zu und wischt sich mit dem Ärmel über das feuchte Gesicht. Ein letztes, wimmerndes Seufzen verlässt seine Kehle, dann sperrt er das gerade Geschehene in der finstersten Ecke seiner Gedanken ein und richtet seinen Blick nach vorn. Nur weil Peter seine Finger nicht bei sich behalten konnte, heißt das ja noch lange nicht, dass er seine geplante Arbeit einfach so in den Wind schreibt. Ganz im Gegenteil! Der Umbau des Wagens wird ihm dabei helfen, darüber hinwegzukommen. Da ist er sich ganz sicher. Wie sagte sein Vater immer so gern: ‚Egal wie sehr dir die Welt auch in den Hintern tritt, einfach immer lächeln, bis dir etwas einfällt, wie du es ihr heimzahlen kannst.‘ Allein schon bei dem Gedanken an seinen Vater muss Ray unweigerlich lächeln. Er ist immer so voller Ernsthaftigkeit und stets praktisch veranschlagt, ein wirklich kluger Mann und dabei doch so einfach gestrickt. Seine Ratschläge haben zwar für Rays gottesfürchtige Mutter oftmals zu viel vulgären Charakter, dennoch kann man deren Richtigkeit nur schwer leugnen. Also krempelt sich der Mechaniker die Ärmel hoch und macht sich ans Werk. Die Tage vergehen, Stunde um Stunde zieht ins Land und Rays Arbeit nimmt immer mehr Gestalt an. Jede freie Minute verbringt er an dem alten Miller-Meteor und steckt in jedes Teil so viel Herzblut, als würden sie keine Maschine bilden, sondern sein eigenes Kind, dem er jeden Tag etwas Neues beibringt und es so heranwachsen sieht. Dabei fällt ihm immer wieder etwas Besseres ein, dass er noch verwenden oder einbauen kann, um sich und den Jungs die Geisterjagd zu erleichtern. Ray ist so vertieft in seine Vision des perfekten Einsatzfahrzeugs, dass er die unschöne Begegnung mit Peter schon fast wieder vergessen hat. Jedes Mal, wenn sie sich über den Weg laufen, keimt zwar wieder ein Funken Erinnerung in dem Mechaniker auf und Peters Blicke diesbezüglich sind auch mehr als deutlich, doch er gibt sich nach außen hin möglichst gelassen, um Venkman keine neue Angriffsfläche zu bieten. Zu seinem Glück hat Peter es auch erst mal bei diesem einen Mal belassen und sich anderen Dingen gewidmet. In seiner naiven Art hegt Ray sogar die Hoffnung, dass das Ganze nur eine einmalige Sache gewesen sein könnte, doch dafür kann er den Brünetten einfach nicht gut genug einschätzen. Doch egal wie es auch kommt, irgendwie wird er schon damit fertig werden, ohne das die anderen etwas davon mitbekommen. Trotz Peters abfälliger Bemerkungen will Raymond die Sache mit Winston dennoch nicht aufgeben. Schließlich hat einzig und allein Peter behauptet, dass Winston nichts von seinen Gefühlen wissen will. Was, wenn er sich das Ganze nur ausgedacht hat, um ihn aufs Kreuz zu legen? Das wäre mehr als gemein. Solange er nicht von Winston selbst hört, dass er es nicht möchte, wird Ray auch nicht aufgeben. So oder so wird die Zeit zeigen, was passiert. Geduld ist gefragt, auch wenn dies nicht gerade die Stärke des Rothaarigen ist. Doch durch seine ganzen schlechten Erfahrungen, hat er schon so viel einstecken müssen, da ist so ein bisschen Warten doch ein Kinderspiel! Dann endlich ist es geschafft. Der große Tag ist da. Mit einer letzten, liebevollen Bewegung wischt Ray mit dem Lappen über den glänzenden, weißen Lack. Er tritt einen Schritt zurück und betrachtet sein Meisterwerk. Der Wagen, der nun vor ihm steht, hat mit dem einst schwarzen, rostzerfressenen Gefährt so gar nichts mehr gemeinsam. Aber jeder Kenner sieht sofort, dass es sich hierbei immer noch um einen 1959 Cadillac Miller-Meteor handelt. Allerdings hat er nun wirklich nichts mehr mit einem Leichen- oder Krankenwagen gemeinsam. Das triste Schwarz ist durch ein strahlendes Weiß ersetzt, das den Wagen schon weit freundlicher aussehen lässt. Die Heckflossen erstrahlen in einem kräftigen Rot und vermitteln damit irgendwie die Wichtigkeit des Wagens. Auf den vorderen Türen und der Heckklappe prangert das Logo der Geisterjäger und auch das Cadillac-Symbol auf der Motorhaube ist dadurch ersetzt worden. Auf dem Dach befindet sich eine Sirene, die ihnen hoffentlich endlich zu etwas mehr Platz im Straßenverkehr verhilft. Dazu kommen leistungsstarke Lampen und technische Hilfsmittel. Die breiten Weißwandreifen mit dem extra tiefen Profil sorgen für eine gute Bodenhaftung und sollten es ihnen ermöglichen, auch in schwierigerem Gelände voran zu kommen. Im Innern ist genug Platz für sie alle und ihre gesamte Ausrüstung. Zudem strotzt das Armaturenbrett nur so vor ausgefallenen Extras und Hilfsmitteln. Mit diesem Wagen dürften sie einfach nicht mehr zu übersehen sein und schnell zu jedem Einsatz gelangen. Der aller letzte Schliff für das Fahrzeug ist gestern mit der Post geliefert worden. Nun hält er den kleinen Karton in Händen. In ihm befinden sich zwei extra angefertigte Nummernschilder. Mit ihnen haben sie endlich die Erlaubnis der Stadt New York sich als Einsatzwagen präsentieren zu dürfen und somit auch mit Sirene und Blaulicht durch die Straßen zu düsen. Die knallgelben Blechschilder springen einem richtig ins Auge. Mit einem zufriedenen Ausdruck im Gesicht bringt er sie hinten und vorne am Wagen an und tritt dann wieder zurück. Ja, nun ist er wirklich fertig. Auf den Nummernschildern steht groß ‚Ecto-1‘, was Ray für einen sehr passenden Namen hält. Wie auch sonst könnte der Wagen der Geisterjäger auch heißen? Alles funktioniert perfekt, wird also Zeit es den anderen vorzuführen. Als die Reifen dann zum ersten Mal auf dem Asphalt vor der ehemaligen Feuerwache stehen und sie sich alle davor versammelt haben, herrscht erstauntes Schweigen. Doch es hält nur einen Augenblick, dann beginnen die Jungs und auch Janine den Wagen von oben bis unten zu erkunden. Die Begeisterung auf allen Seite ist praktisch greifbar und ein jeder von ihnen kann es kaum erwarten, damit auf Geisterjagd zu fahren. Zur Gratulation schlägt Peter Ray erst mal auf die Schulter und grinst ihn dann frech an. „Hey Ray, gib mir doch mal die Schlüssel, ich will eine Probefahrt machen!“ Etwas argwöhnisch mustert der Mechaniker seinen Kollegen. Irgendwie ist ihm bei dem Gedanken nicht ganz wohl. Aber ehe er irgendwelche Einwände erheben kann, melden sich auch Winston und Egon an, um mit dem Wagen fahren zu dürfen. Wie könnte er den beiden schon absagen? Etwas widerwillig überlässt er Peter schließlich die Autoschlüssel. Dessen Grinsen wird nur noch breiter und flugs lässt er sich hinter das schneeweiße Lenkrad fallen. Ray nimmt auf dem Beifahrersitz Platz, um alle Funktionen besser im Blick zu haben, während sich die anderen drei auf die Rückbank begeben. Kurz darauf röhrt der Motor auf und der Wagen rollt langsam auf die hundert Meter entfernte Ampel zu. Dort hält er an, weil das Licht gerade auf Rot gewechselt hat. Angeberisch beginnt Peter mit dem Gas zu spielen und lässt den Motor laut in den späten Nachmittag hineinschnauben. Ungeduldig wartet er darauf, dass er losfahren kann. Der aufgemotzte Wagen zittert in den letzten Sekunden der Rotphase an der Ampel, kaum noch von der Automatikschaltung in Zaum gehalten. Die Nadel des Drehzahlmessers bereits auf zweitausend, der Motor durch den verchromten Auspuff dröhnend wie ein brünstiger Elefant und die breiten Weißwandreifen mit dem extrem tiefen Profil bereit, einen innigen Kuss auf den sonnengewärmten Asphalt der Straße zu rauchen. Dann endlich das Grün als stummer Startschuss. Alle Gesichter bis aufs Äußerste angespannt. Und dann… nichts! Ein klägliches Stottern und ein kleiner Hopser, dann nur noch Stille. Peter hat den Motor mit seiner Angebernummer abgewürgt. Fluchend sitzt er hinter dem Lenkrad und versucht das Lachen seiner Kollegen zu überhören, während er sich missmutig daranmacht, den Wagen wieder zum Laufen zu bringen. Für Ray gleicht Peters angeberisches Versagen einer tiefen Genugtuung, wie einer stummen Rache Ectos für die erlittene Schmach seines Schöpfers. Als es Peter endlich gelingt, den Wagen wieder zum Laufen zu bringen, ist die Ampel bereits wieder auf Rot gesprungen. „So ein verdammter Mist!“, schimpft Venkman und schlägt ungehalten mit den Fäusten auf das Lenkrad. Hinter ihm lachen die anderen abermals. „Tja Peter, sieh es ein. Dir fehlt mal wieder das nötige Feingefühl!“, scherzt Winston. „Ach ja? Dann mach´s doch besser!“, blafft Peter zurück und verschränkt schmollend die Arme vor der Brust. „Klar, gern. Dann verzieh´ du dich auf den Rücksitz.“, erwidert der Schwarzhaarige kess und steigt aus. Auch Peter steigt aus dem Wagen und wirft Winston dabei einen drohenden Blick zu, indem all seine Eifersucht und momentan enttäuschte Wut steckt. Winston hingegen lächelt nur siegessicher und setzt sich hinter Steuer. Nur wenige Augenblicke später schaltet die Ampel gehorsam auf Grün und Ecto-1 saust im anbrechenden Sonnenuntergang davon. Kapitel 7: Underworld trip... ----------------------------- Drei Tage später… Langsam und warm erhebt sich die Sonne an diesem Morgen über das verschlafene Manhattan. Der September neigt sich allmählich dem Ende zu und verspricht einen goldenen Herbst. Mit einer dampfenden Tasse Kaffee setzt sich Janine leicht seufzend an ihren Schreibtisch. Sie liebt es, entspannt mit ihrer Arbeit zu beginnen, während die Jungs oben noch tief in ihren Träumen versunken sind. In solchen Momenten herrscht hier Ruhe, wo die ehemalige Feuerwache sonst immer etwas Hecktisches an sich hat. Erst recht, wenn das Telefon klingelt. Doch jetzt geht von dem knallroten Apparat noch keine Gefahr aus, da viele Leute ebenfalls noch in ihren Betten liegen. Janine betätigt den Knopf an ihrem Computer und während sie auf sein Hochfahren wartet, lehnt sie sich in ihrem Stuhl zurück und atmet tief die aromatische Wärme des Kaffees ein. Auf dem Bildschirm vor ihr beginnt sich eine kleine Sanduhr im Kreis zu drehen, begleitet von einem knackenden Rattern aus dem schwerarbeitenden Tower. Verträumt schließt die Rothaarige die Augen, stellt sich vor, wie Egon dort oben in seinem Bett liegt. Die sonst so perfekt wirkende Locke seiner aufwendig erscheinenden Frisur leicht zerzaust, die nachdenklichen Gesichtszüge völlig entspannt, eingekuschelt in seine Decke, tief im Gedanken seiner Traumwelt versunken… Hach, wie gern würde sie neben diesem Mann aufwachen! Ein sehnsüchtiges Seufzen verlässt ihre Lippen und ihre Gedanken schweifen weiter ab, sodass sich bald darauf ein zarter, roter Schimmer auf ihren Wangen ausbreitet. So vertieft vergisst sie völlig, dass der Computer schon vor ein paar Augenblicken mit einem melodischen Ton verkündet hat, dass er nun arbeitsbereit ist. Stattdessen träumt sie einfach noch ein bisschen weiter. Erst ein lautstarkes Klopfen an der Tür reißt sie ungewollt aus ihren Fantasien. Irritiert öffnet sie die Augen und starrt auf die Vordertür. Wieder ertönt ein nachdrückliches Klopfen. Janines Stirn legt sich nachdenklich in Falten und sie gibt ein leicht angesäuertes Schnaufen von sich. Das war es wohl erst mal mit der erhofften Ruhe, auch wenn es ungewöhnlich ist, dass so früh am Morgen jemand an die Tür klopft. Als das Geräusch ein drittes Mal ertönt, stellt die toughe Rothaarige energisch ihre Tasse auf den Schreibtisch und setzt sich in Bewegung. „Ja, bitte?“, fragt sie versucht freundlich, als sie die Tür öffnet. Zu ihrer Überraschung steht dort aber niemand. Fragend blickt sie sich um und tritt ein paar Schritte nach draußen. „Hallo? Ist da jemand?“ Doch außer ein paar gemächlich dahinziehenden Autos, kann sie nichts entdecken. „So was…“, lässt sie verlauten. Leicht verärgert stemmt sie die Hände in die Hüften und blickt sich nach einmal um. Dunkel erinnert sie sich, dass Peter ihr mal erzählt hat, dass sie öfter von Klingelstreichen und dergleichen heimgesucht wurden, als sie hier mit ihrer Arbeit begonnen haben. Janine selbst hat das hier zwar noch nicht erlebt, aber genau das scheint es hier gerade zu sein. „Wirklich sehr witzig…“, verkündet sie verstimmt, ehe sie sich zum Gehen umwendet. Als sie gerade einen Fuß vor den anderen setzt, spürt sie plötzlich eine ganz leichte Erschütterung unter sich. Überrascht schreckt sie zusammen und wartet auf das, was vielleicht folgt. Doch es kommt nichts. Ein leichter Anflug von Erleichterung macht sich in ihr breit. Sie will ihren Weg fortsetzen, als plötzlich wieder eine Erschütterung zu spüren ist. Diesmal ist sie stärker. Etwas hilflos blickt sie sich um. Inzwischen sind auch einige Leute auf der Straße unterwegs, doch sie scheinen nichts mitbekommen zu haben. Unbeirrt setzen sie ihren Weg fort, was die Rothaarige überhaupt nicht verstehen kann. Diese zweite Erschütterung müssen sie doch auch gespürt haben! Ehe sie sich jedoch zu einer Reaktion besinnen kann, wird Janine von einer noch heftigeren Erschütterung erfasst. Diesmal ist sie so stark, dass es die junge Frau von den Füßen reißt. Unsanft landet sie auf ihren vier Buchstaben und gibt einen hilflosen Aufschrei von sich. „Was ist hier nur los?“, fragt sie halblaut und sieht dabei, dass die anderen Leute wieder nichts gemerkt zu haben scheinen. Nicht mal einer, der sich nach ihr umdreht. Fast so, als wäre sie Luft. Ein Gefühl der Angst erfasst sie. Es ist, als würden sich eiskalte Finger um ihren Hals legen und ihr langsam den Atem rauben. Dann plötzlich beginnt der Gehweg unter ihr zu leuchten. Eine kreisrunde Fläche von gut drei Metern im Durchmesser erstrahlt so hell, dass sie die Augen zusammenpressen muss. Das grelle Licht hüllt sie vollkommen ein, ohne dass es ein anderer zu sehen scheint. Kurz darauf folgt ein Moment, indem sie sich völlig schwerelos fühlt, so als hätte man den Boden unter ihr entfernt. Schließlich verschwindet das Licht genauso schlagartig wie es aufgetaucht ist und mit ihr auch Janine… Eine Stunde später kommt Ray die Treppe herunter, ausgeruht und bereit für einen neuen Tag. Er sieht, dass Janine nicht an ihrem Platz sitzt, kümmert sich aber nicht weiter drum. Dann fällt ihm aber auf, dass die Eingangstür sperrangelweit offensteht. Etwas verwundert geht Ray hinüber. Ist Janine etwa rausgegangen und hat vergessen die Tür zu schließen? So ganz glauben kann er das nicht. Suchend blickt er sich vor dem Hauptquartier um, doch er kann niemanden entdecken. „Janine? Bist du hier draußen?“, fragt er sogar, doch er erhält keine Antwort. Unschlüssig steht er vor dem alten Backsteingebäude und kratzt sich nachdenklich am Hinterkopf. Als Ray beschließt, wieder hineinzugehen, spürt er auf einmal eine leichte Erschütterung unter sich. Überrascht bleibt er stehen und blickt zu Boden. War das ein Erdbeben? Etwas ungewöhnlich für Manhattan. Und eine U-Bahn fährt hier drunter auch nicht lang, die die Erschütterung hätte erklären können. Mit großen Augen starrt er den Bürgersteig an und wartet auf ein Nachbeben. Doch es kommt keines. Stattdessen erscheint auf einmal ein winziger, leuchtender Punkt auf den Betonboden. Zuerst hält Raymond es für eine Einbildung, weil er so lange und intensiv darauf gestarrt und gewartet hat, dass etwas passiert. Doch dann beginnt der Lichtpunkt zu wachsen. „Das ist ja Wahnsinn!“, gibt er begeistert von sich und tritt einen Schritt zur Seite, damit er den Fleck nicht berührt. Er geht in die Hocke und beobachtet, wie der Punkt aus gleißend hellem Licht immer größer wird. Es ist so grell, dass er kaum hinsehen kann, doch er ist gleichzeitig so gefesselt, dass er nicht wegsehen kann, obwohl seine Augen zu schmerzen beginnen. Angestrengt kneift er sie zu Schlitzen zusammen. Dann scheint das Wachstum des Lichtpunkts beendet zu sein. Er ist nun etwa so groß wie ein Teller und ein Kegel aus Licht erhebt sich gut zwei Meter vom Boden in die Luft. Obwohl Ray mitten auf dem Bürgersteig hockt, wie ein kleiner Junge beim Murmelspielen, scheint keiner der vorbeigehenden Leute den Lichtfleck zu sehen. Einige wundern sich zwar, was der junge Mann dort so angestrengt beobachtet, doch sie tun das Ganze als Unfug ab. Immerhin passiert so allerhand Merkwürdiges in dem Gebäude, dass die sogenannten Geisterjäger bewohnen. Ungeachtet der Blicke der vorbeigehenden Leute, betrachtet Ray weiterhin das seltsame Phänomen. Er ist wie hypnotisiert von diesem Licht und streckt nun langsam die Hand danach aus. Ehe seine Finger jedoch den Boden berühren, entdeckt er einen kleinen, dunklen Fleck im Licht. Erschrocken zieht er seine Hand zurück. Auch der dunkle Fleck scheint zu wachsen, doch er ist nicht rund. Es sieht eher aus, als wäre es ein Gegenstand, der durch das Licht auf ihn zu treibt, oder wohlmöglich eine Gestalt. Plötzlich erreicht es die Oberfläche des Lichts und schießt daraus hervor, wie eine Pistolenkugel. Ray ist nicht mehr in der Lage dem auszuweichen. Mit einem heiseren Aufschrei, setzt er sich unsanft auf den harten Steinboden, während der dunkle Gegenstand mitten in seinem Gesicht landet. Hilflos sitzt er da und greift mit zitternden Fingern danach. Ungläubig starren seine Augen auf ein gefaltetes Blatt Papier. Noch ehe er ganz begreift, was gerade passiert ist, schrumpft der Lichtkegel wieder zusammen und verschwindet schließlich mit einem kaum hörbaren Ploppen. Unsicher kommt der Mechaniker auf die Füße, sieht noch einmal zu der Stelle, an der eben noch das Licht gewesen ist und verschwindet dann nach drinnen. Er schließt die Tür und lehnt sich mit dem Rücken gegen das dunkle Holz. Was um Himmels Willen war das bloß? Ray schluckt hart und betrachtet dann den Zettel in seiner Hand. Ganz vorsichtig faltet er ihn auseinander. Auf dem Papier steht eine Botschaft, geschrieben in blutroter Tinte, die aussieht, als würde sie pulsieren. So als wäre das Blatt lebendig und die Schrift darauf wären Adern. Der Text ist simpel, unmissverständlich und besteht gerade mal aus zwei Sätzen und dennoch jagt er Ray einen eisigen Schauer über den Rücken: Ich habe eure Sekretärin. Wenn ihr sie wiederhaben wollt, dann kommt sie euch holen! Noch während Ray fassungslos die kurze Nachricht betrachtet, kommt Winston die Treppe hinunter. Er wirkt noch etwas müde, doch als er sieht, wie blass und erschrocken Ray an der Eingangstür lehnt, ist er schlagartig hellwach. Eilig läuft er die restlichen Stufen hinunter. „Ray? Was hast du denn?“, fragt er besorgt und legt seinem Kollegen eine Hand auf die Schulter. Mit großen Augen blickt der Jüngere zu ihm auf. „Ließ das…“, bringt er erstickt hervor und reicht ihm den Zettel. „Du meine Güte!“, gibt Winston überrascht von sich. Er würde ja denken, dass es nur ein billiger Scherz ist, doch Ray´s Gesicht zeugt von so viel Entsetzen, dass es einfach ernst gemeint sein muss. „Was ist denn los?“, fragt auf einmal eine Stimme direkt hinter Winston. Sie lässt die beiden Jungs heftig aufschrecken. Doch es ist nur Egon, der die zwei nun noch verwunderter mustert. „Warum seid ihr denn so schreckhaft?“, fragt er unschuldig. Seine Kollegen werfen ihm einen missmutigen Blick zu und dann reicht Winston ihm den Zettel. Ungläubig betrachtet der Blonde den kurzen Text und legt dann die Stirn in Falten. „Wenn das ein Scherz sein soll, finde ich das nicht besonders lustig.“ Streng mustert er die beiden, als wären sie dafür verantwortlich. „Nein, das ist echt!“, wirft Ray aufgebracht ein und erzählt dann, was passiert ist. Mit wachsender Nachdenklichkeit lauscht Egon den Ausführungen seines jungen Kollegen. Winston dagegen wird ganz flau im Magen, will er sich doch nicht vorstellen, wohin Janine gebracht wurde, wenn schon der Zettel auf so groteske Weise hierhergekommen ist. Nach außen hin völlig ruhig, innerlich aber ziemlich in Sorge, schiebt Egon sich die Brille zurecht. „Meine Herren, ich fürchte, diese Nachricht kam aus der Unterwelt. Und wer immer Janine in seiner Gewalt hat, kann ihr Schreckliches antun…“, spricht er es schließlich aus. „Die Unterwelt? Bist du dir da auch sicher?“, fragt Winston nervös. Der hochgewachsene Mann nickt nur. „Das ist ja schrecklich…“ „Mehr als schrecklich sogar. Die Unterwelt ist ein Reich der Toten und Verdammten. Sollte Janine dort etwas zustoßen, ist ihre Seele für immer gefangen und wir können nichts mehr für sie tun…“, kommt es traurig von Ray. Hilflos blickt Winston von ihm zu Egon, doch dieser nickt nur wieder. „Er hat recht. Wir müssen schnell etwas unternehmen, bevor es zu spät ist!“ „Peter! Peter, nun steh endlich auf, wir haben hier ein gewaltiges Problem! Peter, hörst du nicht?“, ruft Winston energisch die Treppe hinauf. Oben im Schlafzimmer dreht sich Venkman verschlafen von einer Seite auf die andere und versucht die Rufe des Schwarzhaarigen vehement zu ignorieren. Er ist schlichtweg noch zu müde für Probleme und für gewaltige erst recht. So legt er sich einfach das Kissen über den Kopf und schläft weiter. Doch so schnell lässt sich Winston nicht unterkriegen, hat er doch inzwischen einige Erfahrungen damit, Peter aus dem Bett zu bekommen. Als keine Reaktion von oben kommt, betätigt er kurzerhand die Einsatzglocke. Das durchdringende Schreien der Sirene jagt durch die ehemalige Feuerwache wie ein Buschbrand. Und das scheint zu helfen. Ein lautes Poltern ist zu hören, das ihm sagt, dass Peter doch endlich aufgestanden ist. Aufgestanden ist definitiv das falsche Wort. Vor lauter Schreckt ist der Brünette regelrecht aus dem Bett gefallen. „Ich komm ja schon!“, ruft er gepeinigt hinunter und rappelt sich dann langsam auf. „Kann man denn hier nie seine Ruhe haben?“, fragt er sich selbst jammernd und schlurft ungelenk die Treppe herunter. Unten angekommen, findet er die anderen drei vor der Tür. Es sieht so aus, als würden sie etwas auf dem Bürgersteig untersuchen. Gähnend geht er zu ihnen. „Was ist denn eigentlich los?“, fragt er mit belegter Stimme. Die drei wenden ihm den Blick zu. Peter ist noch im Schlafanzug. Sein Haar ist zerzaust, als hätte er in eine Steckdose gefasst, obwohl er sonst den ganzen Tag darauf bedacht ist, dass es so perfekt wie möglich sitzt und seine Augen sind erst ein Viertel geöffnet. Achtzig Prozent seines Verstandes schlafen noch, liegen noch in den aufreizenden Armen seines letzten, mitreißenden Traumes. Kindlich reibt er sich mit der geballten Faust die Augen, während sich alles in ihm gegen das Wachsein sträubt. Unter anderen Umständen wäre Venkmans Anblick eine echte Belustigung, doch in diesem Moment ist keinem von ihnen zum Lachen zu mute. Ernst blicken sie ihn an und schildern dann, was vorgefallen ist. Zuerst hält auch Peter das Ganze für einen Scherz, doch dann schlägt die Wirklichkeit auf ihn ein und vertreibt all seine Müdigkeit. „Die Unterwelt? Sag mal, habt ihr sie noch alle?“, fragt er aufgebracht. „Peter, die Sache ist vollkommen ernst.“, mahnt Egon ihn nachdrücklich. Venkman gibt ein gequält, theatralisches Stöhnen von sich und hockt sich dann auf den Bürgersteig, wie ein kleiner Junge, der ausgeschimpft wurde. „Die Unterwelt…“, jammert er. „Das ist doch einfach nicht wahr…“ Finster starrt er den Kreis aus Kreide an, den Ray an die Stelle gemalt hat, von wo das Licht gekommen ist. Hätte er vorher gewusst, was für eine bescheidene Arbeit ihn als Geisterjäger erwartet, hätte er wohl nie diesen Weg gewählt. Doch allein dieser Gedanke ist eine Lüge. Er wünschte nur, dass es einfacher wäre und sie nicht ständig Leib und Leben in Gefahr bringen müssten, um anderen zu helfen. Doch auch das ist irgendwie eine Lüge. Immerhin geht es hier ja nicht um irgend so einen undankbaren Bürger, sondern um Janine, die liebe, gute Janine. Klar streitet er sich ständig mit ihr, was aber nicht heißen soll, dass er sie nicht mag. Im Gegenteil, schon jetzt fängt sie an ihm zu fehlen. Er wirft dem Kreidekreis einen noch finsteren Blick zu und schiebt schmollend die Unterlippe vor. „Und was sollen wir jetzt machen?“, fragt er schließlich bedrückt. „Wir müssen hoffen, dass der Zugang, durch den die Nachricht gekommen ist, noch nicht völlig verschlossen ist und es uns so möglich sein wird, hinunter zu steigen und sie zu suchen.“, kommt es zur Abwechslung mal verständlich von Egon. „Glaubst du, dass unsere Strahler dafür reichen werden?“, fragt Ray. „Wenn wir die Frequenz der Protonenstrahlen mit der Frequenz des Portals überlagern und dabei die dimensionale Schwingung stören, sollte es klappen.“, entgegnet Egon. „Heißt das, wir schießen auf den Bürgersteig und hoffen, dass sich der Durchgang öffnet?“, fragt Winston etwas verwirrt. „So in der Art, ja.“ Plötzlich springt Peter auf, als wäre er von einer Hornisse gestochen worden. In seinem Gesicht spiegelt sich eine seltengesehene Entschlossenheit wieder. „Also gut, Männer! An die Waffen! Wollen wir den Biestern da unten mal ordentlich einheizen!“, verkündet er enthusiastisch. Ray´s Hand legt sich schwer auf seine Schulter. „Äh, Peter. Die Unterwelt besteht zu einem Großteil aus Feuer und Schwefel, so wie die Hölle. Einheizen könnte da also etwas schwierig werden…“ „Na und? Dann werden wir eben ihre hitzigen Gemüter ein bisschen abkühlen! Ist doch völlig egal!“, erwidert Venkman angesäuert und geht hinein, um sich anzuziehen. Wenige Minuten später stehen die vier jungen Männer in voller Montur auf dem Bürgersteig. Irritiert werfen ihnen einige Leute auf der Straße fragende Blicke zu. Andere bringen mehr Abstand zwischen sich und diesen offensichtlich Verrückten. Der Anblick der hochmotivierten Geisterjäger bereitet ihnen nicht gerade Wohlwollen. „Oh Mann, ich kann noch immer nicht glauben, dass wir in die Unterwelt hinabsteigen wollen. Das klingt wie ein verrückter Alptraum. – Hat denn einer von euch eine Ahnung, welche Frequenz nötig ist, damit sich der Durchgang öffnet?“, kommt es nervös von Winston. Nachdenklich blicken sich Ray und Egon an. „Ich denke, drei Megahertz dürften genügen…“, erwidert der Mechaniker. Schnell drehen die Jungs am Regler ihrer Protonenstrahler, um in den richtigen Bereich zu gelangen. Ein hohes Summen jagt durch die Geräte, während die Transformatoren die gewünschte Ladung vorbereiten. „Ok Männer, zielt alle auf die Mitte des Kreises und passt bloß auf, dass sich die Strahlen nicht kreuzen, sonst hat die Straßenreinigung nächsten Dienstag eine Menge Schleim vom Gehweg zu schrubben und der stammt dann ausnahmsweise Mal nicht von einem Geist.“ Peters eigentlich sarkastisch gemeinten Worte, lösen bei Ray und Winston ein sichtliches Unbehagen aus. Ihnen ist zwar klar, dass die Überladung der Strahlen durch das plötzliche Kreuzen, eine heftige Reaktion in Form einer sehr energetischen Explosion hervorruft, die sie dann regelrecht zerfetzen würde, aber der makabre Gedanke, ihre sterblichen Überreste auf dem Bürgersteig vorzufinden, ist doch etwas zu viel für ihre überforderte Fantasie. Unsicher tauschen sie ein paar Blicke aus. Egon hingegen, dem durchaus klar ist, was passiert, wenn sich die Strahlen kreuzen, gibt nur ein verstimmtes Geräusch von sich, das seine Abneigung in Bezug auf Peters blumige Beschreibung deutlich machen soll. „Eins – zwei – drei – und Feuer!“, fordert der Brünette schließlich. Den Bruchteil einer Sekunde später schießen die hochaufgeladenen Protonenstrahlen aus den Kanonen und verwandeln den Betonboden in ein Lichtspektakel. Erschrocken suchen die meisten Fußgänger das Weite und fluchen hörbar über den eindeutigen Wahnsinn der vier Männer. Stein- und Betonbröckchen werden in die Luft gespritzt, wie Wassertropfen und regnen in der Nähe wieder herunter. Staub und Qualm erfüllt die Luft und zerstört somit den perfekt-friedlichen Septembermorgen. Ein paar Augenblicke später stellen die Jungs ihren Beschuss ein und betrachten das hässliche Loch, das sie in den Gehweg gerissen haben. „Sieht nicht so aus, als hätte es geklappt, oder?“, fragt der Schwarzhaarige und betrachtet zweifelt die Zerstörung. „Du hast doch gesagt, drei Megahertz würden reichen.“, wendet sich Peter ärgerlich an Ray. Dieser kratzt sich verlegen am Hinterkopf. „Nun ja, es war zumindest meine Vermutung…“, gesteht er kleinlaut. Neben ihm zieht Egon seinen Taschenrechner aus der Brusttasche seines Overalls und lässt geschwind seine Finger über die Tasten huschen. Nachdenklich schiebt er seine Brille hoch und kommt schließlich zu einem Ergebnis. „Hm, deine Vermutung war durchaus berechtigt, Raymond. Die exakte Frequenz des Portals beträgt meinen Berechnungen nach drei Komma zwei fünf Megahertz.“ Der Mechaniker schenkt ihm ein begeistertes Lächeln. „Na, dann lag ich ja nur ganz knapp daneben!“, flötet er vergnügt. „Wirklich klasse, Ray! Aber kannst du mir mal verraten, wie ich bitte drei Komma zwei irgendwas Megahertz an dem Ding einstellen soll?“, fordert Peter barsch zu wissen. „Ach, das ist nicht schwer, erfordert nur ein bisschen Feingefühl.“, bekommt er prompt die Antwort von Winston, der ihn schief von der Seite anlächelt. Venkman mustert ihn streng. Irgendwie hat er das Gefühl, dass der andere versucht ihn auf den Arm zu nehmen. „Ach ja? Ich bin Mister Feingefühl höchstpersönlich und dennoch krieg ich das nicht hin!“, gibt der Brünette säuerlich zurück. Winston muss sich ein Lachen ernsthaft verkneifen. Peter und feinfühlig? Das möchte er doch gern mal erleben. Auch Ray kann der Aussage seines Kollegen nicht viel abgewinnen. Argwöhnisch hebt er eine Augenbraue. Nur zu gut hat er noch in Erinnerung, wie Peter ihm auf der Ladefläche des Leichenwagens zu nahegekommen ist und das war alles andere als feinfühlig, möchte er mal behaupten. „Nun stell dich doch nicht so an, Peter.“, erwidert Egon schließlich und versucht damit zu verhindern, dass Venkman seinen Frust an Winston auslässt, der es scheinbar gerade lustig findet, den ohnehin schon verstimmten Brünetten auf die Palme zu bringen. Das macht Winston vielleicht nicht einmal absichtlich, sondern als abwehrende Reaktion auf die Tatsache, dass sie in die Unterwelt hinabsteigen werden, dennoch müssen es die zwei ja nicht übertreiben. Immerhin wird jede helfende Hand gebraucht, um Janine heil wiederzubekommen. „Ich stell mich überhaupt nicht an! Das ist einfach alles verdammter Mist und ich will doch nur, dass es vorbei ist und ich in mein Bett zurück kann…“, jammert er. Seine Worte klingen zwar, wie so oft ziemlich egoistisch, doch sein Unterton lässt deutlich erkennen, wie sehr ihn das Ganze mitnimmt und er sich um das Wohlergehen der Rothaarigen sorgt. Das merkt auch Winston und es tut ihm schon fast leid, dass er versucht hat, Peter zu necken. „Schon gut. Warte, ich helfe dir.“, verkündet er schließlich und bringt den Regler an Venkmans Strahler in die richtige Position. Schmollend betrachtet der Anführer der Ghostbusters die Leichtigkeit, mit der die Finger des ehemaligen Bauarbeiters ihrer Arbeit nachgehen. Doch unter all dem Ärger und der Eifersucht in seinem Blick, liegt auch ein Funken Dankbarkeit. Er senkt den Kopf und schielt dann zu Winston nach oben. „Danke…“, nuschelt er halblaut und schämt sich innerlich ein bisschen dafür, dass er so ein Theater anzuzetteln versucht hat. Verständnisvoll lächelt ihm Winston entgegen und stellt dann an seinem eigenen Strahler die richtige Frequenz ein. „Da das ja jetzt geklärt sein dürfte, möchte ich die Herren daran erinnern, dass wir nicht viel Zeit haben. Wenn ich also bitten darf?“, mahnt Egon und zielt auf das Loch im Bürgersteig. Die drei anderen folgen seinem Beispiel und erneut taucht sich der Boden vor ihren Füßen ins helle Licht der Protonenstrahlen. Der geringe Unterschied in der Frequenz scheint eine positive Wirkung zu haben. Zuerst spritzt wieder Beton und Staub auf und nimmt den Jungs für einen Augenblick die Sicht. Doch dann bildet sich um den Punkt, an dem die Strahlen auftreffen ein heller Fleck, der stetig größer wird. „Es klappt!“, freut sich Ray. Leicht beginnt der Boden unter ihren Füßen zu vibrieren. Dann werden die Geisterjäger von einem Lichtkegel umschlossen. Es fühlt sich merkwürdig an, irgendwie heiß und kalt zugleich. Einem Reflex nahe, beenden sie den Beschuss, doch der Durchgang ist offen. Plötzlich verlieren sie den Boden unter den Füßen, scheinen einen Augenblick in der Luft zu schweben und dann ist es, als würden sie durch einen schmalen Tunnel gesaugt. Auf der Straße ist von ihnen nichts mehr übrig, außer dem Loch auf dem Gehweg und den verstörten Gesichtern der Passanten… Stattdessen werden die jungen Männer durch eine Art Trichter in die Unterwelt befördert. Mit einem haltlosen Platschen landen sie irgendwo in einem Fluss. Panik droht Ray zu ergreifen. Er kann nicht schwimmen und die Tatsache in einem fremden Gewässer gelandet zu sein, schnürt ihm fast die Kehle zu. Hilflos versucht er irgendwo Halt zu finden, während die Panik immer weiter ihre gierigen Hände nach ihm ausstreckt. Ehe sie ihn aber völlig überwältigen kann, stellt er fest, dass das Wasser ihm nur bis zum Bauch reicht und dass er stehen kann. Erleichtert atmet er durch und blickt sich nach den anderen um. Den dreien ist ebenfalls aufgefallen, dass der Fluss gar nicht so tief ist und so blicken sie sich um. Das Wasser ist sehr warm, als würde man sich in einer heißen Quelle befinden. Auf der Oberfläche treiben dicke Dunstwolken. Der Himmel, wenn man das so bezeichnen kann, ist düster und ebenfalls mit schweren Wolken beladen, in deren Innerem stürmisch Blitze zucken. Die Luft fühlt sich an, als könnte man sie schneiden und sie riecht streng nach Schwefel, der scheinbar vom Grund des Gewässers aufsteigt. Aus dem Wasser wachsen groteske, verkrüppelte Bäume heraus. Die blattlosen, fingergleichen Äste ragen knorrig in den dunkeln Himmel empor, als wären sie die Hände von Verdammten, die um Hilfe flehen. Suchend blicken sich die Geisterjäger um, doch bei der vorherrschenden Dunkelheit und all dem Nebel können sie kein Ufer ausmachen. „Man, hier sollten wir das nächste Mal Urlaub machen. Richtig einladend und gemütlich, geradezu überschwemmt mit abwechslungsreichen Freizeitattraktionen…“, kommt es sarkastisch von Venkman, während er sich weiterhin umsieht. „Sehen wir es doch mal positiv. Immerhin müssen wir nicht frieren, obwohl es für meinen Geschmack doch schon etwas zu heiß ist…“, wirft Winston ein. Die bedrückende Umgebung veranlasst die Jungs nur zu einem gezwungenen, kraftlosen Lächeln. „Ich dachte immer, hier unten wäre etwas mehr los…“, wirft Ray zweifelnd ein. „Diese Annahme ist durchaus berechtigt. Nur scheint es, sind wir an einem etwas abseitigen Ort gelandet.“, erwidert Egon. „Und wie sollen wir dann Janine finden?“, fragt der Schwarzhaarige. „Erst mal sollten wir etwas Land finden, bevor uns noch Irgendwas findet…“, schlägt Peter vor, während sich sein Gesicht angewidert verzieht, da er sich nicht vorstellen will, was hier für Kreaturen auf sie lauern könnten. Suchend gehen sie ein paar Schritte in verschieden Richtungen und sehen sich nach Irgendetwas in dieser tristen Einöde um. Plötzlich durchschneidet Ray´s aufgeregte Stimme die erdrückende Stille. „Seht mal, da hinten ist ein Licht!“, ruft er den anderen ungehalten zu. Hoffungsvoll wenden sie alle den Blick in die Richtung. In der Ferne ist tatsächlich ein Licht zu sehen. Es flackert leicht, wie ein Kerze im Wind und es ist unmöglich zu sagen, wie weit es entfernt ist. Leicht unsicher tauschen sie ein paar Blicke aus. Was für eine andere Wahl haben sie schon? „Dann mal auf zur fröhlichen Wanderschaft…“, scherzt Peter ernsthaft und beginnt sich voran zu kämpfen. Die engstehenden Baumleichen, das bauchhohe Wasser, die übelriechende Luft, der Dunst und die dreißig Kilo schweren Protonenpacks, ganz zu schweigen von ihren mit Wasser vollgesogenen Sachen, machen das Vorwärtskommen alles andere als einfach. Nicht selten bleiben sie zwischen den Bäumen stecken oder verheddern sich in einem der förmlich nach ihnen greifenden Äste. ‚So ähnlich müssen sich wohl Superstars fühlen, die sich durch eine Menge aufdringlicher Fans schieben…‘, geht es dem Brünetten abwesend durch den Kopf. Unter anderen Umständen wäre dies ein toller Gedanke. So umringt von bildschönen Frauen, die alle nur Augen für ihn haben und nichts lieber wollen, als die Nacht mit ihm zu verbringen. Einfach herrlich! Doch die Realität sieht leider anders aus. Die harten, trockenen Äste der Bäume sind alles andere, als die zärtlichen Finger anmutiger, jungen Mädchen. Es ist vielmehr ein Gefühl, als würde man von unzähligen wütenden Katzen gekratzt werden. Da können sie von Glück sagen, dass die ihre Overalls tragen, die die meisten Kratzer abfangen. An einigen Stellen sind die Äste jedoch so spitz ausgelaufen, dass sie deren strapazierfähigen Stoff mit einem widerlichen Laut zerreißen, als wäre er nur ein dünnes Taschentuch. Die darunterliegende Haut ist dem schutzlos ausgeliefert, von ihren Gesichtern ganz zu schweigen, wie Peter jetzt feststellen muss. Als er versucht seinen Protonenstrahler aus den Fängen eines weitverzweigten Baumes zu befreien, kommt er dabei einem anderen Baum zu nahe. Der Strahler löst sich plötzlich aus der Umklammerung und Venkmans Wange macht Bekanntschaft mit einem ziemlich fiesen Ast. Augenblicklich zieht sich ein stechender Schmerz von dem Schnitt durch sein Gesicht und warmes, klebriges Blut rinnt an seinem Kinn hinab. „Das ist doch alles nicht fair…“, jammert er und versucht dabei das brennende Ziehen in der Wunde zu ignorieren. Das geht noch halbwegs. Es ist viel schlimmer, sich nicht mit dem Ärmel das Blut wegwischen zu können, da dieser durchnässt von dem widerlichen Wasser ist. Und wer weiß, was mit ihm passiert, wenn sich diese Brühe in seinem Körper ausbreiten sollte. Nicht lange später wird das Wasser flacher und die Bäume lichten sich zum Glück. Mit einer gewissen Genugtuung stellt Peter fest, dass er nicht der Einzige ist, der jetzt aussieht, als hätte er die Nacht in einem Raubkatzenkäfig verbracht. Den anderen geht es nicht viel besser. Ein großer Kratzer zieht sich sogar über Egons linkes Brillenglas. Das Gestell hängt ihm nach dieser Wanderung nur noch völlig schief auf der Nase und er kann wahrscheinlich froh sein, es nicht verloren zu haben. Eine Weile später reicht ihnen das Wasser nur noch bis über die Schuhe und von den Bäumen ist rein gar nichts mehr zu sehen. Dafür hat die Temperatur der Luft merklich zugenommen. Es ist wie in einer Sauna und das Atmen fällt ihnen in der schwefelbelasteten Umgebung immer schwerer. Sie können nur hoffen, dass sie den richtigen Weg eingeschlagen haben, denn lange werden sie das auf keinen Fall mehr aushalten. Während ihrer aufreibenden Wanderung ist das Licht immer nähergekommen und jetzt, wo sie endlich festen Boden unter den Füßen haben, sehen sie auch, zu was es gehört. Vor ihnen ragt ein riesiges Gebilde auf, dass einer alten Burg nicht unähnlich ist. Hohe Türme und Giebel ragen an allen Seiten auf. Eine Zugbrücke verbindet das Bauwerk mit dem Stück Land, das die Jungs erreicht haben und darunter fließt ein Graben aus flüssiger Lava dahin. Die Burg thront auf einem Felsen mitten in diesem glühend heißen See. Flammen schlagen an den dunklen Backsteinen der Festung empor, als würde jemand Festtagsraketen in den Himmel jagen. Schon von ihrem Standpunkt aus, ist die Hitze kaum zu ertragen, wie mag es dann erst auf der anderen Seite der Zugbrücke sein? „Ok Jungs, ich hoffe ihr ward immer brave, kleine Pfadfinder, denn ich fürchte, wir werden gleich dem Teufel persönlich aufs Dach steigen…“, die Ernsthaftigkeit in Peters Stimme wird nur noch von der Tatsache übertroffen, dass dem wirklich so sein könnte. Ray weiß, dass das mit den Pfadfindern eigentlich als Witz gemeint war, doch er klammert sich ganz fest daran. Als kleiner Junge war er begeistertes Mitglied so einer Jungendorganisation und hofft jetzt inständig, dass das auch reicht, um hier heil wieder rauszukommen. Winston ist zwar keineswegs so gottesfürchtig wie Ray´s Mutter, dennoch hat er die Bibel des Öfteren gelesen und murmelt nun ganz leise einen Vers daraus vor sich hin, der ihnen helfen soll, das Ganze heil zu überstehen. Egon hingegen hat weder eine Verbindung zu Gott, noch war er jemals bei den Pfadfindern, doch auch ihm steht die Sorge deutlich ins Gesicht geschrieben. Der Kratzer, der quer über sein Brillenglas verläuft, unterstreicht diesen Ausdruck nur noch. Mit einer nicht ganz ruhigen Hand schiebt er die Brille wieder auf ihren angestammten Platz und atmet so tief durch, wie es diese furchtbare Luft zulässt. Nach einem kurzen Moment des Sammelns, nähern sie sich der Stelle, an der die Zugbrücke auf das Festland treffen müsste. Kaum das sie ein paar Schritte gemacht haben, senkt sich die Brücke auch schon herab, als hätte der Bewohner dieses schrecklichen Burg sie die ganze Zeit über beobachtet und nur darauf gewartet, dass sie sich in ihr Verderben begeben. Die Flammen, die zwischenzeitlich aus der flüssigen Lava emporschießen, passieren den Rand der Brücke so dicht, dass sie einen fast verbrennen. Und selbst wenn einen diese Feuersäulen nicht treffen, ist die Luft auf der Zugbrücke so aufgeheizt, dass sich jedes Luftholen anfühlt, als würde man heiße Glasscherben einatmen. Ihre Overalls scheinen unter der Hitze regelrecht zu schwelen, ihre Haarspitzen kräuseln sich, ihre Haut glüht wie bei einem Sonnenbrand und die Sohlen ihrer Stiefel fühlen sich an, als würden sie langsam schmelzen. So und nicht anders fühlt sich mit Sicherheit ein Truthahn im Backofen. Als sie das Ende der Brücke erreichen, können sie sich kaum noch auf den Beinen halten. Vor ihnen öffnet sich ein schmiedeeisernes Gitter. Mit einem letzten Stoßgebet betreten sie diesen Höllenschlot, während sich das Gitter hinter ihnen wieder schließt. In der Festung ist es bedeutend kühler, vergleichbar mit dem Fluss, an dem sie angekommen sind. Eine wahre Wohltat nach dieser Tortur. Das Atmen fällt ihnen bedeutend leichter und stellt somit ihren schwächelnden Ehrgeiz wieder her. Vor ihnen erstreckt sich ein langer, dunkler Gang, der nur etwas von ein paar Fackeln links und rechts des Weges erleuchtet wird. Aus einem Quergang weiter hinten kommen zwei Gestalten auf sie zu. Sie wirken wie Zombies aus einem billigen Film, schleifen ihre Füße träge über den Boden und blicken sich mit leeren Augen um. Sie tragen lange Speere und erinnern ein bisschen an Wachen aus einem Märchenschloss, nur das dies hier eher ein Alptraum ist. Unschlüssig verweilen die vier jungen Männer auf ihrer Position und betrachten das Näherkommen der beiden Gestalten. Ihre Strahler haben sie jedoch am Anschlag, auch wenn ungewiss ist, ob sie in dieser fremden Welt überhaupt funktionieren. Schließlich bleiben die beiden Wachen vor ihnen stehen. „Folgt uns.“, gibt der eine mit nasaler Stimme von sich, als würde er durch ein langes Rohr zu ihnen sprechen. „Der Meister erwartet euch.“, fügt der andere nicht weniger dumpf hinzu. Dann drehen sie sich einfach wieder um und gehen davon, ohne darauf zu achten, ob die vier ihnen überhaupt folgen. Unschlüssig tauschen die Jungs Blicke aus. Dann setzen auch sie sich in Bewegung und sammeln auf den Weg allen Mut, den sie finden können. Der Gang, durch den sie von den beiden Gestalten geführt werden, scheint kein Ende nehmen zu wollen. Das Unbehagen der Jungs wächst aber mit jedem Schritt ein Stück weiter an. Schließlich erreichen sie eine riesige Doppeltür, in deren Holz verschnörkelte Flammenmuster und Totenschädel gedrechselt sind. Mit einem bedrohlich anmutenden Knarzen öffnen die beiden Wachen die gewaltigen Türen, als wären sie aus leichtem Pappmaché. Sie bedeuten ihnen einzutreten. Leicht zögernd kommen die Geisterjäger dieser Aufforderung nach. Kaum, dass sie den dahinterliegenden Saal betreten haben, schließen sich die großen Türen mit einer Endgültigkeit, die die vier jungen Männer zusammenzucken lässt. „Willkommen im Schloss des ewigen Verderbens. Genießen sie ihren Aufenthalt, er ist für die Ewigkeit…“, scherzt Peter nervös und erntet dafür auch gleich mal einen Rippenstoß von Winston. „Lass das endlich, das ist nicht mehr komisch!“, zischt er den Brünetten an. Venkman funkelt ihn finster an. Die altbekannte Eifersucht steigt wieder in ihm auf. Dabei wollte Peter die anderen doch nur ein bisschen aufheitern, bevor sie zu ihrem letzten Gang antreten… Vor ihnen erstreckt sich ein gewaltiger Saal, der fast vollständig in Dunkelheit gehüllt ist. Er scheint keine Fenster zu haben, oder aber sie sind zugehängt. An mehreren Stellen hängen Fackeln an den Wänden und große Kerzenhalter spenden etwas Licht, doch bei weitem nicht genug, um diesem Ort seinen schaurigen Beigeschmack zu nehmen. Unter ihren Füßen liegt ein dicker, roter Teppich mit Goldrand, der einmal durch den ganzen Saal zu führen scheint und schließlich an einer Art Thron endet. Dieses Möbelstück ist ebenfalls sehr groß, allein die Rückenlehne muss drei Meter hoch sein. Vier Stufen führen ein Podest hinauf, auf dem der Thron steht. Links und rechts wird er flankiert von zwei grimmig dreinblickenden Terrorhunden, die die vier Jungs mit glühendroten Augen und dumpfen Knurren streng mustern. Sie sind noch um einiges größer, als der Köter, den sie vor einer Weile in der Fleischerei bekämpft haben. Auf dem Thron selbst sitzt, auf einem dicken Kissen eine Gestalt. In die seidenen Gewänder eines Königs gehüllt, betrachtet sie die Jungs durch pupillenlose, giftgrüne Augen. Die Haut dieses merkwürdigen Herrschers ist himmelblau, sein Kopf völlig kahl, seine Ohren lang und elfenhaft, die spitzen Zähne zu einem grotesken Grinsen entblößt. Unter den gegebenen Umständen müsste seine Erscheinung eigentlich abschreckend und furchterregend wirken, wäre da nicht die Tatsache, dass dieser König die Größe eines Fünfjährigen hat. Auf dem gewaltigen Thron und dem großen Kissen, wirkt er vollkommen verloren und fehl am Platz, wie ein kleines Kind, das bei einem Theaterstück einen bösartigen Herrscher spielen soll und dabei eigentlich nur unschuldig aussieht. Doch seine geringe Größe ist nicht das Einzige, was einen an seiner Macht zweifeln lässt, wie die Jungs nun feststellen. „Ihr seid also diese bösen, bösen Geisterjäger, die es gewagt haben, meinem kleinen Liebling wehzutun?! Ich bin Lagren*, Herrscher über diesen Teil der Unterwelt. Schämt ihr euch denn gar nicht?“, wirft er ihnen entgegen. Mit einem Ausdruck zwischen unterdrücktem Lachen und Verwunderung, blicken sich die vier an. Als wenn die geringe Größe dieses Möchtegerns nicht schon lustig genug wäre, so hört er sich auch noch an, als sei er einer ganz miserablen Travestie-Show entsprungen, was noch zusätzlich von seinen übertrieben, pikierten Gesten und seiner aufgesetzten Sprechweise unterstrichen wird. Mit einem gehässigen Grinsen im Gesicht tritt Peter vor. „Ja, wir sind die Geisterjäger und wir haben keine Ahnung, was für einen Mist du da zusammenlaberst, aber wir wollen unsere Sekretärin zurück! Andernfalls werden wir dir gehörig den Marsch blasen, du hässliche, kleine Kröte!“ Der kleine König zuckt erschrocken unter den harten Worten des Brünetten zusammen und gibt einen überraschten Laut von sich. „Pfui! Na du bist mir ja ein freches Bürschchen. – Vielleicht sollte ich euch das vorlaute Weibsbild tatsächlich zurückgeben und stattdessen dich zu meiner Belustigung behalten. Ich bin sicher, wir würden eine Menge Spaß zusammen haben!“, entgegnet er Peter und zwinkert ihm keck zu. Venkman entgleiten alle Gesichtszüge. Er war schon mit genügend Jungs zusammen und manch einer davon war so stockschwul, dass es kaum zum Aushalten war, dass er die allzu offensichtliche Einladung dieses Zwergs nur zu gut versteht. Angewidert verzieht er das Gesicht und würde am liebsten auf den Kerl losstürmen und ihm mal zurechtstutzen, wenn seine drei Kollegen ihn nicht energisch zurückhalten würden. „Nehmt die Hände weg, ich werde ihm jetzt eins aufs Maul geben!“, gebärt sich der Brünette aufgebracht und versucht sich zu befreien. „Nun sei doch vernünftig, Peter. So bekommen wir Janine ganz sicher nicht zurück!“, mahnt ihn Egon streng. Nur mit aller Mühe gelingt es ihnen, Venkman wieder auf den Teppich zurückzuholen. Hinter vorgehaltener Hand beginnt Lagren wie ein Mädchen zu kichern. „Du bist wirklich ein richtig feiner Schlingel, herzallerliebst!“, verkündet er amüsiert. Dem Brünetten wurden ja schon allerhand komische Sprüche und Andeutungen von Männern hinterhergeworfen, aber das geht nun wirklich mehr als zu weit. Erneut ballt Peter die Fäuste, doch wieder halten ihn seine Kollegen zurück. „Lasst mich ihn fertigmachen!“, knurrt er. „Jetzt reiß dich endlich mal zusammen, Peter! Das bringt überhaupt nichts und er wird dich nur weiterhin blöd anmachen.“, versucht Ray ihm klarzumachen. „Ja, ja, ist ja gut. Aber er kann was erleben, wenn er Janine auch nur ein Haar gekrümmt hat!“, schmollt Peter. Entschlossen tritt Egon nun näher an den Thron heran und räuspert sich, unter den wachsamen Augen der beiden Terrorhunde. „Ich bin sicher, dass wir auch etwas zivilisierter miteinander reden können, Lagren. Daher würden wir es sehr begrüßen, wenn du uns zeigen könntest, wie es Janine geht.“ Aufgeregt rutscht der kleine König auf seinem Thron hin und her und gibt wieder sein helles Kichern von sich. „Na du bist mir ja ein ganz schlauer, was? Und sieh sich einer erst deine tollen Haare an! Die sind bestimmt unglaublich weich, sodass man dich am liebsten den ganzen Tag streicheln möchte…“, verträumt blickt er den Blonden an. Für einen kurzen Augenblick huscht ein roter Schimmer über Egons Wangen und sein entschlossener Gesichtsausdruck verliert an Kraft. Er schließt für einen Moment die Augen, räuspert sich erneut und schiebt sich die Brille zurecht. „Ich würde dich bitten, diese unangebrachten Äußerungen zu unterlassen. Ich kann so etwas leider nichts abgewinnen und würde daher sicher nicht zu deiner Erheiterung beitragen können…“, erwidert der Tüftler möglichst ruhig und versucht dabei sein Unwohlsein zu verbergen. Es ist zwar bei weitem nicht das erste Mal, dass er ungewollt von einem Mann angemacht wird und seien es nur Peters Neckereien von der Uni, aber selten hat er sich dabei so auf dem Präsentierteller gefühlt wie jetzt. Allein schon durch Venkman hat er aber begriffen, dass es verschiedene Wege gibt, die man im Leben einschlagen kann und dass es daran nichts auszusetzen gibt, solange man damit nur glücklich ist. Doch Egon hat für sich selbst entschieden, diese Richtung nicht unbedingt einschlagen zu müssen. Zumindest nicht in absehbarer Zeit und Lagren bestätigt seine Entscheidung durch sein unschönes Verhalten nur noch. „Oh, wie schade. Aber ich bewundere deine Ehrlichkeit und Ruhe. Etwas, das der hübsche Junge dahinter wohl noch lernen muss.“ Er wirft Peter einen schiefen Blick zu und lächelt koket, was den Brünetten wieder dazu bringt, an seine angekratzte Beherrschung zu appellieren. „Doch ihr braucht euch keine Sorgen zu machen, eurer kleinen Freundin geht es sehr gut.“, verkündet Lagren und schnippt mit den Fingern. Sekunden später gleitet ein Stahlkäfig an einer dicken Kette von der Decke herab. In ihm hockt Janine. Als sie die vier Jungs erblickt, springt sie auf und umklammert hilflos die Gitter. Es sieht wirklich nicht aus, als würde ihr etwas fehlen, was eine tiefe Erleichterung in den Geisterjägern auslöst. „Jungs, da seid ihr ja endlich!“, kommt es aufgeregt von der Rothaarigen. „Seht ihr? Es geht ihr gut, was man von meinem kleinen Liebling nicht behaupten kann.“, unterbricht der Herrscher die Wiedersehensfreude. „Was meinst du denn mit deinem Liebling und was haben wir ihm getan?“, fragt Raymond nun. Lagren stößt einen kurzen Pfeifton aus und aus einer dunklen Ecke des Saales kommt ein weiterer Terrorhund angeschlichen. Er geht gebückt, wirkt verstört und ist um einiges kleiner, als die beiden, die den Thron flankieren. „Das ist mein kleiner Liebling. Vor einer Weile hat sich der kleine Schlingel in eure Welt verirrt und herzlos wie ihr seid, habt ihr ihn mit diesen schrecklichen Waffen angegriffen, dass er immer noch ganz verstört ist!“, erklärt er aufgebracht. Der Hund ist inzwischen bis an den Thron herangekommen und sitzt nun gebückt davor und lässt sich von seinem Herrn tröstend den Kopf tätscheln. „Ich könnte ja behaupten, dass uns das Ganze leidtut, aber der Hund ist da nicht ganz unschuldig dran. Immerhin hat er den Menschen dort, wo er aufgetaucht ist, Angst gemacht und hat alles weggefressen, was ihm vor die Schnauze kam. Wir haben lediglich unsere Arbeit gemacht und ihn vertrieben.“, mischt sich nun Winston ein. Inzwischen scheint Lagren aber so verstimmt zu sein, dass ihm scheinbar nichts mehr einfällt, womit er Ray oder Winston ebenfalls beschämen kann. „Das mag ja alles so sein, aber hättet ihr nicht etwas liebevoller mit ihm umgehen können? Er ist doch noch so klein…“, kommt es traurig von dem Burgherrn. „Wie hätten wir denn bitte liebevoll zu ihm sein können, wenn er versucht hat, uns zu fressen?“, wirft Peter ärgerlich ein. Schmollend wie ein kleines Kind blickt der Blauhäutige sie an. „Ihr seid wirklich gemein und ich mag euch nicht mehr! Also verschwindet wieder!“, kommt es trotzig von ihm. „Das werden wir nur zu gern tun, aber nicht ohne Janine!“ „Ihr bekommt sie aber nicht, weil ihr ganz gemeine Kerle seid, basta!“ Frech streckt er den Jungs die Zunge heraus und verschränkt die Arme vor der Brust. „Wenn das so ist, ist Peter wohl leider gezwungen etwas Überzeugungsarbeit zu leisten…“, kommt es herausfordernd von dem Mechaniker. „Was soll das heißen?“, fordert Lagren zu wissen. Ein durchtriebenes Grinsen schleicht sich auf Venkmans Gesicht. Oh, wie sehr er darauf gewartet hat! „Das heißt, rück sie raus, oder friss Protonenstrahlen, der mieses Wiesel!“, brüllt er ihm entgegen und richtet seinen Strahler auf ihn. An der Spitze der Kanone sammeln sich wild zuckend die hochgeladenen Energien. Erschrocken reißt Lagren die leeren Augen auf, doch es ist zu spät. Ein glühender Strahl schießt aus der Waffe hervor. Erst im letzten Moment ändert Peter die Richtung, sodass die Protonen nur knapp vor dem kleineren Terrorhund in den Teppich jagen. Hilflos jault die Kreatur auf und ergreift die Flucht, während ein schwelendes Loch im Teppich zurückbleibt. Eine gewisse Erleichterung geht durch die Jungs. Nach alldem, was sie hier schon durchgemacht haben, war sich keiner von ihnen sicher, ob die Strahler in dieser fremden Wirklichkeit überhaupt funktionieren oder ob sie Schaden nach ihrer Landung in dem Schwefelwasser davongetragen haben. Dass sie jetzt funktionieren, liegt vielleicht auch nur daran, weil sie noch auf die richtige Frequenz eingestellt sind. Herausfordernd grinst Peter zu dem verängstigten König hinüber. „Der nächste Schuss trifft dein widerliches Mundwerk, Freundchen. Also lass sie lieber gehen!“, droht er und korrigiert die Zielposition seiner Waffe. „Was bist du nur für ein gemeiner und respektloser Wurm? Ich weiß gar nicht, wie ich dich überhaupt ansprechend finden konnte…“, schmollt Lagren. „Weiß nicht. Die meisten Leute halten mich für äußerst charmant und liebenswürdig!“, erwidert Peter sarkastisch, mit dem Finger über dem Auslöser. „Ist ja gut, ist ja gut. – Ihr habt gewonnen. Ich gebe euch das Mädel zurück, nur verschont mich mit diesem Grobian!“ „Einverstanden.“, beschwichtigend legt Winston die Hand auf Peters Schulter. Er spürt einen gewissen Widerstand in dem anderen Mann. Doch dann lässt Venkman den Strahler mit einem leisen, aber verächtlichen Knurren sinken. „Hinfort mit euch und wagt es nie wieder mir unter die Augen zu treten!“, verkündet Lagren aufgebracht und schlägt die Handflächen gegeneinander. Ein gleißendes Licht hüllt die Jungs ein und nimmt ihnen die Sicht. Als es nachlässt, befinden sie sich wieder auf dem Bürgersteig vor ihrer Feuerwache. Das Loch im Boden ist verschwunden und keinen Meter von ihnen entfernt steht Janine. Noch etwas neben sich, realisieren die fünf, dass sie wieder zu Hause sind. „Janine!“, entkommt es den vieren freudig. Die junge Frau blickt sie mit großen Augen an. Dann fällt sie ihnen in die Arme und drückt sie an sich. „Oh Jungs, ich danke euch!“, lächelt sie aufgelöst und drückt jedem von ihnen zum Dank einen Kuss auf die Wange. Kapitel 8: Right feelings? -------------------------- Zwei Monate später… Ob man es glaubt oder nicht, aber die Ghostbusters gibt es inzwischen seit über einem Jahr! Dieses denkwürdige Ereignis war natürlich der Grund für eine ausgelassene Party im Hauptquartier. Allerdings enthielt sich die Öffentlichkeit diesem Spektakel beizuwohnen, weshalb Janine allein mit ihren vier Jungs gefeiert hat. Irgendwie hatte das zwar etwas Trauriges, doch obwohl ihr Ansehen in den letzten Monaten um einiges gestiegen ist und die Leute sich nicht mehr so scheuen, ihnen Arbeit anzubieten, wollen sie sich dennoch nur so viel mit ihnen abgeben, wie es zwingend erforderlich ist. Zu viel Merkwürdigkeit liegt in ihren Augen noch über der Tätigkeit, der die jungen Männer nachgehen. Allerdings hat das der Stimmung der fünf keinen Abbruch getan und so feierten sie ausgelassen, redeten viel und hatten alle ihren Spaß. Die Nachbarn waren davon zwar nicht so begeistert und haben sogar die Polizei angerufen, da sie sich wie so oft in ihrer Ruhe gestört fühlten, aber auch das minderte die Freude nicht. Jetzt, gut einen Monat später, liegen die Ereignisse nur noch in der Erinnerung aller. Was aber nicht bedeutet, dass nichts passiert ist. Schon während der Party war Janine stets bemüht, Egon aus seinem gefühlsneutralen Kokon zu bekommen. An diesem Abend schien ihre Mühe jedoch nicht wirklich Früchte zu tragen. Das trübte ihre Stimmung zwar ein wenig, dennoch hat sie nicht aufgegeben, es zu versuchen. Und so ist es ihr letztendlich gelungen, nach langem Hin und Her den Blonden zu einem Date zu überreden. So werden sie heute Abend alle Geister, Geister sein lassen und in einem hübschen Restaurant nett Essen gehen und anschließend in ein Konzert. Die Freude über diese Tatsache steht der Rothaarigen förmlich ins Gesicht geschrieben. Den ganzen Tag schon verbreitet sie eine begeisterte Stimmung, die jeden in ihrer Nähe anzustecken scheint. Selbst der sonst so gedankenversunkene Tüftler wirkt heute aufgeschlossener und leicht nervös. Peter hat sich von den Taten der beiden ein wenig anstecken lassen und es doch tatsächlich seit Ewigkeiten mal wieder geschafft, eine Frau kennenzulernen. Wie immer bei so einem Treffen, malt er sich vieles aus und erhofft sich jede Menge Chancen. Für diesen Moment hat er alles andere vergessen. Die Eifersucht, die er wegen Winston empfindet, steht im dunklen Hintergrund seiner Gedanken und auch Ray ist erst mal ausgeblendet. Sollte es mit Susann nicht klappen, kann er sich immer noch Gedanken machen, wie er vielleicht einen Keil zwischen die beiden Männer treiben und sich selbst so den Weg für etwas Spaß ebnen kann. Doch fürs Erste hat er nur Augen für die junge Dame, die ihm heute Gesellschaft leisten wird. Und was wäre zum Austesten besser geeignet, als ein Besuch im Kino? Dort ist es dunkel und wenn sie sich wegen irgendetwas erschreckt oder weinen muss, ist er schon zur Stelle, um sie gebührend zu trösten und so ihr Vertrauen zu gewinnen. So werden Winston und Ray den Abend über allein in der Feuerwache verbringen. Gemeinsam geplant haben sie allerdings nichts. Der Mechaniker hat einiges zu tun und macht sich daher nicht wirklich Gedanken darüber, dass er mit dem Mann allein ist, in den er so sehr verliebt ist. Beim letzten Einsatz vor zwei Tagen hat Ecto einiges abbekommen. Die Ölpumpe wurde stark beschädigt und ist nicht mehr zu retten. Nach langem Suchen hat Raymond aber das richtige Ersatzteil gefunden, um den Wagen wieder zu Laufen zu bringen. Winston hingegen hat eigentlich nichts vor, außer seinem Kollegen bei der Reparatur etwas zur Hand zu gehen. Alles andere wäre im Moment vielleicht auch etwas zu viel für ihn. Seid sich die beiden jungen Männern damals kennengelernt haben, wird der Schwarzhaarige das Gefühl nicht los, dass der andere etwas für ihn empfindet, dass weit über Freundschaft hinausgeht. Nicht selten hat er all die Ereignisse Revue passieren lassen, die zwischen ihnen gewesen sind. Zum Beispiel wie Ray versucht hat, ihn im Kampf gegen den Terrorhund zu küssen. Damals hat er das gar nicht wirklich wahrgenommen. Erst Tage später fiel ihm wieder ein, dass dort etwas komisch war. Dennoch wollte er Raymond nicht darauf ansprechen und hat es für sich selbst eher als eine Art Einbildung abgeschrieben. Doch im Laufe der Zeit verstärkten sich seine Vermutungen mehr und mehr. Eine zufällige Berührung, ein verstohlener Seitenblick, ein liebevolles Lächeln oder die Tatsache, dass er nicht selten errötet, wenn Winston ihn aus seinen Gedanken reißt. Das Ganze ist mittlerweile sehr offensichtlich für den Älteren geworden und das macht ihn nachdenklich. Der Rothaarige ist wirklich ein netter Kerl und Winston mag ihn sehr. Allerdings hat er sich nie darüber Gedanken gemacht, wie sehr vielleicht. Inzwischen fällt es ihm ziemlich schwer, die Tatsache unter den Tisch zu kehren, dass Ray in ihn verliebt sein könnte. Wenn dem aber wirklich so ist, warum sagt er es ihm dann nicht einfach? Der Schwarzhaarige kann sich zwar vorstellen, dass es nicht gerade leicht ist, einem anderen Mann zu sagen, dass man ihn liebt, ohne zu wissen ob der andere überhaupt etwas für dasselbe Geschlecht übrighat, aber es ist doch irgendwie hirnrissig es nicht zu tun, aber zu versuchen ihn zu küssen. Vielleicht hat er Stanz aber auch verschreckt, als er ihn in der Lagerhalle so barsch zur Seite gestoßen hat? Das hatte zwar ganz und gar nichts mit seinem Annäherungsversuch gemein, aber wohlmöglich hat Ray es als Ablehnung empfunden. Der Gedanke tut schon irgendwie weh, schließlich wollte er seine Gefühle ja nicht verletzen. Der ehemalige Bauarbeiter hat lange über all das nachgedacht und mit jedem neuen Versuch sich über das alles klarzuwerden, hat er mehr und mehr gemerkt, dass er selbst Gefühle für ihn hat. Zuerst hat er es schlichtweg für Mitleid gehalten, hat er doch nie etwas an anderen Jungs gefunden. Nur weil dem so ist, muss es aber noch lange nicht heißen, dass er generell nicht auf sie steht. So was merkt man schließlich immer erst, wenn der oder die Richtige vor einem steht und damit die eigene Welt völlig auf den Kopf stellt. Also warum nicht? Ray ist schon irgendwie ein süßes Kerlchen und er versteht sich auch sehr gut mit ihm. Sie teilen viele Interessen und verbringen ständig Zeit miteinander. Die Party hat Winston einmal mehr gezeigt, dass die Gefühle des Rothaarigen immer noch für ihn da sind. Zwischen ihnen ist zwar nichts Nennenswertes passiert, doch der Ältere hatte den ganzen Abend den Eindruck, von einer warmen Aura der Zuneigung umhüllt zu sein, wenn er sich in seiner Nähe aufgehalten hat und seitdem scheint ihn diese Aura auch nicht mehr loslassen zu wollen. Mittlerweile würde er sogar so weit gehen zu sagen, dass er für den Kleineren ebenfalls etwas empfindet. Ein komischer Gedanke so eine Art Liebe für einen anderen Mann zu spüren, doch irgendwie hat es etwas Beruhigendes. Frauen sind oft schwierig und unergründlich. Mit einem Mann an seiner Seite wäre es sicher einfacher. Zumindest stellt es sich Winston einfacher vor, wenn er mal von seinen bisherigen Erfahrungen mit Frauen ausgeht, die durchaus sehr wankelmütig gewesen sind. Er beschießt für sich, dem Ganzen eine Chance zu geben. Wenn sich herausstellt, dass das doch nichts für ihn ist, können sie es ja immer noch bleiben lassen. Wäre dann sicher ziemlich merkwürdig, trotzdem weiterhin mit ihm zusammen zu arbeiten, aber darüber kann er sich später immer noch den Kopf zerbrechen. Gut, bezeichnen wir das Ganze mal als Liebe, die er für Ray empfindet und sehen wir weiter, was passiert. Es Liebe zu nennen, macht ihn schon etwas nervös, doch der Drang in ihm, dem einen Namen zu geben, ist größer. Da dies erst mal geklärt ist, muss sich Winston jetzt überlegen, ob und wie er es ihm sagen will. Das Ob fällt eigentlich schon mal weg, da er es ihm auf jeden Fall sagen will. Allein schon, damit der Mechaniker nicht immer so traurig aussieht, wenn Winston seinen Annäherungen nichts entgegenbringt. Stellt sich also nur noch die Frage nach dem Wie. Ein bisschen spielt es ihm zumindest in die Hände, dass Janie, Egon und Peter später das Haus verlassen werden und sie somit dann allein sind. Fragt sich nur, ob sich eine Gelegenheit ergibt, darüber zu sprechen? Er ist auf jeden Fall zu allem bereit, um dem eine Chance zu geben und eine gewisse Neugierde treibt ihn zusätzlich an. Viele seiner Gedanken beruhen nur auf Annahmen oder vagen Vorstellungen, da ihm auf diesem Gebiet schlichtweg die Erfahrung fehlt. Ob es Raymond da ähnlich geht oder hatte er vielleicht sogar schon mal einen festen Freund? Energisch schüttelt Winston den Kopf. All diese Gedanken und Vorstellungen machen ihn noch ganz wuschig. Er muss dringend den Kopf frei bekommen, ehe das alles noch ausartet. Sich mit Arbeit ablenken, hat schon immer bestens funktioniert. Blöd nur, dass er ausgerechnet Ray versprochen hat, ihm beim Reparieren der Ölpumpe zu helfen. Etwas unschlüssig blickt er zu ihm hinüber, beobachtet wie der andere seine Werkzeuge zusammensammelt. Für einen Moment wird er jedoch abgelenkt, als Janine ausgehfertig die Treppe herunterkommt. In dem enganliegenden, knielangen, lindgrünen Kleid sieht sie einfach atemberaubend aus. Winston stößt ein bewunderndes Pfeifen aus. „Mensch Janine, du siehst einfach klasse aus!“, kommentiert er das Ganze vollkommen ehrlich. „Oh, vielen Dank.“, erwidert sie leicht verlegen. „Meinst du, es gefällt Egon auch so gut?“, fragt sie ihn dann hoffnungsvoll. Eine wirklich gute Frage. Der Blonde ist seiner Meinung nach wirklich schwer in so was einzuschätzen, lässt nur wenig von seinem Inneren an die Oberfläche treten, doch er glaubt, schon ein bisschen zu sehen, was für Janine spricht. Egon wirkt in solchen Dingen nur immer etwas unbeholfener als andere. Sanft lächelt er der besorgt wirkenden Rothaarigen zu. „Aber sicher wird es ihm gefallen! Man müsste schon absolut blind sein, wenn einen das kalt lässt!“, versichert er ihr und bringt sie damit etwas zum Lachen. Dieses verstummt jedoch schlagartig, als Egon die Treppe hinunterkommt. In seinem blauen Anzug sieht er unglaublich vornehm aus, dennoch strahlt er etwas Strenges aus. Diese Strenge verliert sich jedoch, als er plötzlich auf der vorletzten Stufe stehenbliebt und Janine mit großen Augen überrascht ansieht. Für den Bruchteil eines Augenblicks glaubt sie, einen Rotschimmer über seine Wangen huschen zu sehen, dann räuspert sich der hochgewachsene Mann etwas nervös. „Du – du siehst wirklich sehr schön aus, Janine…“, gibt er ungewohnt schüchtern von sich und versucht sie nicht direkt anzustarren. Mit einem glücklichen Lächeln überbrückt sie die kurze Distanz zu ihm und richtet geschickt sine Fliege. „Danke Egon. Du siehst auch sehr gut aus.“, haucht sie ihm zu. Er versteift sich etwas bei ihrer Stimmlage, wendet den Blick leicht hilflos zu Winston und räuspert sich erneut. Diesmal entgehen die glühenden Wangen des Tüftlers auch dem Schwarzhaarigen nicht. Es ist immer wieder faszinierend mit anzusehen, wie überfordert Egon mit manchen Dingen doch ist. Aufmunternd lächelt er dem Blonden zu, gedanklich geht es ihm mit Ray aber nicht viel besser. „Ich denke, wir sollten jetzt lieber gehen. Ich habe den Tisch für achtzehn Uhr reserviert…“, bringt Egon schließlich hervor. Glücklich schmiegt sich Janine an seinen Arm und sie wenden sich zum Gehen. „Viel Spaß euch beiden!“, ruft Winston ihnen nach und Ray folgt seinem Beispiel. Bleibt nur noch Peter. Just in diesem Moment schlendert Venkman auch schon die Treppe hinunter, in seine besten Sachen geworfen und fein gestriegelt, als wollte er über den Roten Teppich persönlich stolzieren. Für den Bauarbeiter ist nicht zu übersehen, was sich der andere von seinem Date erhofft. Dabei ist er sich nicht sicher, ob er Peter viel Erfolg wünschen oder ein gewisses Mitleid mit der jungen Dame empfinden soll. Klar würde er dem ruhelosen Brünetten eine Partnerin wünschen, die ihn etwas bändigen kann, dennoch sind seine Absichten oftmals so oberflächlich, dass sich Winston schon öfter gefragt hat, ob der andere überhaupt an einer festen Beziehung interessiert ist oder es lieber vorzieht, sich noch ein paar Jahre die Hörner abzustoßen. Wirklich schwer zu sagen. Manches Mal scheint Peter froh zu sein, seine Freiheit zu haben, um sich nach Herzenslust mit irgendwelchen Männern und Frauen zu vergnügen; manch anderes Mal jammert er melancholisch darüber, wie allein er sich doch fühlt. Ein Teufelskreis. „Na, ihr einsamen Herzen. Verbringt ihr diese herrliche Nacht etwa hier in der miefigen Feuerwache?“, kommt es keck von Venkman. „Das Einzige, was hier mieft, sind höchstens deine schmutzigen Socken!“, entgegnet ihm Ray grinsend, was Peter nur mit einem kindlichen Zunge Rausstrecken würdigt. „Wir haben genug zu tun, mach dir da mal keine Sorgen.“, erwidert Winston lachend. „Tja…“, sagt Peter und fährt sich lässig durch die Haare. „Wir werden ja sehen, wer mehr Spaß hat!“, setzt er schnippisch hinzu. Dann macht auch er sich auf und davon. Zurück bleiben Ray und Winston, allein mit ihren Gedanken. Noch etwas unschlüssig bleibt der Schwarzhaarige mitten im Raum stehen und weiß nicht so recht, was er jetzt tun soll. Wohlmöglich hat er es sich doch etwas zu einfach vorgestellt, zu behaupten, dass es mit einem Mann leichter sei. Eine Frau anzuquatschen und eine Abfuhr zu erhalten, kann einem mächtig das Ego verbiegen. Wenn man einen Mann anmacht und abgewiesen wird, erscheint ihm das weniger schlimm. Doch Raymond ist sein Kollege. Sie teilen fast alles miteinander, sind Freunde, Verbündete. Wenn er sich ungeschickt anstellt und der Rothaarige dann nichts mehr von ihm wissen will, ist das eine dauerhafte Schmach, die zwischen ihnen bestehen wird und nicht einfach eine flüchtige Begegnung in einer miesen Hafenbar. Nein, er wird jeden Tag daran erinnert werden, bis sich ihre Wege vielleicht irgendwann einmal trennen. Doch warum sollte Ray ihn abweisen? Wenn er wirklich in ihn verliebt ist, wie Winston vermutet, hätte er doch keinen Grund dafür, selbst wenn sich der Ältere seltendämlich anstellt. Trotz allem hemmt ihn die Tatsache, dass sie sich so vertraut sind. Innerlich rauft er sich beinahe verzweifelt die Haare und versucht sich zu beruhigen. „Wollen wir anfangen?“, reißt ihn auf einmal die Stimme des Mechanikers aus seinen Gedanken. „Hä?“, erwidert Winston neben sich und starrt den anderen einfach nur irritiert an. Sein verwirrter Gesichtsausdruck muss ziemlich komisch aussehen, da der Jüngere zu lachen anfängt. „Na, die Ölpumpe. Du wolltest mir doch helfen, sie einzubauen.“, sagt er schließlich. „Oh, ja klar, natürlich. Fangen wir an…“, versucht sich der Bauarbeiter zu retten. Wenige Minuten später liegt Ray mit dem Rücken auf einem Rollbrett unter Ectos Front und kämpft mit der alten Pumpe. Winston sitzt neben der Nase des Wagens auf dem Boden und reicht ihm das richtige Werkzeug. Währenddessen unterhalten sie sich. Oder besser gesagt, Ray plappert fröhlich vor sich hin und Winston antwortet ab und an knapp. Doch eigentlich hat er schon vor ein paar Minuten aufgehört, ihm zuzuhören. Der Kleinere hatte irgendwas von einem Film erzählt, irgend so eine Horrorgeschichte. Manchmal fragt sich der Ältere, wie es im Kopf des anderen aussieht, wenn sich dort Dinge wie Comics und Zeichentrickfilme mit Horrorgeschichten und blutrünstigen Monstern vereinen und es dabei schaffen einen so liebenswerten und intelligenten jungen Mann hervorzubringen. Andererseits erübrigt sich diese Frage, da er es ja jeden Tag erlebt. Einen furchtlosen Geisterjäger, der es mit jedem Monster aus der Hölle aufnimmt und dabei die unschuldigen Gedanken eines kleinen Kindes hat. Ein bisschen muss Winston lächeln. Diese Gegensätze passen ziemlich gut zu Ray und anderes könnte er ihn sich auch gar nicht wirklich vorstellen. Angestrengt versucht Winston den Faden wieder zu finden. Während er Raymond einen Schraubschlüssel reicht, merkt er, dass es nun scheinbar um einen großen Hund geht, den Ray neulich im Park gesehen hat. Ein riesiges Tier, das unglaublich bedrohlich wirkte, aber so herzerwärmend mit einem Kleinkind gespielt hat, das man es kaum für möglich gehalten hat. Seine Gedanken schweifen wieder ab, doch diesmal findet er nicht mehr rechtzeitig den Anschluss. „Erde an Winston, jemand da?“, ertönt es plötzlich. Verwundert rollt sich Ray auf dem Brett unter dem Auto hervor und setzt sich auf. Über seine linke Wange zieht sich ein dunkler Schmierstreifen, der fast wie Schokolade aussieht. Seine Finger sind vom Schutz des Unterbodens und der fettigen Pumpe ganz schmuddelig und ein großer Fleck alten Öls klebt auf der Brust seines Overalls. Winston blinzelt ihn verwirrt an. Dann hält Ray ihm einen Haufen Stoff entgegen, in den er die alte Pumpe eingewickelt hat. An einigen Stellen sickert das schwarzbraune Öl schon zur Oberfläche durch. Fragend blickt der Ältere das Bündel an. „Ich hab gesagt: nimm mir bitte die Pumpe ab, aber pass auf, sie ist ganz schmierig.“, wiederholt Raymond seine Worte und zupft leicht angewidert an dem feuchten Fleck auf seinem Overall. Vorsichtig nimmt Winston das Bündel entgegen und legt es zur Seite. „Entschuldigung, ich war wohl etwas in Gedanken…“, versucht sich Zeddmore zu rechtfertigen. Verständnisvoll lächelt ihm sein Kollege entgegen. „Halb so schlimm. Lass uns jetzt die neue Pumpe einbauen, ok?“, erwidert er. Ray legt sich wieder flach auf das Brett und will zurück unter den Wagen rollen, als sich Winston auf einmal über ihn beugt. Der Jüngere erstarrt in seiner Bewegung, mit den Händen an der Unterseite der Karosse. Tief blicken sich die beiden jungen Männer in die Augen und die Zeit um sie herum scheint für einen Moment einzufrieren. Langsam hebt Winston die Hand und streicht sanft über Ray´s linke Wange. Verträumt betrachte er ihn dabei und verliert sich fast in dem Gedanken. Dann legt sich ein roter Schimmer auf die Wangen des Mechanikers und dem anderen wird klar, was er da eben gemacht hat. Schnell zieht er die Hand zurück und bringt etwas Abstand zwischen sich und dem Liegenden. „Du – du hattest da Öl auf der Wange…“, kommentiert er seine Tat und kratzt sich verlegen am Hinterkopf. Noch immer gefesselt, blickt Ray ihn an. „Ach so…“, haucht er leise. „Danke…“ Mit einem letzten Blick rollt Stanz wieder unter den Wagen zurück. Während er seinem Kollegen die neue Pumpe reicht, könnte sich Winston innerlich selbst ohrfeigen. Was hat er sich dabei bloß gedacht? Sein Herz klopf noch immer wie wild, wenn er daran denkt, wie niedlich Ray geschaut hat. So weit ist es jetzt also doch mit ihm gekommen. Nun kann er seine Gefühle wirklich nicht mehr leugnen und der Jüngere hat auch nicht so gewirkt, als hätte er schon alles aufgegeben. Definitiv ein Pluspunkt. Doch wie soll er es ihm nur sagen? Hunderte Gedanken kreisen in seinem überforderten Kopf umher, dennoch schafft er es irgendwie, nicht wieder den Faden zu verlieren. Schließlich ist die Arbeit geschafft und Ray ist zufrieden. Fröhlich lächelnd rollt er unter dem Wagen hervor und versucht sich die Hände an einem Lappen zu reinigen. Dies klappt aber nicht so wirklich. „Hm, ich sollte wohl besser duschen, was?“, fragt er scherzhaft und zupft wieder an dem schmieren Ölfleck auf seiner Brust. „Ist vielleicht eine gute Idee…“, erwidert Winston, doch er wirkt abwesend. Raymond betrachtet ihn einen Augenblick, dann steht er auf und geht nach oben ins Bad. Der Schwarzhaarige sieht ihm nach. Ihn beschleicht das ungute Gefühl, dass er sich hier ziemlich verstrickt, doch er kann nichts dagegen tun. Langsam beginnt er aufzuräumen und geht dann ebenfalls nach oben. Nachdenklich sitzt er auf seinem Bett und lauscht dem Rauschen der Dusche. Schließlich wird das Wasser abgedreht und wenig später betritt Ray das Schlafzimmer. Ein Handtuch schlingt sich um seine Hüften, mit einem zweiten reibt er sich die Haare trocken. Etwas überrascht sieht er Winston auf dem Bett sitzen. Dieser hat sich inzwischen ein T-Shirt und eine Jogginghose angezogen, doch er wirkt sehr in sich gekehrt. Sein Anblick stimmt den Jüngeren irgendwie traurig. So beendet er das Trockenrubbeln seiner Haare und legt sich das Handtuch über die Schultern. Vorsichtig setzt er sich neben seinen Teamkollegen aufs Bett. „Hey, was hast du denn? Geht´s dir nicht gut?“, fragt er ihn besorgt. „Alles bestens, mir fehlt nichts…“, erhält er als Antwort, doch es wirkt nicht ehrlich. „Aber du bist schon den ganzen Tag so neben dir, so als wenn dich etwas bedrücken würde…“, beharrt Ray. Seufzend wendet Winston ihm den Blick zu und mustert ihn eine Weile. „Was empfindest du für mich?“, fragt er plötzlich gerade heraus. Zeddmore hat sich die ganze Zeit den Kopf darüber zerbrochen, wie er ihm sagen soll, was er fühlt. Letztendlich hat er sich aber anders entschieden und will es erst von Ray hören. Überrumpelt blickt der andere ihn an. Die Röte schießt ihm in die Wangen und er versucht Winstons Blick auszuweichen, was ihm aber nicht sonderlich gut gelingt. „Na – wir sind Freunde oder nicht…“, bringt er schließlich hervor. Winston mustert ihn genauer, auch wenn er deutlich spürt, wie unangenehm es ihm ist. „Das ist schon klar. Aber ich meine, was du wirklich fühlst, ganz ehrlich.“, hakt er nach. Ray senkt den Blick und betrachtet seine Finger, die sich nervös ineinander verkrampfen. Hörbar holt er tief Luft. „Das – das möchte ich – lieber nicht sagen…“, kommt es leise von ihm. Seine Stimme wirkt belegt, fast so als wäre er den Tränen nahe, nichts scheint mehr übrig zu sein von dem aufgeweckten, jungen Mann. Der Anblick bricht dem Bauarbeiter fast das Herz, dennoch kann er sich mit dieser Antwort nicht zufriedengeben. Er braucht endlich Klarheit, sonst macht ihn das alles noch ganz verrückt! „Doch, du sagst es mir jetzt! Ich habe ein Recht darauf es zu erfahren!“, entgegnet er dem Jüngeren ungewohnt barsch. Im selben Moment tut es ihm aber auch schon leid, dass er ihn so angefahren hat. Doch es ist zu spät, er kann es nicht mehr zurücknehmen. Auf seinem Schoß ballen sich Ray´s Hände zu zitternden Fäusten. Seine Schultern beginnen zu beben und er holt abgehackt Luft. Als er Winston das Gesicht zuwendet, sieht dieser, dass sein Gegenüber zu weinen begonnen hat. „Ich – ich kann es dir einfach nicht sagen – ok? – Jedes Mal, wenn – wenn ich – einem Jungen gesagt hab – dass ich ihn liebe – dann – dann – wurde mir nur wehgetan! – Ich weiß – schon gar nicht mehr – wie oft ich – ich deswegen verprügelt wurde! – Und deswegen – wegen…“, der Rest verliert sich in seinem aufgelösten Schluchzen. Hilflos schlägt er die Hände vors Gesicht und weint. Das Ganze trifft Winston wie ein Schlag. Er weiß nicht so recht, was er jetzt tun soll. Vorsichtig legt er Ray eine Hand auf den Rücken und streicht beruhigend darüber. Es schmerzt ihn zu spüren, wie der andere unter seiner Geste zusammenzuckt. Erschrocken wendet ihm der Rothaarige sein nasses Gesicht zu. Er wirkt verängstigt, resignierend. „Willst du damit sagen, dass du mich liebst?“, fragt Winston vorsichtig. Mit großen, schmerzgeplagten Augen sieht Ray ihn an. „Ja, genau das tue ich – und jetzt kannst du mich verhauen – dann haben wir es beide hinter uns!“, bringt er ernst hervor. Die Schärfe seiner Stimme erschreckt den Schwarzhaarigen förmlich. Scheinbar hat Ray bisher nicht gerade Glück mit seinen Auserwählten gehabt, da ist es wahrlich kein Wunder, das er lieber schweigen wollte. „Das werde ich auf keinen Fall tun! Warum sollte ich auch?“, erwidert Winston entgeistert. Kindlich reibt sich Ray mit den Fäusten die feuchten Augen. „Na weil ich es immer nur schaffe, mich in Jungs zu verlieben, die ihresgleichen nicht an ihrer Seite haben wollen…“, gesteht er schniefend. So ist das also. Die Jungs, in die sich der Mechaniker verguckt hat, waren leider stets hetero und ein Großteil davon reagiert ziemlich ungehalten, wenn sie von einem anderen Jungen angemacht werden. Schließlich wollen sie vor ihren Kumpels nicht als Schwuchtel dastehen. Winston kann sich nur zu gut vorstellen, wie schlimm das für Raymond gewesen sein muss. Er hat damit zwar keine Erfahrung, aber er wurde in der Schule damals auch öfter mal verhauen, nur, weil den anderen seine dunkle Hautfarbe nicht gefallen hat. Streng genommen haben sie also etwas gemeinsam. Mit dem einen Unterschied, dass Winston inzwischen über solchen Oberflächlichkeiten steht und sich davon nicht unterkriegen lässt. Zudem haben sich seit seiner Schulzeit die Gesetze zur Akzeptanz von Farbigen deutlich verbessert und es ihm damit einfacher gemacht, in der Gesellschaft als gleichberechtigt angesehen zu werden. Natürlich gibt es da auch Ausnahmen, da man niemandem so eine Meinung aufdrängen kann, aber es ist weit weniger schlimm, als noch vor fünfzehn Jahren. Schwule, Lesben oder Transgender haben es aber nach wie vor ziemlich schwer und werden teilweise überhaupt nicht gern gesehen. Es ist fast so, als würden die Leute denken, dass von solchen Menschen eine dunkle Macht ausgeht, die jeden versucht auf ihre Seite zu ziehen, der sich mit ihnen abgibt. Und hat man sich einmal damit ‚angesteckt‘, ist man verloren. Im Gegensatz zu den Farbigen, die eine sichtbare ‚Bedrohung‘ in den Augen der Bevölkerung dargestellt haben, sieht man vielen negativ gepolten Menschen ihre Falschheit nicht an und das ängstigt die Leute und sie verbreiten hässliche Gerüchte und stacheln damit die Abneigung nur noch mehr an, ohne überhaupt einen Beweis für ihre Behauptungen zu haben. Einfach schrecklich. Zudem hat Ray ein sensibles Gemüt und nimmt sich die Ablehnung der Leute sehr zu Herzen, ganz egal in welcher Form sie ihn auch immer treffen. „So ein Verhalten kann ich absolut nicht verstehen! Solche Leute sind einfach widerlich! – Aber sieh mich doch mal an. Als Kind wurde ich auch oft verprügelt und das nur, weil ich anders aussah, als die anderen. Doch ich hab mich davon nicht unterkriegen lassen!“, erwidert Winston. Im ersten Moment versteht Ray gar nicht, was sein Gegenüber ihm damit sagen will. Er selbst würde nie überhaupt nur auf die Idee kommen, jemanden wegen seiner Hautfarbe, Herkunft oder wer weiß noch alles, zu hassen. Jeder Mensch ist auf seine Weise wundervoll und liebenswert, ganz egal was sie unterscheidet. Wir sind alle Menschen und das sollte uns verbinden! Dann wird ihm jedoch klar, wie unschön das Ganze für den Schwarzhaarigen gewesen sein muss und das er mit dieser Offensichtlichkeit wohl noch sein ganzes Leben kämpfen wird. Er schämt sich richtig, weil seine Sorgen ihm dagegen so unwichtig erscheinen. „Tut mir leid, dass du das durchgemacht hast. – Im Gegensatz zu deinem ist mein Problem sehr unbedeutend und es war falsch von mir, dich damit zu belästigen…“, kommt es traurig von Ray. Er wendet den Blick ab und steht dann wortlos auf. Als er gehen will, hält Winston ihn jedoch am Handgelenk fest und zieht ihn zurück aufs Bett. „Du gehst nirgendwo hin!“ Überrascht pumpst Stanz zurück auf die Matratze und sieht den anderen hilflos an. „Dein Problem ist nicht weniger bedeutend als meins und du brauchst dich deswegen auch nicht zu entschuldigen!“, entgegnet ihm Winston. Sanft ergreift er die Hände des Rothaarigen und sieht ihm in die Augen. „Ich hätte dich auch gar nicht so bedrängen dürfen, es mir zu sagen. Das war falsch. – Doch ich musste es einfach wissen, weil ich denke, dass ich dasselbe für dich empfinde, verstehst du?“, hoffnungsvoll sieht er in die schokoladenbraunen Augen vor sich. Ray sitzt mit offenem Mund da und weiß nicht, was er sagen soll. Fast sein ganzes Leben hat er gehofft, mal so etwas zu hören und nun kann er es gar nicht fassen. „Du – du meinst, dass – du mich auch liebst?“, kommt es zweifelnd von dem Jüngeren. „Ja, ich denke schon.“ Der ehemalige Bauarbeiter schenkt ihm ein sanftes Lächeln und beugt sich dann langsam zu ihm vor. Ray´s Herz klopft heftig gegen seine bebende Brust und er ist nicht überrascht, festzustellen, dass er Angst hat. Er hat dies schon lange geplant und lediglich auf die richtige Verkettung von Umständen gewartet. Doch jetzt, wo der Zeitpunkt gekommen zu sein scheint, kann er es einfach nicht glauben. Schuldgefühle frieren seinen halben Verstand ein, denn immerhin weiß Winston nicht, was er und Peter, wenn auch widerwillig, miteinander geteilt haben. Zudem ist sich Ray beim besten Willen nicht sicher, ob er es ihm sagen soll oder nicht. Doch egal ob er es tut oder nicht, es wäre in jedem Fall verletzend für den Schwarzhaarigen. Im Moment kann er aber eh nicht klar genug denken, um eine Entscheidung zu fällen. Denn Wollust grillt die andere Hälfte seines Verstandes so heiß, als hätte jemand ein Stück Kohle in seinem Hirn entzündet und die Glut breitet sich jetzt rasend schnell nach allen Seiten aus. Und dazwischen, in einer Art schrumpfender Zone des Zwielichts, steht der maßvolle, gut gelaunte, vernünftige, junge Mann, der er sonst immer ist. Noch zumindest, doch der Bereich wird immer kleiner. Als Winston ihn schließlich küsst, entzündet sich die Glut in seinem Gehirn zu einem unbeschreiblichen Feuerwerkt und lässt ihn alles um sich herum vergessen. Es ist so unbeschreiblich, dass Ray am liebsten wieder weinen würde, doch das wäre mehr als unangebracht. Stattdessen legt er seinem Partner die Hände in den Nacken, zieht ihn etwas dichter zu sich und vergräbt seine Finger in den kurzen, schwarzen Haaren. Für Winston ist das Feuerwerk nicht viel kleiner, als er spürt, wie Ray aufgeschlossen sein Tun erwidert. Eigentlich hatte er gedacht, dass es sich komisch anfühlen müsste, einen anderen Mann zu küssen, irgendwie härter, rauer. Doch Ray´s Lippen sind so weich und warm, das er gar nicht versteht, wie ihm dieser Gedanke überhaupt kommen konnte. Stattdessen verliert er sich völlig in diesem Gefühl und hungert nach mehr. Schließlich trennen sie sich voneinander und blicken sich tief in die Augen. „Das war schön…“, haucht Stanz verträumt und lächelt sanft. „Ja, das war es…“, erwidert Winston. Schwer legt sich seine Hand auf Raymonds Knie. Geschickt suchen sich seine Finger einen Weg unter das Handtuch und gleiten dann langsam den Oberschenkel hinauf. Hörbar zieht der Rothaarige Luft ein und seine Augen weiten sich überrascht. Er schluckt schwer und wirkt erschrocken, doch in seinem Inneren schreit alles gerade zu danach. Winstons Hand stoppt, als er die Reaktion des anderen bemerkt. Aufmunternd lächelt er ihm entgegen. Ray erwidert es und entspannt sich ein wenig. „Ich würde gern etwas ausprobieren, wenn du nichts dagegen hast…“, haucht ihm der Ältere mit tiefer Stimme entgegen und lässt seine Hand ihren Weg fortsetzen. Der Jüngere beißt sich verloren auf die Unterlippe und nickt leicht. „Ja, bitte…“, sagt er, während sich seine Wangen wieder rot färben. Kurz bevor der Größere ihn berührt, stoppt er wieder und sieht ihn eindringlich an. „Ich hab das noch nie bei einem anderen Mann gemacht…“, gesteht er schließlich. Nun ist es Raymond, der ihn aufmunternd anlächelt. Er selbst hatte dazu zwar auch noch keine Gelegenheit und das, was Peter mit ihm angestellt hat, versucht er vehement zu verdrängen, doch er ist zuversichtlich, dass es mit Winston etwas ganz Anderes sein wird. So legt er ihm die Hände wieder in den Nacken und zieht ihn zu sich. „Halb so schlimm. Ich denke, wir kriegen das schon irgendwie hin.“, erwidert er lächelt. Sanft vereinigt er ihre Lippen zu einem weiteren Kuss und lässt sich dabei mit ihm nach hinten in die Laken sinken… *Das Morgenrot Erscheint in alter Pracht Der Rauch danach Holt die Erinnerung der Nacht Die Körper in Silber Gespiegelt von Schweiß Der Herzschlag beruhigt sich Die Haut ist noch heiß Willenlos Atemlos Ein Schlingen der Körper Wie zerschmolzenes Fleisch Der Geruch von Liebe Die Entspannung wirkt hart und weich Der Blick in die Seele Erfüllt die Fantasie Der Rhythmus der Lust War so schön wie noch nie Willenlos Atemlos Schenk mir die Nacht Willenlos Atemlos Schenk mir die Nacht Kapitel 9: Death in the snow ---------------------------- Einen Monat später… Nach dieser aufregenden Nacht steht es fest: Ray und Winston sind ein Paar. So sehr sie sich über diese Entscheidung aber auch freuen, so sehr bemühen sie sich, dass es niemand merkt. Einvernehmlich haben die beiden beschlossen, dass es fürs Erste besser wäre, wenn die anderen es nicht wissen. Doch das tut dem Ganzen keinen Abbruch, schließlich sehen sie sich fast den ganzen Tag über und ziehen sich auch mal von Zeit zu Zeit klammheimlich irgendwohin zurück, wenn sie das Bedürfnis nach Nähe verspüren. Insbesondere Raymond sieht sich mit diesem Arrangement zufrieden, da er nicht sicher ist, wie Peter diese Tatsache wohlmöglich verkraften würde. Venkman und Winston liegen sich auch ohne dieses Wissen oft genug in den Haaren, wobei Ray die Vermutung hat, dass der Brünette eine gewisse Eifersucht verspürt und er will ihm nicht noch mehr Gründe dafür geben, sodass das Ganze vielleicht noch ausartet. Dafür ist ihm die Freundschaft mit Peter, trotz aller Widrigkeiten doch zu wichtig. Da ist der Gedanke an einen Urlaub doch wirklich eine willkommene Abwechslung, um die Gemüter aller ein bisschen abzukühlen. Das Jahresende ist nicht mehr weit entfernt, Weihnachten eine langsam verhallende Erinnerung und der Winter in einer Großstadt wie Manhattan alles andere als friedvoll und schön. Daher verbringt Janine die festliche Zeit auch bei ihrer Familie und die Ghostbusters haben beschlossen Skifahren zu gehen, um wenigstens ein bisschen Winterzauber zu genießen und sich nach all der vielen Arbeit der letzten Monate etwas zu belohnen. Allerdings ahnen sie noch nicht, dass hinter jedem Zauber auch etwas Schreckliches lauern kann, dass seine kalten Hände nach ihnen ausstreckt und ihnen nach dem Leben trachtet… Noch ist davon aber nichts zu spüren. Das schlimmste Gefühl, das die Jungs im Moment haben, sind ihre verkrampften Körper nach der stundenlangen Eisenbahnfahrt. Mit lautem Pfeifen und eine weiße Wolke aus feinstem Schnee vor sich her blasend, kommt der Zug schließlich zum Stehen. Ausgiebig streckend und gähnend erheben sich die jungen Männer von ihren Plätzen und treten aus dem Wagon. Als sie den Bahnhof verlassen, bietet sich ihnen ein atemberaubendes Bild einer perfekten Schneelandschaft. In der Ferne ragen flache Berghänge auf, über und über dick mit der weißen Pracht bedeckt. Schwere Wolken hängen so tief am Himmel, dass man das Gefühl hat sie berühren und wie Frau Holle noch mehr Schnee über die Landschaft ausschütteln zu können. Am Fuß der Bergkette ein dichter, dunkler Tannenwald, der immergrün zum Wandern einlädt. Und vor dem Wald, nur einen Katzensprung vom Bahnhof entfernt, liegt das malerische Dorf Winter Park, das zu dieser Jahreszeit ein wahres Paradies für Skifahrer ist. Die nicht ganz tausend Einwohner des Ortes leben von den Touristen und im Winter vom reichlich fallenden Schnee. Kaum verwunderlich, dass das Dorf daher zu einem Großteil aus hochgewachsenen, teils sehr protzigen Hotels besteht, die ganz auf die Bedürfnisse der Wintersportbegeisterten abgestimmt sind. Nur hier und da sieht man niedliche, kleine Fachwerk- und Holzhäuser, die noch die Ursprünglichkeit dieses Ortes widerspiegeln. Staunend betrachten die Jungs diese Aussicht und vergessen für einen Moment ihre von der langen Fahrt geschundenen Körper. Der Anblick des Resorts macht dies auf jeden Fall wieder wett. Als sich die Jungs auf dem Weg zu ihrem Hotel machen, erreicht die untergehende Sonne gerade die Spitze der Bergkette und taucht den darauf liegenden Schnee in ein atemberaubendes, wie furchterregendes Spektakel aus glühendem Orangerot. Wenn man nicht wüsste, dass vor einem schneebedeckte Berghänge liegen, könnte man meinen, ein Vulkan wäre ausgebrochen und die alles vernichtende Lava fließt nun ins schutzlose Tal hinab. „Seht mal, da hinten ist unser Hotel!“, freut sich Ray. Von Peter kommt ein erleichtertes Seufzen. „Na, endlich. Ich dachte schon wir kommen nie an…“ „Wir haben doch gerade mal zwanzig Minuten vom Bahnhof bis hierher gebraucht.“, kommentiert Winston sein Gejammer. Venkman wendet sich um. In der Ferne kann er immer noch das große Gebäude des Bahnhofs erkennen und sogar das Pfeifen eines einfahrenden Zuges ist schwach zu hören. „Kann ja sein, aber ich hab Hunger, bin müde und es ist verdammt kalt hier draußen…“, mault er. „Da muss ich dir ausnahmsweise einmal zustimmen, Peter. Nach der langen Zugfahrt sind wir wohl alle ziemlich fertig. Daher sollten wir unsere Sachen aufs Zimmer bringen und dann erst mal etwas Essen gehen und uns aufwärmen.“, schlägt Egon vor. Schließlich stehen sie vor dem Hotel. Ein riesiger, klobiger Würfel, dem man mit einem lieblos anmutenden Fachwerkanstrich versucht hat, eine rustikale Note zu verleihen. Winston legt verwundert die Stirn in Falten, als er die Goldbuchstaben auf dem Schild über dem Eingang liest. „Devils Thumb? Na das klingt ja einladend. Als hätten die nur auf uns gewartet…“ „Irgendwie schon, oder? Aber Janine meinte, es sei das einzige Hotel, dass jetzt noch ein Zimmer frei hätte.“, erwidert Raymond. Energisch schiebt sich Peter an den beiden vorbei. „Ihr lasst euch doch wohl nicht von so einem dämlichen Namen verrückt machen? Die wollen doch nur angeben und jetzt macht hin, ich verhungere!“ Schulterzuckend folgen die drei ihrem selbsternannten Chef in die Lobby. Hier drinnen ist nichts mehr von dem rustikalen Scharm zu sehen, den man an der Fassade versucht hat anzubringen. Im Gegenteil, hier wird geprotzt, was das Zeug hält, um den vier Sternen gerecht zu werden, die das Devils Thumb besitzt. Der Boden in der Lobby besteht aus graumeliertem Marmor, der so blankpoliert ist, dass man schon bim Hinschauen das Gefühl bekommt, gleich auszurutschen. Nicht sehr vorteilhaft, wenn man mit feuchten Schneeschuhen von draußen kommt. Aus diesem Grund zieht sich vom Eingang bis zur Rezeption und von dort waagerecht zu den Fahrstühlen und dem Speisesaal wohl auch ein dicker, blauer Teppich. Alles ist hell erleuchtet, die Wände in einem zarten Elfenbeinton gehalten, überall glitzert poliertes Messing und alle Möbel scheinen aus hellem Buchenholz gefertigt zu sein. Die großen Flügeltüren zum Speisesaal stehen weit offen und laden zum Essen ein, das einen köstlichen Duft in der Lobby verbreitet. Sehnsüchtig würft Peter einen Blick hinüber und ganz unwillkürlich fängt sein Magen dabei an zu knurren. An der Rezeption macht sich gerade ein junges Pärchen auf den Weg zu den Fahrstühlen und somit ist nun frei, damit die Jungs einchecken können. Lässig lehnt sich Peter auf den hohen Tresen der Rezeption und obwohl der Hotelier ihn schon gesehen hat, kann es sich der Brünette nicht verkneifen, auf die kleine Glocke vor sich zu tippen. Ein helles Ping ertönt, dass in der eingetretenen Still der Halle äußerst schrill klingt. Der Hotelier, ein magerer, blasser Mann, der wirkt, als würde er in seinem Anzug versinken oder jeden Moment unter dessen Gewicht zusammenbrechen, wendet ihm mit erhobener Augenbraue den Blick zu. Auf seiner linken Brusttasche befindet sich eine goldene Anstecknadel mit seinem Namen darauf und sein schulterlanges, schwarzes Haar ist so akribisch nach hinten gekämmt, dass er wie ein Totengräber aus einem alten Western aussieht. Bei diesem Anblick kann sich Venkman ein Grinsen gar nicht verkneifen. Der Mann hinter der Rezeption räuspert sich verhalten. „Kann ich ihnen behilflich sein, Sir?“, fragt er schließlich in einem geschäftigen Ton. Peters Grinsen wird breiter, ist immerhin noch nicht oft vorgekommen, dass ihn jemand als ‚Sir‘ bezeichnet hat, selbst wenn es hier nur der Form halber ist. „Das will ich doch schwer hoffen, Mister…“ Er beugt sich vor, um das Schild am Revere des Mannes lesen zu können. „…Tom Harrison. Meine Jungs und ich haben ein Zimmer reserviert. Dr. Peter Venkman, den Namen haben sie sicher schon gehört. Und beeilen sie sich ein bisschen, ich will noch ans Büfett, ehe der Laden schließt.“ Harrison hebt erneut eine Augenbraue und blättert in seinem Reservierungsbuch. „Sie haben Zimmer 312, für vier Personen. Doch da sie nicht zu unseren Stammgästen gehören, Mister Venkman, muss ich ihnen leider sagen, dass mir ihr Name nicht bekannt vorkommt.“, erläutert der Hotelier und reicht Peter den Schlüssel über den Tresen. „Es heißt Dr. Venkman, wenn ich bitten darf! Und wir sind die berühmten Geisterjäger aus Manhattan. Na, klingelt es jetzt?“, klärt ihn der Brünette auf und lässt dabei den Schlüsselring um seinen Finger kreisen. „Geisterjäger, soso. Nein, ich bedauere, aber in unserem verschneiten Dorf haben wir noch nichts von ihnen gehört, Mister Venkman. Dennoch heiße ich sie und ihre Kollegen herzlich in unserem Hotel willkommen und wünsche ihnen einen schönen Aufenthalt!“, entgegnet der Schwarzhaarige geschäftig. Schmollend schiebt Peter die Unterlippe vor und mustert den anderen Mann streng. Er sucht noch nach einer schnippischen Antwort, die er diesem arroganten Pinguin an den Kopf werfen kann, als sich Egons Hand auf seine Schulter legt. „Was soll denn das, Peter? Ich dachte, du hast Hunger, warum alberst du dann mit dem Hotelier rum?“, fragt der Blonde und versucht seinen leicht aus der Fassung zu bringenden Kollegen zu beruhigen. Venkman wirft dem schmächtigen Mann auf der anderen Seite des Tresens noch einen mahnenden Blick zu, dann unterschreiben sie alle die Reservierung. Als Egon an der Reihe ist, schenkt er Harrison einen müden Blick, der all sein Elend auszudrücken scheint. „Ich entschuldige mich vielmals für das Benehmen meines Kollegen, aber es war eine lange Reise bis hierher und wir sind alle ziemlich erschöpft…“ Der Hotelier winkt nur matt lächelnd ab. „Das kann ich gut verstehen, das haben wir hier ständig. Also kein Grund zur Sorge, Dr. Spengler.“, beschwichtigt er den Blonden, obwohl Peter als Einziger mit seinem Titel unterschrieben hat. Zum Glück ist Venkman schon außer Hörweite, sonst hätte er sich darüber sicher wieder aufgeregt. Wenig später betreten die Jungs ihr Zimmer. Erleichtert stellen sie ihre Koffer ab und jeder von ihnen sucht sich ein Bett aus. Anschließend gehen sie endlich in den Speisesaal und probieren sich durch all die vielen Köstlichkeiten, die es hier gibt. Tom Harrison hingegen sitzt hinter seinem Tresen und liest einen alten Zeitungsartikel durch. Es mag verwunderlich erscheinen, aber dieser Artikel handelt von den Ghostbusters, wie sie vor einer Weile den Terrorhund in dem Fleischreibetrieb gestellt haben. Die vier Männer sind dem Hotelier daher durchaus bekannt und er hat sich auch schon mit vielem dahingehend beschäftigt und wusste so auch, dass Peter viel Wert auf seinen Doktortitel legt und es nicht leiden kann, wenn dieser nicht anerkannt wird. Doch dieses kleine Späßchen konnte sich Tom einfach nicht verkneifen. Allerdings hofft er inständig, dass er es sich so nicht mit den Geisterjägern verscherzt hat. Immerhin hat er schon seit einer Weile mit sich gehadert sie anzurufen, doch der Direktor des Hotels hat ganz klar sein Missfallen in dieser Sache ausgedrückt, sodass er es gelassen hat. Harrison fiel ein Stein vom Herzen, als er die Reservierung der Jungs entgegengenommen hat. Wenn sie nicht geschäftlich hier sind, kann Mister Fisher auch nichts gegen sie haben und vielleicht ergibt sich ja eine Möglichkeit, sie um Hilfe in dieser speziellen Sache zu bitten, ehe noch mehr Menschen zu Schaden kommen und die Touristen wohlmöglich Wind davon bekommen. Das wäre der Untergang von Winter Park. Doch so weit wird es nicht kommen, dafür wird Tom schon sorgen! Er muss nur sehen, wie er es am geschicktesten anstellt, damit der Direktor es nicht merkt. Zumindest hat er den Vorteil, dass Mister Fisher die Namen der Geisterjäger nicht kennt und daher nicht gleich ausflippen kann, sollte er sie lesen. Zwei Tage später… Es ist wieder passiert. Heute Morgen hat man in dem nahegelegenen Wald die sterblichen Überreste eines jungen Mannes gefunden. Überreste trifft es dabei besonders gut. Die Polizei konnte die Leiche nur an Hand einiger Zähne identifizieren, die sie an der Fundstelle entdeckt haben. Sonst gab es nur noch eine Handvoll Knochen, die fein säuberlich abgenagt waren. Die Mitarbeiter der Polizei gehen derzeitig davon aus, dass der junge Mann von irgendeinem wilden Tier, einem Wolf oder einem Bären, getötet und gefressen wurde und dass sich das Ganze daher um einen tragischen Unfall handelt. Doch Harrison weiß es besser. Nachdem die Polizei das Hotel wieder verlassen hat, ging er zu den Freunden des Opfers und sie sagten ihm, dass ihr Kumpel vorgestern Abend eine junge Frau kennengelernt hat. Sie saßen zusammen an der Bar, er hat ihr ein paar Drinks spendiert und irgendwann sind sie zusammen verschwunden. Seine Freunde haben sich nichts dabei gedacht. Aber nachdem er gestern Abend immer noch nicht wiederaufgetaucht ist, fingen sie an sich Sorgen zu machen, da so etwas nicht zu ihm passt. Genauso hat Tom es sich auch vorgestellt und es besteht kein Zweifel für ihn, was wirklich passiert ist. Seit ein paar Jahren, immer im Dezember, verschwinden regelmäßig Gäste von Winter Park spurlos und werden dann wenig später tot – aufgefressen, um es korrekt zu sagen – wieder aufgefunden. Die Polizei ist ziemlich ratlos deswegen und Hundertschaften haben schon mehrmals die angrenzenden Wälder nach einem wilden Tier durchkämmt, doch ohne Erfolg. Am Anfang hielt auch der Hotelier den Gedanken an ein hungerndes Wildtier für plausibel, doch dann fing er an ein merkwürdiges Muster zu erkennen. Bei den Opfern handelte es sich stets um Gäste des Devils Thumb. Dies war die erste Gemeinsamkeit. Die zweite Übereinstimmung lag darin, dass alle Opfer wenige Tage vor ihrem Verschwinden Ärger mit dem Hoteldirektor Mister Fisher hatten. Die letzte Gemeinsamkeit bestand stets darin, dass sie kurz danach die Bekanntschaft einer hübschen, jungen Frau oder eines gutaussehenden, jungen Mannes gemacht haben, mit denen sie dann verschwunden sind. Natürlich hat Harrison seine Beobachtungen und Befürchtungen an die Polizei weitergegeben. Diese hat auch nach den jeweiligen Frauen und Männern gesucht, mit denen die Opfer zuletzt Kontakt hatten. Aber stets kam dasselbe dabei heraus: Niemand kannte die Person mit der Beschreibung und außer den Freunden der Opfer, wurden sie auch von fast Niemandem gesehen oder wiedererkannt. Schließlich haben die Beamten das Ganze aufgegeben, da sie einfach nicht weiterkamen. Tom hat sich jedoch nicht unterkriegen lassen. Für ihn gab es einfach zu viele Übereinstimmungen und Ungereimtheiten, um das Ganze einfach so unter den Teppich zu kehren. Vor ein paar Monaten hat er dann einen Bericht über die Geisterjäger in die Hände bekommen und ein paar Nachforschungen betrieben. In der örtlichen Bibliothek fand er schließlich ein Buch über Fabelwesen. Darin entdeckte er verschiedene Dämonen, die sich dem Glauben der damaligen Zeit nach von Menschenfleisch ernährten. So stellte er sich die Frage: Was ist, wenn es sich auch hierbei um eine Art Dämon handelt, so unglaubwürdig es auch klingen mag? Vielleicht sogar einer, der mit Mister Fisher unter einer Decke steckt und für ihn unangenehme Gäste verschwinden lässt? Der schmächtige Hotelier möchte sich so etwas gar nicht vorstellen, aber es wäre die einzig sinnvolle Erklärung für all das hier. Und nur die Geisterjäger können diesem Monster Einhalt gebieten! Unschlüssig steht Tom vor der Zimmertür der vier Männer und ringt mit seiner Beherrschung. Nach einem weiteren nervösen Luftholen, klopft er schließlich an. Peter öffnet ihm nach kurzer Zeit die Tür und drückt auch gleich mal seine Enttäuschung aus. „Hey, sie sind aber nicht das niedliche Zimmermädchen, dass uns frische Handtücher bringen sollte…“ Leicht schmollend linst Venkman an ihm vorbei in den Gang, doch es ist niemand zu sehen. „Nein, das bin ich durchaus nicht und ich bitte auch vielmals um Entschuldigung, sie überhaupt stören zu müssen, Dr. Venkman, doch es ist wirklich dringend…“, gibt Harrison nervös von sich. Auf Peters Gesicht breitet sich ein herausforderndes Lächeln aus. „Schön zu hören, dass sie doch endlich die korrekte Anrede für mich gefunden haben, Harrison. Doch sie stören uns ganz entschieden beim Auspannen!“, erwidert er keck. Der blasse Hotelier ist ganz und gar kein Mensch, der sich gern Gehör verschafft oder diskutiert und so schüchtern ihn Peters Sticheleien doch ziemlich ein. Sein anfänglicher Mut, Venkman bei ihrer Ankunft mit seinem Titel zu ärgern, ist mehr als verbraucht, zudem macht ihn die ganze Sache mit dem neuen Todesopfer völlig fertig. Wenn Mister Fischer rausfindet, dass er mit den Jungs über so ein Hirngespinst geredet hat, ist er vielleicht der nächste, der gefressen wird. Er räuspert sich hilflos. „Wie gesagt, tut es mir schrecklich leid, sie stören zu müssen, aber mein Anliegen ist wirklich von äußerster Dringlichkeit und bedarf daher ihrer Hilfe, Dr. Venkman.“, versucht es Tom erneut. Aber Peter scheint sich nicht damit anfreunden zu können. „Sie würden mir vielmehr helfen, wenn sie ein süßes Zimmermädchen wären. Da dem aber leider nicht so ist, bekommen wir wohl beide nicht, was wir gernhätten, also…“, setzt der Brünette an. Plötzlich schiebt sich Winston an ihm vorbei. „Nun lass doch den Unsinn mit dem Zimmermädchen. Die Kleine ist doch überhaupt nicht an dir interessiert und sie wird auch nicht einfach angetanzt kommen, nur, weil du zehn Mal nach ihr fragst.“, mahnt ihn der Schwarzhaarige. „Tse…“, erwidert der selbsternannte Chef der Ghostbusters nur und verschwindet wieder im Zimmer. Augenrollend sieht Winston ihm nach. „Achten sie gar nicht auf Peter. Wenn er sich in irgendjemanden verguckt hat, ist er wie ein Hund mit einem Knochen und lässt nicht mehr davon ab, auch wenn er eine Abfuhr nach der anderen bekommt.“, aufmunternd lächelt er dem Hotelier entgegen. „Halb so wild, Mister Zeddmore. Aber vielleicht kann ich ja mit ihnen vernünftiger reden?“, hoffnungsvoll blickt er den dunkelhäutigen Mann an. „Schießen sie los. Das Mädchen hat sich doch hoffentlich nicht über ihn beschwert, oder?“ „Nein, zumindest noch nicht. Aber wenn er wirklich so hartnäckig ist, wäre es doch wünschenswert, wenn er dieses Spielchen unterlassen würde, ansonsten bekommt er wohlmöglich große Schwierigkeiten. Was mich auch zu meinem Anliegen bringt. – Denn ich fürchte, ich muss ihre Dienste als Geisterjäger in Anspruch nehmen…“ Überrascht betrachtet ihn der Bauarbeiter. „Das hört sich ja ernst an. Kommen sie doch erst mal rein und dann erzählen sie, was los ist.“, fordert Winston ihn auf und führt ihn ins Zimmer. So erzählt Tom, was hier all die Jahre vorgefallen ist, was er herausgefunden und wie die Polizei das Ganze aufgegeben hat und was schließlich erneut passiert ist. Er erzählt ihnen von dem Buch und was er darin gelesen hat. All seine Ängste und Befürchtungen sprudeln nur so aus ihm heraus und es ist eine wahre Erleichterung, endlich wirklich mit jemandem darüber zu reden, der seine Theorien nicht für Unsinn hält. Schweigen tritt zwischen ihnen ein. Gedankenversunken lassen die vier Jungs alles auf sich wirken. Nervös sitzt Harrison vor ihnen, die Beine zusammengepresst, die Hände zu zittrigen Fäusten in den Schoß gebettet, ruhelos mit den Augen von einem zu anderen wandernd. Schließlich durchbricht Egon die bedrückende Stille. „Hm…“, gibt er nachdenklich von sich und tauscht einige Blicke vielsagende mit Ray aus. „Ich fürchte, ihre Sorge ist sehr berechtigt, Mister Harrison. Und ihrer Vermutung, dass es sich hierbei möglicherweise um einen Dämon handeln könnte, kann ich nur zustimmen.“ Überrascht zuckt der Hotelier zusammen und sieht den Blonden mit großen Augen an. Er hätte nie für möglich gehalten, dass Egon seine Befürchtungen bestätigen würde. „Das ist ja schrecklich…“, erwidert er verkrampft. „Ich fürchte, es wird auch noch schlimmer. So wie ich das sehe, handelt es sich bei dem Dämon aller Wahrscheinlichkeit nach um einen Berggeist.“, entgegnet Spengler ernst. Verwundert sieht Winston ihn an. „Ich dachte immer, Berggeister sind gute Wesen…“, wirft er zweifelt ein. Ray schenkt ihm einen mitleidigen Blick. „Es gibt verschiedene Arten von Berggeistern. Die meisten von ihnen zählen zur selben Kategorie wie Elfen und Feen und sind dem Menschen wohlgesonnen. Sie helfen verschütteten Bergleuten, verirrten Wanderern und halten Flora und Fauna um die Berge im Gleichgewicht. – Einige wenige Berggeister gehören aber zu den Dämonen und sind keineswegs freundlich. Sie sehen die Berge als ihren Besitz an und vertreiben auf brutale Weise jeden, der in ihr Revier eindringt und von dem sie sich gestört fühlen. Und im Gegensatz zu den nützlichen Berggeistern, die sich nur von Morgentau, Honig und Ähnlichem ernähren, sind solche Wesen blutdurstig. Sie reißen Vieh und fressen die Leichen Verunglückter. Fühlen sie sich bedroht oder ist die Nahrung knapp, wie jetzt im Winter, töten sie aber auch Menschen und fressen sie auf…“, erläutert der Mechaniker. Harrison läuft ein Schauer den Rücken hinab und er muss sich unweigerlich leicht schütteln. „Also glauben sie, dass es die Leute nur tötet, weil es jetzt im Schnee nicht genug Nahrung findet?“, fragt er vorsichtig. „Davon kann man durchaus ausgehen. Immerhin sagten sie ja, dass sich diese Ereignisse nur im Dezember abspielen, wenn hier so viel Schnee liegt, dass man den Wald kaum betreten kann. Zu dieser Zeit halten die meisten Tiere ihren Winterschlaf und die wenigen, die noch unterwegs sind, wie Rehe und Kaninchen, sind ziemlich flink, was man von einem Berggeist nicht gerade behaupten kann. Sie sind Lauerjäger, ähnlich wie Katzen. Sie schleichen sich so nah wie möglichen an ihr Opfer heran und überwältigen es dann. Sollte die Beute sie jedoch bemerken und flüchten, hat der Berggeist nur wenig Chancen sie zu erwischen, da er für eine Verfolgung nicht die nötige Ausdauer besitzt. – Doch ihrer Beschreibung nach zu urteilen, vermute ich, dass es sich hierbei um einen gestaltwandelnden Dämon handelt. Andernfalls wäre es ihm wohl kaum möglich, einen gesunden Menschen unbemerkt zu überwältigen, da sie kaum mehr Kraft als ein ausgewachsener Mann haben…“, erläutert Egon weiter. „Was heißt denn dieses Gestaltwandeln genau?“, fragt Tom zweifelnd. „Das bedeutet, dass der Berggeist nach Belieben seine Erscheinung ändern kann, um so das Vertrauen seiner Opfer zu gewinnen. Eigentlich sind das schrecklich hässliche Viecher, doch dank dieser Fähigkeit können sie sich beispielsweise in eine hübsche Frau verwandeln und damit so einen armen Tropf um den Finger wickeln. Ihn an einen geschützten Ort locken und ihn dann kaltmachen.“, kommt es ziemlich direkt von Peter. Überrascht blicken ihn Egon und Ray an. Es kommt ja nicht allzu oft vor, dass Venkman sich solche Fakten merken kann, auch wenn er das Ganze vielleicht etwas weniger makaber hätte ausdrücken können. Dem Brünetten entgehen die Blicke der beiden nicht und er grinst ihnen triumphierend zu. Harrison sieht ziemlich blass aus, bei dem Gedanken, dass sich dieses Vieh in Gestalt einer hübschen Frau direkt hier im Hotel bewegt und sich ihr Opfer ausgesucht hat. Er schluckt schwer. Auch das entgeht Peter nicht und er zwinkert dem schockierten Hotelier keck zu und grinst frech, als wären seine Worte nur ein fieser Witz gewesen. Für einen Moment ist Tom da sogar ganz sicher, doch dann sieht er die bedrückten Gesichter der anderen Geisterjäger und weiß, dass Venkman die Wahrheit gesagt hat. Grübelnd sitzt Winston da und erhebt schließlich die Stimme. „Nehmen wir mal an, dass das alles so stimmt und wir es hier wirklich mit so einem fürchterlichen Berggeist zu tun haben. Ist euch schon mal in den Sinn gekommen, dass er vielleicht etwas mit dem Hoteldirektor zu tun haben könnte?“ Etwas überrascht blicken die anderen ihn an und Winston spricht weiter. „Mister Harrison meinte doch, dass alle Opfer vor ihrem Verschwinden Ärger mit diesem Fisher hatten und kurz darauf haben sie jemanden kennengelernt, mit dem sie die Nacht verbracht haben. Und schließlich fand man sie tot im Wald. – Was nun also, wenn Fisher und dieser Dämon unter einer Decke stecken und er sich mit Hilfe dieses Untiers lästige Gäste vom Leib halten kann? - Oder noch schlimmer, wenn Fisher dieser Dämon ist!“ Die Kombinationsgabe des ehemaligen Bauarbeiters ist in solchen Dingen ungetrübt. Er liest leidenschaftlich gern Kriminalromane und weiß stets lange im Voraus, wer der Mörder ist. Kein Wunder also, dass er das ausspricht, was bisher keiner von ihnen vermutet hat. Zwar ist Harrison der Gedanke gekommen, dass es zwischen diesem Berggeist und Meister Fisher eine Verbindung geben könnte, aber so recht glauben wollte er es nicht. Diese Tatsache jetzt aus dem Mund eines erfahrenen Geisterjägers zu hören, versetzt den empfindlichen Hotelier erst recht in Angst und Schrecken. Er wird noch blasser und schwankt leicht auf seinem Stuhl, bis die anderem ihm einen Blick zu werfen. „Glauben sie, dass da etwas dran sein könnte, Mister Harrison?“, fragt ihn Ray. „Naja, ich weiß nicht. – Mister Fisher ist ein viel beschäftigter Mann, der wenig Geduld hat und sich nur selten blicken lässt. Die meiste Zeit ist er in seinem Büro und will nicht gestört werden. Meist kommt er nur kurz rum, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist und um irgendwelche Anweisungen zu geben. Allerdings scheint er es förmlich zu riechen, wenn sich einer der Gäste danebenbenimmt und ist dann ziemlich schnell zur Stelle, um ihn zurecht zu weisen…“ Der Gedanke, dass sein Chef dieser blutrünstige Dämon sein könnte, erscheint ihm nun noch viel plausibler. Wie konnte er nur all die Jahre mit ihm zusammenarbeiten, ohne etwas zu bemerken? „Hm. Wenn sich Mister Fisher wirklich so selten zeigt, ist es durchaus möglich, dass er der Berggeist ist. Die Transformation in eine andere Gestalt, ist für diese Wesen sehr kräftezehrend und braucht auch eine gewisse Zeit. Zudem können sie diese Form dann auch nur eine begrenzte Zeit aufrechterhalten, was von der ihnen zur Verfügung stehenden Energie abhängt. Die Rückverwandlung kann dann aber sehr plötzlich und auch unerwartet eintreten, wenn ein gewisses Energieniveau unterschritten wird. Außerdem hat er es hier im Hotel wirklich schön, erst recht warm. Für gewöhnlich leben solche Wesen in unterirdischen Höhlen. Kälte und Sonnenlicht macht ihnen allerdings etwas zu schaffen, weshalb sie vorwiegend in frostfreien Nächten umherstreifen.“, ergänzt der Blonde. „Ha! Wenn ich so ein Vieh wäre, würde ich es auch begrüßen in so einem protzigen Schuppen hausen zu können. Der Typ hat hier doch alles, was man sich nur wünschen kann. Erst recht, wenn einen das Essen direkt vor der Nase rum hüpft.“, wirft Peter lässig ein. „Aber jetzt mal ernsthaft, wie können wir denn so eine Bestie einfangen? Wenn ich das richtig verstanden hab, ist dieser Berggeist doch kein richtiger Geist und besteht daher auch nicht aus Ektoplasma. Und außerdem haben wir schließlich unsere Ausrüstung in New York gelassen, da wir ja eigentlich mal Urlaub machen wollten.“ Mit strenger Miene richtet sich Egon die Brille und blättert durch Tobin´s Geisterführer. „Du hast recht, Peter. Wir können dieses Wesen nicht einfangen, da es kein richtiger Geist ist und daher wären unsere Strahler vielleicht auch völlig unnütz, selbst, wenn wir sie hier hätten…“ Schließlich findet Egon die richtige Seite in dem Buch. „Laut Tobin´s Geisterführer haben diese Art Berggeister nur eine Schwäche und das ist Ainkhürn. Sie reagieren darauf, wie Werwölfe auf Silberkugeln und lösen sich dann in ihre Bestandteile auf.“, liest der Tüftler vor. „Was ist den bitte Ainkhürn?“, fragt Winston und nimmt damit Peter und Tom die Worte aus dem Mund. „Ainkhürn heißt wörtlich ‚Horn des Einhorns‘. Es ist eine alte, kunsthandwerkliche Bezeichnung für den Stoßzahn eines Narwals. Im Mittelalter haben die Menschen zumeist nur den Stoßzahn des Wals aus dem Wasser ragen sehen und hielten es daher für das Horn eines Einhorns, dem man damals zu seiner Pferdegestalt auch oft einen Fischschwanz angedichtet hat. Sie maßen einem Einhorn göttliche Macht zu und seinem Horn eine unglaubliche Heilwirkung, besonders bei Vergiftungen und sogar das Wunder der unbefleckten Empfängnis. Da sich ein Einhorn niemals einem Jäger als Einhorn präsentieren würde, sondern nur als gewöhnliche weiße Stute, aber jeder Jungfrau zutraulich seinen Kopf in den Schoß gelegt haben soll.“, erklärt Ray sachlich. Ungläubig blicken sich die drei anderen an. Egon räuspert sich leicht. „Das stimmt. Doch es dürfte ziemlich schwierig sein, Ainkhürn zu beschaffen. Narwale leben nur in Gewässern nahe des Packeises. Zudem zählen sie zu den bedrohten Tierarten, weil sie wegen ihres Stoßzahns fast bis zur Ausrottung gejagt wurden. So ein Tier zu töten ist daher eine schwere Straftat. - Die einzigen beiden Orte, die meines Wissens nach so einen Stoßzahn beherbergen, sind zwei Museen in Deutschland…“, kommt es nachdenklich von dem Blonden. „Und was sollen wir jetzt machen? Schauen, ob vom nächsten Regenbogen ein Einhorn hinunter galoppiert kommt und es um sein Horn bitten?“, fährt Peter ihn sarkastisch an. „Vielleicht kann ich da helfen…“, meldet sich Harrison zu Wort. „Wie denn?“, fragt Winston leicht skeptisch. „Naja, der Direktor, der dieses Hotel vor Mister Fisher geleitet hat, war ein begeisterter Hochseeangler. All seine Fänge hat er sich präparieren lassen und sie überall im Hotel aufgehängt. Damals sah das Hotel noch ganz anders aus, sodass es einen ozeanischen Charme hatte. Es hieß da auch noch Neptun Bay Resort. Sein größter Schatz war damals so ein Narwal, den er in seinem Büro hängen hatte. Den hatte er gefangen, kurz bevor das Verbot 1978 endgültig in Kraft getreten ist. Als Mister Fisher das Hotel nach dem plötzlichen Tod seines Vorgängers übernommen hatte, hat er es von Grund auf umgestaltet und alle Präparate wegschaffen lassen. Sie befinden sich heute in einer kleinen Kneipe am Rand von Winter Park. Sie wird von einem alten Freund des ehemaligen Direktors geführt, der das Ozeanthema von ihm übernommen hat und treffenderweise heißt die Kneipe auch Neptuns Bar. Ich bin sicher, der Besitzer kann uns da weiterhelfen.“, berichtet Tom hoffnungsvoll. „Na das klingt doch vielversprechend! Laut Tobin´s Geisterführer brauchen wir auch nur die Spitze des Stoßzahns. Diese müssen wir dann anschleifen und an einem Speer befestigen, den wir dem Dämon dann durchs Herz treiben müssen.“, verkündet Ray begeistert. „Nichts leichter als das. Können sie uns dann ein Stück von dem Horn besorgen, Harrison? Dann können wir uns inzwischen überlegen, wie wir das Vieh zu Strecke bringen.“, legt Peter fest. „Aber sicher doch.“, erwidert der Hotelier und macht sich auf den Weg. Zurück bleiben die vier Geisterjäger. „Irgendwelche Vorschläge, Männer? Immerhin können wir uns ja nicht hundert prozentig sicher sein, dass dieser Fisher tatsächlich der Dämon ist.“, wirft Venkman ein. „So wie ich das sehe, bleibt uns nur die Möglichkeit, es bewusst so zu machen, wie die Gäste es ahnungslos provoziert haben. Soll heißen, wir ärgern den Direktor und legen so einen Köder für den Berggeist. Dieser taucht dann in Gestalt einer hübschen Dame auf und lockt uns in den Wald. Dort lässt der Dämon höchstwahrscheinlich seine Tarnung fallen und wir können ihn mit dem Speer erledigen.“, setzt Winston hinzu. „Klingt logisch. Doch wer spielt den Köder für den Dämon?“, fragt Ray unsicher. Plötzlich richten sich alle Augen auf Peter. Dieser verkrampft sich unbewusst in seiner Haltung und starrt seine Kollegen ungläubig an. „Oh nein! Ganz sicher werde ich mich nicht so einer Kreatur vor die Füße werfen! Ich bin doch nicht lebensmüde…!“, gibt er barsch zurück und verschränkt energisch die Arme vor der Brust. „Ich weiß gar nicht, warum du dich jetzt so aufregst. Deine Lieblingsbeschäftigung ist es doch, andere auf die Palme zu bringen und ein Date mit einer schönen Frau dürfte dir doch auch mehr als zusagen.“, bohrt Winston frech nach. Peter wirft ihm einen giftigen Blick zu. „Dem kann ich mich nur anschließen. Außerdem willst du doch unser Anführer sein und als solcher sollte es deine unausgesprochene Pflicht sein, dich unerschrocken in den Kampf zu begeben.“, entgegnet Egon mit einem ungewöhnlichen Funkeln in den Augen. „Ich glaub, du hast zu viele schlechte Filme gesehen, Egon!“, faucht Venkman zurück. Doch irgendwie fruchten seine Gegenargumente nicht so richtig. Winston hat durchaus recht, mit der Behauptung, dass er gern andere Leute ärgert, die ihm gegen den Strich gehen. Zwar hat Peter den Hoteldirektor bisher nur auf einem Foto in der Lobby gesehen, doch er mag ihn jetzt schon nicht leiden. Und gegen ein Date mit einer hübschen Frau kann er schon mal gar nichts sagen. Ist schon eine Weile her, seit er mit einem Mädel ausgegangen ist und es juckt ihn durchaus in den Fingern. Doch normalerweise geht er an so etwas sehr optimistisch ran und erhofft sich von so einem Treffer auch einiges. Schon im Voraus zu wissen, dass er leer ausgehen wird, ja sogar um sein Leben fürchten muss, ist da nicht gerade stimmungsvoll. So blöd es sich auch anhört, hat Egon ebenfalls recht. Venkman wollte von Anfang an der Chef der Truppe sein und der Blonde hatte nie etwas dagegen, hat es sogar immer begrüßt, sich nicht um solche Dinge sorgen zu müssen, genauso wie Ray und Winston. Doch irgendwie hatte Peter sich dadurch schon ein bisschen erhofft, die anderen in solchen Situationen vorschicken zu können. Die ganze Chefsache trifft sein Ego doch tatsächlich noch weit mehr, als die anderen Gründe. Schmollend sitzt er da und geht in sich, während die Blicke der anderen weiterhin schweigend auf ihm ruhen. Letztendlich hat Egon ja so was von recht. Als Anführer ist er eigentlich wirklich dazu verpflichtet, sich als Erster mutig in den Kampf zu stürzen und so den Weg für seine Kameraden freizumachen – ein ungeschriebenes Gesetz, könnte man sagen. Allein von ihm sollte es abhängen, ob eine Mission gelingt oder zum Scheitern verurteilt ist. Seine Kollegen sind da nur helfendes Beiwerk. Nein, sie sind wie seine Schüler und sollten bewundernd zu ihm Aufsehen und das geht schlecht, wenn er sich irgendwo verkriecht und sie die ganze Arbeit machen lässt. Wenn er jetzt Mut beweist, kann er sich vielleicht auch beim nächsten gefährlichen Einsatz behaupten und einen anderen vorschicken, ohne dass sie rummaulen. Tief holt Peter Luft und mustert die erwartungsvollen Gesichter seiner drei Freunde. „Schön, ich mach´s. Aber dafür will ich den Rest unseres Urlaubs keinen Pieps mehr von euch hören!“, harscht er sie an. Eine deutliche Erleichterung gleitet über die Augen der anderen hinweg. Schließlich beginnen sie mit den Vorbereitungen und warten darauf, dass Harrison mit dem Stück Stoßzahn zurückkommt. Gut eine Stunde später basteln Egon und Winston an dem Speer, der den Dämon töten soll. Ray hat sich mit Peter in die Lobby begeben. Während Venkman einen Streit mit Harrison inszeniert, behält Stanz das Ganze im Auge und versucht irgendwelche Auffälligkeiten an Mister Fisher festzustellen, sollte dieser auftauchen. Trotz seiner anfänglichen Abneigung, scheint Peter seine Aufgabe im Moment viel Spaß zu machen. Er steigert sich dermaßen in die Tatsache hinein, Ärger anzuzetteln, dass es Harrison schon fast mit der Angst zu tun bekommt. Seine daraus resultierenden Reaktionen, wirken daher auch so überzeugend, dass der Direktor beim besten Willen nicht mitbekommt, dass das Ganze nur ein Schauspiel ist. Stattdessen stellt sich Fisher vehement gegen Peters Behauptungen. „Jetzt reicht es mir aber mit ihren Lügenmärchen, Mister Venkman! Lassen sie gefälligst mein Personal in Ruhe und verschwinden auf ihr Zimmer, ehe ich sie aus dem Hotel werfen lasse!“, entgegnet Roscoe Fisher mit lautstarker Stimme. Der große, breitgebaute Mann erinnert an einen verstimmten Türsteher und obwohl Peter nicht übel Lust hätte, den Typen noch weiter zu reizen, gibt er sich geschlagen. Wenn er es weitertreiben würde und der Kerl ihn tatsächlich vor die Tür setzt, können sie die ganze Sache wohlmöglich vergessen. „Gut, bitte. Ich gehe auf mein Zimmer. Aber nur, weil ich keine Lust mehr hab, mir diesen Mist länger anzuhören, wo ich doch recht habe. Schließlich bin ich ein zahlender Kunde und verdiene somit ein bisschen Respekt!“, giftet Venkman zurück, macht dann auf dem Absatz kehrt und verschwindet. Das wäre geschafft. Ray atmet erleichtert aus. Ihm ist zwar nichts Ungewöhnliches bei Fisher aufgefallen, aber das muss ja nichts heißen. Nachdem der Direktor ein paar Worte mit Harrison gewechselt hat, verschwindet er wieder in Richtung seines Büros. Raymond läuft zu Tom hinüber und auch Peter kommt aus der Ecke zurück, in der er sich versteckt hatte. „Das hat ja prima geklappt!“, freut sich der Mechaniker. „Wem sagst du das? Hat richtig gutgetan, mal wieder etwas Dampf abzulassen!“, erwidert der Brünette zufrieden. „Das nennen sie etwas Dampf ablassen? Für meinen Geschmack war das schon ganz schön heftig, Dr. Venkman…“, entgegnet Harrison, dem immer noch das Herz in den Ohren dröhnt. Verwundert sieht Peter ihn an und blickt dann zu Ray, der auch nicht gerade glücklich wirkt. Dann breitet sich ein Rotschimmer auf seinen Wangen aus und er kratzt sich leicht verlegen am Hinterkopf. „Ups. – Tut mir leid, ich hab mich wohl etwas zu sehr mitreißen lassen…“, kommt es kleinlaut von Anführer der Ghostbusters. Die beiden Doktoren begeben sich wieder nach oben in ihr Zimmer, um mit den anderen beiden die restlichen Vorbereitungen abzuschließen, während Tom wieder seine eigentliche Arbeit aufnimmt. Als der Tag sich allmählich dem Ende zuneigt, ist alles einsatzbereit und jeder weiß, was er zu tun hat. Nach dem Abendessen begibt sich Peter in die hoteleigene Bar und setzt sich an den Tresen. Seine drei Kollegen warten an verschiedenen Orten postiert darauf, loszulegen. Alle sind mit einem Empfänger und einem Mikrofon ausgestattet, sodass sie hören, was Peter und der mögliche Dämon sagen und miteinander in Kontakt treten können. Venkman trägt ebenfalls Mikrofon und Empfänger bei sich und versucht sich in Geduld zu üben. Viel Zeit vergeht jedoch nicht, da betritt eine hochgewachsene, junge Frau die Bar. Ihr langes, kastanienfarbenes Haar fällt ihr fast bis auf den wohlgeformten Po. In einem engen, schwarzen Kleid präsentiert sie ihre beachtlichen, weiblichen Vorzüge mit einer Mischung aus Offensichtlichkeit und kühler Ablehnung. Ein wahrhaftes Bild von einer Frau, dass den meisten Männern für gewöhnlich verwehrt bleibt. Als Peter sie sieht, vergeht ihm schlagartig die Langeweile, die allmählich von im Besitz ergreifen wollte. Seine Augen weiten sich überrascht und er starrt sie mit offenem Mund an, wie ein postpubertierender Junge, der das erste Mal im Playboy blättert. Normalerweise versucht er sich ja möglichst cool zu geben, doch im Moment fühlt er sich ihr schon beinahe hilflos ergeben. Er ist wie hypnotisiert. Alles in ihm schreit geradezu nach Verlangen und sein Denken scheint sich völlig abzuschalten. Mit eleganten, schwungvollen Bewegungen bahnt sich die junge Frau ihren Weg zwischen den Tischen hindurch zum Tresen. Winston, der in einer Nische der Bar sitzt, beobachtet mit aufkeimender Sorge Peters Reaktion auf die vermeintliche Dame. Ehe sie den Tresen erreicht, versucht er seinen Kollegen daher wieder in die Wirklichkeit zurückzuholen. „Peter, Herr Gott! Konzentrier dich!“, schimpft er in das Mikro, woraufhin Venkman kaum merklich zusammenzuckt und sich aus ihrem Bann zu lösen scheint. „Ja, doch!“, zischt er leise zurück und wendet den Blick dann wieder der Brünetten zu. Kurz darauf setzt sich die junge Frau auf den Hocker neben Peter und verwickelt ihn auch gleich in ein Gespräch. Der Geisterjäger scheint dabei immer wieder den Blick für die Realität zu verlieren, starrt sie einfach nur völlig fasziniert an. Beunruhigt hören die drei anderen mit an, wie das Gespräch ziemlich schnell in eine bestimmte Richtung geht. Vollkommen scharmlos schmeißt sich die vermeintliche Dame an den Brünetten ran und wie nicht anders zu erwarten, geht dieser auch brav darauf ein. Allerdings wirkt es ganz und gar nicht gespielt. Peter hat nur das Eine im Kopf und ist mittlerweile für alles andere blind. Sorgenvoll betrachtet der Bauarbeiter das Ganze und berichtet den anderen davon. ‚Oh Mann, vielleicht wäre es doch besser gewesen, wenn ich das gemacht hätte. – Oder doch eher Ray, er hätte sich nicht von ihr einlullen lassen…‘, geht es dem Schwarzhaarigen durch den Kopf. Nur wenige Augenblicke später verlassen Peter und die Frau die Bar und schlendern durch die Lobby Richtung Ausgang. Vor der Tür wartet bereits Egon auf seinem Beobachtungsposten. Ray befindet sich derweilen am Übergang zum Wald und trägt den geschnitzten Speer bei sich. Wenn alles klappt, wird Winston die Bestie dann mit der Spezialspitze durchbohren. Er ist der Kräftigste von ihnen und daher noch am ehesten in der Lage, diese Sache zu erledigen. Mittlerweile ist die Sonne untergegangen und Winter Park erstrahlt im Glanz hunderter Lichter, die ihre gelbe Wärme in einer wohligen Atmosphäre verströmen und dem Schnee dabei ein glühendes Antlitz verleihen, als würde man über einen goldglänzenden Teppich wandern. Die Hotels laden zum gemütlichen Beisammensein auf ihren überdachten Terrassen ein, die Souvenirläden preisen ihre ausgefallenen Waren an, überall duftet es nach warmem Kakao und heißen Tee, die ersten Sterne funkeln am pechschwarzen Himmel und der Mond erhebt sich wie eine leuchtendweiße Scheibe über dem verträumten Winterdorf. Langsam schlendern die Leute durch die Gassen zwischen den Ständen, bleiben hier und da stehen, um mit Bekannten zu reden, hübsche Dinge zu bestaunen oder um sich mit einem heißen Getränk aufzuwärmen. In mitten dieses bunten Treibens bahnen sich auch Peter und die vermeintliche Dame ihren Weg durch die zunehmende Menge. Ganz in ihrer Nähe bewegen sich Egon und Winston und versuchen die beiden nicht aus den Augen zu lassen. Allmählich erreichen Venkman und seine Begleitung den Rand des Dorfes. Nicht weit von ihnen entfernt beginnt der Wald, der sich als tiefschwarzer Schatten aus dem glitzernden Schnee erhebt. Hier sind nur sehr wenig Leute unterwegs und so fällt es dem Tüftler und dem Bauarbeiter schwer, sich unauffällig an die beiden zu heften. So vergrößern sie den Abstand und warten geduldig, bis Ray die beiden gut im Blick hat. Schließlich erreicht das Paar eine kleine Lichtung tief zwischen den engstehenden Tannen. Hier liegt kaum Schnee, an einigen Stellen schimmert sogar der Waldboden durch. Vom Dorf sind nur noch ganz vereinzelte Lichter zu erkennen und weit und breit keine Menschenseele. Das glauben die beiden zumindest, doch Ray, Winston und Egon sind ganz in ihrer Nähe. Der Mond scheint hell durch die Kronen der Nadelbäume und taucht die Lichtung in einen mystischen Schleier milchigen Lichts und grotesker Schatten. All das sieht Peter jedoch nicht, hat er doch nur Augen für Rachel, wie sich die Dame ihm vorgestellt hat. Mit verschmitztem Lächeln betrachtet er die junge Frau vor sich. Sie legt ihm elegant die Arme um den Hals und zieht ihn an sich. Dabei schmiegt sich ihr schlanker Körper verlangend gegen den seinen. Tief sehen sie sich in die Augen. In diesem Moment ist alles andere vergessen, die Kälte, der dunkle Wald, die Mission, die drohende Gefahr, einfach alles. Beunruhigt beobachten die drei anderen das Zusammenspiel der beiden. Für sie ist es äußerst schwer einzuschätzen, ob Peter das Ganze nur verdammt gut spielt oder ob er wirklich in einer Art Bann gefangen ist, der ihn an der Flucht hindern soll. Somit fällt es ihnen auch schwer, eine Entscheidung zu fällen. Sollen sie eingreifen und versuchen den Dämon zu erledigen oder sollen sie darauf hoffen, dass Peter einen Plan hat? Während die Jungs noch nach einer Lösung suchen, sinkt das Paar auf der Lichtung auf die Knie und küsst sich leidenschaftlich. Schon allein bei dem Gedanken, dreht sich den verbliebenen Geisterjägern unwillkürlich der Magen um. Langsam drückt Rachel ihr Opfer zu Boden und beugt sich über den ahnungslosen, jungen Mann. Verträumt sieht Peter zu ihr auf, scheint völlig abwesend zu sein. Mit geschickten Fingern befreit sie den Ghostbuster von seinem Schal und legt damit die blanke Haut an seinem schutzlosen Hals frei. Ihre Augen beginnen wild zu glühen und es scheint, als würde ihr Körper für einen winzigen Augenblick durchsichtig erscheinen, sodass Peter ihre wahre Gestalt erkennen kann. Darauf hat er nur gewartet, nun kann er sich sicher sein, dass sie wirklich der blutrünstige Dämon ist. Doch er behält sein Poker Face bei, lässt sich nicht anmerken, dass er sie durchschaut hat. Verführerisch beugt sich die vermeintliche Frau hinab, um einem weiteren Kuss von ihrem Auserwählten zu erhaschen. Dieser Gedanke verlangt Venkman jedoch alles ab. Als sie sich vorhin geküsst haben, kannte er ihre wahre Gestalt noch nicht und so fiel es ihm nicht schwer seine Rolle ungezwungen zu spielen, doch jetzt wird ihm mindestens genauso schlecht, wie zuvor seinen Kollegen. „Tut mir leid, Schätzchen, aber du hast Mundgeruch!“, verkündet er ihr gehässig und holt aus. In diesem Moment sind sich seine Kameraden sicher, dass Peter wieder er selbst ist und machen sich daher zum alles entscheidenden Finale bereit. Venkmans Faust trifft die Brünette hart auf die Nase. Diese Reaktion kommt für den Dämon so unerwartet, dass er nicht mehr reagieren kann. Rachel wird durch die Wucht des Schlages nach hinten geworfen und landet unsanft vor Peter auf dem Boden. Schnell richtet sich der Chef der Geisterjäger auf und ballt drohend die Fäuste. Die junge Frau wendet ihm das Gesicht zu. Dunkles Blut rinnt aus ihrer gebrochenen Nase über ihre Lippen und tropft zu Boden. Ihre Augen schwimmen in Tränen und Schmerz. Sie zittert verängstigt und blickt Peter so unendlich traurig an, dass dieser auf einmal zu zweifeln beginnt. Er hat in seinem ganzen Leben noch nie die Hand gegen ein Mädchen erhoben oder sie auch nur in irgendeiner anderen Form körperlich geschädigt. Diese unausgesprochene Regel stand für ihn stets ganz oben, da Frauen in seinen Augen doch so zerbrechlich und hilflos sind, wie der Volksmund so schön sagt: das schwache Geschlecht; und er sich daher immer als großer Beschützer angesehen hat. Nun gegen diesen Kodex verstoßen zu haben, ist für Venkman selbst wie ein Schlag ins Gesicht. Kraftlos lässt er die Fäuste sinken und starrt die weinende Frau vor sich betrübt an. Was hat er nur getan? Seine Kollegen trauen ihren Augen kaum, als Peter langsam zu ihr hinübergeht und reumütig vor ihr auf Knie fällt. „Geliebter…?“, wimmert die vermeintliche Frau und streckt ihre zitternden Hände nach ihm aus. Doch Peters Gesicht verfinstert sich. „Man, für die Nummer sollest du echt einen Oscar bekommen!“, höhnt er und holt erneut mit der geballten Faust aus. Der hungrige Dämon kann auch diesmal nicht mehr ausweichen, zu sehr ist er schon geschwächt durch die Kälte, den Schmerz und die ungewohnte Wehrhaftigkeit seines Opfers. Wieder trifft der Schlag Rachels Nase, ein Schwall Blut spritzt daraus hervor, bevor sie zu Boden geht. Mit einem ersticken Keuchen liegt sie hilflos vor Venkman und starrt fassungslos zum dunkeln Himmel empor. „Wie kannst du es eigentlich wagen, ahnungslose Leute mit so einem miesen Trick in die Falle zu locken? Traurige, einsame Menschen, die sich nichts mehr wünschen, als einen kurzen Augenblick der Zweisamkeit. Menschen, die sich verzweifelt an die Hoffnung klammern, vielleicht doch irgendwann einmal geliebt zu werden oder sei es auch nur, um ein paar Stunden lang die Wärme eines anderen zu spüren und dabei das Gefühl zu haben, etwas Besonderes zu sein…“ Er wirft diese Worte dem Dämon mit so einer ernsthaften Ehrlichkeit zu, dass seine Kollegen kaum glauben können, wie viel Gefühl in ihrem sonst so selbstgerechten Anführer steckt. Die hilflose Einsamkeit des Brünetten scheint fast greifbar zu sein und macht klar, dass sein machohaftes Gehabe eigentlich nur eine Maske ist, die er stets versucht aufrecht zu erhalten, um keine Schwäche zeigen zu müssen. „Du bist nichts weiter, als ein abstoßendes Monster! Ein hässliches Ungeheuer, dass auf dieser schönen Erde nichts zu suchen hat und daher werden wir dem jetzt ein Ende setzen! - Winston!“, fordert er streng und gibt den anderen damit ein Zeichen. Schnell erhebt sich der Schwarzhaarige aus seinem Versteck und eilt mit dem Speer zu Peter hinüber. Doch bevor er die Stelle endgültig erreicht, bricht sich das Mondlicht in der blankgeschliffenen, weißgelben Spitze aus Ainkhürn. Ein Zucken geht durch Rachels Körper. Vor Schreck reißt sie die Augen auf und stößt einen unmenschlichen Wutschrei aus. Mit einem kraftvollen Sprung wirft sie den heraneilenden Winston zu Boden. Der Speer landet im Unterholz. Dann zeigt der Dämon sein wahres Gesicht. Zuerst wird sein Körper wieder durchsichtig und lässt seine Gestalt durchschimmern, dann verschwindet die Fassade vollständig. Zum Vorschein kommt eine bleiche, dürre, menschenähnliche Gestalt. Die langen Glieder sind jedoch grotesk verbogen und so stramm mit einer dünnen, schuppenartigen Haut überzogen, dass es wirkt, als würde sie jeden Augenblick zerreißen. Lange, dicke Nägel wachsen aus Händen und Füßen. Aus dem deformierten Kopf sprießen nur eine Handvoll dünner, weißer Haarbüschel, als würde das Wesen unter einer schrecklichen Form von Strahlenkrankheit leiden. In seinem riesigen Maul, das an das einer Schlange erinnert, die ihre Kiefer ausgehakt hat, wachsen kreuz und quer gewaltige, messerähnliche Zähne in mehreren Reihen hintereinander, wie bei einem Haifisch. Ein gurgelndes Knurren ertönt aus der Kehle des Dämons, während er den wehrlosen Winston mit einer unglaublichen Kraft auf den Boden drückt. Die riesigen Zähne glänzen speichelfeucht im Schein des Mondes. Während sich der Bauarbeiten verzweifelt versucht zu befreien, kommt ihm der hungrige Dämon immer näher. Das alles ging so schnell, dass Ray und Egon vor Schreck wie erstarrt waren. Nun endlich sind sie wieder in der Lage sich zu bewegen und eilen ihrem Freund zur Hilfe. Sie packen den Dämon bei den Armen und versuchen ihn von Winston wegzuzerren. Doch obwohl das Untier geschwächt ist, hat es noch ziemlich viel Kraft. Als es den beiden gelingt, die Arme ihres Kollegen zu befreien, presst dieser sie gegen die Brust des Dämons und versucht ihn wegzudrücken. Ungelenk ist er währenddessen darauf bedacht, dem schnappenden Maul des Monsters auszuweichen. Nach etlichen verzweifelten Versuchen, gelingt es den dreien endlich, den Dämon auf den Rücken zu werfen. Mit vereinten Kräften halten sie ihn fest auf den Boden gepresst. Wild gebärt sich der Berggeist und versucht loszukommen. Plötzlich ertönt ein wütender Schrei hinter den Geisterjägern und den Bruchteil einer Sekunde später, rammt Peter den Speer mit aller Macht in die Brust der abstoßenden Gestalt. Überrascht zucken die drei anderen zusammen und lassen von dem Wesen ab. Venkman stützt sich mit seinem gesamten Gewicht auf den langen Speer und treibt ihn immer tiefer in dem zuckenden Leib hinein. Animalische, undefinierbare Schmerz- und Wutlaute dringen aus dem weitaufgerissenen Maul des Dämons. „Verreck endlich, du Mistvieh!“, keucht Peter atemlos und versetzt dem Speer einen letzten, kräftigen Ruck. Die geschliffene Ainkhürnspitze durchbohrt das Herz des Monsters. Plötzlich erstrahlt ein gleißendes Licht in der Wunde und Peter landet unsanft auf seinem Hintern. Am Boden festgepinnt, bäumt sich der sterbende Dämon auf und schreit sein Leid in die Welt hinaus. Seine Gestaltwandlung gerät dabei vollkommen außer Kontrolle, sodass die Jungs all die Menschen sehen können, die das Wesen im Laufe seines Lebens erschaffen hat. Als Vorletztes nimmt der Dämon die Gestalt von Roscoe Fisher an und belegt damit die Vermutung der Geisterjäger. Das letzte Gesicht ist das von Rachel, die Peter noch mal einen endlos traurigen Blick zuwirft, doch der Brünette erwidert ihn nur kalt und ohne jedes Gefühl. Dann hat sich das Ainkhürn soweit in der Blutbahn des Wesens verteilt, dass er wieder seine eigentliche Gestalt annimmt und sich seine Haut schwarz verfärbt. Das Wesen macht einen letzten, zitternden Atemzug, dann scheint es in seiner Position einzufrieren. Das helle Mondlicht dringt durch die Tannenkronen und fällt auf den regungslosen Körper. Qualmwölkchen beginnen von der geschwärzten Haut aufzusteigen, dann ein lautes Puffen, ähnlich eines Feuerwerkkörpers in einem langen Rohr und den toten Körper des Berggeistes zerreißt es in seine Bestandteile. Zurück bleibt nur ein kleines Häufchen qualmender Asche, das vom leichten Wind in die Untiefen des Waldes hinein verstreut wird. Klappernd landet der Holzstiel des Speers auf dem Boden. Seine Spitze aus Ainkhürn ist mit dem Dämon verschwunden. Mit großen Augen blicken sich die vier jungen Männer sprachlos an. „Wir haben es geschafft…!“, kommt es noch etwas ungläubig von Ray. „Ja und ich dachte schon, mein letztes Stündlein hätte geschlagen…“, erwidert Winston leicht neben sich. „Faszinierend…“, ist alles, was Egon dazu sagen kann. Peter starrt nur stumm auf die Stelle am Waldboden, an der eben der Dämon gestorben ist. Dann merkt er, wie ihn die anderen durchdringen ansehen. „Was ist?“, fragt er irritiert. „Das war eine echt überzeugende Show, die du da abgeliefert hast!“, lobt ihn Winston und klopf ihm auf die Schulter. „Wirklich?“, entgegnet der Brünette, der es nicht wirklich so empfunden hat und sich auch nicht mehr an alles erinnern kann. „Ja! Ein Hoch auf unseren mutigen Anführer!“, erwidert Ray ausgelassen und ein Jubeln geht durch die drei Jungs. Überrascht breitet sich ein leichter Rotschimmer auf den Wangen des Brünetten aus. Noch nie hat ihn einer seiner Kollegen als Anführer bezeichnet und es dabei so positiv klingen lassen. Peter ist wahrlich gerührt und vielleicht erkennen sie seine selbstgewählte Position ab jetzt auch etwas mehr an. Doch das steht in den Sternen… Kapitel 10: Modern ghost art ---------------------------- Einen Monat später… Der Januar hält Manhattan in seiner eisigen Faust gefangen. Ein kalter Wind fegt durch die Straßen. Hier und da liegen Reste der Unmengen an Schnee, die zum Jahreswechsel gefallen sind, jetzt hartgefroren wie Beton. Auf den sonst so belebten Straßen der bunten Metropole hält sich nur der auf, der unbedingt vor die Tür muss. Wer kann, bliebt lieber zu Hause am warmen Ofen. Geistern ist das Wetter allerdings vollkommen egal. So kann es hageln, stürmen oder so heiß sein, dass man sich wie in einem Backofen fühlt, die ektoplasmischen Geschöpfe lassen sich davon nicht beeindrucken. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass das Telefon im Hauptquartier der Ghostbusters auch heute Abend zu klingeln beginnt. Janine sieht von ihrem Computer auf und stellt die Tasse mit dampfendem Tee auf dem Schreibtisch ab. Mit einer eleganten Bewegung ergreift sie den Hörer des roten Apparates, nimmt einen Stift zur Hand und zieht ihren Block zu sich heran. „Geisterjäger? Wenn etwas bei ihnen spuckt, fangen wir es ein! Was kann ich für sie tun?“, meldet sie sich freundlich. Am anderen Ende ertönt eine aufgeregte Männerstimme mit schwerem, französischem Akzent. Die Rothaarige hat Mühe den Herrn zu verstehen, doch es klingt durchaus ernst. „So beruhigen sie sich doch bitte und nennen sie mir ihre Adresse, dann schicke ich die Jungs auch gleich vorbei…“ Der Herr am anderen Ende wirkt schrecklich aufgelöst und erst beim zweiten Anlauf versteht Janine, wo der Geist sein Unwesen treibt. „Sie brauchen sich wirklich keine Sorgen zu machen. Die Jungs werden es schon hinbekommen, sodass sie ihre Ausstellung rechtzeitig eröffnen können.“ Er dankt ihr, doch es klingt nicht sonderlich überzeugt. Mit einem leichten Seufzen legt sie den Hörer auf und betätigt den Knopf der Einsatzglocke. Grell beginnt die Klingel zu schrillen und Bewegung kommt in das Gebäude. Wenige Augenblicke später rutschen die vier jungen Männer an der Stange hinab und versammeln sich vor ihrem Schreibtisch. Wenn Janine an das ungemütliche Wetter dort draußen denkt, tun ihr die Jungs schon irgendwie leid, aber Job ist Job und wer Geld verdienen will, muss eben auch raus, egal wie bescheiden es ist. Dennoch wirken die vier motiviert, oder besser gesagt, drei von ihnen. Beim Gedanken an die Kälte, beginnt sich Peter unweigerlich zu schütteln und gibt ein verstimmtes Geräusch von sich. Aber es hilft ja alles nichts. „Was gibt es denn, Janine?“, fragt Ray aufgeregt. Die Vorfreude auf etwas Abwechslung bei diesem tristen Wetter, ist ihm deutlich anzusehen. „Das Metropolitan Museum hat angerufen. Sie stehen wohl kurz vor der Eröffnung einer neuen Ausstellung, weshalb das Ganze ziemlich dringend ist. Dort treibt sich ein Geist rum, der sich wohl ausschließlich an den Bildern dieser neuen Ausstellung vergreift.“, erläutert die Rothaarige. „Na, dann ist unser Geist ja ein echter Kunstliebhaber, was?“, erwidert Peter mit einem Grinsen. „Ja, vermutlich genauso sehr wie du.“, entgegnet ihm Winston belustigt und hält ihm einen Zeitungsartikel mit der Werbung für die Ausstellung vor die Nase. Irritiert ergreift der Brünette die Seite. Die Sonderausstellung trägt den Titel ‚Insekten auf weiter Flur‘ und ist einem jungen Künstler namens John Ringley gewidmet. Venkman entgleiten alle Gesichtszüge. „Was? Das kann doch nicht wahr sein!“, jammert er theatralisch und schüttelt sich wieder. Winstons Hand legt sich auf seine Schulter. „Was für ein Thema, nicht wahr? Wenn du Glück hast, gibt es auch ein paar herrliche Kakerlaken im Großformat!“, neckt ihn der Schwarzhaarige. Schon allein beim Gedanken daran, wird Peter ganz blass. Oh, wie sehr er diese Biester verabscheut. Kann es etwas Widerlicheres geben, als Kakerlaken? Und als wenn das nicht schon reichen würde, muss Winston ihn damit auch noch ärgern. Innerlich versucht der Brünette ein Knurren zu unterdrücken. Stattdessen wirft er seinem Kollegen einen bitterbösen Blick zu. Die alte Eifersucht kocht in ihm hoch, insbesondere als Ray ebenfalls zu schmunzeln und sich über sein Leid lustig zu machen beginnt. Das ist so unfair! Die beiden sind sich so vertraut miteinander, dass es schon echt furchtbar ist. Und wie sie sich immer ansehen, wie so ein frischverliebtes Teenie-Pärchen. Es macht ihn ganz verrückt! In Peters Augen ist es gar nicht zu übersehen, dass die beiden was am Laufen haben, doch außer ihn selbst, scheint das hier keiner wahrzunehmen. Oh, ja. Sie haben miteinander geschlafen, Peter kann es förmlich riechen und das macht ihn ganz krank. Ray sollte eigentlich ihm gehören, ihm allein! Doch irgendwie bekommt er das nicht auf die Reihe und dann muss er sich auch noch ständig von Winston ärgern lassen. Es ist fast so, als wüsste der Schwarzhaarige, dass Peter eifersüchtig ist und reibt ihm seinen Triumph daher mit seinen Neckereien unter die Nase. Doch so leicht gibt sich ein Dr. Peter Venkman nicht geschlagen! Ihm fällt nur noch nicht ein, was er tun soll, aber das wird schon irgendwann kommen. Und bis dahin kann er sich ja erst mal versuchen, mit dem unschönen Wetter und diesen widerlichen Insekten anzufreunden. Genervt lässt er sich auf den Beifahrersitz fallen und grübelt nach. Zum Glück hat Ecto-1 eine gute Heizung, sodass ihnen wenigstens auf der Fahrt zum Museum nicht der Hintern abfriert. Falls sie doch ausfallen sollte, gelingt es Raymond ja vielleicht, den Wagen gegen eine Laterne zu setzen und so ihrem Leiden ein schnelles Ende zu bereiten. Beim überschwänglichen Fahrstil des Mechanikers wäre das auch kein Wunder. Trotz des bescheidenen Wetters und den daraus resultierenden Fahrbahnbedingungen, fährt Ray wie immer, als wäre der Teufel persönlich hinter ihm her. Wegen der Witterung sind zwar nicht so viele Autos unterwegs, wie sonst und es ist schon fast eine Verschwendung, die Sirene überhaupt einzuschalten, aber das hält ihn nicht davon ab, das Gaspedal bis zum Anschlag durchzutreten und um jedes andere Fahrzeug herum zu flitzen, wie ein Windhund bei der Jagd auf ein Kaninchen. Zum Glück sind die Straßen nicht auch noch vereist, sonst würden sie schon an der ersten Kreuzung einen Unfall bauen. „Oh, man! Ich war noch nie in diesem Museum und jetzt können wir es uns ansehen, ohne die ganzen anderen Leute! Das ist ja so aufregend!“ Hibbelig rutscht Ray auf dem Sitz hin und her. „Wenn du es wirklich noch nicht gesehen hast, dann bin ich mir sicher, dass es dir sehr gut gefallen wird, Ray. Das Metropolitan Museum ist das größte, kunsthistorische Museum der USA, mit Exponaten aus der ganzen Welt!“, entgegnet ihm Egon nicht weniger begeistert. ‚Oh Mann, da haben sich ja zwei gefunden…‘, geht es Peter durch den Kopf. In seinen Augen sind die meisten Museen einfach nur unglaublich langweilig. Kaum zwanzig Minuten nachdem sie das Hauptquartier verlassen haben, stoppt Raymond den Wagen direkt vor dem imposanten Kalksteingebäude. Hier ist zwar absolut kein Parkplatz, aber solche Nebensächlichkeiten haben die Jungs noch nie wirklich interessiert. Der Wachmann, der ihnen auf der großen Steintreppe entgegenkommt, scheint sich daran auch nicht sonderlich zu stören. Im Gegenteil, er drängt die Jungs sogar noch zur Eile. Die Sonne ist schon längst untergegangen und das gewaltige, zart beigefarbene Gebäude liegt verlassen da. Die Springbrunnen links und rechts neben der langen Eingangstreppe sind für den Winter abgestellt und eingeschneit, sodass man ihr Vorhandensein kaum bemerkt. Große Scheinwerfer erleuchten das neoklassizistische Bauwerk, im Innern brennt jedoch kaum Licht. Riesige Banner hängen von den Dachvorsprüngen herunter und kündigen die neue Sonderausstellung an, die am Montag eröffnen soll. „Sie sind sicher die Geisterjäger. Bitte, kommen sie schnell rein!“, scheucht sie der Wachmann und eilt dabei die Stufen wieder hinauf, ehe er überhaupt am unteren Ende angekommen ist. Ganz so sehr lassen sich die Jungs allerdings nicht hetzen. Akribisch kontrollieren sie kurz ihre Ausrüstung und schultern ihre Protonenstrahler. „Meine Güte, was für eine Hektik…“, kommentiert Peter mit erhobener Augenbraue. „Solange der Geist die Heizung da drin nicht demoliert hat, ist mir das reichlich schnuppe…“, erwidert Winston und reibt sich die kalten Hände. Wenige Augenblicke später erklimmen die Jungs die Stufen des Museums, an deren oberen Ende der Wachmann ungeduldig auf sie wartet. Kaum, dass sie die gewaltigen Holztüren durchquert haben, schlägt ihnen eine angenehme Wärme entgegen. Ein erleichtertes Raunen geht durch die Jungs. Zumindest die Heizung funktioniert also noch. Vor ihnen erstreckt sich der riesige Eingangsbereich des Museums. Die gewölbten Decken sind so hoch, dass man sich regelrecht winzig vorkommt. Überall stehen verzierte Säulen, aufwendig gestalteter Stuck schmückt die Wände und Rundbögen, alles ist in Weiß und Beige gehalten, zart goldgelber Marmor erstreckt sich endlos unter ihren Füßen und glänzt blankpoliert im sanften, warmem Schein unzähliger Leuchter. „Wow! Das ist ja einfach unglaublich!“, entkommt es Ray voller Ehrfurcht. In dem verlassenen Gebäude hallt seine Stimme von den hohen Decken wider und flüstert beinahe unheimlich durch die Gänge. Ein Geräusch, das einem schon fast eine Gänsehaut beschert, wo doch hier sonst so ein lautes Durcheinander herrscht. Nachts so allein in einem so dermaßen großen Museum, hat schon etwas Gruseliges an sich, dass müssen selbst die erfahrenen Geisterjäger zugeben. „Kommen sie hier entlang, bitte.“, drängt sie der Nachtwächter weiter. Auf dem blanken Marmor des Eingangsbereichs klingen ihre schweren Stiefel dumpf, polternd und unglaublich laut. Während Ray aus dem Staunen kaum noch herauskommt, fühlt sich Egon in dieser wissenserfüllten Stille schrecklich fehl am Platz. Unter anderen Umständen liebt er Museen über alles und genießt jede Minute, die er darin verbringen kann, doch hier ihrer Arbeit nachgehen zu müssen, ist so unschön. Es ist einfach falsch, hier zu sein, jetzt wo das Museum geschlossen hat und dann auch noch so schwer bewaffnet. All diese unschätzbar wertvollen Kunstwerke sind ihren glühenden Protonenstrahlen hilflos ausgeliefert, wie ein rohes Ei auf einem heißen Motorblock. Dieser Gedanke gefällt ihm ganz und gar nicht. Immerhin ist jedes Mal, wenn sie ihre Strahler im Einsatz hatten, erheblicher Schaden entstanden. Normalerweise hat Egon das nicht wirklich gestört, lässt sich halt nicht vermeiden, wenn man solch flinke Gestalten jagt, die selbst genug Schaden anrichtet, doch jetzt blutet ihm regelrecht das Herz. Es muss einfach eine Möglichkeit geben, den Schaden diesmal auf ein Minimum zu reduzieren oder ihn am besten ganz zu vermeiden. Angestrengt grübelt er nach, während sie der Wachmann zu seinem Schreibtisch führt. Kurz bevor sie den klobigen Eichenholztisch mit seinen vielen Monitoren erreichen, kommt ihnen auch schon ein anderer Mann entgegen. Sein kurzes, schwarzes Haar ist penibel aus der hohen Stirn gekämmt, seine dunklen Augen blicken gehetzt über die rundliche Brille hinweg und sein perfekt sitzender, anthrazitfarbener Anzug wirkt unglaublich teuer und dennoch lässt er ihn wirken wie einen Butler aus einem alten Film. Seine teuren, glänzenden Schuhe erzeugen noch lautere Geräusche auf dem Marmor, als die Stiefel der Jungs und seine flinken Schritte lassen das Echo klingen, als würde jemand immer wieder ein halbvolles Glas mit einer Gabel anschlagen. „Ah, bienvenue! Monsieur esprit chasseur, Dr. Venkman!“, verkündet der Mann im Anzug und streckt freudig die Hand nach Peter aus, obwohl sie noch mehrere Meter voneinander trennen. Irritiert legt der Brünette die Stirn in Falten. „Wie hat der Kerl mich gerade genannt?“, entkommt es ihm und er ballt mahnend eine Faust. Leicht schmunzelnd legt ihm Ray eine Hand auf die Schulter. „Reg dich doch nicht auf, Peter. Er spricht doch bloß Französisch.“ Abschätzend mustert der Größere ihn. „Ach ja? Kein Grund mich zu beleidigen.“, motzt er zurück. Ray fängt an zu lachen. „Er hat dich nicht beleidigt. Er sagte nur: Willkommen, Mister Geisterjäger! Weiter nichts.“ Ehe Peter dem etwas hinzufügen kann, ergreift der Franzose seine Hand und schüttelt sie überschwänglich. *„Salut, messieurs! Ische freue misch, sie in meine Museum begrüßen zu dürfen! *Merci beaucoup, dass sie so schnell kommen konnten!“ Geschwind geht er die Reihe rum und begrüßt auch die anderen drei. „Ische habe schon so viele Gutes von ihre Arbeit gehört, doch ische hätte nie gedachte, das meine Museum einmal von so eine Geiste heimgesucht wird! Und das, obwohl die neue Ausstellung in zwei Tage Eröffnung hat! Das ist eine Katastrophe!“ Beruhigend tätschelt der Nachtwächter über den Rücken des aufgebrachten Mannes. Dieser scheint dann auch schnell seine Fassung wiederzufinden, streicht sich die Haare glatt und richtet seinen Anzug. *„Mon Dieu! Wo sind nur meine Marineren? *Mille regrets! Ische bin Phillippe de Montebello, der Direktor von die Museum.“ Der Franzose deutet eine Verbeugung an und blickt dann ernst in die Runde. Peter rümpft über das ganze Französisch nur die Nase, doch aus dem Kontext konnte er sich schon irgendwie zusammenreimen, was der Mann vor ihm von sich gegeben hat. „Machen sie sich mal keine Sorgen, wir kümmern uns schon um ihr kleines Geisterproblem.“, versichert er dem Direktor, was ihm ein äußerst dankbares Lächeln des anderen Mannes einbringt. *„Oui, oui. Davon bin ische fest überzeugt, Dr. Venkman. Und ische muss hoffentlich nicht erwähnen, dass die Gegenstände hier im Museum von unschätzbare Wert sind, n’est-ce pas? Daher würde ische sie bitten, vorsichtig mit diese Dinger umzugehen.“ Etwas überfordert deutet Phillippe auf die Protonenstrahler und unterstützt damit nur Egons Befürchtungen. „Natürlich werden wir uns alle nur erdenkliche Mühe geben und mit äußerster Vorsicht an die Sache herangehen, Monsieur de Montebello.“, versichert ihm der Blonde und hofft dabei, dass auch Peter seine Ansicht teilt und nicht wie ein Barbar um sich schießt. Bekräftigend nickt der Direktor. *„Soit! Ische habe vollste Vertrauen in ihre Arbeit. Monsieur Schmidt ist hier die Nachtwächter. Er wird ihnen alles zeigen. Ische muss misch leider verabschieden und wünsche ihnen alles Gute. *Au revoir!“ Mit diesen Worten wendet sich de Montebello um und verlässt das Museum. Peter stößt ein Seufzen aus. Der schwere Akzent des Mannes wurde ihm langsam echt zu viel, mal ganz von den Worten abgesehen, die er zwischendurch auf Französisch geplappert hat und bei denen er sich nicht ganz sicher ist, was sie alle bedeuten. Der Wachmann ist klein, leicht gedrungen und wirkt ganz und gar nicht so, als könnte er sich irgendwem, geschweige denn irgendetwas in den Weg stellen. Die Tatsache, dass er eine Uniform trägt, die der eines Polizisten sehr ähnlich ist, lässt ihn auch nicht beeindruckender wirken, auch nicht der armdicke Schlagstock an seinem Gürtel. Er wirkt eher wie ein zu groß geratenes Kind, das Sheriff spielt, wäre da nicht die beginnende Glatze, die sein fortgeschrittenes Alter verrät. Trotz seiner nicht gerade beeindruckenden Statur, scheint er seine Arbeit sehr ernst zu nehmen und wirkt äußerst kompetent. Und zu Peters sichtlicher Erleichterung, hat der Nachtwächter keinen französischen Akzent, sondern die typische, leicht gedehnte Sprechweise von Leuten, die aus dem Süden New Yorks stammen. „Ok, Jungs! Ihr habt den Boss gehört. Also fangt dieses Ding ein und macht dabei nicht alles kaputt, haben wir uns verstanden?“, mahnend mustert Schmidt die vier Geisterjäger und richtet dabei mit einem leichten Grunzen seinen Gürtel, an dem der schwere Schlagstock baumelt, als wäre er eine zusätzliche Warnung. Kurz blicken sich die jungen Männer an und nicken dann. „Gut. Dann kommt mit. Ich zeige euch den Ausstellungsraum, in dem sich das Biest verkrochen hat…“ In der Stimme des Wachmanns ist deutlich eine gewisse Abneigung gegen diesen Geist zu hören. Vielleicht galt die Abneigung aber auch den Jungs und ihrer Arbeit, die er ganz sicher für Blödsinn hält, obwohl er den Geist mit eigenen Augen gesehen hat. Etwas plump setzt sich Schmidt in Bewegung und die vier folgen ihm. Als sie den hellerleuchteten Eingangsbereich verlassen, erstrecken sich vor ihnen endlose, dunkle Gänge. Nur die Ausstellungsstücke sind mit feinen Punktstrahlern beleuchtet und nicht wenige von ihnen werden von roten Laserstrahlen umgeben. „Das Licht ist während der Nacht im ganzen Museum abgeschaltet, nur die Objekte werden dann noch beleuchtet. Ich schätz mal nicht, dass euch das bei eurer Arbeit stört, oder?“ „Nee, eher nicht und im Ernstfall haben wir auch Taschenlampen.“, gibt Venkman zurück. „Prima. Das Licht wird nämlich ferngesteuert und schaltet sich jeden Tag automatisch ein. Ich könnte es nicht mal anmachen, wenn ich es wollte. Allerdings schaltet es sich ein, wenn Alarm ausgelöst wird. Nur das Licht in der Eingangshalle brennt die ganze Nacht durch. – Den Alarm hab ich aber in dem Ausstellungsraum, in den ihr müsst, abgeschaltet. Was aber nicht heißen soll, dass ihr die Sachen befingern dürft, klar?“ Die Strenge in der Stimme des kleinen Mannes ist überdeutlich zu hören und lässt ihn dabei wirken wie einen Lehrer, der versucht, seinen viel zu jungen Schüler beizubringen, dass man in einem Museum nichts anzufassen hat. Winston und Peter können sich ein Schmunzeln kaum verkneifen, während Egon und Ray die vielen Exponate auf ihrem Weg bewundern und es fraglich ist, ob sie überhaupt zugehört haben. „Schon klar, wir fassen nichts an…“, gluckst Winston und erntet damit einen bitterbösen Blick von Schmidt. Der Schwarzhaarige räuspert sich daraufhin etwas verlegen. „Ehrlich, wir fassen nichts an…“ Nach einem weiteren strengen Blick, setzt der Wachmann den Weg fort. Schließlich erreichen sie den Ausstellungsraum. Die großen Holztüren sind fest verschlossen, als könnten sie den Geist damit daran hintern, zu flüchten. „Sie wissen aber schon, dass man eine ektoplasmische Erscheinung nicht mit einer gewöhnlichen Holztür einsperren kann?“, fragt Egon den Nachtwächter eindringlich. „Wenn sie es sagen. – Tatsache ist aber, dass sich dieses Was-auch-immer ausschließlich in diesem Raum aufhält und sich an den Objekten darin vergreift. Selbst als ich es versucht hab zu verscheuchen, hat es den Raum nicht verlassen, obwohl ich sogar ein paar Fenster aufgemacht hab.“, entgegnet Schmidt matt. Der Tüftler richtet seine Brille. „Faszinierend…“ „Denkst du, dass es ein Poltergeist sein könnte, Egon?“, fragt Ray nachdenklich. „Das würde die Ortsgebundenheit vielleicht erklären. – Doch Poltergeister zeigen sich Menschen im Allgemeinen nicht und sie haben ihn doch eindeutig gesehen, nicht wahr, Mister Schmidt?“, fragt der Blonde. „Klar hab ich das Ding gesehen. Schwirrte durch die Luft wie ein halbdurchsichtiger Ballon. So eine schemenhafte, weiße Gestalt, wie man sich halt so einen Geist vorstellt…“, entgegnet der Wachmann trocken und lässt dabei erneut seine Abneigung gegen diesen Humbug erkennen. Nachdenklich nickt Egon. „Dann handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um einen ganz gewöhnlichen Geist.“ Er zieht sein PKE-Gerät aus der Tasche und schaltet es ein. Die Antennen richten sich nur minimal auf und auch das Piepsen hört sich alles andere als drohend an. „Es sieht so aus, als wäre der Geist ziemlich harmlos oder wäre gerade in einer Ruhephase.“ „Na, dann dürfte es ja kein Problem sein, ihn einzufangen! Also an die Arbeit, Männer!“, verkündet Peter mit einem Anflug von Enthusiasmus. Wenn er sich da aber mal nicht irrt… Leicht skeptisch mustert Schmidt die vier nach einmal, ehe er die großen Türen zum Ausstellungsraum öffnet. „Na, dann mal viel Vergnügen…“, witzelt er und verschleißt den Saal wieder, nachdem die Geisterjäger eingetreten sind. Als die Türen hinter ihnen geräuschvoll ins Schloss fallen, sehen sich die Jungs unschlüssig um. Wie zu erwarten war, ist der Raum unglaublich groß. Die Decke ist im Zwielicht der Punktstrahler überhaupt nicht zu erkennen. Sie lässt sich nur durch das Oberlicht erahnen, durch das schwaches Mondlicht einfällt. Die kleinen Strahler, die die Exponate erhellen, scheinen in der Dunkelheit des Raumes zu schweben wie Glühwürmchen und erleuchten kaum mehr als dreißig Zentimeter in ihrem Umkreis. Bis auf das gelangweilte Piepsen des PKE-Geräts, ist nichts zu hören. Und obwohl der Raum riesig ist, wirkt er gleichzeitig unglaublich erdrückend. In jeder Ecke hocken schwere Schatten, die einen durch den ganzen Saal zu verfolgen scheinen. Der Steinboden unter ihren Füßen, lässt jeden Schritt wie einen Faustschlag klingen, der mit einer ungeahnten Endgültigkeit zur Decke hinaufgetragen wird. Laut einem Flyer, den Ray vom Kassenbereich der Eingangshalle mitgenommen hat, zeigt diese Ausstellung fünfunddreißig Gemälde, acht Skulpturen und einige Texte, Berichte und Fotos aus dem Leben des Künstlers, die seinen Werdegang dokumentieren. Beim Gedanken daran, von so vielen Insekten in einem dunklen Raum umzingelt zu sein, jagt ein eiskalter Schauer über Peters Rücken. Wie seine Kollegen, zieht auch Venkman seine Taschenlampe. In die andere Hand nimmt er die Pistole des Strahlers. „Stellt eine möglichst geringe Frequenz ein und vermeidet es, zu schießen, wenn es nur irgendwie geht. Sollte es doch nötig sein, versucht nach oben zu zielen, damit wir hier nichts kaputtmachen. – Vielleicht gelingt es uns ja auch, den Geist nach draußen zu locken, damit wir ihn dort einfangen können…“, meint Egon und blickt dabei jeden seiner Kameraden eindringlich an. Sie nicken einvernehmlich, sind sich aber nicht sicher, ob sich das Ganze auch so umsetzen lässt. Dennoch müssen sie es irgendwie versuchen. Normalerweise scheren sie sich ja wenig darum, ob etwas zu Bruch geht oder nicht, doch das Museum hat für Ray und Egon auch einen persönlichen Wert. Ganz zu schweigen davon, dass die Sachen sehr wertvoll sind und sie es sich unmöglich leisten können, den Schaden zu bezahlen. Langsam trennen sie sich und beginnen ihre Suche in der Dunkelheit. Nervös anmutend zucken die Strahlen ihrer Taschenlampen durch dem Raum, wie Suchscheinwerfen bei einem Militäreinsatz. Mit einem äußerst unguten Gefühl tastet sich Peter voran und versucht den direkten Blick auf die Ausstellungsstücke zu vermeiden. Doch das ist leichter gesagt, als getan. Wie ferngesteuert richten sich seine Augen immer wieder auf die punktuelle Beleuchtung aus. Das erste Bild, das er passiert, ist aber harmlos. Es zeigt einen gelbschwarzen Schmetterling, der im Sonnenlicht über eine üppige Blumenwiese fliegt. Eine gewisse Erleichterung überkommt den Brünetten. Schmetterlinge haben nun wirklich nichts Ekelhaftes an sich. Daher kann er das Bild auch etwas genauer betrachten. Es wirkt unglaublich realistisch, fast so, als wäre es eine Fotographie. Die bunten Blumen erscheinen so üppig und voll, dass Peter schon der Gedanke kommt, sie riechen zu können, wenn er nur nahe genug an das Gemälde herangeht. Allerdings befindet sich vor dem Bild eine schwere, weinrote Samtschnur, die den Betrachter auf Abstand halten soll. Die prächtigen Flügel des Schmetterlings wirken unglaublich filigran, als könnte man sie schon durch bloßes Anstarren zerstören. Peter muss zugeben, dass der Kerl ein ziemliches Talent hat, trotz der Tatsache, dass er sich Insekten zum Vorbild genommen hat. Etwas beruhigter setzt er seinen Weg fort. Das nächste Bild, auf das seine Taschenlampe fällt, ist schon weniger schön. Es bildet wahrscheinlich das Kontra zu dem Schmetterling. Es zeigt eine dicke, pelzige Motte, die sich im Mondlicht an einem überreifen Apfel gütlich tut. Auch dieses Gemälde ist so detailliert und realistisch, dass Peter schon beinahe die widerlichen Flügel plump über seine Wange streifen fühlen kann. Nur allzu gut kann er sich das unmelodische Geräusch vorstellen, mit dem der dickliche Körper des Insekts gegen eine Straßenlaterne prallt, angezogen vom unwiderstehlichen Leuchten der Natriumdampflampe. Leicht verzieht er das Gesicht und wendet sich ab. Ehe er das nächste Bild erreicht, vernimmt er ein Geräusch rechts von sich. Es ist leise, unscheinbar und er ist sich nicht sicher, ob es von dem Geist stammen könnte oder nur von einem seiner Kollegen. Das Hallen ihrer Schritte hat er zwar gedanklich ausgeblendet, doch das war etwas Anderes. Er kann nur nicht sagen was. Venkman umklammert seinen Protonenstrahler fester, ist sich dennoch bewusst, dass er ihn nicht einsetzen sollte, wenn es sich vermeiden lässt. Er wendet sich in die Richtung, aus der er das Geräusch vernommen hat und erstarrt plötzlich vor Schreck. Direkt vor seiner Nase hockt ein gewaltiges Monster, das er bisher nur aus seinen schlimmsten Alpträumen kennt. Sein Herz setzt fast aus, als er in die weitgeöffneten Kieferwerkzeuge blickt, wie in einen düsteren Abgrund. Lange Fühler strecken sich ihm suchend entgegen und haarige, dürre Beine mit scharfen Krallen an ihrem Ende kratzen über den Boden. Peter wird schlecht. Ein gequälter Aufschrei entkommt seiner Kehle und er fällt kraftlos auf seinen Allerwertesten. Hilflos und kaum in der Lage Luft zu holen, blickt er die Bestie an. Alarmiert erscheinen die drei restlichen Geisterjäger neben ihm. „Hast du den Geist gefunden?“, fragt Winston kampfbereit. Doch Peter gibt nur ein weinerliches Wimmern von sich und starrt weiterhin das gewaltige Monster vor sich an. Die Jungs folgen seinem Blick mit gezogenen Waffen und lassen die Strahler dann wieder sinken. Mit einer Mischung aus Belustigung und Mitleid betrachten sie die Skulptur. Sie zeigt eine überdimensionale Kakerlake, die auf einem Betonsockel in Augenhöhe thront, der wohl einen Küchenboden darstellen soll. Mit suchenden Fühlern scheint sich fluchtbereit zu lauern. Die Mundwerkzeuge gierig geöffnet, in der Hoffnung etwas Fressbares zu ergattern. Sie wirkt so lebensecht, als hätte man so ein Krabbeltier radioaktiver Strahlung ausgesetzt und zu einem Giganten mutiert. Für Peter wahrlich der reinste Horror. „Hey Peter! Die ist doch nicht echt!“, versucht Ray ihn zu beruhigen, während Egon ihm wieder auf die Beine hilft. „Das weiß ich doch!“, pflaumt Venkman giftig zurück. Dann wirft er der Skulptur noch mal einen abschätzenden Blick zu und schüttelt sich. „Das macht sie aber nicht weniger widerlich…“, ergänzt er schmollend und schlägt einen anderen Weg ein. Mit einem Schmunzeln blicken ihm die anderen nach und verteilen sich dann wieder. Sie haben sich noch nicht lange voneinander entfernt, da hören sie alle ein schmatzend-feuchtes Geräusch. Angespannt sammeln sie sich alle wieder und nähern sich dem anhaltenden Laut. Hinter einer Säule entdecken sie dann tatsächlich den Geist. Seine schemenhaft-weiße Gestalt hat etwas unglaublich Menschliches. Bis auf die Gegebenheit, dass der Geist anstatt Beine einen kurzen Schwanz hat, sieht er ansonsten wie ein alter Mann aus. Er trägt ein kariertes Hemd und darüber eine Strickjacke. Das kurze, weiße Haar, das nur in einem Kranz um seinen Hinterkopf verläuft, steht ihm wild zu Berge. Seinen zitternden Händen sieht man deutlich das fortgeschrittene Alter an. Tiefe Falten ziehen sich über das ernste, durchsichtig-weiße Gesicht. Streng blicken die Augen auf das Bild vor sich, während seine gekrümmten Finger glibberiges Ektoplasma über das Gemälde verteilen. Dabei murmelt er immer wieder unverständlich ein und dasselbe Wort vor sich hin. „Hey, du Schmutzfink! Hände hoch!“, grölt Peter ihm entgegen und richtet seinen Strahler auf die durchscheinende Gestalt. Erschrocken zuckt der Geist zusammen. Würde er nicht aus Ektoplasma bestehen, würde er in diesem Augenblick wie ein äußerst verstimmter Achtzigjähriger aussehen, der sich über freche Kinder in seinem Vorgarten ärgert. Mit zornigem Blick mustert der ältliche Geist seine Gegner einen Sekundenbruchteil, dann setzt er zum Angriff an. Ehe Peter seinen Strahler einschalten kann, stößt das Wesen mit ihm zusammen und reißt ihn von den Füßen. Haltlos landet er auf dem Rücken. Ein Schuss löst sich aus der Spitze seiner Waffe und zerschießt ein Fenster des Oberlichts. Die Scherben regnen mit einem Klirren auf die Jungs hernieder und der Geist ergreift die Flucht. Wie eine Schildkröte, die auf ihrem Panzer hilflos in der Sonne liegt, so liegt auch Venkman auf seinem Protonenpack. Ein theatralisches Stöhnen ertönt von ihm, während er angewidert das Gesicht verzeiht. „Er hat mich angeschleimt…“, jammert der Brünette und kann sich vor Ekel kaum beherrschen. Egon geht neben ihm in die Knie und betrachtet das hinterlassene Ektoplasma. „Faszinierend…“, murmelt er und zerreibt etwas von dem Schleim zwischen seinen Fingern. Während Winston Peter in eine sitzende Position hilft, holt der Blonde ein kleines Gefäß aus seiner Tasche und schraubt den Deckel ab. „Ich hab´s dir schon mal gesagt und ich sage es jetzt wieder: das ist nicht faszinierend, sondern ekelhaft!“, empört sich Venkman, doch der Tüftler ignoriert ihn. Stattdessen ergreift er erstaunlich zärtlich Peters Kinn, damit dieser ihn ansieht. Überrascht weiten sich die Augen des Anführers. Der Ausdruck im Gesicht des hochgewachsenen Mannes vor ihm, ist so liebevoll, dass es regelrecht Peters Herz erwärmt und er völlig die Tatsache verdrängt, dass Egon eigentlich keinerlei Interesse an irgendwelchen Annäherungen hat. Verträumt erwidert der Brünette den Blick seines langjährigen Freundes, bis auf einmal etwas Hartes über seine Wange gleitet. „Was zum…?“, entkommt es dem Jüngeren verwirrt und leicht verärgert. Wie sich herausstellt, war Egon wohl keinesfalls an seinem Befinden interessiert oder gar besorgt um ihn, nein, er wollte nur eine Probe von diesem widerlichen Schleim! Gewissenhaft verschließt der Tüftler das Gefäß und steckt es wieder weg, als wäre das eben das Natürlichste auf der Welt. „Du spinnst doch total!“, motzt Venkman ihn mit roten Wangen an, doch der Angesprochene hört gar nicht zu. „Was meinst du?“, fragt er daher unschuldig. „Ach, vergiss es!“, blafft Peter zurück und sucht nach einem Taschentuch, um sich die Schmiere aus dem Gesicht zu wischen. „Hey Leute! Peter scheint nicht das Einzige zu sein, dass der Geist angeschleimt hat…“, ertönt es nun von Ray. Gemeinsam betrachten sie das Bild, an dem sich die durchschimmernde Gestalt bei seiner Entdeckung vergriffen hat. Es zeigt einen Marienkäfer, der einen Grashalm entlang krabbelt. Der Halm biegt sich unter dem Gewicht eines großen Tautropfens an seiner Spitze. In der wässrigen Perle spiegelt sich der Sonnenaufgang in einem beachtlichen Schauspiel aus Orange und Rot, sodass der Tautropfen fast so aussieht, als wäre er aus geschmolzenem Glas. An sich wäre das Bild ein sehr harmonischer Anblick, wäre da nicht ein dicker Fleck Ektoplasma quer über das Gemälde geschmiert. Doch es ist nicht einfach nur ein Schmierfleck. Die glibberige Masse ist zu Buchstaben geformt, die das Wort ‘Voleur!‘ bilden. „Was glaubt ihr, bedeutet das?“, fragt Winston irritiert. „Ich meine, ihr seht doch auch, dass da ein Wort in dem Schleim steht, oder?“ „Durchaus. Voleur ist Französisch und heißt Dieb.“, erklärt Egon und richtet seine Brille. „Also beschuldigt dieser Geist jemanden als Dieb?“, hackt Peter nach und betrachtet angewidert den Glibber. „Sieht so aus. Fragt sich nur, wer hier seiner Meinung nach was gestohlen hat…“, entgegnet Raymond nachdenklich. „Vielleicht hält er den Künstler, diesen Ringley, ja für einen Dieb…“, wirft Winston ein. „Das kann gut möglich sein. Hier sind noch mehr beschmierte Bilder.“, teilt ihnen der Tüftler mit. Und tatsächlich sind fast alle Bilder und Skulpturen im hinteren Bereich des Saales mit Ektoplasma verunstaltet. Auf ihnen prangert ebenfalls das Wort Dieb, auf einigen steht aber auch Betrüger. Nach einer kurzen Diskussion sind sich die Jungs einig, dass mehr hinter dem Ganzen stecken muss. Dieser Geist ist nicht hier, um Leute zu erschrecken oder die Kunstwerke zu ruinieren. Im Gegenteil, er versucht die Lebenden auf etwas aufmerksam zu machen, dass ihn so sehr beschäftigt, dass er keine Ruhe finden kann und in dieser Welt gefangen ist. Um in die Glückseligkeit eintreten zu können, muss er erst seine Aufgabe erfüllen, sein Herz von all der Last befreien und dazu braucht er Hilfe. Da er sich scheinbar aber nicht artikulieren kann, hat er es mit den Worten auf den Bildern versucht. Doch die Mitarbeiter des Museums haben das natürlich nicht verstanden. Die sogenannten Geisterjäger wirken da schon offener, allerdings sind sie auch gefährlich. Vorsichtig beobachtet das durchschimmernde Wesen die vier Männer. Sie besprechen ihr weiteres Vorgehen. Von seinem sicheren Versteck, in einem großen Kronleuchter an der Decke aus, kann der Geist sie reden hören. Für ihn klingt es so, als wollen sie die Jagd auf ihn beenden. Etwas holprig versuchen sie herauszufinden, was die Worte zu bedeuten haben, die er auf den Bildern hinterlassen hat. Mit einem müden Lächeln hört er, wie ihre Gedanken in die richtige Richtung gehen. Das ist gut, wirklich gut. Doch sie müssen noch viel tiefer graben, um die ganze Wahrheit zu erfahren und es muss ihnen auch gelingen, das Museum davon zu überzeugen und den Betrüger seiner gerechten Strafe zu zuführen. Das wird ein hartes Stück Arbeit und es sind nur noch zwei Tage bis zur Eröffnung der Ausstellung… „Was wissen wir denn über diesen Ringley? Vielleicht finden wir ja einen Hinweis für seinen Betrug…“, wirft Winston in den Raum. Die Jungs verteilen sich in dem großen Saal und lesen die wenigen Tafeln durch, auf denen der Werdegang des Künstlers niedergeschrieben ist. Viel gibt es jedoch nicht herauszufinden. John Ringley ist fünfunddreißig Jahre alt und hat nach seinem Schulabschluss an der Kunsthochschule von New York studiert. Danach ist er in der Welt herumgereist und war bei mehreren, kleinen Künstlern in der Leere. Leider sind keine Namen seiner Meister hinterlegt, da sie größtenteils selbst nicht gerade berühmt waren oder sich bedeckt hielten. Vor gut einem Jahr kam Ringley wieder zurück nach New York. Bis dahin hatte er allerhand Bilder und Skulpturen geschaffen, die aber vorher niemand gesehen hat. Eher durch Zufall wurde sein Talent dann von einem Kunstkenner entdeckt, der ihm diese Ausstellung gesponsert hat. Alles in allem klingt es wie jede zweitklassige Story eines jungen Künstlers der Moderne. „Das bringt uns auch nicht weiter. Um Rauszufinden, wen er bestohlen hat, müssten wir erst mal rausbekommen, mit wem er zusammengearbeitet hat. Wenn das selbst alles namenlose Künstler waren, hat er vielleicht von ihnen geklaut?“, kommt es nachdenklich von dem Schwarzhaarigen. Ihm ist anzusehen, dass ihm dieser Fall durchaus Spaß macht. Seine Vorliebe für Krimis macht sich hier durchaus bezahlt, auch wenn hier kein Mord vorgefallen ist. Zumindest deutet noch nichts daraufhin. „Was ist, wenn dieser Ringley bei so einem alten Knacker gelernt hat? Ich meine, so ein griesgrämiger, alter Typ, der vollkommen zurückgezogen seiner Malerei nachgeht und sonst keine Freude mehr im Leben hat. Der vielleicht gar kein so großes Interesse mehr am Berühmtsein hat. Ringley lernt bei ihm und der alte Kerl stirbt dann wohlmöglich sogar währenddessen. Kann es dann nicht sein, dass Ringley seine Kunstwerke als die seinigen ausgeben könnte, wenn sie sonst kaum einer kennt?“, kommt Peter der Gedanke. Immerhin sah der Geist ja aus wie ein alter Mann. ‚Dieser Venkman hat ein ganz schön freches Mundwerk, aber er trifft den Nagel leider Gottes auf den Kopf…‘, denkt sich der Geist. Die vier jungen Männer beratschlagen die Idee des Brünetten und halten sie durchaus für plausibel. Langsam schwebt der Geist näher heran. Für ihn besteht kein Zweifel, dass Leute, die sich selbst als Geisterjäger bezeichnen, vor ihm keine Angst haben. Sonst wäre ihre Arbeit ja auch irgendwo sinnlos. Dennoch verringert er den Abstand zu ihnen nur mit Bedacht. „Aber wie bekommen wir raus, wer der echte Künstler ist? Schließlich brauchen wir einen greifbaren Beweis, sonst ist das alles sinnlos.“, fragt Ray. „Da muss ich dir zustimmen. Ich denke aber, - oh…“, setzt Egon an und verstummt dann. Verwundert drehen sich die anderen drei um, damit sie sehen können, was den Blonden so abrupt zum Schweigen gebracht hat. Überrascht zucken sie jedoch zusammen. Direkt hinter dem Mechaniker schwebt der Geist, den sie vor wenigen Augenblicken noch einfangen wollten. Die schemenhafte Gestalt hebt beschwichtigend die Hände und deutet an, dass von ihr keine Gefahr ausgeht. Argwöhnisch mustert Peter den alten Geist, immerhin will er nicht wieder eine Schleimdusche haben. Raymond hingegen ist ganz fasziniert von der Tatsache, dem Wesen so nahe zu sein. Mit einem freundlichen Lächeln tritt er sogar vorsichtig einen Schritt näher. „Oh hallo. Mein Name ist Ray und das sind meine Kollegen.“, begrüßt er ihn sanft. Der Geist deutet ein Winken an und zeigt dann auf seinen Mund. „Du kannst wohl nicht sprechen, stimmst?“, fragt Winston. Der Geist schüttelt traurig den Kopf. „Macht ja nichts. Aber vielleicht kannst du uns ja helfen? Wir werden dich auch nicht einfangen, ganz ehrlich.“, erwidert der Rothaarige. Ein eifriges Nicken kommt als Antwort. „Moment mal! Immerhin werden wir dafür bezahlt, diesen Geist einzufangen, also mach hier nicht solche Versprechungen!“, fährt Peter ihn grob an. Dafür erntet er aber auch gleich einen missbilligen Blick von seinen Kollegen und dem Geist. „Nun mal langsam, Peter. Sicherlich werden wir dafür bezahlt, ihn zu beseitigen. Dabei ist es doch aber vollkommen egal, ob wir ihn einfangen oder er von selbst verschwinden, wenn seine Aufgabe hier erfüllt ist. – Aus wissenschaftlicher Sicht ist es eine unglaubliche Gelegenheit, einer ektoplasmischen Erscheinung so nahe kommen zu können. Wir könnten viel von ihm lernen. Denk doch mal daran.“, rügt ihn Egon. Mit verschränkten Armen starrt Peter den Tüftler an und dann den Geist. „Gut, von mir aus. Aber wehe dem, er schleimt mich noch mal voll. Dann steck ich ihn in die Falle, ob ihr wollt oder nicht!“ Aufgeregt setzt Ray das Gespräch fort. „Ok, du hast doch bestimmt mitbekommen, was wir vorhin besprochen haben. Stimmt es denn, dass du der Geist des Künstlers bist, den Ringley bestohlen hat?“ Langsam schwebt das Wesen hinab und setzt sich auf eine der Skulpturen. Resignierend lässt es die Schultern hängen und nickt dann traurig. „Man, dass ist echt mies. – Wir müssen diesen Betrug aber irgendwie beweisen. Hast du da zufällig eine Idee?“, hakt Winston nach. Zielstrebig schwebt der Geist zu einem der Bilder, die er noch nicht mit Ektoplasma beschmiert hat und deutet auf die rechte, untere Ecke. „Natürlich, die Unterschrift!“, entkommt es Egon. Der Blonde nähert sich dem Bild und beugt sich so weit nach vorn, wie es die Samtschnur erlaubt. Im Schein des Punktstrahlers erkennt er die Signatur von Ringley. Doch etwas daran ist merkwürdig. „Hm…“, macht er nachdenklich und leuchtet die Stelle zusätzlich mit der Taschenlampe aus. „Hast du was gefunden, Egon?“, fragt Ray. „Ich glaube schon. Komm doch bitte her und sieh dir das mal an!“, fordert er den Mechaniker auf. Dieser wirft ebenfalls einen Blick auf die Unterschrift. „Es ist kaum zu sehen, aber es sieht aus, als wäre die Ecke im Nachhinein noch mal überarbeitet worden. – Die Farben stimmen nicht völlig überein…“, bemerkt der Jüngere. „Exakt! Ringley muss versucht haben, die Farbgebung zu kopieren, was ihm auch ziemlich gut gelungen ist. Doch wenn man genau hinsieht, bemerkt man, dass die Nuancen sich ein bisschen unterscheiden. Und dann hat er seinen Namen dorthin gesetzt.“ Bestätigend nickt der Geist und sieht die Jungs hilfesuchend an. „Das ist doch schon mal was! Jetzt müssen wir nur noch den Namen des echten Künstlers freilegen, um das Ganze aufzudecken.“, erwidert Winston zuversichtlich. „Und wie willst du das anstellen? Immerhin kannst du die Farbe ja nicht mal eben wegradieren.“, mischt sich Peter ein. „Doch, dass geht! Solche Gemälde bestehen immer aus mehreren Farbschichten übereinander, mit denen der Künstler rumprobiert hat. Ist eine Schicht getrocknet, bildet sich dabei eine Art Patina auf der Oberfläche. Wie ein Luftfilm, der die Schichten sozusagen voneinander trennt. Findet der Künstler eine Schicht nicht so gelungen, kann er sie daher ohne großen Aufwand wieder entfernen. Dazu braucht es nur einen weichen Schwamm und warmes Seifenwasser.“, erläutert der Mechaniker. „Schön und gut, aber du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass uns das Museum an den Bildern rumpfuschen lässt, nur, weil wir da so eine Idee haben.“, setzt Peter nach. „Vermutlich nicht. Aber wenn wir ein Bild von dem echten Künstler finden, dass hier schon hängt, dann können wir es vielleicht beweisen.“, denkt Winston nach. „Und wie willst du so ein Bild finden?“, fragt Venkman. „Das Museum verfügt doch über eine sehr umfangreiche Bibliothek. Dort wird sich doch sicher etwas finden. Beispielsweise in einem Kunstlexikon. Da stehen auch Namen von weniger bekannten Künstlern drin.“, schlägt der Tüftler vor. Nach einer fast endlosen Diskussion mit dem Nachtwächter, betreten die Jungs schließlich die Bibliothek. Der riesige Saal ist bis unter die Decke vollgestopft mit abertausenden Büchern, die sich mit Kunst aus der ganzen Welt befassen. „Oh Mann, das kann eine Weile dauern…“, kommt es resignierend von dem Schwarzhaarigen. Etwas hilflos beginnen die Jungs mit ihrer Suche, nur wissen sie gar nicht so recht, wonach sie eigentlich suchen. Schließlich kennen sie den Namen des echten Künstlers nicht und Ringley ist noch so jung, dass er in keinem der Lexika erwähnt wird. Die Zeit vergeht und der Morgen dämmert langsam, während die Müdigkeit ihre liebkosenden Finger nach den Ghostbusters ausstreckt. Ray fallen langsam die Augen zu. Nur mit Mühe gelingt es ihm, den schwergewordenen Kopf wieder anzuheben. Plötzlich knallt jedoch ein dickes Buch vor ihm auf den Tisch. Erschrocken zuckt er zusammen, blickt auf, nur um ein weiteres Mal zu erschrecken. Vor ihm schwebt der Geist des verstorbenen Künstlers. Er hat die ganze Zeit versucht, bei der Suche zu helfen und nun ist er sich sicher, dass richtige Buch gefunden zu haben. Schnell ergreift es Ray und blättert nach der richtigen Seite. Es ist ein Buch über die Kunst in Polen, wie er schnell feststellt. Etwas irritiert blickt er den Geist an und blättert dann weiter. Schließlich gibt er einen erstaunten Laut von sich. „Jungs, das müsst ihr euch ansehen!“, ruft er aufgeregt. Die drei übrigen Geisterjäger kommen zu ihm hinüber. Die Farbfotographie in dem Buch zeigt das Bild der Motte, die bei Mondschein einen Apfel isst. Es ist ganz unzweifelhaft das Bild, das im Ausstellungsraum hängt. „Wirklich sehr faszinierend!“, gibt Egon verächtlich von sich. Ringley scheint wahrhaftig ein Betrüger zu sein. „Kein Zweifel, der Typ ist ein mieser Dieb!“, entgegnet auch Peter und schüttelt sich unwillkürlich. Das Bild unter der Motte zeigt die übergroße Kakerlake, vor der sich Venkman so erschreckt hat. Neben den beiden Fotographien ist ein kleines Portrait eines alten Mannes zu sehen. Sein Alter dürfte irgendwo zwischen siebzig und achtzig liegen und er sieht aus wie das lebendig gewordene Gegenstück zu dem Geist. Ein kurzer Text erstreckt sich zwischen den Bildern und gibt Aufschluss über den Künstler. „Baldur de Rola, geboren 1908, war ein polnisch-deutsch-französischer Künstler. Über sein Leben und seine Werke ist nur wenig bekannt. Er lebte Zeit seines Lebens sehr zurückgezogen und widmete sich der Malerei und Bildhauerei. Die wenigen Werke, die man von ihm kennt, zeigen eine unglaubliche Detailtreue und Liebe zur Natur. Insbesondere Insekten haben es ihm dabei immer angetan und er versuchte, ihre winzige Welt einzufangen und für den Betrachter sichtbar zu machen. Dennoch empfand er nie das Verlangen, seine Kunstwerke öffentlich zu präsentieren. Bis zu seinem Tod 1983 sind von den, an die hundert Gemälden und Skulpturen nur eine Handvoll bekannt. Trotz seiner Zurückgezogenheit war er doch stets bemüht, talentierten, jungen Menschen den Weg in die Kunst zu ebnen. Bedauerlicher Weise kennt niemand den Aufenthaltsort seiner Kunstwerke. Nach seinem Tod sind sie spurlos verschwunden, was…“ Der Text geht auf der nächsten Seite noch etwas weiter, doch Ray stoppt an dieser Stelle. Am unteren Rand der Seite sieht man die Unterschrift von de Rola, wie er sie auf seinen Bildern und Skulpturen hinterlassen hat. Zusammen mit den Fotos, ist sie das wichtigste Beweismittel für die Jungs. „Na, das sagt doch alles aus! Und ich denke, wir sollten diesem Ringley mal einen Besuch abstatten!“, schlägt Winston vor und zwinkert dabei dem Geist zu. Auf dessen Gesicht breitet sich ein kämpferisches Lächeln aus. So lassen sie den verwirrten Nachtwächter einfach stehen und fahren zu der Adresse des Betrügers. Im Osten geht langsam die Sonne auf und taucht den Himmel in ein drohendes Orangerot, das überdeutlich die Gefühle von Baldur widerspiegelt. Das Gebäude, in dem sich Ringley´s Apartment befindet, liegt noch vollkommen still in den zarten Stunden des anbrechenden Morgens. Trotz der Tatsache, dass es Samstagmorgen ist und die Uhr gerade mal halb sechs geschlagen hat, sind die Jungs äußerst aufgeweckt. Die Müdigkeit, die sie in der Bibliothek ereilt hatte, ist der Vorfreude gewichen, die sie mittlerweile ausfüllt. Selbst Peter hat inzwischen Gefallen an der Sache gefunden, dem Geist zu helfen. Die Freude, gleich diesen Betrüger mit seinen Missetaten konfrontieren zu dürfen, überwiegt im Moment sogar das fast schon penetrante Vergnügen, das er empfindet, wenn er eine Rechnung ausstellen kann. Das Gebäude befindet sich in einem ziemlich gehobenen Viertel von Manhattan und zeigt deutlich, wie gemütlich es sich Ringley auf den Lorbeeren eines anderen gemacht hat. Alles ist so sauber und wirkt neu und gepflegt. Als die Jungs die Stufen zu dem Loft hinaufsteigen, dass der Dieb bewohnt, kommen sie sich irgendwie fehl am Platz vor. In ihren Overalls wirken sie wie Kammerjäger in einem Herrenhaus – schmutzig, unerwünscht und lästig. Wie lästig sie allerdings wirklich sein können, wird jemand gleich zu spüren bekommen. Kaum, das die Ghostbusters an der Tür angekommen sind, trifft Peters Finger auch schon zielstrebig die Klingel und beginnt mit einem anhaltenden und Nerv tötenden Läutangriff. Ein gehässiges Grinsen breitet sich dabei auf seinem Gesicht aus, das seinen Kollegen beinahe einen Schauer über den Rücken jagt. Manchmal sollte man sich wirklich nicht mit Venkman anlegen, wenn man weiß, was gut für einen ist… Schnell werden hinter der Tür Geräusche laut und es dauert auch gar nicht lange, da wird sie aufgerissen und ein äußerst verstimmter und verschlafener Mann lässt sich blicken. Seine schulterlangen, braunen Haare sind völlig zerzaust und unter seinen Augen liegen dunkle Ringe, so als hätte er die Nacht damit verbracht, sich zu betrinken. Sein fast schon abgemagerter Körper ist nur mit einer Unterhose bekleidet, die ihm auch noch mehr als eine Nummer zu groß zu sein scheint. „Sag mal, habt ihr sie noch alle? Wisst ihr eigentlich, wie spät es ist?“, fragt John Ringley mit belegter Zunge. „Durchaus. Es ist fünf Uhr siebenunddreißig.“, entgegnet ihm Egon trocken. Vollkommen verständnislos starrt der angebliche Künstler den Blonden an. „Wer zum Teufel seid ihr eigentlich?“, bringt er schließlich hervor. „Wir, mein Freund, sind die netten Geisterjäger aus der Nachbarschaft und ich glaube, wir sollten uns mal unterhalten!“ Während Peter das sagt, liegt ein überaus charmantes Lächeln auf seinen Lippen, das sonst wohl nur die aufreizende Damenwelt zu Gesicht bekommt. Doch kaum, dass er seinen Satz beendet hat, gefriert es zu einem Ausdruck des blanken Hasses und der Wut, der einen so scharfen Kontrast zu dem vorherigen Lächeln bildet, dass Ringley erschrocken schluckt. Ehe er auch nur irgendwas erwidern kann, schubst Venkman ihn ziemlich grob in das Loft zurück. Als die Geisterjäger die Wohnung betreten, schließt sich die Tür hinter ihnen mit einer beunruhigenden Endgültigkeit. Völlig von dem Brünetten überrumpelt, stolpert John auf seine Couch und setzt sich unsanft hin. Drohend umringen ihn die vier Männer. „Was soll der Scheiß? Ich werde die Polizei rufen! Das ist Hausfriedensbruch!“, versucht sich Ringley hilflos zu behaupten. Mehr als unbeeindruckt beugt sich Peter zu ihm hinunter und funkelt ihn finster an. „Ach ja? Dann warte doch erst mal ab, bis ich meine Selbstjustiz an dir ausgeübt habe! Dann hast du den Bullen wenigstens was Spannendes zu erzählen! Aber halt, warte mal. - Ich denke, du kannst den Blauhemden etwas noch viel Aufregenderes erzählen, hab ich nicht recht?“ Doch etwas eingeschüchtert, drückt sich John in das Polster hinein und versucht den Blicken der ganz offensichtlich verrückten Männer auszuweichen. „Was labern sie eigentlich für einen Mist?“, fragt er kleinlaut. In seinem Gesicht kann man jedoch sehen, dass ihm durchaus der richtige Gedanke kommt. „Oh, ich denke, du weißt ganz genau, wovon ich rede. Deine kleinen Betrügereien sind aufgeflogen. Also spuck´s schon aus, ehe ich ungemütlich werde!“, droht Venkman ihm weiterhin. Schweigend stehen seine drei Kollegen hinter ihm und lassen ihm zur Abwechslung mal seinen Spaß. Ein kaum sichtbarer Schock gleitet über Johns Gesicht hinweg, dann gewinnt er wieder etwas von seiner Fassung zurück. „Ich weiß überhaupt nicht, wovon sie reden…“, gibt er kraftlos zurück. Allerdings ist ihm anzusehen, dass er innerlich schon aufgegeben hat, nach außen hin nur noch versucht, etwas von seiner Würde zu behalten. „Ich zeig dir, wovon ich rede, Freundchen…!“, warnt ihn Venkman und ballt drohend die Fäuste. Würde Winston ihn jetzt nicht zurückhalten, könnte das Ganze ziemlich eskalieren. Doch der Brünette lässt sich, wenn auch nur widerwillig, von dem Bauarbeiter beruhigen. Sein gehässiges Lächeln kehr allerdings zurück. Mit einer fließenden Bewegung, schiebt sich Egon die Brille zurecht und tritt dann an Peters Stelle. „Sie brauchen ihr Vergehen nicht weiter zu leugnen, Mister Ringley. Wir haben Beweise für ihren Betrug gefunden und einen Zeugen mitgebracht, der vor Gericht zwar kein Belangen hätte, sie aber jetzt sicher zu einem Geständnis bewegen kann.“ Völlig unverständlich mustert John den hochgewachsenen Mann vor sich. „Von was reden sie da eigentlich?“, behaart er weiterhin. Doch Egon antwortet ihm nicht, sondern tritt nur zu Seite. Hinter dem Tüftler manifestiert sich eine schemenhafte Gestalt, deren Antlitz Ringley nur allzu vertraut ist und dennoch kann er es nicht glauben. „Nein! – Das ist unmöglich! Es gibt keine Geister!“, beginnt er zu wimmern und starrt mit schreckgeweiteten Augen auf die körperlose Gestalt seines ehemaligen Mentors. Baldur schwebt zielstrebig auf ihn zu und streckt die Hände aus, als wolle er ihn erwürgen. Sein tonloser Mund formt das Wort Voleur – Dieb. Kurz bevor die Geisterfinger ihn berühren, bricht John zusammen. „Ja – Ja – es stimmt! Ich habe seine Bilder gestohlen und als meine ausgegeben! Nur haltet mir dieses Ding vom Leib!“, wimmert er hilflos. Das Geisterwesen entfernt sich von ihm und damit ist die Sache erledigt. Knapp eine Stunde später erreichen die Ghostbusters zusammen mit Baldur und Ringley das Museum. Die Jungs zwingen den Betrüger vor den Augen des Wachmanns seine Unterschrift von einem der Bilder zu entfernen und die Signatur des wahren Künstlers freizulegen. Nach einem Vergleich mit der Abbildung in dem Lexikon, steht die Sache auch für den Nachtwächter fest. Nicht lange danach trifft auch der herbeigerufene Direktor des Metropolitan ein. Fassungslos hört er sich die ganze Geschichte an. Schlussendlich verständigen sie die Polizei und Ringley wird wegen Betruges und Fälschung in mehreren Fällen festgenommen. De Montebello ist wegen der ganzen Sache ziemlich am Boden, immerhin sollte Ringley´s Ausstellung am Montag eröffnen und nun steht er mit leeren Händen da und das wird das Museum Unsummen kosten. Als rettende Idee erweist sich jedoch die Tatsache, dass ihnen noch etwas Zeit bleibt, um das alles zu korrigieren. So stellen sie die Ausstellung einfach um, entfernen die falschen Unterschriften und enthüllen der Öffentlichkeit den wahren Künstler und die traurige Wahrheit über den Betrug. Diese Sache bringt dem Museum weit mehr Besucher, als sie je erhofft haben und das Ganze wird, dank der Medienpräsens zu einem vollen Erfolg, der auch den Geisterjägern ein hübsches Sümmchen einbringt. Nicht zuletzt dürfen die Jungs sogar im Fernsehen auftreten und erzählen, wie es ihnen gelungen ist, diesen spektakulären Betrug zu entlarven. Die Tatsache, dass ihnen angeblich der Geist des wahren Künstlers bei der Lösung des Ganzen geholfen hat, bringt zwar einige Lacher und ungläubige Gesichter, aber das kann den vieren völlig egal sein. Schließlich haben sie recht und das ist die Hauptsache. Und noch viel wichtiger ist doch, dass der wahre Erschaffer dieser herrlichen Gemälde und Skulpturen endlich seine Anerkennung bekommt und nun in Frieden ruhen kann! Kapitel 11: Zombie Walk ----------------------- Drei Wochen später… Prall und knochenweiß erhebt sich der Vollmond über dem Hügel des Green-Wood Friedhofs. Der Schnee ist inzwischen geschmolzen, doch die Februarkälte hat Brooklyn noch fest in ihren eisigen Klauen. Dicke, undurchdringliche Bodennebel schlängeln sich wie anmutige Katzen zwischen den Grabsteinen hindurch. Alles wirkt friedlich und still. Dunkle Schatten suchen sich ihren Weg über die hartgefrorenen Wiesen, vorbei an zahlreichen Mausoleen und Grabmählern. Bunte Totenblumen versuchen verzweifelt der bitteren Kälte standzuhalten, doch es ist vergebens. Zu glitzernden Skulpturen vereist, erhoffen sie die wärmende Sonne des Morgens und dennoch wissen sie, dass es längst zu spät ist und kein Sonnenstrahl sie mehr am Leben erhalten kann. Der heisere Ruf einer einsamen Eule wird hörbar, ehe sie lautlos ihre Flügel spreizt und sich im Zwielicht des Mondes verliert. Kurz darauf erklingt die Glocke der kleinen Kapelle auf dem höchsten Punkt des Hügels. Mitternacht, Geisterstunde. Doch was sich nun ereignet, hat nichts mit umherspukenden, körperlosen Wesen zu tun. Nein, es sind die Toten, die sich ihren Weg aus der kalten Erde bahnen. Hier und da beginnt der Rasen aufzubrechen, wie morsche Äste unter einer starken Hand. Erdbrocken und Steine rollen zur Seite, als würden sie den Gewalten eines übergroßen Maulwurfs zu entfliehen versuchen. Steife Finger wühlen sich durch die Spalten ins Freie. Haltlos klammern sie sich in den eisigen Boden und doch spüren sie weder die nächtliche Kälte, noch den Schmerz, als ihre tote Haut von Steinen und Wurzeln zerschnitten wird. Halb verweste Körper schieben sich aus dem Untergrund an die Oberfläche. Ihre glasigen Augen sehen nach endloser Zeit der Dunkelheit erstmals wieder das Mondlicht. Ein dumpfes Stöhnen entkommt ihrer Kehle. Der Tod hat ihnen längst die Fähigkeit zu Sprechen geraubt, dennoch kommunizieren sie über diese unheimlichen Laute miteinander, als hätten sie nie etwas Anderes getan. All die Empfindungen, die sie als Lebende hatten, sind nun verschwunden, haben keine Bedeutung mehr für sie. Die einzigen Gefühle, die sie noch haben, ist der unbändige Wunsch nach Rache und ein Hunger, der niemals gestillt werden kann. So erheben sich die Zombies aus ihren letzten Ruhestätten und schlurfen mit ihren verfaulten Leibern auf das große Tor des Friedhofs zu. Sie kennen nur ein Ziel und nichts und niemand kann sie daran hindern, es zu erreichen. Langsam lassen sie den Eingang von Green-Wood hinter sich und schieben sich mit endloser Geduld eine schmale Straße entlang. Zu dieser späten Stunde ist kaum noch ein Mensch unterwegs und erst recht keiner verirrt sich in die Nähe dieser Anlage. Also setzen die Untoten ihren Weg ungetrübt fort, bis sie schließlich an einem fünf Meilen entfernten Grundstück ankommen. Dieses ist von einem hohen Bauzaun umgeben. Ein großes Schild weist daraufhin, dass hier demnächst der Bau eines modernen Einkaufszentrums beginnen soll. Schwere Maschinen stehen schon bereit und warten nur darauf, auf dem Gesicht von Mutter Erde einen neuen Schandfleck zu hinterlassen. Auf dem hinteren Teil des Grundstücks steht ein kleines Häuschen, in dem der Bauherr sein Büro eingerichtet hat. Er ist eifrig bemüht, seine Vorstellungen so schnell wie möglich in die Tat umzusetzen und daher ist es auch nicht verwunderlich, dass er zu dieser späten Stunde noch arbeitet. Im Schein einer Lampe sitzt Richard Kinnell hoch konzentriert über seine Blaupausen gebeugt, raucht eine Zigarette nach der anderen und bereitet alles für den morgigen Spatenstich vor. Die Dringlichkeit seines Vorankommens wird von der Tatsache angeheizt, dass er das Grundstück nicht rechtmäßig erworben hat. Eigentlich gehört es einer schottischen Familie in x-wievielter Generation, die auf diesen Stück Land eigentlich ein Waisenhaus errichten wollte. Doch unglücklicherweise ist der gute Mister O´Malley verstorben, ehe er diesen Plan in die Tat umsetzen konnte. Sein letzter, lebender Verwandter, sein Sohn Kevin, ist seit zwei Jahren in Kenia, um dort als Arzt zu arbeiten und Krankenhäuser zu bauen. Die Nachricht vom Tod seines Vaters hat ihn zwar schon lange erreicht und er war auch zu seiner Beerdigung anwesend, doch das Stück Land hat er völlig vergessen. Die Briefe, die ihm die Stadt diesbezüglich geschrieben hat, haben ihn in Afrika nie erreicht. So ist es Kinnell gelungen, das Grundstück unter der Hand zu erwerben und dort illegal zu bauen. Ehe der dämliche Arzt wieder nach Amerika kommt, ist das Einkaufzentrum längst fertig. Er könnte natürlich dagegen klagen und Schadensersatz verlangen, doch ehe das durch ist, ist Richard mit dem Geld schon längst über alle Berge. Vor sich hin glucksend, raucht Kinnell vergnügt seine Zigarette. Wer soll ihn schließlich jetzt noch aufhalten? Genau, einfach niemand! Plötzlich vernimmt er in der Stille seines Büros ein seltsames Geräusch. Es kommt von draußen und hört sich an, wie ein Haufen alter Leute, die halb erstickt versuchen Luft zu holen. Schwere Schritte nähern sich der kleinen Hütte und das merkwürdige Keuchen wird immer lauter. Wütend drückt Kinnell seine Zigarette in den Aschenbecher. Er hält das Ganze für einen billigen Scherz. Irgendwelche Betrunkenen treiben sich hier auf seinem Stück Land herum und versuchen ihn von der Arbeit abzuhalten! Eine unerhörte Frechheit ist das! Der fast zwei Meter große Mann erhebt sich grummelnd von seinem Stuhl, der es ihm mit einem erschöpften Ächzen dankt, und nähert sich der Tür. Direkt neben dem einzigen Eingang befindet sich ein Fenster. Dadurch kann er eine Horde Leute erkennen. Er schätzt ihre Zahl auf gut zwanzig und für ihn besteht kein Zweifel, dass es sich um irgendwelche Penner handelt. Sieh sich nur mal einer ihre zerfetzten und schmutzigen Kleider an. Und erst ihre Gesichter, ungewaschen und dreckig, wie die eines Schornsteinfegers. Angewidert rümpft er die Nase und krempelt sich die Ärmel seines Hemdes hoch. Die können was erleben! Zornig reißt er die Tür auf und holt Luft, um diesen Pennern gehörig die Meinung zu geigen. Als seine Blicke aber auf die trüben, toten Augen der keuchenden Menge vor sich fallen, bleibt ihm jedes Wort im Hals stecken. Wie erstarrt steht er im Türrahmen und sieht sich fassungslos um. Dass dort seine keine Penner, keine Hausierer und auch keine betrunkenen Obdachlosen, nein, es sind Monster! Schreckgestalten aus furchterregenden Alpträumen, die einem um den Verstand bringen. Unwillkürlich fängt der großgewachsene Mann an zu zittern und stößt dabei einen Laut aus, der nach einem verängstigten Kind klingt. Kinnell hat sich immer für furchtlos gehalten. Ein imposanter Mann, der mit einfach allem fertig wird und dem man blind folgt, egal wie bescheiden die Situation auch sein mag. Man ist von seiner Führungsqualität überzeugt, selbst wenn man sie nie miterlebt hat. Doch jetzt fühlt er sich alles andere als stark und durchsetzungsfähig. Im Moment ist er wieder vier Jahre alt und fürchtet sich vor den Monstern, die unter seinem Bett lauern oder in seinem Schrank hocken könnten und ihn auffressen wollen, sobald er die Augen schließt. Mit gurgelnden, stöhnenden Lauten strecken die wandelnden Leichen ihre verwesten Finger nach ihm aus. Mit gierigen Blicken versuchen sie ein Stück von ihm zu erhaschen, ihm die Haut von den Knochen zu reißen und sich an dem gütlich zu tun, was daraus hervortropft. Richards Panik wird immer größer und er kann spüren, wie die rettende Ohnmacht ihre lüsternen Hände nach ihm ausstreckt. Doch das darf er auf keinen Fall zulassen! Wenn er jetzt das Bewusstsein verliert, ist er diesen Ungeheuern hilflos ausgeliefert. Sie werden ihn bei lebendigem Leib auffressen, ohne das er sich auch nur irgendwie dagegen wehren kann. Dieser Gedanke holt ihn hart in die Wirklichkeit zurück. Erschrocken reißt er die Augen auf und spürt, wie sich die kalten, steifen Finger der Untoten in sein Hemd graben. „Nein!“, wirft er ihnen atemlos entgegen. Er schluckt trocken. „NEIN!“, kommt es kurz darauf weit kräftiger. Mit einem heftigen Ruck tritt er nach hinten. Sein Hemd gibt einen widerlichen Laut von sich, als ein großes Stück davon abgerissen wird und in den grabschenden Händen der fauligen Gestalten zurückbleibt. Doch damit begnügen sie sich nicht. Als sie erneut ihre Finger nach ihm ausstrecken und sich in den schmalen Eingang drängen, schlägt er ihnen die Tür vor der Nase zu. Dachte er zumindest. Doch die Holztür trifft nur hart und dumpf gegen die Hände der fremden Wesen. Kinnell kann Knochen brechen hören und das widerwärtig-feuchte Geräusch ihrer aufgedunsenen Haut, die unter dem heftigen Schlag aufplatzt. Ihm wird augenblicklich schlecht, doch er reißt sich zusammen. Begierig drängen sich die Leichen in den Durchgang und versuchen in die kleine Hütte zu gelangen. Da sie sich aber alle gleichzeitig versuchen hindurchzuschieben, bleiben sie unweigerlich stecken. Das gibt Richard einen Moment Zeit, um seine Lage zu analysieren. Wild jagen seine gehetzten Augen durch das Büro und suchen nach einem Ausweg. Er muss hier dringend raus, denn lange wird das dünne Holz der drängenden Wesen nicht mehr Herr sein. Seine einzige Fluchtmöglichkeit besteht aus einem schmalen Fenster neben seinem Schreibtisch. Skeptisch betrachtet er es einen Augenblick. Es sieht nicht so aus, als würde er dort durch passen, doch was für eine Wahl hat er denn schon, wenn er nicht gefressen werden will? Kurz bevor es dem ersten Zombie gelingt, sich doch durch die Tür zu quetschen, wendet sich Kinnell ruckartig um, klammert sich wie ein Ertrinkender an seinen schweren Schreibtisch und rammt ihn dann mit einer einzigen, kraftvollen Bewegung gegen den Eingang. Die Leiche, die es fast geschafft hat, hineinzukommen, wird zurückgeschleudert und prallt hart gegen ihre Kollegen. Gemeinsam werden sie zu Boden gestoßen und liegen hilflos wirkend, wie ein Bündel aus zuckenden Armen und Beinen am Boden. Für einen Moment ist Richard von diesem Anblick wie hypnotisiert, dann richten sich die ersten wieder auf und ihm fällt ein, dass er ja eigentlich hier raus wollte. Er stolpert zum Fenster hinüber und reißt es auf. Derweilen drängen sich die Untoten wieder in die Türöffnung. Mit einem flüchtigen Blick über die Schulter, schwingt der Bauherr ein Bein in die eisige Nachtluft. Er schiebt den Oberkörper hinterher, sodass ihm ein frostiger Windstoß um die Nase fegt. Doch dann bleibt er stecken! Es geht weder vor noch zurück. Wieder ergreift ihn Panik und er versucht verzweifelt freizukommen. Dumpf kann er Geräusche aus dem Inneren der Hütte hören. Das gierige Stöhnen und Keuchen der Toten, ihre kratzenden Nägel auf dem Holz des Türrahmens und des Tisches und, oh nein, das schabenden Geräusch, das entsteht, wenn die schweren Beine des Schreibtisches über den rauen Fußboden geschoben werden. Es klingt nur sehr schwerfällig und langsam, da die Bewegungen der Untoten sehr unkoordiniert sind, doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis es ihnen gelingt, den Durchgang freizubekommen. Wie ein Verrückter versucht Richard sich zu befreien, doch es klappt einfach nicht. Hinter ihm plötzlich ein lautes Kreischen, als der Tisch ruckartig wegrutscht. Polternd fällt er um und lässt dabei die ganze Hütte erzittern. Kinnell wird ganz blass. Sein Herz scheint ein paar Schläge auszusetzen und er muss es regelrecht zwingen, seinen Dienst wiederaufzunehmen. Dann jedoch rast es so heftig los, dass ihm fast der Atem stockt. Hecktisch versucht er sich irgendwie zu bewegen, doch er scheint sich nur noch tiefer in die Miesere reinzureiten. Kaum noch ein klarer Gedanke verlässt sein Gehirn. Auf einmal legt sich fast schon zärtlich eine eisigkalte Hand auf seinen schweißnassen Rücken, tastet einen Moment daran entlang und greift dann mit aller Kraft zu. Ein stechender Schmerz durchfährt Richards Rücken, als sich die harten Nägel in sein Fleisch graben. In Gedanken schließt er schon mit seinem Leben ab, unternimmt aber dennoch einen letzten, verzweifelten Fluchtversuch. Wie durch ein Wunder löst er sich plötzlich aus dem Fensterrahmen und stürzt auf den Schotter der Baustelle. Mit entsetztem Blick sieht er die Zombies in der Öffnung auftauchen. In ihren Händen halten sie ein großes Stück von seinem Hemd. Im fahlen Licht der Baulaternen kann er Blutspuren darauf erkennen. Einer der Untoten steckt sich den Stofffetzen in den Mund und nuckelt an dem köstlichen Lebenssaft. Dieser furchtbare Anblick bringt Richard wieder auf die Beine. Er muss ein Versteck finden und Hilfe rufen. Taumelnd macht er ein paar Schritte und sieht sich um. Auf der Baustelle gibt es sonst keine Gebäude. Aber da steht ein Bulldozer. In dessen Führerhaus wäre er bestimmt sicher. Hinter sich hört er das hungrige Keuchen der Untoten. Als er einen Blick riskiert, fällt einer von ihnen durch die Fensteröffnung, erhebt sich erstaunlich schnell und wankt auf ihn zu. Seine Kollegen verfolgen denselben Plan und purzeln in die Nacht hinaus. Kinnell kann es kaum fassen. Diese Wesen sehen zwar wie die billigen, schlurfend-langsamen Zombies aus den drittklassigen Horrorfilmen aus, doch sie haben mit ihnen kaum etwas gemeinsam. Stattdessen wirken sie eher wie Betrunkene oder geistig Umnachtete auf einem Mördertrip. Doch der Bauherr bleibt sicher nicht hier, um herauszufinden, welche Abweichungen noch vorhanden sind. Er legt einen Trap ein und stolpert in Richtung Bulldozer. Mit etwas Abstand folgen ihm die Leichen. An dem Fahrzeug angekommen, fummelt er hektisch in seiner Hosentasche nach dem Schlüssel. Zuerst denkt er völlig aufgelöst, dass er ihn bei seiner Flucht verloren hat, während das unmenschliche Stöhnen hinter ihm immer näherkommt. Dann jedoch ertasten seine Finger die Plastikummantelung am hinteren Ende des Schlüssels. Mit zitternden Händen starrt er ihn einen Moment lang an, dann versenkt er ihn im Schloss und fällt förmlich auf den Sitz. In letzter Sekunde gelingt es ihm, die Tür zu zuziehen und die Verrieglung zu aktivieren. Nahezu wütend prallen die verwesten Hände der wandelnden Toten auf das Sicherheitsglas des Fensters. Richard entspannt sich etwas. Hier werden sie definitiv nicht so schnell reinkommen. Das wäre zumindest schon mal geschafft. Jetzt muss sich Richard nur überlegen, wie er Hilfe rufen kann. Er richtet sich aufrecht in dem gefederten Sitz auf und denkt nach. Dann fällt sein Blick auf die Mittelkonsole des Bulldozers. Über dem klobigen Schaltknüppel befindet sich ein weißer Hörer - das Bordtelefon - mit dem sich der Fahrer und seine Kollegen unterhalten können. Damit kann man aber auch jede andere Person kontaktieren. Kinnell fällt ein Stein vom Herzen, allerdings schreckt er kurz darauf ziemlich zusammen, als die Zombies beginnen, mit den Fäusten auf die Scheibe einzuschlagen. Nein, mit den dummen Filmgestalten haben diese Viecher wirklich nicht viel gemeinsam. Mahnend wirft er ihnen einen strengen Blick zu und greift nach dem Telefon. Hastig wählt er die Nummer der Polizei. Nachdem es ein paar Mal geläutet hat, meldet sich eine übermüdete Männerstimme. „Polizeistation, siebzehntes Revier. Offizier Miller, was kann ich für sie tun?“, kommt es halb gähnend aus dem Hörer. Unter anderen Umständen würde Richard jetzt nicht abgeneigt sein, ihn für seine unprofessionelle Art zu rügen, doch im Augenblick ist er nur heilfroh mit einem lebenden Menschen sprechen zu können. Aufgebracht schildert er dem Polizisten was vorgefallen ist. Er hat seine Geschichte noch nicht ganz beendet, da unterbricht ihn Miller. „Sagen sie mal, sind sie betrunken oder so?“ Irritiert umklammert Kinnell den Hörer fester. „Wie kommen sie denn darauf? Ich meine es ernst!“, gibt er zurück. „Ja, klar und ich bin der Weihnachtsmann! Sie wissen aber schon, dass es strafbar ist, diese Notrufnummer zu verarschen, Kumpel?“, erwidert Miller einerseits glucksend, andererseits streng. „Natürlich weiß ich das! Aber hier draußen sind wirklich Zombies und sie versuchen mich zu fressen, verdammt noch mal!“, kommt es ungehalten von dem Bauherrn. Ein Lachen ertönt am anderen Ende, dann die gedämpfte Stimme eines anderen Polizisten. „Zombies, echt? Das ist ja mal was ganz Neues!“, lacht der zweite. „Definitiv! Der Kerl muss dermaßen high sein!“, erwidert Miller kichernd, ohne sich die Mühe zu machen, die Sprechmuschel zu bedecken. Fassungslos verfolgt Richard diesen ignoranten Akt, während die Untoten weiterhin auf die Scheibe einhämmern. „Hey, lass mich mal mit dem Kerl reden!“, entgegnet Millers Kollege und der Hörer wird weitergereicht. „Hey Zombie-Mann, alles frisch?“, fragt er frech. Das Grinsen ist seiner Stimme überdeutlich anzuhören. „Was sind sie nur für eine hirnlose Bande? Wie ist ihr Name, damit ich mich bei ihrem Vorgesetzten beschweren kann!“, fordert Kinnell zu wissen. „Offizier Thompson und die hirnlose Bande zählt als Beamtenbeleidigung und dürfte ihnen wohl mehr Ärger einbringen, als das, was sie unserem Chef erzählen wollen. Aber mal ernsthaft, Kumpel. Zombies? Als hätten wir nichts Besseres zu tun, als solchem Schwachsinn nachzujagen. – Aber, wenn du von deinem Trip wieder runtergekommen bist, kannst du es ja mal bei diesen Spinnern von den Ghostbusters versuchen. Ich bin sicher, ihr habt euch viel zu erzählen!“ Jetzt kann man die beiden Beamten lauthals lachen hören. Unverständlich werfen sich die zwei noch ein paar Scherze entgegen und dann wird der Anruf einfach unterbrochen. Wie geohrfeigt starrt Kinnell den Hörer an, aus dem jetzt stetig das Freizeichen zu hören ist. Er kann es einfach nicht fassen und das soll dein Freund und Helfer sein? Na, herzlichen Dank auch! Doch was hat dieser Thompson gesagt? Er soll die Ghostbusters anrufen? Angestrengt denkt der Bauunternehmer nach. Den Namen hat er schon ein paar Mal gehört, doch bis zu diesem Tag hat er so einen Mist genauso wenige geglaubt, wie die Existenz von Zombies. Und doch trommelt diese Unwirklichkeit unablässig an die Scheiben des Bulldozers. Was hat er also zu verlieren? Diese Spinner sind wohl seine einzige Hoffnung, das Ganze lebend zu überstehen, also was soll´s… Mit einem tiefen Seufzen wählt er die Null und wartet darauf, dass sich das Fräulein von der Auskunft meldet. „Ja, verbinden sie mich bitte mit den Ghostbusters.“, fordert er. Am anderen Ende tritt ein kurzes Schweigen ein, doch Richard kann genau hören, dass das Mädchen ein Kichern zu unterdrücken versucht. Sie räuspert sich bemüht. „Sehr wohl, Sir.“ Dann ein Klicken in der Leitung und es beginnt am anderen Ende zu Klingeln. Derweilen liegen die vier Geisterjäger friedlich in ihren Betten und träumen den Schlaf der Gerechten. In letzter Zeit hatten sie so viel zu tun, dass ihnen eine entspannte Nacht sehr lieb wäre. Bis jetzt sieht es auch sehr gut aus. Der Morgen ist nur noch einen Katzensprung entfernt. Dann wird die wohlverdiente Ruhe der Jungs aber jeher unterbrochen, als das Telefon neben Peters Bett zu Leuten beginnt. Das schrille Geräusch zerreißt die Stille wie ein Messerschnitt. Venkman denkt jedoch überhaupt nicht dran, ranzugehen. Wäre ja noch schöner! Immerhin ist es noch nicht mal sieben Uhr und sie sind erst vor drei Stunden ins Bett gekommen. Stattdessen zieht er sich die Decke über den Kopf und dreht sich auf die andere Seite. Vom anhaltenden Klingeln werden die anderen nun auch wach. Keiner von ihnen will es nach dieser kurzen Pause so recht für wahr halten. „Herr Gott, Peter! Geh ans Telefon!“, grummelt Winston verschlafen vom Nebenbett. Allerdings hätte er seine Forderung auch gleich an den Apparat selbst richten können und hätte dieselben Chancen gehabt. „Schlafen…!, ertönt es müde, aber endgültig unter Peters Decke hervor. Schwerfällig richtet sich der Schwarzhaarige auf und blickt verstimmt auf den zerwühlten Haufen auf dem anderen Bett. „Warum versuche ich es eigentlich?“, fragt er sich halblaut selbst und sieht, wie auch Ray und Egon sich hinsetzen. Schließlich erhebt sich Winston und geht zum Telefon. „Hallo?“, fragt er gähnend. Angestrengt hört er zu. Doch die wilden Schilderungen des verstörten Anrufers vertreiben seine Müdigkeit schnell. „Ok, bleiben sie ruhig. Wir kommen so schnell es geht!“, verspricht er dem Mann und legt auf. „Ich fürchte, wir werden dringend gebraucht, Leute.“, gibt er seinen Kollegen zu verstehen und rutscht kurz darauf an der Stange hinab. Egon und Ray verlassen ebenfalls ihre Betten, doch Peter rührt sich kein Stück. „Kümmerst du dich bitte darum…“, entgegnet der Blonde Raymond. Akribisch beginnt Egon damit seine Brille zu putzen. Der Mechaniker zieht Peter derweilen die Decke weg. Dieser rollt sich nur noch weiter zusammen und versucht das grelle Licht im Zimmer zu ignorieren. „Peter, wir haben einen Auftrag. Komm, steh auf!“, versucht es der Jüngere und rüttelt ihn an der Schulter. „Ich will aber nicht! Wir sind doch gerade erst ins Bett gegangen…“, jammert Venkman müde. „Ich weiß, aber Arbeit ist nun mal Arbeit.“, erwidert Ray und versucht ihn umzudrehen. Das gelingt ihm auch, doch dann passiert etwas Unerwartetes. So müde und verstimmt, wie der Brünette auch sein mag, überrumpelt er den Rothaarigen dennoch. Er packt ihn an der Vorderseite seines Schlafanzugs und zieht ihn zu sich ins Bett. Hilflos kommt Ray neben ihm zum Liegen und findet sich kurz darauf in Peters Armen wider. Venkman kuschelt sich fest an ihn, als wäre der Jüngere ein übergroßes Plüschtier. Ein tiefroter Schimmer breitet sich auf Ray´s Wangen aus und er blickt Hilfe suchend zu Egon hinüber. Dieser setzt sich seine Brille auf die Nase und mustert das Bild, das sich ihm bietet mit erhobener Augenbraue. Dann nimmt er die Brille wieder ab und putzt sie erneut. „Peter, dein Verhalten ist mehr als kindisch und unangebracht. Da ist es wirklich kein Wunder, dass die Leute uns für wunderlich halten…“, kommt es resignierend von dem hochgewachsenen Mann, der endlich den störenden Fleck auf seinem Brillenglas beseitigt hat. „Peter…“, jammert nun auch Ray und versucht sich aus dem Griff des anderen zu befreien, doch der Brünette drückt ihn nur noch mehr an sich. „Du bist ja nur neidisch, weil du nichts zum Kuscheln hast…“, wirft Peter Egon nun vor und streckt ihm die Zunge entgegen. Die Stirn des Blonden legt sich in Falten. „Mit Sicherheit nicht. Doch wenn du so dringend etwas zum Kuscheln brauchst, versuch es doch zur Abwechslung mal mit deinem Protonenstrahler…“, erwidert der Blonde pikiert und wendet sich der Stange zu. „Hey, braucht ihr da oben eine Extraeinladung?“, ruft Winston hinauf. „Wir kommen schon.“, entgegnet ihm Egon und wirft Venkman einen mahnenden Blick zu. Der Anführer gibt schließlich sein Opfer frei und setzt sich hin. „So nötig hab ich es ja nun auch wieder nicht und lebensmüde bin ich schon gar nicht…“, schmollt er dem Tüftler entgegen. Dieser bedenkt ihn mit einem wissenden Blick und verschwindet dann durch das Loch im Boden. Ray folgt ihm schnell, ehe Peter noch mehr Anhänglichkeit zu Tage fördert. Murrend erhebt sich der Brünette. „Ihr seid alle Spielverderber…“ Wäre ja auch zu schön gewesen, mal eine Nacht durchzuschlafen oder ein bisschen mit Ray spielen zu können, ohne gleich Ärger zu bekommen. Bei der vielen Arbeit in letzter Zeit, hatte er für den Mechaniker so gar keinen Moment und hat es sich doch aber so sehr gewünscht. Stattdessen konnte er mehr als einmal beobachten, wie Ray und Winston sich geküsst haben oder tiefe Blicke austauschten, wenn sie sich unbeobachtet gefühlten. Er hätte dem Schwarzhaarigen nur zu gern mal die Meinung gegeigt, aber auch dafür schien keine Zeit zu sein. Aber irgendwann wird er schon welche finden und dann wird er Winston von seinem Platz verdrängen und Ray wird wieder ihm gehören! Nicht lange später erreicht Ecto-1 die Baustelle, auf der Kinnell von den Zombies umzingelt ist. Oder es vielmehr war. Denn als die Jungs kampfbereit aus dem Wagen steigen und sich vorsichtig dem Bulldozer nähern, ist nichts Ungewöhnliches zu sehen. Die Sonne linst bereits hinter dem Horizont auf und die einzige Person, die die Jungs entdecken, ist Kinnell selbst, der noch immer im Führerhaus der schweren Maschine hockt. Als er die Geisterjäger erblickt, kommt er jedoch vorsichtig heraus und sieht sich aufmerksam um. Schließlich räuspert er sich, richtet sein zerfetztes Hemd, so gut es geht und stapft dann auf sein Büro zu. Verwundert sehen die vier ihm nach und folgen dann. „Hey, sind sie der Kerl, der uns angerufen hat?“, ruft Peter ihm nach. „Ja! Kommen sie mit…“, weist er sie an und betritt die inzwischen ziemlich ramponierte Hütte. Schulterzuckend sehen sich die Jungs einen Moment lang an, dann folgen sie dem Mann zu seinem Büro. Im Innern des kleinen Holzhäschens herrscht das reinste Chaos. Nach ein paar Augenblicken beginnt Kinnell zu erzählen, was er erlebt hat. Aufmerksam hören ihm die Geisterjäger zu. Wenigstens etwas, worüber er erleichtert sein kann, erst recht nach der unglaublichen Hilfe, die ihm die Polizei zu Teil werden ließ. Allerdings scheint er nicht bei allen Ghostbusters auf Verständnis zu stoßen. „Das klingt ja alles wunderbar und es sieht auch aus, als wäre hier schwer was los gewesen, doch wo sind dann diese angeblichen Zombies jetzt?“, wendet sich Peter skeptisch an Richard. „Das weiß ich nicht. Sie sind verschwunden, als die Sonne anfing aufzugehen.“, entgegnet der Bauherr. „Hm…“, gibt Egon von sich und die Blicke der anderen wenden sich ihm zu. „Laut Tobin´s Geisterführer sind die meisten Zombies eher nachtaktiv und verstecken sich bei Tageslicht, ähnlich wie Vampire.“, liest er. „Wenn es wirklich Untote gewesen sind, wo sind sie dann jetzt, wo die Sonne aufgegangen ist?“, fragt Winston. Ray entdeckt an der Wand den Ausschnitt eines Stadtplans. „Nur ein paar Meilen von hier ist der Green-Wood Friedhof. Gut möglich, dass sie von da gekommen sind.“ „Dann sollten wir uns da mal umsehen. Vielleicht finden wir einen Hinweis, wer diese Untoten zu Lebzeiten waren und was sie wollen…“, grübelt Egon. „Ich kann ihnen sagen, was sie wollen! Sie wollen mich fressen!“, erwidert Kinnell aufgebracht. Mit Engelsgeduld mustert der Blonde den Mann vor sich, der ihn noch ein gutes Stück überragt. „Natürlich wollen diese Wesen sie fressen, das liegt in ihrer Natur. Doch sie tun es nicht ohne Grund. Laut Tobin entstehen Zombies auf zwei Arten. Entweder sie werden für ihren schlechten Lebenswandel nach ihrem Tod bestraft und sind dazu verdammt, auch anderen schlechten Leuten eine Lektion zu erteilen, oder sie wollen sich für erlittenes Unrecht an ihren Peinigern rächen.“, mahnend betrachtet der Tüftler sein Gegenüber. „Wofür entscheiden sie sich, Mister Kinnell?“ „Ich weiß nicht, wovon sie reden…“, erwidert Richard, doch etwas in seinen Augen sagt den Jungs, dass er wohlmöglich doch etwas weiß. „Haben sie vielleicht irgendwelche Feinde, die kürzlich verstorben sind? Haben sie etwas Gesetzwidriges getan?“, hakt der Schwarzhaarige nach. „Nichts dergleichen!“, beharrt Kinnell, doch der verräterische Ausdruck in seinen Augen erscheint erneut. „Ach ja? Und was ist dann das hier?“, blafft Peter ihn an und hält ihm einen Stapel Papier vor die Nase, den er auf dem Boden gefunden hat. Richards Augen weiten sich einen Moment erschrocken, dann entreißt er Venkman die Seiten. „Geben sie das hier! Das geht sie überhaupt nichts an!“, motzt er zurück und faltet die Blätter zusammen. „Mag schon sein, dass mich das nichts angeht, aber dann sind sie selbst schuld, wenn sie gefressen werden!“, drohend baut sich der Brünette vor dem weit größeren Mann auf. „Was steht denn auf dem Papier?“, will Ray jetzt wissen, doch Kinnell stellt sich stur. „Da steht, dass dieses Grundstück eigentlich einem O´Malley gehört und hier ein Waisenhaus gebaut werden sollte, anstatt eines Shoppingcenters.“, berichtet der Anführer der Geisterjäger. Erkenntnis huscht über Winstons Gesicht. „O´Malley, sagst du? Der Mann war berühmt für seine Aufopferung, insbesondere Kindern gegenüber. Überall im Land hat er Waisenhäuser, Schulen und Krankenstationen bauen lassen. Das Waisenhaus, in dem ich aufgewachsen bin, wurde auch von ihm finanziert. Doch ich glaube, er ist vor nicht allzu langer Zeit verstorben.“, berichtet der Bauarbeiter. „Ich glaube, mich zu erinnern, davon in der Zeitung gelesen zu haben. – Sein gesamtes Vermögen ging an wohltätige Zwecke. Aber er hatte noch irgendwo einen Sohn oder so, der ihm Ausland arbeitet…“, erinnert sich der Mechaniker. „Da haben wir also unser Motiv! Kann es sein, dass sie hier illegal bauen und damit den Zorn der Zombies auf sich gezogen haben?“, konfrontiert ihn Venkman. „Das ist eine haltlose Anschuldigung und ich werde mich dazu nicht äußern!“, brüllt Richard. Wütend starren sich die beiden Männer an und es sieht so aus, als würden sie jeden Augenblick auf einander losgehen. Dann fängt Peter plötzlich an zu grinsen und wendet sich ab. „Gut, wie sie meinen. Ist mir auch egal. Ich will eh zurück ins Bett. Wir sind hier fertig, Jungs. Schnappt euer Zeug und dann hauen wir ab. Soll er sich doch fressen lassen. Ein korrupter Bauunternehmer mehr oder weniger fällt in New York eh nicht auf.“ Gesammelt verlassen die Geisterjäger die kleine Hütte und lassen Kinnell einfach so stehen. Mit offenem Mund starrt dieser den vier jungen Männern nach. Für einen Moment ist er gewillt, sie gehen zu lassen. Irgendwie wird er schon damit fertig und vielleicht war das Ganze ja auch nur eine einmalige Sache und diese Biester kommen nicht wieder. Im selben Atemzug könnte er sich für diesen Gedanken aber auch schon selbst ohrfeigen. Als Teenager hat er genug schlechte Horrorfilme gesehen, um zu wissen, dass Zombies nicht eher Ruhe geben, bis sie dich erwischt haben. Die Untoten, die hinter ihm her sind, haben vielleicht nicht viel mit diesen Gestalten gemeinsam, doch etwas sagt ihm, dass sie mindestens genauso hartnäckig sind und allein kann er es unmöglich mit zwanzig von diesen Dingern aufnehmen. „Warten sie!“, ruft er den vieren schließlich hinterher. ‚Ich hab´s gewusst!‘, geht es Peter durch den Kopf und er dreht sich mit einem vielsagenden Lächeln wieder herum. Nach einem Sprung über sein angekratztes Ego, erzählt Richard ihnen dann doch, was er für miese Geschäfte gemacht hat, um an das Grundstück zu kommen und das O´Malley tatsächlich einen Sohn hat. Dieser aber in Kenia arbeitet und von dem Stück Land vielleicht gar nichts weiß. „Warum denn nicht gleich so?“, grinst Venkman ihm triumphierend entgegen. „Und was werden sie jetzt machen?“, fragt der Bauherr leicht nervös. „Da wir jetzt ja wissen, warum die Untoten hinter ihnen her sind, müssen wir Hand in Hand arbeiten, um das Ganze zu beenden. Sie werden sich mit O´Malley´s Sohn in Verbindung setzen und ihm die ganze Sache gestehen und dafür sorgen, dass das Projekt hier so fortgesetzt wird, wie es ursprünglich geplant war.“, entgegnet ihm Winston streng. „Das kann ich nicht! Das wäre mein Ruin!“, protestiert Kinnell. „Halb so wild. Sie finden sicher ein anderes Schlupfloch für irgendwelche krummen Dinger. Und außerdem haben sie für eine ganze Weile doch erst mal ausgesorgt, wenn sie im Gefängnis sitzen.“, höhnt Peter, was ihm einen zu tiefst bösen Blick einbringt, den er beinahe begierig in sich aufsaugt, wie ein Lappen einen Schluck Wasser. „Sie können sich aber auch fressen lassen und damit dem Steuerzahler viel Geld ersparen!“ „Schon gut, ich mach es ja…“, resigniert Richard. „Sehr gut. Und wir werden heute Abend wiederkommen, wenn die Zombies sich erheben. Da es keine Geister sind, können wir sie auch nicht einfangen, doch wir können sie mit unseren Strahlern in Schach halten.“, ergänzt Egon. „Würden wir sie mit den Strahlen denn nicht vernichten?“, fragt Winston, der noch genau die Warnung im Kopf hat, was passiert, wenn einer von ihnen getroffen wird. „Zombies haben übermenschliche Kräfte. Wenn wir die Frequenz niedrig ansetzen, werden wir sie nicht verletzen, nur ein bisschen ärgern, so ähnlich wie bei dem Terrorhund.“, entgegnet Ray. „So ein Unsinn! Jagen sie die Biester in die Luft, dann ist ein für alle Mal Schluss damit!“, wirft Kinnell plötzlich ein. Geschockt blicken ihn die Jungs an. „Mister Kinnell, sind sie sich eigentlich darüber im Klaren, dass diese Wesen einmal Menschen waren und nur dazu gezwungen sind, dies zu tun, weil sie keine andere Wahl mehr haben? Wie können sie nur so etwas von uns verlangen? Außerdem könnte ihre Vernichtung eine Kettenreaktion auslösen, die noch mehr Untote aus ihren Gräber auferstehen lässt und dass wäre äußerst unschön…“, kommt es durchdringend von Egon. „Und wie wollen sie sie dann loswerden?“ „Die einzige Möglichkeit darin besteht, sich ihnen zu stellen. Wenn wir sie heute Abend zusammentreiben, müssen sie hier sein und das Ganze richtigstellen. Sie sozusagen um Verzeihung bitten, damit sie sich wieder zur Ruhe begeben.“, erklärt Raymond. „Das sagen sie ja nur, um mich zu ärgern…“, wirft der Bauherr missmutig zurück. Doch in den Gesichtern der vier Männern kann er deutlich lesen, dass es ihr voller Ernst ist. Einen Moment hadert er mit sich, dann stimmt er dem Ganzen doch zu. Die Geisterjäger ziehen ab und lassen ihn allein zurück. Nur mit größtem Unwillen setzt er sich anschließend mit Kevin O´Malley in Verbindung und schildert ihm die Sache. Einen Augenblick hat Richard sogar mit dem Gedanken gespielt, einfach abzuhauen, vielleicht nach Kuba zu flüchten, wo ihn keiner kennt und dort neu anzufangen. Doch den Warnungen der Ghostbusters entnimmt er, dass das nicht klappen wird. Egal, wo er sich zu verstecken versucht, die Zombies werden ihn finden und wenn sie es nicht tun, werden ihnen andere folgen, wie in einem endlosen, grotesken Kreislauf. Verständlicherweise findet Kevin die Sache nicht gerade witzig, doch er ist natürlich bereit, Kinnell seiner gerechten Strafe zu zuführen und das Grundstück wieder zu bekommen. Weshalb er sich auch in das nächste Flugzeug nach Brooklyn begeben und heute Nacht hier aufschlagen wird. Das wäre irgendwie geschafft, nun heißt es warten… Am Abend, als die Sonne schon fast hinter dem Horizont verschwunden ist, machen sich die Jungs wieder auf den Weg. Sie erreichen das Baugrundstück kurz nach Einbruch der Dunkelheit. Ein mehr als nervöser Kinnell erwartet sie bereits Händeringend. „Da sind sie ja endlich!“, ruft er ihnen vorwurfsvoll entgegen, kaum, dass sie aus dem Wagen ausgestiegen sind. „Nun bleiben sie mal auf dem Teppich! Ist doch noch gar nichts passiert…“, erwidert ihm Peter und gähnt herzhaft. Sie waren den Tag über so sehr mit den Vorbereitungen für diesen Einsatz beschäftigt, dass sie ihr Schlafdefizit noch gar nicht nachholen konnten und das kratzt gewaltig an Venkmans Nerven. Richard schweigt und blickt stattdessen starr auf die Baustelleneinfahrt. Er kann förmlich spüren, wie die Gestalten in diesem Moment aus der kalten, feuchten Erde emporsteigen. Sich durch Steine und Wurzeln kämpfen und dabei diese unmenschlichen Geräusche von sich geben, als würden sie schreckliche Schmerzen haben oder drohen, an irgendetwas zu ersticken. Ein Schauer gleitet seinen Rücken hinab. Mit einem gewissen Unbehagen beobachtet er, wie die Jungs ihre Ausrüstung zusammensammeln und über die richtigen Einstellungen ihrer Waffen diskutieren. Merkwürdige Geräte sind das. Ein bisschen sehen sie aus wie Flammenwerfer, nur das sich auf ihrem Rücken keine Tanks mit brennbarer Flüssigkeit befinden. Doch bei dem, was er inzwischen so alles aufgeschnappt hat, handelt es sich um mindestens genauso gefährliche Geräte. Die Zeit vergeht. Inzwischen funkeln Dutzende Sterne am finsteren Himmel über ihnen. Überall auf der Baustelle breiten sich beunruhigende Schatten aus, die sich vor den grellen Scheinwerfern und Laternen auf dem Grundstück zu verstecken versuchen. Jedes noch so kleine Geräusch macht ihn nervös. Kinnell kann nur hoffen, dass diese Verrückten auch wirklich wissen, was sie da tun, andernfalls war es das endgültig. Nach einer Weile scheinen die vier Männer einsatzbereit zu sein und gemeinsam postieren sie sich vor der kleinen Holzhütte. Kinnell steht in der Tür und blickt wieder unruhig auf die Einfahrt. Er hat die Anweisung erhalten, in der Hütte zu bleiben, bis die Jungs das Ganze unter Kontrolle haben und die Schlichtung beginnen kann. Richard hofft, dass O´Malley´s Sohn hier ebenfalls bald aufschlagen wird. Er wollte sich gleich nach seinem Anruf ins nächste Flugzeug setzen. Aber von Kenia bis hierher, dauert es gut fünfzehn Stunden. Ein Blick auf seine Uhr verrät ihm, dass der Bengel frühestens in einer Stunde hier sein wird, wenn heute überhaupt noch. Er gibt ein schwermütiges Seufzen von sich. Warum muss so ein unglaubwürdiger Mist ausgerechnet ihm passieren? In seinem Berufsleben hat er schon mehr illegale Geschäfte gemacht, als irgendetwas anderes und ausgerechnet für das hier soll er jetzt auf so hirnverbrannte Weise bestraft werden? Kinnell kann es einfach nicht fassen. Was ist nur aus diesem Land geworden, wenn man nicht mal mehr ein bisschen Schwarzbauen kann, ohne gleich von Zombies gefressen zu werden? Weiter kommt er allerdings nicht mit seinem theatralischen Gedanken. Vor ihm spannen die vier Jungs ihre Muskeln an und heben die Pistolen ihrer futuristischen Waffen. Kurz darauf vernimmt auch er das atemlose Schnaufen und Keuchen der Untoten, die bedächtig die Straße hinabwandeln. Ein paar Minuten später passiert der erste von ihnen das Einfahrtstor und schlurft auf dem festgestampften Kies auf sie zu. Dicht folgen ihm die anderen, wie ein militärischer Stoßtrupp aus wandelnden Toten. „Heilige Scheiße…“, entkommt es Venkman angewidert. „Oh nein…“, lässt Kinnell verlauten und schließt schnell die Tür der Hütte. Angsterfüllt blickt er durch das Fenster neben dem Eingang. Die vier Männer stehen nun ganz allein dort draußen, wie die kleinste Kavallerie der Welt. Richard ist sich nicht sicher, ob er ihnen Glück wünschen oder hoffen soll, dass die Zombies lange genug mit ihren blutjungen Körpern beschäftigt sind, damit er doch noch abhauen kann. Die Anspannung steht den Geisterjägern deutlich ins Gesicht geschrieben. Selbst nach all der übernatürlichen Erfahrung, die sie bisher sammeln konnten, ist dies doch eine echte Herausforderung. „Das werden ja immer mehr…“, kommt es zweifelnd von Winston, der die schwankenden Körper wie hypnotisiert anstarrt. Bis zu diesem Moment haben sich die Zombies noch in einem typisch langsam-schlurfenden Gang bewegt, den jedes kleine Kind aus dem Fernsehen kennt. Als sie jedoch die Worte des ehemaligen Bauarbeiters hören, heben sie ihre verfaulten Köpfe und mustern sie mit ihren seelenlosen Augen. Der erste von ihnen lässt ein gutturales Stöhnen hören, das fast klingt, als würde jemand in einem engen Rohr feststecken und langsam ersticken. Für seine untoten Kollegen scheint es aber ein Schlachtruf zu sein. Sie wissen, dass sich Kinnell in der Hütte versteckt, wie ein feiges Kaninchen vor einer Schlange und sie wissen auch, dass die anderen Männer ihn versuchen werden zu beschützen. Folglich sind auch sie Störenfriede, die bestraft und vernichtet werden müssen. Plötzlich kommt Bewegung in die faulige Truppe. Nahezu geschmeidig beenden sie ihren schlurfenden Gang und verfallen in eine Art Trap. Dabei sehen sie aus wie lahmende Pferde, die vor einem Feuer versuchen zu flüchten. Nur das sie keineswegs an Flucht denken, sondern von ihrem unbändigen Wunsch nach Rache und ihrem unstillbaren Hunger angetrieben werden. Fassungslos betrachten die vier, wie die Zombies auf sie zu gestolpert kommen. Innerlich können sie kaum begreifen, dass sie so schnell sind. In ihren Köpfen herrscht immer noch das lahmenden Bild der Fernsehungeheuer vor, auch wenn sie wissen, dass sie kaum etwas mit ihnen gemein haben. „Was jetzt?“, fragt Ray zweifelnd. „Wir müssen sie zusammentreiben und versuchen, Kontakt mit ihrem Anführer aufzunehmen.“, entgegnet Egon. „Und wer ist der Anführer?“, fragt Peter. „Vermutlich Paul O´Malley, dem das Grundstück gehört hat. – Wenn mich nicht alles täuscht, ist es der Kerl an der Spitze.“, erwidert Winston und versucht, in dem Haufen verfaulten Fleisches irgendetwas Markantes zu erkennen. „Ok, Männer! Verteilt euch. Wir versuchen sie zu umzingeln und O´Malley von ihnen zu trennen!“, fordert Venkman. Die drei anderen nicken und wollen sich schon zerstreuen, als Peter noch einmal das Wort ergreift. „Du, Egon? Wenn einer von uns gebissen wird, werden wir dann auch Zombies?“ Wie angewurzelt verharren Ray und Winston und blicken den Blonden erschrocken an, während die Untoten immer näherkommen. „Nein. Das ist genauso eine Hollywooderfindung, wie ihre angebliche Langsamkeit. – Wenn sie dich beißen, ist es vergleichbar mit dem Biss einer giftigen Schlange. Sie übertragen praktisch ihren Verwesungsprozess auf dich, der dich innerhalb kurzer Zeit tötet, solltest du ihnen entkommen und nicht gefressen werden…“, kommt es sachlich von dem Tüftler. Peter schluckt nervös. „Weißt du, Egon. Normalerweise finde ich es ja herzerwärmend, wenn ich mal verstehe, was du sagst, aber jetzt wünschte ich, ich hätte es nicht…“ Der Angesprochene räuspert sich verhalten. „Und ich wünschte manchmal, ich wäre so unwissend wie du, dann würden meine Hände jetzt nicht so zittern…“ Hilflos sehen sich die Jungs an und sammeln all ihren Mut für die Schlacht. Dann trennen sie sich und unrunden die Truppe aus beißwütigen Gestalten. Diese lassen sich davon aber nicht irritieren. Stattdessen setzen sie einfach ihren Weg zur Hütte fort. Nur einige Wenige entfernen sich von der Truppe, um sich der vier Störenfriede anzunehmen. Mit Hilfe der Protonenstrahlen gelingt es den Jungs aber, sie wieder in den wandelnden Haufen zurückzudrängen. Allerdings finden das die Zombies ganz und gar nicht witzig. Sie ändern ihren Plan plötzlich und greifen nun die Jungs an. Jeder der vier steht nun fünf von diesen Gestalten gegenüber. Die niedrige Frequenz der Strahler kann ihnen nichts anhaben. Es ist mehr wie ein halbherziger Stoß, der sie einige Sekunden vom Weg abbringt und mehr nicht. Mit hungrig aufeinanderschlagenden Kiefern und grabschenden Händen drängen sie die Geisterjäger immer weiter auseinander. Überdeutlich sind sich die jungen Männer ihrer Übermacht bewusst und der Tatsache, dass das Ganze dennoch wie ein schlechter Horrorfilm wirkt. ‚Wir hätten uns nicht trennen dürfen…‘, geht es Peter durch den Kopf. ‚Im Film ist das immer ein großer Fehler…‘ Zutiefst bereut er seine Entscheidung, seine Kollegen diesem hungrigen Mob zum Fraß vorgeworfen zu haben. Jetzt ist es aber zu spät, sie sind bereits zu weit voneinander entfernt und eingekreist von diesen Wesen, um sich wiederzufinden. Plötzlich stößt Ray mit dem Rücken gegen einen Wiederstand. Es ist der Bulldozer, in dem sich Kinnell gestern Nacht versteckt hat. Doch der Mechaniker hat keine Chance ins Innere zu gelangen und Schutz zu suchen. Stattdessen packt ihn einer der Zombies so grob bei den Oberarmen, dass er noch zwei Wochen später blaue Flecke haben wird. Ein gequälter Laut verlässt den Mund des Rothaarigen und dann kann er sich nicht mehr bewegen. Die Kraft dieser Gestalt ist einfach unglaublich, obwohl kaum etwas ihren Körper zusammenzuhalten scheint. Am ganzen Leib zitternd, gewinnt ein Teil seiner kindlichen Begeisterung aber die Oberhand und er betrachtet fasziniert das Wesen von sich. *Sein Kopf ist zur Hälfte zerschmettert. Sein Genick ist gebrochen. Aus der geschwollenen, verzerrten, rechten Schulter ragt der blanke Knochen des Schlüsselbeins hervor. Aus seinem Kopf sickern Blut und eine gelbe, eitrige Flüssigkeit seine verfaulte Wange hinab. Durch das Loch im Schädel kann Ray das Gehirn sehen, weißlich grau und tot. Es ist, als blickt man durch ein zerbrochenes Fenster. Das Loch ist ungefähr fünf Zentimeter breit; wenn der Zombie ein Kind im Schädel hätte, könnte er es fast durch dieses Loch zur Welt bringen – wie Zeus Athene seinem Haupt entspringen ließ. Im Gedanken hört er plötzlich seine gottesfürchtige Mutter sagen: ‚Tot ist tot!‘, und verspürt dabei den inneren Drang zu lachen. Dieser Impuls wird so stark, dass er tatsächlich kichern muss. Wie oft hat er schon versucht, seiner Mutter klarzumachen, dass der Tod nur der Beginn eines anderen Lebens ist? Dies scheint den Zombies auf irgendeine Weise zu verwirren. Seine schnappenden Kiefer halten für einen Moment inne und dumpfe Laute verlassen seine Kehle, als wollte er fragen, was denn so lustig ist. Immer noch kichernd erhascht Raymond so einen besseren Blick auf das Gesicht der Leiche. Überrascht stellt er fest, dass es Paul O´Malley ist. Augenblicklich verstummt sein Lachen und er betrachtet den toten Mann vor sich mit großen Augen. Der Ausdruck im verfaulten Antlitz der Leiche wirkt so unglaublich traurig und schmerzlich, dass sich Ray am liebsten selbst ohrfeigen würde, weil er ihn ausgelacht hat. „Mister O´Malley, wir wollen ihnen doch nur helfen…“, setzt der Rothaarige an. In den trüben Augen des Zombies erscheint für einen Moment ein Ausdruck, der Erkenntnis sein könnte. Das gibt Ray genug Zeit, seine Protonenkanone zwischen sich und den Untoten zu bringen. Wie sich herausstellt, gerade noch rechtzeitig. Plötzlich fängt der Zombie wieder an, nach ihm zu schnappen, als würde er Ray´s Worte für eine Lüge halten. Mit unendlicher Traurigkeit sieht der Mechaniker mit an, wie sich das Wesen in der Spitze seiner Waffe verbeißt und ihm dabei ein Zahn abbricht, der ein blutiges Loch in seinem Mund hinterlässt. „Mister O´Malley, ich…“, setzt der Geisterjäger an, doch dann wird die Situation von einem lauten Pfeifen durchbrochen. „Hey, ihr widerlichen Zombies! Hier bin ich! Ihr wollt mich, also kommt mich holen!“, brüllt Kinnell aus der Tür der kleinen Hütte hinüber. Augenblicklich lassen die Untoten von den vier Männern ab und wenden sich zu Richard. Gierig jagen sie ihm entgegen. Plötzlich wird dem Bauunternehmer klar, wie dumm seine Idee doch war und er verbarrikadiert sich schnell wieder in seinem Büro. Die wandelnden Leichen hämmern und kratzen über die Holztür und versuchen hinein zu kommen. Bis auf einen. O´Malley hält noch immer Ray gefangen und blickt ihn grunzend über den Lauf des Strahlers hinweg an, während schwarzes, stinkendes Blut aus seinem Mund herausquillt. Für einen Moment glaubt der Rothaarige in den unartikulierten Geräuschen das Wort Betrüger hören zu können. Dann trifft ein saftiger Protonenstrahl mitten in den Rücken des Untoten. „Hey, du hässlicher Mistkerl! Ich bin der Einzige, der Ray so rumschupsen darf! Also nimm gefälligst deine widerlichen Hände von ihm!“, grölt Venkman zornig und legt all seine angestaute Eifersucht auf Winston in seine Worte. Ein tolles Gefühl, dem Ganzen mal Ausdruck zu verleihen, auch wenn es leider nicht den Richtigen trifft. Mit einem wütenden Stöhnen, wendet sich der zerfallene Körper, der einst dem gütigsten Mann New Yorks gehört hat, zu dem Brünetten um. In Peter sieht er nun sein nächstes Opfer und streckt seine klaubenden Hände nach ihm aus. Ray sieht das als Chance an. „Peter! Das ist O´Malley!“, ruft er seinem aufgebrachten Kollegen zu. Der Angesprochene versteht sofort und praktischerweise sind die anderen Zombies ja mit Kinnell beschäftigt. Egon und Winston kommen ebenfalls herbei und zusammen umzingeln sie den eigentlichen Besitzer des Grundstücks. Mit ihren Strahlern halten sie ihn auf Abstand. „Mister O´Malley, wir wissen, was für ein Unrecht sie erfahren haben und sind hier, um das Ganze aus der Welt zu schaffen.“, setzt Winston an. Der Zombie scheint daraufhin etwas von seinem Elan einzubüßen. „Ganz recht! Kinnell ist da hinten in der Hütte und er ist bereit, ihnen das Grundstück wiederzugeben und zu verschwinden, damit hier das Waisenhaus gebaut werden kann, das sie sich gewünscht haben.“, ergänzt Peter. Paul scheint sich noch weiter zu beruhigen und wirft keuchend einen Blick zu der Hütte hinüber, die noch immer von den Angehörigen seiner Familie malträtiert wird. „Ihr Sohn ist auch schon auf dem Weg hierher, um das Ganze zu übernehmen. – Sie müssen diesen Mann nicht töten, er wird eine gerechte Strafe für sein Vergehen erhalten.“, kommt es von Ray. Bei der Erwähnung seines Sohnes, gibt der Verstorbene jeglichen Widerstand auf. Ein Laut verlässt seinen blutigen Mund, dem man mit Fantasie den Namen Kevin entnehmen kann. Vorsichtig lassen die Jungs ihre Strahler sinken. „Bitte, Mister O´Malley, rufen sie ihre – Angehörigen zurück…“, kommt es flehend von Egon. Zögernd und abschätzend blickt sich Paul nach seiner aufgebrachten Familie um. In diesem Moment gelingt es ihnen, das Fenster neben der Tür zu zerschlagen. Mit lautem Klirren geht es zu Bruch und die hilflosen Rufe von Kinnell werden laut. Dann stößt der Anführer der Zombies einen durchdringenden Ton aus und die anderen wenden sich zu ihm um. Verständnislos mustern ihre toten Augen Paul, doch schließlich entfernen sie sich langsam von der Hütte. „So, Kinnell! Das ist jetzt ihr Auftritt!“, ruft Peter dem verschrecken Bauherren zu. Nur sehr widerwillig verlässt Richard die kleine Hütte und tritt auf den Kies hinaus. Unter den wachsamen Augen der Zombies und der Ghostbusters treffen sich Richard und Paul in der Mitte des Platzes. Die strengen Augen des Untoten treffen auf die ängstlichen des Betrügers. Eine ganze Weile herrscht Stille. „Was zum…?“, ertönt plötzlich eine Stimme von der Toreinfahrt. Alle wenden sich dem Neuankömmling zu. Im Licht einer Laterne steht ein junger Mann mit schulterlangen, roten Haaren, die im Nacken zu seinem Zopf zusammengefasst sind. Sommersprossen schimmern auf seiner sonnenverbrannten Haut und verraten, dass er normalerweise sehr blass ist, doch die stetige Einstrahlung Afrikas hat sie etwas schwächer werden lassen. Seine jadegrünen Augen blicken sich voller Unglauben auf dem Grundstück um. Als Kinnell ihm erzählt hat, dass Zombies auf seinem Stück Land wüten, hat Kevin es nicht wahrhaben wollen, doch nun sieht er sie wirklich. Paul gibt einen Laut von sich, der wohl so etwas wie Freude ausdrücken soll und wankt auf seinen Sohn zu. Dieser schreckt heftig zusammen und hebt abwehrend die Hände. Der Untote lässt sich davon jedoch nicht täuschen und verringert den Abstand beständig. „V-Vater…?“, fragt Kevin schließlich völlig aufgelöst. Der Zombie scheint dies zu bejahen und der junge Schotte entspannt sich etwas. Seine Augen beginnen zu glänzen und schließlich rinnen ihm ein paar Tränen die Wangen hinab. Langsam kommt er seinem Vater entgegen und obwohl allein schon der Gedanke abstoßend ist, umarmen sich die beiden schließlich. Auch die anderen Untoten setzen sich in Bewegung und begrüßen ihren Sohn, Enkel, Cousin und was nicht noch alles. Einige Gesichter kannte Kevin bis dahin nur von alten Fotos und obwohl vor ihm die stinkenden, verwesenden Überreste seiner Ahnen stehen, könnte er kaum glücklicher sein. Die Geisterjäger betrachten das Schauspiel erleichtert, ihre Arbeit hier ist fast schon beendet. Verhalten meldet sich schließlich Kinnell zu Wort. Unter den Augen der Anwesenden entschuldigt er sich schließlich bei O´Malley und seinem Sohn, ja eigentlich bei ihnen allen. Er überreicht die Besitzurkunde des Grundstücks an Kevin und kaum eine Woche später wird hier der Bau des Waisenhauses beginnen. Die Zombies haben somit einen Sieg errungen und sehen daher keinen Grund mehr, länger in der Welt der Lebenden zu verweilen. Gemächlich machen sie sich daher auf den Weg zurück zum nahegelegenen Green-Wood Friedhof. Kevin begleitet sie auf dieser letzten Reise und verabschiedet sich ein hoffentlich endgültiges Mal von ihnen. Nach diesem Abenteuer fühlt sich Kinnell mehr als bekehrt. Und scheinbar scheint Kevin einen ganz ähnlichen Gedanken zu haben. Er sieht nämlich davon ab, die Polizei zu benachrichtigen, um ihn für sein Vergehen anzuklagen. Der Schreck, den Richard in den letzten vierundzwanzig Stunden erlitten hat, ist Strafe genug. Stattdessen erteilt der junge O´Malley seiner Firma ganz offiziell den Auftrag für den Bau des Waisenhauses und vieler weiterer Projekte. Kinnell hat seine Lektion wahrlich gelernt und macht seine Arbeit ab jetzt wirklich gut und was das Wichtigste ist: nun auch ehrlich und aus den richtigen Gründen! Kapitel 12: Prision Ghost Story ------------------------------- Zwei Monate später… Gemächlich schiebt sich Ecto-1 durch das Garagentor und kommt schließlich zum Stehen. Erschöpft steigen die Jungs aus und strecken ihre müden Glieder. Es war ein langer Morgen und der Geist, den sie in einem großen Herrenhaus einfangen sollten, hat ihnen das Leben ganz schön schwergemacht. Ein wirklich penetrantes, kleines Mistvieh, das sich ewig nicht erwischen lassen wollte. Nicht minder Nerv tötend war aber auch der Besitzer des Hauses. Ein alter, griesgrämiger Kerl, wie er im Buche steht. Genauso wie man sich einen Knacker allein in so einem großen Haus halt vorstellt. Nicht alle Tassen im Schrank und immer was zu meckern. William Humboldt, wie der Typ heißt, hat ihnen die Sache daher nicht weniger schwergemacht, als der Geist ohnehin schon. Ständig hat er sie beschimpft und Dinge behauptet, die gar nicht stimmen. Sie alle waren froh, das Herrenhaus endlich wieder verlassen zu können und wahrscheinlich ist sogar der Geist froh, von diesem Meckerkopf weg zu sein. „Oh, man, bin ich fertig…“, hört man Peter. Schwerfällig lässt er sich auf seinen Bürostuhl sinken und hat schon die Augen geschlossen, ehe er überhaupt ganz zum Sitzen kommt. Ausnahmsweise sind allemal seiner Meinung. „Ich geh erst mal duschen.“, verkündet Winston und streckt sich ein letztes Mal, ehe er die Treppe hinaufsteigt. Dabei gibt sein Rücken ein unschönes Knacken von sich, bei dem der ehemalige Bauarbeiter leicht das Gesicht verzieht. Ray folgt ihm bis in den ersten Stock und biegt dort in die Küche ab. Der Rothaarige muss sich erst einmal stärken. Mit einem müden Seufzen nimmt Egon die Brille ab und reibt sich die Augen. Als er sich das rote Gestell wieder auf die Nase setzt, steht Janine vor ihm. „Du siehst aus, als könntest du einen Tee gebrauchen.“, entgegnet sie ihm. „Das wäre eine wirklich gute Idee.“, erwidert er matt. Mit einem sanften Lächeln hält ihm die Sekretärin eine wohlduftende Tasse vors Gesicht. „Oh, vielen Dank…“, kommt es etwas überrascht von dem Tüftler. Die Rothaarige sieht ihn fürsorglich und zugleich verträumt an. „Für dich doch immer.“, haucht sie ihm entgegen. Tief sehen sich die beiden in die Augen. Egons Herz beginnt schneller zu schlagen und eine gewisse Nervosität breitet sich in ihm aus. Im Schein der Deckenbeleuchtung, die sich keck in den schmalen Gläsern ihrer Brille bricht und funkelnd von ihren bonbonfarbenen Lippen widerspiegelt, sieht sie wirklich wunderschön aus. Eine Tatsache, die nicht einmal der ach so gefasste Tüftler ignorieren kann. „Weißt du eigentlich, dass das Neonlicht gerade in einem 52° Winkel auf deine Augen fällt und sie damit aussehen wie frischgewachsener Efeu?“, fragt er sie schüchtern. „Oh Egon, dass hast du wirklich schön gesagt!“, erwidert Janine glücklich und richtet sich leicht auf die Zehenspitzen auf, damit sie ihm einen Kuss entlocken kann. Ehe es jedoch dazu kommt, ertönt Peters Stimme hinter der Abtrennung der beiden Büros hervor. „Nehmt euch ein Zimmer, ihr zwei! Ich versuche hier ein Nickerchen zu machen!“ Überrascht zucken die beiden Angesprochenen leicht zusammen. Ein roter Schimmer breitet sich auf ihren Wangen aus. Egon räuspert sich verlegen. „Ich glaube, ich habe noch etwas in meinem Labor zu erledigen…“, gibt er ausweichend von sich und begibt sich die Treppe hinauf. Janine bleibt ungeküsst zurück. Für einen Moment ist sie sehr traurig über diese Tatsache, immerhin hätte es ja fast geklappt. Dann jedoch gewinnt die Wut in ihr die Überhand und sie stapft zu Venkman nach hinten. „Sag mal, was fällt dir eigentlich ein?“, wirft sie ihm ungehalten an den Kopf. Peter grinst nur müde, zwinkert ihr zu und hält sich dann einen Finger vor die Lippen, um ihr anzudeuten, leise zu sein. Dann verschränkt er die Arme hinter dem Kopf und schließt wieder die Augen. Die Rothaarige gibt ein aufgebrachtes Geräusch von sich. Im Moment fällt ihr jedoch leider nichts ein, mit dem sie es Venkman heimzahlen könnte, aber früher oder später wird sich das sicher ändern! Daher wendet sie sich geknickt ab und begibt sich wieder an ihre Arbeit. Innerlich ist Peter durchaus bewusst, dass er ihre Gefühle verletzt hat, wo sie sich doch schon so lange um den Blonden bemüht. Doch so etwas wie Stolz hindert den Brünetten daran, die zwei in Ruhe zu lassen. Er fühlt sich schlichtweg einsam und will daher nicht mitansehen müssen, wie sich die beiden näherkommen. Es ist ihm schließlich schon viel zu viel zu wissen, dass Ray und Winston zusammen sind, auch wenn die zwei es keinem auf die Nase binden. Daran muss sich einfach etwas ändern. Er hatte ja gehofft, dass es etwas mit seinem letzten Date wird. Doch das war mal wieder ein Schuss in den Ofen, obwohl sie es immerhin auf drei gemeinsame Treffen gebracht haben, ehe sie ihn abserviert hat. Peter hatte wirklich das Gefühl gehabt, dass es diesmal klappt und hat sich sogar sehr bemüht zurückgehalten. Aber wie so oft, finden die Frauen immer etwas an ihm auszusetzen und das macht es ihm schlichtweg unmöglich, anderen ihr Glück zu gönnen. Sollen sie doch alle machen, was sie wollen, aber doch bitte so, dass er es nicht mitbekommt, danke sehr! Kaum zehn Minuten vergehen, dann scheint Janine doch noch so etwas wie Vergeltung für ihren verlorenen Kuss zu erhalten. Zumindest denkt sie dies im ersten Moment, als ein hochgewachsener Mann in Begleitung von vier uniformierten Polizisten die ehemalige Feuerwache betritt. Mit strenger Mine baut er sich vor ihrem Schreibtisch auf. Allein schon seine Größe wirkt einschüchternd, überragt er doch selbst Egon noch um ein gutes Stück. Noch beeindruckender ist aber die Tatsache, dass er aber auch fast genauso breit wie hoch ist. Es kommt der Rothaarigen so vor, als hätte sich ein ausgewachsener Grizzlybär vor ihr auf die Hinterpfoten gestellt. Kein Wunder, dass sie bei diesem Anblick fast das Gefühl hat, gleich gefressen zu werden. Der Anzug, den er trägt, hat dieselbe blaue Farbe wie die Uniformen der Polizisten, doch sie bezweifelt stark, dass er sein Jackett verschließen kann, ohne, dass die Knöpfe um Gnade winseln. Die rote Krawatte um seinen Stiernacken ist viel zu kurz für seine Körpermaße und wirkt daher eher, als wäre sie aus der Kinderabteilung. Ein lässiger Hut auf seinem gewaltigen Kopf rundet das Bild schließlich ab. Sein Anblick ruft ein ziemliches Unbehagen in der jungen Frau hervor, dennoch lächelt sie ihm versucht freundlich entgegen. Erst recht, da die Polizisten so wirken, als würden sie jeden, der es auch nur wagt, ungefragt den Mund zu öffnen, in Handschellen legen. „Was kann ich für sie tun, Mister…?“, fragt sie charmant und versucht dabei ihr Unbehagen zu verbergen. „Officer Paul Tayler, mein Name.“, kommt es mit tiefer Stimme von dem großen Mann. Zur Bestätigung hält er ihr gekonnt seine Dienstmarke vor die Nase. „Ich suche Peter Venkman.“, fügt er mit einem schnellen Blick in sein winziges Notizbuch hinzu. Innerlich breitet sich ein Grinsen in Janine aus. Wie es scheint, hat ihr heißgeliebter Chef wohl etwas ausgefressen und bei dem Aufgebot hier, muss es wohl was Größeres sein. Sie hebt die Hand, um Tayler den Aufenthaltsort des Brünetten mitzuteilen, da ertönt schon dessen Stimme hinter der Trennwand. Sich streckend, tritt der Anführer der Geisterjäger in das Sichtfeld der Besucher. „Es heißt Dr. Peter Venkman, wenn ich bitten darf! Und was soll das Ganze hier überhaupt? Ich versuche zu schlafen, Herr Gott!“, pikiert er sich. Janine rollt nur mit den Augen. Immer das Gleiche mit seinem Doktortick, wirklich schlimm. Den Officer scheint das Gehabe des Brünetten auch nicht zu beeindrucken. „Wie auch immer…“, gibt er nur von sich und mustert den jungen Mann vor sich. Gedanklich fragt er sich wahrscheinlich, was für ein Doktor Peter wohl sein mag und warum er mit so einem Titel auch noch so einem dümmlichen Job nachgeht. Venkman verschränkt die Arme vor der Brust und mustert hingegen genervt den Berg von einem Mann vor sich. Sein Blick ist dabei so abwertend, ja geradezu angewidert, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis er eine abfällige Bemerkung fallen lässt, die ihn erst recht in Schwierigkeiten bringen wird. „Also? Was führt so einen – beeindruckenden Typen wie sie in unser bescheidenes Heim und warum stören sie unsere wohlverdiente Pause?“, fordert Venkman nun zu wissen und bedenkt den Mann vor sich dabei mit einem noch abfälligeren Blick. „Leisten sie sich ruhig noch ein paar Frechheiten, Venkman. Aber das wird ihnen auch nichts nützen. Ich habe den Befehl, sie festnehmen zu lassen!“, entgegnet Tayler in einer unheimlichen Ruhe. Eigentlich müsste man nun denken, dass Peter angesichts der Tatsache, dass er vielleicht ins Gefängnis kommt, so etwas wie Furcht empfinden müsste, doch dem scheint absolut nicht so zu sein. Stattdessen hebt er leicht irritiert die rechte Augenbraue und setzt ein siegessicheres Lächeln auf. „Ach ja? Da bin ich aber anderer Meinung. Ich hab nämlich gar nichts gemacht! Und versuchen sie gar nicht erst, sich was aus den Fingern zu saugen, ich hab ein Alibi und meine Kollegen können das bestätigen, da wir die ganze Zeit zusammen waren.“, erwidert er dem Officer selbstsicher. Tayler entgegnet ihm ein mindestens genauso selbstsicheres Lächeln und lässt sich kein Stück aus der Ruhe bringen. „Mag schon sein, aber das hat ein Richter zu entscheiden. Ich bin nur hier, um sie in Gewahrsam zu nehmen.“ „Versuchen sie es ruhig und sehen sie, was passiert!“, wirft Peter zurück und ballt nun verärgert die Fäuste. Janine seufzt nur und wendet den Blick ab. Taylers Grinsen wird breiter. Er hat schon gehört, dass Venkman ein ziemliches Temperament hat, doch das wird ihm auch nicht helfen. Im Gegenteil, es wird Paul nur noch mehr Spaß machen, ihn in Handschellen zu sehen. Gelassen hebt der große Mann die linke Hand und schnipst mit den Fingern. Augenblicklich rühren sich die vier Uniformträger hinter ihm und treten vor. Sie ergreifen den Brünetten in gekonnter Polizeimanier, auch wenn er sich dermaßen heftig zur Wehr setzt, dass die Männer schon fast Probleme haben ihn zu halten. Schließlich überwältigen sie den jungen Geisterjäger und drücken ihn gewaltsam mit dem Oberkörper auf Janines Schreibtisch. „Nehmt sofort eure dreckigen Pfoten von mir! Wisst ihr eigentlich, wen ihr vor euch habt?“, gebärt sich Venkman lautstark. Erschrocken springt die Sekretärin von ihrem Stuhl auf und weicht ein paar Schritte zurück. So ganz weiß sie nicht, was sie von alledem halten soll. Klar findet sie es irgendwo gut, dass Peter mal eine Lektion bekommt, aber das sieht doch schon etwas übertrieben aus. Geräuschvoll schnappen die Handschellen zu und die Beamten zerren Venkman wieder auf die Füße. Grinsend starrt Paul in das aufgebrachte Gesicht des jungen Mannes. „Glauben sie mir, Venkman. Wir sind uns durchaus bewusst, mit wem wir es hier zu tun haben. Und wenn es nach mir gehen würde, hätte ich sie schon viel früher hinter Schloss und Riegel gebracht und ihrem Unsinn hier ein Ende bereitet.“ „Sie verdammter…“, setzt Peter an, doch er kann seinen Satz nicht beenden und das ist wahrscheinlich auch gut so. „Was ist denn hier los?“, fragt Ray, der gerade mit dem Rest seines Sandwichs die Treppe hinunterkommt. Verwirrt betrachtet er die Szene. Im ersten Moment teilt er dabei Janines Gedanken, dass Peter etwas angestellt haben muss. Zu zutrauen wäre es ihm auf jeden Fall, so wie er sich immer irgendwelchen Ärger einhandelt. „Wie ist ihr Name?“, fragt Tayler auch schon, kaum, dass der Mechaniker das Ende der Treppe erreicht hat. „Ich bin Raymond Stanz. Aber was ist denn eigentlich los?“, erwidert der Rothaarige. „Ganz einfach. Sie sind ebenfalls festgenommen, so wie ihr Kollege hier.“, teilt Tayler ihm mit und schnipst wieder mit den Fingern. Erschrocken zuckt Ray zusammen. In seinem ganzen Leben hat er nie etwas Gesetzwidriges getan. Das Einzige, was man ihm überhaupt vorwerfen könnte, wäre sein übertriebener Fahrstil. Aber selbst dabei hat er nie jemanden verletzt oder gar einen Unfall verursacht. „Nein, halt!“, gibt er hilflos von sich, als zwei der Beamten drohend auf ihn zukommen. Nicht weniger grob, als bei Peter, drücken sie den jungen Mechaniker gegen die Wand und legen auch ihm Handschellen an. Ungeachtet landet sein Sandwich dabei auf dem Boden. „Au! Nicht so fest!“, kommt es schmerzlich von ihm, doch das ändert nichts an der Vorgehensweise der Polizisten. Janine hingegen versteht nun überhaupt nichts mehr. Was in aller Welt könnte Ray schon ausgefressen haben? Er ist doch die Unschuld in Person! „Nun hören sie mal, Officer! Jetzt gehen sie aber zu weit! Ray hat nichts getan!“, bäumt sie sich vor dem großen Mann auf. „Da bin ich aber anderer Meinung! Also kümmern sie sich um ihren eigenen Kram und gehen wieder Kaffee kochen, Schätzchen!“, erwidert Paul streng und herablassend. „Schätzchen? Was bilden sie sich eigentlich ein, sie mieser…“, setzt die toughe, junge Frau an. „Nun zügeln sie mal ihr Mundwerk, junges Fräulein oder ich werde sie auch festnehmen lassen!“, fährt er sie grob an. Janine zuckt überrascht zusammen und begibt sich widerwillig an ihren Schreibtisch zurück, aber nicht ohne Tayler einen giftigen Blick zu zuwerfen. Hilflos winden sich die zwei gefangen Ghostbusters im Griff der Polizisten. „Wo ist Winston Zeddmore?“, fragt Paul schließlich, nach einem kurzen Blick in sein Notizbuch. Mahnend blickt er in die Runde, doch alle drei sind sich einig, ihm diese Antwort nicht zu geben. „Hier bin ich. Was gibt es denn, Officer?“ Nur mit einer Shorts bekleidet, kommt Winston die Treppe hinunter und rubbelt sich mit einem Handtuch die Haare trocken. „Sie sind festgenommen!“, verkündet ihm Paul trocken und gibt den Polizisten wieder ein Zeichen. Ehe der einstige Bauarbeiter realisieren kann, was das Ganze zu bedeuten hat, haben ihn zwei der Beamten auch schon von den Stufen gezerrt und ihm Handschellen angelegt. Langsam versteht keiner von ihnen mehr, was hier eigentlich vor sich geht. Verzweifelt betrachtet Janine die Sache, doch sie weiß einfach nicht, was sie tun soll, ohne sich selbst in Schwierigkeiten zu bringen. „Moment mal! Kann ich mir nicht wenigstens was anziehen?“, kommt es verloren von Winston, der sich doch ziemlich auf dem Präsentierteller fühlt. Tayler grinst ihm nur entgegen. „Das ist nicht nötig. Da wo ihr hingeht, bekommt ihr eine hübsche, neue Uniform, Jungs!“ Hilflos sehen sich die drei Geisterjäger an und denken fieberhaft darüber nach, was sie angestellt haben könnten, doch sie finden einfach keine Antwort, die eine solche Brutalität rechtfertigen würde. Derweilen studiert Paul wieder sein Notizbuch und sucht nach dem Namen des letzten Verdächtigen. In diesem Moment blickt Egon durch das Loch im Boden des Schlafzimmers hinunter, um festzustellen, was der ganze Lärm zu bedeuten hat. „Könnte mir vielleicht mal jemand erläutern, was dieser Aufruhr zu bedeuten hat, meine Herren?“, ruft er hinunter. Paul begibt sich unter das Loch in der Decke und blickt hinauf. „Sind sie Egon Spengler?“ „Durchaus und mit wem habe ich das Vergnügen?“, erwidert der Blonde verwundert. „Officer Paul Tayler. Wenn sie sich mal hier runter bequemen könnten, würde ich gern mit ihnen reden.“ Misstrauisch mustert der Tüftler den großen Mann. Dann rutscht er langsam an der blankpolierten Stange hinunter. Erschrocken springt Janine wieder auf und kommt ihm entgegen. „Egon, tu´s nicht!“, bittet sie ihn. Doch der junge Mann ignoriert sie weitgehend, besieht sich lieber das Bild seiner in Handschellen gelegten Kollegen, die von drei eifrigen Polizisten mühevoll in Zaum gehalten werden. „Was soll das alles?“, fragt er schließlich. Tayler setzt wieder ein Grinsen auf. „Ganz einfach, sie sind festgenommen.“, erklärt er trocken und setzt dazu an, dem letzten Polizisten ein Zeichen zu geben. Im Gegensatz zu seinen drei Kollegen ist Egon jedoch völlig ruhig. Streng blickt er durch die Gläser seiner Brille und unterbricht Paul in seinem Tun. „Bemühen sie sich nicht zur grenzwertigen Zurschaustellung ihrer polizeilichen Übermacht. Ich beuge mich Justitia ohne Anwendung von fragwürdigen Maßnahmen. Allerdings nur unter der Bedingung der Aufklärung meinerseits.“, kommentiert der Blonde mit einem Anflug von Sturheit. Tayler bricht seinen Befehl ab und sieht den Tüftler irritiert an. „Was haben sie da gesagt?“, fordert er beinahe ungehalten zu wissen, da er sich irgendwie veralbert vorkommt. Egon denkt jedoch nicht daran, sich in irgendeiner Form zu erklären, solange er nicht weiß, warum seine Freunde wie gefährliche Straftäter behandelt werden. Energisch anmutend verschränkt er die Arme vor der schmalen Brust und erwidert den Blick des Officer fast schon trotzig. „Au! Er hat gesagt – ah! Er hat gesagt, dass er sich freiwillig Handschellen anlegen lässt, wenn sie ihm sagen, was uns eigentlich vorgeworfen wird…“, übersetzt Ray das Ganze, unter dem schmerzlichen Griff des Beamten. Paul entspannt sich wieder etwas. „Schön, wenn es weiter nichts ist, was sie dazu bringt, mitzukommen, bitte. Ihnen vier wird schwerer Diebstahl vorgeworfen.“, kommt die knappe Antwort. Mit einem abschätzenden Blick richtet sich Egon die Brille. „Hm, das wage ich doch zu bezweifeln. Aber vielleicht hätten sie die Freundlichkeit, mir zu sagen, wer solche Behauptungen an den Tag legt?“ Tayler ist anzusehen, dass er eigentlich keine Lust hat, weiterhin mit dem Tüftler zu reden, doch irgendetwas an dessen Art bringt ihn dazu doch weiterzusprechen. „Es war William Humboldt und soweit ich informiert bin, war er euer letzter ‚Kunde‘, wenn man das so sagen kann. Und er beschuldigt euch, ein altes Wandgemälde entwendet zu haben.“ „Faszinierend. – Es stimmt, dass er unser letzter Auftraggeber war, doch ich weiß beim besten Willen nicht, wie es uns möglich gewesen sein soll, eines dieser überdimensionalen Wandgemälde zu stehlen, die in seinem Anwesen hängen und damit auch noch unbemerkt durch die halbe Stadt zu fahren. – Zudem sind wir erst vor zwanzig Minuten zurückgekommen. Sie können es gern nachprüfen, der Motor von unserem Einsatzwagen ist noch warm. Wie stellen sie es sich also vor, dass wir dieses gewaltige Bild, das meiner Meinung nach ein Gewicht von mindestens einhundertfünfzig Kilogramm und Abmessungen von gut vier mal neun Meter haben dürfte, so schnell irgendwo unterbringen konnten und dann zu den Tätigkeiten zu wechseln, bei denen sie uns gerade unterbrochen haben?“ Der breitgebaute Officer muss zugeben, dass sich die ganze Sache wirklich unwahrscheinlich anhört. Er war selbst in diesem protzigen Herrenhaus und hat die übrigen Bilder gesehen. Sie sind schlichtweg gewaltig und es dürfte wahrhaft unmöglich sein, so ein Ding mal eben schnell rauszutragen. Tatsache ist aber, dass eines der Bilder verschwunden zu seien scheint, nachdem die Geisterjäger ihren Einsatz beendet haben. Wenn sie es nicht waren, war es ein anderer und bis dieser jemand gefunden ist, ist Tayler dazu verpflichtet, die Verdächtigen unter Arrest zu stellen. Egon kann ihm deutlich ansehen, dass er ihm Glauben schenkt, dennoch erkennt der Blonde auch, dass er nicht Klein beigeben wird. Er seufzt hörbar auf und gewinnt damit wieder Pauls Aufmerksamkeit. „Tja, Jungs. Fakt ist: das Bild ist weg und ihr wart die Letzten, die sich in dem Haus aufgehalten haben, also stelle ich euch unter Arrest, bis eure Unschuld bewiesen ist oder ihr die Kaution bezahlt habt.“ „Wie hoch wäre denn die Summe?“, fragt Janine nun mit wenig Hoffnung. Das Geschäftskonto der Jungs bewegt sich fast stetig am Rand von nichts. Sie haben zwar einen gewissen Überziehungssatz, aber da wieder rauszukommen, ist verdammt schwer und sie hatten es gerade erst geschafft nach Monaten mal auf null zu kommen. Tayler blättert wieder in seinem lächerlich kleinen Notizbuch. „Die Gesamtsumme beträgt 50.486$ und muss augenblicklich bezahlt werden, andernfalls nehme ich die werten Herren mit und sie bleiben unter Arrest, bis die Summe beglichen ist, sie für unschuldig erklärt werden oder der Gerichtstermin ansteht.“ Die gewaltige Summe lässt die vier Geisterjäger und auch Janine erblassen. „Sie haben sie doch nicht mehr alle!“, platzt es Peter heraus. Grinsend wendet sich Paul zu ihm um. „Mach nur so weiter, Venkman. Jede abfällige Bemerkung kostet euch dreihundertachtzig Dollar extra!“ Es ist nicht zu übersehen, wie sehr der Brünette dagegen ankämpft, etwas zu erwidern und es kostet ihn unendlich Mühe, die böswilligen Worte, die auf seiner Zunge liegen, wie ein faules Ei in einer bis zum Anschlag gespannten Steinschleuder, wieder herunter zu schlucken. Triumphierend dreht sich Tayler wieder zu Janine. „Nun?“ Traurig lässt die Rothaarige die Schultern hängen und sinkt kraftlos auf ihren Stuhl zurück. „So viel Geld haben wir nicht…“, gesteht sie, um Fassung bemüht. „Es bricht mir das Herz!“, entgegnet ihr der große Mann ironisch. „Aber keine Sorge, mein hübsches Kind, ich werde schon dafür sorgen, dass es den Jungs hier gut geht!“ In seiner Stimme liegt eine geradezu perverse Freude, die ihr einen Schauer über den Rücken jagt. Ergeben kreuzt Egon schließlich die Hände hinter dem Rücken, als der letzte Polizist sich ihm nähert. Er weiß im Augenblick auch einfach nicht mehr weiter. Ihr Schicksal ist vorerst besiegelt und sie können nichts dagegen tun… Gut eine halbe Stunde später hält der Gefangenentransporter vor einer schwer bewachten Brücke. Am Ende dieser Überführung über den East River befindet sich eine gewaltige Insel. Gut ein Dutzend Männer mit Maschinenpistolen und Schutzausrüstung patrouillieren vor der Zufahrt der Brücke. Als der Transporter stoppt, kommt einer der Männer mit einem Klemmbrett zum Fahrer. Derweilen dreht sich Tayler zu den Geisterjägern herum, die sich immer noch in Handschellen im vergitterten, hinteren Teil des Fahrzeugs befinden. „So Jungs. Das ist euer neues Zuhause, Rikers Island!“ Unter den wachsamen Augen der Polizisten, erheben sich die vier und blicken durch die verdrahteten Fenster zu der Insel hinüber. „Sagte er Rikers Island?“, fragt Winston mit einem mulmigen Gefühl. „Ja. Kennst du das etwa?“, entgegnet ihm Ray, der die Insel ratlos betrachtet. „Nicht persönlich, doch einige meiner alten Kollegen vom Bau hat es hierhergebracht und ich kann euch sagen, dass ist kein schöner Ort…“ Rikers Island ist zwar als größte Gefängnisinsel der Welt bekannt, ist aber eigentlich eher ein Auffanglager für Personen, die oftmals vermeintlich mit dem Gesetz in Konflikt getreten sind und ihre Kaution nicht bezahlen können. Die meisten der Insassen sind sogar unschuldig, aus dem einfachen Grund, weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren und man einen Täter brauchte. Sie alle warten auf ihren Freispruch oder einen Anhörungstermin vor Gericht. Doch die Justiz ist mehr als überlastet, sodass diese sogenannte Untersuchungshaft oft mehrere Jahre dauern kann. Trotz der Tatsache, dass fast alle Insassen unschuldig sind, werden sie von den Strafbeamten aber wie Schwerverbrecher behandelt. Ausschweifende Gewalt und Quälereien stehen dabei an der Tagesordnung. Die Gefangenen werden im wahrsten Sinne des Wortes so lange mürbe geklopft, bis sie ein Geständnis ablegen, obwohl sie eigentlich nichts getan haben, nur um diesen Ort wieder verlassen zu können, in der Hoffnung in einem richtigen Gefängnis besser behandelt zu werden oder zumindest zu wissen, wann ihre Qualen ein Ende haben werden. Die Ungewissheit über die Länge des Aufenthalts hier, ist mindestens genauso vernichtend, wie die brutalen Methoden der Wachmänner. Winston weiß zwar nicht viel über diesen Ort, doch das, was er von seinen ehemaligen Kollegen gehört hat und seien es auch nur Mutmaßungen und Gerüchte, behält er lieber für sich. Die Tatsache, hier für unbestimmte Zeit festzusitzen, ist schon schlimm genug, da muss er seinen Freunden nicht auch noch irgendwelche Horrorgeschichten erzählen, die er aufgeschnappt hat. Doch wenn er sich so Taylers selbstgefälliges Grinsen betrachtet, kommt ihm die erdrückende Erkenntnis, dass vieles davon wahr sein muss. Sein hoffnungsloser Gesichtsausdruck zeigt den drei anderen aber schon, dass es wohl nicht gerade ein Urlaub ist, hier zu sein… Ein überaus mulmiges Gefühl befällt die vier jungen Männer und es wird nur noch schlimmer, als sich das schwere Tor öffnet, das die Brücke mit dem Festland verbindet. Der Gefangenentransporter setzt sich wieder in Bewegung und gleitet langsam die schmale Überführung dahin. Rikers Island, mit all seinen grausigen Geheimnissen und erschreckenden Gerüchten, kommt immer näher. Angespannt sitzen die Jungs auf der spärlich gepolsterten Bank des Wagens, während die drei Polizisten ihnen gegenüber nur in sich hineingrinsen. Endlos ziehen sich die Minuten dahin und doch scheinen sie bei weitem nicht lang genug zu sein. Schließlich stoppt der Transporter vor einem weiteren Tor, wird erneut kontrolliert und dann durchgewunken. Das eiserne Tor schließt sich mit einer Endgültigkeit hinter dem Fahrzeug, die den Ghostbusters mehr Angst einjagt, als es bisher irgendein übernatürliches Wesen hätte tun können. Vor einem großen, ziemlich erdrückend wirkenden Gebäude kommt der Wagen dann zum Stehen. Die Jungs werden von den Polizisten in Richtung Eingang geführt. Dabei kommen sie an einem dicken Maschendrahtzaun vorbei, der eine Art Sportplatz umringt. Dort halten sich unzählige Männer auf und gehen den verschiedensten Beschäftigungen nach. Wie es aussieht, haben sie wohl gerade Hofgang und vertreten sich die Beine, in der leicht wärmenden Aprilsonne. Die Neuankömmlinge bleiben ihnen aber dennoch nicht unbemerkt. Im Gegenteil, eine ganze Horde von ihnen nähert sich dem Zaum, um die Frischlinge zu begrüßen. Die Zeit hinter Gittern hat aus den Meisten der unschuldigen Männer richtige Rabauken gemacht, die sich ständig prügeln und rumpöbeln, wie man es aus billigen Gefängnisfilmen kennt. „Na, was haben wir denn da Schönes? Frischfleisch, Jungs!“, grölt schon der Erste von ihnen durch den Zaun. Seine Worte lösen einen Schwall an Gelächter aus, das so böse klingt, dass man sich schon gepeinigt fühlt, ohne irgendeinen Kontakt hergestellt zu haben. Dann entdeckt der Mob Winston, der noch immer gezwungen ist, nur in seinen Shorts herumzulaufen. Die kühle Luft bringt ihn trotz der Sonne zum Zittern und er versucht sich so unauffällig wie nur möglich zu geben. Doch es nützt natürlich nichts. „Seht euch mal die Schokopraline mit dem hübschen Hintern dort an!“, ruft ein anderer Mann, der ironischerweise selbst einen ebenso dunklen Hautton zur Schau trägt. Wieder ertönt schallendes Gelächter, gemischt mit allerhand obszöner Aussprüche und Forderungen, die dem ehemaligen Bauarbeiter das Blut in den Adern gefrieren und seine Wangen schamerfüllt glühen lassen. Unbeholfen, aber durchaus tröstend streicht Ray seinem Freund über den Rücken und versucht ihn etwas vor den Blicken dieser Kerle abzuschirmen. Die eindeutigen Worte dieses Pöbels treiben ihm aber die Schamesröte ins Gesicht und bei dem wohlgesitteten Egon sieht es nicht viel besser aus. Peter, der sonst immer so unsagbar eifersüchtig auf den Schwarzhaarigen ist, packt bei diesen Äußerungen allerdings die blanke Wut. So einen Mist kann er einfach nicht ertragen, egal gegen wen er sich richtet. Mit geballten Fäusten wendet er sich dem Zaun zu und funkelt die Horde wütend an. „Seid ihr eigentlich total bescheuert? Was seid ihr bloß für widerliche Gestalten? Lasst ihn gefälligst in Ruhe oder euch fehlen gleich ein paar Zähne!“, giftet er sie an. Überrascht blicken ihn seine drei Kollegen an. Zwar hat Venkman sie alle schon mal irgendwie verteidigt, sich dabei aber eher um Ray und Egon gekümmert, die sonst die Lieblingsopfer solcher Typen sind. Winston hingegen wusste sich immer selbst recht gut zur Wehr zu setzen und Peters Eifersucht hat ihn auch stets etwas gehemmt, sich für ihn so einzusetzen. Doch im Moment fühlt sich Winston ganz und gar nicht in der Lage, irgendetwas zu unternehmen und dies scheint der Brünette wohl gemerkt zu haben. Doch wie sonst auch, behindert Peters Temperament sein Denkvermögen gewaltig und er steigert sich da zu sehr hinein. Die Gefängnisinsassen drohen ihm daraufhin gehörig, was Venkman aber keinesfalls einschüchtert. Im Gegenteil, es regt ihn nur noch mehr auf. Schließlich müssen die Polizisten das Ganze beenden. Aber der Pöbel wird sich damit wahrscheinlich nicht so leicht abspeisen lassen… Eine Stunde später hockt jeder der vier in einer winzigen Zelle, in der es kaum mehr als einen behelfsmäßigen Schlafplatz, ein vergittertes Fenster und eine nackte Edelstahltoilette gibt. In der dicken, blaugestrichenen Metalltür gibt es ein schmales, längliches Fenster, durch das man in die Zelle hineinsehen kann und eine Metallklappe, durch die Essen gereicht oder durch die man seine Hände stecken kann, wenn man in Ketten gelegt wird. Zwei der Zellen liegen immer unmittelbar nebeneinander. Die Wand dazwischen ist etwas dünner, sodass man sich versuchen kann mit seinem Nachbarn zu unterhalten, wenn man sich Mühe gibt und gute Ohren hat. Ansonsten ist man die meiste Zeit allein mit seinen Gedanken. Missmutig sitzt ein jeder der Jungs auf dem harten Bett und starrt verloren die blaue Tür an, in der Hoffnung, sie allein durch Willenskraft zu öffnen. Doch zumindest Winston kann sich damit trösten, dass er jetzt etwas zum Anziehen hat. Die Gefängniskluft besteht aus einem weißen T-Shirt, einer grellorangen Jacke, auf deren Rücken und Brusttasche die Registriernummer eines jeden Gefangenen steht und einer orangeweiß gestreiften Hose. Die Zeit scheint völlig stillzustehen und rein gar nichts lässt einen vermuten, wie spät es eigentlich ist. Erst als es langsam zu dämmern beginnt, merken die Jungs, dass die Nacht nicht mehr fern ist und, dass sie diese nicht in ihren kuschligen Betten verbringen werden. Es ist lange her, dass ein jeder von ihnen völlig allein geschlafen hat und das macht ihnen zum ersten Mal bewusst, wie sehr sie sich doch aneinander gewöhnt haben und sich sogar vermissen. Die Sehnsucht nach einander erdrückt sie fast und kaum einer von ihnen bringt es fertig, den undefinierbaren Brei zu essen, der ihnen zum Abend vorgesetzt wird. Stattdessen sitzen sie einfach nur da und warten auf die Nacht. Irgendwann wird das Licht dann abgeschaltet und ihnen über Lautsprecher mitgeteilt, dass sie nun zu schlafen haben. Widerwillig legen sich die Jungs hin und blicken lange zur kahlen Decke empor, bis sie die Erschöpfung ereilt und sie haltlos einschlafen. *** Er fühlt sich komisch. Irgendwie total verspannt und muskellahm. Bei dem Brett von einem Bett ist das aber auch kein Wunder. Schwerfällig und verkrampft versucht er sich in eine bequemere Position zu begeben, um seine schmerzenden Glieder etwas zu entlasten. Doch es will ihm einfach nicht gelingen - irgendetwas hindert ihn daran. Ein Krampf? Nein, das fühlt sich eigentlich anders an. Ein beginnendes Kribbeln in Armen und Beinen verrät ihm aber, dass er beim Schlafen wohl eine ziemlich komische Position eingenommen haben muss. Seltsamer Druck lastet auf seinen Knöcheln und Gelenken. Es ist fast so, als hätte ihn jemand ans Bett gefesselt. Dieser Gedanke durchzuckt sein Gehirn mit einer derartigen Heftigkeit, dass er die Augen weit aufreißt, nur um sie gleich darauf wieder fest zusammenzupressen. Gleißendes Licht hat ihm die Sicht geraubt. Hinter seinen Lidern tanzen bunte Punkte vorbei und er gibt ein klägliches Stöhnen von sich. Hilflos dreht er den Kopf zur Seite und ist doch ziemlich erleichtert, dass wenigstens das noch funktioniert. Langsam verschwinden die grellen Flecken vor seinen Augen und er erkennt durch die geschlossenen Lider, dass er sich wohl in einem hellerleuchteten Raum befindet. Allmehlig kehrt auch wieder Gefühl in seine Arme und Beine zurück und dadurch kann er die Riemen spüren, die ihn an Ort und Stelle halten sollen. Also ist er wirklich gefesselt! Ein Schauer gleitet seinen Rücken hinab. Das kann doch alles nicht wahr sein! Was ist nur los hier? Er hat so viel Schreckliches von Rikers Island gehört und nun scheint er am eigenen Leib zu erfahren, was davon der Wahrheit entspricht. Sein Entsetzen übermannt ihn fast völlig, doch er versucht einen klaren Gedanken zu finden. Vorsichtig öffnet er seine Augen einen Spalt und wird sofort wieder von dem grellen Licht geblendet. Erneut gibt er ein klagendes Stöhnen von sich. Doch er versucht es gleich noch einmal. Seine schmerzenden Augen protestieren, zeigen ihm nichts, als grellweißes Licht. Er versucht den Kopf noch weiter auf die Seite zu legen und schließlich erkennt er schemenhaft etwas Dunkleres. Dieses Dunkle bewegt sich gemächlich hin und her. Nach ein paar Augenblicken wird seine Sicht etwas klarer und er erkennt eine Person, die an einem langen Tisch auf und abgeht. Leises Klirren dringt an sein Ohr, als würde die Gestalt Besteck für ein Diner auflegen. Doch das Geräusch klingt zu metallisch, als wäre auf dem Tisch keine blütenweiße Decke, sondern als würde auch er aus blanken Stahl bestehen. ‚Wie bei einer Operation!‘, versucht ihm sein überforderter Verstand einzureden. Doch warum sollte er operieret werden? Ihm fehlt doch nichts. Die Gestalt der Person nimmt nun mehr Form an, da sich seine Augen fast an das grelle Licht gewöhnt haben. Der Mann, von der Statur her wirkt es zumindest wie ein Mann, trägt eine blaugrüne Hose und ein gleichfarbiges T-Shirt, dazu eine weiße Haube auf dem Kopf, unter der wirres, graues Haar hervorschaut. ‚Ein Chirurg!‘, will ihm sein Verstand weißmachen. Mit grimmig verzogenem Gesicht versucht er diesen Unsinn aus dem Kopf zu bekommen. Schließlich scheint der Mann seine Vorbereitungen oder was auch immer er an diesem Tisch gemacht hat, beendet zu haben und dreht sich zu ihm herum. Nun ist zu erkennen, dass er weiße Handschuhe trägt und einen ebenfalls weißen Mundschutz. In der rechten Hand funkelt ein rasiermesserscharfes Skalpell im Schein der schwenkbaren OP-Lampe. „Ah, Winston! Schön, dass du endlich wach bist! Dann kann die Operation ja nun beginnen!“, verkündet der Mann mit einer überaus begeisterten Stimme. Winston versteht die Welt nicht mehr. Er dreht den Kopf und kann nun feststellen, dass er auf einen Tisch geschnallt ist, wie man ihn bei einer OP verwendet. Er ist nackt, nur ein türkisfarbenes Stofftuch ist über seinem Unterleib ausgebreitet. Seine Hände sind über seinem Kopf mit breiten Lederriemen am Gestell des Tisches befestigt. Auch seine Beine stecken in solchen Riemen und knapp über dem Tuch spannt sich ein weiterer Riemen direkt über seinen Bauch. Entsetzte Panik und Angst ergreifen den ehemaligen Bauarbeiter. Er kann sich nicht rühren. Hilflos zerrt er an seinen Fesseln, doch sie sitzen so fest, dass seine Finger schon langsam blau werden. „Was soll das? Wer sind sie und was wollen sie von mir?“, wirft er dem Mann in OP-Kleidung wütend entgegen. Dieser lacht nur hinter seiner Maske und bedenkt ihn mit einem kecken Blick. „Aber, aber. Nicht aufregen, junger Mann! Alles hat seine Richtigkeit und wenn ich fertig bin, wird es dir sehr viel bessergehen!“, trällert der scheinbare Arzt. „Was haben sie vor?“, entkommt es Winston stockend, während er spürt, wie sich der Tisch unter ihm zu bewegen beginnt. Mit einem quietschenden Summen richtet sich er sich in die Senkrechte auf, sodass Winston in der Luft zu stehen scheint. Die Riemen, die es ihm bis eben noch so schwergemacht haben, sich zu bewegen, halten nun sein gesamtes Gewicht, was einen höllischen Schmerz in seinen Schultern und seinem Bauch auslöst. Gequält keucht er auf und versucht sich etwas hochzudrücken, um seine Arme zu entlasten. Doch er rutscht immer wieder auf dem blanken Metall des Tisches ab. Lachend kommt der Arzt auf ihn zu. „Na, na, wer wird denn? Entspann dich, Winston. Es ist gleich vorbei!“ In seiner Hand funkelt bedrohlich das Skalpell. Immer heftiger versucht sich der junge Geisterjäger zu Wehr zu setzen, doch sein Körper blockiert fast völlig. Alles schmerzt und er kann sich kaum noch rühren. Sanft streicht ihm der Arzt mit der freien Hand über die schweißnasse Wange und mustert ihn beinahe liebevoll. „So ein prachtvolles Kerlchen hatte ich schon lange nicht mehr! Das wird meine Forschung sehr gut vorantreiben!“ Über der rechten Tasche auf der Brust seines Hemdes, kann Winston eine goldene Stickerei erkennen. ‚Dr. Brown‘ steht dort in verschnörkelten Buchstaben. Obwohl der Schwarzhaarige sein Ende vor Augen sieht, empfindet er es als äußerst wichtig, sich diesen Namen zu merken. „Halt schön still, Winston!“, ermahnt ihn Brown. Kurz darauf rammt er dem wehrlosen Ghostbuster das Skalpell mitten in den Bachnabel. Erstickt stößt der Bauarbeiter die Luft aus und starrt den Arzt mit schreckgeweiteten Augen fassungslos an. Der Schmerz ist unbeschreiblich, doch es ist erst der Anfang. Die Klinge steckt ihm bis zum Anschlag im Leib, Blut ergießt sich über die weißen Handschuhe und die saubere OP-Kleidung. Dann setzt sich das Werkzeug wieder in Bewegung, durchtrennt nahezu mühelos Haut, Muskeln und Sehnen und arbeitet sich immer weiter nach oben. Winston fühlt sich wie ein Fisch, dem man zum Ausnehmen den Körper aufschneidet. Für einen Moment verhakt sich das Skalpell an den Rippen und durchtrennt sie dann auf so unglaubliche Weise, dass es einfach nicht möglich sein kann - als seien sie nichts weiter, als dicker Faden. Die Klinge erreicht seine schutzlose Lunge. Erneut stockt ihm der Atem, dann ertönt ein seltsamer Pfeifton, als frische Luft in die zerstörten Lungenflügel eindringt. Ihm wird schwarz vor Augen. Wo soll das bloß enden? Doch er kennt die Antwort, noch ehe die Klinge sein Herz erreicht hat. Jeder Schlag dieses fleißigen Muskels treibt das Skalpell tiefer in sich hinein. Blut läuft ihm aus dem Mund und er holt ein letztes, verzweifeltes Mal Luft, um seinen Schmerz hinauszuschreien und dann… *** „NEIN!“, entkommt es Winston so kraftvoll und laut, dass sein Hals zu brennen beginnt. Mit weit aufgerissenen Augen, sitzt er zitternd in der Dunkelheit. Schweiß beginnt auf seiner erhitzten Haut zu trocknen und lässt ihn noch mehr frösteln. Hecktisch atmet er ein und aus und kann es dennoch kaum glauben. Zitternd beginnen seine Finger damit, seinen Körper entlang zu tasten. Doch da ist nichts, keine klaffende Wunde, kein Blut, nichts. Langsam beruhigt er sich etwas, erkennt, dass er sich immer noch in der Zelle befindet, in die er heute Mittag gesteckt wurde. Und er hockt auch nicht auf einem Operationstisch, sondern auf dem schmalen, harten Gefängnisbett. „Ein Alptraum, es war nur ein Alptraum…“, versucht er sich selbst aufzumuntern. Leicht zitternd legt er sich die Hände an die Schläfen und versucht die aufkommenden Kopfschmerzen zu unterdrücken. Doch als er gerade der Meinung ist, sich wieder unter Kontrolle zu haben, ertönt hinter ihm ein nachdrückliches Klopfen. Durch die Wand klingt es gedämpft, doch es reicht aus, um Winston einen Riesenschreck einzujagen. Hilflos zuckt er zusammen und dreht sich hektisch um. Hinter ihm ist jedoch nur die Wand. Doch dann hört er wieder das Klopfen und eine besorgte Stimme. „Winston? Ist alles in Ordnung? Winston? Hörst du mich?“ Es ist Ray! Gott sei Dank, ist es nur Ray, den er mit seinem Schrei vermutlich geweckt hat. Erleichtert atmet der Bauarbeiter durch und drückt dann sein Ohr gegen die Wand. „Ray? Keine Sorge, mir geht es gut. Ich hatte nur einen Alptraum!“, versucht er seinen Freund zu beruhigen. „Das ist ja schrecklich!“, ertönt es von der anderen Seite der Wand, dennoch ist eine große Portion Erleichterung zu hören. „Geht es dir auch wirklich gut? – Ich wäre so gern bei dir…“, nun überwiegt Traurigkeit die sonst so fröhliche Stimme des Mechanikers. „Ja, mir geht´s wirklich gut und – ich wünschte auch, ich könnte bei dir sein…“ Ein paar Minuten unterhalten sie sich noch miteinander, dann versuchen sie erneut zu schlafen. Doch Winston liegt fast bis Sonnenaufgang wach und versucht herauszufinden, was ihm dieser Traum sagen will… Nach dem Mittagessen heißt es erst mal raus in den Hof. Eine wahre Erleichterung nach dieser furchtbaren Nacht. Die Sonne lässt sich fröhlich blicken und wärmt die Gemüter der Gefangenen. Nach einem kurzen Augenblick finden sich die vier Geisterjäger endlich wieder zusammen. Ungehalten fällt Ray seinen Freunden in die Arme und kann seine Begeisterung über das Wiedersehen kaum zügeln. Die mahnenden Gesichter der anderen Insassen veranlassen Egon aber, seinen kindlichen Kollegen etwas zu bremsen. Die Aufmerksamkeit, die ihr Eintreffen hier gestern verbreitet hat, war schon eine Warnung und hier draußen im Freien sind sie den anderen Männern ziemlich schutzlos ausgeliefert. Das würde für Peter zwar kein Hindernis sein und er würde sich bestimmt auch mit Freuden prügeln, aber das würde dann sicher auch so etwas wie Isolationshaft bedeuten und das wäre für keinen von ihnen förderlich. Allerdings scheint heute einiges anderes zu sein. Der Farbige, die Winston gestern noch so abfällig angemacht hat, ist nun nirgends zu sehen. Hat man ihn für sein vorlautes Verhalten bestraft? Wenn ja, ist es aber merkwürdig, dass seine pöbelnden Kollegen hier noch rumlaufen. Die ganze Bande wirkt jetzt aber gar nicht mehr so toughe wie vorher. Stattdessen stehen sie fast verloren da und blicken sich beinahe vorsichtig um. Irgendwas muss also vorgefallen sein. Im Moment jedoch haben die Ghostbusters andere Sorgen. Scheinbar noch immer um seinen Freund besorgt, fragt Raymond nun, was Winston des nachts geträumt hat. Peter und Egon, deren Zellen ein gutes Stück von der, der beiden anderen entfernt liegen, haben nichts von seinem Alptraum mitbekommen. Doch als der ehemalige Bauarbeiter nun zu erzählen beginnt, läuft ihnen allen ein unangenehmer Schauer über den Rücken. „Denkst du, dass das irgendwas zu bedeuten hat?“, fragt Winston den Tüftler und streicht sich dabei unbewusst mit der Hand über die Stelle, wo Brown das Skalpell in seinen Körper gerammt hat. Egon richtet sich nachdenklich seine Brille. „Hm. Es klingt zumindest äußerst faszinierend. Doch ich bin mir nicht sicher, ob es irgendeinen übernatürlichen Zusammenhang gibt oder es schlichtweg eine Überreaktion dieses Verstandes auf unsere derzeitige Lage war, ausgelöst durch die Gerüchte, die du von deinen alten Kollegen aufgeschnappt hast…“, entgegnet ihm der Blonde ernst. Der Schwarzhaarige tut das Ganze tatsächlich erst mal als eine Überreaktion ab und versucht es zu vergessen. Doch in den folgenden Tagen hat jeder von ihnen einen ganz ähnlichen Traum. Alle kommen in einem Operationssaal zu sich und ein Chirurg nähert sich ihnen mit einem Skalpell. Redet davon, ihnen helfen zu wollen und seine Forschung voran zu bringen. Alle bestätigen Winston, dass der Name des Arztes Dr. Brown war. Und ein jeder von ihnen kommt erst aus diesem Alptraum heraus, wenn ihr Herz den Dienst quittiert. Es ist wirklich schrecklich und nachdem sie alle denselben Traum hatten, besteht auch kein Zweifel mehr, dass das Ganze eine tiefere Bedeutung haben muss. Als sie nun wieder im Hof stehen und sich unterhalten, gut eine Woche nachdem man sie hier eingesperrt hat, fällt ihnen auf, dass von der Schlägertruppe nur noch ein Einziger übrig ist. Ein junger, schlaksiger Mann, der sich damals im Hintergrund hielt, nur bei den abfälligen Äußerungen seiner Kollegen gehässig grinste. So allein wirkt er ziemlich verloren. Hilflos und ängstlich blickt er sich ständig um, als hätte er das Gefühl, beobachtet oder verfolgt zu werden. Schließlich nähert er sich den vier Jungs mit aufmerksam geduckter Haltung. „Hey, Leute. Wie geht´s denn so?“, fragt er scheu und blickt sich wieder sorgenvoll um. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht!“, erwidert ihm Peter verstimmt und baut sich drohend vor ihm auf. Allerdings scheint sich der andere Mann nicht von ihm einschüchtern zu lassen, beachtet ihn gar nicht, zu sehr ist er mit seiner Überwachung beschäftigt. „Hey, ich will keinen Ärger, ok? Ich will nur reden…“ „Das kannst du, aber mit meiner Faust!“, droht ihm Venkman erneut. „Nun hör schon auf, Peter! Siehst du denn nicht, dass er Angst hat?“, greift Ray schließlich ein. „Die sollte er auch haben!“, behaart der Brünette. „Nicht vor dir, sondern vor etwas Anderem…“, mischt sich nun auch Winston ein. Die beiden ungleichen Partner mustern einander und schließlich gibt Peter auf. „Ok, schieß los. Was willst du?“, entgegnet er dem Angsthasen. Dieser blickt sich noch einmal hilflos um und kommt dann noch ein paar Schritte näher. „Irgendwas ist hier faul und ich glaube, ihr habt es auch schon gemerkt. – Meine Kumpels und ich hatten alle denselben Traum und jetzt sind sie alle weg und ich bin bestimmt der Nächste…“ „Was für ein Traum war das?“, will Egon wissen. Zögernd bereitet der Kerl davon und wie sich herausstellt, ist es derselbe Traum, den auch die Jungs hatten. „Wie lang ist das her?“, fragt Ray. „Gut zwei Wochen nach dem Traum verschwanden sie, doch es passierte nicht in derselben Reinfolge, in der auch die Träume aufgetaucht sind. – Jetzt bin nur noch ich übrig und ich hab solche Angst. Ich hab schon versucht mit den Wärtern zu reden, doch die glauben mir nicht. Denken, ich würde spinnen und lachen nur. Und da dachte ich, dass ihr mich bestimmt versteht. Als Geisterjäger habt ihr doch sicher Erfahrung mit solchem Zeug, oder?“, hoffnungsvoll blickt er in die Runde. „Erstaunlich, wie weit uns unser Ruf doch vorauseilt. Und was denkst du, sollen wir deiner Meinung nach machen? Immerhin sind wir auch hier eingesperrt und uns hält man schon unter normalen Umständen für verrückt.“, erwidert Venkman trocken. „Das ist mir auch klar, Leute. Aber vielleicht habt ihr ja einen besseren Draht zum neuen Direktor. Der soll ein ganz aufgeschlossenes Kerlchen sein. Wenn ihr dem erzählt, dass hier was Komisches vorgeht, glaubt er euch vielleicht und dann könnt ihr diesen verrückten Doktor ja zur Strecke bringen…“ „Dir scheint nicht ganz klar zu sein, dass wir normalerweise ectoplasmische Wesen einfangen. Dieser Doktor schien mir aber sehr lebendig, falls es ihn überhaupt wirklich gibt und gegen Menschen setzen wir unsere Strahler natürlich nicht ein.“, erklärt Egon ruhig. „Außerdem haben wir unsere Ausrüstung nicht hier. Also selbst wenn er ein Geist ist, können wir da nichts machen.“, kommt es von Winston. „Ich bin mir ganz sicher, dass er ein Geist oder so was ist. Wie hätten wir ihn sonst alle in unseren Träumen sehen können? Außerdem gibt es hier keinen Arzt namens Brown und auch keinen Operationssaal. Die medizinische Abteilung hier wird von einer jungen Frau geführt und wechselnden Medizinstudenten. Sie arbeiten in einem kleinen Zimmer, indem nur zwei, drei Betten stehen und ein paar Geräte. Wenn hier wirklich jemand operiert werden muss, schafft man ihn mit einem Hubschrauber aufs Festland. Was sagt ihr dazu?“ Unsicher sehen sich die vier Jungs an. Vielleicht steckt da doch mehr dahinter und sie sollten wirklich mal mit dem Direktor reden? Beim nächsten Hofgang stellen die Geisterjäger fest, dass auch der ängstliche Kerl verschwunden ist. Immer mehr Unbehagen breitet sich in ihnen aus. Immerhin hatten sie auch alle diesen Traum. Wer weiß also, wann es einen von ihnen erwischt? Nach langen Hin und Her gelingt es den Jungs schließlich mit dem neuen Direktor zu reden. George Bannermann entpuppt sich zwar als ein wirklich netter und aufgeschlossener Mensch, doch er hält rein gar nichts von der Arbeit der vier und noch viel weniger von ihren wahnwitzigen Behauptungen von Massenalpträumen und daraus resultierendes Verschwinden. Er behauptet sogar, dass all die Männer und Frauen gar nicht weg sind, sondern nur verlegt oder entlassen wurden. Allerdings entgeht den Ghostbusters nicht, dass er ganz offensichtlich lügt. Weiß er also etwas? Doch sie bekommen einfach nichts aus ihm heraus. So viel dazu. Nun können sie nur noch warten, was als nächstes passiert… Zwei Tage später lässt Bannermann die Jungs allerdings zu sich kommen. Er wirkt aufgewühlt und völlig fertig. Zittrig spielt er mit einem Stift herum, als sie in sein Büro gebracht werden. „Na, Herr Direktor? Schlecht geschlafen?“, zieht Peter ihn auch gleich auf und grinst frech, obwohl ein jeder von ihnen mindestens genauso mitgenommen ist. Inzwischen sind noch zwei weitere Insassen spurlos verschwunden und die Jungs befürchten immer mehr, dass einer von ihnen der Nächste sein könnte. Allmehlig breitet sich auch Unruhe unter den Zwangsbewohnern der Insel aus und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis es wohlmöglich einen Aufstand gibt. „So könnte man es durchaus ausdrücken, Venkman. – Doch bevor ich davon erzähle, möchte ich mich bei ihnen dafür entschuldigen, dass ich sie neulich als Lügner und Spinner beschimpft habe. Das Ganze ist mir wirklich äußerst unangenehm…“ „In Ordnung, ist akzeptiert. Und nun erzählen sie bitte.“, kommt es von Winston. George atmet mehrmals tief ein und aus, scheint sich jedes Wort genau zu überlegen, ehe er beginnt. Auch er hatte von einer Weile diesen Traum, kurz nachdem er hier angefangen hat. Letzte Nacht hat er dann in seinem Büro übernachtet, weil er Zuhause einen Wasserschaden hat und nicht in ein Motel gehen wollte. Das Einschlafen fiel ihm schwer und dann hat er plötzlich ein merkwürdiges Geräusch gehört. Kurz darauf sah er den Mann aus seinem Traum, Dr. Brown. Er wirkte unglaublich real und doch hat er es geschafft, durch die verschlossene Tür zu gelangen. Er stand plötzlich mitten im Raum und lachte ihn durch seine Maske hindurch an. In einer Hand hielt er eine Spritze und hat versucht ihn damit zu stechen, vermutlich um ihn zu betäuben. In seiner Panik hat Bannermann dann einen Aktenordner von seinem Schreibtisch gegriffen und ihn nach dem Mann geworfen. Mit Entsetzen hat er festgestellt, dass der schwere Ordner einfach durch ihn hindurch geflogen ist. Dass fand Brown nicht sonderlich komisch und kam bedrohlich näher. Die Spritze hatte ihn schon fast erreicht, da gelang es dem Direktor den Panikknopf unter der Tischkante zu erreichen. Nur Sekunden später kam ein Wachmann durch die Tür, um zu sehen, was los ist und das war seine Rettung. Der schreckliche Doktor hat sich in Luft aufgelöst und ist verschwunden. Daraufhin hat George ein paar Nachforschungen angestellt. Da der alte Direktor verstorben ist, konnte er diesen nicht fragen, doch im Archivgebäude der Insel fand er alles, was er gesucht hat. Als Rikers Island 1932 zur Gefängnisinsel ausgebaut wurde, gab es hier in diesem Gebäude im Keller eine große psychiatrische Abteilung, die dazu dienen sollte, den oftmals völlig verwirrten und verängstigen Insassen zu helfen. Dort arbeitete auch tatsächlich ein Dr. Brown. Er interessierte sich aber nicht wirklich für den Zustand seiner Patienten, sondern vielmehr versuchte er Methoden zu entwickeln, um den angeblichen Wahnsinn der Leute zu heilen und sichtbar zu machen. Allerdings vermutete er den Grund für diese Störungen nicht im Gehirn, sondern war der Meinung, dass diese ihren Ursprung in der Körpermitte haben, sozusagen im sogenannten Bauchgefühl der Leute. Dazu hat er seine Patienten bei lebendigem Leib aufgeschnitten, um durch den Schmerz den Ursprung des Wahnsinns verfolgen zu können. Unzählige Menschen fielen ihm zum Opfer. Doch die Gefängnisleitung empfand das damals nicht als schlimm. In den Anfängen waren hier auch wirklich gefährliche Leute untergebracht, die früher oder später auf dem elektrischen Stuhl gelandet wären, daher war ihr Tod kein großer Verlust und die Experimente des Dr. Brown wurden somit geduldet. Irgendwann wurde dann das Konzept der Insel geändert, so wie es heute ist – eine Art Auffanglager für größtenteils Unschuldige, die auf ihre Verhandlung warten. Die psychiatrische Abteilung wurde verlegt und umgestaltet und Browns Labore geschlossen. Das war das Ende seiner Experimente, doch damit wollte er sich nicht abfinden. Heimlich hat er weitergemacht, bis eines Tages eines seiner Opfer entkommen konnte und davon berichtete. Daraufhin wurde Brown entlassen und selbst in eine Irrenanstalt eingeliefert. Dort verbrachte er viele Jahre, wurde immer besessener von seiner Idee und hat in seinem Wahnsinn dann selbst versucht, an sich so eine Operation durchzuführen - mit einem Messer, dass er im Speisesaal hat mitgehen lassen. Dabei ist er dann qualvoll gestorben. Sein Todestag jährte sich vor einem Monat zum zehnten Mal und seitdem verschwinden die Insassen spurlos. Bisher ist es Bannermann gelungen, das Ganze zu vertuschen, da es sich bei den Vermissten hauptsächlich um Leute ohne Familie oder Zuhause handelte, die Ärger gemacht haben. Doch da es ihn nun selbst fast erwischt hätte, findet George das nicht mehr witzig und es muss etwas passieren! „Also, meine Herren? Werden sie sich darum kümmern?“, fragt er schließlich. Energisch tritt Winston an den großen Schreibtisch heran und schlägt lautstark die flachen Hände auf die blankpolierte Platte. Wütend funkelt er den Direktor an. „Was sind sie eigentlich für ein schrecklicher Mensch? Sie wissen die ganze Zeit, dass hier unschuldige Leute verschwinden und vertuschen es, da sie ihnen scheinbar vollkommen wertlos vorkommen oder Ärger gemacht haben und jetzt, wo sie selbst betroffen sind, wollen sie, dass wir etwas unternehmen? Sie widern mich zutiefst an, wissen sie das eigentlich?“ Schuldbewusst senkt Bannermann den Blick. „Ja, sie haben Recht. Was ich getan habe, war mehr als falsch und ich werde mich dafür auch verantworten, allein schon um meines Seelenfriedens wegen. Doch bitte helfen sie den anderen Leuten hier, helfen sie sich selbst!“ „Da machen sie sich mal keine Sorgen. Wir werden uns selbst schon helfen. Doch ich warne sie, Bannermann! Wenn einem meiner Männer auch nur ein Haar von diesem kranken Doktor gekrümmt wird, dann werde ich höchstpersönlich dafür sorgen, dass sich Brown mal ein bisschen an ihnen vergnügen kann!“, ist es nun Peter, der den Direktor bedrängt. „Selbstverständlich werde ich dafür sorgen, dass sie ihre Freiheit zurückerhalten, wenn es ihnen gelingt, den Geist einzufangen und sie werden auch großzügig für die erlittene Haft entschädigt…“, kommt es kleinlaut von George. „Das ist ja wohl auch das Mindeste, was sie für uns tun können!“, erwidert Ray trotzig. „Allerdings können wir diesen Geist nur einfangen, wenn wir unsere Ausrüstung bekommen.“, wirft Egon nun ein. „Natürlich. Ich kann sie nur leider nicht entlassen, daher werde ich ein paar meiner Männer zu ihrem Hauptquartier schicken, um die Sachen zu holen, wenn ihnen das Recht ist?“ „Wenn es denn sein muss. Aber lassen sie mich vorher mit unserer Sekretärin reden, damit sie Bescheid weiß.“, fordert Venkman. Wortlos schiebt Bannermann ihm sein Telefon entgegen. Als die Nacht anbricht, machen sich die Jungs auf den Weg in den Keller. Leider existieren von der damaligen Zeit keine Baupausen mehr, sodass niemand genau weiß, wo sich das Labor des Dr. Brown eigentlich befunden hat. Im ersten Moment haben die Geisterjäger diese Tatsache als unwichtig abgetan, doch jetzt, wo sie am Ende der spärlich beleuchteten Treppe angekommen sind, ärgern sie sich. Der Gefängnisteil des Gebäudes ist weit kleiner, als das, was sich hier vor ihnen auftut. Ein riesiger Wirrwarr an Gängen und Fluren, unzählige, unbeschriftete Türen und nur alle Jubeljahre mal eine funktionsfähige Lampe. Es riecht feucht und schimmlig, die Luft ist abgestanden und unbewegt. Hier unten war seid sehr vielen Jahren niemand mehr – zumindest niemand Lebendiges. Vorsichtig schalten die Jungs ihre Taschenlampen ein und begeben sich ein Stück den Flur entlang. Nach wenigen Metern kreuzen mehrere, waagerechte Gänge den Flur. Die Hinweisschilder sind längst nicht mehr lesbar. Gedankenversunken macht Egon in jeden Gang ein paar Schritte und blickt dabei auf sein PKE-Gerät. Geduldig warten seine drei Kollegen auf das Ergebnis. Als der Blonde schließlich wieder zu ihnen kommt, sieht er nicht sonderlich glücklich aus. „Ich konnte in keinem der Gänge irgendeinen Ausschlag feststellen. Dass bedeutet entweder, dass der Geist sich gerade in Ruhephase befindet oder dass er bereits losgezogen ist, um sich ein neues Opfer zu suchen. Es ist aber auch durchaus möglich, dass diese Gänge so lang sind, dass ich seine spezifische Signatur von hier einfach noch nicht feststellen kann…“ „Tja Jungs, dann bleibt uns nur eine Möglichkeit. Da die Wachleute ja so fleißig waren und unser halbes Hauptquartier hierhergeschafft haben, wird es uns an Geräten ja nicht mangeln. Also werden wir uns einfach aufteilen und jeden Gang absuchen. Wenn wir diesen blöden Geist nicht finden, dann vielleicht ja das alte Labor und dahin wird er früher oder später zurückkehren und dann können wir ihn uns schnappen!“, befehligt Peter seine Leute. Obwohl der Gedanke, sich hier unten zu trennen, in ihnen allen durchaus Unbehagen auslöst, erhebt keiner von ihnen Widerworte. Stattdessen schaltet jeder von ihnen ein PKE-Gerät ein und sucht sich einen Gang aus. „Keine Ahnung wie lang die Gänge sind, aber wir müssen jede Tür versuchen. Irgendeine muss offen sein, damit Brown seine Opfer dort hineinbringen kann. Spätestens in einer halben Stunde treffen wir uns wieder hier.“, gibt Venkman letzte Anweisungen. Alle nicken verstehend und schalten ihre Funkgeräte ein, um den anderen Bescheid geben zu können, falls sie etwas finden. Langsam trennen sie sich. In der spärlichen Beleuchtung lauern überall Schatten, die sich durch den tanzenden Schein der Taschenlampe grotesk bewegen. Aufmerksam wandern ihre Augen umher und suchen nach Hinweisen. Ihre Ohren lauschen in die erdrückende Stille. Irgendwo tropft Wasser von der Decke herab. Lampen flackern hilflos, Strom summt in ihren maroden Leitungen. Ungeduldig blickt Peter auf die Anzeige des PKE-Geräts, doch die Nadel zeigt nichts Ungewöhnliches an. Die Türen, an denen er vorbeikommt, sind alle verschlossen. Milchglasscheiben sitzen im faulenden Holz eingebettet. Einige davon sind schon rausgefallen oder zersprungen. In den Augen des Brünetten wirken alle Räume, ob er nun hineinsehen kann oder nicht, wie Büros. Massenhaft nasses, schimmliges Papier liegt auf dem Flur verstreut. Dann erhebt sich ein unförmiger Schatten vor ihm an der rechten Wand. Nervös bleibt er stehen, umklammert seinen Protonenstrahler schussbereit. Die Anzeige des PKE-Geräts gibt immer noch keinen Ausschlag an, doch darauf verlässt sich Venkman einfach nicht. Ganz langsam hebt er die Taschenlampe höher und richtet sie auf den Schatten. Erleichtert stellt er fest, dass es sich dabei nur um einen alten Bürostuhl handelt. Er steht leicht schief, da er nur noch ein Rad hat und das Polster auf dem Sitz und der Rückenlehne ist so dick mit weißem Schimmel überzogen, dass es unmöglich ist, zu sagen, welche Farbe es einmal hatte. Stattdessen sieht es jetzt aus, als läge feiner Pulverschnee darauf. Peter gibt ein Seufzen von sich. „Ach Venkman, du wirst langsam alt, wenn du dich schon vor einem dämlichen Stuhl erschreckst…“, neckt er sich selbst, doch in der Stille klingt seine Stimme unsicher. Als er jedoch weitergehen will, fängt das Sitzpolster des Stuhls an sich zu bewegen. Scharf holt der Brünette Luft, erstarrt in seiner Bewegung und richtet die Protonenpistole auf den Stuhl. „Komm schön langsam da raus, du miese Schleimkugel!“, hascht er die zuckende Beule im Polster an. Das Etwas unter dem schimmligen Stoff hält kurz inne. Dann beult sich der Bezug stärker und ein Loch tut sich auf. Plötzlich tauchen zwei glühende Augen daraus hervor und ein verärgertes Fauchen ist zu hören. Erschrocken weicht Venkman einen Schritt zurück und aktiviert seinen Strahler. Gerade als er schießen will, schiebt sich eine große, dicke Ratte durch das Polster und faucht ihn erneut bösartig an. Für einen Moment sehen sich die beiden direkt in die Augen. Dann springt das Tier plump auf den Boden und huscht meckernd an ihm vorbei in die Dunkelheit hinein. Perplex sieht Peter ihr nach, bis ihm klar wird, was eigentlich gerade passiert ist. Mit einem nervösen Lachen schaltet er seinen Protonenstrahler wieder ab. „Verfluchtes Mistvieh…“, ruft er der längst verschwundenen Ratte hinterher. Prüfend sieht er auf seine Uhr. Er hat noch ein paar Minuten Zeit, ehe er wieder umkehren muss, also kann er noch zwei, drei Zimmer kontrollieren. Mit gerümpfter Nase geht er an dem Stuhl vorbei, dessen schneegleiches Polster jetzt von einem unförmigen Loch durchbrochen ist, gleich einer Höhle in einem Eisberg. Plötzlich gibt das PKE-Gerät einen scharfen Ton von sich. Die Antennen richten sich blitzartig auf und schwanken dann so wild, als wolle das Gerät damit abheben. Die Nadel jagt abrupt in den roten Bereich, verweilt dort einen Augenblickt und schwingt dann unkontrolliert hin und her. Der Warnton gibt dabei ein so schrilles Piepsen von sich, dass Peter augenblicklich Kopfschmerzen bekommt und es in seinen Ohren zu klingeln beginnt. Kurz darauf gibt es einen Lichtblitz. Ein Funken jagt über das Display des Gehäuses, dann steigt eine kleine Rauchwolke auf und das Gerät versagt seinen Dienst. Ungläubig betrachtet Venkman den Ausfall. „Na großartig! Das hat mir gerade noch gefehlt!“, motzt er. Innerlich gibt er aber Egon die Schuld dafür, da er ja ständig an diesen Dingern rumbasteln muss. Er hält das Ganze schlichtweg für einen Kurzschluss. Dann spürt er auf einmal einen eisigen Hauch im Nacken. Erschrocken fährt er zusammen und als er sich umdreht, blickt er direkt in die vom Wahnsinn zerfressenen Augen des Dr. Brown! Klappend fällt dem Brünetten erst das kaputte PKE-Gerät aus der Hand und dann auch noch die Taschenlampe. Protestierend beginnt der Lichtspender zu blinken, als wolle er Morsezeichen verschicken und sich damit über das grobe Verhalten des Geisterjägers beschweren. Peter bleibt indes die Luft weg. Der Ausdruck in den Augen des Geistes ist so durchdringend, dass er ihn zu lähmen scheint. Unfähig sich zu bewegen, blickt Peter in die kalte Leere der toten Seelen. „Hallo Peter! Es ist Zeit für deine Operation!“, verkündet Dr. Brown in einem heiteren Ton, der dennoch keine Widerrede zulässt. Die tiefe, irgendwie substanzlose Stimme des Geistes, befreit Venkman ungewollt aus seiner Starre. Unbemerkt ergreift er den Protonenstrahler und lässt seinen Finger zum Abzug gleiten. Leicht fängt er an zu grinsen. „Hey, Doc Brown! Warum steigen sie nicht wieder in ihren DeLorean und fahren zurück in die Hölle?“, entgegnet er dem ectoplasmischen Wesen. Der Arzt sieht ihn einen Moment völlig verwirrt und verständnislos an, kann er doch mit den Worten des Brünetten überhaupt nichts anfangen. Dann sammeln sich zuckend die Protonen in einem grellen Punkt an der Spitze der Waffe und Peter feuert einen Schuss ab. Er trifft den Geist mitten in den durchschimmernden Bauch. Das Wesen wird einige Meter nach hinten geschleudert und knallt mit einem glitschigen Geräusch gegen die Wand. Triumphierend grinst Venkman ihm entgegen. „Na, wie gefällt dir mein kleiner, medizinischer Eingriff?“ Nun sprüht Wut aus den leblosen Augen des Geistes und er kommt so abrupt auf Peter zugeflogen, dass dieser nicht mehr ausweichen kann. Dann wird er hart gegen die Wand geworfen. Sein Kopf schlägt schmerzhaft gegen den feuchten Beton und er kann spüren, wie ihm warmes Blut in den Nacken läuft. Er gibt ein schmerzliches Stöhnen von sich. Grelle Punkte tanzen vor seinen Augen. Für ein Wesen, dass nur aus Ektoplasma besteht, hat dieser Geist eine ganz schöne Kraft. Gerade als sich Peter sicher ist, dass er nicht ohnmächtig wird, presst sich die linke Hand von Dr. Brown gegen seine Kehle. Überrascht schnappt der Brünette nach Luft, bevor er merkt, dass ihm gerade diese jetzt abgedrückt wird. Der Geist beginnt ihn erbarmungslos zu würgen, doch es gelingt Peter nicht, sich dagegen zu wehren. Seine Finger gleiten immer nur wieder in das Ektoplasma und finden keinen Halt. „Lass mich los, du verfluchter Spinner!“, harscht er ihn an, doch Brown lacht nur wieder. „Du bist ein wirklich böser Patient, Peter. Doch keine Sorge, ich bekomme schon, was ich will!“ Mit diesen Worten hält er dem wehrlosen, nach Luft ringenden Geisterjäger eine Spritze vor die Augen. Verzweifelt versucht sich Venkman zu befreien, bis Brown ihm die Spritze schließlich in den Magen rammt. Erstickt reißt Peter die Augen auf. Was auch immer in der Kanüle war, breitet sich jetzt mit einem leichten Brennen in seinem Inneren aus. Sekunden später hat er keine Kontrolle mehr über seinen Körper, hängt schlaff im festen Griff des Geistes. Dann wird alles um ihn herum schwarz und ihm fallen kraftlos die Augen zu. Das Letzte, was er wahrnimmt, ist das siegreiche Lachen des verrückten Doktors… Während Peter in das Land ohne Boden fällt, kommen seine Kollegen wieder zusammen. Keiner von ihnen hat eine Spur gefunden. Nachdenklich warten sie auf ihren Anführer, doch nachdem einige Minuten vergangen sind, breitet sich Unruhe aus. „Denkt ihr, Peter hat die Zeit vergessen?“, fragt Ray unsicher, doch die beiden anderen hören an seinem Tonfall, dass er eigentlich fragen wollte, ob ihm wohlmöglich etwas passiert sein könnte. „Los, wir suchen ihn!“, gibt Winston von sich und tritt in den Gang, indem ihr Kollege vorhin verschwunden ist. Egon und Ray folgen ihm. Es dauert nicht lange, da erblicken sie in der Ferne ein stetiges Blinken, so als wolle ihnen jemand eine Nachricht mitteilen. Schnell nähern sie sich dem Lichtsignal, nur um dann festzustellen, dass es Peters Taschenlampe ist, die langsam ihren Geist aufgibt. Das Glas hat einen Sprung, was vermuten lässt, dass er sie fallengelassen hat. Ein paar Schritte weiter finden sie sein kaputtes PKE-Gerät, sein ebenfalls zerstörtes Funkgerät und sein Protonenpack, das aber heil zu sein scheint. „Glaubt ihr, der Geist hat ihn erwischt?“, fragt Raymond betroffen. „Es sieht ganz danach aus. Doch ich kann keinerlei geisterhafte Aktivitäten feststellen…“, entgegnet ihm Egon und blickt stirnrunzelnd auf die Anzeige seines PKE-Geräts. „Dann hat er sich bestimmt sonst wohin verzogen und wer weiß, wo er Peter hingebracht hat…“, erwidert der Mechaniker sorgenvoll. „Wir werden ihn schon finden und den Geist auch. Wir müssen nur ruhig bleiben.“, versucht Winston ihnen klarzumachen. Sie sammeln Venkmans Sachen ein und folgen weiterhin dem Flur. Nach ein paar Minuten bleibt der Bauarbeiten plötzlich stehen. Ray und Egon können es gerade noch verhindern, in ihn hineinzulaufen. „Was ist los?“, fragt der Tüftler. „Seht ihr das da hinten?“ Winston deutet tiefer in den Gang hinein und senkt seine Taschenlampe auf den Boden vor seinen Füßen. Ein ganzes Stück weiter hinten, ist schwach ein Lichtschein zu erkennen. „Dort muss Dr. Browns Labor sein…“, legt er fest und die anderen beiden hoffen, dass er Recht hat und sie ihren Kollegen dort gesund und munter finden werden. Nur schwer wiederstehen die drei dem Drang, einfach loszurennen, zu groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Geist sie hören könnte und Peter dann etwas antut, bevor sie ihm helfen können. Bemüht langsam setzen sie ihren Weg fort, schalten die PKE-Geräte ab und senken die Strahlen der Taschenlampen direkt auf ihre Füße, damit sie nicht ihr Kommen verraten. Schweigend nähern sie sich dem größer werdenden Lichtschein… In der Zwischenzeit kommt Peter langsam wieder zu sich. Mit dröhnendem Kopf und schmerzenden Gliedern, fühlt er sich beängstigend heftig an seinen Alptraum erinnert. Stöhnend blickt er sich um und entdeckt Dr. Brown vor einem langen Tisch. Medizinische Geräte klappern metallisch, die Luft ist erfüllt von Desinfektionsmitteln und dem erdrückenden Gestank alten Blutes. Schnell stellt der Brünette fest, dass er auf einen Tisch geschnallt ist. Dann wendet sich der Arzt zu ihm um und die Tischplatte stellt sich in die Senkrechte auf. Mit einem schmerzlichen Keuchen quittiert Peter das Ganze. „Sag mal, hast du sie noch alle? Das tut verdammt weh!“, beginnt er zu jammern. Doch als der wahnsinnige Geisterarzt vor ihm auftaucht, bleibt ihm jedes weitere Wort im Hals stecken. Das glänzende Skalpell taucht von seinen Augen auf und macht ihm unweigerlich klar, dass er diesmal wirklich tief in der Tinte sitzt. Peter hat nicht die geringste Chance sich irgendwie zu wehren und keiner weiß, wo er sich aufhält. Er weiß ja nicht einmal selbst, wo ‚hier‘ eigentlich ist. Hilflos betrachtet er die funkelnden Reflektionen auf der blankpolierten Oberfläche des chirurgischen Messers und überlegt dabei fiberhaft, wie er sich aus dieser misslichen Lage befreien kann. „So, mein lieber Peter. Freust du dich schon auf deinen Betrag zur Wissenschaft?“, fragt Brown in einem süffisanten Ton und streicht dabei prüfend mit dem Finger in einer Linie von Venkmans Brust hinab zu seinem Bauchnabel. Der Ausdruck, der dabei in seinen toten Augen liegt, gleicht dem einer liebenden Mutter, die ihr schlafendes Baby im Arm hält. Er löst in dem Brünetten eine solche Übelkeit aus, dass er sich zum ersten Mal in seinem Leben zu fragen beginnt, wie er es überhaupt jemals fertigbringen konnte, mit Männern ins Bett zu gehen. Die Antwort darauf ist eigentlich ganz einfach: normalerweise hat stets er die Zügel in der Hand. Nicht mal im Traum würde er daran denken, sich einem anderen Kerl zu fügen. Und auch wenn dies hier rein gar nichts damit zu tun hat, wird er es auch diesmal nicht zulassen, komme was da wolle! Beinahe sanft tasten sich die grabeskalten Finger Browns über seinen Bauch, suchen nach dem perfekten Ansatz für seinen Schnitt. Peter kann sich nicht länger beherrschen. In Augenblicken wie diesem weiß er normalerweise – nicht immer, aber doch meistens -, dass es besser wäre, still zu sein, aber er bringt es einfach nicht fertig. Schon gar nicht, wenn der Typ vor ihm, ihn an seinen Entscheidungen zweifeln lässt. Venkman reckt den Kopf etwas vor, damit sie sich direkt in die Augen sehen können, lächelt verschmilzt und setzt dabei einem durchdringenden Schlafzimmerblick auf, den er sich normalerweise nur für hübsche Mädchen aufspart. „Hey Dr. Schnuckelchen! Warum tust du uns nicht beiden einen Gefallen und setzt deine geschickten Finger ein Stück tiefer in Bewegung? Dann zeig ich dir, wie ich es schaffe, dieses Tuch freihändig zum Schweben zu bringen!“ Gedanklich wird Peter bei seinen eigenen Worten nur noch schlechter, aber ungewöhnliche Situationen erfordern halt auch ungewöhnliche Maßnahmen und was bringt einen Mann für gewöhnlich mehr aus der Fassung, als ein anderer Kerl, der ihn überdeutlich anbaggert? Völlig perplex starrt Brown den Brünetten an. Schon zum zweiten Mal versteht er nicht, was der Bengel ihm eigentlich sagen will, doch in seinen Ohren klingt es irgendwie unanständig und das gefällt ihm gar nicht. Er sollte diese Operation schnell hinter sich bringen, damit dieses vorlaute Früchtchen endlich die Klappe hält. Obwohl es durchaus verlockend wäre, es langsam zu machen, nur um ihn für sein Benehmen zu bestrafen. Während der Doktor noch in seinen Gedanken hängt, nimmt Peter hinter ihm eine flüchtige Bewegung wahr. Vorsichtig richtet er seine Augen dorthin aus und entdeckt seine drei Freunde, die unsicher um die Türzarge linsen. Ihren Gesichtern kann er entnehmen, dass sie seine unanständigen Worte ebenfalls gehört haben und sich wahrscheinlich gerade fragen, wie Peter wohl am liebsten die letzten Minuten seines Lebens verbringen möchte. Wirklich ein demütigender Gedanke, doch Venkman lässt sich nichts anmerken. Inzwischen hat Dr. Brown seine Fassung wiedererlangt und hebt erneut drohend das Skalpell. „Plapper nur weiterhin wirres Zeug, doch das wird dir auch nicht helfen, junger Mann. Im Gegenteil, ich werde es noch mehr genießen, an dir meine Forschung weiterzuführen!“, verkündet er wieder vergnügt. Peter grinst nur in sich hinein. „Das hört sich wirklich verlockend an, Doc. Aber weißt du, ich bin auch Wissenschaftler und würde liebend gern ebenfalls ein paar Experimente an dir durchführen!“ Der Ausdruck in Venkmans Gesicht verrät Brown, dass dessen Worte schon wieder völlig unangebracht waren und er ihn damit sicher nur ärgern will. In Wahrheit hat der Brünette es diesmal aber wirklich ernst gemeint. Es würde ihm eine unheimliche Freude bereiten, diesen widerlichen Geist im Verbannungscontainer zappeln zu sehen, doch, wenn er ihm das sagen würde, würde er wohlmöglich das Überraschungsmoment zerstören, das seine Kollegen zu erzielen versuchen. Ray, Winston und Egon haben sich inzwischen in die Tür geschoben und zielen unsicher mit ihren Protonenstrahlern auf den Geist. Doch sie können nicht schießen, solange er sich genau vor Peter befindet. Das Risiko, den Brünetten zu verletzen, ist einfach zu groß. Es muss ihnen irgendwie gelingen, die beiden zu trennen und selbst dann ist es mehr als heikel, da der Raum nicht gerade geräumig ist. Vollgestopft mit allerhand skurriler Gerätschaften, bietet er kaum Bewegungsfreiheit. Doch vielleicht gelingt es Peter ja mit seinem frechen Mundwerk, den Geist in einen anderen Teil des Raumes zu locken, damit die Schussbahn frei wäre? Also harren die Jungs zum Angriff bereit aus und verfolgen weiter das Gespräch der beiden. Die Gefahr, dass das Gemüht des Doktors umschlägt und er Venkman aus Wut verletzt, ist aber nicht unerheblich. Es ist eine wahre Zwickmühle. Langsam aber sicher wird Brown äußerst nervös. Die unflätigen Worte seines Opfers und die Tatsache, dass es keinerlei Angst vor ihm zu haben scheint, bringen ihn immer mehr durcheinander und so kann er sein Vorhaben nun wirklich nicht vernünftig ausführen. „Sei endlich still!“, befiehlt er dem Brünetten, doch dieser denkt gar nicht daran. „Warum sollte ich? Es gibt bestimmt einen Haufen Sachen, worüber sich zwei so hochgebildete Männer wie wir unterhalten können. Daher sollten wir es jetzt tun, denn ich bezweifle, dass ich nach der kleinen Show hier, dazu noch in der Lage bin.“ „Ich wüsste nicht, was ich mit einem so vorlauten Bengel wie dir besprechen sollte, Doktortitel hin oder her. Du bist nichts weiter, als ein freches Bürschchen, dem ein paar Manieren fehlen!“, wirft Brown nun ungehalten zurück. Peter grinst nur und streckt ihm kindlich die Zunge heraus. „Wenn ich dir so auf die Nerven gehe, dann solltest du mir vielleicht den Mund stopfen. Ich bin sicher, in deinem Krimskrams hier findest du etwas schön Großes dafür!“, neckt der Brünette weiter und hofft, dass der Geist darauf eingeht. Dem Anführer der Ghostbusters ist nämlich nicht entgangen, dass seine Kollegen handlungsunfähig sind, weil er genau in der Schussbahn hängt. Da er aber nicht wegkann, muss der Geist eben zur Seite. „Oh, ich werde dir dein vorlautes Mundwerk stopfen, darauf kannst du Gift nehmen, Bürschchen und dann wirst du dein blaues Wunder erleben!“ Mit erregtem Blick wendet sich der Geist ruckartig zum Tisch um und sucht nach etwas Passendem. „Na, da bin ich aber mal gespannt!“, setzt Peter noch nach und gibt seinen Kollegen dabei ein Zeichen. Verstehend nicken die drei Männer und treten entschlossen in den kleinen Raum hinein. Sie richten ihre Strahler auf den Geist und sind bereit zum Angriff. In diesem Moment dreht sich Brown wieder zu Peter herum und hält triumphierend einen Gegenstand in der Hand, mit dem er Venkman den Mund verbieten will. Doch dazu kommt es nicht. Er entdeckt die drei schwerbewaffneten Männer und plötzlich keimt Verstehen in seinen toten Augen auf. Das alles war nur ein ganz mieser Trick! „Nein!“, empört sich der Geist. „Nehmt die Waffen runter! Ihr habt kein Recht dazu, mich zu vertreiben!“, ruft er ihnen aufgebracht entgegen. „Wir sind nicht hier, um dich zu vertreiben. Im Gegenteil, du sollst das Gleiche erleiden, wie die wehrlosen Männer und Frauen, die du all die Jahre gequält hast: eingesperrt in einer kleinen Zelle, ohne zu wissen, was der nächste Tag bringt!“, erwidert Winston. Im ersten Moment versteht Brown nicht, was das bedeuten soll, doch dann entdeckt er die merkwürdige Falle auf dem Boden, in die er wahrscheinlich eingesperrt werden soll. Angst überkommt ihn und er versucht zu flüchten. Allerdings treffen ihn in diesem Augenblick die hochenergetischen Protonenstrahlen und halten ihn an Ort und Stelle. Er gibt ein hilfloses, schmerzliches Heulen von sich und versucht sich zu befreien. Wild wirft er sich von einer Seite zu anderen und versucht eine Lücke in dem Beschuss auszumachen. Gebannt verfolgt Peter das Schauspiel, doch er kann seinen Freunden nicht helfen, so sehr er es auch möchte. Zu dritt werden sie es aber nicht schaffen, dieses mächtige Wesen zu halten, ganz unmöglich. Doch was soll er tun, wie kann er ihnen helfen, wenn er gefesselt an einen Tisch geschnallt ist? Sein Protonenpack liegt neben der Tür. Er kann es deutlich sehen und doch ist es unerreichbar für ihn. Fieberhaft denkt er nach. Dann gelingt es Brown auszubrechen und die Strahlen der Jungs zucken einen Moment unkontrolliert durch den Raum. Sie schnellen so dicht an Venkman vorbei, dass sie ihm schon ein paar Haarspitzen ansengen. „Passt doch auf, verdammt!“, harscht er die Jungs an, doch die haben natürlich andere Sorgen. Ein weiterer Stahl saust auf den Brünetten zu. Hilflos presst er die Augen zusammen und wartet auf den letzten Schmerz, der seinen Körper in seine Bestandteile zerlegen wird. Stattdessen sinkt jedoch seine rechte Hand herab. Ungläubig starrt Peter sie an. Der Strahl hat den Riemen durchschossen und ein Loch in den Tisch begrannt. Doch hätte Venkman nicht unbewusst die Faust geballt, würden ihm jetzt sicher sämtliche Finger fehlen. Allerdings ist dies jetzt auch die Chance, auf die er gewartet hat. Während seine Kollegen verzweifelt versuchen, den Geist am Entkommen zu hindern, löst Peter die rechtlichen Riemen und schnappt sich seinen Strahler. „Braucht ihr Hilfe, Leute?“, fragt er sarkastisch und eröffnet das Feuer. Freudig begrüßen ihn die drei anderen und gemeinsam schaffen sie es, Brown festzuhalten. „Los jetzt, die Falle!“, ruft Ray in den tosenden Lärm hinein. Mit einem gezielten Tritt auf den Schalter, öffnet Egon die Geisterfalle. Unter heftigem Gebaren und wilden Schreien wird Brown in das grelle Licht gesaugt und ein für alle Mal gebannt. Als die Falle sich geräuschvoll verschließt, zucken kleine Blitze über ihre Oberseite und eine feine Qualmwolke steigt auf. Erleichtert sinken die vier Ghostbusters auf die Knie. „Mann, was für ein Ritt…“, gibt Ray zum Besten. „Leute, ich war noch nie so froh, euch zu sehen!“, kommt es ganz ehrlich von Peter. „Schön, dass es dir gutgeht.“, freut sich auch Egon. „Ganz meiner Meinung, auch wenn es mir lieber wäre, dich etwas bedeckter wiederzusehen…“, entgegnet Winston lachend. Prüfend wirft Venkman ihm einen Blick zu, dann stellt er fest, dass er, bis auf das türkisfarbene Tuch um seine Hüften, dass bei Operationen die Stellen abdeckt, die nicht gebraucht werden, vollkommen nackt ist. Für den Bruchteil eines Moments huscht ein roter Schimmer über die Wangen des Brünetten, dann verschränkt er gespielt bockig die Arme vor der Brust und streckt seinem stillen Rivalen kindisch die Zunge raus. „Pah! Du bist ja nur neidisch!“, wirft er ihm vor und alle fangen haltlos an zu lachen. „Wo denkst du hin? Schließlich hatte ich schon meinen Nacktauftritt vor der halben Insassenschaft!“, erwidert der Bauarbeiter immer noch lachend, auch wenn die Erinnerung daran noch erschreckend frisch ist. Nach diesem Späßchen kommen die Jungs aber schnell wieder zu ihrer eigentlichen Arbeit zurück. In einem Nebenraum finden sie die sterblichen Überreste der gesammelten Opfer des Dr. Brown. Trotz der Tatsache, dass die meisten der Toten pöbelnde Idioten waren, haben sie so etwas nun wirklich nicht verdient. Noch am selben Tag werden die Geisterjäger wieder auf freien Fuß gesetzt. Bereitwillig bezahlt das Gefängnis die Kaution der Jungs und eine saftige Entschädigung. Die Opfer des Geistes bekommen eine angemessene Beerdigung und finden hoffentlich ihren Frieden. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, erfahren die vier Helden bald darauf, dass Humboldt gar nicht bestohlen wurde, sondern selbst das Bild versteckt hat, weil er den Jungs etwas anhängen wollte, um sich vor ihren Spesen zu drücken. Der alte Knochen schwimmt zwar geradezu im Geld, ist aber der Inbegriff eines Geizkragens und dazu sind ihm auch so miese Tricks recht. Und so geht doch noch alles gut aus für die Ghostbusters – zumindest bis zum nächsten Einsatz… Kapitel 13: Juicy secret… ------------------------- Einen Monat später… Nach der Aufregung der letzten Wochen und Monate, kehrt nun etwas Ruhe ein und prompt beginnt Peter sich auch schon zu langweilen. Träge lungert er auf seinem Bürostuhl herum und starrt schläfrig Löcher in die Luft. So sehr er sich während ihrer Einsätze auch nach Entspannung sehnt, so sehr hasst er sie manchmal, wenn Flaute herrscht. Größtenteils liegt das aber auch daran, dass er immer noch keine Freundin gefunden hat, mit der er sich in solchen Momenten treffen könnte. Und noch immer nagt die letzte Abfuhr einer eigentlich vielversprechenden Dame schwer an seinem Ego. Kein Wunder also, dass seine Gedanken immer öfter in Richtung eines männlichen Partners wandern. Den zu finden ist allerdings mindestens genauso schwer, da viele einfach nur auf ein schnelles Abenteuer aus sind, als auf eine richtige Beziehung. Doch nach all den Abenteuern und der gefährlichen Arbeit als Geisterjäger, keimt in Venkman doch irgendwie der innige Wunsch auf, sesshafter zu werden und eine richtige Beziehung führen zu wollen. Frustriert verschränkt er die Arme vor der Brust und versucht die ganze Welt zu ignorieren, in der Hoffnung, dass ihm dann eine Lösung einfällt. Doch das Denken fällt ihm schwer. Immer wieder mischt sich ein aufdringlicher, man könnte fast schon sagen vernachlässigter Teil, seines Körpers ein und versucht ihn dazu zu bringen, Taten sprechen zu lassen, anstatt sich den Kopf über etwas zu zermartern, was scheinbar vom Schicksal von vorn herein zum Scheitern verurteilt ist. Venkman gibt ein verstimmtes Seufzen von sich und blickt störrisch zur Decke empor. Langsam dreht er seinen Stuhl herum und betrachtet die blankpolierte Stange, die die einzelnen Stockwerke mit dem Erdgeschoss verbindet. Egon ist schon den ganzen Tag in seinem Labor und bastelt wieder mal an einer neuen Erfindung, die ihnen die Arbeit erleichtern soll. Ihn sollte man also lieber nicht nerven, sonst fliegt nur wieder irgendwas in die Luft. Janine ist beim Einkaufen, also kann sich der Brünette nicht damit ablenken, sie etwas zu ärgern. Winston sieht sich ein Baseballspiel im Fernsehen an und ist viel zu geschickt darin, Peters Unsinn gegen ihn zu verwenden, als dass es Sinn machen würde, Energie damit zu verschwenden, ihn ärgern zu wollen. Und was macht der gute Ray? Eigentlich wollte er an Ecto-1 herumschrauben, doch bis jetzt ist der Rothaarige nicht zu sehen. Als Peter an den Mechaniker denkt, breitet sich ein verlangendes Gefühl in seinem Körper aus. Immerhin hat er es schon einmal geschafft, sich ihm zu nähern. Warum sollte dies nicht auch ein weiteres Mal funktionieren, nur so zum Spaß, um etwas Druck abzubauen? Vielleicht weil Ray jetzt mit Winston zusammen ist? Schon möglich. Doch der Jüngere kann Venkman nicht viel entgegenbringen und da das mit Winston ja auch nicht offiziell ist, sieht Peter gar nicht so richtig ein, warum er sich so eine Chance entgehen lassen soll, wenn sie sich bietet. Schließlich hat er noch nie viel von den Beziehungen anderer Leute gehalten, wenn er irgendwelches Interesse an einem der Partner hatte. Einen Versuch ist es allemal wert und es würde für eine Weile seine Langeweile beenden und seinen Körper zur Ruhe bringen. Gerade als er sich vom Stuhl erhebt, um nach seinem Kollegen Ausschau zu halten, schlendert dieser gut gelaunt die Treppe hinunter. In den Händen balanciert er eine kleine, aber scheinbar schwere Kiste, in der wohl irgendwelche Teile sind, die er am Einsatzwagen verbauen will. Als sich ihre Blicke treffen, lächelt Ray ihm gewohnt mit einer Mischung aus Freundlichkeit und Unschuld entgegen, die nur ihm eigen zu sein vermag. „Hey, Peter!“, grüßt er den Brünetten und wendet sich dann Ecto zu. Peter erwidert sein Lächeln und folgt ihm dann unauffällig zum Wagen. Ray stellt die Kiste auf einem rollbaren Werkzeugschrank ab und öffnet dann die Motorhaube des Gefährts. Mit akribischem Blick beugt er sich zum Herz des Wagens hinab und betrachtet die Arbeit, die vor ihm liegt. In Gedanken versunken merkt er gar nicht, wie Peter neben ihm auftaucht. Erst als ihm der Ältere den Arm um die Schultern legt, schreckt Raymond überrascht zusammen. Ihre Blicke begegnen sich wieder, wobei in den Augen des Mechanikers noch der Schreck zu erkennen ist, sich in Peters Seelen aber eine fast undefinierbare Mischung aus Begehren, Neugierde und herausfordernder Dominanz befindet. Ray kann diesen Ausdruck nicht wirklich deuten und versucht daher seine Überforderung mit einem Lächeln zu überspielen. Venkman erwidert es, doch seine Augen tragen weiterhin diesen seltsamen Ausdruck, sodass sein Lächeln eher etwas Bedrohliches zu haben scheint. „Na, was haben wir denn hier Schönes?“, fragt der Brünette keck. In seinem naiven Denken glaubt Ray, dass sein Kollege den Wagen meint, weswegen er versucht einen Witz zu machen. „Sieht aus wie Ectos Motor, meinst du nicht auch?“, erwidert er daher und befreit sich von Peters Arm. Als er sich herumdrehen will, um an sein Werkzeug zu kommen, versperrt Venkman ihm den Weg. Er kommt ihm dabei so nahe, dass der Mechaniker instinkttief einen Schritt zurückweicht und dabei gegen den Wagen stößt. Das kalte Metall der Karosserie drückt sich dadurch gegen seinen Po und seine Oberschenkel und vermittelt ihm auf seltsame Weise ein ungewolltes Gefühl des Ausgeliefertseins. Im ersten Moment versteht er diese Emotion nicht, doch als sich Peter noch dichter zu ihm beugt, bekommt er irgendwie eine Ahnung, was hier falsch läuft. „Ich meine doch nicht das Auto, du Dummerchen!“, raunt Peter ihm entgegen und bestätigt damit nur noch mehr Ray´s Befürchtungen. „Oh…“ Der Jüngere schluckt nervös und versucht an ihm vorbei zu kommen. Peter lässt ihm jedoch nicht die Chance dazu, sondern versperrt ihm noch mehr den Weg. „Wohin willst du denn so schnell? Wir sind noch nicht fertig!“ All die ausgelassene Fröhlichkeit ist aus dem Gesicht des Rothaarigen verschwunden. Nur zu gut erinnert er sich noch daran, was vor ein paar Monaten zwischen ihnen vorgefallen ist und das möchte er beim besten Willen nicht noch einmal erleben. Damals war er so fassungslos und überfordert, dass er sich nicht einmal wirklich zur Wehr setzen konnte, zumal Peter eh um einiges stärker ist, als er. Doch das soll jetzt sicher nicht wieder so sein. Er ist nun mit Winston zusammen und Peter hat dabei absolut nichts zu suchen. Dass muss er schlichtweg akzeptieren! „Und ob wir fertig sind! Also lass mich in Ruhe!“, kommt es äußerst energisch von dem Mechaniker. Innerlich ist Venkman doch schon von der Entschlossenheit in seiner Stimme überrascht, doch nach außen hin lässt er sich nichts anmerken. Er grinst den Jüngeren herausfordernd an. „Was ist los? Wirst du jetzt etwa zickig?“, bohrt er nach. Ray funkelt ihn versucht finster an, was bei ihm aber eher nach einem trotzigen Kind aussieht. „Ich bin nicht zickig. Ich will nur nicht auf diese Weise mit dir – verkehren…!“ „Oh, ich denke schon, dass du das willst…“ Peter hat den Satz kaum beendet, da fällt Raymond ihm auch schon abwehrend ins Wort. „Nein! Verstehst du das nicht? Ich bin mit Winston zusammen! Und zwischen uns gibt es nichts, Peter!“ Der Nachdruck in seiner Stimme ist so untypisch, dass Venkman am liebsten laut lachen möchte, wäre da nicht die Tatsache, dass Ray gerade offen zugegeben hat, mit Winston eine Beziehung zu haben. Klar weiß Peter das schon lange, aber Ray weiß nicht, dass er es weiß. Daher lässt es sich der Brünette nicht nehmen, das Ganze noch weiter zu treiben. „Erzähl nicht so einen Blödsinn! Das sagst du nur, um mich zu ärgern!“, hält Peter dagegen. „Warum sollte ich so was erfinden?“, kontert der Rothaarige. „Wen es wahr ist, warum weiß es dann niemand?“ Das war es jetzt. Peter hat ihn geknackt. Ray´s Wangen färben sich rot und er sieht verlegen zu Boden. Sie wollten es geheim halten, falls etwas schiefgeht. Oder ist es vielleicht auch nur die tiefsitzende Angst vor Ablehnung? Raymond kann sich nicht vorstellen, dass er diese hier findet, doch was ist, wenn es die Öffentlichkeit erfährt? Schwule Geisterjäger! Als hätten sie nicht schon genug mit allen möglichen anderen Vorurteilen und Anschuldigungen zu kämpfen, die es ihnen schwermachen, Aufträge zu bekommen. Wenn so etwas rauskommt, können sie dichtmachen! Neugierig wartet Venkman auf eine Antwort. Er kann deutlich sehen, wie der Jüngere angestrengt nachdenkt, aber keine Lösung findet. „Ich…“, setzt der Rothaarige an, mehr folgt jedoch nicht. Hilflos sieht er weiterhin zu Boden, doch er weiß einfach nicht, was er sagen soll. „Na siehst du.“, erwidert der Brünette und rückt noch etwas näher. Gekonnt drückt er sein Knie zwischen Ray´s Beine und reibt es gegen seinen Unterleib. Scharf zieht der Jüngere Luft ein und verkrampft sich. Abwehrend hebt er die Hände und drückt sie gegen die Brust des anderen. „Nicht…“, kann er noch hervorbringen, ehe er den warmen Atem des Älteren an seinem Hals spürt. „Nein, hör auf!“, presst Raymond hervor und versucht ihn wegzudrücken. Allerdings befindet er sich in einer ungünstigen Position, die es ihm schwermacht, den Stärkeren von sich fernzuhalten. Wieder Peters Atem an seinem Hals. „Entspann dich, Ray! Ich bin ganz vorsichtig…“, raunt er ihm entgegen. Seine Lippen streifen seine Haut. Es macht den Mechaniker ganz verrückt, doch nicht auf die angenehme Art, die sein Gegenüber zu erzielen versucht. Ein Zittern geht durch seinen Körper und er versucht erneut, den anderen von sich zu schieben. Statt das dies klappt, rückt der Größere noch dichter, sodass sich ihre Leiber fest aneinanderschmiegen. Seine Hände wandern an Ray´s Seiten entlang, zu seiner Brust hinauf. „Peter! Nun hör endlich auf! Ich will nicht!“, gebärt sich der Kleinere und es klingt ziemlich verzweifelt. Doch Venkman ignoriert einfach alles. Seine Zunge streift Ray´s Hals, was dem jungen Mann einen überraschten Laut entlockt, indem sein Unwohlsein deutlich hörbar ist. „Peter, ich flehe dich an! Bitte hör auf…“ In der Stimme des Rothaarigen liegt so etwas wie Resignation. Er will nicht, dass es weitergeht, doch ihm fehlt einfach die Kraft, um es seinem Kollegen klarzumachen. Innerlich kommt ihm für den Bruchteil einer Sekunde sogar der Gedanke, dass es vielleicht ja gar nicht so schlimm wird, wie er es sich vorstellt. Doch im selben Moment schreit eine andere Stimme in ihm, dass dies nicht stimmt und das er Winston damit betrügen würde und das kann er einfach nicht machen! Zumal er ihm ja ohnehin schon etwas verschweigt. „Du brauchst nicht zu flehen, ich werde ganz lieb zu dir sein…“ Peter schenkt ihm ein Lächeln, dass so überzeugend wirkt, dass er damit sogar Heizungen in der Wüste verkaufen könnte. In diesem Moment ist er seinem hinterhältigen Schlitzohr von Vater so unglaublich ähnlich, dass er sich selbst dafür verfluchen könnte, würde er jetzt sein Gesicht im Spiegel sehen. Doch er sieht es nicht und macht daher munter weiter. Doch Ray fällt nicht darauf rein. Stattdessen nimmt er all seine Kraft zusammen und versucht Peter wegzustoßen. Allerdings geht das Ganze im wahrsten Sinne des Wortes nach hinten los. Venkman rührt sich nicht, stattdessen rutscht Raymond weg und landet unsanft auf Ectos Motorblock. Überrascht sehen sich die beiden an, dann grinst Peter erhaben. „Also Ray, du musst dich mir doch nicht gleich vor die Füße werfen!“, spottet er. Dem Jüngeren fehlen die Worte und er versucht auszubrechen. Aber Peter ist schneller, drückt ihn wieder runter und beugt sich zu ihm hinab. Hart bohren sich die Windungen des Motorblocks in Ray´s Rücken. Kurz darauf stellt er aber fest, dass dies nicht das einzig Harte ist, dass ihn ungewollt piekst. „Lass mich gehen! Das ist verdammt unbequem…“, jammert Ray beinahe. „Also ich finde es gut so!“, erwidert Peter und greift nach dem Reißverschluss am Overall seines Kollegen. Mit einer geschickten Bewegung zieht er ihn zur Hälfte hinunter. Erschrocken reißt Ray die Augen auf. Mittlerweile ist ihm klar, dass Peter es völlig ernst meint und das ihm daher dringend eine Möglichkeit zur Flucht einfallen muss. „Peter!“, zischt er dem Brünetten entgegen, doch dieser scheint ihm schon gar nicht mehr zu zuhören. In seinen Augen herrscht nur noch die Lust vor und sein Körper brennt geradezu. In einer fließenden Bewegung beugt er sich hinab und lässt eine Hand unter das T-Shirt des Liegenden gleiten. Raymond fängt hilflos an zu zappeln und presst die Hände gegen die Schultern des Älteren, um ihn wegzustoßen. Doch das gelingt ihm natürlich wieder nicht. In ihrem gegensätzlichen Treiben merken die beiden nicht, dass sie nicht mehr allein sind. „Was zum…?“, entkommt es Winston, der wie angewurzelt auf der letzten Stufe der Treppe steht. Durch die plötzlich ertönende Stimme schrecken die zwei Jungs zusammen. Für einen Moment sehen sich die drei völlig überrascht an. Dann verändert sich Winstons Gesicht. Die Überraschung weicht Unglauben, Enttäuschung und dumpfer Wut. Noch vor wenigen Augenblicken hatte er ganz ähnliche Gefühle in Anbetracht des miserablen Baseballspiels gehabt und nun muss er allen Ernstes feststellen, dass sein Freund und sein Kollege gerade dabei waren, es miteinander treiben zu wollen. Diese Tatsache will einfach nicht in seinen Kopf hinein. Doch es ist nicht zu leugnen, immerhin sieht er es ja direkt vor sich! Auf Peter kann er im Grunde genommen nicht einmal wütend sein. Seine Triebhaftigkeit ist immerhin nichts Neues und fester Bestandteil seines Alltags, seit Winston hier angefangen hat. Allein die Tatsache, dass es sich bei seinem neusten Fang aber um Ray handelt, ist der einzige Unterschied zu sonst. Aber das sich ausgerechnet der Rothaarige von ihm aufs Kreuz legen lässt, hätte Winston nie für möglich gehalten. Schließlich sind sie beide doch ein Paar und glücklich miteinander, was also will er jetzt von Venkman? So ein lasterhaftes Verhalten hätte er Raymond niemals zugetraut. Stocksteif tritt der Schwarzhaarige die letzte Stufe hinab und ballt mahnend die Fäuste. Sein Blick ist dabei fest auf seinen angeblichen Geliebten gerichtet. Peter setzt ein leicht triumphierendes Lächeln auf und entfernt sich langsam. ‚Na, Winston? Eifersüchtig?‘, geht es ihm durch den Kopf, während er sich gegen Janines Schreibtisch lehnt und die Szene beobachtet. „Du…!“, kommt es in einem drohenden Tonfall von dem Bauarbeiter. Mit hochroten Wangen richtet sich Ray ganz langsam auf. Es fällt ihm furchtbar schwer, dem Blick seines Partners standzuhalten. Doch ihm ist bewusst, dass wenn er ihm jetzt ausweicht, alles aus ist. „Winston, ich…“, setzt der Jüngere an und spürt, wie Tränen hinter seinen Augen brennen. Allerdings gibt ihm der Dunkelhäutige kaum eine Chance zum Luftholen. „Was soll denn der Mist? Hast du mir nicht groß erzählt, dass du mich liebst und all das? Genüge ich dir denn wirklich nicht, dass du mich ausgerechnet mit Venkman betrügen musst?“ Ungehalten redet Winston auf ihn ein. Seine Worte verletzen den Mechaniker mindestens genauso sehr, wie sich Winston in diesem Moment fühlen muss. Hilflos kämpft Ray mit den Tränen und schluckt hart. „Bitte, lass es mich erklären…“, setzt er mit brüchiger Stimme an. Aber der Ältere winkt nur ab und wendet sich um. „Oh, Nein! Ich will gar nichts hören!“, entgegnet er ihm und steuert auf die Tür zu. Unsicher steht Raymond auf und blickt ihm nach. „Wo gehst du hin?“, fragt er traurig. Ruppig bleibt Winston stehen und sieht sich nach ihm um. „Ich hab die Nase voll! Ich habe tagein, tagaus meinen Hintern für euch aufs Spiel gesetzt, habe alles ertragen und mich nie beschert und das ist jetzt der Dank dafür? Ohne mich! Es ist aus, Ray! Ich verlasse dich und ich verlasse die Geisterjäger und du brauchst auch gar nicht erst zu versuchen, mich umstimmen zu wollen. Dafür bin ich viel zu enttäuscht! – Ich hab hier so wie so nie richtig reingepasst, also vergnügt euch so viel ihr wollt und macht euch ein schönes Leben. Mich seht ihr nie wieder!“ Ruppig öffnet er die Tür und tritt in den anbrechenden Sonnenuntergang hinaus. Dabei stößt er fast Janine um, die vollbeladen mit Einkaufstüten vor ihm auftaucht. „Na hör mal! Was soll denn das?“, pikiert sie sich, erhellt jedoch nur einen finsteren Blick von ihm, ehe Winston wütend die Straße hinunter stapft. Ray kann es nicht glauben. Winston ist tatsächlich gegangen. Nun fließen die Tränen und er will sie auch gar nicht mehr zurückhalten. Das Einzige, was er will, ist, dass der Bauarbeiten wieder zurückkommt. Soll er ihn doch für den Rest seines Lebens hassen und verachten, aber er braucht ihn doch. Wenn nicht als Freund, dann doch wenigstens als Kollegen. Er muss alles daransetzen, ihn wiederzuholen! Weinend läuft er Winston hinterher. Janine versucht sich derweil durch die Tür zu schieben und versperrt ihm dabei den Weg. „Was ist denn hier nur los?“, fragt sie ihn. Schniefend schiebt sich der Rothaarige irgendwie an ihr vorbei. „Frag Peter!“, entgegnet er ihr kaum verständlich und rennt dann die Straße hinunter. Perplex sieht die Rothaarige ihm hinterher, legt die Stirn in Falten und betritt dann endgültig das Hauptquartier, um die schweren Tüten abstellen zu können. Derweilen kommt Egon die Treppe hinter. „Was herrscht denn hier unten für ein Lärm, meine Herren?“, wirft er in den Raum, erblickt aber nur Peter. Von den beiden anderen fehlt jede Spur. Bis vor ein paar Augenblicken gefielt es Venkman noch, dass sich Winston so schön aufgeregt hat. Er genoss es wirklich, mal nicht derjenige zu sein, der hier eifersüchtig ist. Doch jetzt? Völlig verkrampft steht er an den Schreibtisch gelehnt da und umklammert mit seinen Händen leicht zitternd die Tischplatte. Er hatte sich gewünscht, dass Winston und Ray einen Streit haben und sich dann trennen, damit wieder etwas Platz für ihn ist. Aber so hat er sich das Ganze überhaupt nicht vorgestellt. Er wollte nicht, dass Winston die Gruppe verlässt und er wollte auch nicht, dass Ray weinen muss, auch wenn er dies irgendwie vorausgeahnt hat. Er hat in seinem Leben schon viel Mist gebaut. Längst hat er den Überblick verloren, wie viele Beziehungen seinetwegen schon zu Bruch gegangen sind, weil er das Mädel oder den Jungen zu einem Seitensprung überredet hat. Im Endeffekt war es ihm aber auch immer egal, da er die Leute ja nicht gekannt hat und danach auch meist nie wiedersah. Aber das hier ist etwas völlig anderes. Ray ist sein Freund und er hängt sehr an ihn, auch wenn er es nicht in Worte fassen oder gar als eine Art Liebe bezeichnen kann. Winston war stets ein Rivale für ihn und dennoch möchte er ihn auch nicht missen. Zum ersten Mal in seinem Leben hat er wahrhaftig das Gefühl etwas falschgemacht zu haben, unter dem nicht nur er selbst zu leiden hat, sondern auch alle anderen und es ist ihm nicht egal. Wohlmöglich hat er etwas zerstört, was er sich eigentlich immer gewünscht hat. Nicht nur die Geisterjäger, sondern auch die Freundschaft zu ihnen allen. Vieles war für ihn immer irgendwie selbstverständlich, doch jetzt wird ihm bewusst, dass das gar nicht so ist und dass er hart dafür arbeiten muss, es zu erhalten und zu behalten. Jetzt, wo die Scherben von alledem vor ihm liegen, schneiden sie ihm tief ins Fleisch und er würde alles daransetzen, die Zeit zurück zudrehen… Angestrengt beißt sich der Brünette auf die Unterlippe und versucht das Geschehene irgendwie zu verarbeiten. Es muss eine Lösung dafür geben, es muss einfach! Doch je länger er daran denkt, desto stärker fühlt er die geliebte Bindung, die er zu den beiden Männern aufgebaut hat und die nun wohlmöglich für immer vernichtet ist. „Peter, was ist passiert!“, fordert Janine streng zu wissen. So in sich gekehrt hat sie den sonst so vorlauten und selbstsicheren Anführer der Ghostbusters noch nie gesehen und das macht ihr wirklich Sorgen. Durch ihre durchdringende Stimme wird der Brünette aus seinen Gedanken gerissen und blickt die beiden vor sich völlig neben der Spur an. „Ich…“, setzt er an. Er verstummt, schluckt schwer und dann gleitet ein Zittern über seinen Körper hinweg. Irritiert sehen sich Egon und Janine an. Dieses Verhalten passt so gar nicht zu ihm. Was also ist passiert, dass Peter so aus der Fassung bringen kann? „Ich hab etwas wirklich Dummes gemacht…“, gesteht der Brünette schließlich und lässt entmutigt den Kopf hängen. Nie schien ihm bisher etwas so Nahe zu gehen. Er ist vollkommen überfordert und weiß nicht, was er tun soll. Nachdem keine weitere Erläuterung folgt, fordern Janine und Egon eine Erklärung. Die Sorge ist den beiden deutlich anzusehen. Peter macht ständig bewusst oder unbewusst etwas falsch, doch für gewöhnlich geht ihm das eher am Allerwertesten vorbei und er hat mehr Glück als Verstand. Ihn nun so zu sehen, macht ihnen den möglichen Ernst der Lage bewusst. Stur den Blick auf den Boden gerichtet, holt Venkman mit einem Zittern Luft und beginnt dann zu erzählen. Die Worte sprudeln ungewollt einfach so aus ihm heraus und er merkt kaum, dass er sich damit selbst einen Strick dreht. Er berichtet von seinem ersten Zusammentreffen mit Ray vor einigen Monaten und wie sich dann unaufhörlich die Eifersucht in ihm gestaut hat, wenn er ihn und Winston zusammen sah. Er erzählt, dass die beiden ein Paar geworden sind und er dies nicht wahrhaben wollte. Zum Schluss bringt er hervor, was gerade hier passiert ist und wie Winston die Geisterjäger verlassen hat. Entsetzt und ungläubig lauschen die beiden seinen Ausführungen. Keiner von ihnen hat dergleichen bemerkt. Gut, es gab hin und wieder Streitereien und Sticheleien zwischen Peter und Winston, doch dabei war nie ersichtlich, dass Venkman eifersüchtig auf ihn ist. Janine kann kaum glauben, was sie da hört. Zwar ist es für sie nie zu übersehen gewesen, dass Peter ein ausgeprägtes und sprunghaftes Verhalten an den Tag legt, hat er sich doch oft genug an ihr versucht, doch das hätte sie nicht geglaubt. Stets kam ihr Peter wie ein hoffnungsloser Weiberheld vor, von Männern war nie die Rede und er hat sich auch nie mit dem Wissen seiner Kollegen mit einem getroffen. Nur ganz zufällig hat Janine überhaupt erfahren, dass Peter zweigleisig fährt. Es ist Egon vor einer Weile eher unbewusst rausgerutscht, als sie sich unterhalten haben. Sie hat nicht weiter nachgefragt und war sich auch nicht sicher, ob sie den Blonden da richtig verstanden hat. Nun wird ihr aber so einiges klar. Immer dann, wenn Peter nicht mit einer Verabredung angegeben hat, wird er sich wohl mit einem Mann getroffen haben, hielt es aber für besser, dies nicht an die allzu große Glocke zu hängen. Das er allerdings so egoistisch ist und versucht die Beziehung von Ray und Winston kaputt zu machen, hätte sie ihm nicht zu getraut. Dass die beiden Männer zusammen sind, hat sie absolut nicht für möglich gehalten, zumal ihr Winston kein bisschen so vorkommt, als würde er auf Männer stehen. Allerdings merkt man das Peter auch nicht an und Ray hat sich mit seinen Gefühlen in der Richtung auch immer bedeckt gehalten, beziehungsweise kam er ihr stets so vor, als wäre er unentschlossen oder hätte kein Interesse an so etwas. Egon hingegen weiß ja schon seit vielen Jahren, was so alles zu Peters Vorlieben gehört, auch wenn er das nicht immer unbedingt gutheißen mag. Doch inzwischen hat er sich damit abgefunden, es akzeptiert, solange der Brünette nicht ihn auf seiner Abschussliste hat. Es ist dem Tüftler daher reichlich egal, was sein langjähriger Kollege tut und was nicht, solange es in einem gewissen Rahmen bleibt. Allerdings überrascht es auch ihn, zu hören, dass Ray und Winston eine Beziehung führen. Egon war nie gut im Deuten oder Erkennen solcher Zwischenmenschlichkeiten, daher überfordert ihn dieser Gedanke doch ziemlich. Obwohl er sagen muss, dass ihm dieser Gedanke weit weniger stört, als Peters aufdringliche Offenheit und seine scheinbar äußerst unberechenbare Ader. Er würde ihm ja viele unschöne Dinge zu trauen, aber das nun wirklich nicht. Zu allem Übel ist Peter damit auch noch so wunderbar durchgekommen. Hätte sich Ray doch nur einem von ihnen anvertraut, dann hätten sie jetzt mit Sicherheit weniger Probleme. „Verdammte Scheiße! – Ich kann gut verstehen, wenn ihr jetzt nichts mehr mit mir zu tun haben wollt. Ich kann mich ja selbst kaum noch ertragen. – Vielleicht wäre es besser, wenn ich auch gehe…“, endet Venkman schließlich. Wütend stemmt Janine die Hände in die Hüften und baut sich drohend vor ihm auf. „Oh nein, Dr. Venkman! Hab doch wenigstens einmal den Hintern in der Hose und steh zu dem, was du getan hast! Du wirst nirgends hingehen, solange ihr drei euch nicht ausgesprochen habt! Mag ja sein, dass hier alles den Bach runtergeht, aber das heißt noch lange nicht, dass du hier einfach so ungeschoren davonkommst!“ Überrascht sieht Peter sie an. Dann meldet sich Egon zu Wort. „Ich kann es nicht gutheißen, was du getan hast, dennoch bin ich ganz Janines Meinung. Du solltest die Sache zwischen euch klarstellen und hoffen, dass sie dir vergeben und Winston wiederkommt. Wir brauchen ihn und wir brauchen auch Ray und sogar dich. Nicht unseretwegen, sondern der vielen Unschuldigen wegen, die sich darauf verlassen, dass wir ihnen helfen. Mag sein, dass wir hinterher keine Freunde mehr sind und unser Vertrauen neu aufbauen müssen, doch mir müssen versuchen dennoch Kollegen zu sein!“ Nachdenklich betrachtet Peter die beiden. Sie wirken nicht so, als würden sie ihn wirklich für sein Fehlverhalten verurteilen oder verachten, sie versuchen nur mit aller Macht, die kleine Familie, zu der sie im Laufe der Zeit geworden sind, zusammenzuhalten. Sie geben ihm auf seltsame Weise wieder das Gefühl ein Kind zu sein, das von seinen Eltern ausgeschimpft wird, weil es etwas Unrechtes getan hat und nun Stubenarrest bekommt. Peter ist sich der Falschheit dieses Gedankens durchaus bewusst, dennoch muntert ihn die Vorstellung etwas auf. Allerdings wird er sich wohl kaum mit Stubenarrest begnügen dürfen. Im Moment ist ihm jedoch jede Strafe recht, solang nur alles wieder gut wird. Er ahnt noch nicht, dass seine Strafe schlimm ausfallen wird, Ray aber weit mehr bezahlen wird, als sich ein jeder von ihnen vorzustellen vermag… In der Zwischenzeit versucht Raymond Winston zu einem Gespräch zu überreden, doch der Bauarbeiter setzt unbeirrt seinen Weg fort und versucht seinem Ex-Freund das Wort zu verbieten. Schließlich gelingt es dem Jüngeren ihn in einer Nebenstraße einzuholen. Unweit von ihnen befindet sich eine Schule, weshalb ein Zebrastreifen über die Straße führt, damit die Kinder sie sicher überqueren können. Jetzt jedoch ist das Gebäude verlassen, die ersten Laternen schalten sich ein und die Straße liegt verlassen da. Auf der naheliegenden Hauptstraße rauscht der Verkehr geräuschvoll vorbei, doch hierhin verirrt sich kein Auto. Während der Schulzeit kommen hier Eltern und Lehrer vorbei und ansonsten benutzen nur Anwohner den kurzen Streckenabschnitt, weshalb es hier in den Abend- und Nachtstunden völlig friedlich ist. So merkt Winston auch nicht, dass er mitten auf den weißen Linien des Zebrastreifens zum Stehen kommt, als er sich entnervt zu Ray herumdreht. Der Mechaniker steht gut zwei Meter von ihm entfernt auf dem Bürgersteig und blickt ihn unsicher und tieftraurig an. „Bitte Winston, hör mir doch zu…“, fleht er ihn ein weiteres Mal an. Der Ältere kann die Tränen und die brüchige Stimme des anderen kaum ertragen. Sie brechen ihm fast das Herz und dennoch empfindet er nur Wut und Enttäuschung, die es nicht zulassen, dass er nachdenkt und den Worte des jungen Mannes Glauben schenkt. „Schön, wenn du so versessen darauf bist, mir irgendwelche Märchen zu erzählen, dann bitte! Immer raus damit!“ Wütend verschränkt er die Arme vor der Brust und mustert den Kleineren so streng, dass dieser einen Moment gar nicht in der Lage ist, etwas zu sagen. Ray schluckt hart und atmet zitternd durch. Hilflos sucht er nach Worten, die die Lage entschärfen, auch wenn es völlig sinnlos erscheint, es überhaupt zu versuchen. Aber er liebt diesen Mann und ist gewillt auch um ihn zu kämpfen! „Bitte glaub mir doch, wenn ich dir sagen, dass es nicht so war, wie du es empfunden hast. Ich habe nichts mit Peter. Er hat mich einfach überrumpelt…“ Prüfend mustert der Schwarzhaarige ihn. Der Ausdruck in den schokoladenfarbenen Augen sagt ihm, dass er die Wahrheit spricht. Allerdings ist dort auch noch etwas anderes, dass Ray zu verstecken versucht und das macht Winston stutzig. „Gut, vielleicht glaube ich dir ja. Doch da ist noch mehr, stimmst? Ich merke, dass du mir etwas verschweigst. Also, raus damit!“, hakt der Bauarbeiter nach. Sichtbar schreckt Raymond zusammen und bestätigt die Befürchtung seines Partners damit nur noch. Sein durchdringender Blick macht den Jüngeren ganz nervös. Ihm ist klar, worauf Winston hinauswill. Doch er kann es ihm nicht sagen. Wie würde das denn auch aussehen? Wenn er ihm jedoch nichts sagt, dann zweifelt er zurecht an seiner Glaubwürdigkeit. Verloren grübelt der Mechaniker nach, was den Älteren nur noch stutziger macht. Sucht er vielleicht sogar nach einer Ausrede? „Nun sag´s schon! Wenn zwischen euch nichts war, kannst du mir doch wohl sagen, was los ist!“ „Winston, ich – ich wollte das doch alles nicht. – Ich liebe dich doch…“ Wieder glänzen Tränen in Ray´s Augen und er versucht auf seinen Freund zu zugehen. Dieser weicht jedoch zurück und hält ihn auf Abstand. „Komm mir nicht so! Ich will jetzt wissen, was los ist!“ Die Wut in seiner Stimme ist deutlich hörbar. Durch den Streit angelockt, blicken einige der neugierigen Anwohner aus ihren Fenstern auf die Straße hinab und beobachten das Geschehen. Das Gespräch spitzt sich immer weiter zu und Ray weigert sich vehement von dem ersten Vorfall mit Peter zu erzählen, während Winston weiterhin darauf besteht, zu erfahren, was passiert ist. Schließlich erreicht der Streit seinen Höhepunkt und der Schwarzhaarige hat genug. Resignierend dreht er sich um und will davongehen. „Es reicht, Ray! Wenn du mir nicht sagen kannst, was los ist, dann ist es mir das auch egal. Ich verschwinde jetzt und will nichts mehr davon hören!“ Erschrocken zuckt der andere zusammen. „Nein! Bitte geh nicht! Hör mir doch zu!“ „Das versuch ich ja, aber es kommt ja keine vernünftige Antwort von dir, also verschwende ich hier nur meine Zeit!“ „Aber…“ „Ich sagte, nein! Wie konnte ich überhaupt so dumm sein, etwas mit dir anzufangen? Beziehungen am Arbeitsplatz bringen nichts als Ärger!“ Der letzte Satz trifft Ray schwer. Kraftlos lässt er die Schultern hängen. Es ist sinnlos. Egal, was auch immer er sagt, Winston wird ihm nicht glauben. Vielleicht wäre es besser, das Ganze erst mal etwas sacken zu lassen und das Gespräch zu einem anderen Zeitpunkt fortzuführen, wenn sie beide nicht mehr so aufgebracht sind. Ray will ihm gerade diesen Vorschlag unterbreiten, als er den Motor eines Wagens aufheulen hört. Er blickt die Straße hinab und entdeckt ein aufgemotztes Auto, das sich ihnen mit unglaublicher Geschwindigkeit nähert. Viel zu schnell für die schmale Straße, dabei fährt der Fahrer auch nicht ganz sicher, schlingert leicht. Etwas stimmt mit ihm nicht, vielleicht ist er betrunken? Geschockt stellt Raymond fest, dass der Wagen nicht mal Licht anhat, obwohl es schon dunkel geworden ist und er wird auch nicht langsamer, hält genau auf Winston zu. „Winston!“, ruft er dem anderen hinterher, der den Zebrastreifen noch nicht einmal zur Hälfte überquert hat. Dieser winkt jedoch ab. „Sei endlich still, ich will nichts mehr hören!“, ruft er ihm zu und setzt seinen Weg langsam fort. Viel zu langsam. In diesem Moment setzt Ray´s Denken aus. Allein sein Instinkt lässt ihn nun nach vorne preschen und den Schwarzhaarigen im letzten Augenblick zur Seite stoßen. Unsanft landet Winston auf dem rauen Pflaster der Straße. Er will schon fragen, was das nun sollte, ob Ray jetzt völlig den Verstand verliert, als er einen dumpfen Schlag hinter sich wahrnimmt. Plötzlich rast ein Auto so knapp an ihm vorbei, dass sich ihm vor Schreck die Nackenhaare aufstellen. Bis vor wenigen Sekundenbruchteilen hat er noch an dieser Stelle gestanden und der Typ kam einfach so auf ihn zu gerast. Hat nicht mal auf die Bremse getreten. Mit immer größer werdendem Schlingern setzt der Fahrer unbeirrt seinen Weg fort. Ungläubig blickt der Bauarbeiter dem davon rauschenden Auto hinterher, das mit halsbrecherischem Tempo auf die Kreuzung zuhält und dann um die Ecke zuckt, ohne langsamer zu werden. Aufgebrachtes Hupen ertönt und Reifen quietschen nahezu ohrenbetäubend. Es gleicht einem Wunder, dass es keinen Unfall gibt. Schwerfällig kommt der ehemalige Geisterjäger wieder auf die Beine, verzieht dabei schmerzlich das Gesicht, als er seine aufgeschürften Hände betrachtet. „So ein Spinner…“, murmelt er vor sich hin und blickt sich gedankenverloren um. Dabei merkt er nicht, wie immer mehr Leute aus den Fenstern schauen und auf ihre Balkons treten, um einen besseren Blick auf den Unfall zu bekommen, der sich direkt vor ihrer Nase abgespielt hat und dessen Verursacher einfach weitergefahren ist. Langsam löst sich der Schreck von Winston und ihm fällt ein, dass er ja mit Ray hier war. Ray?! Erschrocken sieht er sich um und entdeckt seinen Kollegen einige Meter weiter im Rinnstein liegen. Er rührt sich nicht, liegt einfach reglos auf dem Rücken und starrt in die immer dunkler werdende Nacht hinein. Die Stimmen der Anwohner schwellen immer mehr an und nun bemerkt auch Winston von wie vielen Seiten sie beobachtet werden. All die fremden Gesichter sind gezeichnet von Schrecken und Angst und machen ihm klar, dass sie das gesehen haben, was er nicht konnte. Das Ray ihn weggestoßen hat, damit dieser irre Fahrer ihn nicht erwischt. Doch es war zu spät für ihn selbst, um noch auszuweichen… Seine Beine werden auf einmal ganz weich, er beginnt zu zittern und blickt mit großen Augen auf den reglosen Körper am Straßenrand. Unbeholfen schwankend, als wäre er selbst betrunken, nähert sich Winston der Stelle, an der sein Freund nun liegt. Unwillkürlich geben seine Knie schließlich nach und er fällt neben Ray auf den Asphalt. Ungläubig betrachtet er seinen Freund. „Ray?“, fragt er leise, kraftlos. Vorsichtig streckt er eine Hand aus und streicht dem Jüngeren über die schmutzige Wange. „Ray…?“ Keine Antwort, keine Reaktion. Nur ganz dunkel erinnert sich Winston an irgendwelche Erste-Hilfe-Maßnahmen. Im Gegensatz zu Egon beherrscht er aber keine davon, kennt sie hauptsächlich aus dem Fernsehen. Dennoch ist es das Einzige, woran er sich jetzt klammern kann. Mit einem stummen Gebet auf den Lippen drückt er sein Ohr auf Ray´s Brust und lauscht nach einem Herzschlag. Schwach vernimmt er ein Geräusch zwischen all der aufflammenden Aufregung um sich herum. Dann geht ein Zucken durch den Körper und Winston blickt ihn hoffnungsvoll an. Kraftlos schlägt Ray die Augen auf und dennoch scheint er nichts zu sehen. Tonlos bewegen sich seine gesprungenen Lippen, von denen dünnes Blut über seine Wangen läuft und sich dort mit dem Rot vermischt, dass aus seiner Nase fließt. „Ray!“, kommt es mit einem Anflug von Erleichterung von dem Schwarzhaarigen. Vorsichtig schiebt er eine Hand unter den Rücken des Verletzten und eine zweite unter seinen Kopf. So sanft wie möglich hebt er damit den Oberkörper des Jungen auf seinen Schoß. Ray gibt ein schmerzliches Stöhnen von sich, versucht aber zu lächeln, was unglaublich furchtbar wirkt, mit all dem Blut. „Winston…“, presst er angestrengt hervor und fängt dann an zu husten. Dabei sprüht ein feiner Nebel aus Blut durch die Luft und regnet auf Winstons Hemd hinab, doch keiner von beiden bekommt es mit. „Nicht sprechen, Ray. Du bist verletzt…“, teilt er dem Kleineren mit und streicht ihm sanft eine Strähne aus der Stirn. „Nicht so schlimm – solang – solang es dir gutgeht…“, erwidert der Rothaarige. Erneut muss er husten und noch mehr Blut schwebt durch die kühler werdende Nachtluft. Weit, weit in der Ferne ertönen Sirenen und die ersten Anwohner nähern sich verhalten der Unfallstelle. „Mir geht´s gut, Ray und du kommst auch wieder in Ordnung, das verspreche ich dir…“ Langsam füllen sich seine Augen mit Tränen, während Ray kraftlos ein Lächeln versucht. „Ich liebe dich…“, haucht der Mechaniker tonlos. „Ich liebe dich auch…“, entgegnet ihm Winston und zuckt plötzlich zusammen. In seinem Schoß breitet sich rasant eine feuchte Wärme aus. Vorsichtig zieht er die Hand unter Raymond Kopf hervor und starrt sie dann an, als hätte er in seinem ganzen Leben nie etwas Vergleichbares gesehen. Und irgendwie stimmt das auch, denn seine ebenmäßig braune Haut ist mit hellrotem Blut getränkt, als hätte er sie in einen Eimer Farbe getaucht. ‚Nein…‘, geht es ihm durch den Kopf, als Ray´s Körper von einem heftigen Zittern durchgeschüttelt wird. Hilflos blickt er auf seinen verletzten Freund hinab. Sieht wie ihm immer mehr Blut aus dem Mund quillt. Seine Lider flattern unkontrolliert. Kraftlos klammert sich eine seiner Hände an Winstons Hemd fest. „Nein, Ray…!“ Er kommt sich so schrecklich verloren vor, kann er doch nichts tun, als seinen Freund in den Armen zu halten, sich selbst für seine Wut und den Streit zu rügen und zu hoffen, dass alles gut ausgeht. Um ihn herum haben sich dutzende Leute versammelt, starren die beiden hilflos an. Viel zu langsam nähern sich die Sirenen. Das Zittern verlässt Raymond wieder und er spuckt einen großen Klumpen Blut auf die Straße. „Ray, halt durch. Der Krankenwagen ist gleich hier…“ Wieder ergreift der Mechaniker sein Hemd und zieht Winston kraftlos zu sich hinab. Der Schwarzhaarige kommt seiner Bitte augenblicklich nach. „Ray, bitte. Du darfst nicht sprechen!“, versucht er ihm klarzumachen. Doch der Mechaniker scheint ihn gar nicht mehr wahrzunehmen. Blicklos starren seine leeren Augen an ihm vorbei ins Nichts. Ein erneutes Zittern überkommt ihn, Tränen rinnen seine blutigen Wangen hinab. „Winston…“, presst er schwer atmend hervor. „Sag – sag Peter – dass ich – ihm – nicht böse bin…“ Jedes Wort bereitet ihm unglaubliche Anstrengung und das Ende des Satzes ist für Winston im anschwellenden Heulen der Sirenen kaum noch zu hören. Der Bauarbeiter will gerade etwas erwidern, als ein letztes, heftiges Zittern Ray durchschüttelt. Blut quillt aus seinem Mund und tränkt Winstons Hose. Dann sinkt seine Hand auf den Asphalt hinab, ihm fallen die glanzlosen Augen zu und ein letzter, schwacher Atemzug hebt seine Brust. Dann nichts mehr, einfach nichts. „Nein! – NEIN! - Ray!“ Hilflos versucht Winston ihn wieder aufzuwecken, vergebens. Der Körper in seinen Händen erschlafft immer mehr. Seine eigene Sterblichkeit wispert plötzlich durch seinen Geist wie ein kalter Luftzug unter der Tür. Mit Ray´s reglosem Körper in den Armen wird ihm plötzlich schwarz vor Augen, doch er presst die tränenfeuchten Lider fest zusammen und vertreibt die Schwäche hartnäckig. Er merkt nicht, wie der Krankenwagen endlich in die kleine Straße einbiegt und neben ihm zum Stehen kommt. Zwei Sanitäter fordern ihn auf, sich von Raymond zu entfernen, damit sie Platz zum Arbeiten haben, doch dafür fehlt ihm die Kraft. Ein paar der umstehenden Leute, helfen Winston auf die Füße und da wird ihm bewusst, dass sie versuchen ihn von seinem Geliebten zu trennen. Schlagartig kehrt die Kraft in seinem Körper zurück und er setzt sich vehement zur Wehr. Nur mit größter Mühe gelingt es den Passanten, ihn zur Seite zu ziehen. Das Letzte, was Winston sehen kann, ist, wie die Sanitäter vergebens versuchen, ein Lebenszeichen von Ray zu bekommen… Kapitel 14: Worried about Ray… ------------------------------ Zwei Stunden später… Der weißlackierte Einsatzwagen rast mit einer irrsinnigen Geschwindigkeit auf die Einfahrt des Lower Manhattan Hospital zu. Wer sich nicht umdreht, um den Wagen mit seiner grellheulenden Sirene zu betrachten, der würde logischerweise denken, es handelt sich um einen Krankenwagen, auch wenn sich Ectos Sirene im Klang deutlich von der eines solchen Fahrzeugs unterscheidet. Doch die Geisterjäger sind ausnahmsweise einmal nicht hier, um eine ectoplasmische Erscheinung einzufangen, dennoch ist ihr Anliegen so dringend, dass sie sich möglichst schnell durch die verstopften Straßen bewegen müssen. Mit quietschenden Reifen kommt Egon auf dem Parkplatz des Krankenhauses zum Stehen. Ihn hinter dem Steuer des Wagens zu sehen, ist doch schon etwas ungewöhnlich und noch ungewöhnlicher ist es, ihn mit einer solchen Geschwindigkeit fahren zu sehen. Unter normalen Umständen und selbst während ihrer Einsätze, ist der Blonde stets darum bemüht, sich an die Verkehrsregeln zu halten, oftmals zum Leidwesen seiner Kollegen. Allerdings herrschen jetzt alles andere, als normale Umstände und Egon ist mindestens genauso aufgewühlt wie seine zwei Beifahrer, auch wenn man es ihm nicht so ansieht. Janine sitzt neben ihm, ein besorgter Ausdruck ziert ihr ungesund blasses Gesicht und ihre ruhelosen Hände bearbeiten unentwegt den Saum ihres Rockes, der schon völlig zerknittert ist. Nur mühevoll gelingt es der sonst so temperamentvollen Frau die Tränen zurückzuhalten. Peter sitzt unterdes zusammengesunken auf der Rückbank, wirkt wie ein Häufchen Elend und fühlt sich noch viel schlechter. In sich gekehrt kann er nur noch an Ray denken. Venkman allein ist schuld an all diesem Unglück und wer weiß, ob es nicht noch viel schlimmer wird… Als das Krankenhaus anrief, war nicht ersichtlich, wie es dem Mechaniker geht oder ob er überhaupt noch am Leben ist. Sie meinten nur, er habe einen schweren Unfall gehabt und ist hier eingeliefert worden. Winston ist ebenfalls hier, zum Glück unverletzt, aber dennoch nicht in der Lage, diesen Anruf selbst zu tätigen. Was auch immer das bedeuten soll… Die drei übrigen Mitglieder der Ghostbusters hatten gerade wenig erfolgreich ihr Gespräch bezüglich Peters Fehlverhalten beendet, als das Telefon zu läuten begann. Nun steht Ecto-1 auf dem völlig leeren Besucherparkplatz und die Insassen steigen zögernd aus. Janine und Egon betrachten das fünfstöckige Gebäude mit nervöser Furcht, wobei der Tüftler auch jetzt gefasster wirkt. Peter hingegen starrt gedankenverloren auf den rissigen Asphalt. Er kann noch immer nicht begreifen, wie aus einem verhältnismäßig harmlosem Spielchen – seiner Meinung nach zumindest, Ray sieht das jedoch ganze anders – so eine schreckliche Tragödie werden konnte. All der Mist, den er in den letzten Jahren so angestellt hat, wirkt lachhaft gegen dies hier. Aber vielleicht ist genauso ein Unglück von Nöten, damit Venkman aus diesem Drang herauskommt und endlich anfängt erwachsen zu werden? Auf jeden Fall ist es ein sehr prägendes Erlebnis, dessen Ausgang in so vielen Fällen ungewiss ist, dass dem Brünetten regelrecht schlecht wird. Für einen Moment verspürt er den unbändigen Zwang, sich umzudrehen und einfach davonzulaufen. Klar ist das feige und er würde die anderen in dieser schweren Stunde einfach so allein lassen, doch er kann den Gedanken einfach nicht ertragen, dass alles aus sein könnte und er nicht nur Ray, sondern auch alle anderen verlieren könnte. Dieser schrecklich feige Drang wird so stark, dass er sich sogar schon umdreht, als Janine plötzlich seinen Arm ergreift und sich bei ihm einhakt. Verwirrt schaut er die junge Frau an, die aussieht, als hätte sie tagelang nicht mehr geschlafen. Für einen Moment erwidert sie seinen Blick und betrachtet dann wieder den sterilen, weißen Betonklotz, in dem die Ungewissheit auf sie alle wartet. Zuerst denkt Peter, dass sie so etwas wie Trotz bei ihm suchen würde, doch da wäre sie in jeden Fall wohl fehl am Platz bei ihm, erst recht jetzt. Nun ergreift Egon seinen anderen Arm und mustert ihn mit einer so unsicheren Entschlossenheit, dass er wieder wirkt, als wäre er zehn Jahre alt und stünde einer schwierigen Herausforderung gegenüber. Dem Brünetten wird klar, dass die beiden wohl geahnt haben, dass er abhauen wollte und ihn so daran zu hindern versuchen. Und verdammt noch mal, sie haben recht damit! Nur allzu oft war es Peter völlig egal, was aus den Leuten und ihren Beziehungen wird, wenn er mit ihnen angebandelt hat und sie ihn dann verstießen. Doch das hier ist etwas vollkommen anderes. Ray ist keines von diesen leicht zu habenden Mädchen und auch kein untreuer Bengel, auf der Suche nach einem schnellen Abenteuer. Nein, er ist sein Freund, sein Kollege und so vieles mehr und darum muss Venkman der Tatsache auch ins Auge sehen und zu seinem Fehler stehen, ihn irgendwie aus der Welt schaffen, wenn das überhaupt noch möglich ist und alles daransetzen, wieder auf den richtigen Weg zurückzufinden! Unsicher verweilen sie drei einen Augenblick, dann setzen sie sich langsam, fast wie ferngesteuert in Bewegung und betreten das Krankenhaus. Die Besuchszeit ist längst vorbei, weshalb außer dem Personal und einer Reinigungskraft niemand zu sehen ist. Der Eingangsbereich ist in einem dezenten Beige gehalten und mit großen Pflanzen, Sesseln, einer Couch und einigen Tischchen ausgestattet. Im warmen, gelben Licht aufwendig gestalteter Lampen, soll man sich willkommen und beruhigt fühlen und vergessen, an was für einem traurigen Ort man sich hier eigentlich befindet. Für die drei Freunde wirkt der Anblick aber alles andere als einladend. Es ist schrecklich erdrückend und schürt den Gedanken an das Unausweichliche, was im Inneren des Gebäudes auf sie wartet, nur noch mehr. Unweigerlich verkrampft sich Janine und klammert sich fester an Peters Arm. Gedanklich stellt sie sich wahrscheinlich vor, dass es Egon ist, geht es Venkman durch den Kopf. Dennoch lässt er seine Hand langsam hinabgleiten und verschränkt seine Finger mit den ihrigen. Würde der Tüftler nicht immer noch seinen anderen Arm umschlingen, könnten die beiden schon fast als Paar durchgehen. Doch Peter hat diesen Gedanken schon lange aufgegeben und ist auch ganz froh darüber. Zu dritt wirken sie alle aber eher wie kleine Kinder, die sich ängstlich an den Händen halten, weil sie etwas Furchtbares entdeckt haben. Ehe sie den Tresen der diensthabenden Oberschwester erreichen, erhebt sich diese bereits von ihrem Stuhl und kommt geschwind auf sie zu. Die breitgebaute Frau in der altmodischen, weißen Tracht und dem kleinen Häubchen auf ihren hochgesteckten Haaren mustert die Neuankömmlinge streng, dann jedoch mildert sich der Ausdruck in ihrem Gesicht etwas. „Sie sind die Geisterjäger, nehme ich an. Ich bin Oberschwester Ruth. Wir hatten telefoniert, da ihr Kollege Mister Zeddmore dazu unglücklicherweise nicht in der Lage war.“, berichtet die Frau mit dem ergrauten Haar. „Da wir diesem Gespräch nicht sonderlich viele Informationen entnehmen konnten, wäre es überaus wünschenswert, wenn sie uns jetzt sagen könnten, warum Winston dazu nicht in der Lage war.“, entgegnet ihr Egon ruhig. Wieder mustert Ruth die drei streng, wiegt vielleicht ab, was sie ihnen erzählen kann, ohne gegen ihre Schweigepflicht zu verstoßen. „Nun, wie schon gesagt, fehlt ihrem Kollegen nichts. Zumindest nicht körperlich. Doch als man Mister Stanz in den OP gebracht hat, erlitt Mister Zeddmore eine Art verzögerten Schock, könnte man sagen. Er ist regelrecht ausgerastet und war kaum noch zu bändigen. Weswegen wir gezwungen waren, ihm gegen seinen Willen ein Beruhigungsmittel zu verabreichen. Dementsprechend ist er nun ziemlich neben sich und kaum ansprechbar und ich wäre ihnen sehr verbunden, wenn sie ihn mitnehmen würden, ehe die Wirkung nachlässt…“ Die Abfälligkeit in ihrer Stimme lässt es eher klingen, als würde sie über einen flegelhaften Hund reden, den sie für eine Freundin hütet, statt über den sonst so ausgeglichenen Winston. Daher kann sich keiner der drei so recht vorstellen, wie es wohl ausgesehen hat, als der Schwarzhaarige, wie sie es ausdrückte, ausgerastet sein soll. Doch sie nehmen das Ganze erst einmal so hin. „Keine Sorge, wir nehmen ihn wieder mit…“, verspricht Janine. Eigentlich will sie noch etwas sagen, doch Peter befreit sie etwas ruppig aus ihrem Griff und tritt nach vorn. „Hören sie, Miss. Halten sie uns nicht mit solchen Nebensächlichkeiten auf, sondern sagen uns, was mit Ray ist, verdammt noch mal!“, fordert er energisch zu wissen. Natürlich macht sich Venkman auch Gedanken um Winstons Zustand, aber es geht ihm ja gut, da ist er sich ganz sicher. Von Ray kann er das nicht behaupten und er hasst sich mit jeder Minute, die vergeht mehr für das, was er getan hat und dadurch diese grausige Kettenreaktion ausgelöst wurde. Der Anblick der strengen Oberschwester bringt ihn noch mehr in Rage und nun kann er sich auch langsam vorstellen, wie es Winston wohl ergangen ist und er versucht sich daher zu beherrschen, da er nicht sonderlich scharf darauf ist, auch eine Beruhigungsspritze in den Allerwehrtesten zu bekommen. Ruth mustert ihn eine Weile. Wahrscheinlich spielt sie sogar schon mit dem Gedanken an eine Spritze und versucht anhand von Peters Statur die geeignete Dosis zu errechnen. Dann schielt sie an dem Brünetten vorbei zu seinen zwei Begleitern. Egon und Janine wirken angespannt und nun hält sich die Rothaarige auch kraftlos an dem Tüftler fest. Trotz der schrecklichen Situation wirken die beiden glücklich und wenn es zwischen ihnen nicht so schwierig wäre, würden sie sicher ein perfektes Paar abgeben. Doch im Augenblick erscheinen sie eher wie sehr junge Eltern, die sich große Sorgen um ihr einziges Kind machen und irgendwie ist es ja fast auch so. Ray´s kindliches Gemüt sagt da schon alles und Janines beinahe mütterliche Fürsorge ihm gegenüber verstärkt dieses Bild nur noch. „Nun…“, setzt die Oberschwester an. „Viel kann ich ihnen nicht sagen, da die Operation noch nicht beendet ist. Dr. Bowers, der behandelnde Arzt, kann ihnen zu einem späteren Zeitpunkt dann alles erläutern. – Mister Zeddmore sagte, es habe einen Autounfall gegeben. Der Fahrer wirkte wohl betrunken und ist anschließend einfach weitergefahren, ohne auch nur zu bremsen. Er sagte, dass er sich mit Mister Stanz gestritten hat und dabei unbemerkt auf die Straße gelaufen sei. Dann kam das Auto viel zu schnell angerast und Mister Stanz habe ihn im letzten Moment von der Straße geschupst und sei dabei dann von dem Wagen erfasst worden. – Als er hier eingeliefert wurde, hatte er schwere Kopfverletzungen und war nicht bei Bewusstsein. – Mehr kann und darf ich ihnen im Moment leider nicht sagen.“, beendet sie ihren Bericht. Mit wachsendem Entsetzten lauschen die drei Geisterjäger ihren Ausführungen und versuchen sich vorzustellen, was sie erwarten könnte, wenn oder falls Ray aus dem OP kommt. Während sie erzählt, liegt in Ruth´ Augen ein seltsam betrübter Glanz. An ihrer Sprechweise, die die ganze Zeit über geschäftlich wirkt, ist nicht ersichtlich ob sie sich diesem Glanz bewusst ist oder nicht. Doch er wirkt auf die drei schrecklich endgültig, so als hätte sie Ray schon abgeschrieben, als er hier eingeliefert wurde. Eigentlich will Peter ihr eine gesalzene Antwort geben und mehr Informationen aus ihr herauspressen, doch der Ausdruck ihrer Augen veranlasst ihn, den Mund wieder zu zumachen und entmutigt die Schultern hängen zu lassen. Erneut möchte er sich für sein schlechtes Verhalten selbst ohrfeigen, stattdessen betet er, damit es Ray doch noch irgendwie schafft. Egon ist der Erste, der die eingetretene Stille durchbricht. „Wie lange glauben sie, wird die Operation noch dauern und wann können wir zu ihm?“ In seiner Stimme schwingt Hoffnung mit, für was sie genau steht, ist jedoch nicht ersichtlich. Janine klammert sich mit großen Augen erwartungsvoll an seinen Arm. Ihr ganzes Erscheinungsbild scheint nach einer positiven Antwort geradezu zu flehen. „Wie lange das Ganze noch dauern wird, ist unmöglich zu sagen und ich will ihnen da auch keine Versprechungen machen. Doch wenn die OP vorbei ist, wird Dr. Bowers mit ihnen sprechen und dann können sie sicher auch zu ihrem Kollegen. – Eigentlich ist die Besuchszeit ja schon längst vorbei, aber in solchen Fällen machen wir immer eine Ausnahme. Daher dürfen sie gern hier warten, bis der Arzt mit ihnen sprechen kann. Alles Weitere wird er ihnen dann sagen.“ Hier warten zu müssen, erscheint den dreien wie ein Schlag ins Gesicht, obwohl es noch undenkbarer wäre, wenn sie jetzt gehen müssten. „Was ist mit Winston? Dürfen wir denn zu ihm?“, fragt Janine, in der Hoffnung von ihm mehr Informationen zu erhalten. Abschätzend sieht Ruth auf die Uhr, die an der Wand hinter ihrem Tresen hängt. „Das geht in Ordnung. Das Beruhigungsmittel dürfte jetzt bald abgebaut und er somit langsam wieder aufnahmebereit sein. Doch ich würde sie bitten, es zu vermeiden ihn aufzuregen, damit sich dieser Vorfall nicht wiederholt. – Wenn sie mir folgen, bringe ich sie zur Intensivstation hinauf.“ Ein Funken von Erleichterung macht sich in den Gesichtern der Geisterjäger breit und sie folgen Ruth zu den Fahrstühlen. Im vierten Stock angekommen, erscheint die Welt schon ganz anders und man merkt, dass sich hier normalerweise keine regulären Besucher aufhalten. Hier sind die Wände nicht in einem beruhigenden Beige gehalten, sondern in einem sterilen, zarten Grauton. Auf halber Höhe der Wände verläuft ein etwa vierzig Zentimeter breiter, himmelblauer Streifen den Flur hinunter und sorgt damit für etwas Entspannung. Zu beiden Seiten des hellgrauen Linoleumbodens verlaufen ebenfalls solche blauen Streifen. Trotz dieser Farbtupfer kommt ihnen dieser Flur noch viel erdrückender vor, als der Eingangsbereich. Keine Menschenseele ist zu sehen und es ist erschreckend still. Dann biegt eine junge Krankenschwester um die Ecke und wird von Ruth angehalten. Die Blondine wirkt in ihrer Schwesterntracht, als wäre sie aus einem Männermagazin gesprungen. Lange, blonde Haare zu einem Zopf geflochten, der ihr keck über die linke Schulter hängt; eine schlanke Figur; volle, rote Lippen; ein so üppiger Busen, dass es an ein Wunder grenzt, dass der Reißverschluss ihres Kostüms nicht wehklagend aufgibt; der zarte Spitzensaum ihres BHs blitzt darunter hervor und der Rock ist gerade mal so lang, dass er über ihren wohlgeformten Po reicht. Unter anderen Umständen würde Peter bei ihrem Anblick wohl völlig den Verstand verlieren, doch jetzt beachtet er sie gar nicht. Als das Gespräch der beiden Frauen beendet ist, verschwindet die Blondine im Schwesternzimmer und Ruth führt die drei um die Ecke des Flurs. Hier stehen eine Handvoll Stühle vor einer großen Glasfront, durch die man auf den begrünten, parkähnlichen Hinterhof des Krankenhauses blicken kann. Aus Sicherheitsgründen sind die Stühle fest am Boden verschraubt, damit insbesondere die geschwächten Patienten nicht umfallen können. In Anbetracht der vorgerückten Stunde und der somit draußen vorherrschenden Dunkelheit, sind die Stühle jedoch bis auf einen alle leer. Ganz an der linken Seite sitzt Winston leicht in sich zusammengesunken, was wohl noch von dem Beruhigungsmittel herrührt. „So, dort ist ihr Kollege. Sie können sich gern zu ihm setzen. Am Ende dieses Flurs gibt es eine kleine Kaffeeküche mit verschiedenen Snackautomaten, falls sie mögen. Ansonsten würde ich sie bitten hier zu bleiben. Schwester Melanie sagt ihnen Bescheid, sobald es Neuigkeiten gibt.“ Die drei bedanken sich bei ihr und Ruth verschwindet wieder. Langsam nähern sich die Geisterjäger Winston. Als sie vor ihm stehen, sehen sie, dass seine Hände mit Lederriemen an den Armlehnen des Stuhls festgeschnallt sind. Wunde Stellen auf seiner Haut zeugen davon, wie sehr er sich scheinbar zur Wehr gesetzt hat. Der Anblick erschüttert die drei regelrecht, wurde ihnen gegenüber doch nichts von einer solchen Notwendigkeit gesagt. Mit wehmütigem Blick sinkt Egon vor dem Schwarzhaarigen auf die Knie und löst die Riemen von seinen Armen. Erst jetzt scheint Winston die Anwesenheit der anderen überhaupt wahrzunehmen. Schwerfällig hebt er den Kopf und starrt sie mit trüben, leeren Augen an. Er braucht eine ganze Weile, ehe er begreift, wer vor ihm steht. „Egon? - Leute…?“, fragt er mit belegter Stimme und reibt sich mechanisch die wunden Handgelenke. Nun lässt sich auch Janine vor ihm auf die Knie nieder und legt ihm eine Hand auf die Stirn, als wolle sie feststellen, ob er Fieber hat. „Ja, wir sind es. Wie fühlst du dich, Winston?“, fragt sie sanft, während sich Egon und Peter auf die freien Stühle setzen. „Wie ausgespuckt…“, erwidert der Bauarbeiter matt und gibt ein erschöpftes Seufzen von sich. „Was haben sie dir denn injiziert?“, will der Tüftler nun wissen und putzt gemächlich seine Brille. „Ich hab keine Ahnung. Aber das war ein Trip, den ich nicht noch einmal haben will, ganz ehrlich…“ Müde reibt er sich erst die Augen und massiert sich dann die Schläfen, als hätte er plötzlich starke Kopfschmerzen. Janie setzt sich neben ihn und reicht ihm ein Glas Wasser, das auf einem kleinen Wägelchen neben ihm steht. Dankend leert er es in einem Zug und starrt es dann mit verklärtem Blick an. „Da ihr hier seid, nehme ich mal an, ihr wisst, was passiert ist…“, wirft der Schwarzhaarige in die Runde. „Ja, Peter hat uns alles erzählt und dann rief das Krankenhaus an…“, berichtet die Rothaarige. „Wenigstens etwas. In meinem Kopf herrscht zur Zeit Funkstille. – Nachdem sie mich an den Stuhl gefesselt und mir dieses Zeug gegeben haben, ist alles schwarz. – Ich weiß weder, wie viel Zeit vergangen ist, noch wie spät es überhaupt ist…“ „Es ist einundzwanzig Uhr neunundvierzig und seit dem Unfall sind etwa zweieinhalb Stunden vergangen.“, klärt Egon ihn auf. Peter sitzt die ganze Zeit schweigend an rechten Ende der Stuhlreihe und hofft irgendwie, dass Winston seine Anwesenheit entweder nicht bemerkt oder im Moment zumindest toleriert und er hofft, dass das auch noch eine Weile so bleibt. Dennoch ist ihm klar, dass er so schnell nicht wieder aus dieser Nummer rauskommen wird. Die nächsten zwei Stunden verbringen die vier größtenteils schweigend miteinander. In dieser Zeit verfliegt die Wirkung des Beruhigungsmittels allmählich, doch Winston fühlt sich hundeelend. Er bekommt tatsächlich Kopfschmerzen, ihm ist schwindlig und schlecht. Egon versichert ihm jedoch, dass so was schon mal vorkommen kann und es wahrscheinlich daran liegt, dass er so aufgebracht und die Dosis vielleicht etwas zu hoch war. Ein paar Stunden Schlaf und alles ist wieder gut. Winston nimmt das Ganze hin, zumindest bis ihm so schlecht wird, dass er sich übergeben muss. Egon versichert ihm erneut, dass auch das normal ist, weil er sich solche Sorgen um Ray macht. Ehe Winston dagegen protestieren kann, kommt Schwester Melanie um die Ecke und teilt ihnen mit, dass die Operation vorbei ist und Dr. Bowers gleich zu ihnen kommt. Die junge Frau versucht dabei aufmunternd zu klingen, doch es wirkt eher traurig, was die vier nur noch mehr beunruhigt. Endlose Minuten vergehen, bevor der Arzt um die Ecke tritt und sie begrüßt. Entgegen jeder Meinung, die man von Ärzten in einer Seifenoper hat, trägt Dr. Bowers keine blutverschmierten OP-Sachen und streift sich auch nicht theatralisch den Mundschutz vor ihren Augen ab. Er trägt verwaschene Jeans, ein ausgeblichenes T-Shirt und einen blütenweißen Kittel mit goldenem Namenszug über der rechten Brusttasche. Das Einzige, was ihn klischeehaft wirken lässt, ist das Stethoskop um seinen Hals und sein Alter. Er ist noch verhältnismäßig jung, vielleicht Anfang, Mitte dreißig, dennoch wirkt er sehr professionell und zielstrebig. Ehe er den vieren sagt, wie es Ray geht, rügt er Winston noch einmal, wegen seines Ausbruchs, versichert ihm aber, dass seine Symptome in diesem Fall völlig normal sind. „Gut…“, setzt Dr. Bowers an. „Ich will sie ja nicht länger, als nötig auf die Folter spannen. Aber ich will ganz ehrlich zu ihnen sein. Es steht nicht sonderlich gut um ihren Kollegen…“ Ernst sieht er die vier Geisterjäger an, die seinen Blick erschrocken erwidern. „Als Mister Stanz eingeliefert wurde, war sein Zustand äußerst kritisch und während der Operation mussten wir ihn zweimal reanimieren. – Beim zweiten Mal sah es ganz so aus, als würden wir ihn endgültig verlieren. Erst im letzten Moment hat er sich dazu entschieden, doch noch bei uns zu bleiben. – Es tut mir wirklich leid, wenn ich sie mit dieser Aussage erschrecke, aber in Anbetracht seiner schweren Verletzungen denke ich, dass sie das wissen sollten, um sich dem Erst der Lage bewusst zu werden…“ In den Augen des jungen Arztes liegt tiefes Mitgefühl, hätte er sich doch nie träumen lassen, die berühmten Ghostbusters mal auf so eine Art kennenzulernen. Nahezu verzweifelt klammert sich Janine wieder an Egon. Winston hat die Ellenbogen auf die Knie gestützt und die Hände dabei vor dem Gesicht gefaltet, als wolle er beten. Er ist sehr blass und kämpft innerlich immer noch mit den Nachwirkungen der Spritze, doch er versucht sein Unwohlsein solange zurückzuhalten, bis der Arzt seine Ausführungen beendet hat. Peter hingeben sitzt zusammengekauert auf seinem Stuhl und wirkt dabei, als wolle er sich einfach nur verkriechen. Er sieht mindestens genauso elend aus wie Winston und zum ersten Mal im Leben begreift er, was es bedeutet, wenn man von Schuldgefühlen regelrecht zerfressen wird. Nach einem Moment der Stille setzt Dr. Bowers seinen Bericht fort und geht nun auf die einzelnen Verletzungen ein. Dabei spürt man deutlich seine Professionalität. Er geht sehr ins Detail und lässt nichts aus. So viel Ehrlichkeit erfährt man nur selten von einem Arzt und vielleicht hat dies auch seine Vorteile. Abgesehen von Egon, versteht keiner von ihnen, was Ray wirklich alles fehlt. Doch das müssen sie auch nicht wirklich. Bis dato war der Blonde noch erstaunlich gefasst, aber je länger der Bericht wird, desto mehr bröckelt die Fassade, die sich der Tüftler aufgebaut hat. Zum Schluss sitzt er stocksteif, mit großen Augen und offenem Mund auf seinem Stuhl und scheint sich kaum noch zu trauen, überhaupt Luft zu holen. Sein Anblick vermittelt den drei Übrigen das Ausmaß des Ganzen weit mehr, als es die Worte des Arztes jemals können. Daher ist es auch überhaupt nicht nötig, das Gesagte zu übersetzen. Es läuft schlichtweg darauf hinaus, dass Ray´s Überlebenschancen gleich Null sind. Zudem ist er während der Operation in ein tiefes Koma abgeglitten und selbst wenn er sich von seinen Verletzungen erholt, ist es ungewiss, ob er jemals wieder aufwachen wird… Eine Weile herrscht Schweigen zwischen den beiden Parteien und ein jeder lässt die Situation auf sich wirken. Dann erhebt Dr. Bowers vorsichtig die Stimme. „Ich weiß nur zu gut, wie schwer das alles für sie ist und wir sind bemüht, unser Bestes zu versuchen, damit es Mister Stanz schnell wieder bessergeht. Dafür brauchen wir aber nicht nur seine Hilfe, sondern auch ihre. Wann immer es ihnen möglich ist, sollten sie ihn besuchen, mit ihm sprechen und ihm helfen, wieder an die Oberfläche zu treten. Ich weiß, dass das sehr schwer ist und viel Kraft erfordert, doch sie haben schon ganz andere Dinge überstanden bei ihrer ungewöhnlichen Arbeit und ich bin sicher, das Vertrauen, das sie sich dabei aufgebaut haben, wird ihnen jetzt helfen…“ Es grenzt an schreckliche Ironie, dass das Ganze überhaupt erst durch einen Vertrauensbruch verursacht wurde, aber dies dem Arzt zu sagen, wäre wohl sinnfrei. „Da es schon ziemlich spät ist und wir uns alle ausruhen sollten, kann ich sie nur kurz zu ihm lassen. Doch wenn sie morgen während der Besuchszeit wiederkommen, kann die Welt schon ganz anders aussehen und dann haben sie jede Menge Zeit.“ Bleib stillliegen, mein Herz Erschreck dich nicht Ich bin ein Freund, Der zu dir spricht Langsam wendet sich der Arzt um und steuert auf das Zimmer zu, indem Ray untergebracht ist. Kraftlos erheben sich die vier Freunde derweilen und folgen ihm in einem paralysierten Zustand. Bowers schiebt die schlichte, weiße Tür zur Seite und bittet sie hinein. Das Einzelzimmer liegt in einem schummrigen Licht und wird lediglich von den Maschinen darin erhellt. Doch ihr Leuchten reicht vollkommen aus, um das Ausmaß des Ganzen zu begreifen. In dem schmalen Krankenhausbett wirkt Raymonds eigentlich beinahe pummeliger Körper so schrecklich klein und zerbrechlich, als wäre schon alles Leben aus ihm entwichen. Ein dicker Verband schlingt sich um seinen Kopf, wie ein grotesker Helm. Eine durchsichtige Maske liegt auf seinem Gesicht und hilft ihm beim Atmen. Neben seinem Bett sieht man die Maschine dafür, die fleißig verschiedene Bälge rhythmisch zusammendrückt und auseinanderzieht. Unzählige Schläuche stecken in seinen Armen und verschwinden unter der Bettdecke, um seinen geschwächten Körper mit lebenswichtigen Medikamenten zu versorgen und jede seiner Reaktionen aufzuzeichnen. Ich habe gewartet und gehofft, Dass der Moment vielleicht niemals kommt, Dass er einfach vorübergeht Oder vielleicht niemals geschieht Auf einer zweiten Maschine kann man unzählige Kurven beobachten, die alles Mögliche aufzeichnen. Der schwache Herzschlag des Mechanikers wird dabei durch ein leises Piepsen angezeigt, dass der Kurve folgt. Der gedehnte Abstand der einzelnen Töne bereitet Egon Sorgen und ein Blick auf den Monitor sagt ihm, dass sein Freund wahrlich darum kämpft, jeden weiteren Herzschlag zu schaffen. Stumm studiert der Tüftler eine ganze Weile die verschiedenen Anzeigen. Er ist zwar kein ausgebildeter Arzt, versteht aber bei weitem genug, um beunruhigt zu sein. Während Dr. Bowers ebenfalls die Monitore prüft und ein paar Notizen in Ray´s Krankenakte vornimmt, stehen die drei übrigen Mitglieder der Geisterjäger schweigend am Fußende des Bettes und betrachten ihren verunglückten Kollegen. Es fällt ihnen schwer hinzusehen, aber wegschauen können sie genauso wenig. Winston wird immer blasser und als der Arzt sie bitten will zu gehen, sackt er fast zusammen. Erschöpft und mit schwacher Stimme wendet er sich an Bowers. Ich schau zurück Auf eine wunderschöne Zeit „Besteht zufällig die Möglichkeit, dass – das ich heute Nacht hierbleiben kann? – Ich fühle mich wirklich schrecklich…“ Etwas unbeholfen stützt Janine den Bauarbeiter und hilft ihm zu einem Stuhl in der Ecke. Der junge Arzt mustert ihn genau, leuchtet ihm in die Augen und fühlt seinen Puls. „Die Nebenwirkungen scheinen bei ihnen wirklich heftig zu sein, was aber kein Wunder ist, bei dem, was alles passiert ist. – Unter diesen Umständen wäre es wirklich besser, wenn sie sich hier unter Aufsicht ausruhen würden. Allerdings ist es ausgeschlossen, dass sie dies hier auf der Intensivstation machen. Aber ich bin sicher, unten auf der allgemeinen Station wird sich noch ein Zimmer für sie finden. Den Rest von ihnen muss ich aber bitten, zu gehen und morgen wiederzukommen.“ Erleichterung huscht einen Moment über Winstons Gesicht und das nicht nur, weil er indirekt in Ray´s Nähe sein kann. Die anderen geben ihr Einverständnis zu gehen und so begleitet sie der Arzt nach unten und fragt die Oberschwester nach einem Schlafplatz für den Schwarzhaarigen. Warst die Zuflucht Und die Wiege meines Seins Am nächsten Tag… Die Sonne taucht das schlichte Gebäude des Krankenhauses in gleißendes Licht und lockt viele der Patienten und ihrer Besucher auf die Wiese hinaus. Das schöne Wetter interessiert Winston jedoch kein bisschen und so sitzt er schon den ganzen Vormittag bei seinem Freund im abgedunkelten Zimmer und versucht ihm eine Reaktion zu entlocken. Mal abgesehen von der tiefsitzenden Sorge, die er für seinen Geliebten empfindet, fühlt sich der Dunkelhäutige heute wesentlich besser. Der Schlaf hat ihm sehr gut getan und ihm neue Kraft gegeben. Sanft ergreift er wieder Raymonds Hand, verschränkt ihre Finger miteinander und streicht ihm liebevoll über die Wange. Seine Haut fühlt sich kühl und reglos an, fast so, als wäre er bloß eine übergroße Puppe. Dieser Gedanke treibt Winston heute schon zum zweiten Mal die Tränen in die Augen. Das erste Mal ereilte ihn, als er heute Morgen das Zimmer betreten und richtig realisiert hat, was alles passiert ist. Unter dem Einfluss des Beruhigungsmittels und der Nebenwirkungen war er dazu kaum in der Lage. Hast gekämpft Und jeden Moment mit mir geteilt Es hat eine ganze Weile gedauert, bis er die Tatsache verkraftet hat, seinen Freund dort so liegen zu sehen. Die Schwestern haben schon befürchtet, dass sie ihm wieder eine Spritze geben müssen, doch zum Glück war das dann doch nicht nötig. Mittlerweile hat er das alles halbwegs akzeptiert und versucht stark zu sein, damit er Ray helfen kann, wieder aufzuwachen. Langsam und beruhigend redet er auf den scheinbar schlafenden Jungen ein, hält seine Hand umklammert und erzählt ihm von all den aufregenden Dingen, die passiert sind, seit sie sich kennengelernt haben. Und da gibt es viel zu erzählen. Wilde Verfolgungsjagten mit miesen Geistern, waghalsige Spritztouren mit Ecto-1, lustige Fernsehabende, knifflige Aufgaben und jede Menge Spaß. Dem Schwarzhaarigen fallen immer mehr Dinge ein, die er ihm erzählen kann und die noch viele weitere Erinnerungen hervorrufen. Ausgelassenheit hebt seine Stimme. Sie wird jedoch schnell wieder niedergerungen, wenn er Ray ganz unbewusst fragt, ob er sich daran noch erinnern kann. Er ist ganz sicher, dass er es kann, doch der Mechaniker ist einfach nicht in der Lage ihm zu antworten und das deprimiert ihn zu tiefst. Ich bin stolz, Auch jetzt bei dir zu sein Kraftlos lässt er den Kopf auf die Bettdecke sinken und benetzt den Stoff mit seinen Tränen. In den letzten Stunden hatte er viel Zeit zum Nachdenken und ihm ist klargeworden, dass er Ray Unrecht getan hat. Im Nachhinein betrachtet versteht er noch nicht einmal, warum er ihn eigentlich so böswillig beschuldigt hat, ihn zu betrügen. Klar, er hat gesehen, was Peter und Raymond in Begriff waren zu tun, aber stimmt das wirklich? Die Situation war schon eindeutig, aber wenn er genau nachdenkt, sah der Mechaniker nicht so aus, als würde er dem Ganzen freiwillig zustimmen. Wieso auch? Immerhin ist er ja auch mit ihm zusammen und nicht mit Venkman. Winston hat sich schlichtweg von seiner Enttäuschung übermannen lassen und Ray nicht mal die Möglichkeit gelassen, sich zu erklären. Trotz alledem hat der Rothaarige jedoch nie aufgegeben und ihm sogar noch das Leben gerettet, obwohl er ihn so beschimpft hatte. Ich fange ein Bild von dir Ray ist einfach ein grundguter Mensch und wäre nie dazu in der Lage, so perfide zu handeln. Oh nein! Es gibt nur einen Schuldigen und das ist Peter! Wenn er es sich recht überlegt, hätte er auch gleich darauf kommen können. Immerhin lässt Venkman kaum eine Situation aus, um sich an irgendwen ranzumachen. Und in letzter Zeit hatte er so viel Pech mit seinen Dates, dass er wohl ziemlich frustriert war und scheinbar dachte, bei Ray leichtes Spiel zu haben. Schniefend hebt Winston den Kopf und streicht seinem Freund erneut über die Wange. „Vergib mir, Ray…“, haucht er ihm entgegen. „Bitte vergib mir und werde schnell wieder gesund…“ Und schließ die Augen zu, Dann sind die Räume nicht mehr leer Lass alles andere einfach ruhen So vergeht die Zeit und der Nachmittag bricht an. Winstons stille Wache wurde nur ab und an von einer Krankenschwester unterbrochen, die nach dem Rechten sah. Ansonsten war er ganz allein mit seinen Gedanken. Er merkt nicht mal, wie spät es schon ist, obwohl ihn eine Schwester mehrfach gefragt hat, ob er etwas essen möchte. Irgendwann dann klopft es an der Tür. Langsam wendet Winston den Kopf in die Richtung und sieht, wie Dr. Bowers den Raum betritt, dicht gefolgt von den Geisterjägern. „Ich habe gehört, dass es ihnen heute schon viel bessergeht, Mister Zeddmore.“, entgegnet ihm der Arzt. Bemüht versucht Winston zu lächeln, doch wirklich gelingen mag ihm das nicht. „Körperlich auf jeden Fall…“, erwidert der Schwarzhaarige matt. „Das ist gut.“ Routinemäßig beginnt der Arzt mit seiner Visite und notiert jede noch so kleine Veränderung auf dem Krankenblatt. Derweilen schweigen die vier und beobachten ihn hoffnungsvoll. Ich fang ein Bild von dir „Nun…“, setzt Bowers an und klappt die Akte wieder zu. „Natürlich ist nach einer Nacht kein Quantensprung in der Genesung ihres Kollegen zu erwarten, aber seine Werte haben sich etwas verbessert, was zumindest besagt, dass der die schwere Operation gut überstanden hat. Ob das Ganze erfolgreich war, kann ich jedoch noch nicht sagen, da die Heilung während des Komas viel langsamer von statten geht. Daher ist es ja auch so wichtig, dass sie sich bemühen, ihn aufzuwecken.“ Abschätzend mustert er die Runde und blickt dann kurz auf seine Uhr. „Bis zu meiner nächsten Visite ist noch etwas Zeit. Mister Spengler, sie wollten gern mit mir sprechen, wenn ich mich richtig entsinne. Wenn es ihnen also genehm ist, können wir dies gern in meinem Büro tun.“ „Das wäre mir überaus genehm, Doktor.“, entgegnet der Tüftler. Er ist sehr an all den Methoden und Details interessiert und kann durchaus verstehen, dass es den anderen schwerfällt, sich so etwas anzuhören, weswegen er ein Gespräch unter vier Augen sehr begrüßt. „Sehr schön. Dann wünsche ich dem Rest eine hoffentlich angenehme Besuchszeit. Falls etwas sein sollte, fragen sie bitte Schwester Melanie oder eine der anderen Damen auf dieser Etage.“ Und dieser eine Augenblick Bleibt mein gedanklicher Besitz Den kriegt der Himmel nicht zurück Gemeinsam verlassen Egon und Dr. Bowers den Raum und lassen die drei bei Ray allein. Janine hockt sich neben Winston und streicht ihm sanft über den Rücken. „Wie fühlst du dich?“, fragt sie liebevoll, betrachtet dabei aber Ray´s schlafendes Gesicht. „Ganz gut, seit ich endlich von diesem Trip runter bin. Aber ich würde mich weit besser fühlen, wenn ich wüsste, dass Ray nicht im Sterben liegt…“ Tröstend nimmt ihn die Rothaarige in den Arm. „Ach Schätzchen, sag doch so was nicht. – Ich bin sicher, es geht ihm bald besser und dann wird alles wieder wie früher…“ Winston wünscht sich nichts mehr, als das. Doch kann es unter solchen Umständen überhaupt jemals wieder so werden wie damals? Er ist sich sicher, dass Ray das mit Sicherheit versuchen würde, aber was passiert ist, lässt sich nicht so einfach aus der Welt schaffen. Sicher werden sie immer noch ein Paar sein, doch was ist mit den Geisterjägern? Winston glaubt nicht, dass er sie wirklich verlassen kann, nicht, wenn Ray nicht mit ihm kommt und er weiß, wie sehr das Herz des Mechanikers an seiner Arbeit hängt. Du kamst zu mir Vor jedem allerersten Ton, Als das Zeitglas unerschöpflich schien Irgendwie werden sie bestimmt eine Lösung finden und zu allem Alten zurückfinden, wäre da nicht eine entscheidende Sache, die ihm jetzt wieder blitzartig einfällt: Peter! In seinem bescheidenen Zustand gestern, hat er Venkmans Anwesenheit überhaupt nicht wahrgenommen und selbst wenn, war er nicht in der Lage irgendetwas dagegen zu unternehmen. Jetzt sieht das ganz anders aus. Langsam wendet er dem Brünetten den Blick zu. Der sonst so stolze Anführer der Ghostbusters steht am Fußende des Bettes und starrt mit leerem Blick auf seinen Kammeraden hinab. Selbst im fahlen Licht der Maschinen ist deutlich zu sehen, dass es ihn nicht sonderlich gut zu gehen scheint. Er ist blass, seine Augen leicht gerötet, so als hätte auch er geweint und trotz der Tatsache, dass er die Hände bemüht lässig in seinen Hosentaschen vergraben hat, wirkt seine ganze Erscheinung müde und ausgezehrt. Wahrscheinlich hat er die ganze Nacht kein Auge zu gemacht und über seinen Fehler nachgedacht. Winston hofft es zumindest für ihm, immerhin wäre das, dass Mindeste, was er tun sollte. Du hast gelebt, In jedem Sturm mit mir gekämpft Doch das genügt Winston verständlicherweise kein bisschen. Nein, eigentlich müsste Peter all die Schmerzen erleiden, die Ray nun durchstehen muss und selbst das wäre nicht mal ansatzweise genug, um seinen Fehler wiedergutzumachen. Tiefe Wut staut sich in dem Bauarbeiter an und sie wird mit jeder Sekunde stärker, mit der er den Brünetten betrachtet. Unbewusst hebt Peter schließlich den Kopf und ihre Blicke treffen sich. Dem Kleineren entgeht die Wut in den dunklen Augen seines Gegenübers keineswegs, weswegen er schuldbewusst den Blick abwendet. Das genügt Winston nun aber wirklich. Was bildet sich der Kerl eigentlich ein? Steht nur da rum, wie ein kleines Kind, dass gerade Ärger bekommen hat und kriegt den Mund nicht auf! Wütend erhebt sich der Schwarzhaarige von seinem Platz und stellt sich dem anderen gegenüber. Überrascht verfolgt Janine das Ganze. Nie etwas verlangt, Nur gegeben und geschenkt „Was glaubst du eigentlich, wer du bist? Spazierst hier fröhlich rein und denkst, dass alles wieder gut ist nur, weil du ein trauriges Gesicht machst?“, fährt Winston ihn an. Erschrocken zuckt Peter zusammen und weicht einen Schritt zurück. Die kräftige Stimme des Mannes vor ihm, wirkt in der Stille des Raumes fast wie ein Pistolenschuss. „Nein! – Es tut mir leid…“, erwidert Peter mit brüchiger Stimme. Janine steht ebenfalls von ihrem Stuhl auf und überlegt, was sie tun könnte, falls das hier irgendwie ausarten sollte. „Es tut dir leid? Wirklich? Das glaub ich dir nicht! Und weißt du was, Venkman? Eigentlich müsstest du dort in diesem Bett liegen und dahinvegetieren und nicht der arme Ray!“ Drohend kommt Winston noch einen Schritt näher, doch diesmal weicht Peter nicht zurück. Er schluckt schwer, sieht dem Schwarzhaarigen aber fest ins Gesicht. Hast mir gezeigt, Was wirklich wichtig ist „Ja, du hast recht. Ray hat das ganz sicher nicht verdient und es wäre in jedem Fall besser, wenn es mich erwischt hätte…“ „Peter, nun sag doch so was nicht…“, wirft die Rothaarige ein, doch keiner der beiden Männer scheint sie überhaupt wahrzunehmen. „Und ob du es mir nun glaubst oder nicht, spielt überhaupt keine Rolle. – Es tut mir schrecklich leid, was passiert ist. – So was wollte ich ganz sicher nicht…“ Betrübt sinkt Peter den Kopf, spricht aber dennoch weiter. „Ich war frustriert und eifersüchtig auf dich. – Ich wollte Ray für mich haben, doch er hat nicht mitgemacht. – Ich dachte, ich könnte ihn doch noch irgendwie überzeugen. Wollte sogar, dass du das mitbekommst, damit ihr euch trennt…“ Fassungslos lauscht Winston den Worten des anderen. Langsam sieht Peter ihn wieder an. Eine Träne kullert seine Wange hinab. „Doch ich wollte ganz sicher nicht, dass Ray jetzt hier liegen muss!“ Finster blickt der Bauarbeiter ihn an und ballt die Fäuste. Hast ein Lächeln gezaubert, Mit deinem stillen Blick Ohne jedes Wort, Doch voll Liebe und Leben „Willst du wissen, was Ray´s letzte Worte waren? Er sagte mir, ich solle dir sagen, dass er dir deswegen nicht böse ist. Na, wie findest du das, du bist das mieseste, egoistischste Arschloch, dass mir je im Leben begegnet ist!“, brüllt Winston. Erschrocken zuckt Janine zusammen, doch Peter zeigt keine Reaktion. „Da bist du nicht der Erste, der mich so nennt…“, erwidert er in einem so nebensächlichen Ton, als würden sie gerade über das Wetter reden, doch innerlich ist Peter am Boden zerstört, erst recht wegen Ray´s Worten, aber sein Stolz, der für ihn immer so etwas wie ein Schutzschild in unangenehmen Situationen war, lässt es nicht zu, dies auch zu zeigen. Winston fühlt sich dadurch aber nur noch mehr provoziert. Sonst war er stets der Ruhepol des Teams, doch davon ist er jetzt meilenweit entfernt. Ehe Janine oder Peter sich auch nur rühren können, holt der Bauarbeiter aus. Seine Faust trifft genau auf Venkmans Nase und wirft den jungen Mann zu Boden. „Winston? Was tust du denn?“, ruft Janine und versucht den Schwarzhaarigen festzuhalten, damit er nicht noch auf den anderen losgeht. Hast so viel von dir An mich gegeben Nicht wirklich überrascht sieht Peter zu ihm auf. Dünnes Blut rinnt in Strömen aus seiner lädierten Nase, doch es scheint ihn nicht zu kümmern. Insgeheim hat er sogar auf so etwas gewartet, eine Art Strafe, die ihn noch etwas Anderes als Schuldgefühle empfinden lässt. Er ist in seinem Denken sogar schon so weit, dass er nicht mal etwas dagegen hätte, wenn Winston ihn jetzt windelweich schlagen würde. So aufgebracht, wie sein Gegenüber gerade ist, liegt die Chance dafür sogar ziemlich gut. „Was ich tue? Das siehst du doch! Ich werde sein verdammte Ego aus ihm rausprügeln!“, erwidert der Schwarzhaarige aufgebracht und versucht sie halbherzig abzuschütteln. „Tu, was du nicht lassen kannst. Ich werde mich nicht wehren…“, gibt Peter kleinlaut zurück, während sich das warme Blut auf seinem T-Shirt verteilt. „Das will ich dir auch geraten haben, Freundchen!“ „Winston! Es reicht! Damit geht es Ray auch nicht besser…“, versucht es die Sekretärin verzweifelt und zerrt an ihm. Ich schau zurück Auf eine wunderschöne Zeit Für den kräftigen Bauarbeiter wäre es ein Leichtes, sich von ihr loszureißen und seine Fäuste sprechen zu lassen. Doch ihre Worte treffen ihn mitten ins Herz. Ein Schreck geht durch seinen Körper, als wäre er gerade selbst geschlagen worden und er lässt kraftlos die Fäuste sinken. Mit offenem Mund wendet er sich um und betrachtet den reglosen Körper in dem Bett. Was hat er sich dabei nur gedacht? Klar hat Peter eine Strafe verdient und ihm wäre nichts lieber, als ihm diese höchstpersönlich zu verabreichen, aber Raymond wäre damit nicht geholfen. Wäre er wach, würde er dagegen bestimmt sogar protestieren, da er von Grund auf ein friedliebender Mensch ist, der jeglicher Gewalt aus dem Weg zu gehen versucht. Er sieht stets das Gute im Menschen und möchte, dass sich jeder mit jedem versteht. Also muss er sich irgendwie mit Venkman arrangieren, bis das Ganze überstanden ist und sie eine dauerhafte Lösung finden. Warst die Zuflucht Und die Wiege meines Seins „Du hast recht, Janine und es tut mir leid, dass du das mit ansehen musstest…“, kommt es schwach von Winston. Ganz langsam lässt sie ihn wieder los, dennoch bereit erneut zu handeln, sollte er wieder anfangen. „Ich werde es nur einmal sagen und ich werde dich auch ganz sicher nicht darum bitten, Venkman. Also verlass auf der Stelle das Zimmer!“ Drohend mustert er den auf dem Boden sitzenden Mann. Ungelenk erhebt sich der Brünette und stolpert auf die Tür zu. Bevor er hinausgeht, wendet er sich aber noch einmal um. „Du hast alles Recht der Welt mit mir böse zu sein. Dennoch sollst du wissen, dass es mir wirklich leidtut. Das, was geschehen ist, kann ich nicht mehr ändern, daher hoffe ich einfach, dass wir irgendeine Lösung finden…“ Ohne eine Antwort abzuwarten, tritt er hinaus und schließt die Tür. „Das hoffe ich auch…“, murmelt Winston kaum hörbar, mit einer Mischung aus Wut und Traurigkeit und setzt sich dann wieder mit Janine neben das Bett. Hast gekämpft Und jeden Moment mit mir geteilt Auf dem Flur stößt Peter beinahe mit Schwester Melanie zusammen, die ihn erschrocken ansieht. „Um Himmels Willen, Dr. Venkman! Was ist denn passiert?“ Witziger Weise scheint sie die Einzige im ganzen Krankenhaus zu sein, die sie alle mit ihrem Titel anspricht und dennoch hat es Peter noch nie so sehr gestört wie jetzt. Klar, er hat einen Doktortitel, auf den er immer sehr viel Wert legt und liebend gern damit angibt. Doch was nutzt es ihm, ein Doktor zu sein, wenn er doch niemandem helfen kann? Mit einem unschönen Schniefen saugt er geräuschvoll etwas Blut hoch und schluckt er runter. Der bittere Kupfergeschmack in seinem Hals hat etwas seltsam Beruhigendes. „Halb so wild. Ich hab´s verdient…“, entgegnet er ihr mit nuschelnder Stimme und zuckt mit den Schultern. Ich bin stolz, Auch jetzt bei dir zu sein Eigentlich will er an ihr vorbei, um draußen etwas Luft zu schnappen, aber sie packt ihn überschwänglich am Arm und führt ihn zu der Reihe Stühle, auf der sie gestern Abend gesessen haben. Widerwillig lässt er sich auf einen davon nieder, während sie los eilt, um Erste-Hilfe-Material zu holen. Traurig wirft er einen Blick zu Ray´s Zimmer, das keine fünf Meter von hier entfernt ist. Schon kurz darauf kommt Melanie wieder zu ihm. Auf einem kleinen Wägelchen schiebt sie Verbandszeug und Desinfektionsmittel heran, sowie ein paar Schmerztabletten. Betont aufreizend setzt sie sich neben ihm und tupft vorsichtig mit einem Wattebausch das Blut von seinem Gesicht. Nicht zum ersten Mal fällt Peter dabei auf, wie jung und gut gebaut sie doch ist. Was aber auch nicht schwer ist, wo sie ihre Reize doch so offensichtlich zur Schau stellt. Ich fange ein Bild von dir Unter anderen Umständen würde ihm jetzt wohl schwindlig werden und er würde alles daransetzen, sie irgendwie rumzukriegen. Doch jetzt wird ihm höchstens schwindlig, weil er ihren Anblick kaum ertragen kann, ohne daran denken zu müssen, dass sein unmöglicher Lebensstil erst zu all dem Unglück geführt hat. Er schließt die Augen und denkt an Ray, doch sie macht es ihm wahrlich nicht leicht. „Oh, Dr. Venkman, was sind sie nur für ein Rabauke, sich in einem Krankenhaus zu prügeln.“ Eigentlich müsste man denken, dass sie ihn damit tadeln will, allerdings ist dem ganz und gar nicht so. sie klingt fast schon belustigt und ihre Stimme hat etwas sehr unpassend Erotisches an sich. Überrascht öffnet der Brünette die Augen und sieht sie verständnislos an. „Wie bitte?“ „Ich mag ja temperamentvolle Männer besonders gern.“, sie lächelt ihm keck entgegen und beugt sich noch weiter nach vorn, sodass ihr üppiger Busen gegen seine Schulter drückt. Und schließ die Augen zu, Dann sind die Räume nicht mehr leer Lass alles andere einfach ruhen Venkman versteht die Welt nicht mehr. Gestern Abend noch sah sie so mitfühlend und traurig aus und heute versucht sie allen Ernstes mit ihm anzubandeln?! Fast sein ganzes Leben lang hat er auf so einen Moment gewartet, wo eine Frau wirklich Interesse an ihm hat, ohne das er sich vorher ein Bein ausreißen muss, um ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen und dann passiert es ausgerechnet dann, wenn er am liebsten auf einer einsamen Insel hocken und Einsiedler werden will? Er empfindet ihren Versuch ja schon als ausgemachte Dreistigkeit, immerhin weiß sie doch, wie schlecht es Ray geht. Peter kann sich gar nicht erinnern, wann er sich von einer Frau das letzte Mal so angewidert gefühlt hat. „Sag mal, spinnst du, Missy?“, fragt er sie offen heraus. „Wo denken sie denn hin, Dr. Venkman? Ich finde nur, dass sie etwas Ablenkung gut gebrauchen könnten und hier gibt es viele freie Betten…“ Ich fang ein Bild von dir Das schlägt nun wirklich dem Fass den Boden aus! Aufgebracht springt er auf. „Was fällt dir eigentlich ein, so eine Show mit mir abzuziehen? Mein Freund liegt da drin und ringt mit dem Tod und ich bin schuld daran und du willst allen Ernstes mit mir ins Bett?“ Erschrocken sieht sie ihn an. Seine aufgewühlte Stimme hallt durch den Flur wie ein Buschfeuer. „Wie kannst du nur so gefühllos sein? Ich liebe diesen Bengel Herr Gott noch mal und würde auf der Stelle mit ihm tauschen, wenn ich könnte!“ Irritiert blickt sie ihn an. „Dr. Venkman sind sie etwa schwul?“, fragt sie ihn, ohne sich Gedanken darüber zu machen, dass die halbe Etage ihrem Gespräch zuhören kann. „Glaub mir, ich bin es und das, weil es so blöde Weiber wie dich gibt, die einen immer nur frustrieren!“ In diesem Moment wünscht sich Peter tatsächlich, er würde nur auf Jungs stehen, dann hätte er sich sicher ziemlich viel Ärger erspart. Er geht sogar noch weiter in seiner Wut und sagt nun etwas, das ihn noch nie gestört hat, was für ihn eher nur eine beinahe belanglose Tatsache war und kein Hindernis. Und dieser eine Augenblick Bleibt mein gedanklicher Besitz Den kriegt der Himmel nicht zurück „Und außerdem bist du verlobt, Missy! Also scher dich zum Teufel und such dir ein anderes Opfer, mit dem du den armen Tropf betrügen kannst!“ Völlig überfordert springt sie vom Stuhl auf und blickt auf den Ring hinab, den ihr Freund ihr vor zwei Monaten geschenkt hat. Sie ist den Tränen nahe und versteht überhaupt nicht, was gerade passiert. Wütend steht der Anführer der Geisterjäger vor ihr und legt sich schon die nächste Tatsache bereit, die er ihr an den Kopf werfen will, als sich zwei warme Hände auf seine Schultern legen. „Nun beruhig dich doch, Peter.“, bittet ihn Egon sanft. Innerlich ist er doch schon ziemlich stolz auf seinen sonst so sprunghaften Kammeraden, dass er es tatsächlich mal geschafft hat, einer Frau eine Abfuhr zu erteilen. Dr. Bowers taucht neben dem Blonden auf und mustert Schwester Melanie sehr ernst. „Ich denke, wir sollten uns einmal unterhalten!“, entgegnet er ihr streng, dann blickt er sich nach den beiden Männern um. „Diese Unannehmlichkeit tut mir wirklich außerordentlich leid, meine Herren…“ Egon nickt ihm nur zu und der Arzt entfernt sich mit der aufgelösten Schwester. Ich fang ein Bild von dir Der Tüftler spürt, wie er Zittern durch Peters Körper huscht und so setzt er sich mit ihm zusammen hin. Überrascht registriert er das Blut, das durch Venkmans Wutausbruch erst recht wieder zu fließen begonnen hat. Auch Janine ist durch den Lärm alarmiert worden und steht nun in der offenen Tür und beobachtet die beiden beunruhigt. „Was ist passiert?“, fragt Egon, während er gewissenhaft die Arbeit der Krankenschwester fortsetzt. „Ich bin ein egoistisches Arschloch und das ist meine Strafe…“, erwidert Peter mit brüchiger Stimme. „Ich verstehe…“, ist die einzige Reaktion des Größeren. Er weiß vielleicht nicht genau, was vorgefallen ist und er will Peter auch nicht ausquetschen, doch er kann es sich gut vorstellen. Ganz vorsichtig beginnt er damit, Venkmans lädierte Nase abzutasten. Dieser zuckt unter dem stechenden Schmerz zusammen, beschwert sich jedoch kein bisschen. Ich schau zurück Auf eine wunderschöne Zeit „Du hast Glück, sie ist nicht gebrochen.“ Akribisch bereitet Egon den Klebeverband vor, doch als er ihn anbringen will, hält er überrascht inne und starrt sein Gegenüber an. Dicke, heiße Tränen rinnen dem Brünetten wie ein Sturzbach über die Wangen. „Glück nennst du das? – Ich – ich wünschte, sie würde mir abfallen!“ Völlig aufgelöst beginnt der sonst so arrogant anmutenden Peter haltlos zu schluchzen. Der Tüftler ist sichtlich überfordert mit diesem Anblick. Er hat seinen Freund zwar schon oft niedergeschlagen oder gar traurig gesehen, doch niemals weinend. Er weiß absolut nicht, was er tun soll. Verkrampft sitzt der Brünette neben ihm und ballt zittern die Fäuste auf den Oberschenkeln. Tränen und Blut tropfen auf seine Hose und den Boden und doch kümmert es ihn kein bisschen. „Ich bin an allem schuld! – Ich – ich bin schuld, - wenn Ray sterben muss! – Ich – ganz allein ich…“ Warst die Zuflucht Und die Wiege meines Seins Hilflos sitzt Egon neben ihm. „Peter, nicht doch…“, versucht er es. „Doch! Es stimmt! – Ich wünschte, mich hätte – dieser besoffene Scheißkerl erwischt!“ Seine letzten Worte gehen fast völlig in seinem hysterischen Schluchzen unter. „Peter…“ Ehe Egon sich überlegen kann, was er überhaupt sagen soll, lässt sich der Brünette kraftlos gegen seine Brust fallen. Überrascht weiten sich die Augen des Blonden. So viel Nähe ist ihm normalerweise eher unangenehm, doch er kann es nicht ertragen, seinen Freund so traurig zu sehen. Ganz langsam hebt er die Arme und legt sie um den schluchzenden Mann, drückt ihn sanft an sich. „Bitte Egon, Ray darf nicht sterben! – Bitte – bitte, Egon…“ Beruhigend streicht der Ältere ihm über den Rücken, vergessen ist der halbausgepackte Klebeverband und die blutende Nase. „Wir schaffen das schon…“, erwidert der Tüftler, doch es klingt ganz und gar nicht überzeugt. Stattdessen rinnt auch ihm nun eine einzelne Träne die Wange hinab und er schließt berührt die Augen. Ihr Anblick bringt Janine, die alles beobachtet hat, selbst zum Weinen. Hast gekämpft Und jeden Moment mit mir geteilt Noch nie hat sie Egon so gefühlvoll erlebt und es erschüttert sie schon beinahe, was dafür nötig alles war. Doch die beiden Männer verbindet eine jahrelange Freundschaft, jede Menge Höhen und Tiefen und obwohl der Tüftler nicht gutheißen kann, was Peter gemacht hat, weicht er ihm dennoch nicht von der Seite. Ganz unweigerlich fragt sie sich, ob es ihr jemals gelingen wird, überhaupt nur entfernt so tief zu ihm durchdringen zu können. Sie findet keine Antwort und es ist auch nicht der richtige Zeitpunkt, um sich darüber Gedanken zu machen. Leise geht sie wieder in Ray´s Krankenzimmer zurück und setzt sich zu Winston. Ich bin stolz, Auch jetzt bei dir zu sein Stunden werden zu Tagen und Tage zu Wochen und doch scheint es Raymond einfach nicht besser gehen zu wollen. Im Gegenteil verschlechtert sich sein Zustand so rapide, dass die Ärzte ihn erneut operieren müssen, um das Schlimmste zu verhindern oder zumindest noch weiter hinauszuzögern. Doch auch die zweite Operation scheint nicht die gewünschten Ergebnisse zu bringen, weswegen Dr. Bowers nun angehalten ist, mit den Geisterjägern zu reden. „Ich denke, dass es an der Zeit ist, dass sie sich mit ein paar Dingen anfreunden sollten. Und ich denke, dass es ganz gut ist, wenn ich es ihnen sage, bevor ich es seinen Eltern erzähle. Die Familie Stanz war schon bei ihrem letzten Besuch vor ein paar Tagen am Boden zerstört und da stand es noch nicht mal so schlimm um ihren Kammeraden, wie jetzt. Sie wissen sicher auch, dass die Familie Stanz ziemlich groß ist und seine Eltern haben alle Hände voll zu tun, allen Angehörigen die neusten Nachrichten zu überbringen.“ Ich lass dich gehen Und wünsch dir alles Glück der Welt „Wie sie alle wissen, hat die zweite OP das Gewünschte gebracht, eher das Gegenteil. Mister Stanz rutscht immer tiefer in sein Koma ab und ich fürchte, dass es daher unmöglich sein wird, ihn jemals wieder zu wecken. Obwohl ich ihre Hingabe und Hartnäckigkeit der letzten Woche nur bewundern kann. – Uns bleiben jetzt also zwei Möglichkeiten. Die erste besteht darin, alles wie bisher zu lassen und zu hoffen, dass er doch noch irgendwann aufwacht, beziehungsweise langsam und möglicherweise qualvoll über Monate dahinvegetiert, bis er schließlich stirbt. Oder aber die zweite Möglichkeit, ihm seinen Frieden zu geben und ihn sanft entschlafen zu lassen, indem wir die Maschinen abschalten und ihm eine Überdosis Narkosemittel verabreichen. – Letztendlich werden selbstverständlich seine Eltern das letzte Wort dazu sprechen, doch ich möchte, dass sie sich an den Gedanken gewöhnen, dass ihr Freund bald nicht mehr da sein wird…“ In diesem Augenblick Bist du das Einzige, was zählt Die Ansprache des Arztes wirkt sehr professionell, wie sonst auch, dennoch merkt man ihm an, dass ihm der Gedanke selbst auch ganz schön zu schaffen macht. Fassungslosigkeit breitet sich auf den Gesichtern der vier Ghostbusters aus. In der letzten Zeit haben sie zwar alle schon mal an diese Möglichkeiten gedacht, sogar versucht miteinander darüber zu sprechen, doch die Worte jetzt aus dem Mund des Arztes zu hören, ist viel schlimmer, als das, was sie sich vorgestellt haben. Dr. Bowers lässt sie einen Moment still darüber nachdenken, dann erhebt er wieder die Stimme. „Ich weiß, dass ist eine furchtbar schwere Entscheidung, erst recht, wenn sie nicht wirklich eine Wahl haben, da seine Eltern sich ganz anders entscheiden könnten. Aber ich möchte, dass sie jeden Tag, den sie hier sind, gemeinsam genießen, als wäre es der Letzte. – Das klingt zwar wie aus einem billigen Film, doch es hilft. Ich werde seinen Eltern heute Abend Bescheid geben und ihnen dann die Entscheidung mitteilen, damit sie sich gegebenenfalls von ihm verabschieden können. – Jetzt werde ich ihnen noch etwas Ruhe gönnen, reden sie mit ihm und erinnern sich an all die schönen Zeiten…“ Lass dich fallen Und schlaf ganz einfach ein Ich werde für immer an deiner Seite sein… Mit hängenden Schultern verlässt der Arzt das Zimmer und lässt die vier zurück. Kraftlos setzen sie sich um Ray´s Bett und wissen nicht, wie sie damit jemals fertig werden sollen. Keiner von ihnen ist in der Lage auch nur irgendetwas zu sagen. Janine und Winston halten den Mechaniker an den Händen, während Peter und Egon einfach nur dasitzen und all das Erlebte Revue passieren lassen. Schweigend zieht der Tag an ihnen vorbei und die Besuchszeit nähert sich dem Ende. Eine Krankenschwester teilt ihnen mit, dass sie langsam gehen müssen, doch keiner von ihnen fühlt sich dazu in der Lage. Schließlich taucht Dr. Bowers auf, um sie zum Gehen zu animieren. Widerwillig erheben sie sich, doch Winston bleibt stur neben dem Bett stehen. „Bitte Mister Zeddmore, es wird jetzt wirklich Zeit…“ Mit starren Augen blickt ihn der Schwarzhaarige an. „Wie können sie nur von uns verlangen zu gehen, wenn Ray sterben muss?“, wirft er dem Arzt vor. „Es tut mir wirklich leid, dass ich sie darum bitten muss…“ „Tut es das wirklich? – Seien sie ehrlich. Haben sie schon mal jemanden verloren, den sie über alles geliebt haben?“ Diesmal versucht niemand Winston aufzuhalten. Stattdessen sehen sie dem jungen Arzt fest ins Gesicht, als wollen sie eine ehrliche Antwort darauf. „Nein – ich…“, setzt Bowers hilflos ein. Die vier sind nicht die Ersten, die sich mit so einer Situation anfreunden müssen und auch nicht die Ersten, die deswegen auf die Barrikaden gehen, was es ihm aber nicht leichter macht, es unter Kontrolle zu bringen. „Dann können sie auch nicht verstehen, wie wir uns jetzt fühlen, also hören sie auf es zu behaupten und lassen uns in Ruhe!“ Händeringend sucht Dr. Bowers nach einer Antwort, die ihn aus dieser misslichen Lage befreien und die Geisterjäger zum Gehen bewegen kann. Doch ihm fällt einfach nichts ein, auf das die vier jungen Leute keine niederschmetternde Antwort haben. Ungeachtet der Streitigkeiten, die sich zwischen den beiden Parteien aufschaukeln, passiert etwas hinter ihnen. Die verschiedenen Kurven auf den Monitoren beginnen auszuschlagen. Erst nur ganz kurz, kaum sichtbar. Dann jedoch kräftiger und anhaltender. Die Werte steigen in höhere Bereiche auf und stabilisieren sich nach und nach. Auch die Herzkurve wird kräftiger, doch in der hitzigen Diskussion ist das schnellere Piepsen dieser Kurve nicht zu hören. Ein Zucken geht durch den ausgezehrten Körper des Jüngsten. Sein Kopf bewegt sich schwerfällig von einer Seite auf die andere und kommt wieder zur Ruhe. Ein schwaches Stöhnen erfüllt die Atemmaske genauso überhörbar, wie die Herzkurve. Seine Lider flattern. Dann erfüllt ein abgekämpftes Husten den Raum und bringt die Streitenden zum Schweigen. Erschrocken drehen sie sich zu Ray herum und starren auf die Monitore. „Was zum…?“, fragt Peter erschrocken. „Er kollabiert…“, ist Dr. Bowers erster Gedanke und er läuft eilig zu den Maschinen hinüber. Winston tritt an Ray´s Seite und ergreift seine Hand. „Nein Ray, bitte…“ Janine und Egon halten sich hilflos in den Armen. Überrascht stellt der Arzt fest, dass die Werte nicht abfallen, sondern angestiegen sind. Irritiert betrachtet er die Anzeigen und weiß im ersten Moment gar nicht, was das Problem ist. Dann kommt er drauf, dass etwas mit der Beatmungsmaschine nicht in Ordnung sein könnte. Für die angestiegenen Werte arbeitet sie jetzt einfach zu kraftvoll, weshalb er sie etwas runterdreht. Kurz darauf endet das Husten und Ray´s Körper beruhigt sich wieder. Ehe einer von ihnen ein weiteres Wort sagen kann, starren alle auf Raymond. Seine Lider beginnen wieder zu flattern. Schließlich endet die Reaktion und der Mechaniker schlägt schwach die Augen auf. Völlig neben sich blinzelt er einige Male, um seine Sicht zu klären und sich an die schummrige Beleuchtung in dem Zimmer zu gewöhnen. „Ray?!“, entkommt es dem Schwarzhaarigen und er zieht ihm geistesgegenwärtig die Atemmaske vom Gesicht. Bowers will schon eingreifen, lässt es dann aber doch. Was hier gerade geschieht, gleicht einem Wunder. „Ray, hörst du mich?“, fragt der Bauarbeiter erneut. „Win~ston…“, kommt es ganz leise von dem Rothaarigen und er dreht langsam den Kopf zu seinem Freund herum. „Ja, ich bin hier, Ray!“ Er kann sein Glück kaum fassen. Tränen rinnen seine Wangen hinab und er sinkt auf die Knie. Ray lächelt schwach und das Lächeln verschönert sein ausgezehrtes Gesicht auf magische Weise. Winston hat Raymond oft lächeln sehen, aber in diesem Lächeln liegt ein Friede, den er nie an ihm bemerkt hat; ein Friede, der sein Fassungsvermögen übersteigt und ihm klarmacht, wie sehr er diesen Mann doch liebt, ganz gleich, was alles vorgefallen ist… Kapitel 15: High-School Love? ----------------------------- Vier Wochen später… Zum Glück ist diese ganze Misere überstanden und Ray auf dem Weg der Besserung. Der Rothaarige ist schwer bemüht, wieder auf die Beine zu kommen und so bald wie möglich zum Arbeitsalltag zurückzukehren. Seine Motivation treibt in stetig an, sodass er keine wirklichen Probleme mit der Physiotherapie hat. Nach dieser langen Zeit des Bangens scheint zwischen Winston und Ray auch wieder alles beim Alten zu sein, mit der kleinen Ausnahme, dass ihre Kollegen nun wissen, dass sie ein Paar sind. Durch gutes Zureden ist es Ray auch gelungen, Winston davon zu überzeugen, die Geisterjäger nicht zu verlassen und wenn es sich der Bauarbeiter so recht überlegt, hatte er diesen Wunsch auch nie hundertprozentig. Im Eifer des Gefechts hatte er es zwar gesagt und war gewillt zu gehen, aber letztendlich hätte er es nicht übers Herz gebracht, Raymond zurückzulassen. Das Verhältnis zwischen Winston und Peter hat sich jedoch ziemlich abgekühlt, was der Brünette auch vollkommen verstehen kann. Von Freundschaft ist auf Seiten des Schwarzhaarigen nicht mehr viel zu sehen, weshalb das Ganze eher einer vormahlen Arbeitsbeziehung gleicht, die sich unteranderem darin äußert, dass Winston eine gewisse Distanz zu ihm hält, ihm eher kühl entgegentritt und es sich sogar abgewöhnt hat, ihn nicht mehr mit dem Vornamen anzusprechen. Peter findet dieses Verhalten zwar nicht so berauschend – erst recht da dieses ständige ‚Venkman‘ in seinen Ohren sehr abwertend klingt -, aber es ist immer noch besser als, wenn sie nur zu dritt arbeiten müssten oder Winston ihn völlig ignoriert. Und vielleicht besteht ja auch die Möglichkeit, dass sich das Ganze irgendwann wieder ändert und sie wieder warm miteinander werden? Doch das wird viel Zeit und Kraft seitens des Anführers erfordern. Aber Venkman ist dazu allemal bereit. Peter ahnt noch nicht, dass ihm schon heute so eine Art Bewährungsprobe erwartet, bei der er völlig auf sich allein gestellt handeln muss und dabei an seine Grenzen stoßen wird. Im Moment ist jedoch noch alles ruhig. Die Sommersonne scheint auf Manhattan herab und versucht die Leute ein bisschen zu brutzeln. Die Ferien stehen vor der Tür und die meisten Menschen sind gedanklich schon ganz wo anders. Auch der Brünette würde seinen Tag jetzt lieber irgendwo am Strand verbringen, stattdessen ist er gezwungen, ganz allein in der ehemaligen Feuerwache die Stellung zu halten. Winston ist bei Ray im Krankenhaus und hilft ihm bei seinem Training, während Janine und Egon zusammen zum Einkaufen gefahren sind. So allein hat es aber auch seine Vorteile, immerhin kann einen dann niemand ärgern. Zwar ist Peter meist derjenige, der die anderen ärgert, aber das ist ja auch egal. Bei diesem Wetter spielt das aber auch absolut keine Rolle und selbst ihm vergeht dabei das Necken. Mit einem Seufzen legt Peter die Füße auf seinen Schreibtisch und schaltet das kleine Radio ein, dass er sich von Janines Platz geborgt hat. Er lehnt sich zurück, nimmt einem großen Schluck kühle Limonade und lauscht den Worten des Moderators, der für diesen vierzehnten Juni Temperaturen von bis zu siebenunddreißig Grad ankündigt. Schon jetzt am Vormittag überschreitet die Skala die Dreißigermarke und Venkman beneidet niemanden, der jetzt draußen arbeiten muss. Zwar werden auch die Ghostbusters irgendwann in die Hitze rausmüssen und ihrer Arbeit nachgehen, doch jetzt ist erst mal Sendepause, ist ja eh keiner da. Verträumt schließt der Brünette die Augen und gähnt herzhaft, während der Moderator seine Ansage beendet und eine neue Platte auflegt. Sekunden später ist das Hauptquartier von wilden Rhythmen mexikanischer Leidenschaft und Gitarrenmusik der Gruppe Santana erfüllt. Schon beim Klang muss man unweigerlich an Urlaub, Strand, winzige Bikinis und braungebrannte Haut denken. Normalerweise gibt sich Venkman gern solchen Gedanken hin, doch seit Ray´s Unfall, fällt es ihm sehr schwer an Frauen zu denken, ohne dabei an seinen Fehltritt erinnert zu werden. Klar tut er es trotzdem, doch es löst in ihm längst nicht mehr so ein nagendes Verlangen aus, wie früher und das gibt ihm auf seltsame Weise ein gutes Gefühl. Es zeigt ihm, dass er nicht nur gedanklich aus seinem Fehler gelernt hat, sondern auch körperlich etwas zur Ruhe gekommen ist. Statt umher zu hecheln wie ein Hund, konzentriert er sich jetzt – wenn überhaupt – nur noch darauf, die Frau fürs Leben zu finden. Oder aber den Mann, da ist er sich noch nicht so ganz sicher, auf jeden Fall etwas Dauerhaftes. Seine wilden Jahre liegen somit also hinter ihm, wie er hofft und er versucht sich viel mehr auf die Arbeit zu konzentrieren. Ehe er sich aber in irgendeine Beziehung stürzt, möchte er doch gern etwas mehr zwischen sich und Winston geklärt haben, damit er sich so etwas überhaupt verdienen kann. Allerdings sieht es gerade so aus, als würde dieser Gedanke heute noch auf eine harte Probe gestellt werden. Zielstrebig betritt eine junge Blondine das Gebäude und blickt sich suchend um. Ihr knielanges Kleid gleicht einem Hauch von Nichts und dennoch scheint es bei den vorherrschenden Temperaturen noch bei weitem zu viel zu sein. Langsam schiebt sie sich die Sonnenbrille auf den Kopf und gibt ein kaum hörbares Seufzen von sich, da es in dem alten Backsteingebäude doch noch um einiges kühler ist, als draußen. Sie lässt den Blick einen Moment schweifen und entdeckt schließlich einen jungen Mann, der scheinbar an seinem Schreibtisch schläft. Dabei hat er die Hände hinter dem Kopf gefaltet, sich weit auf dem Stuhl zurückgelehnt, die Augen geschlossen und ein leichtes Lächeln umspielt seine Lippen. Seine Füße hat er auf der Holzplatte des Tisches übereinandergeschlagen und wippt mit einem davon ihm Takt der sommerlichen Musik, die aus einem kleinen Radio neben ihm schallt. ‚So arbeitet also ein Geisterjäger…‘, geht es ihr etwas belustigt durch den Kopf, während sie sich dem Mann in T-Shirt und Jogginghosen nähert. Durch die Musik bemerkt er sie gar nicht, sodass er sich vom Klang der rauchigen Stimme Bonnie Tylers etwas mitreißen lässt und ein Duett mit ihr anstimmt. „I need a hero! I´m holding out for a hero until the end of the night! He´s gotta be strong and he´s gotta be f…” Peters Gesangskünste lassen allerdings zu wünschen übrig, was ihm aber auch relativ egal ist, da er sich ja unbeobachtet fühlt. Doch plötzlich verstummt die Musik. Irritiert öffnet Venkman die Augen, weil er denkt, dass die Batterien des Geräts leer sind. Murrend starrt er das kleine Radio von der Seite an und hadert noch mit sich, ob er aufstehen soll oder nicht. Dann bemerkt er, dass nicht die leeren Batterien die Musik unterbrochen haben, sondern eine Hand, die noch immer auf dem Ausschalter des Geräts liegt. Verstimmt hebt er den Kopf und will Janine schon anblaffen, als er merkt, dass es gar nicht die Rothaarige ist. Stattdessen klappt ihm der Mund auf und er starrt die Blondie vor sich einfach nur an. Für einen Moment vergisst er alles, was er sich in Bezug auf Frauen vorgenommen hat und gerät unwillkürlich ins Träumen. „Wie mir scheint, hast du in all den Jahren nicht wirklich was dazu gelernt. Dennoch wäre ich dir sehr verbunden, wenn du den Mund wieder zumachen könntest, Peter Venkman!“, fordert ihn die junge Frau auf und verschränkt die Arme unter ihrem wohlgeformten Busen. Verwirrt richtet sich der Brünette in eine vernünftige Position auf und nimmt die Füße von der Tischplatte. „Was…?, setzt er an, doch dann fällt es ihm wie Schuppen von den Augen. „Sylvia? – Sylvia Snyder, bist du es wirklich?“, fragt er sie überrascht. „Höchstpersönlich!“, gibt die Blondine zurück und mustert ihn eindringlich, aber mit einem Lächeln. Peter kann es noch gar nicht fassen. Damals auf der High-School war er so dermaßen in sie verknallt gewesen. Er hielt sie für die Frau seines Lebens und hat sich förmlich beide Beine ausgerissen, um bei ihr zu landen, doch sie hat ihn nie so wirklich beachtet. Aber das war ihm anfangs egal, solang er nur in ihrer Nähe sein konnte. Irgendwann, so dachte er sich, wird sein Tag kommen und dann werden sie für immer zusammen sein. Und tatsächlich schienen sich seine endlosen Bemühungen auszuzahlen, als ihre Verabredung für den Abschlussball plötzlich krank wurde. Peter war nie im Leben glücklicher gewesen, als er sie abgeholt hat. Er dachte sich, dass dieser Abend einfach alles verändern würde und damit hatte er gar nicht mal so unrecht. Nur kam es leider ganz anders, als er es sich erhofft hatte. Als sich die vielen Paare dann auf der Tanzfläche zusammenfanden und er eng an Sylvia geschmiegt dem Takt der Musik folgte, tauchte wie aus dem Nichts ihre eigentliche Verabredung auf. Dem Kerl schien es aus heiterem Himmel wieder gut zu gehen, was wohl unteranderem daran lag, dass er der typische Sportler war und es nicht ertragen konnte, dass seine Freundin mit so einem Möchtegernstreben wie Venkman den Abend verbringen muss. Wie nicht anders zu erwarten, hat sie Peter eiskalt abserviert und ihm damit endgültig das Herz gebrochen. Seine Meinung über Frauen hat sich dadurch grundlegend verändert und er sah sich fortan nicht mehr in der Lage, jemals eine feste Beziehung einzugehen. Stattdessen entschied er sich dafür ein ausschweifendes Leben zu führen, um so seinen Kummer zu vertreiben. Und nun, nach all der Zeit, steht diese Wahnsinnsfrau einfach vor ihm und dann auch noch, wenn er ganz allein im Hauptquartier ist. Peter kann sein Glück kaum fassen und dennoch denkt er schlagartig wieder an Ray. So schön es auch ist, seine alte Flamme wiederzusehen, so sehr hat sie ihm ja auch wehgetan und dies gab immerhin den Ausschlag für sein triebhaftes Verhalten, dass Raymond letztendlich fast das Leben gekostet hat. Also erst mal sehen, was sie überhaupt will. Immerhin kann sich Venkman nicht vorstellen, dass sie einfach mal so vorbeikommt, um zu sehen wie es ihm geht. Zudem weiß er noch ein paar andere Dinge über sie. Zum Beispiel hat er sie mit ihrem ehemaligen Namen angesprochen und sie hat ihn nicht korrigiert. Da ist doch etwas faul, aber Peter spielt ihr kleines Spielchen erst mal mit. Umso schöner wird es sein, wenn er sie am Ende im Regen stehen lassen kann und sie dann mal merkt, wie so was eigentlich ist! Daher mimt er weiterhin den verliebten Jungen und himmelt sie an. Mit verträumtem Blick erhebt sich der Brünette, umrundet den Tisch und lehnt sich dann gegen die Platte. „Ist ja eine Ewigkeit her, dass wir uns gesehen haben. Was führt dich in mein bescheidenes Heim?“, fragt er sie kurzerhand. „Da hast du recht. Es ist wirklich eine Schande, dass wir uns so aus den Augen verloren haben, Peter. – Und es bereitet mir daher auch ziemliches Unbehagen, dich nun aufzusuchen. – Ich wohne erst seit ein paar Monaten wieder in Manhattan, musst du wissen. Doch ich hatte die Umzugskisten noch nicht ganz ausgepackt, da habe ich von deiner Firma gehört und dich im Fernsehen gesehen. Ich war doch sehr überrascht, was aus dem schüchternen Jungen von damals geworden ist. Eine richtige, kleine Berühmtheit, möchte ich meinen.“, berichtet sie und kommt Peter dabei immer näher. Bei ihren letzten Worten steht sie so dicht vor ihm, dass Venkman schon der Meinung ist, die Farbe ihrer Unterwäsche durch den hauchfeinen Stoff ihres Kleides hindurch spüren zu können. Natürlich ein Ding der Unmöglichkeit, doch noch näher könnte sie ihm angezogen wohl kaum kommen. Innerlich legt Peter die Stirn in Falten. So nah durfte er ihr noch nie sein und in Anbetracht dessen, was er über sie weiß, sollte sie so was auch gar nicht mit ihm machen. Das macht das Ganze irgendwie ziemlich interessant. Äußerlich legt sich ein roter Schimmer auf seine Wangen und er blickt sie begierig an. „Findest du? Naja, wir geben unser Bestes, würde ich mal sagen. – Interessierst du dich denn für paranormale Dinge?“, fragt er und versucht dabei etwas nervös rüberzukommen, so wie er früher immer in ihrer Nähe war. Schließlich soll sie noch nicht merken, dass er inzwischen weit selbstbewusster geworden ist und Frauen wie sie für gewöhnlich nach einer Nacht wie eine heiße Kartoffel fallen lässt. „Bis vor kurzem hielt ich so was noch für Unsinn und fand den Gedanken an Geisterjäger mehr als nur lächerlich.“, erwidert sie und legt ihre Hände dabei auf seine Hüften. Weiterhin bemüht nervös lächelt er ihr keck entgegen. „Du hast echt Mumm das zu sagen und dann auch noch dem Chef der Ghostbusters mitten ins Gesicht!“ „Tja, das ist nun mal meine Meinung gewesen, doch das hat sich inzwischen geändert und ich denke, dass ich deine Hilfe brauche…“ Mit großen, bittenden Augen sieht sie ihn an, öffnet dabei leicht die Lippen, als wolle sie ihn jeden Moment küssen. Peter versucht ruhig zu bleiben und seine Fassade aufrechtzuerhalten, doch das wird immer schwerer. Beinahe krampfhaft versucht er zu vermeiden, dass sie seine innere Unruhe mitbekommt. Allerdings fragt er sich bei ihrer Show auch, ob das überhaupt nötig ist. Schließlich scheint sie ihn ja absichtlich heißmachen zu wollen, damit er ihr hilft. Dennoch will sich der Brünette diese Blöße nicht geben, wer weiß schon, was sie vielleicht in der Stadt so rumerzählt, wenn er sich jetzt gehenlässt? So was braucht er nach all der Aufregung in der letzten Zeit nun wirklich nicht und die Geisterjäger erst recht nicht. Gespielt verschüchtert und mit glühenden Wangen schiebt er sie etwas von sich weg. „Wenn du wirklich meine Hilfe brauchst, sollten wir uns vielleicht unterhalten.“, schlägt er vor und führt sie nach hinten in sein Büro. Etwas überrascht von seinem Ausweichmanöver folgt sie ihm. Jetzt, wo der Schreibtisch zwischen ihnen steht, wirkt Venkman gleich viel gefasster, geradezu professionell. Eine Seite, die sie in der High-School noch nicht an ihm kannte. „Ok, Sylvia. Dann erzähl mir doch mal von deinem Problem.“ Verführerisch schlägt sie die Beine übereinander, doch als sie zu Sprechen anfängt, scheint nun ihre Fassade zu bröckeln. „Vor ein paar Tagen kam ich vom Einkaufen nach Hause. Als ich die Küche betreten habe, herrschte dort das reinste Chaos. – Alle möglichen Sachen waren umgestoßen und lagen überall verteilt. – Ich habe ein furchtbares Lachen gehört und eine flüsternde Stimme. Ein eisiger Hauch huschte um mich herum, egal wo ich mich auch hingestellt habe. Im Rest der Küche war es dagegen brütend heiß, obwohl die Klimaanlage lief. – Dann fing plötzlich das Wasser an zu laufen, die Teller klapperten in den Schränken und dann – dann schlug im Wohnzimmer die Standuhr dreizehn Uhr und alles war auf einmal vorbei…“ Nun wirkt sie verzweifelt, ängstlich und den Tränen nahe. Peter weiß nicht, ob sie das Ganze nur spielt oder wirklich so eingeschüchtert ist. Auf jeden Fall klingt die Sache ernst. Gedanklich geht Peter die Wesen durch, die dafür verantwortlich sein könnten. Es klingt nach einem Poltergeist, doch sicher ist er sich nicht. Ein bisschen wünscht er sich, dass Egon jetzt hier wäre. Dem würden bestimmt noch ein halbes Dutzend mehr Viecher einfallen. Doch er ist allein und muss damit jetzt auch ganz allein fertigwerden. Immerhin hat es auch was Gutes, so kann er sich mal richtig beweisen und den anderen zeigen, dass er durchaus auch was auf dem Kasten hat. „Das klingt nicht sonderlich toll. Aber ich muss noch mehr wissen, damit ich eingrenzen kann, worum es sich handelt. Nur dann kann ich entscheiden, ob ich es einfangen kann oder nicht.“ Nun kullert eine Träne ihre Wange hinab und sie holt mit zitternden Fingern ein Taschentuch aus ihrer Handtasche. „Das verstehe ich. – Und ich kann dir noch einiges erzählen. – Am nächsten Tag wollte ich mir etwas zum Mittagessen machen und dann fing das Ganze wieder an…“ Sylvia erzählt ihm noch aller Hand anderer Dinge, sogar, dass sie eine seltsame Erscheinung gesehen hat. Nur ganz kurz, sodass sie nicht sagen kann, was es gewesen ist, nur, dass es sie auszulachen schien und im nächsten Moment zu sich zu locken versuchte. Mittlerweile ist sich Peter sicher, dass es sich hierbei wohl doch nicht um einen Poltergeist zu handeln scheint. Solche Wesen zeigen sich nie, haben keine Gestalt, die sich manifestieren kann, was es äußerst schwermacht, sie zu vertreiben. Die Tatsache, dass es etwas Anderes sein muss, erleichtert den Brünetten. So kann er immerhin versuchen es einzufangen. Fragt sich nur, was es genau ist. Eine Antwort weiß er nicht wirklich und wünscht sich daher wieder, dass Egon hier wäre. Allerdings hat er keine Zeit auf ihn zu warten. Er muss jetzt handeln, denn laut Sylvias Worten gibt es nur ein begrenztes Zeitfenster, indem der Spuck stattfindet. Diese Eigenart überfordert ihn auch ein bisschen, da die meisten Geister es vorziehen nachts – zur sogenannten Geisterstunde – in Erscheinung zu treten. Doch er hat noch nie etwas von einem Geist gehört, der bevorzugt zum Mittagessen kommt… Etwas mulmig ist ihm schon beim Gedanken, ganz allein gegen dieses Irgendwas kämpfen zu müssen, doch er reißt sich zusammen. Er schnappt sich Tobin´s Geisterführer und hofft, dass er darin Antworten finden kann, doch vorher muss er sich die Lage ansehen. „Ok, das Ganze wird sicher nicht einfach und da meine Kollegen alle ausgeflogen sind, werde ich mich dieser äußerst gefährlichen Sache allein stellen. Aber ich krieg das schon hin! So schnell haut einen Dr. Peter Venkman nichts um und reizenden Damen in Not zu helfen, steht bei uns auf der Tagesordnung ganz oben!“ Er zwinkert ihr selbstbewusst zu und entlockt ihr damit sogar ein kleines Lächeln. Doch ihre Augen lächeln nicht, sie wirken aber auch nicht traurig oder erschrocken, was nach ihrer Geschichte nur allzu verständlich wäre, sie wirken eher triumphierend – so als wäre ihr Plan aufgegangen. Peter lässt sich davon erst mal nicht beirren und zieht sich stattdessen um. Wenige Minuten später sitzen die beiden im Einsatzwagen und fahren zu ihrem Apartment. Dort angekommen, entdeckt Venkman ein weiteres Indiz dafür, dass sie nicht ganz ehrlich zu ihm ist, doch er sagt nichts. Sammelt es nur ein und verstaut es in seinem Kopf für später. Sylvias Apartment liegt in West New York in einer ziemlich schicken und teuren Ecke mit direktem Blick auf den Hudson River. Ein wirklich schönes Fleckchen, wenn man über das nötige Kleingeld verfügt. Unruhig steigt die Blondine aus dem Wagen aus und betrachtet das Gebäude, während Peter sich seine Ausrüstung schnappt. „Na, dann wollen wir doch mal!“, lässt er mit Tatendrang verlauten, dennoch ist ihm ziemlich mulmig, so ganz allein. „Mein Apartment liegt im dritten Stock…“, berichtet Sylvia und sieht sich nervös um. „In Ordnung. Was auch immer da drinnen passiert, du wartest hier, verstanden?“, weist er sie streng an. Bei seinen Worten scheint ihr ein Stein vom Herzen zu fallen und nur allzu bereitwillig lässt sie sich wieder in Ectos Sitz gleiten. Dabei macht sie ein Gesicht, als würde sie Peter wohlwissend in eine Höhle voller Löwen schicken und auch noch froh darüber sein. Langsam betritt Peter das Gebäude. Alles wirkt friedlich und normal. In der Stille des Treppenhauses hallen seine Schritte beinahe erschreckend laut auf den blanken Marmorstufen. Je höher er hinaufsteigt, desto mulmiger wird ihm. Als Peter den letzten Absatz vor ihrem Apartment erreicht, beginnt irgendwo in der Nähe eine Kirchenglocke zu läuten. Es ist zwölf Uhr mittags und genau jetzt sollen laut Sylvia die merkwürdigen Ereignisse immer beginnen. Dann hält der Spuck genau eine Stunde an, ehe er genauso abrupt endet, wie er begonnen hat. Das bedeutet, dass Venkman nicht gerade viel Zeit hat, um den Geist zu stellen, herauszufinden, um was es sich genau handelt und das Biest dann einzufangen. „Da fühlt man sich auch überhaupt nicht unter Druck gesetzt…“, verkündet der Brünette in die Stille hinein und ist selbst von sich überrascht, dass er die Worte nur geflüstert hat. Verwundert darüber bleibt er stehen und lächelt unsicher. „Ach komm schon, Venkman! Du hast doch keine Angst oder was?“, scherzt er mit sich selbst. Doch ehe er sich wieder in Bewegung setzen kann, überkommt ihn ein seltsames Gefühl, fast so als wolle ihm jemand die Luft abschnüren. Er schluckt trocken und hart. „Nun stell dich nicht so an. Du hast das schon so oft gemacht, dann schaffst du das hier auch!“, versucht er sich anzutreiben und es klappt. Vorsichtig setzt er sich wieder in Gang. *Als er den Treppenabsatz erreicht, befällt ihn ein solches Vorgefühl des Grauens und der Dunkelheit, dass er stehenbleibt – wie angewurzelt stehenbleibt -, sich überrascht umsieht und sich fragt, was ihn da überkommen hat. Er umfasst seinen Strahler fester, presst ihn an sich, als wäre er ein kleines Kind, das ihm aus den Armen gleiten könnte. Eine Gänsehaut jagt seinen Rücken hinab, sein Herz rast, seine Augen pochen und Adrenalin schießt durch seine Venen. Dann spürt er wie etwas Unsichtbares an ihm vorbei die Treppe hinauffliegt und es scheint so, als versuche dieses Etwas ihn zu sich zu ziehen… Mit großen Augen blickt er auf die Tür zu Sylvias Apartment und schluckt wieder nervös. „Vielleicht, aber nur vielleicht hat Petie doch ein ganz klein bisschen Angst…“ Ein Zittern jagt durch seinen Körper und hindert ihn einen Augenblick daran, irgendetwas zu tun. Dann ertönt hinter der geschlossenen Tür ein lautes Scheppern und er schreckt heftig zusammen. Doch dadurch kann er sich wenigstens wieder bewegen. Unsicher legt er die Hand auf die Klinke und atmet ein paar Mal tief durch. Schließlich betritt er das Apartment und sieht – nichts…? Hier scheint alles in Ordnung zu sein, doch vielleicht beschränkt sich dieses Biest ja nur auf die Küche? Zumindest ist es Sylvia nur dort begegnet. Einen Augenblick lauscht Peter in die Wohnung hinein und tatsächlich hört er wieder ein Poltern, dass aus Richtung Küche kommt. So leise wie möglich nähert er sich dem Zimmer. Dort angekommen drückt er sich gegen die Wand im Flur und linst vorsichtig um die Ecke. Die Mittagssonne erhellt den Raum und im ersten Moment kann Venkman daher überhaupt nichts sehen. Dann springt auf einmal die Tür des Kühlschranks auf und eine Lichtkugel schwebt heraus. Sie gleitet zu Boden und manifestiert sich dort. Das Licht wird schwächer und zum Vorschein kommt ein Wesen, das wie ein grausiges Experiment des Doktor Frankenstein wirkt. Der Körper ist langgestreckt und nahe am Boden gehalten, erscheint dabei wie der Leib einer Echse oder dergleichen. Der Größe nach zu urteilen aber wohl eher ein Komodoweran. Der lange, fleischig-muskulöse Schwanz schlängelt sich über die Fliesen und erzeugt dabei ein widerliches Kratzen. Der ganze Körper ist mit großen Schuppen bedeckt, die in der Sonne farbenfroh funkeln, was es daher unmöglich macht, die eigentliche Farbe der Haut zu bestimmen. Am Übergang zu den Beinen und dem Schwanz, sowie auf der Brust entspringen aber weißbraun gescheckte Haarbüschel, die das Wesen auf seltsame Weise wie einen prähistorischen Pudel aussehen lassen. Der gedrungene Kopf gleicht dem eines alten, zahnlosen Löwen, dem man die Nase wie bei einer Perserkatze eingedrückt hat. Seine krummen Beine enden in vier dicken Echsenzehen, die jeweils mit einer riesigen Kralle ausgestattet sind. Das wohl auffälligste und gleichzeitig lustigste Merkmal dieses Wesens sind definitiv seine Ohren. Sie sehen aus wie die Löffel eines Hasen, hängen aber wie bei einem Bluthund nach unten. Irritiert von diesem Anblick hebt Peter eine Augenbraue. ‚Was ist denn das bitte für ein Vieh?‘, geht es ihm durch den Kopf. Er weiß beim besten Willen nicht, ob er jetzt lachen soll, weil es so albern aussieht oder ob er beunruhigt sein sollte, weil Äußerlichkeiten einen leicht täuschen können. Ungeachtet dessen lässt das merkwürdige Mischwesen ein lautes Gähnen hören. Dabei gleitet sein Schwanz wieder mit diesem widerlichen Kratzen über die Fliesen und feuert dabei den Toaster hinter sich – der wohl das Poltern vor Peters Eintreffen verursacht haben muss – einmal quer durch die Küche. Dann gähnt es wieder und sieht sich verschlafen um. Sein Blick fällt auf einen Stapel Geschirr, dass feinsäuberlich neben der Spüle zum Trocken aufgereiht ist. Das Wesen beginnt wieder zu leuchten und verwandelt sich in die Lichtkugel zurück. Diese schwebt auf die Arbeitsplatte neben der Spüle und dort manifestiert sich der Körper erneut. Eine seiner krallenbesetzen Beine hebt sich und beginnt damit, die Teller zu Boden zu schubsen. Einem Bombenhagel gleich zerspringt das Porzellan auf den Fliesen in tausend Stücke. Bei jedem Knall breitet sich ein verschlafenes Grinsen auf dem zahnlosen Maul der Bestie aus. Peter hingegen findet das überhaupt nicht komisch. Beim ersten Teller hätte er vor Schreck fast laut aufgeschrien und sich so verraten. Nur mit Mühe konnte er es verhindern und nun reicht es ihm aber auch. Vorsichtig zieht er sich zurück und tastet sich zum Wohnzimmer vor. Dort versteckt er sich hinter der Tür und holt Tobin´s Geisterführer aus der Tasche. Etwas ratlos betrachtet er den verschnörkelten Einband des dicken Buches. Wonach soll er denn jetzt eigentlich suchen? Er hat nicht die geringste Ahnung, was für ein Vieh das sein könnte. Unweigerlich wünscht er sich wieder, dass Egon jetzt hier wäre, der wüsste ganz sicher, wo er suchen muss. Nichts desto trotz klappt er den Deckel auf und starrt dann mit so einem durchdringenden, nahezu trotzigen Blick auf das Inhaltsverzeichnis, als wolle er erreichen, dass sich ihm die richtige Seitenzahl einfach widerstandlos ergibt und ihm ins Auge springt. Während seiner Bemühungen ändert sich der Lärmpegel in der Küche, da das Untier nun scheinbar mit Besteck zu werfen beginnt. Klingt immerhin weit weniger schlimm, als die Teller, dennoch kann Peter bei dem Krach kaum einen klaren Gedanken fassen. Venkman versucht sich gerade mit der Vorstellung anzufreunden, wohlmöglich jede einzelne Seite des Wälzers durchblättern zu müssen, als ihm tatsächlich ein Stichwort ins Auge fällt. Von Sylvia weiß er, dass dieses Vieh nur zwischen zwölf und dreizehn Uhr sein Unwesen treibt. Ein Teil von Tobin´s Geisterführer beschäftigt sich mit tageszeitabhängigen Wesen. Schnell schlägt er die angegebene Seite auf und blättert die einzelnen Gestalten durch. Dann entdeckt er ein Bild, das seine Aufmerksamkeit erweckt. Es ist ein alter Holzschnitt, der die Sieben Todsünden in ihrer dämonischen Gestalt zeigt. Das Wesen, das die Trägheit symbolisiert, sieht dem Vieh in der Küche zum Verwechseln ähnlich. Allerdings versteht Peter nicht, was dieses Wesen mit den Todsünden zu tun hat und warum es zu dem tageszeitabhängigen Gestalten zählt. Jetzt wünscht er sich, dass Ray oder Winston hier wären. Die zwei könnten ihm selbst im Schlaf die Bibel runterrezitieren. Mal abgesehen von der Wollust, hätte Peter schon Schwierigkeiten alle Todsünden überhaupt zu benennen. In seinen Augen würden diese auch ganz sicher nicht aussehen, wie ein Unfall aus Frankensteins Labor, sondern eher wie hübsche, junge Frauen. Denn nur diese sind, seiner Meinung nach, dazu in der Lage, einen Mann von einfach allem zu überzeugen, selbst wenn er damit seine Seele an den Teufel verkaufen würde. Aber die Schreiberlinge dieser Texte sind da wohl anderer Ansicht, aber was soll´s? Immerhin hat er das Vieh gefunden, nun muss er nur noch aus der Beschreibung schlau werden. Er blättert die Seite um und findet den Abschnitt über die Trägheit. Gleichzeitig wird diese Todsünde auch als Mittagsdämon bezeichnet. Klingt nicht sonderlich gut. Dämonen einzufangen ist ein Ding der Unmöglichkeit, erst recht, wenn man ganz allein ist und rein gar nichts von der Bibel versteht. Alles was Peter über die heiligen Schriften weiß, stammt größtenteils aus dem Fernsehen und da ist es ziemlich fragwürdig, was davon stimmt und was für Hollywood ausgeschmückt wurde. Innerlich würde er sich am liebsten ohrfeigen, weil er nie zugehört hat, wenn Ray oder Winston irgendwas aus der Bibel erklärt haben. Wenn er das hier irgendwie heil übersteht, sollte er sich wohl mal mit dem Thema beschäftigen. Vielleicht findet er dann sogar einen neuen Draht zu Winston? Nun muss er aber erst mal sehen, wie er allein damit fertig wird. Gewissenhaft beginnt er zu lesen. *Von der Antike bis zum Mittelalter galt die Mittagsstunde im Volksglauben als bevorzugte Zeit, in der Dämonen und Geister erscheinen. Der Begriff "daimonion mesembrinon" (Mittagsdämon) findet sich erstmals in der Septuaginta in Psalm 91,6 (Seuche, die wütet am Mittag). In Folge wurde der Mittagsdämon, der sich physisch auf das mittägliche Schlafbedürfnis, die Mittagshitze sowie u.a. auf malariabedingte Fieberanfälle zurückführen lässt, durch Euagrios Pontikos im 4. Jh. n Chr. mit akedia (Trägheit) verbunden. Die eigentliche Gefahr liegt aber im Psychischen, denn insbesondere für alte Mönche und Eremiten galt der Mittagsdämon nach Euagrios als der gefährlichste Dämon. Die akedia nimmt die gesamte Seele in Besitz: man wird schwermütig, hadert mit dem eigenen Leben, öffnet Suizidgedanken und Ersatzbefriedigungen, Süchten und Selbstmitleid die Tür. Nach Euagrios galt der Mittagsdämon als eines der acht Hauptlaster, denen er allen eigene Dämonen zuwies und die später zu den Sieben Todsünden wurden. Ihn zu vertreiben bedarf es großer Willensstärke und des Schuldeingeständnisses einer Tat, die auf eine der anderen sechs Todsünden zurückzuführen ist, die aber aus Trägheit bisher nicht ans Tageslicht gekommen ist. Wie schon befürchtet, kann Peter mit dem Text nicht viel anfangen. Diese ganzen Erklärungen klingen für ihn einfach zu weit hergeholt. Aber die Menschen waren damals halt sehr schreckhaft und abergläubisch und lockten damit solche Geschöpfe unbeabsichtigt an. Immerhin weiß der Brünette jetzt, dass er es wirklich mit einem Dämon zu tun hat und das bereitet ihm große Sorge. Schließlich hat er nicht viel Zeit, um sich eine Lösung einfallen zu lassen. Die Zeit spielt im wahrsten Sinne des Wortes gegen ihn. „Warum muss so was auch ausgerechnet mir passieren, wenn keiner da ist?“ Seufzend liest er den Text noch einmal durch, in der Hoffnung etwas mehr Klarheit zu bekommen. Derweilen verebbt der Lärm in der Küche und ein seltsames Schaben setzt ein. Für Venkman klingt es, als würde der Dämon jetzt die Stühle und den Tisch quer durch den Raum schieben. Am liebsten würde er jetzt dort reingehen und dem Biest den Hals umdrehen, weil er sich so einfach nicht konzentrieren kann. Doch das wäre wohl das Dümmste, was er machen könnte. Stattdessen besieht er sich den letzten Abschnitt des Textes noch ein drittes Mal. Tobin erläutert dort scheinbar, wie man den Dämon loswerden kann. Das ist doch mal eine praktische Tatsache, vereinfacht sein Problem aber nur bedingt. „Klingt fast so, als müsste Sylvia dem Dämon gegenüber ihre Sünden beichten, die sie bisher verschwiegen hat, weil es für sie so bequemer ist…“, murmelt Peter vor sich hin. Ihm würde auf einen Schlag auch einfallen, was sie beichten müsste, denn es ist für den Brünetten nicht zu übersehen, dass sie eine Affäre hat. Sie trennt sich allerdings nicht von ihrem Mann, weil dieser jede Menge Geld hat, dass ihr ein sorgenfreies Leben ermöglicht. Wäre bestimmt ein Kinderspiel, dass dem Vieh an den Kopf zu werfen, aber es ist viel zu gefährlich. Was, wenn das Ganze ausartet oder sie sich doch nicht durchringen kann, es auszusprechen? Nein, völlig unmöglich. Ganz egal wie gemein sie auf der High-School zu ihm war, er kann nicht riskieren, dass ihr etwas zustößt. Zivile Opfer sind in jedem Fall zu vermeiden, wenn es nur irgendwie möglich ist. Im aller größten Notfall, wenn ihm wirklich nichts einfällt, um das Ganze rechtzeitig zu beenden, muss er eben morgen noch einmal mit Verstärkung wiederkommen. Vielleicht besteht aber auch die geringe Wahrscheinlichkeit, dass es dem Dämon egal ist, wer ihm eine Sünde beichtet, solange sie der ihrigen gleichkommt. Peter hat in seinem Leben weiß Gott schon genug gesündigt, um den Schädel dieses Biests zum Platzen zu bringen, darunter auch genug Affären, die er ausgelöst hat. Doch in jüngster Zeit gibt es nur eine Sache, die er beichten könnte und für die er sich mehr als alles andere auf der Welt die Schuld gibt. Er hofft inständig, dass es funktioniert. Zwar hat er jedem, der es hören wollte oder auch nicht, schon auf die Nase gebunden, dass er ganz allein an dem Unglück schuld ist, aber der wohl wichtigsten Person konnte er bis jetzt nicht unter die Augen treten. Klar hat er Raymond immer wieder besucht und mit ihm gesprochen, doch er hat sich nie getraut, sich bei ihm zu entschuldigen. Peter redet sich gern ein, dass das daran liegt, dass Ray´s letzte Worte waren, dass er ihm das Ganze nicht übelnimmt, doch das stimmt nicht. Venkman hat schlichtweg unglaublichen Schiss davor, dass der Mechaniker sich genauso von ihm distanzieren könnte, wie es Winston nun macht. Irgendwo tief in seinem Herzen glaubt er zwar nicht, dass Ray das wirklich tun würde, dennoch macht ihm allein schon die Vorstellung solche Angst, dass er kein Wort mehr herausbringt. So gesehen hat sein Verhalten also durchaus etwas mit Trägheit zu tun, da es für ihn einfach viel bequemer ist, es unausgesprochen zu lassen, als sich dem Ganzen zu stellen. Aber eigentlich will er das gar nicht, er will Ray sagen, wie unendlich leid ihm das alles tut und er will es auch akzeptieren, wenn es dann zwischen ihnen einen Bruch gibt. Immerhin wäre sein Gewissen dann erleichtert. Ob sich dieser hässliche Dämon damit zufriedengibt, wird sich zeigen. Also auf in den Kampf, er hat schon genug Zeit mit alldem hier verschwendet! Ihm bleiben jetzt noch vierzig Minuten und dann muss er das Vieh eingefangen haben! Mit einem entschlossenen Luftholen verlässt Peter das Wohnzimmer und schleicht den kurzen Flur entlang. Aus der Küche dringt nun ein leises, gleichmäßiges Klirren, als würde man Besteck oder dergleichen leicht aneinanderschlagen. Den Protonenstrahler an die Brust gepresst, den Finger auf dem Abzug, blickt der Brünette um die Türzarge in den Raum hinein. Der Mittagsdämon liegt auf der Arbeitsplatte neben dem Herd. Seine Augen sind geschlossen, er scheint zu schlafen. Venkman kann sein tiefes Atmen durch das Klirren hindurch hören. Der lange Schwanz des Wesens bewegt sich unentwegt hin und her und gleitet dabei durch eine Reihe an der Wand aufgehängter Kochlöffel, Bratenwender und anderer Küchenhelfer. Das Aneinanderschlagen der größtenteils metallischen Teile verursacht dabei das leise Klirren. Ernst fixiert Peter das Geschöpf, lädt den Strahler durch und springt dann mit einem einzigen Satz in den Raum. Glühende Protonen sammeln sich an der Spitze der Kanone. „Schluss mit Siesta, du zu großgeratene Handtasche!“, wirft ihm der Anführer der Ghostbusters entgegen und feuert einen Schuss ab. Der grelle, hochenergetische Strahl jagt zuckend durch die Küche und erhellt sie für einen Moment noch mehr, als die Mittagssonne. Das hat Peter nicht bedacht. Der Raum ist schlagartig so überbelichtet, dass er geblendet zurückweicht. Diese Unachtsamkeit gibt dem Dämon genug Zeit, sich aus der Schussbahn zu bringen. Ehe der geblendete Mann den Strahler abschalten kann, verfehlt dieser sein Ziel und brennt ein Loch in die Holzverkleidung des Kühlschranks. Ein schwelendes Mal bleibt zurück, das Peter irritiert betrachtet, nachdem er seine Sicht halbwegs wiedergefunden hat. „Scheiße…“, entkommt es ihm und er reibt sich die Augen. Plötzlich ertönt hinter ihm ein müdes Lachen. Blinzelnd wendet sich der Geisterjäger um und entdeckt das Wesen auf einer anderen Arbeitsplatte neben der Spüle. Vor seinen Augen tanzen immer noch bunte Punkte, doch das Grinsen auf dem zahnlosen Maul des Dämons ist nicht zu übersehen. „Dir wird das Lachen schon noch vergehen, du Bettvorleger!“, schimpft Peter ihn, erntet aber nur wieder Gelächter. „Da bin ich anderer Ansicht, Sünder…“, gibt das Wesen in einem gelassenen, fast schläfrigen Ton von sich. „Ach ja? Das wollen wir doch mal sehen!“ Erzürnt richtet Venkman den Strahler erneut auf die Gestalt und feuert. Und wieder wird er geblendet. „Ah!“ Hilflos drückt sich der junge Mann die freie Hand auf die schmerzenden Augen und stolpert gegen die Kante des Tisches. ‚So wird das nichts, Petie! Du musst dir etwas Anderes einfallen lassen…‘, geht es ihm durch den Kopf. Stöhnend öffnet er die Augen. Nun sind die bunten Punkte in seinem Sichtfeld noch viel größer und er nimmt alles nur noch verschwommen wahr. Seine Augen sind scheinbar verblitzt worden und es wird wohl eine Weile dauern, bis er wieder klarsehen kann, doch das darf er sich nicht anmerken lassen. Immerhin kann er erkennen, dass sein zweiter Schuss das Abtropfgestell erwischt hat, von dem der Dämon vorhin die Teller zu Boden geworfen hat. Das lindgrün lackierte Metallgeflecht klebt halbgeschmolzen an der Wand, deren Fliesenspiegel verschmort zu ihm hinüber schielt. Einige Scherben der glänzenden Quadrate liegen im Spülbecken verteilt und hinterlassen ein blankes Fenster, durch das man den nackten Putz sehen kann. „Oh Backe…“ Ohne Schäden geht es nie, das ist Venkman klar und es stört ihn auch kein bisschen, im Gegensatz zu seiner Sichtbehinderung. Suchend schaut er sich in der Küche um, doch er findet den Dämon einfach nicht. „Was ist los, Peter Venkman? Hast du ein Problem?“, kommt es glucksend von dem Wesen, das nun auf dem Herd hockt. Der Brünette folgt dem Geräusch seiner Stimme und entdeckt ihn schließlich. „Für dich immer noch Dr. Peter Venkman, du hässliche Promenadenmischung!“, gebärt sich der Geisterjäger. Blinzelnd versucht er das Wesen zu fixieren, doch es wird nicht besser. Stattdessen beginnen seine Augen zu tränen. Ein Grinsen breitet sich auf dem Gesicht des Wesens aus. „Du siehst mich nicht und genauso sehe ich es auch nicht ein, dich bei einem Titel zu nennen, den du nicht verdient hast.“ Peter gibt ein verärgertes Knurren von sich. Jetzt machen sich schon solche Biester über seinen harterkämpften Titel lustig? Das ist doch echt das Letzte! „Und ob ich den verdient hab, du mieses Vieh! Ich hab schließlich nicht umsonst all die Jahre studiert…“ Ein drittes Mal versucht Venkman auf die Gestalt zu zielen. Diese lacht aber nur wieder und rührt sich kein Stück. „Ich wusste gar nicht, das die Definition von studieren darin besteht, mit Mädchen auszugehen, mit Jungs ins Bett zu steigen und andere die Arbeit für einen machen zu lassen.“, neckt ihn der Mittagsdämon. Mit offenem Mund starrt der Brünette ihn an. Er will schon fragen, wie er auf solche Sachen kommt, doch dann fällt ihm ein, dass das Biest ihn ja auch beim Namen genannt hat. Ein ungutes Gefühl steigt in Peter auf. Er kann sich die Antwort zwar schon fast denken, dennoch stellt er dem Wesen die Frage. „Woher willst du das denn wissen?“ Lachend streckt sich das Mischwesen auf dem Herd aus. „Ich dachte, das wüsstest du? Ich bin die Trägheit, eine der Sieben Todsünden. Ich weiß alles, was die Sterblichen in meinem Namen gemacht haben und du warst immer einer meiner liebsten Sünder in diesem Teil von New York. Es war nur eine Frage der Zeit, bis wir uns einmal persönlich begegnen und du dafür Buße tun musst.“ Langsam verschwinden die tanzenden Punkte vor seinen Augen, aber er sieht immer noch alles verschwommen. „Na und? Dann hab ich mich halt durch mein Studium geschummelt. Was ist schon dabei? Es hat niemandem geschadet, außer mir selbst und ich bereue es fast jeden Tag, sobald Egon den Mund aufmacht und ich nur Bahnhof verstehe. Aber das ist mein Problem und ich kann gut damit leben!“, entgegnet ihm der Brünette. „Das ist aber nur die Spitze eines stetig anwachsenden Eisbergs, Peter Venkman.“ Der Angesprochene lädt seinen Strahler wieder durch und versucht zu zielen. „Ist mir doch egal!“, erwidert er und will den Abzug drücken, dann lässt er die Waffe jedoch sinken und gibt ein erneutes Knurren von sich. „Was ist los, Sünder? Ist dir etwa aufgegangen, dass das ein Gasherd ist und du mit deinem Spielzeug das halbe Gebäude in die Luft jagen könntest? Mir soll das ja nichts ausmachen, aber du würdest damit endlich mal für deine Sünden büßen. Also, warum schießt du nicht einfach?“ Grinsend macht es sich der Dämon noch etwas bequemer auf der Herdplatte. „Ha, das hättest du wohl gern, was? Ich bin vielleicht faul oder egoistisch, aber so lebensmüde noch lange nicht! Also halt die Klappe und schieb deinen Hintern irgendwo hin, wo ich dir meinen Strahler reinschieben kann, Freundchen!“ „Deine Ausdrucksweise ist wirklich herzerwärmend, muss ich zugeben. Was sagen denn deine Freunde dazu?“ Verdutzt sieht Peter ihn an und überlegt fiberhaft, wie er das Biest vom Herd weglocken kann. „Ich weiß nicht, was du meinst…“ gibt der Brünette von sich. Dabei fällt ihm ein, was in Tobin´s Geisterführer stand. Das der Mittagsdämon negative Gefühle in einem verstärkt und versucht einen zu manipulieren, damit man Buße tut, indem man im besten Fall Selbstmord begeht und dem Wesen so seine Seele verkauft. ‚Ich darf mich nicht von ihm einlullen lassen…!“, versucht er sich zu bestärken, doch das ist leichter gesagt, als getan. Grinsend blickt ihn der Dämon an. „Ich denke schon, dass du weißt, was ich meine. Mit deiner Art und Weise machst du es den Leuten in deiner Nähe nicht gerade leicht, dich zu mögen.“ „Ach ja? Ich zwing ja niemanden, in meiner Nähe zu sein und schon gar nicht, mich zu mögen!“, wirft Venkman zurück. „Und was ist mit deinen Kollegen? Sie sind schon irgendwie gezwungen in deiner Nähe zu sein und all deine Launen zu ertragen, meinst du nicht?“ Suchend blickt sich der Brünette in der Küche um. Er muss einfach etwas finden, das den Dämon an eine andere Stelle lockt. „Die kommen damit schon klar…“, gibt er nebensächlich zurück. „Wirklich? Und was ist mit Raymond?“ Das war es jetzt. Es ist, als würde ein Blitz durch Peters Kopf jagen. Ruckartig richtet er den Blick auf das Wesen. Seine verblendeten Augen starren es hilflos an. Der Mund klappt ihm auf und er lässt den Strahler sinken. „Ray…“, flüstert er schon fast. „Oh ja, Raymond ist nur deinetwegen verletzt worden, wäre fast gestorben, weil du eine bequeme Lösung für dein ‚kleines‘ Problemchen gesucht hast, Sünder!“ Nun erhebt sich das Wesen, doch Peter nimmt es gar nicht mehr wahr. Sein Blick ist zwar immer noch getrübt, doch nun scheinen seine Augen jeglichen Glanz zu verlieren, völlig leer zu sein. „Ich bin schuld an allem…“, flüstert er. Natürlich ist ihm das schon eine ganze Weile klar und er hat sich damit auch irgendwie abgefunden, doch es liegt noch so viel Unausgesprochenes zwischen ihm und Ray, das ihm jetzt zu schaffen macht. Er hatte gehofft, dass dieses Thema nicht zur Sprache kommt, doch eigentlich hätte ihm klar sein müssen, dass es das einzige Thema ist, auf das es diesem Wesen wirklich ankommt. Die Macht des Dämons beginnt zu wirken und Peter kann sich dem nicht mehr entziehen. „Du hast ihn benutzt, weil es dir zu lästig war, auf die Suche zu gehen und doch keinen Erfolg zu haben, nicht wahr?“, bohrt der Mittagsdämon weiter nach und nähert sich langsam dem Tisch, an dem Venkman noch immer lehnt. „Ja – Es war so schwierig – und Ray war – war einfach da…“ Peter beginnt zu zittern. Seine Beine geben nach und er sinkt auf die Knie. Ungeachtet liegt der Strahler in seinem Schoß. Der Dämon springt auf den Tisch und legt sich auf die Platte. „Ja, er war einfach da und du hast seine Gutmütigkeit erneut ausgenutzt. Dich der Wollust ergeben, die dich befallen hat. Der Neid hatte dich ebenfalls zerfressen und du wolltest ihn ganz für dich allein! Es ist einfach herrlich! Mir ist selten ein Sterblicher begegnet, der so viele Todsünden in sich vereint hat, wie du!“ Amüsiert rollt sich das Wesen auf dem Tisch herum und lacht. Peter versinkt unterdes immer mehr in der Schwärze, die sich in seinem Herzen ausbreitet. „Ich bin schuld…“, murmelt er und eine Träne rinnt seine Wange hinab. „Schuld ist gar kein Ausdruck für dein Vergehen, Peter Venkman. Und ich glaube, deine Freunde wären ohne dich viel besser dran. Du stehst ihnen eh nur im Weg, sieh es ein!“ Schluchzend sitzt der Brünette auf dem Boden. Seine ganze Welt scheint plötzlich über ihm zusammenzubrechen. Alles, worüber er sich nie wirklich Gedanken gemacht hat, kommt jetzt hoch. All die Leute, die er ausgenutzt und benutzt hat, weil es so viel einfacher für ihn war. Nicht wenigen davon hat er unbewusst oder auch bewusst wehgetan, sie ins Unglück gestürzt. Er steht allen wirklich nur im Weg. Wenn er nicht wäre, ginge es allen viel besser! Langsam springt der Dämon auf den Boden und setzt sich Peter gegenüber. Ein beinahe liebevolles Lächeln breitet sich auf seinem zahnlosen Maul aus. „Schenk mir deine Seele, Peter und alles wird wieder gut werden. All deine Sünden werden dir verziehen und du erhältst einen Platz im Paradies!“, lockt ihn das Wesen. In den Ohren des Brünetten klingt dies viel zu schön, um wahr zu sein und dennoch glaubt er es. Fast schon nebenbei stupst das Mischwesen eines der Messer an, die auf dem Bode verteilt liegen. Leicht kreiselnd rutscht es zu dem jungen Geisterjäger hinüber. Mit großen, leeren Augen sieht Peter es an. Es scheint nach ihm zu rufen, ihm das Paradies zu versprechen. Unter all seinen Tränen huscht ein kleines Lächeln über seine Lippen, das voller Hoffnung steckt. Ohne ihn wäre die Welt so viel besser dran! Zielstrebig streckt er seine Hand nach der scharfen Klinge aus. Seine Finger zittern leicht, doch sein leerer Blick wirkt entschlossen. „Das Paradies…“, flüstert er und betrachtet das funkelnde Messer in seiner Hand. „Ja, Peter! Schenk mir deine Seele und alles wird gut werden!“ „Meine Seele…“, haucht der Brünette in die Mittagssonne hinein. Ungeachtet dessen rücken die Zeiger der Uhr immer weiter voran und nähern sich unablässig der neuen Stunde. Mit leerem Blick schiebt sich Peter den linken Ärmel seines Overalls nach oben und entblößt seinen Unterarm. Seine zitternde Rechte umfasst das Messer voller Entschlossenheit. Drückt die kalte Klinge gegen die Innenseite seines Handgelenks. Sein Pulsschlag wummert gegen den rostfreien Stahl. Heißes Blut fließt nur Bruchteile von Millimetern unter der Haut entlang, schiebt sich ungehindert am Messer vorbei. Ahnt nicht, dass es gleich ans Tageslicht treten wird und das Schicksal eines jungen Mannes besiegelt. „So ist es gut, Peter. Büße für deine Sünden und schenk mir deine Seele!“, fordert ihn der Dämon drängend auf. Venkman allerdings schweigt, starrt nur mit leeren Augen das Messer auf seiner Haut an, während Tränen seine Wangen benetzen. Die Gestalt wird ungeduldig, bevor er stirbt, muss er ihm seine Seele übergeben, sonst war alles umsonst. „Nun sag es, Peter! Sag, dass du mir deine Seele schenkst!“ „Verrecke…“, kommt es kaum hörbar von dem Brünetten. Irritiert erhebt sich das Wesen und tritt einen Schritt näher heran. „Was hast du gesagt, Sünder? Sprich lauter!“ schlagartig hebt Peter den Kopf. Seine Augen sind wieder völlig klar und seine Sicht ebenso. Überrascht weicht der Mittagsdämon einen Schritt zurück. Ein vollkommen irres Grinsen breitet sich auf Venkmans Gesicht aus und er wirft das Messer nach dem Mischwesen, wie ein Darsteller im Zirkus. „Ich sagte, verrecke, du Mistvieh!“ In einer erstaunlich schnellen und geschmeidigen Bewegung erhebt sich der Geisterjäger, weicht ein paar Schritte zurück und feuert mit dem Strahler auf die Trägheit. Dabei presst er die Augen fest zusammen, um nicht wieder geblendet zu werden. Das Wesen ist von alledem so überrumpelt, dass es nicht mehr reagieren kann. Hilflos wird es von den Protonen umschlossen, an jeder Bewegung gehindert, zu Boden gerungen. „Du elendiger Sünder!“, gebärt es sich. „Ich mag vielleicht ein Sünder sein, doch verarschen lass ich mich nicht von dir! Ich kenn die Bibel nicht, doch ich weiß, dass Selbstmord gegen die Zehn Gebote verstößt und auch wenn ich nicht an Gott glaube, hab ich keinen Bock die Ewigkeit deswegen in der Hölle zu verbringen!“ Der Brünette wirft blind die Falle zu Boden und kickt sie zu dem zappelnden Wesen hinüber. „Aber ich kenne einen hübschen Platz, an dem du die Ewigkeit verbringen kannst!“ Entschlossen tritt Peter auf den Auslöser und öffnet die Geisterfalle. Wieder erfüllt helles Licht die Küche und umfängt die Todsünde, klammert sich mit aller Macht an sie. Die Geräusche in der Küche lassen Peter leise hoffen. „Nein! – NEIN! – Ich komme wieder und dann bist du fällig, Venkman!“, presst der Mittagsdämon hervor, bevor er in die Falle gesaugt wird. Geräuschvoll verschließt sich das kleine Gefängnis. Ladungsblitze zucken über die Oberfläche und lassen den Kasten hin und her wackeln. Dann verstummt jeglicher Laut und die Falle verriegelt. Vorsichtig öffnet der Brünette die Augen. Für einen Moment steigt feiner Qualm auf und schwebt in das Sonnenlicht hinein. Sekunden später wird das Apartment vom Klang der großen Standuhr erfüllt, die die nächste Stunde verkündet. Im selben Augenblick sinkt Peter erschöpft auf die Knie. „Au Mann, das war haarscharf…“, seufzt er in den leeren Raum hinein. Geistesgegenwärtig betrachtet er seinen blanken, linken Arm. Dort, wo das Messer lag, ist ein hauchfeiner Schnitt zu sehen, der dem Brünetten deutlich macht, wie knapp er seinem Verderben entkommen ist. Ja, er war im Bann des Dämons gefangen und drauf und dran sich die Pulsadern aufzuschneiden. Doch er hat gekämpft, mit aller Macht dagegen angekämpft und es im letzten Moment geschafft, sich zu befreien. Aber es war so knapp gewesen, dass er kaum daran geglaubt hat, es zu schaffen. Dennoch hat es ihn sehr geprägt und er weiß auch schon, was er machen wird, wenn er hier fertig ist. Schwerfällig steht er auf, steckt seinen Strahler weg und schnappt sich die Falle. Kurz darauf verlässt er erschöpft das Gebäude. Sylvia stürzt aus dem Einsatzwagen hinaus, als sie Peter auf die Straße treten sieht. „Ist dieses Ding weg?“, fragt sie aufgelöst. Venkman versucht gar nicht erst, sein schlechtes Befinden zu verstecken, dennoch scheint die Blondine keinen Blick dafür zu haben. „Mir geht´s gut, danke der Nachfrage.“, harscht er sie etwas ungehalten an und hält ihr dann die Falle vor die Nase. Überrascht sieht sie das Gebilde an. „Ich hab das Vieh…“, erklärt er und wie zur Bestätigung werden ungehaltene Geräusche aus dem Inneren der Falle laut. Erschrocken weicht Sylvia einen Schritt zurück. Ernst mustert Peter seine einstige Liebe. „…doch ich rate dir, deine Affäre zu beenden und deinem Mann zu erzählen, was du getan hast, sonst kann ich nicht dafür garantieren, dass das Biest nicht wiederkommt. Es wurde nämlich von deinen Sünden angelockt und wollte, dass du Buße tust…“ Mit offenem Mund starrt sie ihn völlig entgeistert an. „Aber Peter, was erzählst du denn da?“ Der Angesprochene verstaut seine Ausrüstung im Kofferraum und steigt in den Wagen. „Ich bin nicht blind, Sylvia und schon gar nicht blöd. Und wenn dir auch nur irgendwas an deinem Mann liegt, dann stellst du das klar…“ Ohne eine Antwort von ihr abzuwarten, schließt er die Tür, lässt den Wagen an und fährt einfach davon. Verständnislos blickt sie Ecto-1 hinterher. Wie konnte er nur von ihrer Affäre wissen, fragt sie sich, als sie die Stufen zu ihrem Apartment hinaufsteigt. Statt einer Antwort, findet sie eine Notiz von Peter an der Haustür. Dort steht noch einmal eindringlich, dass sie das Ganze beenden und ihrem Mann gestehen soll, da das Wesen sonst wiederkommen könnte. Es steht sogar da, dass es sich dabei um die Trägheit handelt, doch glauben kann sie das nicht. Unter der Notiz hängt noch ein Zettel. Dabei handelt es sich um Peters Rechnung, doch sie wird sie ganz sicher nicht bezahlen! Wo kommen wir denn dahin? Zwanzig Minuten später biegt Ecto-1 auf den Parkplatz des Krankenhauses ein. Ehe Peter das Gebäude betritt, besieht er sich noch einmal den hauchfeinen Schnitt an seinem linken Arm. Es floss kein Blut, der Schnitt ist so fein, dass nur ein paar Hautschichten durchbrochen sind, dennoch könnte es in seinen Augen nicht deutlicher sein. Wehmütig krempelt er sich den Ärmel wieder hinunter und tritt durch die Eingangstür. Kurze Zeit später erreicht er die Reha-Abteilung, in der Ray sein Training absolviert. Unauffällig schlicht sich der Brünette in den Saal und setzt sich am Rand auf einen Stuhl. Der Mechaniker scheint gerade erst fertig geworden zu sein und spricht noch mit seiner Ärztin. „Was machst du denn hier, Venkman?“, zischt auf einmal eine Stimme neben ihm. Als er sich umblickt, sieht er Winston unweit von ihm sitzen. Ihre Blicke treffen sich und der Schwarzhaarige sieht auf einmal gar nicht mehr so erzürnt aus. Misstrauisch mustert er seinen Chef. „Was ist passiert?“, fragt er ihn. Peter seufzt. „Ich bin hier, um mit Ray zu reden – mich zu entschuldigen…“ Überrascht sieht Winston ihn an. „Wie kommt der plötzliche Sinneswandel?“ „Naja, sagen wir einfach, ich hätte gern einen Platz im Paradies, wenn das hier alles vorbei ist…“ „Was soll das denn heißen?“ Doch Peter antwortet ihm nicht, wartet nur darauf, dass Ray zu ihnen kommt. „Oh, hey Peter! Was führt dich denn hierher?“, fragt Ray in seinem gewohnt fröhlichen Ton, obwohl ihm die Anstrengung vom Training noch deutlich anzusehen ist. Entschlossen erhebt sich der Brünette und ergreift die Hände seines Kollegen. Es wirkt wie in einem kitschigen Liebesfilm und dennoch könnte es Peter kaum ernster sein. Fest sieht er ihm in die Augen, dass es Ray schon beinahe unbehaglich wird. Winston will schon aufstehen und das Ganze beenden, doch der Rothaarige deutet ihm an, zu warten. „Ray, ich möchte, nein – ich muss mit dir reden! Bitte hör mich an…“ Eine Woche später erreicht ein Brief das Hauptquartier, in dem Peter doch tatsächlich die Summe Geld findet, die Sylvia ihm geschuldet hat. In einer kurzen Nachricht bedankt sie sich für seine Hilfe und teilt ihm mit, dass sich nun alles ändern wird. Mit einem Funken Erleichterung lässt sich der Anführer der Geisterjäger auf seinen Stuhl nieder und schlägt die Zeitung auf. Allerdings kommt er nicht weit, sie zu lesen. Als er die Seiten umblättert, springt ihm ein Artikel in die Augen. Beinahe Fassungslos setzt er sich wieder gerade hin und legt kraftlos die Zeitung auf den Schreibtisch. In dem Artikel geht es um den Selbstmord einer jungen Frau. Ihr Vorname wird nicht genannt, doch das Bild zeigt ihm eindeutig, dass es sich um Sylvia handelt. Der Reporter berichtet, dass sie die Frau eines wohlhabenden Geschäftsmannes war, der sein Geld mit einer Kette Autohäuser in Manhattan macht. Allerdings ist dieser Herr fast doppelt so alt wie sie, weshalb sie eine Affäre hatte, von der er nichts wusste. Scheinbar kam sie nicht mehr mit dem Gedanken zurande, die beiden Männer von einander fernzuhalten, doch sie wollte das Ganze auch auf keiner Seite beenden. Daher wählte sie den leichtesten Weg und schnitt sich gestern Abend in der Badewanne die Pulsadern auf. Ihr Mann versteht überhaupt nicht, warum sie das getan hat, sie wirkte immer so glücklich mit ihm. Peter ist sich nicht sicher, wer ihm mehr leidtun soll. Ihr Mann, der nichts ahnte; ihr Liebhaber, der sich sicher noch einiges anhören darf; oder er sich selbst, weil er sie regelrecht versucht hat, dazu zu drängen, es öffentlich zu machen. Während Venkman noch darüber nachdenkt und ihrem Mann ein Beileidsschreiben schickt; indem er ihm erzählt, was die unheimlichen Gegebenheiten waren, von denen seine Frau vor einer Weile berichtet hatte und die er für Unsinn hielt, da er sie nicht wahrgenommen hat; ertönt aus dem Verbannungscontainer ein widerwärtiges Lachen. Die Trägheit mag im Moment vielleicht eingesperrt sein, doch im Endeffekt siegt sie immer, da er Mensch nun mal ein überaus bequemes Wesen ist, das oftmals den leichtesten Weg vorzieht, ganz egal, welche Auswirkungen dies auf andere haben mag… Kapitel 16: Deep blue sea... ---------------------------- Zwei Monate später… Sonne, Sand und endlos blaues Meer, was kann man sich mehr wünschen? Einiges wahrscheinlich, doch die Geisterjäger sind mit diesem Anblick schon mehr als zufrieden. Gemächlich fährt ihr dunkelgrauer Mietwagen die Einfahrt zum Barefoot Beach Resort entlang. Gelbe und blaue Ferienhäuser reihen sich friedlich aneinander, umgeben von sattgrünen Palmen, durch die man den endlosen, weißen Strand sehen kann, der sich am Golf von Mexiko entlangwindet. Keine einzige Wolke trübt den Blick. Am Himmel ziehen Möwen umher, braungebrannte Männer und Frauen schlendern die verzweigten Wege der Ferienanlage dahin und die Sonne steht glühend über alledem und erhellt die Gemüter. Florida könnte kaum schöner sein, als in diesem Moment. Mit staunenden Blicken versuchen die fünf die vielen Eindrücke einzufangen und doch können sie ihren Augen kaum trauen. Nach all dem Bangen und Hoffen, all der Anstrengung und Verzweiflung der letzten Monate haben sie sich diesen Urlaub auch mehr als verdient. Ray ist inzwischen wieder vollständig genesen, nur eine kleine Narbe an seiner rechten Schläfe, knapp unterhalb des Haaransatzes zeugt noch von seinem Unfall. Die Stimmung zwischen den Ghostbusters hat sich zudem wieder etwas verbessert, auch wenn es Winston immer noch vorzieht, etwas Abstand zu Peter zu halten und ihn auch weiterhin nur mit seinem Nachnamen anzusprechen. Doch Venkman hat sich inzwischen ziemlich gut damit abgefunden und solang ihre Disharmonie nicht ihre Einsätze stört, ist alles bestens. Prüfend blickt Janine auf die Reservierung. „Nummer dreizehn – da vorne ist es!“, verkündet sie aufgeregt und Winston bringt den Wagen vor dem hellgelben Ferienhaus zum Stehen. „Sagtest du dreizehn? Na, das kann ja heiter werden…“, kommt es von Peter, der sich vom Rücksitz nach vorn beugt und die Hütte betrachtet, die sie für die nächsten sieben Tage bewohnen werden. „Glaubst du etwa an solchen Unsinn, Venkman?“, wirft der Bauarbeiter nach hinten und legt die Parkposition ein. Keck zwinkert der Brünette ihm zu. „Nee, aber bei unserem Glück kann man ja nie wissen.“ Egon schiebt sich die Brille zurecht und beugt sich ebenfalls nach vorn. „Da kann ich Peter nur zustimmen. Die Zahl dreizehn steht in vielen Kulturen für Unglück und Verderben und bei unserer Kombination aus Gegebenheiten und Menschlichkeit ist es nur eine Frage der Zeit, bis uns diese Tatsache zu Fall bringen wird, ob wir nun daran glauben oder nicht…“ Mit erhobener Augenbraue dreht sich Winston herum. „Das ausgerechnet von dir zu hören, Egon, überrascht mich.“ „Aus rein wissenschaftlichem Standpunkt sehe ich natürlich keinen Zusammenhang zwischen bestimmten Zahlen und dem Potential der Heraufbeschwörung sogenannten Unglücks. Aber wie bei allen Dingen ist es die Masse, die den ausschlaggebenden Punkt macht. Je mehr Leute an eine bestimmte Tatsache glauben, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie auch eintrifft und somit den Aberglauben bestätigt. Und sei dies nur durch die entstehende Nervosität der Bevölkerung, die dann automatisch unvorsichtiger macht.“, erwidert der Tüftler. „In manchen Kulturen gilt die dreizehn aber auch als Glückszahl.“, entgegnet Winston. „Da kann ich nur zustimmen. Im zweiten Buch Mose werden Gott zum Beispiel dreizehn positive Eigenschaften zugeschrieben und im jüdischen Gebetbuch Siddur ebenfalls.“, meldet sich Ray. „Mag ja sein, aber gleichermaßen gilt sie nun mal als ultimative Unglückszahl. Weshalb es in vielen Hotels oder Krankenhäusern kein dreizehntes Zimmer gibt. In Flugzeugen fehlt oft die dreizehnte Reihe und auch in hohen Gebäuden wird oftmals das dreizehnte Stockwerk nicht mit dem Fahrstuhl angefahren und sogar auf Rennstecken wird sie als Startnummer ausgelassen.“, argumentiert Peter weiter. „Die Dreizehn galt auch als Verschwörungszahl auf dem 1-Dollar-Schein. Sie kommt sogar dreizehnmal auf der Banknote vor, versteckt in verschiedenen Bildern und Texten…“, erzählt der Mechaniker. „Das liegt aber auch daran, dass die Zahl auf dem Geldschein ursprünglich für die dreizehn Gründerstaaten steht. Daher ist es fraglich, ob dahinter eine Verschwörung…“, setzt Egon zum Gegenargument an. „Nun haltet mal die Luft an, Jungs! Wir sind hier zum Urlaubmachen und nicht zu einem Lehrgang in Zahlenkunde!“, unterbricht Janine das Ganze schließlich, denn sie bekommt schon Kopfschmerzen vom Zuhören. Irritiert blicken sie die vier Männer an. Sie waren so in ihre Unterhaltung vertieft, dass sie ihre Anwesenheit gar nicht mehr wahrgenommen haben und nun völlig erstaunt darüber sind, dass sie die Stimme erhoben hat. Leicht herausfordernd mustert die Rothaarige ihre vier Kollegen. Diese räuspern sich alle etwas verlegen und lösen ihre Gurte. „Schon besser und jetzt lasst uns reingehen. Ich will an den Strand, bevor sich dort alle breitmachen!“, weist die Sekretärin sie an. Ohne Widerworte steigen die Geisterjäger aus und folgen ihr zu der Hütte. Das sonnenglebe Häuschen ist auch von Innen in einem zarten Gelb gestrichen und wirkt somit hell und freundlich. Fast alle Möbel sind weiß und verleihen den Räumen damit etwas schlicht-elegantes. Langsam wandern die fünf durch die einzelnen Zimmer und blicken sich um. Ein geräumiges Wohnzimmer lädt zum gemütlichen Beisammensein ein. Direkt daran schließt sich eine offene Küche mit Glasfront an, durch die man Richtung Strand blicken kann. Ein Bad mit Wanne und ebenerdiger Dusche runden das Ganze ab. Über eine geschwungene Treppe erreicht man den Schlafbereich der Hütte. Hier gibt es drei Zimmer mit je zwei Betten, die durch einen offenen Durchgang miteinander verbunden sind. Es dauert nicht lange, bis sich jeder einen Platz für die Nacht ausgesucht hat. Dabei nimmt Janine das Zimmer ganz außen, in der Mitte machen es sich Egon und Peter gemütlich, neben der Treppe finden sich Ray und Winston ein. Nicht lange später haben sich alle ihre Badesachen angezogen und machen sich auf zum Strand. Soweit das Auge reicht, erstreckt sich vor ihnen der weiße Sand und dahinter das türkisblaue Meer. Seichte Wellen schwappen auf den Strand, eine angenehme Brise weht einem um die Nase und der warme Sand streichelt einem die nackten Füße. Seufzend lässt sich Janine auf ein Handtuch nieder. Erfreut stellt sie fest, dass Egon sein Handtuch direkt neben ihr ausbreitet. Verträumt beobachtet sie, wie der hochgewachsene Blonde einen Sonnenschirm aufspannt und sich dann mit einem Buch neben ihr niederlässt. ‚Dieser Urlaub wird sicher etwas ganze Besonderes…‘, geht es ihr durch den Kopf, wobei sie hofft, dem Tüftler endlich mal etwas näher kommen zu können. Dieser Gedanke soll sich noch bewahrheiten, aber ganz sicher nicht so, wie sie es sich wünscht. Während sie ihrem Angebeteten flüchtige Blickt zuteilwerden lässt und sich ausmalt, wie sie allein mit ihm im Sonnenuntergang spazieren geht, wird sie schlagartig daran erinnert, dass sie ja nicht nur mit Egon Urlaub macht. Mit einem sandigen Plumpsen landet ein Knäuel Handtücher und anderes Zeug neben ihr, als sei es gerade aus einem Flugzeug gefallen, und drei Gestalten rennen ungelenk über den Sand Richtung Meer an ihr vorbei. „Der Letzte im Wasser ist ein schleimiger Geist!“, grölt Peter über den Strand und baut seinen Vorsprung aus. „Hey! Das ist unfair! Ich kann doch gar nicht schwimmen…“, ruft Ray hinterher und versucht ihn einzuholen. Allerdings kommt er in dem Pulversand kaum vorwärts. Beinahe wäre er sogar hingefallen, wenn Winston nicht seine Hand ergriffen hätte. „Immer langsam. Ich pass schon auf dich auf.“, gibt der Schwarzhaarige zurück. Unter den Arm geklemmt trägt er einen bunten Wasserball. An der Hand führt er seinen Freund dann zum Wasser. Auf Ray´s Wangen breitet sich dabei ein roter Schimmer aus und er sieht sich etwas scheu um. Doch die anderen Leute am Strand nehmen von ihnen aber kaum Notiz. „Seid ihr eingeschlafen oder was?“, ruft Venkman den beiden zu, aber Ray und Winston lassen sich nicht beirren. Geschickt zieht Peter seine Runden durch das warme Wasser, während seine beiden Kollegen nur bis zu den Knien ins Nass waten und dann anfangen sich den Ball zu zuwerfen. Eigentlich will der Brünette schon fragen, ob sie aus Zucker sind und deswegen nicht zu ihm kommen, doch dann fällt ihm ein, dass Ray ja gar nicht schwimmen kann und so stapft er zu ihnen und sie spielen gemeinsam eine Weile. Mit einem genervten Seufzen betrachtet Janine das ganze Schauspiel. „Wie kleine Kinder…“, gibt sie etwas verstimmt von sich. Egon blickt sie über sein Buch hinweg an. „Lass sie nur. Umso schneller werden sie müde und verlieren den Elan.“ Der Gedanke gefällt der Rothaarigen durchaus. Je eher die drei müde ins Bett fallen, desto eher kann sie mit Egon einen romantischen Spaziergang machen. Da kommt ihr auch gleich eine Idee, um das Ganze ein bisschen in Schwung zu bringen. „Oh Egon, wärst du wohl so lieb und reibst mich mit Sonnenöl ein?“, fragt sie den Blonden zuckersüß. Der Angesprochene linst wieder über sein Buch und mustert die Flasche, die sie ihm entgegenhält mit skeptischem Blick. „Ich denke, du schaffst das auch allein…“, gibt er knapp zurück. Es klingt keineswegs unhöflich oder ablehnend, er findet nur einfach den Gedanken sein Buch mit öligen Fingern anfassen zu müssen, nicht zu berauschend, da man das Zeug ja auch nie wieder richtig loswird. Zuerst ist Janine irritiert von seiner Antwort, doch so leicht gibt sie sich nicht geschlagen. „Natürlich schaffe ich das, nur eben nicht auf dem Rücken.“, beharrt sie weiterhin. Leicht resignierend legt Egon sein Buch zur Seite und blickt zu seinen drei Kollegen hinüber. Etwas verloren beobachtet er, wie sie nun scheinbar versuchen Ray das Schwimmen beizubringen. Das Ganze wirkt ziemlich chaotisch, als versuche man eine Katze zum Baden zu überreden, dennoch scheinen sie Spaß dabei zu haben. Um die Mundwinkel des Tüftlers zuckt ein kleines Lächeln. Nach allem, was passiert ist, ist es wirklich gut, zu sehen, dass sich die drei doch noch irgendwie verstehen. Dann wendet er sich wieder zu Janine. „Nun gut. Ein angemessener Sonnenschutz ist bei dieser Belastung von UV-B-Strahlung überaus wichtig. Es wäre schließlich äußerst unschön, wenn du einen Sonnenbrand bekommen würdest…“, gibt er sich geschlagen und nimmt die Flasche mit dem goldgelben Öl entgegen. Mit einem Anflug von Triumph lächelt ihm die Rothaarige entgegen und legt sich dann bäuchlings auf das Handtuch. Langsam lässt Egon einen Klecks von dem Sonnenöl auf ihren blanken Rücken laufen. Mit den Fingerspitzen beginnt er es anschließend zu verteilen. Seine Berührungen fühlen sich so sanft und weich an, als würde Janine von kleinen Katzenpfötchen gestreichelt werden. Unweigerlich gibt sie ein wohliges Seufzen von sich und schließt die Augen. Ach, könnte dieser Moment doch nur ewig dauern! Doch es ist schon wieder vorbei. Etwas enttäuscht setzt sie sich wieder hin und blickt zu den Jungs, die im Wasser herumtoben. „Ich muss sagen, dass deine Schultern sich ziemlich verspannt anfühlen. Vielleicht sollten wir darüber nachdenken, dir einen neuen Schreitischstuhl zu kaufen…“, wirft Egon plötzlich ein. Etwas überrascht blickt sie ihn an. So zart, wie er sie berührt hat, kann sie sich kaum vorstellen, dass er da merkt, wie verspannt sie scheinbar ist. „Da könnest du recht haben. Aber das hilft mir jetzt auch nicht. – Aber vielleicht kannst du mich ja ein bisschen massieren…?“, fragt sie ihn beiläufig. Etwas ungeschickt versucht sich der Blonde die Brille mit dem Handrücken zu richten und mustert sie dann abschätzend. Diesmal scheint er sich aber schneller geschlagen zu geben. „Das könnte durchaus hilfreich sein und meine Hände sind eh schon mit diesem komischen Öl besudelt, dass es auch wieder egal ist…“ Erfreut dreht sie ihm wieder den Rücken zu und spürt nur kurz darauf seine großen Hände auf den Schultern. Diesmal sind es nicht nur seine Fingerspitzen, wie sie feststellt. Der Druck, den seine Hände aufbauen, jagt einen angenehmen Schauer über ihren Rücken und lässt sie wieder seufzen. Derweilen unterbrechen die drei anderen ihren Unfug und sehen zu ihnen hinüber. „Die beiden sind richtig niedlich zusammen, oder?“, fragt Ray. „Ja. Kaum zu fassen, dass sie es geschafft hat, Egon dazu zu überreden…“, erwidert Winston. „Wenn sich da mal nichts anbahnt!“, grinst Peter in sich hinein und will das Wasser verlassen. Raymond hält ihn jedoch zurück. „Nein, bleib hier!“, bittet er ihn. Verwundert sieht der Brünette ihn an und dann prüfend zu Winston. „Er hat recht. Lass die zwei in Ruhe oder hast du etwa schon einen Sonnenstich?“ „Nee, noch lange nicht!“, erwidert Venkman und angelt nach dem Ball, um ein neues Spiel zu beginnen. Der Tag neigt sich dem Ende zu. Gemeinsam besuchen die fünf Geisterjäger das Resort eigene Restaurant und schlagen sich ordentlich die Bäuche voll. Als sie fertig mit dem Essen sind, steht die Sonne dicht über dem Horizont und taucht das Meer in einen spektakulären Anblick aus Rot und Orange, fast so, als würde der Golf von Mexiko in Flammen stehen. Diese Aussicht bringt Janine wieder zu ihrer ursprünglichen Idee zurück, mit Egon spazieren gehen zu wollen. Langsam verlassen sie das Restaurant und schlendern zum Strand hinunter. Doch wie schon vorhin, sind sie auch jetzt nicht allein. Mit einem ernsthaften Ausdruck im Gesicht, wendet sich die Rothaarige von dem Tüftler ab und besieht sich ihre drei Kollegen. Fordernd stemmt sie die Hände in die Hüften und mustert die Jungs streng. „Ok, ihr habt die Wahl. Entweder ihr verkrümelt euch und lasst mich mit Egon allein oder ihr verkrümelt euch und lasst mich mit Egon allein. Also?“ Etwas irritiert legt Ray die Stirn in Falten. „Das hört sich nicht an, als hätten wir eine Wahl…“ Wohlwissend lächelt Winston. „Und ob wir die haben!“, erwidert er, ergreift die Hand seines Freundes, sieht ihm tief in die Augen und führt ihn dann den Strand entlang. Langsam verschwinden die beiden im Sonnenuntergang und sind bald darauf nicht mehr zu sehen. Fast schon wehmütig sieht Peter ihnen hinterher. Sie wirken so glücklich zusammen und auch Egon und Janine werden sicher einen schönen Abend miteinander verbringen. Doch er ist immer noch allein. Er hat sich zwar irgendwie damit abgefunden, dennoch ist es gerade kein so schöner Gedanke allein zu sein. Abwartend mustert die Rothaarige ihn und verschränkt die Arme vor der Brust. Schulterzuckend schiebt Venkman die Hände in die Taschen seiner Shorts und wendet sich ab. Ihm wird schon irgendwas einfallen, dass er allein machen kann. Vielleicht findet er ja in der Bar eine nette Gesprächspartnerin und kann sich etwas ablenken? Mit diesem Gedanken verdrückt er sich und gönnt Janine endlich ihre Ruhe. Mit einem erleichterten Seufzen wendet sie sich wieder dem Tüftler zu. Sie ergreift seinen Arm, hakt sich bei ihm ein und schmiegt sich an ihn. Etwas verwundert betrachtet der Blonde das Ganze. „Fühlst du dich nicht gut?“, fragt er leicht besorgt. „Oh doch. Ich fühle mich sogar ganz herrlich. Komm, lass uns spazieren gehen und den Sonnenuntergang betrachten.“, erwidert sie. „Wie du meinst…“, entgegnet Egon, auch wenn ihm nicht ganz klar ist, was an einem Sonnenuntergang so toll sein soll, schließlich kann sie den auch Zuhause sehen und zwar jeden Tag. Doch er sagt nichts dazu und so schlagen sie die entgegengesetzte Richtung von Ray und Winston ein und wandern langsam am Strand entlang. Irgendwann erreichen sie ein paar Felsen, die eine kleine Bucht umgeben. Dort setzen sie sich gemeinsam hin und betrachten das farbenprächtige Schauspiel am Himmel. Verträumt bettet Janine den Kopf auf Egons Schulter. Fast schon unbewusst legt der Tüftler den Arm um sie. Das Ganze wirkt so vertraut und doch ist es das erste Mal, dass sie solch eine Nähe zu ihm aufbauen kann. Völlig in ihren Gedanken und Gefühlen versunken, betrachtet sie die untergehende Sonne und merkt dabei gar nicht, wie sich Egons Miene verändert. „Hm…?“, gibt er plötzlich von sich und richtet sich nachdrücklich die Brille. „Was hast du?“, fragt die junge Sekretärin irritiert. „Dort in der Bucht war gerade eine Lichterscheinung.“ Überrascht sieht die Rothaarige in die Richtung, doch sie kann nichts entdecken. „Ich sehe nichts. - Bist du sicher, dass es nicht durch die Sonnenstrahlen auf der Wasseroberfläche irgendeine Reflektion gegeben hat?“ Egon fixiert den Punkt, an dem er das Licht zu sehen glaubte, doch das Phänomen taucht nicht wieder auf. „Ja, das kann gut möglich sein…“ Dennoch lässt ihn der Gedanke nicht ganz los. Er ist sich sicher, dass dort etwas war, doch er will Janine auch nicht beunruhigen. Schließlich sind sie im Urlaub und irgendwie ist es auch ganz schön, hier so mit ihr zu sitzen. Das möchte er nur ungern kaputtmachen. Auch wenn es Egon schwerfällt, tut er seine Sichtung als eine Art optische Täuschung ab und vergisst das Ganze vorerst. Vielleicht kann er morgen mit den Jungs darüber reden oder sogar mal zu der Stelle hingehen und nachschauen? Seine Gedanken konzentrieren sich wieder auf Janine und den Sonnenuntergang, dennoch hat er ein merkwürdiges Gefühl bei der Sache. Aber natürlich ahnt er noch nicht, dass da durchaus etwas dran ist… Ein paar Stunden später liegen sie alle in ihren Betten, tief im Traum versunken. Egon jedoch kann nicht wirklich Ruhe finden. Nach kurzen Schlafperioden wacht er immer wieder auf und denkt über das nach, was er gesehen zu haben glaubt. Warum nur lässt ihn das nicht los? Grübelnd liegt er im Bett und starrt an die Decke. Beinahe sehnsüchtig blickt er dann aus dem großen Fenster, das sich am Fußende erstreckt. Irgendwo in der dunklen Ferne ist der Golf von Mexiko, schwappt seicht an den Strand, während sich das schwache Licht der Sterne in seinem Wasser bricht. Die Vorstellung des Meeres hat etwas unheimlich Anziehendes an sich, das sich der Tüftler nicht erklären kann. Normalerweise ist er kein Freund von Sonne, Sand und Meer. Er hat sich dem Wunsch der anderen, hier Urlaub zu machen sozusagen gebeugt, weshalb ihm diese plötzliche Sehnsucht nach dem Wasser unerklärlich ist. Langsam setzt er sich hin und zieht seine Brille auf. Sein Blick klebt förmlich an der Fensterscheibe, obwohl er das Wasser in dieser Dunkelheit gar nicht sehen kann. Zudem ist es ein gutes Stück entfernt, sodass es schon bei Tageslicht nur ein schmaler, funkelnder Streifen am Horizont ist. Aber er weiß natürlich, dass es da ist. Beinahe energisch versucht er den Blick abzuwenden und sieht zu Peter hinüber. Der Brünette hat seinen Abend erfolglos in einer Bar verbracht. Irgendwann kam er dann ziemlich betrunken zurück und fiel in sein Bett und da liegt er jetzt noch. Er hat es weder geschafft, sich umzuziehen, noch unter die Decke zu krabbeln. Stattdessen liegt er schnarchend auf dem Bauch und murmelt unverständliche Sachen vor sich hin. Mit einem schwachen Kopfschütteln, dennoch aber mit einem leichten Lächeln, betrachtet Egon seinen langjährigen Freund. Unweigerlich muss er dabei an ihre Studienzeit denken, wo es zwei, drei Mal die Woche vorkam, dass Peter betrunken spät nachts nach Hause kam. Gern hat sich der Brünette dann schon mal in der Tür geirrt. Statt in seiner eigenen Wohnung, landete er dann bei Egon, der sich dann mit dessen enttäuschter Einsamkeit herumschlagen musste. Der Blonde weiß gar nicht mehr, wie oft er Peter in dieser Zeit sein Bett überlassen, auf der Couch übernachtet und sich dann am nächsten Tag um Venkmans Kater gekümmert hat. Nach dem Studium hat das Ganze dann etwas abgeebbt und kam irgendwann gar nicht mehr vor. Auch wenn Venkmans Methoden stets fragwürdig waren, hat er sich doch bemüht, seiner Forschung nachzugehen, beziehungsweise seine Fühler in andere Richtungen ausgestreckt. Ihn hier jetzt nach so langer Zeit mal wieder betrunken zu sehen, ist schon merkwürdig. Doch immerhin hat es der Brünette geschafft, sein eigenes Bett zu finden, obwohl sie hier ja an einem fremden Ort sind. Das bringt Egon auf den Gedanken, dass sein Kollege früher durchaus wusste, dass er in der falschen Wohnung war, aber vielleicht einfach nur nicht allein sein wollte. Was auch immer es gewesen sein mag, es sorgt dafür, dass der Tüftler von dieser seltsamen Sehnsucht loskommt. Mit einem leichten Seufzen legt Egon seine Brille wieder auf den Nachttisch und sucht erneut nach Schlaf. Allmählich gleitet er ab und entspannt sich. Es hält jedoch nicht lange. Auf einmal hört er eine Stimme. Zuerst denkt er, dass er sich das Ganze nur eingebildet hat und dreht sich auf die andere Seite. Kurz darauf hört er sie jedoch wieder. Überrascht setzt er sich auf und lauscht. Es kam ihm so vor, als würde jemand seinen Namen rufen – weit in der Ferne, mit einer ihm unbekannten Stimme. Durch Peters alkoholbedingtes Schnarchen kann er sonst keinen Laut hören, aber da ist wieder diese Stimme. Sie scheint direkt in seinem Kopf zu hallen, ihn zu rufen. Mit weit aufgerissenen Augen starrt er wieder aus dem großen Fenster. Obwohl es viel zu dunkel ist, um etwas dort draußen zu erkennen, kann er nun dennoch den Meeresstreifen am Horizont erblicken. Ungläubig betrachtet er das glühende Band. Geistergegenwärtig greift er nach seiner Brille, doch der Anblick verändert sich nicht. „Faszinierend…“, murmelt der Tüftler kaum hörbar vor sich hin. Unablässig hört er seinen Namen. Diese Stimme zieht ihn förmlich in ihren Bann und dann sieht er einen Lichtpunkt. Er wirkt genauso, wie die Erscheinung, die er gesehen hat, als er mit Janine den Sonnenuntergang betrachtet hat. Irgendetwas scheint nicht zu stimmen. Plötzlich verspürt Egon den unbändigen Drang, diesem Licht, dieser Stimme zu folgen. Er muss einfach herausfinden, was das Ganze verursacht. Er muss einfach! Ohne den Blick vom Fenster abzuwenden, schlägt er die Decke zur Seite und erhebt sich vom Bett. Er wirft einen flüchtigen Blick auf seinen schlafenden Kollegen, doch wirklich sehen tut er ihn nicht. Auf nackten Füßen, nur bekleidet mit seinem Nachthemd, schleicht der Blonde aus dem Zimmer. Zielstrebig nähert er sich der Treppe, kommt dabei aber durch Ray´s und Winstons Zimmer. Verschlafen dreht sich der Mechaniker um und nimmt dabei Egons Gestalt wahr. Doch er kann dem Ganzen nichts Ungewöhnliches abgewinnen – wahrscheinlich muss er einfach nur aufs Klo – und daher fallen ihm die Augen auch einfach wieder zu. Derweilen steigt der Tüftler die Treppe hinab und verlässt anschließend die Hütte. Jetzt, wo der Sonnenaufgang näher ist, als der Sonnenuntergang, wirkt das Resort fast wie ausgestorben. Alles schläft tief und fest und erholt sich von einem aufregenden Tag. So ist Egon ganz mit sich allein, als er den Weg hinab zum Strand entlangläuft. In seinem Kopf hört er immer wieder diese Stimme seinen Namen rufen. Sie klingt so verführerisch, wie im Traum. Mit leeren Augen setzt der Blonde seinen Weg fort und nähert sich nach einer Weile der Stelle, an der er mit Janine gesessen hat. In der Dunkelheit, völlig ohne Menschen, wirkt der Strand ausgestorben, nahezu unheimlich. Das Rauschen des Meeres ist zu hören und eine leichte Brise umfängt seinen Körper, wie Finger, die ihn in die richtige Richtung zu leiten versuchen. Schließlich erreicht er den Stein und setzt sich darauf. Sein Blick wandert zu der kleinen Bucht, in der er das Leuchten gesehen hatte. Nun scheint sie nichts weiter, als ein undefinierbarer, schwarzer Schatten im Wasser zu sein. Egon weiß nicht, wie lange er diesen Schatten anstarrt, doch hinter ihm beginnt langsam die Sonne aufzugehen. Er nimmt es gar nicht wahr. Als die ersten rotorangen Strahlen auf die zerklüfteten Felsen fallen, sieht er wieder das Leuchten. Nicht nur einmal, wie gestern Abend. Nein, jetzt ist es ein Blinken, als versuche ihm jemand eine Nachricht mitzuteilen. Nachdenklich legt Egon die Stirn in Falten. Es handelt sich definitiv nicht um Morsezeichen. Das Schauspiel wirkt rein zufällig und dennoch zieht es ihn wie magisch an. Er rutscht von dem Stein herunter und geht langsam auf die Bucht zu. Sie besteht ebenfalls aus Felsen unterschiedlichster Größe, die sich in einer Art Halbkreis anordnen. Das Leuchten kommt aus der Mitte des Halbkreises, von einem einsamen, kleinen Felsen, der dort aus dem Wasser ragt. An der Grenze zum Wasser bleibt Egon stehen und starrt auf diese Stelle. Das Licht verschwindet, wird von der aufgehenden Sonne überstrahlt. Dafür erscheint etwas Anderes. Auf dem kleinen Felsen in der Mitte sitzt eine junge Frau und kämmt sich das feuchte Haar. Im rotorangen Zwielicht ist es unmöglich zu sagen, welche Farbe es hat, doch irgendwie wirkt es grün. Ihre glatte, feuchtglänzende Haut sieht ebenfalls leicht grünlich aus. Obwohl Egon sonst keinen wirklichen Gefallen an Frauen hat, scheint diese ihn wie magisch anzuziehen. Er kann den Blick nicht von ihr abwenden. Sie scheint ein langes, weißes Kleid zu tragen, das sich ihr feucht an den Körper schmiegt. Ihre Beine hängen im Wasser und dennoch scheinen sie es nicht zu tun. Irgendetwas daran stimmt nicht. Als die junge Frau ihn bemerkt, wirft sie ihren Kamm achtlos ins Wasser und zieht die Beine hoch. Doch dort, wo ihre Beine sein sollten, lugt unter dem Rocksaum eine Flosse hervor. Schimmernd funkeln die Schuppen in der aufgehenden Sonne. Mit offenem Mund betrachtet Egon die Nixe, die ihm kichernd zuwinkt. Völlig geistesabwesend winkt er zurück und lächelt. Einen Augenblick später gleitet das Wesen ins Wasser hinab und schwimmt zu ihm ans Ufer. Geschmeidig erhebt sie sich aus dem kühlen Nass und betritt den Strand. Staunend beobachtet der Blonde, wie sich ihre Flosse dabei verwandelt. An ihre Stelle treten zwei schlanke, wohlgeformte Beine, um die sich der feuchte Stoff ihres Kleides schmiegt. Elegant kommt sie zu ihm hinübergelaufen und blickt ihm tief in die Augen. Wie hypnotisiert erwidert er ihren Blick. „Hallo Egon.“, raunt sie ihm entgegen. Erfreut stellt der Tüftler fest, dass dies die Stimme ist, die er die ganze Zeit in seinem Kopf gehört hat und sie ist so unglaublich schön. „Hallo…“, gibt er abwesend zurück. „Ich habe auf dich gewartet, Liebster.“, wispert sie und schmiegt sich an ihn. Der Blonde kann spüren, wie das kühle Wasser durch sein Nachthemd dringt. Reflexartig beginnt er zu zittern, entfernt sich aber nicht von ihr. „Ja…“, erwidert er und lächelt matt. *Sie drückt sich an ihn. Er nimmt einen schwachen, lieblichen Duft wahr – ist es Rosenöl? Seine Arme schließen sich um sie, zuerst um ihre Taille, dann tiefer; ihre Zunge tanzt leicht über seine Lippen und dann vorschnellend in seinen Mund. Als sie sich endlich wieder voneinander lösen, ist er nicht mehr er selbst… Nicht lange später steigt die Sonne immer höher und tauscht das Resort in ein warmes Licht, das einen herrlichen Tag verspricht. Langsam beginnt es sich in der Hütte der Geisterjäger zu regen. Ein Sonnenstrahl kitzelt Janine wach. Blinzelnd öffnet sie die Augen, gähnt und blickt aus dem Fenster. So schön müsste es jeden Morgen sein, dann würde einem das Aufstehen auch viel leichter fallen. Doch der Urlaub dauert nur eine Woche, dann müssen sie alle wieder zurück in das überfüllte Manhattan und ihrer Arbeit nachgehen. Mit einem leicht wehmütigen Seufzen setzt sich die junge Frau aufrecht hin und streckt sich. Ja, die Zeit hier ist kurz, doch bis jetzt könnte sie kaum schöner sein. Immerhin hat sie es gestern doch tatsächlich geschafft, mit Egon allein zu sein und das kann ihr keiner madigmachen! Schon beim Gedanken daran, wie sie gemeinsam am Strand saßen und den Sonnenuntergang betrachtet haben, wird ihr ganz kribbelig. Vielleicht kann sie den Tüftler heute Abend wieder dazu überreden? Sie muss sich nur überlegen, wie sie die drei Nervensägen loswird, um es mal ganz unschön auszudrücken. Doch da wird ihr sicher etwas einfallen. Leichtfüßig steigt die Rothaarige aus dem Bett und will ins Bad, bevor die Jungs aufwachen und es stundenlang blockieren. Leise huscht sie durch das Zimmer von Egon und Peter. Etwas irritiert bemerkt sie, dass der Tüftler nicht mehr in seinem Bett liegt. Ist er vielleicht schon aufgestanden? Möglich wäre es. Wenn sie sich Venkman so betrachtet, wie er schnarchend auf dem Bauch liegt, als hätte man ihn einfach ins Bett geworfen, kann sie sich gut vorstellen, dass Egon die Flucht ergriffen hat. Ein wenig rümpft sie die Nase, als sie sich erinnert, wie Peter gestern Nacht betrunken zurückgekommen ist. Entgegen ihrer Vermutung, erwies sich der Brünette aber als ziemlich handzahm in diesem Zustand. Er wirkte eher melancholisch und deprimiert, als alles, was sie vermutet hätte. Der Tüftler meinte, dass es immer so aussieht, wenn Peter einen über den Durst getrunken hat. Anstatt noch aufdringlicher zu werden, wie man denken könnte, wird er nur nachdenklich. Schnell tapst die Sekretärin weiter und kommt zu Ray und Winston. Die beiden schlafen noch tief und fest, weshalb Janine unbemerkt an ihnen vorbeikommt. Flugs verschwindet sie im Bad und macht sich fertig. Auf dem Weg zurück in ihr Zimmer, stellt sie fest, dass Egon noch nicht wieder da ist. Vielleicht ist er ja in der Küche? Zumindest scheint er sich noch nicht fertig gemacht zu haben. Seine Sachen liegen noch ordentlich gefaltet auf einem Stuhl und sein Bett ist ungemacht. Mit einer gewissen Vorfreude zieht sich die Rothaarige an und geht hinunter in die Küche. Schnell stellt sie jedoch fest, da hier niemand ist und auch im Rest der Hütte ist keine Spur von Egon. Irritiert denkt sie nach. Wo kann er nur hingegangen sein und das im Nachthemd? Die Hütte hat keinen Balkon und auch keine Veranda auf der er sein könnte. So bleiben irgendwie keine logischen Erklärungen mehr. Allmählich keimt Sorge in ihr auf. So ein Verhalten passt einfach nicht zu dem Blonden. Vielleicht ist er ja schlafgewandelt? Davon hat sie zwar noch nichts gehört, doch wer weiß schon, was eine fremde Umgebung in einem auslösen kann? Bestes Beispiel ist doch Peter, der sich seit seiner Studienzeit nicht mehr betrunken hat. Irgendwas stimmt hier definitiv nicht. Mit einer unschönen Vorahnung steigt sie die Treppe wieder hinauf und weckt Ray und Winston. Noch etwas verschlafen versuchen die zwei Geisterjäger ihren Ausführungen zu folgen. „Bist du sicher, dass er nicht einfach nur frische Luft schnappen gegangen ist?“, fragt der ehemalige Bauarbeiter. Etwas ungeduldig stemmt die toughe Frau die Hände in die Hüften. „Nur in seinem Nachthemd, ehrlich Winston?“ Etwas verlegen zuckt der Angesprochene mit den Schultern. „So ein Verhalten passt einfach nicht zu ihm.“, wirft Raymond ein. Besorgt sieht die Sekretärin den Mechaniker an. „Wo könnte er nur sein?“, fragt sie ihn. „Das ist eine wirklich gute Frage, die ich leider so nicht beantworten kann…“, gibt der Jüngste offen zu. „Dann sollten wir uns wohl zusammensetzen und uns etwas überlegen.“, schlägt Winston vor. Sorgenvoll geht Janine hinunter in die Küche und setzt Kaffee auf, während sich die Jungs anziehen. „Wir sollten Peter wecken, vielleicht weiß er, wo Egon sein könnte…“, kommt Ray der Gedanke. „Ja, vielleicht. Immerhin kennen sich die beiden am längsten. Da weiß Venkman vielleicht etwas, das wir noch nicht wissen.“, erwidert der Schwarzhaarige und erinnert sich daran, dass der Tüftler sehr gut wusste, wie Peter drauf ist, wenn er getrunken hat, ihnen dieses Wissen aber fehlte, da sie ihn so noch nicht erlebt haben. Nachdem sich die beiden fertiggemacht haben, gehen sie nach drüben. Ungerührt liegt Peter immer noch so da, wie er gestern Nacht eingeschlafen ist. Inzwischen ist sein Schnarchen abgeebbt, doch von Zeit zu Zeit murmelt er etwas Unverständliches vor sich hin. Vorsichtig rüttelt Ray ihm an der Schulter. „Hey Peter! Wach auf, Egon ist verschwunden!“ Allerdings kommt von Venkman nicht wirklich eine Reaktion. Vor sich hin brabbelnd dreht er den Kopf auf die andere Seite und das war´s. Nahezu vergebens versuchen die beiden ihren Kollegen zu wecken, bis Janine im Zimmer auftaucht. „Was treibt ihr denn so lange?“, fragt sie vorwurfsvoll. Ein Blick auf den schlafenden Brünetten beantwortet ihre Frage aber schon von selbst. „Ob du es glaubst oder nicht, aber er ist noch schwerer wachzukriegen, als sonst schon…“, kommt es resignierend von Ray. Seufzend lässt die junge Frau die Schultern hängen. „Hätte ich mir ja denken können…“ Dann blickt sie auf die dampfende Tasse Kaffee, die sie in der Hand hält und ihr kommt eine Idee. „Wartet, ich versuch mal was…“ Sie tritt ans Bett heran und schwenkt das duftende Getränk vor Peters Nase herum. Der Schlafende beginnt zu schnüffeln und dann breitet sich ein kleines Lächeln auf seinen Lippen aus. Schwerfällig öffnet Peter ein Auge. „Kaffee…?“, kommt es mit belegter Stimme von ihm. „So sieht´s aus.“, erwidert Janine trocken. Daraufhin öffnet Venkman auch noch das andere Auge und stemmt sich ungelenk hoch. Ein stechender Schmerz jagt durch seinen Kopf, der ihn daran erinnert, warum er den Alkohol eigentlich aufgegeben hat. Als er es geschafft hat, sich hinzusetzen, übergibt Janine ihm die Tasse, die eigentlich für sie selbst gedacht war. Da sie davon aber noch nichts getrunken hat, ist es halb so wild, sie ausnahmeweise Peter zu überlassen. „Oh Janine, dass ich diesen Tag noch erleben darf…“, raunt der Brünette erfreut, da sich die Sekretärin bis jetzt immer geweigert hat, ihm Kaffee zu machen. „Gewöhn dich bloß nicht dran. Das ist reiner Eigennutz. Egon ist verschwunden und du musst uns helfen, ihn zu finden. Also schwing deinen Hintern aus…“, setzt die Rothaarige ungeduldig an, doch Venkman unterbricht sie. „Ahh! Himmel, Janine! Ich versteh ja, dass du aufgewühlt bist, aber deine liebliche Stimme ist einfach zu viel für meinen armen Kopf…“, jammert der Anführer der Ghostbusters theatralisch und drückt sich eine Faust gegen die pochenden Schläfen. Pikiert verschränkt die junge Frau die Arme vor der Brust und mustert ihn streng. „Na, das tut mir aber leid, Dr. Venkman! Ich werde mich zügeln, bis es ihnen bessergeht! Am besten gehe ich los und hole Eis für ihren ach so wichtigen Kopf!“ Die Lautstärke ihrer Stimme erreicht schon einen schmerzhaften Pegel, selbst für Winston und Ray. Doch im Unterton ist zu hören, wie fertig sie schon wegen Egon ist. Ein unkontrolliertes Zittern gleitet über ihren Körper und dann stapft sie die Treppe hinunter und setzt sich an den Küchentisch. „Das war ziemlich gemein, Peter…“, bemerkt Ray betroffen. „Ist mir auch klar. Aber mir platzt gleich der Kopf. Hat jemand ne Aspirin?“, gibt der Brünette zurück. „Du bist selber schuld, wenn du dich so volllaufen lässt, Venkman.“, beharrt Winston abfällig. Die beiden Männer mustern sich abschätzend. Ray kommt es so vor, als würden gleich Funken aus ihren Augen sprühen. Doch es ist jetzt überhaupt nicht hilfreich, wenn sich die beiden an die Gurgel springen, immerhin könnte dem Tüftler sonst was passiert sein. „Hey, regt euch ab, ja? Egon könnte in echten Schwierigkeiten stecken, also reißt euch mal zusammen!“ Etwas überrascht blicken die beiden ihren Kollegen an. Dann rümpft Winston die Nase und wendet sich zum Gehen. „Ich sehe mal nach Janine. Kommst du, Ray?“ „Ja, gleich.“ Der Bauarbeiter wirft einen prüfenden Blick auf Peter und sieht dann wieder zu seinem Freund, doch dieser rührt sich nicht. Ein merkwürdiger Ausdruck huscht über die grauen Augen, ehe Winston davongeht. „Das tut echt weh…“, kommt es dann von Peter. Mitfühlend sieht der Mechaniker ihn an. „Kann ich mir vorstellen. Ich habe Aspirin.“ „Danke, aber ich meinte jetzt Winstons Blick. – Sah aus, als würde er denken, ich würde sonst was versuchen, nur, weil du hiergeblieben bist…“, erwidert der Brünette betrübt. „Er tut sich noch ziemlich schwer mit der Situation. – Doch es ist ja wohl meine eigene Entscheidung, wenn ich hierbleibe oder nicht. – Klar ist das auch für mich ein komisches Gefühl, doch ich denke, er tut dir Unrecht, auch wenn ich dich nicht verteidigen will…“ Schwach lächelt Peter ihm zu. „Versteh ich. – Ich finde es echt bewundernswert, dass du das scheinbar so locker nimmst und dich nicht so distanzierst wie Winston…“ Verlegen kratzt sich Ray am Hinterkopf. „Ist das so? Was soll ich sagen? Du bist ja nicht der erste Kerl, der mich ins Krankenhaus gebracht hat, auch wenn es diesmal nicht wirklich meine Schuld war…“ Etwas erschrocken sieht Venkman ihn an. „Was ist passiert?“, fragt er. Peter merkt, dass Ray das Thema unangenehm ist, dennoch antwortet der Jüngere. „In der High-School war ich in einen Mitschüler verknallt. – Irgendwann hatte ich den Mut, es ihm auch zu sagen. Doch er war so gar nicht der Typ dafür. Und daher hat er mich verprügelt, weil er nicht als Schwächling dastehen wollte. – Ich lag zwei Wochen mit einer Gehirnerschütterung und einem gebrochenen Arm im Krankenhaus. Danach wussten meine Eltern, dass ich auf Jungs stehe und ich habe mich nie mehr getraut, einem zu sagen, was ich fühle. Abgesehen von Winston…“ „Das ist ja furchtbar! – Schade, dass wir uns damals noch nicht kannten. Ich hätte dich nicht verhauen, wenn du mir so was gesagt hättest, auch wenn ich damals noch nicht auf Jungs stand. Doch du hättest meine Meinung ganz bestimmt geändert, Ray!“, erwidert Peter völlig ehrlich. „Danke, das ist echt nett von dir und ich glaub, das habe ich mir irgendwie gedacht und deswegen kann ich dir auch gar nicht so böse sein. – Aber ich denke, wir sollten jetzt langsam mal runtergehen, nicht das Winston noch auf dumme Gedanken kommt.“ „Hast recht, ich zieh mir noch schnell was an, dann komm ich.“, erwidert der Brünette. „Ok und ich bring dir ein Aspirin mit nach unten.“, lächelt Ray ihm zu und verschwindet. Seufzend bleibt Peter zurück, nippt an seinem Kaffee und zieht sich dann langsam an. Wenig später sitzen die vier verbleibenden Geisterjäger am Küchentisch und Janine erzählt, wie sie Egons Verschwinden bemerkt hat. „Hm…“, macht Raymond nachdenklich. „Ich habe Egon heute Morgen gesehen. Eigentlich dachte ich, er müsse nur mal aufs Klo und bin wieder eingeschlafen, aber wahrscheinlich ist er da schon verschwunden…“ „Doch wo kann er nur sein?“, fragt Janine aufgelöst. „Vielleicht sollten wir uns aufteilen und das Resort absuchen. Vielleicht hat ihn ja jemand gesehen.“, kommt es von Winston. „Das würde ja ewig dauern und wenn er schon so lange weg ist, dann sollte uns eine bessere Möglichkeit einfallen. – Janine, denk nach. Ist dir irgendwas Ungewöhnliches aufgefallen, was vielleicht sein Interesse geweckt haben könnte oder so?“, wirft Peter ein. „Ich weiß nicht was du – nein, halt, warte! Da war etwas! Als wir uns gestern den Sonnenuntergang angeschaut haben, meinte Egon, er habe eine komische Lichterscheinung in der Bucht gesehen. Als ich hingeschaut hab, war da nichts. Doch ich hatte das Gefühl, dass ihn das neugierig gemacht hat, er es nur meinetwegen aber dabei belassen hat.“ „Das ist doch schon mal was. Unser Egon kann sich ziemlich an was festbeißen, wenn es in seinen Augen interessant ist. Also sollten wir uns zuerst mal an der Bucht umsehen, bevor wir das ganze Resort auf den Kopf stellen!“, kommt es ernst von Peter, der seinen Kater zwar noch längst nicht los ist, ihn aber gekonnt verdrängt, da die Lage ernster als gedacht scheint. Alle sind sich einig und so brechen sie kurz danach zu der Bucht auf. „Da vorne ist es!“, erklärt Janine und sie nähern sich der halbrunden Anordnung von Felsen. Im weichen, weißen Sand sind keine Fußspuren auszumachen, die ihnen vielleicht hätten sagen können, ob Egon hier war oder nicht. So blicken sich die vier etwas verloren um, in der Hoffnung, einen anderen Hinweis zu finden. Gerade als es anfing aussichtslos auszusehen, entdeckt Winston etwas im Wasser. „Hey Leute, seht euch das mal an!“, ruft er die anderen zu sich. Erwartungsvoll scharen sie sich um ihn und starren auf den länglichen, roten Gegenstand, der nahe am Ufer aus dem Wasser ragt. „Glaubt ihr, das ist…“, setzt die Sekretärin an und legt sich erschrocken die Hände vor den Mund. Keiner antwortet ihr, stattdessen zieht Peter die Brille des Tüftlers aus dem feuchten Sand. „Ganz eindeutig…“, murmelt er, als wollte er Janines unausgesprochene Befürchtung doch noch bestätigen. „Also war er wirklich hier. – Doch wo ist er jetzt und was ist hier passiert, dass wir nur seine Brille finden?“, wirft Winston in die Runde. Fragend blicken sich die Geisterjäger an. „Könnte er ins Wasser gefallen sein?“, fragt Peter schließlich. „Ich meine, er kann ja schwimmen, ziemlich gut sogar, auch wenn er es nicht gern macht.“ „Das Wasser hier sieht ziemlich flach aus. Wenn er reingefallen ist, dürfte das nicht weiter schlimm gewesen sein. Aber ohne seine Brille ist er so gut wie blind. Also müssten wir ihn hier ja irgendwo in der Nähe finden. – Ich befürchte eher, dass ihn jemand gestoßen und er dadurch seine Brille verloren hat und was dann passiert ist - keine Ahnung…“, erläutert Ray. Die Tatsache, dass irgendjemand oder irgendetwas Egon etwas angetan haben könnte, lässt die Anwesenden erschaudern. Unweigerlich fällt Peter die Diskussion über die Nummer ihrer Hütte wieder ein. Die Dreizehn scheint ihre grabeskalten Finger nach ihnen auszustrecken und Egon ist wohl ihr erstes Opfer. Es hätte nur ein harmloser Urlaub sein sollen, doch als Geisterjäger scheint ihnen dies wohl verwehrt zu bleiben – mal wieder… „Ok, ok. Egon war also hier, warum auch immer und jetzt ist er weg. Klingt also ganz nach einem Fall für einen gewissen Krimiliebhaber. Was schlägst du also vor, Winston, was wir jetzt tun sollen?“, wendet sich Venkman an den Schwarzhaarigen. Etwas irritiert sieht dieser ihn an. Schnell vergisst er aber jegliche Differenzen, die er mit dem Brünetten haben mag und grübelt nach. Irgendwo ehrt es ihn, dass Peter sich an seine Vorliebe für Krimis erinnert und sein daraus resultierendes Talent Rätsel zu lösen, statt ihn jetzt damit aufzuziehen und zu ärgern. „Hm…“, macht er schließlich, während die anderen ihn abwartend anschauen. „Ich denke, wir sollten die nähere Umgebung gründlich absuchen, ob wir einen Hinweis finden, wo er sich aufhalten oder wo er hingebracht worden sein könnte. Jede noch so kleine Sache kann dafür hilfreich sein, also seht euch gründlich um.“, erwidert er dann. „Hört sich logisch an. – Gut, dann teilen wir und am besten auf. Ray, du suchst diese Seite vom Strand ab. Hundert Meter oder so dürften wohl erst mal genügen und Janine nimmt die andere Seite. Winston, sieh in der Bucht nach und ich mache mal einen Rundgang um die Felsen.“, legt Peter fest. Gesagt, getan. Langsam entfernen sich die vier voneinander und heften ihre Blicke auf den Grund. Vorsichtig watet Peter ins Wasser, um die zerklüfteten Felsen der Bucht zu umrunden. Doch kaum, dass er zwei Schritte ins Nass hineingemacht hat, hört man ihn auch schon fluchen. „Verdammter Mist, ist das kalt!“ Hastig springt er zurück ans Ufer. Es ist wirklich erstaunlich, wie sehr das Wasser über Nacht doch abgekühlt ist, wo es doch gestern so angenehm war, als sie rumgeplanscht haben. Winston kann sich ein Grinsen kaum verkneifen, doch als er in das knöcheltiefe Wasser tritt, zuckt er ebenfalls zusammen, kann es sich aber verkneifen, seine Überraschung laut rauszurufen. Nach einem Moment der Überwindung, tritt Venkman wieder ins Wasser hinein. In der Bucht ist es nur sehr flach, doch außenherum reicht es ihm schnell bis zur Hüfte, was er bei jedem Schritt schimpfend verlauten lässt, erst recht, als der Wasserspiegel einen empfindlichen Bereich erreicht. Das Geräusch, dass er in diesem Augenblick von sich gibt, ist so hochtönig, dass er sich fast wie ein Mädchen anhört, dass einer Maus begegnet ist und spätestens beim nächsten Schritt fühlt er sich auch wie eines. Trotz der ernsten Situation, gelingt es den drei anderen nicht, sich ein Lachen zu verkneifen. Doch Winstons Genugtuung hält nicht lange an. Als er die Mitte der Bucht erreicht, in der sich ein einzelner, flacher Felsen befindet, verschwindet auf einmal der Boden unter seinen Füßen. Mit einem überraschten Laut gelingt es ihm, sich an dem Felsen festzuhalten und hochzuziehen. Nass wie ein begossener Pudel blickt er ins Wasser. Im Halbdunkeln zwischen den Felsen kann er jedoch nichts erkennen. Nachdem der Schwarzhaarige ein paar Mal tief durchgeatmet hat, setzt er seine Füße wieder auf den Grund des Wassers. Vorsichtig tastet er sich zu der Stelle vor, an der er eben abgerutscht ist. Da scheint ein Loch mitten im Meeresgrund zu sein, dass schlagartig tief nach unten geht. Winston setzt sich an den Rand dieses Loches, ohne es sehen zu können und hält sich dabei an dem kleinen Felsen fest. Tastend versucht er mit dem Fuß einen Wiederstand zu finden, doch da ist nichts. Kritisch überdenkt er diese Tatsache. Es erscheint ihm ziemlich ungewöhnlich an so einer Stelle. Schließlich geht er auf die Knie und steckt den Kopf ins Wasser, in der Hoffnung etwas zu sehen. Doch es ist zu dunkel. Seine Sicht reicht höchstens einen Meter und dann folgt nur noch Finsternis. Allerdings entdeckt er einen Gegenstand, der in der Wand dieses Loches steckt. Als er ihn herauszieht, betrachtet er ihn verwirrt. Er scheint aus Stein oder etwas Ähnlichem zu sein und hat die Form eines Fisches, der prächtig bunt bemalt wurde. Der Bauch des Fisches besteht aus dünnen Stiften, die aussehen wie die Zinken eines Kamms. Der Anblick dieses seltsamen Gegenstands ruft in Winston ein ungutes Gefühl hervor, dass er sich noch nicht erklären kann. Hat er wohlmöglich etwas mit Egons Verschwinden zu tun? Mit dem kammartigen Gebilde macht sich der Bauarbeiter wieder auf den Weg zum Strand, wo sich die anderen langsam zusammenfinden. „Und, habt ihr irgendwas gefunden?“, fragt Peter und wringt sein nasses T-Shirt aus. Niedergeschlagen schütteln Ray und Janine den Kopf, doch Winston meldet sich zu Wort. „Ich bin mir nicht sicher, ob es ein Hinweis ist oder nicht. Aber in der Bucht gibt es in der Mitte ein tiefes Loch. Beim Absuchen wäre ich fast hineingefallen. – Vielleicht ist es ein Tunnel zu einer Unterwasserhöhle? Im Wasser habe ich auch das hier gefunden.“, berichtet er und reicht den Gegenstand herum. „Sieht aus wie Ariels Kamm…“, entkommt es der Rothaarigen. Unweigerlich fängt Venkman an zu grinsen. „Du meinst, ne Meerjungfrau hat unseren Egon geholt?“ „Ach Blödsinn, so was ist doch eine Erfindung von Hollywood…“, gibt Janine zurück, doch ihre Stimme klingt nicht ganz sicher. Lange betrachtet Ray den Fischkamm, ehe er sich zu Wort meldet. „Durchaus nicht, Janine. Meerjungfrauen sind existierende Wesen. Doch ich fürchte, wir haben es hier eher mit einer Nixe zu tun…“ „Ist das nicht dasselbe?“, fragt Winston irritiert, der lediglich eine andere Bezeichnung darunter vermutete. Ernst blickt der Mechaniker ihn an. „Kein bisschen! Meerjungfrauen sind friedliche Wesen, die den Menschen helfen wollen, wenn sie zum Beispiel Schiffbruch erlitten haben. Sie haben dabei stets die Hoffnung, von ihrem Fluch erlöst zu werden. Meerjungfrauen kommen als seelenlose, verdammte Wesen zur Welt und versuchen ihr Leben lang die wahre Liebe außerhalb des Wassers zu finden. So ist es ihnen möglich, eine vollständig menschliche Gestalt anzunehmen und an Land zu leben. – Nixen hingegen sind bösartige Wassergeister, die den Menschen Schaden zufügen und sie töten wollen. Sie verführen zumeist ahnungslose Männer und ziehen sie unter Wasser. Ähnlich wie bei manchen Insekten, paaren sie sich dann mit ihnen und fressen sie anschließend auf, um genug Kraft für die Schwangerschaft zu haben. – Ein entscheidender Unterschied zwischen Nixen und Meerjungfrauen ist die Tatsache, dass Meerjungfrauen an das Wasser gebunden sind, Nixen aber eine menschliche Gestalt annehmen und kurzzeitig an Land wandeln können. Und das ist das gefährliche an ihnen. Sie sehen fast wie ganz normale Frauen aus, die gerade schwimmen waren und deren Sachen noch nass sind. Im Wasser haben sie aber ebenfalls einen Fischschwanz und werden daher schnell mit den friedlichen Meerjungfrauen verwechselt. Zudem handelt es sich bei Nixen nicht um verdammte Wesen, die nach Erlösung suchen, sondern um die reinkarnierten Seelen auf See verstorbener Menschen, die nun nur noch Böses im Sinn haben…“ „Oh Mann, da vergeht einem ja jegliche Fantasie…“, brummt Peter und versucht das betörende Bild einer Meerjungfrau aus dem Kopf zu bekommen, das er mal in einem Buch über Fabelwesen gesehen hat. Winston wirft ihm einen mahnenden Seitenblick zu, doch den ignoriert der Brünette gekonnt. „Das klingt ja schrecklich! Was sollen wir denn jetzt machen?“, platzt es aufgebracht aus Janine heraus. „Ich denke, wir müssen diese Nixe finden, stimmt´s? Und dann können wir nur hoffen, dass sie Egon noch nichts angetan hat…“, erwidert der Bauarbeiter. Sorgenvoll wenden sich alle Blicke wieder auf Raymond. „Stimmt. Was Anderes bleibt uns wohl kaum übrig und ich wette, dass das Loch, das du gefunden hast, zu ihrem Unterschlupf führt.“ „Also müssen wir darunter tauchen und dann polieren wir dem Mädel mal ordentlich die Schuppen, damit sie unseren Egon in Frieden lässt!“, ergänzt Peter innbrünstig. Janine legt die Stirn in Falten. „Geht denn das so einfach? Ich meine, dass ihr diese Nixe verhaut und dann war´s das?“ Fragend richten sich wieder alle Blicke auf Ray. Dieser sieht etwas unbehaglich aus und kratzt sich verlegen am Hinterkopf. „Ich bin ganz ehrlich, Leute. Ich habe keine Ahnung. Und der Geisterführer liegt Zuhause im Hauptquartier. – Es gibt hier bestimmt irgendwo eine Bibliothek, aber ich bezweifle, dass sie ein Buch haben, das uns hilft. Zudem haben wir keine Zeit, um irgendwelche Recherchen anzustellen. – Wohlmöglich ist es sogar schon zu spät…“ Seine Stimme wird immer leiser und den letzten Satz flüstert er nur noch, sodass er sich auf dem offenen Meer fast völlig verliert. Dennoch verstehen alle, was er sagen will. Einen Moment herrscht betretenes Schweigen, dann erhebt sich Janine entschlossen und wendet sich der Bucht zu. „Was hast du vor?“, fragt Winston. Aufgewühlt dreht sich die Rothaarige herum. Ihr Gesicht ist eine Maske aus Angst und Wut und dennoch angefüllt mit Tatendrang. „Was schon? Ich will meinen Egon zurück! Und ich werde hier nicht tatenlos rumsitzen, bis euch Genies etwas eingefallen ist!“ „Janine, als dein Chef muss ich dir entschieden verbieten, dich in eine solche Gefahr zu begeben!“, setzt Peter an und erntet dafür einen bitterbösen Blick von ihr. „Behandle mich nicht wie ein kleines Kind! Ich werde euch helfen, ob ihr wollt oder nicht!“, beharrt die toughe Frau energisch. „Ich behandle dich nicht wie ein Kind. Ich will nur nicht, dass dir etwas passiert!“, erwidert Venkman ehrlich besorgt. „Du kannst dir deine Sorge in die Haare schmieren!“ Die Verzweiflung steht der Sekretärin deutlich ins Gesicht geschrieben. Mit jedem Wort glänzen ihre Augen mehr und als sie den Satz beendet, kullern ihr schwere Tränen über die geröteten Wangen. Erschrocken betrachten die Jungs sie. Die drei haben sie zwar schon weinen sehen, doch jetzt kam es irgendwie unerwartet, auch wenn ihre Gefühle für Egon ständig einer Achterbahn gleichen. Etwas hilflos tauschen die Geisterjäger ein paar Blicke, ehe Peter an sie herantritt und sie vorsichtig in die Arme nimmt. Im ersten Moment will sie ihn wegstoßen, hat sie doch das Gefühl, dass er sie nur wieder ärgern will, doch er hält sie einfach nur fest. Vorsichtig legt er seinen Kopf auf ihre Schulter und drückt sie an sich. „Es – Es tut mir leid, Janine. – Ich wollte dich nicht so aufregen. – Wir können deine Hilfe bestimmt sehr gut gebrauchen…“ Sie trennt sich langsam von ihm und blickt ihm in die Augen. „Wirklich?“, schnieft sie. „Ja, natürlich!“, meldet sich nun Winston. Ein kleines Lächeln breitet sich auf den Lippen der Rothaarigen aus. „Ok, dann lasst uns keine Zeit verlieren!“, erwidert sie und wischt sich die Wangen trocken. Gemeinsam nähern sie sich der Bucht. Dort untersuchen sie die Größe des Loches und stellen fest, dass es zumindest am Eingang groß genug ist, dass sie dort alle locker durchpassen. Die Dunkelheit bereitet ihnen Sorgen, erst recht, wenn der Durchgang weiter hinten wohlmöglich schmaler wird. „Ich hoffe, ihr habt alle einen langen Atme, Leute…“, wirft Peter ein und betrachtet das Loch skeptisch. „Ich werde als Erster gehen und mal sehen, ob ich rausfinden kann, wie lang der Durchgang ist…“, meint Winston und setzt sich auf den Rand des Loches. „Bitte sei vorsichtig…“, kommt es besorgt von Ray. Der Bauarbeiter schenkt ihm ein Lächeln und lässt sich langsam ins Wasser hinab. „Bin ich doch immer…“ Und schon ist er verschwunden. Versucht geduldig warten die restlichen drei und starren auf die aufsteigenden Bläschen an der Wasseroberfläche. Nach ein paar Momenten ist das Wasser wieder ruhig und nichts deutet daraufhin, dass Winston dort unten ist. „Oh, man…“, kommt es von Peter. „Was glaubt ihr, wie lange wir warten können, ohne uns Sorgen zu machen…?“, fragt Ray vorsichtig. Eine Antwort bekommt er nicht und die Zeit verstreicht. Der Mechaniker wird fast verrückt. Doch dann erscheinen wieder ein paar Blasen an der Oberfläche und kurz darauf taucht Winston wieder auf. Japsend holt er Luft und stützt sich auf den Rand. „Ich schätze, der Tunnel ist gut hundert Meter lang und er endet in einer unterirdischen Höhle. – Keine Ahnung, ob da jemand ist. Ich habe nur kurz Luft geholt…“, berichtet er. „Das werden wir schon rausfinden, also rein ins kühle Nass!“ Unsicher betrachtet Ray das Wasser. Peter und Winston haben ihm gestern zwar versucht das Schwimmen beizubringen, doch er war eher Unfug, als alles andere. Aber er will auf keinen Fall hier allein bleiben. Dem Bauarbeiter entgeht seine Sorge nicht. „Ich führe dich, Ray. Der Tunnel ist breit genug, dass wir nebeneinander schwimmen können.“, versichert er ihm. Der Mechaniker lächelt unsicher und nickt. Nach einander steigen sie ins Wasser und durchqueren die Durchgang. Raymond klammert sich beinahe verzweifelt an Winstons Hand fest und versucht dabei so ruhig wie möglich zu bleiben, damit ihm nicht gleich die Luft ausgeht. Als sie schließlich in der Höhle auftauchen, war es schon echt kritisch. So leise wie möglich versuchen sie alle wieder zu Atem zu kommen. Vorsichtig schwimmen sie zu einem Absatz, von dem sich ein Plateau erstreckt. Die Höhle ist erstaunlich groß, wie es scheint. Und obwohl es keine sichtbare Verbindung zur Oberfläche gibt, liegt die Höhle in einem angenehmen Halbdunkel. Möglichst leise steigen die vier aus dem Wasser und bewegen sich dicht an der Wand der Höhle entlang. Vor ihnen erhebt sich das Plateau zu einer Art kleinem Berg, der ihnen die Sicht in den Rest der Höhle versperrt, gleichzeitig aber auch ihr Kommen verbirgt. Schweigend gehen die Geisterjäger dahinter in Deckung und spähen über den Rand. Im hinteren Teil scheint es noch einen Zugang zum Wasser zu geben, der wahrscheinlich direkt ins Meer führt. Sicht glitzert die blaue Oberfläche in dem mystischen Licht. Neben dem Wasser erhebt sich ein flacher Felsen ein Stück aus dem Boden. Er wirkt wie eine Art Altar oder Bett und genau dort drauf liegt der vermisste Tüftler. „Egon!“, entkommt es Janine und im selben Moment schlägt sie sich die Hände vor den Mund. In der Höhle hallt ihre Stimme einen Moment wieder, obwohl sie gar nicht so laut gesprochen hat. Der Blonde liegt reglos auf dem nackten Felsen. Er muss dort schon eine ganze Weile liegen, sein Nachthemd scheint völlig trocken zu sein. Unweigerlich stellt sich jeder der vier die Frage, ob er nur schläft, wohlmöglich bewusstlos ist oder gar schlimmeres. „Kann einer von euch die Nixe sehen?“, fragt Ray, der seine Augen überall zu haben versucht. Ein einstimmiges Verneinen ertönt. Keine einzige Regung ist in der Höhle auszumachen. „Man muss ja auch mal Glück haben, nicht wahr? Also holen wir Egon, bevor diese Fischbraut wiederkommt!“, legt Peter fest und genau in dem Augenblick durchbricht etwas die Wasseroberfläche neben dem reglosen Tüftler. Erschrocken wenden die vier ihren Blick dorthin. Nur eine Sekunde später steht eine junge Frau auf dem Felsen. Ihre Haut schimmert gelblichgrün, ihr langes Haar fällt ihr tropfnass in leichten Wellen über den Rücken und weißt ebenfalls eine grüne Farbe auf. Sie trägt ein hauchdünnes, weißes Kleid, dass durch das Wasser vollkommen durchsichtig geworden ist und so den Blick auf ihren nackten Körper freigibt. „Heilige Scheiße…“, entkommt es Peter flüsternd. Unter anderen Umständen wäre ihr Anblick wohl die Erfüllung eines Traums. Doch jetzt wirkt es eher furchterregend. Gegen sie irgendetwas auszurichten gestaltet sich so bestimmt nicht einfach. Viel zu leicht kann man sich ablenken lassen und einen fatalen Fehler machen. Leichtfüßig schreitet die Nixe zu Egon hinüber und setzt sich neben ihn. Sanft streicht sie mit ihren schlanken Fingern durch sein Haar und bedenkt ihn mit einem liebevollen Blick. „Die Zeit ist gekommen, mein Geliebter! Bald werden wir eins sein…“ Ihre vollen Lippen öffnen sich und entblößen ein Arsenal dolchartiger Reißzähne. Langsam beugt sie sich über den Blonden und will ihn wachküssen. Ehe ihr das jedoch gelingt, hält es Janine nicht mehr aus. „Nimm sofort deine stinkenden Pfoten von ihm!“, wirft sie der Nixe wütend entgegen und springt aus der Deckung. Der Wassergeist, sowie die drei Geisterjäger zucken überrascht zusammen. Erschrocken wendet die Nixe den Blick auf den Störenfried und erhebt sich. „Wie bist du hierhergekommen, Weib?“, fragt sie Janine aufgebracht und bleckt die Zähne. Dabei wird der Rothaarigen klar, dass das gerade keine so gute Idee war, dennoch versucht sie entschlossen und mutig zu wirken. „Das geht dich überhaupt nichts an und jetzt nimm deine Fischflossen von meinem Freund!“, wirft sie ihr entgegen. Siegessicher kommt die Nixe auf sie zu. „Dein Freund? Das ich nicht lache! Was soll er denn mit so einer, wie dir? Bei mir findet er die Erfüllung all seiner Träume und noch viel mehr!“, entgegnet die Grünhaarige. „Ach ja? Wenn du eine Pilzkultur wärst vielleicht! Das einzige, was er bei dir findet, ist Tod und Verderben!“ Erstaunt lauschen die drei Jungs dem Streit der beiden Frauen. Janines Temperament ist einfach unglaublich, ihre Angst wie weggeblasen. „Mag sein, doch es wird wunderschön für ihn sein. Für dich allerdings wird es der blanke Horror werden, Püppchen!“, erwidert die Nixe und will auf die Sekretärin losgehen. In diesem Moment macht Janine unbewusst einen Schritt zur Seite und genau darauf haben die Geisterjäger gewartet. „Jetzt!“, tönt Peter und die drei springen aus ihrer Deckung hervor und reißen die Nixe von den Füßen. Hart wird sie zu Boden geworfen und dort von den Männern fixiert. Ihr aufgebrachter Wutschrei schallt ohrenbetäubend durch die Höhle. Wild gebärt sie sich und versucht freizukommen. Die Ghostbusters haben alle Mühe sie festzuhalten. Wie alle mystischen Wesen hat auch die Nixe eine übermenschliche Kraft. „Nun mach schon, Janine!“, ruft Winston und holt die junge Frau damit aus ihrer Schreckstarre. „Ja doch!“, entgegnet sie und läuft zu Egon hinüber. Kraftlos geht sie vor dem Altar auf die Knie und versucht den Tüftler wachzurütteln. Vergebens. Prüfend legt sie ihr Ohr an seine Brust und lauscht nach seinem Herzschlag, was sich als nicht gerade leicht erweist, da die Nixe immer noch herumschreit. Nach einem unendlich langen Augenblick hört Janine doch endlich etwas. Eine tiefe Erleichterung macht sich in ihr breit, doch wie bekommt sie ihn nur wach? Hilflos denkt sie nach, während die Jungs ihren Kampf mit der Nixe verlieren. Mit einem wütenden Schrei schleudert sie die drei von sich weg. Hart schlagen sie auf den Felsen auf und versuchen sich gleich wieder aufzurappeln. Doch die Wasserfrau ist schneller und steht bereits hinter Janine. „Stirb, du Miststück!“, verkündet sie und streckt die Hände nach ihr aus. Im letzten Moment kann sich die Rothaarige ihren Fängen entziehen. Panisch sucht sie nach etwas, womit sie sich verteidigen kann. Doch auf dem Untergrund findet sie keine losen Steine, die sie dieser Hexe an den Kopf werfen könnte. Als sie ihr Gewicht verlagert, um der Nixe wieder auszuweichen, spürt sie jedoch etwas in der Tasche ihrer Shorts. In Windeseile zieht sie die kleine Flasche mit dem Sonnenöl heraus, reißt den Verschluss auf und spritzt der wütenden Fischfrau damit einen großen Schwall ins Gesicht. Überrascht schreit die Nixe auf und versucht das klebrige Öl aus den Augen zu bekommen. „Jungs!“, ruft Janine hilflos. Etwas schwerfällig stolpern die drei zu ihr hinüber und überwältigen den Wassergeist erneut. Diesmal drücken sie sie bäuchlings zu Boden, damit sie sich nicht so gut wehren kann. „Janine! Du musst Egon wecken, schnell!“, ruft Ray ihr entgegen. „Ja doch, aber wie?“ Darauf weiß der Mechaniker jedoch auch keine Antwort. „Dornröschen!“, entgegnet ihr Peter. Verständnislos blickt sie den Brünetten an. „Dornröschen?“, fragt sie verwirrt. „Ja! Küss ihn, verflucht noch mal! Im Fernsehen klappt das auch immer!“, behaart Venkman stur. Überrascht breitet sich ein roter Schimmer auf ihren Wangen aus. „Wir sind hier aber nicht in irgendeinem Film!“, kommt es abwehrend von Winston. „Na und? Hast du etwa eine bessere Idee?“, gibt Peter grummelnd zurück. „Nein? Dann halt doch die Klappe!“, setzt er noch nach. „Du verdammter…“, setzt Winston an, um dem Brünetten eine Lektion zu erteilen. Wild versucht die Nixe noch immer sich von ihren Angreifern und dem Sonnenöl zu befreien und für den Moment stehen ihre Chancen auch gar nicht so schlecht, wenn diese Trottel zu streiten beginnen. „Jetzt hört doch endlich mal auf damit!“, geht Ray dazwischen und animiert die beiden wieder zur Mithilfe, statt sich an die Gurgel zu gehen. „Ihr könnt euch streiten, wenn wir hier lebend wieder raus sind! Janine, versuch es einfach, bitte…!“, erwidert der Jüngste verzweifelt. Die Rothaarige nickt mit roten Wangen und wendet sich wieder zu Egon um. Seufzend betrachtet sie das völlig entspannte Gesicht des Mannes, den sie über alles liebt. „So hatte ich mir unseren ersten Kuss aber nicht vorgestellt…“, murmelt sie und beugt sich langsam über ihn. Hauchzart vereinigt sie ihre Lippen mit den seinigen. Eine unglaubliche Wärme durchströmt ihren Körper und sie blendet all den Lärm aus, den die Jungs und die Nixe hinter ihr produzieren. Verträumt verstärkt sie den Kuss etwas und plötzlich geht ein Zucken durch Egons Lippen. Überrascht trennt sich Janine von ihm. Langsam flatternd öffnen sich die blauen Augen und blicken sich verschwommen um. Mit einem gequälten Stöhnen setzt sich Egon aufrecht hin und hält sich den pochenden Kopf. „Egon!“, entkommt es der Sekretärin und sie fällt dem verwirrten Tüftler in die Arme. Überfordert erwidert er ihre Umarmung. „Janine? Bist du es?“, fragt er mit belegter Stimme. „Ja, ich bin´s und ich bin so froh, dass es dir gut geht!“ „Was ist denn passiert und wo ist meine Brille?“, fragt er schwach. Janine trennt sich kurz von ihm und zieht seine Brille aus ihrer anderen Hosentasche. „Hier ist sie und alles andere erzähl ich dir später. Jetzt müssen wir erst mal weg von hier.“ Als Egon wieder klarsehen kann, erblickt er den verzweifelten Kampf seiner drei Kollegen mit der Nixe. „Faszinierend…“, gibt er von sich und kann sich irgendwie vorstellen, was passiert sein muss. „Das ist eine Nixe, wenn ich mich nicht irre.“, erklärt er der Rothaarigen. „Ja, sie hatte dich in ihrem Bann. Weiß du zufällig, wie wir sie loswerden können?“ „Gar nicht.“, kommt es knapp von dem Blonden. „Was?“, entgegnet Janine ungläubig. „Ohne unsere Strahler können wir nichts gegen sie ausrichten und auch mit ihnen ist es fragwürdig, da sie ein stoffliches Wesen ist. Doch wenn ihr Einfluss auf mich gebrochen ist, verstreicht der Zyklus ihrer Kraft und sie wird machtlos. Für die nächsten zehn Jahre kann sie niemandem mehr schaden. Erst dann setzt ein neuer Zyklus ein und sie kann sich wieder ein Opfer suchen.“, berichtet der Tüftler. „Ok, aber sie kann doch immer noch jemandem gefährlich werden…“ „Nicht unbedingt.“ Zielstrebig erhebt sich Egon und geht zu seinen Kollegen hinüber, die die Nixe immer noch mit aller Macht festzuhalten versuchen. „Dein Bann ist gebrochen, Wassergeist. Ich bin nicht mehr der deine.“, erläutert er der aufgebrachten Fischfrau. Mit großen, ölverschmierten Augen begreift sie langsam, dass ihr Plan zunichte ist. „Nein – nein – NEIN!“, gebärt sie sich. Ihr Körper beginnt unvermittelt zu leuchten und die Jungs nehmen rasch Abstand von ihr. „Was passiert mit ihr?“, fragt Winston. „Ihr Zyklus ist zu Ende, oder?“, hakt Raymond nach, der sich langsam an ein paar Einzelheiten erinnert. „Ganz recht.“, erwidert Egon gelassen. Das Glühen wird immer stärker, hüllt ihren ganzen Körper völlig ein. Ihre gequälten Schreie hallen ohrenbestäubend durch die Höhle. „Explodiert sie jetzt etwa?“, kommt es verstört von Peter. „Nein. Ihr stofflicher Körper nimmt nur eine energetisch günstigere Form an.“, sagt der Tüftler über ihre Schreie hinweg. Das glühende Gebilde schrumpft allmählich zusammen und wird immer kleiner. Schließlich erlischt das Licht und zurück bleibt ein hilflos zappelnder, kleiner Fisch, der japsend nach Luft schnappt. „Echt jetzt? Ein Guppy?“, kommentiert Peter mit erhobener Augenbraue. „Sieht mehr wie ein Stichling aus.“, stellt Ray fest. „Nein, ich glaube, es ist ein Buntbarsch.“, meint Winston. „Jungs, fangt nicht wieder mit so was an. Es ist völlig egal, was für ein Fisch das ist! Hauptsache er kann niemandem mehr etwas tun.“, unterbricht Janine die Diskussion. Kurz darauf beobachten sie alle, wie der kleine Fisch mit großen Sprüngen Richtung Wasser hopst und dann darin verschwindet… Am Abend sitzen Egon und Janine wieder friedlich zusammen und betrachten den Sonnenuntergang. Diesmal jedoch an einer anderen Stelle des Strandes, fern ab von der Bucht. Nun sitzen sie auf einem Handtuch im noch warmen Sand und bewundern das Farbenspiel der Sonne auf dem Wasser. „Ich hatte noch gar nicht die Gelegenheit, dir für deine Hilfe zu danken…“, meldet sich der Tüftler irgendwann zu Wort. Etwas überrascht wendet Janine ihm den Blick zu. „Das war doch selbstverständlich, Egon!“, entgegnet sie. „Das mag schon sein. Aber ihr habt euer Leben aufs Spiel gesetzt, nur um mir zu helfen. Dabei hätte sie jeden von euch auch in ihren Bann ziehen können…“, behaart er. „Du denkst zu viel über so etwas nach. Du bist uns sehr wichtig. – Du bist mir sehr wichtig, Egon und ich könnte es nie zulassen, dass dir etwas zustößt.“ Mit aufrichtigen Blick betrachtet sie den Mann neben sich. Langsam legt er seine Hand auf die ihre und blickt ihr fest in die Augen. „Danke. – Du bist mir auch sehr wichtig, Janine…“, gesteht er etwas unsicher. Dabei legt sich ein zarter, roter Schimmer auf ihrer beider Wangen. „Das hast du sehr schön gesagt, Egon.“ Sie schenkt ihm ein warmes Lächeln, dass er zaghaft erwidert. Nach ein paar Momenten beugt er sich leicht vor und haucht ihr einen zarten Kuss auf die Wange. In diesem Augenblick möchte sie am liebsten weinen, so glücklich und gerührt ist sie. Stattdessen lächelt sie ihn überglücklich an und dann betrachten sie weiter den Sonnenuntergang. Sie legt verträumt den Kopf auf seine Schulter und er nimmt sie in den Arm, hält sie fest, bis es dunkel ist und sie gemeinsam zur Hütte zurückkehren. Der Rest des Urlaubs liegt immerhin noch vor ihnen und diesmal kommt bestimmt keine Nixe dazwischen! Kapitel 17: Happy Halloween! ---------------------------- Zwei Monate später… Die Nachwirkungen der großen Party zu ihrem zweijährigen Bestehen vor einigen Tagen, stecken den Geisterjägern noch deutlich in den Knochen, da steht schon die nächste Feierlichkeit vor der Tür. Heute ist Halloween und das bereitet den Jungs ziemliche Sorgen. Dieses Süßigkeiten verteilende Fest ist mit Abstand der schlimmste Tag im ganzen Jahr und bedeutet mehr Arbeit, als man sich nur vorstellen kann. Nicht umsonst sagt der Volksglaube, dass in dieser speziellen Nacht das Tor zur Geisterwelt ungehindert offensteht und jede nur erdenkliche Kreatur sich in der Welt der Menschen nach Herzenslust vergnügen kann. Schon früh erkannten die Leute, dass dieser Tag etwas Unheimliches an sich hat und fürchteten ihn lange Zeit, bis der Glaube langsam verflog und Halloween heute scheinbar nichts weiter ist, als ein Vergnügen für kleine Kinder, um Unmengen an Süßigkeiten zu bekommen. Der Mensch glaubt vielleicht nicht mehr voller Angst an paranormale Erscheinungen in Verbindung mit dieser Nacht, doch sie sind dennoch existent und bedrohen das Leben aller. Kein Wunder also, dass die vier Jungs diesem Tag nicht unbedingt fröhlich entgegengefiebert haben. Zwar hält sich eine gewisse Begeisterung für Gruselgeschichten, Kostüme und Süßigkeiten in Ray´s kindlichem Gemüt, die sich auch durch die bevorstehende Arbeit nicht unterdrücken lässt, dennoch wirkt er weit weniger ausgelassen, als sonst. Janine hingegen sieht das Ganze nicht so ernst. Sie versteht zwar, dass dieser Tag nicht gerade so toll für die vier ist, aber für sie steht nun mal das Fest im Vordergrund. So lässt sie es sich auch nicht nehmen, dass Hauptquartier etwas zu schmücken, Süßes für die Kinder bereitzustellen und sich selbst etwas in Schale zu werfen, als der Abend anbricht. Während sie ihrem Aussehen im Bad noch den letzten Schliff verleiht, grübelt Peter darüber nach, wer sie für ihren unerschütterlichen Einsatz heute Nacht wohl bezahlen wird. Überall in der Stadt werden sich die Geister nur so tummeln. An jeder Ecke, auf jedem Dach, im Park, auf der Autobahn, einfach überall. Also eigentlich müsste er der ganzen Stadt eine Rechnung schreiben. Aber das wird wohl kaum möglich sein, daher wird sich halt der Bürgermeister über einen hübschen Brief von ihm freuen dürfen. Der Gedanke gefällt ihm irgendwie. Bürgermeister Koch ist nicht gerade ein Fan von ihrer Arbeit, ganz im Gegenteil, doch heute wird er sicher einsehen, dass die Ghostbusters eine Daseinsberechtigung haben, selbst wenn sie nur Chaos und Zerstörung hinterlassen. Während Peter sich mit dieser überaus wichtigen Aufgabe befasst, kontrollieren Ray und Winston, ob es Ecto-1 auch an nichts fehlt, damit der Wagen diese nervenaufreibende Nacht auch heil übersteht. Egon hockt derweil in seinem Labor und überholt die gesamte Ausrüstung, damit auch sie dieser Dauerbelastung gewachsen ist. Geschwind huscht Janine aus dem Badezimmer auf das Labor zu. Sie ist wirklich froh, dass das Einsatztelefon für heute abgestellt ist, wäre ja auch sinnlos, es ununterbrochen klingeln zu lassen, wenn die Jungs eh schon draußen sind. So kann sich die Rothaarige ganz darauf konzentrieren, Süßigkeiten an die Kinder zu verteilen, ein bisschen die Seele baumeln zu lassen und vielleicht ein wenig der liegengebliebenen Arbeit der letzten Zeit nachzuholen. Vorsichtig linst sie durch den Türspalt. Hochkonzentriert sitzt Egon an seinem Tisch, auf dem sich die verschiedensten Geräte stapeln. Sieht aus, als hätte er noch eine ganze Menge Arbeit vor sich, dabei ist er schon seit heute Morgen ununterbrochen damit beschäftigt. Ein Anflug von Mitleid überkommt sie bei seinem Anblick. Er ist immer so vertieft, dass er kaum irgendetwas mitbekommt und sogar das Essen vergisst, wenn man ihm nicht etwas direkt vor die Nase stellt. Wirklich gesund sein kann das nicht, weshalb ihr der Gedanke kommt, ihn ein bisschen abzulenken, damit er mal fünf Minuten an etwas Anderes denkt. Immerhin hat sie sich ja nicht unbedingt für die Kinder so in Schale geworfen. Der Blonde ist zwar ganz sicher nicht der Typ, der sich von so etwas aus der Fassung bringen lässt, aber solange er einfach mal das Werkzeug ruhen lässt, genügt es ihr vollkommen. Auf leisen Sohlen huscht sie ins Labor und zum Tüftler hinüber. „Du arbeitest zu viel, Egon.“, entgegnet sie ihm. „Was hast du gesagt?“, kommt es abwesend von ihm, während seine Hände weiterhin ihrer Arbeit nachgehen. Mit einem leichten Kopfschütteln überbrückt Janine den letzten Abstand zu ihm, umarmt ihn sanft von hinten und legt ihm vorsichtig ihren Kopf auf die Schulter. „Ich sagte, du arbeitest zu viel.“, haucht sie ihm ins Ohr. Ein leicht überraschter Schauer erschüttert die schmale Statur des Tüftlers. „Das mag schon sein, aber heute ist ja auch ein außergewöhnlicher Tag, der diesen Zustand unweigerlich erfordert.“, erläutert er ihr. Mit einer Art Schnurren reibt die Sekretärin plötzlich ihre Wange an seiner. „Vielleicht, aber das heißt ja nicht, dass du dich deswegen überarbeiten musst.“ Etwas verwirrt lässt Egon seinen Schraubendrehen sinken und schielt sie von der Seite an. „Was machst du denn da?“ „Dich ein bisschen ablenken…“, erwidert sie mit einem neuerlichen Schnurren. Egon legt die Stirn in Falten. „Soll das eine Katze sein?“, fragt er irritiert. „Ja genau! Ich musste echt üben, um das so hinzubekommen.“, berichtet Janine begeistert. „Faszinierend…“ Langsam dreht sich der Tüftler zu ihr herum. Als er sie erblickt, weiten sich seine blauen Augen überrascht. Die Rothaarige trägt ein enges, schwarzes Kostüm, dass sich so um ihren Körper schmiegt, als hätte sie fast gar nichts an. Ein flauschiger Schwanz verlässt das Outfit knapp über dem Po. Ihre Hände stecken in engen, schwarzen Handschuhen, auf deren Innenseiten rosafarbene Pfotenabdrücke gemalt sind. Auf ihrem Kopf sitzt ein Reif, an dem zwei schwarze Katzenohren befestigt sind, zudem hat sie sich mit Farbe ein herzförmiges Näschen und Schnurrhaare aufgemalt. Nun sieht sie ihn mit großen Augen an und gibt wieder einen Schnurrlaut von sich. Als Egon dieses Zusammenspiel betrachtet, beginnen seine Mundwinkel unweigerlich zu zucken. Kurz darauf hält er sich eine Hand vor den Mund und gibt ein verhaltenes Kichern von sich. Schließlich wendet er sich sogar wieder seinem Tisch zu, um ein Lachen zu unterdrücken, was ihm aber nicht wirklich gelingt. *Janine versucht, ihn vorwurfsvoll anzusehen, bringt es aber nicht fertig. Es tut zu gut, ihn Lachen zu hören. Vielleicht deshalb, weil er es nicht in ausreichendem Maße tut. Das Geräusch seines Lachens hat für sie einen fremdartigen, exotischen Reiz. Egon Spengler ist nie ein Mann des Lachens gewesen. Während sich der Tüftler bemüht, sich zusammenzunehmen, fängt Janine ihrerseits an zu schmunzeln. Das Lächeln auf Egons Gesicht lässt ihn um Jahre jünger aussehen und sie kann sich nur zu gut vorstellen, was für ein niedliches Kind er einmal gewesen sein muss. „Es tut mir wirklich überaus leid, aber du siehst einfach nur zu komisch aus…“, räuspert er sich bemüht. „Halb so schlimm! Ich wollte dich ja nur ein bisschen von der Arbeit ablenken und das ist mir wohl ziemlich gut gelungen!“, lächelt sie. „Durchaus.“, erwidert er und schiebt sich die Brille zurecht. „Hat dein Kostüm auch Krallen?“, fragt er sie nebensächlich, während er seine Arbeit wiederaufnimmt. „Wieso?“ „Naja, ich denke, das insbesondere Peter dein Erscheinungsbild gefallen dürfte…“ Herausfordernd verschränkt Janine die Arme vor der Brust. „Das denke ich auch, wo du es jetzt erwähnst. Doch Katzen sind ja für ihre wählerische Art bekannt. Wenn ich auch nur einen Mucks von ihm höre, dann wird er schon sehen, was er davon hat!“ Abschätzend mustert er sie wieder, dann ein kleines Lächeln. „Armer Peter…“, gibt er erstaunlich sarkastisch von sich, was sie sogar beide wieder zum Lachen bringt, da es ebenso untypisch für ihn ist, wie das Lachen selbst. „Ja, armer Peter. Selber schuld!“, erwidert sie immer noch lachend und verlässt das Labor dann wieder. Unten angekommen, setzt sie sich an ihren Schreibtisch und beginnt damit, die liegengebliebene Arbeit nachzuholen. Etwas verwundert betrachten Ray und Winston sie. „Schau mal, *Lady Cat macht unsere Abrechnungen!“, flüstert der Mechaniker dem Schwarzhaarigen kichernd zu. Winston legt verwirrt die Stirn in Falten, doch dann fällt ihm wieder ein, dass Ray ihm mal von der Schurkin im Katzenkostüm erzählt hat, die Captain Steel immer wieder das Leben schwermacht. Daraufhin muss er sich ein Lachen doch sehr verkneifen. „Lass sie das bloß nicht hören, sonst gib´s Ärger!“, mahnt er Ray glucksend und reicht ihm eine Flasche Motoröl. „Warum? Sie sieht doch toll aus!“, hält der Jüngere dagegen. „Schon, aber ich bin sicher, dass sie es nicht lustig findet, wenn du sie mit einer Comic-Schurkin vergleichst.“, erläutert der Bauarbeiter. Fragend sieht Raymond zwischen ihm und Janine hin und her. So ganz versteht er aber dennoch nicht, was schlecht an seinem Vergleich sein soll, doch er belässt es schulterzuckend dabei und füllt das Öl in den vorgesehenen Behälter ein. Peter ist inzwischen mit seiner Rechnung fertig. Es fehlt nur noch der Geldbetrag, der am Ende dieser Nacht eingefügt wird. Doch bis dahin kann Janine das Schriftstück schon mal fertigmachen. Daher steht er auf, um es ihr auf den Tisch zu legen. Ziemlich überrascht bleibt er dann aber vor ihr stehen und starrt sie mit offenem Mund an. Genervt verdreht die Rothaarige die Augen und blickt zu ihm auf. „Haben wir irgendein Problem, Dr. Venkman?“, fragt sie ihn warnend. Der Brünette klappt den Mund wieder zu und legt das Blatt Papier neben ihr ab. „Nein, wieso auch? Ich habe nur eine Rechnung, die du vorbereiten kannst.“, erwidert er gespielt gelassen und wendet sich wieder ab. Verwundert sieht Janine ihm hinterher. „Ist das alles? Mehr fällt dir nicht ein?“, fragt sie ihn. Peter dreht sich wieder zu ihr herum und mustert sie eingehend. ‚Jetzt kommt´s…‘, geht es ihr dabei durch den Kopf und sie wappnet sich für seinen machohaften Ausspruch. „Da wäre schon etwas. Das ist keine angemessene Kleidung für eine Sekretärin, nicht einmal für die der Geisterjäger.“, entgegnet er erstaunlich trocken. Verwirrt betrachtet ihn die Rothaarige. „Mehr fällt dir zu meinem Outfit nicht ein?“ hakt sie nach. Janine weiß beim besten Willen nicht, warum sie jetzt so darauf herumreitet, wo sich Peter doch ausnahmsweise Mal zurückhaltend gibt und sie sich darüber eigentlich freuen müsste. Doch irgendwie wurmt es sie doch, von ihm keine vorherbestimmte Reaktion zu erhalten. „Doch, es sieht überaus albern aus. Mehr kann ich dazu nun wirklich nicht sagen.“ Sonst sprüht seine Stimme regelrecht vor Sarkasmus und er lässt kaum eine Möglichkeit aus, sie zu ärgern, doch jetzt scheint er es völlig ernst zu meinen. Nun ist sie es, die ihn mit offenem Mund anstarrt. „Stimmt etwas nicht mit dir?“, fragt sie schließlich. „Hast wohl eine andere Reaktion von mir erwartet, was? Doch da muss ich dich leider enttäuschen. Es sieht einfach albern aus. Zudem bin ich kein Katzenfreund und nur, weil du dich wie eine verkleidest, wird sich meine Meinung nicht ändern. Doch der wichtigste Punkt ist, dass es mir eh nichts bringt, dir Honig ums Mäulchen zu schmieren. Wieso also meine Energie verschwänden und mir einen kecken Spruch einfallen lassen, den du eh wieder im Keim erstickst, wenn ich doch all meine Kraft heute Nacht noch für die Geister brauche?“ Er zuckt matt mit den Schultern und verzieht sich dann wieder in sein Büro, während Janine darauf einfach keine Antwort findet. Was sie nicht weiß, ist, dass er sie durchaus sehr ansprechend findet. Allerdings entspricht das Meiste, was er ihr gesagt hat, durchaus der Wahrheit. Er weiß nur zu gut, dass er nicht bei ihr landen kann und inzwischen hat er auch jegliches Interesse an ihr verloren und will sich so Ärger ersparen. Außerdem ist ihm jetzt nicht danach, sich mit ihr anzulegen, zu sehr beschäftigt ihn das, was vor ihnen liegt. Und immerhin versucht er sich ja zu beherrschen und ruhiger zu treten und wenn er auf ihre Neckereien eingehen würde, würde er sich nur selbst schaden, indem er in sein altes Muster zurückfällt. Auf irgendeine Weise hat er sie aber doch geärgert, da es ihr scheinbar überhaupt nicht passt, dass er ihr so eine Antwort gegeben hat und das hat auch wieder etwas Befriedigendes an sich. Lässig lümmelt er sich auf seinen Stuhl und wartet darauf, dass die anderen drei ihre Arbeit beenden, damit sie auf Patrouille gehen können. Es dauert auch nicht lange, da tragen sie ihre Ausrüstung vom Labor hinunter und verstauen sie auf Ectos Ladefläche. Angespannt nimmt jeder von ihnen seinen Platz ein. Der Motor des umgebauten Miller Meteor heult in der ehemaligen Feuerwache bedrohlich auf, dann öffnen sich die Flügeltüren der Einfahrt und der Wagen rollt auf die Straße hinaus. Da sie noch nicht offiziell im Einsatz sind, bleibt die Sirene auf dem Dach stumm, die Warnlichter dunkel. Die Sonne ist gerade erst untergegangen und die ersten Kinder machen sich auf den Weg zum Süßigkeiten sammeln. Gemächlich biegt Ecto-1 um die Kurve und fährt Richtung Innenstadt. Es gleicht einem Wunder, den Wagen so langsam fahren zu sehen und man könnte fast meinen, es fällt Ray schwer, sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung zu halten. Die Unruhe im Auto ist fast greifbar, während die vier ihre Augen nach allen Seiten richten, um schnellstmöglich irgendwelche Anomalien ausfindig zu machen. Die Suche nach geisterhaften Erscheinung gestaltet sich aber nicht gerade einfach, wenn man gedenkt, dass Unmengen kleiner Geister, Kobolde, Monster und weiß der Geier, was noch alles die Straßen unsicher machen und sich dahinter dennoch nur harmlose Kinder verbergen. Manche der Kostüme sind so ausgeklügelt und lebensnah, dass es fast unmöglich ist, sie von echten Bedrohungen zu unterscheiden. „Oh Mann, seht euch die ganzen Heerscharen von Kindern an. - Als ich klein war, haben wir uns zu Halloween noch ein Bettlaken über den Kopf geworfen und damit die Leute versucht zu erschrecken und jetzt das! Es sieht aus, als wäre der Verbannungscontainer leckgeschlagen…“, mault Peter nach ein paar Straßen. „Das wollen wir aber nicht hoffen…“, wirft Egon ernst ein, als hätte Venkman keinen Witz gemacht, sondern eine Tatsache auf den Tisch gelegt. „Bei diesem Gewusel wird es fast unmöglich sein, einen echten Geist zu finden…“, bemerkt Winston nun. „Das stimmt. Doch so lange es ruhig ist, können wir immerhin mit dem PKE-Gerät herausfinden, was ein Kostüm ist und was nicht.“, beruhigt Ray ihn ein bisschen. „Da hast du recht, aber sobald der Durchgang zur Geisterwelt offen ist, können wir das Ding vergessen, falls es uns dann nicht schon um die Ohren geflogen ist…“, erinnert ihn Peter. „Stimmt leider und dann müssen wir verdammt vorsichtig sein, auf was wir schießen…“, seufzt der Schwarzhaarige. Mit dieser unschönen Tatsache kehrt erst mal wieder Ruhe im Wagen ein und sie setzen ihren Weg fort. Unbemerkt dessen erhellt eine seltsame Lichterscheinung den Himmel über dem Central Park. Bedrohlich violett-blau erstrahlen die nächtlichen Wolken einen Augenblick, dann ein kurzer, greller Blitz. Es sieht aus, als würde der Himmel aufreißen, doch nicht so wie nach einem Unwetter. Es wirkt eher so, als hätte jemand mit einem riesigen Messer einen Schnitt direkt dort oben gemacht und nun würde der Himmel aufplatzen, wie eine überreife Frucht. Violetter Dampf drückt sich durch die Öffnung und sinkt schwer herab wie Bodennebel. Der Dampf kriecht über das dichte Gras des Parks und spaltet sich dabei in viele kleine Häufchen auf, die alle einen anderen Weg einschlagen. Je weiter sie sich von ihrem Ursprungsort entfernen, desto mehr nehmen sie Gestalt an. Die so manifestierten Geisterwesen blicken sich neugierig in der fremden Welt um und finden schnell Gefallen daran. „Geht, meine Kinder! Geht und lehrt die Menschen Angst und Schrecken, auf das Halloween niemals enden wird!“, ertönt die Stimme ihres Anführers. Lachend und jubelnd zerstreuen sich die Wesen in alle Himmelsrichtungen und dringen immer tiefer in die Stadt vor. Dabei richten sie Chaos und Zerstörung an, erschrecken alles und jeden, der nicht schnell genug Reißaus vor ihnen nimmt und laben sich an der Angst ihrer Opfer. Voll Wohlwollen betrachtet ihr Führer das bunte Treiben und reibt sich die knorrigen Hände. Seine gelben Augen funkeln vor Freude tief in ihren Höhlen. Seid so langer Zeit hat er darauf gewartet in die Welt der Menschen kommen zu können und jetzt ist es ihm gelungen. Diesmal ist er stark genug, seinen Plan in die Tat umzusetzen, bevor der Morgen graut und Halloween wieder für ein Jahr enden muss. Ja, diesmal wird es ihm gelingen, die Welt einzunehmen, genug Angst aufzusaugen, um die Öffnung aufrechtzuerhalten und somit allen Wesen ungehinderten Zutritt in diese Welt zu gewähren. Niemand wird ihn daran hindern können. Halloween wird ewig fortbestehen! Unterdes setzen die Geisterjäger ihre Patrouille fort. Suchend blicken sich ihre Augen nach allen Seiten um und versuchen Kinder von Geistern zu trennen. Gedankenversunken spielt Egon an seinem PKE-Gerät herum, dessen Nadel völlig ungerührt am untersten Rand der Skala verweilt und kein einziges Zucken von sich gibt. „Sag mal, Egon…“, setzt Peter gähnend an. Doch ein plötzliches, schrilles und hektisches Piepsen unterbricht ihn harsch. Das Geräusch ist so durchdringend, dass Ray erschrocken auf die Bremse tritt und Ecto mit einem Mal ins Schleudern gerät. Überrascht versucht der Mechaniker gegenzulenken, dennoch kann er nicht verhindern, dass sich der Wagen zwei Mal um die eigene Achse dreht und dann so dicht an eine Laterne heranschlittert, dass es ein echtes Wunder ist, dass sie damit nicht zusammenstoßen. Mit schreckgeweiteten Augen betrachtet Ray den Laternenmast, der ihm fast völlig die Sicht aus seinem Fenster raubt. Ein erleichtertes Seufzen zieht sich kurz darauf durch den Wagen. Doch es ist kaum hörbar, da das PKE-Gerät noch an Lautstärke und Bedrohlichkeit zunimmt. Ehe es sich verselbstständigen kann und wohlmöglich wieder mal das Zeitliche segnet, schaltet Egon es kurzerhand ab. Gerade noch rechtzeitig, wie ihm scheint. Ein erneutes Seufzen erfasst den Wagen. „Meine Herren, ich denke, es hat begonnen…“, kommt es ernst von dem Tüftler. „Wirklich? Was bringt dich nur zu dieser verrückten Annahme?“, kommt es sarkastisch von Peter. „Lass mich raten. Ist es vielleicht das grauenhafte Geplärre des PKE-Geräts oder sind es vielleicht die merkwürdigen Blitze dort am Himmel?“, legt der Brünette nach. Egon mustert ihn seelenruhig und doch verständnislos und erwidert nichts. Aber als die vier aus den Fenstern blicken, zucken seltsame, violette Blitze über den Himmel. Doch es sieht nicht aus wie bei einem normalen Gewitter. Stattdessen scheinen sie alle denselben Ursprungsort zu haben. „In der Richtung liegt doch der Central Park.“, stellt Winston fest. „Ja. Sieht aus, als wäre das Tor zur Geisterwelt dort geöffnet worden.“, erwidert Ray ehrfürchtig. „Dann wissen wir ja zumindest schon mal, woher die Biester kommen. Doch wie schaffen wir es, sie alle einzufangen?“, fragt Venkman. „Es ist physikalisch völlig unmöglich, dass wir alle geisterhaften Erscheinung einfangen, die durch dieses Tor kommen. Dafür gibt es weder genug Kapazität in unserem Verbannungscontainer und erst recht nicht in unseren Fallen. Zumal wir tausende bräuchten, um auch nur einen Bruchteil von ihnen einzufangen.“, erläutert der Tüftler trocken. „Und was sollen wir stattdessen machen?“, will der Schwarzhaarige wissen. „Wir müssen den Durchgang verschließen, bevor der Morgen anbricht. Ansonsten bleibt er für immer geöffnet und wir werden von unendlich vielen Geistern überflutet…“, erklärt Ray und bringt Ecto wieder auf die Straße. „Das dürfte ja nicht allzu schwer sein. Immerhin haben wir das bei dem Terrorhund doch auch gemacht.“, winkt Peter ab. „Das entspricht nicht ganz der Wahrheit, Peter. Der Terrorhund kam aus der Unterwelt. Das ist nicht das Gleiche wie die Geisterwelt. Zumal sich dieses Tor nicht schließen wird, wenn wir mit unseren Protonenstrahlen darauf schießen. Dafür reicht ihre Kraft bei Weitem nicht aus.“, kontert der Blonde. „Ach ja? Und was schlägst du dann vor, du Genie?“, hakt der Brünette nach. „Zur jetzigen Zeit sind die Geister sehr beeinflussbar. Sie wurden also von einem mächtigen Wesen hierhergeführt. Dieses müssen wir finden und zurückschicken, bevor die Sonne aufgeht und dann werden die anderen Geister automatisch durch den rückwertigen Strom der auftretenden Energiewende durch das Tor gesaugt, dass dann in sich zusammenbricht und den Durchgang versperrt.“ „Na wunderbar. Im Klartext heißt das also, wir müssen einen einzigen Geist in diesem Gewusel finden und ihn durch das Tor befördern, bevor die Nacht zu Ende ist?“, hakt Venkman nach. „So ist es.“, erwidert Egon. „Das wird ja dann ein richtiges Kinderspiel!“, schnaubt Peter. „Wie finden wir den Anführer? Das PKE-Gerät können wir ja nicht benutzen, ohne das es uns um die Ohren fliegt…“, entgegnet Winston. „Vielleicht finden wir im Central Park einen Hinweis?“, meint Ray und lenkt den Wagen zum Eingang desselbigen. Langsam verlassen die Jungs das Auto und schultern ihre Strahler. Der Park ist eine einzige Unheimlichkeit aus Schatten, violettem Dunst und zuckenden Blitzen. Sämtliche Laternen im ganzen Park sind dunkel. Ohne die gelegentlichen Blitze würde man kaum die Hand vor Augen sehen. Im Zentrum hat der Himmel eine bedrückende Mischung aus Blau, Gelb und Purpur angenommen, gekrönt von tiefschwarzen Wolken und grellweißen Blitzen. Abgesehen von den Geisterjägern scheinen sich hier zum Glück aber keine anderen Menschen aufzuhalten. Dennoch ist die ganze Stadt in höchster Gefahr! Vorsichtig tasten sich die vier Geisterjäger ihren Weg durch die Dunkelheit. Würden in der Ferne nicht immer mal wieder bedrohlich Blitze zucken, wären sie hilflos in der dunstigen Schwärze gefangen. Zwar haben sie Taschenlampen, doch der Nebel, der sich im Park ausgebreitet hat, ist so dicht, dass die Lichtstrahlen kaum einen Meter weit reichen. Nahe beisammen, wie ängstliche Kinder bei einer Nachtwanderung, nähern sie sich immer weiter der Mitte des Parks. Bedrückendes Schweigen herrscht zwischen ihnen. Selbst Peter scheinen die sarkastischen Kommentare ausgegangen zu sein. Mit ernster Miene versucht er irgendetwas in dieser Suppe zu erkennen, doch die Dunkelheit macht es nahezu unmöglich. In der Ferne sind die ängstlichen Stimmen der Bürger zu hören, die sich mit den entflohenen Geistern herumärgern müssen. Diese Tatsache stimmt die Jungs nicht gerade froh, können sie ihnen doch im Moment nicht helfen. Betrübt setzen sie ihren Weg fort, versuchen die verzweifelten Schrei zu überhören. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichen sie die Stelle, an der das Tor zur Geisterwelt geöffnet wurde. Die Luft an dieser Stelle ist so aufgeladen, dass es einem vorkommt, als würde sie jeden Moment explodieren. Das Atmen fällt schwer. Jeder Zug der eigentlich frischen Nachtluft, brennt einem in der Lunge, als würde man durch eine Wüste wandern. Aufmerksam versuchen die vier irgendein Anzeichen auf den Anführer zu finden. Zuckend gleiten die Strahlen ihrer Taschenlampen durch die dunstige Dunkelheit. Durchdringend befällt sie das Gefühl beobachtet zu werden. Es ist ganz eindeutig, dass sie hier nicht allein sind. Doch welches schreckliche Wesen versteckt sich hier und wartet nur auf den richtigen Augenblick, um über sie herzufallen? „Irgendwas ist hier…“, kommt es nervös von Ray. Ungewollt durchbricht er damit die nachdenkliche Stille und bereitet seinen Kollegen somit noch mehr Unwohlsein. „Egon? Hast du zufällig eine Idee, wer der Anführer sein könnte?“, fragt Winston leise. „Nicht wirklich…“, erwidert dieser. „Gibt es nicht zufällig so was wie einen Halloweengeist? Der kopflose Reiter oder dergleichen?“, hakt Peter nach. Nachdenklich sehen sich Egon und Ray an. „Die alten Kelten nannten den Vorabend vor Allerheiligen Samhain, was später zu unserem Halloween wurde. Es war ein großes Fest, an dem die Menschen glaubten, dass dort der Zugang zu anderen Welten, wie der Geisterwelt besonders dünn oder gar völlig offen ist, sodass alle möglichen Wesen daraus in die reale Welt treten konnten.“, setzt der Mechaniker an. „Das stimmt. Die Menschen waren durch diese Tatsache so verängstigt, dass sie sich nicht einmal trauten, ihre Häuser zu verlassen. Stattdessen brachten sie den Wesen Opfer, um sie zu besänftigen. Der Tod stand dabei unweigerlich im Vordergrund. Die Menschen glaubten, wenn es möglich ist, dass großen Helden und Götter sterben können, dann tuen sie es in dieser Nacht, da ihre Kraft dort geschwächt ist. Man gedenkt den Toten und hofft sie milde zu stimmen, damit sie einen nicht im nächsten Jahr heimsuchen. Der erste November war damals noch der Jahresbeginn der Kelten.“, erläutert Egon weiter. „Klingt ja alles ganz toll, aber das beantwortet nicht meine Frage.“, gibt Winston zurück. „Da hast du recht…“, erwidert Ray und zieht Tobin´s Geisterführer zu Rate. „Ah! Hier steht was über das Samhain-Fest.“ Geschwind überfliegt der Rothaarige den Text, doch es steht nur das drin, was sie gerade selbst gesagt haben. „Ich glaube, es geht auf der nächsten Seite noch weiter…“, wirft der Bauarbeiter ein. Als Raymond umblättert, erscheint das Bild eines alten Holzschnittes. Es zeigt eine seltsame Gestalt, dünn, hochgewachsen, in ein langes Gewand gehüllt. Anstelle eines Kopfes, trägt das Wesen einen großen Kürbis auf den Schultern. Die Gesichtszüge wirken, als wären sie in das Fleisch der Frucht geschnitzt, wie es Kinder am heutigen Tag gern machen. Dennoch erhellt keine Kerze den Kürbis. Stechend gelbe Augen liegen tief in den geschnitzten Höhlen und scharfe Zähne stehen angriffsbereit in seinem Mund. Sein Lächeln wirkt so böse und durchtrieben, dass einem ein eisiger Schauer den Rücken hinabläuft. Unter dem Bild wird das Wesen als Sam Hain bezeichnet. Er allein ist dafür verantwortlich, jedes Jahr am einunddreißigsten Oktober die Pforte zur Geisterwelt zu öffnen und allen Wesen den Weg in die reale Welt zu ermöglichen. Mit Freuden beschert er den Menschen Angst und Schrecken und versucht seit Urzeiten die Welt zu kontrollieren, indem er Halloween niemals enden lassen will. Doch den strenggläubigen Leuten gelang es stets, ihn zu überlisten und zurückzuschicken. Dadurch wurde seine Macht so sehr geschwächt, dass er irgendwann nicht mehr genug Kraft hatte, den Durchgang zu öffnen und so aus den Köpfen der Menschen verschwand, die daraufhin die Furcht vor diesem Tag verloren und es schließlich mehr oder wenige zu einem Kinderfest wurde. „Echt jetzt? Der Kerl soll dafür verantwortlich sein? Der sieht aus wie eine billige Kürbislaterne…“, witzelt Peter schließlich. „Das mag schon sein, aber er ist überaus gefährlich, immerhin hat er die Macht, die ganze Welt ins Unglück zu stürzen, wenn es ihm gelingt, diese Nacht nie enden zu lassen.“, kontert Egon. „Genau und da die Menschen heutzutage nicht mehr daran glauben, wird es auch ziemlich schwierig sein, ihn wieder zurückzuschicken…“, erinnert Ray sie. „Da steht nicht zufällig, wie es den Leuten damals gelungen ist, ihn zu vertreiben, oder?“, fragt Winston hoffnungsvoll. „Der Glaube allein hat ihn bezwungen, mehr steht hier nicht. Diesbezüglich haben wir ein ziemliches Problem und müssen also einen anderen Weg finden, ihn wieder durch das Tor zu befördern.“, kommt die ernüchternde Antwort von dem Tüftler. „Uns wird schon was einfallen. Aber dazu müssen wir den Typen erst mal finden…“, meint Venkman. „Wir sollten uns aber beeilen, die Nacht dauert ja nicht ewig und wenn wir ihn nicht bis Sonnenaufgang gebannt haben, wird es für immer Nacht bleiben.“, erinnert sie Egon. „Hier steht auch, dass sich Sam Hain von Angst ernährt. Sie gibt ihm die Kraft, die er braucht, um seinen Plan auszuführen und je stärker er wird, desto schwerer ist es, ihn zurückzuschicken…“, liest Ray. „Also müssen wir einen Schwachpunkt finden und dabei auch noch mutig sein? Wird also richtig einfach…“, genervt verdreht Peter die Augen. Während die anderen drei Peters Unsinn noch mit ebenso genervten Blicken kommentieren, verdichtet sich der Nebel um sie herum immer mehr. Kurz darauf ist er so dick, dass sie kaum noch ihr Gegenüber erkennen können. Nur der schwache Schein der Taschenlampen verrät ihnen die Anwesenheit ihrer Kollegen. Dann fegt plötzlich ein heftiger Wind über den Park hinweg und schüttelt sie regelrecht durch. Ächzend biegen sich die Bäume im Sturm und erzeugen im dichten Dunst schaurige Schatten, die einen vorgaukeln, man sei von einer ganzen Horde Monster umzingelt. Unweigerlich fragen sich die Geisterjäger, ob dem nicht vielleicht wirklich so ist. Immerhin können sie kaum einen Meter weit sehen und der Central Park ist riesig, mit jeder Menge Versteckmöglichkeiten. „Bleibt immer schön zusammen, Jungs!“, weist Venkman sein Team an, doch das ist leichter gesagt, als getan. Auf einmal ertönt ein markerschütterndes Lachen aus dem Nebel. Es ist unmöglich zu sagen, von wo genau es kommt. Durch die schwere, dunstige Luft entsteht ein schauriges Echo, dass die Laute verstärkt und so verzerrt, dass sie überall gleichzeitig zu sein scheinen. „Ihr werdet mich niemals bezwingen, Geisterjäger!“, dröhnt eine nasal-krächzende Stimme aus dem Nebel, dann wieder das echohafte Lachen. Hilflos blicken sich die vier Jungs um, doch sie können einfach nichts erkennen. „Ich werde euch einen nach dem anderen vernichten!“ Angespannt ergreifen die Ghostbusters ihre Strahler, auch wenn ihnen bewusst ist, dass sie damit kaum etwas ausrichten können. Sie geben ihnen einfach ein besseres Gefühl, nicht ganz so auf dem Präsentierteller zu stehen. Vergebens versuchen sie mit ihren Taschenlampen irgendetwas in dem dichten Nebel zu erkennen. Angestrengt blickt Winston in den undurchdringlichen Dunst, bis sich plötzlich eine Hand schwer und kalt auf seine Schulter fallen lässt. Er gibt einen erschrockenen Laut von sich und versucht sie abzuschütteln. Aber die langen, knorrigen Finger und Nägel graben sich tief in den Stoff seines Overalls hinein. Kurz darauf wird er einfach nach hinten gezogen, als wäre er nur ein Blatt im Wind. Die unglaubliche Kraft hinter dieser Hand macht es ihm unmöglich, sich zu befreien. Verzweifelt ruft er nach den anderen, doch der Nebel und die Dunkelheit hindern sie daran, ihn zu finden. „Sag Lebewohl, Winston Zeddmore…!“, haucht ihm die schaurige Stimme ins Ohr. Eisigkalter, fauliger Atem schlägt ihm dabei entgegen, sodass sich seine Nackenhaare aufstellen und eine tiefe Übelkeit in seinem Magen zu rumoren beginnt. Entsetzliche Angst macht sich in ihm breit und er sucht verzweifelt nach einer Lösung, während seine Freunde hilflos durch den Nebel irren. „Ja! Ja! Köstliche, süße Angst! Gib mir noch mehr davon!“, tönt die Stimme erfreut, wobei sich die Finger des Wesens immer tiefer in Winstons Schultern graben. Der Schmerz überwältigt ihn fast und er kann die Protonenkanone nicht mehr halten. Dann fällt ihm die Taschenlampe in seiner anderen Hand wieder ein. Sein Arm zittert vor Schmerz, sein ganzer Körper versucht sich der tiefen Angst hinzugeben. Doch er kämpft dagegen an. Schwerfällig hebt er die Taschenlampe an und versucht sie dem Wesen über den Schädel zu ziehen. Dazu fehlt ihm jedoch die Kraft. Allerdings fällt der Strahl der Lampe auf das Gesicht des Angreifers, sodass Winston es für einen Moment sehen kann. „AAH!“, ertönt Sam Hains Schmerzensschrei und er lässt schlagartig von dem Schwarzhaarigen ab. Unsanft sinkt Winston zu Boden und sieht ihm Schein der Taschenlampe noch, wie sich das Kürbisungeheuer in die Dunkelheit zurückzieht. Der Wind lässt nach und endlich gelingt es Ray, Peter und Egon ihren verlorengegangen Freund wiederzufinden. „Winston! Ist alles in Ordnung?“, fragt der Mechaniker aufgebracht und fällt ihm in die Arme. „Uff. Ja, es geht schon.“, erwidert der Bauarbeiter etwas überrumpelt. „Was ist passiert?“, will Peter wissen. „Es war Sam Hain! Ich habe ihn gesehen. – Lasst euch bloß nicht von ihm erwischen. Ich war wie gelähmt vor Angst und das hat ihm verdammt gefallen…“, berichtet Winston erschöpft. „Jetzt ist er aber weg. Wieso nur?“, fragt Raymond. „Ich wollte ihm mit meiner Taschenlampe eins überziehen, hab es aber nur geschafft, ihn zu blenden. – Doch ich hatte das Gefühl, dass ihm das richtig wehgetan hat…“ „Faszinierend! – In Tobin´s Geisterführer steht nichts darüber, doch ich denke, dass Licht eine Schwäche von ihm ist. Das würde auch erklären, warum er es ewig Nacht sein lassen will.“, überlegt Egon. „Denkst du, dass wir ihn damit zurück in die Geisterwelt treiben können?“, fragt der Bauarbeiter. „Durchaus. Doch dafür bräuchten wir eine ganze Menge Licht. Er darf nicht die Möglichkeit haben, daraus zu fliehen, sonst schaffen wir es nicht mehr bis zum Sonnenaufgang.“ Angestrengt versucht der Tüftler seine Uhr zu entziffern. „Uns bleibt nicht mal mehr eine Stunde…“ Ungläubig starren ihn die anderen an. Keiner von ihnen hätte vermutet, dass die Nacht schon fast vorbei ist und sie eigentlich noch nichts zustande gebracht haben. „Wo sollen wir denn so viel Licht herbekommen?“, entgegnet ihm Peter. „Ecto-1 hat einige sehr starke Hochleistungsscheinwerfer. Damit könnten wir ihn in die Enge treiben. Des Weiteren können wir die Taschenlampen und unsere Strahler benutzen, doch ich fürchte, das wird nicht ausreichen. Der Park ist einfach zu groß…“ „Was ist mit den Laternen? Unter normalen Umständen erhellen sie den Park ziemlich gut. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass er sie nur abgestellt und nicht zerstört hat. Sie sehen zumindest intakt aus.“, kommt es von Ray. „Da könnte was dran sein. Kannst du sie denn wieder einschalten?“, fragt Winston. „Wenn ich einen Schaltkasten finde, denke ich schon, dass ich das schaffe. Ich weiß auch, wo einer sein müsste. Am Tennisplatz auf der anderen Seite des großen Sees.“ „Wie willst du den Tennisplatz denn in der Suppe finden?“, hakt Peter nach. „Ganz einfach. Ich habe Ecto ganz in der Nähe geparkt und da ich mir schon gedacht hab, dass das hier ein ziemliches Chaos wird, hab ich vorhin einen Peilsender an ihm befestigt.“ Ray zieht ein kleines Gerät aus seiner Hosentasche und schaltet es ein. Sofort beginnt auf dem Bildschirm ein roter Punkt zu blinken. Etwas entfernt davon leuchtet ein grüner Punkt auf, der den Standort der Jungs markiert. „Wirklich clever. Und ich hab da auch noch eine Idee. Also sucht Ray nach dem Schaltkasten. Doch mach das Licht erst an, wenn ich es dir sage. Winston? Du holst Ecto her und stellst ihn so dicht ans Wasser, wie es geht. Sieh zu, dass alle Scheinwerfer auf die Wasseroberfläche ausgerichtet sind, sodass sie den See komplett anstrahlen. Mach das Licht aber auch erst an, wenn ich das Zeichen gebe. Egon, du kommst mit mir. Wir werden unseren Kürbiskumpel mal ein bisschen aufscheuchen und in Richtung Wasser lotzen.“, erläutert Venkman. „Oh, ich denke, ich weiß, was du vorhast und das könnte funktionieren.“, erwidert der Tüftler. „Na, das hoff ich doch mal schwer. Wenn nicht, ist es eh zu spät. Wenn keiner eine bessere Idee hat, dann schaltet eure Walkie-Talkies ein und macht euch an die Arbeit.“ Wenige Augenblicke später trennen sich die vier und jeder macht sich auf den Weg. Winston folgt Ray zu Ecto, während Egon und Peter ihre Strahler einschalten und mit lautem Getöse damit in die Luft schießen. „Hey, du hässliche Vogelscheuche! Komm uns doch holen, wenn du dich traust!“, brüllt Venkman. Es dauert auch nicht lange, da springt Sam Hain auch auf den Trick an und stürzt sich auf die beiden Geisterjäger. Doch sie schaffen es, den Kürbisgeist auf Abstand zu halten. Der Herr des Halloween ist jedoch schnell so erzürnt von ihren miesen Methoden, dass er gar nicht bemerkt, wie die beiden ihn Richtung Wasser locken. „Ich werde euch das Fleisch von den Knochen reißen und aus euren Schädeln mache ich Laternen, so wie ihr es mit den Kürbissen macht!“, höhnt Sam Hain siegessicher und setzt erneut zum Angriff an. Den beiden gelingt es wieder ihm auszuweichen, aber es war schon ziemlich knapp. Allerdings befindet sich der Halloweengeist nun über dem Wasser. Darauf hat Peter nur gewartet. In wenigen Augenblicken wird die Sonne aufgehen, dann muss es geschafft sein. „Winston? Bist du auf Position?“, fragt Egon über das Walkie-Talkie. „Ja, ich bin bereit!“, kommt prompt die Antwort. „Ray, wie sieht es bei dir aus?“, fragt Peter derweilen. „Ich muss noch ein Kabel verbinden – warte – jetzt müsste es gehen!“ Zufrieden nicken sich Egon und Peter zu. „Hey, Sam Hain! Die Party ist vorbei!“, grölt Peter und gibt seinen Kollegen damit das Zeichen. Gemeinsam mit Egon eröffnet er das Feuer auf das Kürbiswesen. Erschrocken versucht Sam Hain vor den grellen Protonenstrahlen zu flüchten. Doch in diesem Moment erstrahlt der Park im Licht unzähliger Laternen. Ein gellender Schmerzensschrei ertönt vom Meister des Halloween. Hilflos hält er sich die Arme vors Gesicht und sucht nach einem Ausweg. Der Nebel schwächt zwar das Licht der Laternen, aber es ist dennoch entsetzlich grell für die Nachtkreatur. „Ich werde euch alle dafür büßen lassen!“, knurrt der Kürbiskopf und setzt zu einem letzten, verzweifelten Angriff an. Allerdings hat er nicht mit Ecto gerechnet, dessen grelle Neoscheinwerfer in diesem Augenblick den gesamten See in ein Meer aus weißem Feuer verwandeln. Das Licht, das von der Wasseroberfläche zurückgeworfen wird, ist so hell, dass selbst Ray sich an seinem Standpunkt die Augen zuhalten muss. „AAAHHHHH! NEIN! Zu hell! Aufhören!“, ertönt die inzwischen ziemlich weinerliche Stimme Sam Hains. Aber es nützt alles nichts, die Sonne geht auf und er ist gezwungen, in die Geisterwelt zurückzukehren. Wieder kommt Wind auf und schüttelt den Park durch. Violette Blitze zucken über den Himmel und dann öffnet sich der Durchgang in die andere Welt. Eine Art Strudel scheint daraus hervorzukommen, der alle Geister unweigerlich in sich aufsaugt. Ein sagenhaftes Schauspiel. Von überallher werden die Wesen angesaugt. Ihr Kreischen erfüllt förmlich die ganze Stadt. Doch alles Flehen und Betteln hat keinen Sinn. Als Letztes saugt der Strudel den Kopf der Geister ein. „Ich werde wiederkommen, Geisterjäger! Und dann hat euer letztes Stündlein geschlagen!“, dringt es noch durch die Wolken. Kurz darauf schließt sich die Pforte und die Wolken lichten sich. Rotoranges Licht wird am Horizont sichtbar. Der Nebel verschwindet und die ersten Vögel beginnen zu singen. Es ist überstanden! Erschöpft finden die vier Ghostbusters wieder zusammen und starren noch eine Weile auf den hellerleuchteten See, ehe sie sich wieder auf den Heimweg machen. Jeder von ihnen wünscht sich nur noch ein Bett und jede Menge Schlaf und beides ist zum Greifen nahe. Als der Wagen schließlich im Hauptquartier zum Stehen kommt, bemerken die vier, dass Janine an ihrem Schreibtisch eingeschlafen ist. Vornüber gebeugt liegt sie mit dem Oberkörper auf der Tischplatte, die Hände unter dem Kopf gebettet. Bei ihrem Anblick kommt Peter eine Idee. Er beugt sich zu ihr hinunter. „Süßes oder Saures!“, ruft er ihr zu. Völlig überrumpelt schreckt die Rothaarige hoch und starrt die Jungs ungläubig an. Die vier sehen dabei, das Janines Katzenschminke vollkommen verschmiert ist. Unweigerlich fangen sie an zu lachen. „Was ist denn so komisch?“, fragt die Sekretärin erbost. Grinsend sieht Peter sie an. „Ach nichts. Nach so einer Nacht braucht man einfach mal was zum Lachen, bevor man sich aufs Ohr hauen kann.“, erwidert er und wendet sich der Treppe zu. Die drei anderen folgen ihm schmunzelnd. Auf der Mitte der Treppe wendet sich Egon noch einmal zu ihr. Etwas verlegen räuspert er sich. „Deine Schminke ist etwas verschmiert, Janine. – Aber du bist trotzdem das Süßeste, was man sich heute nur wünschen kann…“ Der Tüftler räuspert sich erneut und erklimmt dann den Rest der Treppe mit glühenden Wangen. Janine bleibt allein zurück. Mit großen Augen blickt sie dem Blonden nach und versucht zu begreifen, was er da gerade gesagt hat. Schließlich breitet sich ein tiefroter Schimmer auf ihrem Gesicht aus und sie lächelt verträumt. „Oh Egon…“, haucht sie, ehe sie nach oben in die Küche geht, um sich das Gesicht zu waschen. Kapitel 18: Pirates game ------------------------ Fünf Monate später… Hart drückt sich die Schaufel in die schwere, feuchte Erde hinein. Doch sie erreicht bei weitem nicht die Tiefe, die ihr Benutzer erwartet hat. Stattdessen scheint sie auf etwas Unnachgiebiges zu stoßen. Ein dumpfer Knall dringt durch die dunkle Erde und hinterlässt deutliche Verwirrung auf dem Gesicht des Mannes. ‚Vermutlich nur ein Stein…‘, geht es ihm durch den Kopf und er zieht die Schaufel wieder ein Stück zurück. Als er sie erneut in die Erde rammt, ertönt abermals ein dumpfer Knall, doch es hört sich so gar nicht nach einem Stein an. Verwirrt kratzt sich der Bauarbeiter am Hinterkopf, legt die Schaufel beiseite und geht auf die Knie. Mit den Händen schiebt er die lockere Erde zur Seite. Was darunter zum Vorschein kommt, ist tatsächlich kein Stein. Es sieht eher wie Holz aus. Ein paar Augenblicke später hat er so viel Erde zur Seite geschoben, dass Metallbeschläge und ein schweres Schloss zum Vorschein kommen. Schlagartig muss Bob an eine Schatzkiste denken, wie man sie aus jedem Piratenfilm her kennt. Durch die plötzliche Arbeitsunterbrechung seines Kollegen, kommt Bill zu ihm hinüber. „Hey Mann, was ist los? Wir haben noch verdammt viel zu tun, bis die anderen mit dem Material wiederkommen und es ist noch keine Zeit für eine Pause!“, mokiert er sich. Immerhin soll hier in ein paar Monaten ein fertiger Vergnügungspark stehen, was so nahe am Hafen und mitten in einem teilweise gerodeten Waldstück schon allein eine Herausforderung ist. „Ich bin da auf etwas gestoßen…“ Bob tritt ein Stück von dem ausgehobenen Loch zur Seite, damit sein Kollege hineinsehen kann. Mit erhobenen Augenbrauen betrachtet Bill den Gegenstand. „Sieht aus wie eine Kiste…“, stellt er fest. „Ja, ne Schatzkiste!“, erwidert Bob mit leuchtenden Augen. Amüsiert sieht Bill ihn an. „So ein Quatsch! So was gibt’s doch nur im Film.“, hält der Ältere schmunzelnd dagegen. „Nun hab doch mal ein bisschen Fantasie! Los, hilf mir das Ding da rauszuholen, dann wirst du schon sehen!“, weist Bob ihn an und steigt in das Loch. Schulterzuckend gesellt sich Bill zu ihm und gemeinsam versuchen sie die Kiste aus der Erde zu befreien. Mühevoll wuchten die beiden Männer die schwere Truhe an die Oberfläche. Dabei ignorieren sie vollkommen die Tatsache, dass sie um die Kister herum lauter Knochen entdeckt haben, die eindeutig menschlich sind. So viel Fantasie hat dann noch nicht einmal Bob, um da das Richtige hineinzuinterpretieren. Stattdessen überlegen sie, wie sie die Kiste am besten aufbrechen können. „Sieht echt wie eine Schatzkiste aus.“, wirft Bill ein und reicht seinem Kollegen Hammer und Meißel. „Sag ich doch! Und wenn wir das Ding aufkriegen, dann sind wir reich, Mann! Reich!“, erwidert Bob enthusiastisch und holt zum Schlag aus. Als der Hammer mit einem hohen Klang auf das hintere Ende des Meißels trifft, erzittert plötzlich die ganze Truhe. Doch es bleibt nicht bei einem kurzen Zittern, nein, die ganze Kiste beginnt zu hüpfen, als wäre ein wildes Tier darin eingesperrt, dass raus möchte. Erschrocken weichen die beiden Bauarbeiter zurück. Dann dringt auf einmal ein dichter, weißer Rauch aus dem Schlüsselloch des massiven Schlosses. Es wirkt, als hätte irgendetwas in der Kiste angefangen zu brennen. „Explodiert sie jetzt?“, fragt Bill erstickt. Bob antwortet ihm nicht, sieht nur wie gebannt auf den Rauch, der sich jetzt verdichtet und eine Gestalt anzunehmen scheint. Kurz darauf werden menschliche Züge sichtbar, zerrissene Kleider, zottige Haare. Der Geist schlägt die leeren Augen auf und funkelt die Männer wütend an. Dann zieht er seinen erschreckend echten Säbel aus seiner vermoderten Gürtelschnalle und schwängt ihn wild umher. „Mein Schatz!“, gebärt sich das durchscheinende Wesen lautstark. „Nehmt eure dreckigen Hände von meinem Schatz, ihr elenden Landratten!“ Schlagartig ergreifen Bob und Bill die Flucht. Säbelschwingend verfolgt sie der Geist über die halbe Baustelle, ehe er zu seinem Schatz zurückkehrt. Hilflos verbarrikadieren sich die beiden Männer in einem kleinen Baucontainer, der ihnen als Büro und Pausenraum dient. „Verdammt, das – das ist ein Geist!“, stammelt Bob. „Das kannste aber laut sagen und ich wusste doch, dass das keine gute Idee war…“, erwidert Bill und wirft seinem Kollegen einen strengen Blick zu. „Ja, hab schon verstanden. Es ist meine Schuld. Aber was machen wir denn jetzt? Der wird bestimmt nicht so schnell verschwinden und so können wir nicht weiterarbeiten. Das gibt mächtig Ärger, wenn die anderen wieder da sind…“ „Jetzt hab ich mal eine verrückte Idee. Aber, wenn es so eine Schatzkiste und dann auch noch einen Geist gibt, dann klingt sie gar nicht mehr so verrückt.“, kommt es von Bill. „Und die wäre?“ „Rufen wir die Geisterjäger!“ Etliche Kilometer entfernt beginnt das Telefon im Hauptquartier der Ghostbusters zu läuten. Schwungvoll nimmt Janine den Hörer ab und hört sich das aufgeregte, beinahe unverständliche Gestammel der beiden Bauarbeiter an. Sie notiert alles auf einem Zettel und drückt dann auf die Einsatzglocke. Doch in der alten Feuerwache bleibt es entgegen jeder Erwartung stumm. Verwirrt betrachtet sie den Knopf auf ihrem Schreibtisch, dann fällt ihr wieder ein, dass die Glocke gestern einen Kurzschluss hatte und Ray und Egon gerade dabei sind, sie zu reparieren. Also steht sie auf und ruft die Treppe herauf. „Winston, bist du da?“ Kurz darauf erscheint der Schwarzhaarige am oberen Treppenabsatz. „Ja. Was gibt es denn?“ „Arbeit. Ein Geist treibt sich auf der Baustelle am Hafen rum.“, entgegnet sie ihm. „Etwa da, wo dieser Vergnügungspark gebaut wird?“, hakt er nach. „Ja, genau da. Sagst du den anderen Bescheid? Die Glocke funktioniert ja noch nicht wieder.“ „Klar, mach ich.“ Nur einen Moment später erscheint Winston im Flur, wo Ray und Egon am Hauptverteiler der Einsatzglocke herumbasteln. „Ah! Ich glaube, ich habe den Fehler gefunden! Hier ist ein Kabel aus der Halterung gerutscht.“, berichtet Raymond. Egon schiebt sich die Brille hoch und betrachtet das Ganze. „Ja, das sieht wie der Fehler aus. – Laut Bauplan ist das eines der vier akustischen Verbindungen.“, erwidert der Blonde mit einem Blick auf den Schaltplan, den er neben sich auf dem Boden ausgebreitet hat. „Na, wie sieht´s aus, Jungs?“, fragt Winston. „In fünf Minuten müssten wir fertig sein.“, lächelt der Mechaniker zufrieden. „Prima, wir haben nämlich einen neuen Auftrag, unten am Hafen. Auf der Baustelle des Vergnügungsparks.“, entgegnet Winston. „Gut, wir kommen gleich. Bereite doch schon mal Ecto vor.“, schlägt Egon vor. „Klar, dann sagt ihr aber Peter Bescheid.“, kontert der Schwarzhaarige und wendet sich zum Gehen. Während Raymond den Fehler der Einsatzglocke behebt, begibt sich Egon ins Schlafzimmer, um Peter Bescheid zu geben. Wie nicht anders von dem Blonden erwartet, liegt der glorreiche, stets hochmotivierte Anführer der Ghostbusters zusammengerollt auf dem Bett und hält ein Nickerchen. Nicht zum ersten Mal fragt sich Egon, wie man nur so viel schlafen und dennoch immer müde sein kann. Mit einem Schulterzucken nähert er sich dem Bett und stupst den Brünetten an. „Peter, die Pflicht ruft!“, teilt er dem Liegenden mit. Dieser bewegt sich leicht grummelnd und rollt sich noch mehr zusammen. „Ich ruf zurück…“, gibt er schließlich nuschelnd von sich und kommt gar nicht auf den Gedanken aufzustehen. „Das ist aber keine zufriedenstellende Antwort auf meine Aussage.“, erwidert der Tüftler und rückt sich leicht genervt die Brille zurecht. „Es ist auch nicht sonderlich zufriedenstellend, mich immer beim Schlafen zu stören!“, kontert Peter leicht giftig und zieht sich das Kissen über den Kopf. „Gut, wie du meinst.“, tut Egon das Ganze ab und verlässt das Zimmer. Der Mechaniker ist gerade dabei, das Werkzeug wieder einzusammeln, als Egon zu ihm stößt. „Und? Steht er auf?“, fragt er den Blonden beiläufig. „Ich fürchte, er zieht es vor, weiterzuschlafen.“ So etwas hat sich Ray schon irgendwie gedacht. Peter zum Aufstehen zu bewegen, ist in etwa schon wer, als würde man einem Kind verbieten wollen, die Süßigkeiten anzurühren, die direkt vor seiner Nase liegen. „Oh, ich denke, er wird gleich ganz schnell wach sein!“, entgegnet er mit einem leicht frechen Lächeln. Als sich der Kleinere wieder dem Schaltkasten zuwendet, kann sich Egon nur zu gut vorstellen, was jetzt kommt. Geschickt führt der Rothaarige zwei Kabel zusammen und plötzlich wird die Feuerwache vom ohrenbetäubenden Schrillen der Einsatzglocke durchflutet. Überrascht zuckt Janine an ihrem Schreibtisch zusammen und blickt Winston mitleidig an, der sich durch den schlagartigen Lärm den Kopf am Autodach angestoßen hat. Mit schmerzlich verzogenem Gesicht reibt er sich über die Stelle. „Ich könnte mich irren, aber ich glaube, die Glocke funktioniert wieder…“, teilt er Janine zu einem schiefen Lächeln bemüht mit. Im selben Augenblick ertönt von oben ein überraschter Schrei, gefolgt von einem lauten Poltern. „Scheint so und Peter ist wohl auch endlich wach! Tut es sehr weh?“, kommt es von Janine, während der Lärm langsam verstummt. „Ach, es geht schon.“, grinst Winston Richtung Obergeschoss. Derweilen rappelt sich Peter wieder auf und tritt auf den Flur hinaus. „Sag mal, habt ihr sie noch alle?“, blafft er die beiden anderen an. Unschuldig blicken sich Ray und Egon an. „Warum regst du dich denn so auf, Peter? Wir reparieren doch nur die defekte Glocke, wie du weist.“, antwortet ihm der Tüftler. „Ja, genau. Aber wo du schon mal wach bist, wir haben einen neuen Auftrag. Also mach dich bitte fertig, ok?“, fügt Ray hinzu und bemüht sich Zusehens, nicht zu lachen. Warnend mustert Peter seine beiden Kollegen einen Moment, dann schnaubt er resignierend. „Schon verstanden, ihr habt gewonnen…“, gibt er grummelnd zurück und verschwindet im Schlafzimmer, um sich etwas anzuziehen. Kurz darauf verlässt Ecto-1 das Hauptquartier und fädelt sich in den mäßigen Verkehr ein. Mit Sirene und Warnlicht versucht sich der umgebaute Miller-Meteor den Weg freizumachen, was ihm mehr oder weniger gut gelingt. Nach einer Weile kommt das Waldstück um den Hafen in Sichtweite. Etwa in der Mitte der üppigen Vegetation wurde eine Lichtung geschaffen, auf der große Baumaschinen das Bild dominieren. Anstatt Gras finden sich hier plattgewalzte Erde mit tiefen Reifenspuren, ausgehobene Gruben und abgesteckte Stücke, die den Standpunkt für Fundamente markieren sollen. Der weißlackierte Wagen parkt zwischen den Bäumen, vor einem hohen Zaun, der das Betreten der Baustelle verhindern soll. Die vier Jungs sind noch nicht einmal ganz ausgestiegen, da kommen ihnen zwei Bauarbeiten entgegengerannt. „Da sind sie ja endlich!“, ruft ihnen einer der beiden entgegen. Geduldig hören sich die Geisterjäger an, was Bob und Bill zu berichten haben. Anschließend zeigen sie den Jungs, wie sie die Baustelle betreten können, bleiben aber selbst außerhalb des Ganzen. „Das gefällt mir gar nicht…“, kommentiert Winston dieses Verhalten, auch wenn er es nachvollziehen kann. Langsam sehen sich die vier Männer um und nähern sich dabei immer weiter der Stelle, an der die Schatzkiste steht. Als sie etwa die Mitte des Baugrundstücks erreicht haben, bleiben sie alle schlagartig stehen. Sie beschleicht das ungute Gefühl beobachtet zu werden, doch sie können nicht sagen, wo es herkommt. „Was glaubt ihr, wo sich der Geist versteckt hat?“, fragt Peter schließlich. In diesem Moment werden plötzlich Scheinwerfer auf die vier gerichtet. Überrascht blinzeln die Jungs ins grelle Licht, nur um festzustellen, dass die Lichter zu einem Bagger in der Nähe gehören. „Sagten die beide Herren nicht, das sie im Moment allein auf der Baustelle sind?“, hackt Egon nervös nach. „Ja, das sagten sie…“, erwidert Winston. Plötzlich schalten sich auch die Scheinwerfer an allen anderen Maschinen ein. „Ich hoffe, ich irre mich, aber das erinnert mich an ein Buch, dass ich mal gelesen hab…“, wirft Raymond ein. Bedrohlich heulen die Motoren der Baufahrzeuge auf. „Ach ja? Lesen ist sehr ungesund, Ray. Ich warte lieber, bis der Film rauskommt, falls wir das hier überleben…“, versucht Venkman es bemüht ironisch rüberkommen zu lassen. Langsam beginnen sich die Baumaschinen von der Stelle zu bewegen und die Geisterjäger zu umzingeln. „Darauf brauchst du nicht zu warten, Venkman. Den Film gibt es schon!“, erwidert der Schwarzhaarige beunruhigt. „Ok. Will ich wissen, wie der ausgeht?“ „Nein…“, lautet die knappe, aber völlig ehrliche Antwort. „Na schön, aber vielleicht sagt mir einer von euch beiden dann, was die Leute gemacht haben, um den Autos zu entkommen.“ Unschlüssig sehen sich Raymond und Winston an, während die Baufahrzeuge einen Kreis um sie bilden, der immer enger wird. „Naja, das Ganze spielte auf einem abgelegenen Rastplatz und die Leute haben sich in dem Imbiss dort versteckt. Haben versucht abzuwarten, bis den LKWs der Sprit ausgeht…“, erklärt der Mechaniker. „Hat ihnen aber auch nicht so viel genützt, da die Wagen irgendwann das Häuschen gerammt haben…“, ergänzt Winston. „Klingt ja richtig aufmunternd. – Aber wir sind Geisterjäger und diese Autos werden eindeutig von dem Geist kontrolliert, der hier wütet. Also Feuer frei auf die Blechlawine!“, weißt Peter seine Leute an. Mit einem zustimmenden Nicken beginnen die Jungs damit, die Bagger, Dampfwalzen und Betonmischer mit Protonenstrahlen zu beschießen. Die heftige Überladung lässt die Stromkreise der Fahrzeuge zusammenrechen, wodurch sie scheinbar unbrauchbar werden. Qualmend kommen die Maschinen zum Stehen. Erleichtert atmen die vier durch, doch es ist noch längst nicht überstanden. Aus einem der großen Bagger erhebt sich ein Licht und manifestiert sich zu einer Gestalt. Mit gezogenem Säbel fliegt der Geist dicht über seine Widersacher hinweg. „Verschwindet! Das ist mein Schatz und niemand wird ihn mir wegnehmen!“, kreischt der Pirat. Mit Mühe gelingt es den Jungs unter der halbgesenkten Schaufel eines Baggers in Deckung zu gehen. „Sagte er Schatz?“, fragt Venkman ungläubig. „Hörte sich so an. Die Bauarbeiter meinten doch auch, sie haben eine Truhe gefunden, bevor der Geist aufgetaucht ist.“, entgegnet Winston. „Dabei muss es sich um die Kiste dort hinten handeln.“, deutet Egon. In der Ferne können sie eine Kiste erkennen, um die der Geist nun herumschwebt, wie ein scharfer Wachhund. „Wie aufregend, ein echter Piratenschatz!“, freut sich Raymond, zum Leid seiner Kollegen. Ehe einer der anderen eine Antwort geben kann, heulen erneut die Motoren der Baumaschinen auf. Erschrocken flüchten die Jungs aus dem Schutz der Baggerschaufel, die in diesem Augenblick krachend auf dem Sand aufschlägt. „Ich dachte, wir hätten sie lahmgelegt…“, jammert Peter. „Rein theoretisch müsste es auch so sein, doch der Geist scheint die Schaltkreise zu manipulieren.“, erwähnt Egon. Erneut eröffnen sie das Feuer auf die Fahrzeuge, doch diesmal stoppen sie nicht. Garstiges Lachen ertönt stattdessen aus dem Fahrerkabinen. Hilflos suchen die vier Männer nach einem Unterschlupf. Doch hier gibt es keinen geräumigen Imbiss, wie im Film. Hier gibt es nur den winzigen Bürocontainer der Baustelle und der würde nicht mal einem halbherzigen Angriff dieser wildgewordenen Maschinen standhalten. „Das bringt nichts!“ „Stimmt. Solange die Kiste hier steht, wird der Spuk nicht vorbei sein, fürchte ich…“, erläutert der Tüftler. „Ich hab eine Idee, aber dafür müssen wir zu der Truhe.“, wirft Peter ein. Die anderen blicken ihn an, als würde er nur wieder einen seiner Scherze machen, doch dem ist nicht so. Gemeinsam kämpfen sie sich durch die wütenden Baumaschinen. Entgehen dabei nur ganz knapp dem Schicksal überfahren zu werden. „Schießt auf die Reifen, dann erschwert es ihnen das Vorankommen!“, ruft Ray. Die glühenden Protonenstrahlen graben sich in die dicken Reifen hinein, schmelzen sie, bringen sie zum Platzen. Ein Fahrzeug nach dem anderen wird langsamer oder fällt sogar um. Aber eine Handvoll kämpft sich dennoch durch den weichen Untergrund und kommt bedrohlich näher. Doch die Jungs gewinnen dadurch genug Vorsprung, um die Kiste zu erreichen. Erschöpft kauern sie sich in den Sand neben dem Loch und betrachten, wie die todbringenden Fahrzeuge immer näherkommen und das wutentbrannte Kreischen des Geistes dabei stetig lauter wird. Plötzlich verdunkelt sich der Himmel, als würde gleich ein heftiges Unwetter über sie herniedergehen. Sämtliche Lampen, die automatisch auf die Dunkelheit reagieren und die Baustelle erhellen sollen, zerspringen in einem Regen aus feinem Glas. Abgesehen von den Scheinwerfern der Fahrzeuge, ist es stockdunkel auf dem Grundstück geworden. Dann glimmt ein anderes Licht zwischen den Bäumen auf, die das Grundstück umrunden. *Dieses Licht, das durch die Bäume schwebt, ruft Erinnerungen an Piratengeschichten wach, die er als Junge gern gelesen hat. Böse Männer, die im Dunkel der Nacht unterwegs sind, um Golddublonen zu vergraben. Und natürlich stürzt einer von ihnen auf die Truhe in der Grube, eine Kugel im Herzen, weil die Piraten glauben – jedenfalls behaupteten das die Verfasser dieser schaurigen Geschichten -, dass der Geist des toten Kameraden die Beute bewachen würde. Geistesgegenwertig blickt Winston die Grube hinab und erblickt eine Hand voll Knochen. Ihm wird klar, dass an so einer Geschichte durchaus etwas Wahres dran sein kann. Mit heulenden Motoren kämpfen sich die Fahrzeuge ihren Weg voran, begleitet vom Wutgeschrei des Geistes. Fest entschlossen erhebt sich Peter und richtet seinen Protonenstrahler auf die Schatzkiste. „Hey, du Geist! Noch einem Meter weiter und wir jagen deinen Schatz in die Lucht, Freundchen!“ Drohend sammeln sich die glühenden Protonen an der Spitze der Kanone. Und ganz plötzlich bleiben die Maschinen stehen, das laute Brummen ihrer aufgeheizten Motoren verstummt. „Oh! Das wagt ihr nicht, ihr Landratten!“, schimpft der Pirat. „Willst du das Risiko wirklich eingehen? Ein Schuss und von der billigen Kiste ist nur noch Sägemehl übrig!“, kontert Peter. Knurrend zieht der Geist erneut seinen Säbel und stürzt auf ihn zu. „Ich hab dich gewarnt!“, grölt Venkman und feuert. „NEIN!“, kreischt der Piratengeist mitten im Flug. Dann lichtet sich der aufgespritzte Sand wieder und offenbart, dass Peter gemogelt hat. Der Schuss ging neben der Truhe in den Boden, doch der verbrannte, zum Teil geschmolzene Sand macht dem Geist klar, welche Zerstörungskraft in diesen feuerspuckenden Kanonen steckt. „Der nächste Schuss geht nicht daneben, Kumpel. Also steck dein Brotmesser weg!“, weist der Brünette ihn an. Argwöhnisch überlegt der Geist. Schließlich lässt er den Säbel zu Boden fallen. „Das ist mein Schatz! Den bekommt ihr nicht!“, betont er trotzig. „Wir wollen ihn auch gar nicht. Wir wollen nur, dass du verschwindest und die Leute hier ihre Arbeit machen lässt.“, erklärt Raymond. „Das kann ich nicht. Ich muss den Schatz bewachen!“, erwidert der Geist. „Das habe ich befürchtet…“, gibt Winston leise von sich. Die anderen wenden ihm den Blick zu. „Wie meinst du das?“, hakt der Mechaniker nach. „Naja, ich habe als Kind viele Piratengeschichten gelesen. Und da war es oftmals Brauch, dass der Captain einen der eigenen Männer erschossen hat und er dann mitsamt der Truhe begraben wurde. Sein Geist war dazu verflucht, den Schatz solange zu bewachen, bis der Captain wiederkehrt und ihn von seiner Aufgabe entbindet.“, erzählt der Schwarzhaarige und deutet dann in die Grube mit den Knochen. Grübelnd legt sich Egon eine Hand an die Lippen. „Der letzte Pirat, der New York heimgesucht hat, lebte vor über hundert Jahren. Er kann also unmöglich herkommen, um seinen Schatz zu heben und unseren Geist hier zu erlösen.“ „Somit ist er wohl auf ewig verflucht, hier zu spuken, wenn wir ihn nicht einfangen.“, legt Ray nach. „Findet ihr es denn richtig, ihn einfach einzufangen, wenn er doch gar nichts dafürkann?“, fragt Winston. „Immerhin ist es ja unser Job, ihn einzufangen…“, erwidert Peter. „Eigentlich ist es unser Job, ihn zu beseitigen. Dies legt nicht nahe, wie dies genau geschehen muss. Wir könnten ihn also auch vertreiben oder umsiedeln.“, kontert Egon. Leicht schmollend wirft der Brünette ihm einen Blick zu, den der Tüftler jedoch gelassen erwidert. „Schön, mag sein. Aber wie willst du das dann machen?“, will Venkman nun wissen. „Vielleicht sollten wir mit ihm reden. Wenn wir rauskriegen, wer sein Captain war, wissen wir vielleicht, wo wir ihn hinbringen können…“, legt Ray nahe. „Was flüstert ihr da die ganze Zeit? Verschwindet endlich und gebt mir meinem Schatz!“, protestiert der Geist, traut sich aber nicht näher heran, da Peter immer noch den Strahler auf die Truhe gerichtet hält. Die Jungs ignorieren ihn allerdings, da sie so in ihr Gespräch vertieft sind. Dem verfluchten Piraten gefällt das aber kein bisschen. Wütend mustert ihr diese Bande armseliger Spinner, die ihn von seinem Schatz trennt. Ganz langsam, ohne den Blick von den Männern zu nehmen, schwebt der Geist näher an den Boden heran, verweilt und schwebt wieder tiefer. Scheinbar sind diese Trottel tatsächlich so mit sich beschäftigt, dass sie gar nichts mehr mitbekommen. Innerlich kann der Pirat nur mit dem Kopf schütteln, äußerlich versucht er sich ein durchtriebenes Grinsen zu verkneifen. Schließlich berühren seine Finger den feuchten Sand. Hastig ergreift er seinen Säbel und geht damit auf die Jungs los. Das scharfgeschliffene Metall zischt pfeifend durch die Luft und verfehlt Egons Gesicht nur um wenige Millimeter. Allerdings zieht sich nun ein feiner Schnitt quer über seine Brillengläser. Mit weit aufgerissenen Augen und dem Schrecken deutlich im Gesicht, landet der Tüftler auf seinem Allerwehrtesten und starrt ungläubig zu dem Geist empor, der wieder zum Angriff ansetzt. Knurrend springt Peter wieder auf und zielt mit seinem Strahler auf den Geist. „Na, warte, Freundchen! Dafür brenn ich dir ein hübsches Muster in deine faulige Visage!“ wild jagen die Protonen durch den dunklen Himmel. Nur mit Mühe gelingt es dem Piraten auszuweichen. Dann jedoch trifft der Strahl den Säbel. Blaugelbe Funken sprühen auf und schließlich tropft das geschmolzene Metall zu Boden. Zischend landet es auf dem Sand. Ungläubig starrt der Geist den verbliebenden Griff seiner Waffe an. „Wie kannst du es nur wagen, elende Landratte?“, gebärt er sich wütend und sucht nach einer neuen Angriffsmöglichkeit. „Wie ich es wagen kann? Wie kannst du es wagen, uns so hinterhältig anzugreifen?“, kontert Peter wütend und legt wieder an. „Nicht Venkman! Du machst ihn nur noch wütender!“, versucht Winston ihn zu beruhigen. „Na und? Ich bin auch wütend und er hört dennoch nicht auf, mich zu ärgern! Also helft mir gefälligst oder soll ich das Biest etwa allein einfangen?“ Einen Moment sehen sich die drei unschlüssig an, dann ergreifen sie ihre Strahler. Wie wildgewordene Blitze zucken die Protonen durch die Dunkelheit. Der Himmel antwortet ihren Bemühungen mit einsetzendem Donner. Nach einer Ewigkeit trifft den Geist einer der Strahlen mitten in den Rücken und bindet ihn an sich. Schreiend versucht sich der Pirat loszureißen. Ehe das jedoch passieren kann, erfassen ihn auch die übrigen Strahlen und ziehen ihn Richtung Boden, wo schon eine Falle auf ihn wartet. Sie öffnet sich und gleißendes Licht erfasst den Geist, zieht ihn an wie ein Magnet. So sehr er es auch versucht, er kann sich dagegen nicht wehren. Unter lauten Protestschreien wird er letztendlich eingesagt. Die Falle schnappt zu und schließt ihn ein. Kleine, statische Funken zucken über die Oberfläche der Falle, leichter Qualm steigt auf, bis die Verriegelung aktiviert wird. Dann ist es still, abgesehen vom Donner, der weiterhin über den Himmel jagt. Schwach sind nun auch Blitze hinter den dunklen Wolken zu sehen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis ein kalter Märzregen über sie herniedergehen wird. Aber bis dahin werden sie längst wieder auf dem Weg nach Hause sein. „Geschafft! Lasst uns bloß abhauen.“, gibt Peter von sich. „Und was machen wir mit der Schatztruhe?“, fragt Ray. „Wir sollten sie dem historischen Museum übergeben.“, meint Egon und betrachtet verstimmt den langen Kratzer auf seiner Brille. „Na schön. Lasst sie uns schnell zu Ecto bringen. Ich will nicht nass werden.“, pikiert sich Venkman. Er und Winston ergreifen die Griffe an den Seiten der Kiste. Als sie sie allerdings hochheben wollen, beginnt die Falle in Ray´s Händen wieder Funken zu sprühen. Überrascht hält der Mechaniker sie ein Stück von sich weg. „Was ist denn nun los?“ Es wird immer heftiger. Die Falle zuckt und zappelt an ihrem Verbindungskabel, wie ein wildgewordener Bienenstock in einem billigen Zeichentrickfilm. „Oh nein!“, entkommt es Egon. Der Schock steht ihm deutlich ins Gesicht geschrieben. Er reißt dem völlig perplexen Mechaniker die Falle aus der Hand und schleudert sie davon. Noch ehe sie auf dem Boden aufschlägt, explodiert sie mit einem lauten Knall in tausend Stücke. Mit offenem Mund starren die Geisterjäger auf die Überreste des kleinen Geisterkäfigs. „Was zum…?“, entkommt es Winston. „Die Verbindung des Geistes zu der Schatztruhe ist wohl so groß, dass die Falle dem nicht standhalten konnte…“, erklärt Egon, auch wenn er nicht minder überrascht ist. Schneller, als die Jungs gucken können, stürmt der Geist heran und wirft sich auf die Kiste. „Ihr habt nicht das Recht, mir meinem Schatz wegzunehmen, ihr Diebe!“, beschimpft er sie. „Technisch gesehen bist du hier der eigentliche Dieb, da du die Sachen ja den armen Menschen gestohlen hast. Wir wollen sie lediglich den Hinterbliebenen zurückbringen.“, korrigiert ihn der Tüftler. Verwirrt betrachtet ihn der Pirat einen Augenblick lang. Dann huscht Verzweiflung über sein Gesicht hinweg. „Oh, mein Captain, wo bist du nur? Warum kommst du nicht, um mir zu helfen?“ „Tja, vielleicht, weil er einfach mal schon Wurmfutter ist!“, wirft Venkman ihm kalt entgegen. „Herr Gott, Peter!“, entkommt es Ray entsetzt. „Was sagst du da?“, fragt der Geist. „Dein geliebter Captain ist mausetot, Kumpel! Der kann nicht mehr kommen, um dir zu helfen oder dich zu erlösen! Du musst den ganzen Rest der Ewigkeit damit verbringen, auf diese wertlose Kiste aufzupassen! Was sagst du dazu?“, grinst der Brünette gehässig. Der Geist macht große Augen, die wirken, als würde er gleich in Tränen ausbrechen. „Du lügst! Das ist nicht wahr!“, jammert der Pirat. „Es klingt zwar wirklich mies, wie Peter das gesagt hat, aber es ist leider so. Sieh dich doch nur mal um. Ist das die Welt, in der ihr Schiffe überfallen und Schätze vergraben habt?“, versucht es Raymond. Ungläubig lässt der Geist den Blick schweifen. Überall stehen Bäume, dicht an dicht. Seltsame Maschinen dominieren das Bild und der Hafen ist von hier aus nur zu erahnen. Dunkel erinnert er sich. Als er das letzte Mal hier war, war dies ein Strand. Einzelne Bäume standen in der Nähe, durchbrochen von zerklüfteten Felsen und das Meer schwappte laut gegen die Küste. Nein, das ist nicht die Welt, in der er gelebt hat. Doch was ist hier nur passiert? Wie lange bewacht er diese Kiste voller Gold und Edelsteine schon? „Alles so fremd. – Welches Jahr schreiben wir und ist das hier immer noch doch Bucht von Harpers Bay?“, fragt der Pirat mit bebender Stimme. „Nein, das hier ist das Hafenviertel von New York und wir haben das Jahr 1989.“, antwortet ihm Winston. „1989? – Das kann nicht sein! Ich warte schon seit über hundert Jahren auf die Rückkehr meines Captains! Das ist unmöglich…“ Völlig aufgelöst starrt der Geist die Kiste an und kämpft mit den Tränen. „Er wird nicht kommen, um dich zu erlösen. Dennoch hast du deine Aufgabe erfüllt. Du hast diesen Schatz all die lange Zeit bewacht und nun kannst du dich zur Ruhe setzen.“, versucht Winston ihn etwas aufzumuntern. „Wie soll das gehen?“, fragt der Pirat traurig. „Ganz einfach. Du gestattest uns die Kiste ins Museum zu bringen. Dort können sie herausfinden, wem ihr die Sachen gestohlen habt und sie den Leuten zurückgeben und dann kannst du in die Ewigkeit eintreten.“, erklärt Egon. „Die Mühe kann sich das Museum sparen. Wir haben die Truhe einem spanischen Handelsschiff gestohlen, dass gerade aus dem Orient kam. Der Captain hieß Fernando de Mozo…“, erwidert der Pirat. „Ich glaube, ich habe schon mal von diesem Herrn gehört. Diese Information dürfte es dem Museum auf jeden Fall viel einfacher machen, einen möglichen Nachfahren zu finden.“, kommentiert der Tüftler. „Ja, wahrscheinlich und vielleicht ist es ja auch besser so. Dann kann ich wenigstens ein bisschen wiedergutmachen, wo wir die armen Schweine doch über die Planke gejagt haben…“ In der Stimme des Geistes ist tatsächlich so etwas wie Reue zu hören, sodass selbst Peter seinen Strahler wieder wegsteckt, den er die ganze Zeit über auf den Geist gerichtet hielt. Langsam beginnen die ersten Tropfen aus den dunklen Wolken zur Erde zu fallen, doch Donner und Blitz haben sich schon fast wieder verzogen. „Ok Leute, wenn das geklärt ist, lasst uns die Truhe ins Museum bringen, ehe wir völlig nass werden…“, weist Peter die anderen an. Unter den wachsamen Augen des Piratengeistes, tragen Venkman und Winston die Schatztruhe zu Ecto-1 und schieben sie auf die Ladefläche. Zu fünft fahren sie anschließend zum historischen Museum. Die Mitarbeiter der Abteilung für Seefahrt staunen nicht schlecht, als sie die erstaunlich gut erhaltene Kiste von den Geisterjägern überreicht bekommen. Und die Überraschung ist noch größer, als sie hören, wem der Schatz einst gehört hat. Mit einer gewissen Erleichterung im Herzen betrachtet der einstige Pirat das Ganze durch das Oberlicht hindurch. „Vergib mir, mein Captain, doch so ist es besser…“, haucht er in den strömenden Regen hinein, ehe er sich auflöst und in die Ewigkeit eintritt. Mit ihm geht der Regen und so erstrahlt dieser Tag in schönstem Sonnenschein, als die vier Ghostbusters nach getaner Arbeit das Museum verlassen und mit etwas Wehmut an dieses Abenteuer zurückdenken. Kapitel 19: Night of the Wendigo -------------------------------- Einen Monat später – Bighorn Mountain - Colorado… Ein heftiger Sturm zieht plötzlich auf und presst die beiden Männer hart gegen den kalten Stein des Bergs. Verzweifelt versuchen sie im aufkommenden Schneetreiben nicht den Halt zu verlieren und abzustürzen. Völlig mit ihren Kräften am Ende, versuchen sie einen Unterschlupf zu finden und den Sturm abzuwarten. Doch die Schneeflocken gewinnen rapide an Größe und versperren ihnen schnell die Sicht. Nahezu blind gelingt es den beiden Bergsteigern eine kleine Höhe zu erreichen. Der Ohnmacht nahe retten sie sich dort hinein und beten dafür, dass sich das Wetter bald bessert. Doch das Schicksal meint es nicht gut mit ihnen. Tage vergehen, in denen immer mehr Schnee fällt und schon bald ist die kleine Höhle völlig verschwunden. Von der Außenwelt abgeschnitten, verharren die beiden Männer frierend und hungrig. Niemand weiß, dass sie hier oben eingeschlossen sind und es gibt keine Möglichkeit, sich bemerkbar zu machen. Hilflose Gedanken beginnen ihren Geist zu dominieren. Der nackte Wille zu überleben raubt ihnen fast die Sinne. Die Tatsache ihrer jahrelangen Freundschaft rückt immer weiter in den Hintergrund, wird zu etwas völlig Absurdem, etwas Unnötigem. Beiden ist klar, dass sie nicht mehr lebend von diesem Berg runterkommen werden, zumindest nicht gemeinsam. Doch für einen von ihnen stehen die Chancen besser, allerdings muss er dafür etwas tun, dass die tiefsten und grausamsten Instinkte im Menschen weckt. Stumm blickt Sascha zu seinem Kollegen hinüber, der erschöpft mit geschlossenen Augen neben ihm kauert. Es geht ihm schlecht, er hat Fieber und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis er sterben wird, doch solange kann Sascha einfach nicht mehr warten. Der Hunger ist zu groß, die Verzweiflung zu allumfassend. Beinahe gierig leckt er sich mit der Zunge über die wunden Lippen. Unbemerkt ergreift er seine Spitzhacke, umklammert sie ganz fest und hebt sie hoch. Bereit zum Schlag, verweilt er einen Augenblick. Kann er das wirklich tun? Immerhin ist Tristan sein Freund. Sie kennen sich schon so lange und haben unzählige Berge zusammen bestiegen, alles ertragen. Doch nie war es so schrecklich wie jetzt. Also bleibt ihm nichts Anderes übrig! Mit zusammengepressten Augen holt er aus und rammt seinem kraftlosen Mitstreiter die Spitzhacke direkt in den Schädel. Das scharfgeschliffene Metall erzeugt ein widerliches Geräusch, als es den Knochen schier mühelos durchdringt und das Hirn darunter aufspießt. Zitternd verharrt Sascha mit der Hacke in der Hand und starrt auf Tristan hinab. Dieser öffnet plötzlich die Augen, reißt sie förmlich auf und blickt ihn erschrocken und vorwurfsvoll an. Ein unartikulierter Laut verlässt seine Kehle, zuckend hebt sich seine rechte Hand, als wolle sie nach ihm greifen. Dann sinkt sie kraftlos zu Boden, die Augen fallen ihm wieder zu und er kippt einfach um. Fassungslos starrt Sascha ihn an. Tränen beginnen seine Augen zu füllen. „Was habe ich nur getan…?“, haucht er in die eisige Stille der Höhle hinein. Dann erstarrt sein Blick plötzlich, heftet sich an die Leiche seines Freundes. Feine Dampfwölkchen steigen von der warmen Blutlache auf, die langsam aus Tristans Schädel fließt. Schnell ist die kalte Luft der Höhle vom beißenden Kupfergestank des Lebenssafts erfüllt. Eigentlich müsste ihm davon schlecht werden, doch dem ist nicht so. Blut hat noch nie so verlockend gerochen, wie in diesem Moment. Unweigerlich beginnt sein Magen laut zu knurren. Ein völlig wahnsinniges Grinsen breitet sich auf dem ausgezehrten Gesicht des Bergsteigers aus, das schnell zu seinem irrsinnigen Lachen anschwillt. Wie von Sinnen streift sich Sascha seine Handschuhe ab und taucht seine Finger in das auskühlende Blut. Dickflüssig benetzt es seine Haut wie rote Farbe. Gierig führt er die Finger zu seinem Mund und nuckelt den köstlichen Saft davon, als wäre es geschmolzene Schokolade. Unbemerkt durchlebt sein Körper dadurch eine Wandlung. Seine Augen verfärben sich plötzlich rot und beginnen zu glühen. Der unbändige Appetit nach Fleisch überwältigt ihn schier. Nicht mehr Herr seiner Selbst stürzt er sich auf die Leiche seines Freundes, rammt seine Zähne in das weiche Fleisch und stillt seinen Hunger. Ja, endlich kann er sich sattessen, endlich! Mit jedem Bissen wächst das Fremde in ihm heran, bemächtigt sich seines Körpers, nimmt ihn ein und verwandelt ihn in etwas Schreckliches. Und als wäre diese Tatsache nicht schon furchtbar genug, beginnt der Schnee um ihn herum langsam zu schmelzen. Als schließlich die Nacht anbricht, ist von dem vernichtenden Sturm nichts mehr geblieben, als ein paar Knochen in der Höhle. Das Wesen, das einst der Bergsteiger Sascha war, erhebt sich im Schein des Vollmondes und verlässt nach so langer Zeit endlich sein Gefängnis. Ohne einen Gedanken an Reue zu verschwenden, tritt es in die Welt hinaus. Schnüffelnd hält es seine Nase in den Wind, wittert das Fleisch ahnungsloser Menschen und macht sich auf den Weg hinab ins Tal… Einen Monat später – Hauptquartier der Ghostbusters – Manhattan… Ungläubig starrt Peter auf den Zettel, den Janine ihm vor die Nase hält. „Colorado? Willst du mich veralbern?“, fragt er skeptisch. Die Rothaarige hebt eine Augenbraue und mustert den jungen Mann vor sich. „So was würde ich doch nie tun, Dr. Venkman. Aber jetzt mal ehrlich, die Adresse liegt wirklich in Colorado und es hat sich sehr dringend angehört. Der Anrufer redete irgendwas von einem Wendigo oder so was Ähnlichem…“, berichtet sie gelassen. „Sagtest du Wendigo?“, ertönt nun Ray´s Stimme hinter Peter. „Ja, genau das sagte ich. Ist das etwa ein Problem?“, hakt die toughe Frau nach. Der Mechaniker tritt näher an den Tisch heran und besieht sich den Zettel. „Man könnte es als Problem ansehen. Wendigos sind schreckliche Gestalten, die sich von Menschenfleisch ernähren. – Das traurige an ihnen ist aber, dass sie selbst einmal Menschen waren, die in größter Not schwebten und keinen anderen Ausweg mehr sahen, als zum Kannibalen zu werden…“ Entgeistert sieht Peter seinen Kollegen an. „Kannibalen? Oh Mann, kann es eigentlich noch schöner werden?“ Ernst sieht der Jüngere ihn an. „Ja, kann es und deswegen müssen wir auch nach Colorado, ehe diese Bestie im Blutrausch ein Dorf nach dem anderen zu Grunde richtet!“ Eindringlich sieht der Kleinere ihn an, versucht seine Bedenken und möglichen Ängste zu zerstreuen. Und tatsächlich sitzt Venkman beim Gedanken an einen Menschenfresser die Angst tief im Nacken. Doch Ray´s schokoladenfarbenen Kulleraugen kann er nur schwer etwas abschlagen. Selbst wenn er es tun würde, hätte es eh keinen Sinn. Die Beseitigung solchen Monstrositäten ist nun mal ihr Job, egal wie gefährlich es auch sein mag. Daher versucht der Brünette sich seine Bedenken nicht ansehen zu lassen und seufzt stattdessen schwer. Ein kleiner Trost bleibt ihm allerdings. Für die weite Anfahrt bekommen sie ein extra Honorar und das ist doch auch schon mal was. „Ok, schau mich nicht so an, sondern hol die anderen, damit wir es hinter uns bringen können!“ Der Weg zum Ziel erweist sich als viel weiter, als sie es vorher angenommen haben, weshalb Janine für die Jungs ein Flugzeug chartern muss. Geschlagene fünf Stunden hocken sie in der Frachtmaschine, inklusive all ihrer Ausrüstung und Ecto-1. Vom Flughafen Colorado Springs fahren sie dann noch einmal fast vier Stunden durch die Pampa, ehe sie den Nationalpark erreichen, in dem sich der Berg Bighorn Mountain befindet. Als der ehemalige Miller Meteor endlich zum Stehen kommt, ist es eine Erleichterung für alle. Ziemlich fertig verlassen die Jungs den Wagen und betrachten das Stück Land, das sich vor ihnen erstreckt. Dichte Tannenwälder dominieren die Sicht, durchbrochen von einem kristallklaren See. Abgerundet wird das Schauspiel von den Bergen in der Ferne, auf deren Spitzen der letzte Schnee in der abendlichen Sonne glühend glitzert. „Wahnsinn, was für eine Aussicht!“, schwärmt Ray begeistert. „Mir wäre ein weiches Bett weit lieber, nach dieser Holpertour hierher…“, mault Peter und reibt sich den verspannten Rücken. Nur kurz darauf wird die Stille des Parks von lauten Rufen durchbrochen. Irritiert sehen die Jungs einen Mann heraneilen, dem die Aufregung deutlich ins Gesicht geschrieben steht. „Da sind sie ja endlich! Ich hatte schon befürchtet, dass sie es heute nicht mehr schaffen…“, entkommt es ihm atemlos. „Nur, weil wir hier sind, heißt das ja nicht, dass wir auch einsatzbereit sind…“, erwidert ihm Peter und streckt sich murrend, wobei sein geschundener Rücken ein unschönes Knacken von sich gibt. Verwirrt sieht ihn der andere Mann an. „Beachten sie meinen Kollegen gar nicht. Es war eine – gewöhnungsbedürftige Reise bis hierher und wir sind etwas mitgenommen.“, erläutert Egon schließlich. „Oh ja, klar. Die Straße hier rauf ist leider in keinem so guten Zustand mehr, aber sie soll nächstes Jahr repariert werden.“, entschuldigt sich der Wildhüter. „Na, was für eine Freude. Dann sollten wir unbedingt wiederkommen und nach weiteren Monstern suchen!“, kommentiert Venkman angesäuert und kassiert dafür auch gleich mal einen Rippenstoß von Winston. Die beiden Geisterjäger mustern sich verärgert, ehe Raymond sie auseinanderschiebt. „Lasst den Blödsinn, wir haben zu tun.“, weist er sie an. „Ach, wo bleiben bloß meine Manieren? Ich bin übrigens Frank Dodd, der Wildhüter hier. Dort drüben ist meine Hütte. Lassen sie uns doch rübergehen, dann können sie sich ausruhen, etwas Essen und wir reden über das Ganze.“ Nur allzu gern folgen sie Frank zu seiner Behausung. Hütte trifft es allerdings nicht wirklich. Vielmehr ist es ein hübsches Holzhaus und für die Tatsache, dass Dodd hier ganz allein wohnt, doch erstaunlich groß. Es gibt sogar ein sehr geräumiges Gästezimmer, indem die Jungs die Nacht verbringen werden. Aber jetzt sitzen sie erst mal um einen großen Tisch herum, essen einen überraschend leckeren Eintopf, den Frank gekocht hat und lassen sich von ihm die Einzelheiten erläutern. „Das Ganze begann vor zirka einem Monat. Damals sind zwei Wanderer verschwunden. Sie wurden auf Bighorn von einem Schneesturm überrascht. Als das Wetter besser wurde, ist ein Suchtrupp losgezogen, um sie zu finden. Allerdings war es da schon zu spät. In einer Höhle auf dem Berg hat man die sterblichen Überreste eines der Wanderer gefunden. Es sah aus, als wären Wölfe über ihn hergefallen. Die Knochen waren alle fein säuberlich abgenagt. Nur anhand seiner Sachen konnten wir ihn überhaupt identifizieren. – Von dem anderen Wanderer fehlt bis heute jede Spur. Wir wissen nicht, ob er noch am Leben ist oder wohlmöglich dem Wendigo zum Opfer gefallen ist…“ „Woher wissen sie denn, dass es ein Wendigo ist?“, fragt Winston, dem bei der Geschichte langsam der Appetit vergeht. „Ich habe ihn gesehen und einige andere Leute ebenfalls. Er streifte nur wenig später durch die Wälder. Zudem sind immer mehr Menschen verschwunden und man fand nur ihre Knochen. Mittlerweile haben wir den Park sogar für Besucher geschlossen, bis sie dem Einhalt gebieten.“ „Und warum haben sie uns erst jetzt gerufen, wenn das Ganze schon vor einem Monat angefangen hat?“, hakt Peter nach. „Das ergibt die Logik der Wesenheit, Peter. Wendigos sind ausschließlich in Vollmondnächten aktiv, sowie eine Nacht davor und eine danach. Den Rest der Zeit verstecken sie sich. Sie bilden ein Äquivalent zum Werwolf, erst recht, da sie auch eine menschliche Gestalt annehmen können.“, erklärt Egon. „Außerdem ist morgen die Nacht vor dem nächsten Vollmond.“, ergänzt Ray. „Das macht irgendwie Sinn, aber wie sollen wir das Vieh denn in einem so riesigen Park finden, falls er sich hier überhaupt noch aufhält?“, will Venkman wissen. „Ich denke schon, dass er noch hier im Park ist. Wendigos sind doch ziemlich heimatverbunden, wenn man den Legenden glauben darf. Und da sich außer euch und mir niemand hier aufhält, bin ich sicher, dass der Wendigo euch schon finden wird, wenn ihr in den Wald geht.“, kommt es von Frank. „Das sind ja prima Aussichten…“, seufzt Winston. Eine Weile später sitzen die Jungs erschöpft in ihren Betten im Gästezimmer und unterhalten sich über die bevorstehende Aufgabe. Peter hingegen, zieht es vor, ins Land der Träume abzudriften, unbemerkt der ernsthaften Diskussion um ihn herum. „Sehe ich das richtig? Der Wendigo ist kein Geist oder? Und somit können wir ihn auch nicht einfangen…“, stellt Winston fest. „Das stimmt. Ein Wendigo ist eine wahrhaft existierende und überaus lebendige Lebensform, auch wenn er nicht unbedingt so aussieht und kann daher von uns nicht einfangen werden.“, bestätigt Egon seine Befürchtung. „Du meintest aber, dass er einem Werwolf sehr ähnlich ist, weil er auch eine menschliche Gestalt annehmen kann.“, kommt es von Ray. „Durchaus. Der Wendigo gehört zur Kategorie der Gestaltwandler, ähnlich dem Berggeist, den wir bezwungen haben. Allerdings ist er in seiner Wandlung begrenzt. Er kann eine menschenähnliche Form annehmen, wobei seine Augen aber glühendrot bleiben und er auch weiterhin Reißzähne hat. Zweitens kann er eine tierische Gestalt annehmen, die dem uns bekannten Yeti ähnelt. Mit dem Unterschied, dass das Fell des Wendigo sehr viel länger ist und er einen langen, löwenähnlichen Schwanz hat, zudem kann er sowohl aufrecht, als auch auf allen vieren gehen. Dieses Aussehen bevorzugt er in schneereichen Gegenden oder im Winter. Zumeist ist er aber in seiner sogenannten Schattenform unterwegs. Dabei handelt es sich um ein rotwildähnliches Wesen, dass fast nur aus nackten Knochen besteht. In dieser Gestalt verschmilzt er förmlich mit dem Unterholz.“ „Also werden wir das Biest auf jeden Fall erkennen, wenn es vor uns steht, egal in welcher Form das auch immer sein wird. Doch wie können wir so ein Wesen besiegen? Hat es einen Schwachpunkt, wie Silber bei einem Werwolf?“, fragt Winston zweifelnd. Aufmerksam blättert Raymond durch den Geisterführer. „Laut Tobin haben alle Formen des Wendigo eine Gemeinsamkeit und das ist ihr Herz. Es besteht völlig aus Eis und um den Wendigo zu besiegen, muss es geschmolzen werden.“, liest der Mechaniker vor. „Dann sind unsere Strahler also nicht vollkommen nutzlos!“ Ein gewisser Tatendrang überkommt Winston, gemischt mit einem Hauch Erleichterung. „Die Protonenstrahler sind wahrscheinlich sogar unsere einzige Möglichkeit, ihm das Herz zu schmelzen, ohne ihm zu nahe zu kommen. Man wird nämlich nicht nur zu einem Wendigo, wenn man Menschenfleisch isst, sondern auch, wenn man von ihm verletzt wird oder mit seinem Speichel in Berührung kommt.“, mahnt Egon. „Genau. Und wir können nur hoffen, dass es hier nicht mehr als einen davon gibt. Denn ähnlich wie bei einem Vampir müssen wir den ersten Wendigo erledigen, damit alle von ihm infizierten Personen sich wieder zurück verwandeln…“, ergänzt der Mechaniker. Unweigerlich schwindet die Erleichterung aus Winston und er seufzt auf. „Na dann hoffen wir mal auf das Beste…“ Am nächsten Abend… Die Sonne ist schon fast völlig hinter den Bergen versunken und ihr gegenüber erhebt sich der Mond in einer nahezu perfekten Kugel. Langsam betreten die vier Geisterjäger den Tannenwald. *Das Tageslicht erlischt mit einer Geschwindigkeit, die Egon an die Tropen erinnert, und wenig später besteht die dicht bewucherte Landschaft um sie herum nur noch aus schwarzen Schemen. Der Weg ist jedoch klar zu erkennen, jedenfalls vorläufig noch – ein sechzig Zentimeter breiter, grauer Streifen, der sich durch die Schatten windet -, aber wenn der Mond nicht aufgehen würde, würden sie wahrscheinlich noch tiefer in der Tinte sitzen, als ohnehin schon. Unruhe, beinahe greifbar, breitet sich in jedem Einzelnen von ihnen aus. Die Bäume stehen so dicht, dass sie das letzte Licht förmlich verschlucken. Wenden sie ihren Blick in die Richtung, aus der sie gekommen sind, können sie sehen, dass es außerhalb des Tannenwaldes noch verhältnismäßig hell ist. Mit einem ziemlich mulmigen Gefühl schalten sie ihre Taschenlampen ein und richten sie gen Boden, um nicht allzu offensichtlich ihre Anwesenheit zu verkünden. Schweigen liegt über der kleinen Truppe, doch sie müssen auch nichts sagen. Der Wendigo hat eine ganz ausgezeichnete Nase und wird sie viel schneller wittern, als dass er ein Geräusch von ihnen vernimmt. Nervös schweben ihre Finger über dem Abzug der Protonenkanonen. Überall um sie herum raschelt es, wenn nächtliche Tiere aufgeschreckt die Flucht ergreifen. Eulen rufen bedrohlich in die Dunkelheit hinein. Plötzlich jedoch ist es vollkommen still. Erschrocken bleiben die vier stehen und lauschen in die Nacht hinein. „Das ist nicht gut…“, gibt Peter von sich und seine Stimme, so schneidend in dieser Stille, erschreckt die anderen nur noch mehr. Doch ehe sie ihn dafür strafen können, ertönen schwere Schritte. Äste knicken ächzend um, sogar ein ganzer Baum fällt krachend zu Boden. Dann erhebt sich ein gewaltiger Schatten über den Wipfeln der Tannen und ein bösartiges, durch und durch animalisches Heulen hallt durch die schlagartig eiskalte Luft. In die Seelennacht entschwunden Vergessen Verloren in den Nebeln hinter der Sterblichkeit Wie versteinert stehen die Ghostbusters aneinandergedrängt da und starren auf den Schatten, der ihnen unaufhörlich näherkommt. In der Zwischenzeit steht der Mond hoch am Himmel, sodass sein Licht nun auf das Wesen fällt und seine Gestalt preisgibt. Vor ihnen erhebt sich eine Bestie, die mindestens sechs, wenn nicht gar acht Meter misst. Der Wendigo wirkt wie eine grauenhafte Mutation eines Hirsches. Der riesige, vom Fleisch abgeschälte Schädel glänzt knochenweiß im Mondschein und ruht auf einem breiten, sehr muskulösen Hals, der dick mit zottigem Fell überzogen ist. In den gewaltigen Augenhöhlen befinden sich keine sichtbaren Sehorgane, dennoch glüht in ihnen ein rotes Licht, das ihm das Sehen ermöglicht. Entgegen seines vegetarisch anmutenden Äußeren, ist das knöcherne Maul des Wendigos gespickt mit dolchartigen Fangzähnen, von denen unablässig klebriger Speichel zu tropfen scheint. Zwei lange Ohren bewegen sich unabhängig voneinander hin und her und suchen nach dem kleinsten Geräusch. Auf dem gewaltigen Schädel thront ein enormes Geweih, das dem Wesen mindestens noch drei Meter an Höhe gönnt. Und doch mehr als tausend Gesichter berührt Unbemerkt Nie gesehen von den Augen der Sterblichkeit Der Oberkörper der Bestie lässt die blanken Rippen sehen. Doch im Gegensatz zum knochenweißen Schädel sind sie von einer dünnen, braunen Haut überzogen, so wie der Rest des schlaksigen, langgestreckten Körpers. Die Leere hinter den Rippen und der Bauch sind rötlich gefärbt, als wären sie in Blut getränkt worden. Und zwischen alledem funkelt glitzernd das Herz aus purem Eis. Geräuschlos schlägt es in der Brust des Wesens. Der Wendigo steht auf langen, dürren Beinen, die in drachenähnlichen Füßen enden. An jeder der fünf Zehen sprießt eine lange, sichelförmige Klaue, die sich in den weichen Boden des Waldes eingräbt. Die Arme sind überdimensional in die Länge gezogen, sodass sie ausgestreckt den Boden berühren, obwohl das Wesen aufrecht steht. Vier lange Finger enden ebenfalls in riesigen Klauen, die beim Laufen über den Grund kratzen und dabei ein abstoßendes Geräusch erzeugen. Oft gefühlt und nie erreicht Ungreifbar für die Hände der Sterblichkeit Unverhüllt im Kleid der Nacht Ein tiefes Heulen erfüllt erneut die Umgebung und verjagt gänzlich die letzten Tiere in der Umgebung. Mit offenem Mund starren die Ghostbusters dieses gewaltige Untier an, völlig außer Stande sich zu rühren. Das Wesen kommt näher heran, wobei es bei jedem Schritt die Erde zum Zittern bringt. Für einen Augenblick hoffen die Jungs, dass die Bestie sie noch nicht gewittert hat und einfach an ihnen vorbeigehen wird. Doch dann richtet der Wendigo seine leeren, rotglühenden Augenhöhlen auf sie und öffnet gierig das Maul. Er hat zwar keine Zunge, doch sie ist auch gar nicht nötig, um den Jungs klarzumachen, dass sie nun auf der Speisekarte stehen. Ein Schwall blubbernden, zähflüssigen Speichels rinnt aus dem geöffneten Maul heraus und landet mit einem widerlichen Klatschen auf dem Waldboden. Die Erde darunter beginnt augenblicklich zu qualmen, als wäre sie von starker Säure getroffen worden. Auf Geisterwegen Ins Grab geleitet Mehr als tausend Leben Dieser Anblick verstärkt die Unsicherheit der Jungs nur noch mehr. Sie können sich nicht erinnern, jemals einer solch gewaltigen Bedrohung gegenüber gestanden zu haben und dabei ist die ungeheure Größe der Bestie nicht mal das Schlimmste. Wie sollen sie damit nur fertig werden? Wie hypnotisiert stehen sie da und starren dem Wendigo in die leeren, rotglühenden Augenhöhlen, unfähig sich zu rühren. Das Untier hebt einen Fuß und kommt einen Schritt näher und endlich löst sich die Starre der Geisterjäger. Der Boden erzittert unter ihren Schuhen und plötzlich wieder Herr über den eigenen Körper, landen sie alle auf ihren vier Buchstaben. „Unfassbar…“, flüstert Ray, schwankend zwischen grenzenloser Begeisterung und lähmender Angst. „Das kannst du laut sagen. Das Biest ist unfassbar hässlich…“, entgegnet ihm Peter angewidert. „Ich würde es eher als unfassbar tödlich bezeichnen.“, kontert Winston. „Meiner Meinung nach ist es unfassbar wichtig, dass wir es besiegen, sonst wird eine unfassbare Tragödie geschehen, meine Herren!“, beendet Egon das unfreiwillige Spielchen. Und jeder Tropfen Blut erfüllt Der von des Alten Sense tropfte Geist in des Mondes zweitem Gesicht Gerade noch rechtzeitig kommen die vier wieder auf die Füße, ehe der Wendigo mit weit geöffnetem Maul nach ihnen schnappt. Das Geräusch, mit dem seine dolchartigen Zähne im fleischlosen Kiefer aufeinanderschlagen, klingt unbeschreiblich. Es ähnelt entfernt dem Laut, den ein umstürzender Baum von sich gibt, der so mit Wasser vollgesaugt ist, dass er einfach nicht mehr stehen kann – irgendwie tropfnass und doch trocken, hölzern. „Du hast also Hunger, du hässlicher Bettvorleger? Dann probier doch mal das hier!“, grölt Venkman dem Wendigo wütend entgegen und zielt mit dem Protonenstrahler auf ihn. Der erhitzte Lichtblitz trifft das Wesen mitten zwischen die Augen. Eine kleine, verbrannte Stelle wird auf der Stirn des Knochenschädels sichtbar. Aber noch während sich Peter über seinen Treffer freut, können die vier beobachten, wie diese Wunde wieder verschwindet, als wäre sie nie dagewesen. Unweigerlich muss Ray an einen Mutanten aus seinen Comicheften denken, der über unglaubliche Selbstheilungskräfte verfügt und ein mindestens genauso unberechenbares Wesen hat, wie der Wendigo und ein Schauer jagt unweigerlich seinen Rücken hinunter. Namenlose Orte Fangen deinen Atem in dieser Welt Totengesänge hallen endlos durch die Zeit „Seine einzige Schwachstelle scheint wirklich sein Herz zu sein, also müssen wir versuchen, es zu treffen!“, wirft der Mechaniker schließlich ein. Die anderen nicken und gemeinsam laden sie ihre Protonenkanonen durch. Sie bilden eine Linie und zielen auf das eisige, pulsierende Herz zwischen den braunen Rippen. Doch so leicht lässt sich das Untier nicht in die Enge treiben. Als die Ghostbusters mit ihrem Beschuss beginnen, holt die Bestie mit ihrem langen Arm aus und schlägt nach ihnen. Nur der Entfernung haben es die Jungs zu verdanken, dass sie von der tödlichen Pranke nicht erwischt werden, aber darauf schien es das Wesen auch gar nicht abgesehen zu haben. Tatsache ist, durch diese simple Bewegung entsteht eine Art Sog in der Luft und die vier jungen Männer werden von einem kräftigen Windstoß wieder von den Füßen gerissen. Triumphierend heult der Wendigo auf. Und doch ist dein Atem dort Für mich nur Fleisch und Blut Wie lange werden wir noch auf getrennten Wegen reisen? „Ich schätze, so wird das nichts. Wir sollten uns verteilen und ihn von vier Seiten angreifen. Dann ist zwar die Chance geringer, dass wir sein verfluchtes Herz treffen, aber er ist dann abgelenkt genug, damit es wenigstens einem von uns gelingt.“, weist sie der Brünette an und rappelt sich schwerfällig wieder auf. Angeschlagen kommen auch die anderen wieder auf die Füße und nehmen ihre Plätze ein. Nun haben sie den Wendigo umzingelt und setzen erneut zum Angriff an. Um den Überraschungsmoment zu sichern, schießen sie nicht alle gleichzeitig auf das Vieh. Stattdessen trifft Egon ihn im Rücken, um so seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Der Blonde erntet ein verstimmtes Heulen als Antwort. Nun wäre Winston dran, dem Wendigo in die Seite zu schießen und so Verwirrung in ihm auszulösen. Doch ehe er einen Schuss abfeuern kann, dreht sich das Skelettwesen so schnell herum, dass der Bauarbeiter sich nur noch auf die Knie fallen lassen kann, um seinen Klauen auszuweichen. Wie lange wirst du noch Jenseits von Lebenstoren wandeln Von Ewigkeit zu Ewigkeit? Doch der Angriff galt gar nicht Winston, wie sie nun erschrocken feststellen müssen, sondern Egon. Überrumpelt wird der Tüftler von der langfingrigen Hand zu Boden gerissen und dort festgehalten. Eine der messerscharfen Krallen kratzt dabei über die Wange des Genies und besiegelt sein Schicksal. Fassungslos betrachten die übrigen Geisterjäger das Schauspiel. „Nimm sofort deine dreckigen Pfoten von ihm!“, gebärt sich Peter und schießt der Bestie direkt in den Allerwertesten. Heulend wendet sich das Monster zu ihnen um und gibt Egon wieder frei. Reglos liegt dieser auf dem Boden, während sich die Seuche des Wendigo in seinem Körper ausbreitet. Peter und Winston nehmen das Vieh unter Beschuss, während Ray zu dem Verletzten hinüber eilt. Er lässt sich neben ihm auf die Knie fallen und rüttelt zaghaft an ihm. „Egon? Nun sag doch was, bitte!“ Langsam öffnet der Angesprochene die Augen. Und doch fühlen wir schon längst Die Nähe des schwarzen Traums Doch es sind nicht mehr die Augen des Tüftlers, die stets Wissen und Geduld ausgestrahlt haben. Nein, nun sind sie rot und glühen bedrohlich in der Dunkelheit. Erschrocken weicht Ray zurück und gibt einen erstickten Laut von sich. Ruckartig setzt sich Egon auf und grinst seinen Kollegen auf eine Art und Weise an, die abstoßender kaum sein könnte. Der Ausdruck auf seinem verzerrten Gesicht trieft geradezu vor wildem Appetit und blanker Gier. Lange Reißzähne drängen sich in seinem Mund zusammen, Speichel rinnt ihm über die Lippen und er lässt die Zunge heraus hängen, wie ein Hund an einem heißen Sommertag. Ein unartikuliertes Geräusch verlässt seine Kehle. Mit einer beängstigenden Geschwindigkeit stürzt sich der Blonde auf den Mechaniker. Dieser kann nicht mehr rechtzeitig ausweichen und wird von dem Tüftler gegen einen Baum gepresst. Die Kraft, die Egon dabei an den Tag legt, ist jenseits von allem, zudem er unter normalen Umständen in der Lage wäre. Mit gebleckten Zähnen grinst er Raymond entgegen. Ein schwarzer Traum Die Grabinschrift des Lebens Zu Wasser wird er werden Verzweifelt versucht sich der Rothaarige aus dem Griff des anderen zu befreien, doch das scheint völlig unmöglich. Stattdessen verlässt ihn immer mehr die Kraft und seine Arme, die Egon fest umklammert hält, werden allmählich gefühllos. „Egon, bitte! Komm zu dir! Du tust mir weh…“, kommt es hilflos von dem Jüngeren. Doch der Blonde hält nichts von seinen Worten, hat nur dieses abgrundtief böse Grinsen für ihn übrig. Verloren wendet Ray den Blick zu Peter und Winston. Von ihnen kann er jedoch im Moment wohl keine Hilfe erwarten. Sie haben alle Hände voll damit zu tun, den angriffslustigen Wendigo auf Abstand zu halten. Also muss es dem Mechaniker irgendwie gelingen sich selbst zu helfen. „Egon, hör mir doch zu! Ich weiß, du bist irgendwo da drin!“, fleht er schon beinahe. Die einzige Antwort, die er bekommt, ist aber nur ein unartikulierter Laut, der entfernt an ein finsteres Lachen erinnert. Dann überbrückt Egon den letzten Abstand zu seinem gefangenen Kollegen. Und in die Nebel fliegen Wo das zweite Gesicht des Mondes wandelt Und niemals wiederkehren Mit weit geöffnetem Mund und gebleckten Zähnen steht er ihm gegenüber. Seine speicheltriefende Zunge schnellt hervor. Sie gleitet mit einer quälenden Langsamkeit über die Wange des Mechanikers, als wolle sie probieren, ob er auch so köstlich schmeckt, wie er in seinen Augen gerade aussieht. Der virale Speichel fühlt sich unglaublich heißt auf Ray´s Haut an. Ein nagendes Kribbeln breitet sich davon aus und überzieht seinen ganzen Körper in Windeseile. Hilflos erliegt er der Seuche, die sich in ihm ausbreitet, wie ein Buschfeuer. Egons Hunger gewinnt die Oberhand, er kann nicht mehr länger warten. Seine Zähen wollen Blut spüren und Fleisch zerreißen. Er drückt den wehrlosen Mechaniker noch fester gegen den Baum und will seine Fänge in dessen zarte Haut rammen, doch da ist Ray´s Transformation schon abgeschlossen. Blut wird weiter tropfen Totengesänge hallen in der Zeit Ewigkeiten werden sterben Kraftvoll stößt der Rothaarige seinen Angreifer von sich weg. Überrumpelt starrt Egon sein Gegenüber an, erkennt jedoch schnell das veränderte Wesen, man könnte sagen einen Verbündeten. Statt ihn also fressen zu wollen, deutet er auf die beiden Männer, die hoffnungslos versuchen, ihren Schöpfer zu vernichten. Nun steigt auch in Ray das unbändige Verlangen nach süßem Blut und dampfendem Fleisch auf. Seine glühendroten Augen fixieren die beiden ahnungslosen Menschen und er leckt sich gierig über die speichelglänzenden Lippen. Gemeinsam mit dem Blonden stapft er auf die abgelenkten Geisterjäger zu. In schwarzer Herrlichkeit Denn selbst die Zeit kann nicht für immer trennen Was bestimmt war eins zu sein Nun endlich gelingt es Winston einen Treffer auf das Herz der Bestie zu landen. Getroffen heult der Wendigo auf und sinkt auf alle viere. Wütend knurrt er die beiden Männer an und weicht ein paar Schritte zurück. Er muss erst wieder Kraft schöpfen und dann wird er sie vernichten! Oder vielleicht muss er sich auch gar nicht die Mühe machen. Seine Nachkommenschaft ist hungrig und wird die beiden mit Sicherheit zur Strecke bringen, oder aber solange ablenken, damit er wieder auf die Füße kommt. „Volltreffer!“, jubelt Winston noch, während sich der angeschlagene Wendigo zurückzieht. Doch seine Freude schlägt schnell in blankes Entsetzen um, als er Egon und Ray auf sich zuwanken sieht. „Oh mein Gott, nein…“ Schnell versteht auch Peter den Ernst der Lage, doch was sollen sie jetzt machen? Sie können ja schlecht auf ihre Freunde schießen… Kein Herz wird jemals wieder schlagen Denn das zweite Gesicht des Mondes Wird das meine sein Unschlüssig sehen sich die zwei verbliebenen Geisterjäger an und wiegen ab, was jetzt am Sinnvollsten wäre. Ray und Egon können ihnen sehr gefährlich werden. Wenn sie von ihnen berührt werden, ist alles aus. Dann werden sie gemeinsam mit dem Wendigo durch die Nacht wandeln und wehrlose Leute töten, immer vorausgesetzt, sie werden von ihren ehemaligen Kollegen nur verwandelt und nicht aufgefressen. Und der Ursprung all diesen Übels, der echte Wendigo, liegt auch ganz in der Nähe und wird sicher bald wieder zu Kräften gekommen sei und erneut auf sie losgehen und dann ist das Chaos perfekt. Schlussfolgernd muss ihnen dringend etwas einfallen, bevor das Vieh wieder auf die Beine kommt. „Winston, sieh zu, dass du die zwei ein bisschen beschäftigen kannst. Ich werde diesem hässlichen Vieh noch eins über den Pelz brennen, damit wir etwas mehr Zeit zum Nachdenken haben!“, weist Peter den Schwarzhaarigen an. Skeptisch sieht der Bauarbeiter von ihm zu Egon und Ray, die unaufhörlich näher kommen. „Und wie soll ich das machen?“, fragt er. „Dir wird schon was einfallen…“, kommt es gehetzt von Venkman, der sich dann abwendet. Und die Seelennacht Wird nie zu Ende gehen… Fieberhaft denkt Winston nach, was er tun kann. Auf sie schießen kann er keinesfalls, das würde sie umbringen, selbst in ihrer verwandelten Form. Auf Worte reagieren sie auch nicht, also was tun? Plötzlich fällt ihm auf, dass nur noch Egon in seinem Sichtfeld ist und sich Ray klammheimlich davongemacht hat. Unbescholten steuert der Mechaniker auf den Brünetten zu, als sich mit Winston zu beschäftigen. „Na großartig…“, murmelt der Dunkelhäutige und vergisst den Tüftler für einen Augenblick. Dies entgeht dem Blonden aber keinesfalls und er nutzt seine Chance. Als Winston ihm den Rücken zukehrt, um Ray wieder zu sich zu locken, packt er ihn und wirft ihn zu Boden. Mit erstaunlicher Kraft pinnt Egon ihn auf den Grund. Ein gieriges Grinsen breitet sich auf dem Gesicht des Tüftlers aus und er bleckt hungrig die Zähne. Winston ist ihm hilflos ausgeliefert. Er kann sich nicht einmal bewegen. „Peter! Hilf mir!“, ruft er seinem Anführer verzweifelt entgegen und vergisst dabei sogar, dass er ihn nicht mehr beim Vornamen nennen wollte. Der Angesprochene hatte sich dem Wendigo gerade so weit genähert, dass er gut hätte zielen können, als er die Stimme des anderen vernimmt. Überrascht dreht er sich um und besieht sich Winstons Problem. „Verdammt!“, gibt er von sich und will schon loslaufen, als die Bestie eine ihrer Pranken hebt und ihm mitten in den Rücken schlägt. Überrumpelt wird der Brünette zur Seite geschleudert und knallt hart auf den Waldboden. Benommen stemmt er sich etwas hoch und blickt sich um. In seinem Kopf dreht sich alles, doch er hat Glück gehabt. Der Wendigo hat seine blanke Haut nicht getroffen und auch sein Overall ist heil geblieben, sodass er nicht befürchten muss, sich ebenfalls in einen Menschenfressen zu verwandeln. „Peter!“, ertönt erneut die verzweifelte Stimme des Schwarzhaarigen. Es ist ihm zwar gelungen, seine Protonenkanone zwischen sich und Egons zuschnappenden Zähnen zu bringen, doch das wird ihm nicht lange helfen. Ein kleiner Kratzer reicht schon aus oder ein Tropfen Speichel auf der Haut. Schwerfällig kommt Peter wieder auf die Beine und wirft dem Wendigo einen zornigen Blick zu. Dieser hat sich wieder zusammengekauert und schöpft noch immer Kraft. Gut, solange er von ihm fernbleibt, hat er wohl nichts zu befürchten. Er merkt nicht, wie sich Ray ihm langsam nähert. Im Moment hat er nur Augen für seinen Kollegen und das Ding, das aussieht wie Egon. Venkman eilt zu den beiden hinüber und versucht den Tüftler von Winston runterzuziehen. Allerdings gelingt ihm das nicht. Unter normalen Umständen ist Egon zwar der Größte von ihnen, aber auch ein echtes Fliegengewicht. Doch jetzt kommt es Peter so vor, als würde er versuchen wollen, ein Auto von Winston zu stemmen. Der Blonde rührt sich keinen Zentimeter, nähert sich seinem wehrlosen Opfer aber mit tödlicher Präzision. Peter hat nur von wenige Sekunden, um sich zu entscheiden, bevor es Winston erwischen wird. Verzweiflung macht sich in dem Anführer breit. Sein Herz rast und seine Schläfen beginnen schmerzhaft zu pochen. Er findet einfach keinen klaren Gedanken! Panik breitet sich in ihm aus und er greift zum einzigen Mittel, das ihm einfällt. Weit holt er mit der Protonenkanone aus. Mit einem dumpfen Knall schlägt die gehärtete Spitze des Strahlers auf Egons Hinterkopf. „Vergib mir, Egon…“; flüstert Peter, als sein langjähriger und bester Freund ohnmächtig auf dem Waldboden zusammenbricht. Mit einer Mischung aus Schock und Erleichterung sieht Winston zu ihm auf. „Danke, Mann. – Ist er…?“, presst der Bauarbeiter hervor. Besorgt geht Peter auf die Knie und fühlt Egons Puls. In seinem verwandelten Zustand ist er jedoch vor möglichem Schaden bewahrt worden. Nicht mal eine Beule scheint zu wachsen. Erleichtert stellt Peter fest, dass es Egon soweit gutzugehen scheint. „Der schläft bloß…“, gibt er bedrückt zurück und betrachtet den Blonden wehmütig. Er hätte nie gedacht, dass er Egon gegenüber mal handgreiflich werden müsste und das macht ihn doch ziemlich fertig. Mühsam kommt der Bauarbeiter wieder auf die Beine, doch er sieht ihn zu spät. „Peter, Achtung!“ „Was?“ Er dreht sich zu ihm herum und als sich ihre Blicke treffen, landet ein harter Schlag in Venkmans Rücken. Getroffen geht er zu Boden und spürt gleich darauf ein Gewicht auf sich, das ihn fixiert. Unartikulierte Geräusche dringen an sein Ohr und heißer Atem gleitet über seine Haut hinweg. In all der Aufregung mit Egon, ist es Ray gelungen sich unbemerkt anzuschleichen und so den Brünetten zu überwältigen. „Verdammt! Winston, nimm ihn weg, schnell!“, fährt er den anderen verkrampft an und versucht sich aus seinem Griff zu befreien. Allerdings wird ihm schnell klar, dass das nichts bringt. Zielstrebig ergreift der Schwarzhaarige seinen Strahler und holt aus. Dann jedoch hält er abrupt inne. Nicht gerade überrascht, stellt er fest, dass er einfach nicht zuschlagen kann. Wieso auch? Er liebt diesen Mann und er hat schon genug gelitten, damit sie zusammenfinden konnten, da kann er ihm doch jetzt unmöglich eine überbraten! Stattdessen versucht er den Rothaarigen zu sich zu locken. Vielleicht kann er ihn ja irgendwie fesseln oder so. „Hey Ray! Sieh doch mal, was ich hier Schönes hab!“, ruft er seinem besessenen Freund zu. Dieser hebt auch tatsächlich den Kopf ein Stück an und durchbohrt ihn förmlich mit seinen rotglühenden Augen. Als er denkt, dass er die Aufmerksamkeit des Jüngeren hat, schiebt sich Winston langsam den Ärmel seines Overalls hoch und entblößt seine schokoladenbraune Haut. Ray´s Augen werden daraufhin so groß, wie die Augen eines Kindes, das allein in einem Süßigkeitengeschäft steht. Er gibt einen gierigen Laut von sich und erhebt sich bedächtig. „Ja, so ist es gut, Ray. Hol dir das Leckerli!“, ermutigt ihn der Schwarzhaarige und lotzt ihn weg von Venkman. Mit ausgestreckten, klaubenden Fingern kommt der Mechaniker ihm immer näher. Doch plötzlich ertönt ein dumpfes Geräusch und Ray bricht bewusstlos zusammen. Fassungslos starrt Winston auf seinen Freund und dann auf Peter, der langsam den Strahler sinken lässt. „Warum, in Gottes Namen, hast du das gemacht?“, brüllt er Venkman entgegen. „Warum wohl? Damit er dich nicht frisst, du Genie!“, blafft Peter zurück. „Das hätte er nicht gemacht! Ich hatte einen Plan, verdammt!“ Wütend kommt Winston auf ihn zu. „Ach ja? Aber wenn dein toller Plan nicht vorsieht, dass er ein Nickerchen macht, dann ist es auch kein Plan!“, entgegnet der Brünette standhaft. „Du bist so ein gefühlloses Arschloch!“ Winston holt mit der Faust aus, doch Peter weicht ihm aus. Diesmal sieht er sich durchaus im Recht und sieht daher auch nicht ein, warum er sich von ihm schlagen lassen soll. Diesmal ist es nicht seinen Schuld, nicht so wie damals im Krankenhaus, wo er bereit war, Prügel für seinen Fehler zu beziehen. „Hör auf mit dem Scheiß! Ich bin immer noch dein Chef und ich sage, die beiden machen jetzt ein Schläfchen! Außerdem tragen sie in dieser Form keinen Schaden davon, also was soll´s?“ „Das ist doch völlig egal! Es geht hier ums Prinzip, verflucht noch mal!“ „Dein Prinzip ist mir vollkommen egal. Wir müssen uns um diesen Bettvorleger kümmern, ehe die beiden aufwachen und ihre Verwandlung weiterfortschreitet!“, entgegnet ihm Peter streng. Wütend funkeln sich die beiden Männer an. Keiner von ihnen sieht ein, warum er nachgeben soll. Ihr Streit droht endgültig zu eskalieren, als hinter ihnen ein tiefes Knurren zu hören ist. Erschrocken drehen sich die beiden Geisterjäger herum und erblicken den Wendigo, wieder Herr seiner Kräfte und angriffslustiger denn je. Brüllend kommt die Bestie auf sie zu. Dickflüssiger Speichel fliegt durch die Luft wie Regentropfen. Der Waldboden erzittert. „Ok, ok. Es tut mir leid, dass ich so grob zu ihm war. Und so bescheiden es auch klingt, aber wir müssen jetzt zusammenarbeiten. Aber du kannst mir ja eine runterhauen, wenn wir es überstanden haben!“, setzt Peter nach, ehe er seinen Strahler einschaltet. Während er es ihm gleichtut und das Monster ins Visier nimmt, wirft Winston ihm einen strengen Blick zu, als wolle er sagen, dass sich Venkman darauf ganz sicher verlassen kann. Kurz darauf jagen die hochenergetischen Protonenstrahlen durch den sonst so friedlichen Wald und verwandeln ihn in ein obskures Lichtspektakel alla Krieg der Welten. Trotz seiner gewaltigen Größe, gelingt es dem Wendigo ein ums andere Mal den Strahlen auszuweichen und sich so immer näher an die Jungs heranzutasten. In die Ecke getrieben, wissen sie nicht, wie sie dem noch länger standhalten sollen. „Was sollen wir bloß machen? Das Vieh macht sich doch bloß lustig über uns…“, wirft Peter ein. „Was fragst du mich das? Du willst doch immer der große Anführer sein, also lass dir auch was einfallen!“, harscht Winston ihn an. „Wenn ich gewusst hätte, was das für ein mieser Job ist, hätte ich Egon die Führung überlassen…“ „Das würde uns jetzt aber auch nichts nutzen, da er ja ausgeknockt ist.“, erinnert ihn Winston. Als Antwort auf diese unschöne Tatsache ertönt von dem Brünetten nur ein erschöpftes Schnauben. „Hast recht. – Ok, schieß in die Bäume. Vielleicht können wir ihn noch etwas mehr reizen, wenn die Äste auf ihn fallen.“ Mit erhobener Augenbraue sieht Winston ihn an. „Was soll das bringen?“ Keck grinst Peter und zielt. „Das wirst du schon sehen.“ Nicht wirklich überzeugt, kommt der Bauarbeiter dennoch seiner Anweisung nach und schießt auf die großen Äste der Bäume im Umkreis. Polternd und krachend treffen sie den Wendigo. Sein wütendes Heulen zerreißt die Nacht wie ein stumpfes Messer. Aufgebracht gebärt sich das Wesen, wirft den Kopf in den pelzigen Nacken und brüllt zum Himmel hinauf. Darauf hat Peter nur gewartet. „Jetzt! Sein Herz!“ Plötzlich versteht Winston, was der Brünette gewollt hat und korrigiert die Stellung der Protonenkanone. Die glühend heißen Strahlen treffen punktgenau auf das Eisherz des Wendigo und bringen es augenblicklich zum Schmelzen. Aus dem Wutgeheul des Skelettwesens wird ein Schmerzensschrei. Dieses Geräusch klingt so erbärmlich und elend, als würde man einen Welpen mit einer Zeitung verhauen, weil er wieder auf den Teppich gepinkelt hat. Es passt so gar nicht zu der riesenhaften, furchteinflößenden Gestalt des Menschenfressers. Langsam verringern die Jungs den Abstand zu dem Vieh. Der Wendigo versucht ihnen auszuweichen, doch er ist bereits zu schwer angeschlagen. Seine Bewegungen sind müde, unkontrolliert. Kleine Rinnsale aus eisigem Wasser ergießen sich unterhalb der Rippen und tropfen zu Boden. Schließlich verlässt das Wesen die letzte Kraft und es sinkt heulend und winselnd auf die Knie. Unter dem anhaltenden Beschuss der Ghostbusters, bricht er dann endlich zusammen. Ein letzter Schwall kalten Wassers ergießt sich auf den Waldboden und die Jungs stellen das Feuer ein. Mit erwartungsvollem Herzklopfen starren sie auf das Untier. Dann beginnt der sterbende Körper des Wendigo zu dampfen. Eine Wolke bildet sich über den sterblichen Überresten und entschwindet dann in den nächtlichen Himmel. Die Seele des Wendigo verflüchtigt sich, der Fluch ist gebrochen! Sekunden später beginnen die Knochen der Bestie zu zerfallen, als würden sie schon viele Jahre hier liegen. Ein großer Haufen weißbrauner Staub bleibt zurück, den der Wind schnell zwischen den Bäumen verteilt. Zurück bleibt der Körper des verschwundenen Wanderers. Mit spürbarer Erleichterung schlägt Peter Winston auf die Schulter. „Oh Mann, wer hätte das gedacht? Wie haben es tatsächlich geschafft!“ Ein kleines, müdes Lächeln huscht über das Gesicht des Bauarbeiters. „Ja, das haben wir…“ „Was – was ist passiert…?“, erklingt es auf einmal hinter ihnen. Schwach richten sich Ray und Egon wieder auf und sehen sich verwirrt um. „Wo ist der Wendigo?“, fragt der Tüftler. „Da. Aber ich glaube, um den müssen wir uns keine Sorgen mehr machen!“, erläutert Peter und deutet dabei auf den jungen Mann, der ebenfalls langsam wieder zu sich kommt. Kapitel 20: School of terror ---------------------------- Einen Monat später… Die Sommerferien stehen vor der Tür, doch bevor sich die Schüler der ortsansässigen High-School ihrer Freiheit hingeben können, müssen sie noch die Zeugnisausgabe über sich ergehen lassen. Die meisten Schüler haben kein Problem mit dieser Tatsache und sind gedanklich schon am Strand, in den Bergen oder wo immer sie ihr Weg hinführt. Doch einige Teenager sehen diesem Tag mit Furcht oder Ärger entgegen, da ihre Noten eher zu wünschen übriglassen und sie so vermutlich Schwierigkeiten haben werden, sich in der nächsten Klassenstufe zu behaupten. Angespannt und erwartungsvoll sitzen die Schüler in der Aula zusammen und warten darauf, dass ihre Lehrer ihren Namen aufrufen und sie ihr Zeugnis in Empfang nehmen können. Einer nach dem anderen erklimmt die drei Stufen der Bühne und tritt vor die versammelten Leute. Alles wirkt so normal, wie es nur sein könnte und doch hat dieser Tag in den Köpfen vieler eine unschöne Erinnerung… Plötzlich jedoch wird die gedrückte Ruhe im Saal gestört. Die Lampen der Deckenbeleuchtung beginnen zu flackern. Irritiert blicken Lehrer und Schüler empor, doch sie können nichts Ungewöhnliches erkennen. Schulterzuckend wird die Veranstaltung fortgesetzt, nachdem das Licht wieder Beständigkeit aufweist. Aber kurz darauf beginnen die Lampen erneut zu flackern. Schließlich gibt es einen hellen Lichtblitz und eine Birne nach der anderen zerspringt mit einem dumpfen Klirren. Heiße Glassplitter regnen auf die Anwesenden hernieder. Unruhe breitet sich unter den Schülern aus. Einige Mädchen schreien erschrocken auf oder fangen sogar an zu weinen. Allerdings ist das erst der Anfang des Ganzen. Immer mehr Lampen zerspringen und scheuchen die Leute von ihren Stühlen auf. Schimpfend und weinend tasten sich Lehrer und Schüler Richtung Ausgang vor, als schlussendlich auch das letzte Licht erlischt. Erschrockene Rufe ertönen in der Dunkelheit. Aufsteigende Panik erfüllt die Luft. „Bleibt ruhig, Leute! Das ist sicher nur ein Stromausfall oder eine Überladung. Kein Grund zur Aufregung! Begebt euch einfach nach draußen zur Sammelstelle und den Rest bekommen wir schon geregelt!“, weist der Direktor die aufgebrachte Meute an. Der Verzweiflung nahe erreicht die aufgebrachte Menge die Flügeltüren der Aula. In diesem Moment zerspringt auch der grünschimmernde Kasten mit der Beleuchtung für den Notausgang. Nun ist es vollkommen dunkel in dem großen Saal. Ein Junge an der Spitze versucht die Türen der Aula zu öffnen, doch es funktioniert nicht. Ungläubig starrt er in der Schwärze vor sich auf die Stelle, an der sich die Klinken befinden. Noch während er versucht, diese Tatsache zu begreifen, wird ein Mädchen grob gegen die eine Tür gestoßen und gibt einen hilflosen Schrei von sich. „Wir sind eingesperrt…“, erläutert ihr der Junge, als sie tröstend nach ihm tastet. Er hat es gerade mal so laut gesagt, dass sie ihn in der Panik der anderen hören konnte, doch seine Worte breiten sich aus wie ein Lauffeuer und versetzen alle Anwesenden nur noch mehr in Aufruhr. Geistlos schieben und drücken sich Schüler wie Lehrer gegen die Türen und quetschen dabei die Leute vor sich schmerzlich ein, stoßen sie grob zur Seite oder sogar auf den Boden und trampeln auf ihnen herum, als wären sie nichts weiter, als ein Häufchen Müll. Die Lage spitzt sich immer weiter zu und das Leben aller Anwesenden hängt nur noch an einem seidenen Faden, als plötzlich ein milchiges Glühen auf der Bühne erstrahlt. Durch das neuerliche Licht angezogen wie Motten, wenden sich alle Köpfe in diese Richtung. Daraufhin manifestiert sich eine Gestalt in dem Weiß. Sie schwebt fußlos über dem Boden der Bühne und gibt ein leidliches Stöhnen von sich. Auf ihrer Stirn ist ein Loch zusehen, von dem ein Tropfen Blut hinab sickert und doch niemals zu Boden fällt. Die Angst greift erneut um sich, da alle Anwesenden die Gestalt als den Geist von Steven Davis identifizieren, einen Lehrer, der vor genau einem Jahr von einem Unbekannten hier in der Schule erschossen wurde. Bis jetzt gelang es Direktor Moody noch, Ruhe zu bewahren, sachlich eine Lösung für diese Misere zu suchen, doch nun sinkt er kraftlos auf die Knie und starrt den Geist zitternd an. Er war nie ein Mann, der an solche Dinge geglaubt hat, aber jetzt stürzt alles erneut auf ihn nieder. Die Erinnerung an seine über alles geliebte Tochter kommt wieder hoch und wie sehr er sie vermisst. Doch es ist besser so, wie es jetzt ist. Gras soll über die Sache wachsen und dann würden sie sicher auch wieder zusammenfinden. Aber das Erscheinen des Geistes macht ihm schmerzlich klar, dass dem wohl nicht so ist und dass sein Schweigen das Ganze nur noch schlimmer gemacht hat. Statt sich der möglichen Schande zu ergeben, die kein Vergleich mit dem Leid der Anwesenden gewesen wäre, muss er jetzt erkennen, dass Hunderte für seinen Fehler büßen müssen. Trotz dieser Erkenntnis ist er dennoch nicht in der Lage ein Wort herauszubringen. Mit offenem Mund starrt er Davis einfach nur an. Der Geist schwebt wimmernd und seufzend durch die Aula. Stühle fliegen herum und zerspringen krachend auf dem Boden. Schreie dominieren die Luft und Panik überschattet alles. Schließlich fixiert Steven die zitternde Meute, fliegt direkt auf sie zu und dann durch die verschlossenen Türen hindurch. Plötzlich herrscht wieder vollkommene Dunkelheit. Allerdings nur für wenige Sekunden, dann springen die Flügeltüren der Aula plötzlich auf und die eingesperrten Leute fallen haltlos auf den Flur. Wieder frei, realisieren einige der Lehrer und Schüler, dass es Verletzte gibt und sie beginnen zu helfen, während ein Großteil der anderen einfach davonrennt, ohne sich auch nur umzublicken. Nur wenig später ertönen die ersten Sirenen der gerufenen Krankenwagen. Erst als die Sanitäter ihre Arbeit beendet haben und allmählich wieder Ruhe in das Gebäude einkehrt, verlässt auch Direktor Moody die Aula. Er versucht noch immer mit dem Geschehenen fertig zu werden und fragt sich, was er jetzt tun soll. Es muss definitiv etwas getan werden, sonst muss die High-School im schlimmsten Fall schließen und das wäre sein Untergang. Obwohl diese Sache an sich schon sein Todesurteil sein könnte. James hat zwar keine Ahnung von Geistern und will sie auch nicht haben, doch er weiß, dass das Auftauchen eines solchen Wesens nicht einfach zufällig stattfindet und er sich auch nicht wieder in Luft auflösen wird, nur weil er es sich wünscht. Dazu gehört viel mehr, wie er sich eingestehen muss. Doch ist er wirklich bereit dafür? Nachdenklich wandert er den Flur entlang und sieht in den einzelnen Räumen nach, ob sich hier noch irgendjemand aufhält. Es gab inzwischen zwar eine Durchsage, dass das gesamte Schulgelände zu räumen ist und alle nach Hause gehen sollen, aber Kontrolle ist einfach mal besser. Mit einem ziemlich mulmigen Gefühl, von dem er nicht ganz weiß, wo es herkommt, öffnet er das Klassenzimmer, in dem der verstorbene Davis immer unterrichtet hat. Makabrer Weise ist er in diesem Raum auch erschossen worden. Nur zu gut kann sich Moody noch an all das Blut erinnern, das die Wand und die Tafel förmlich überzogen hat, als die großkalibrige Waffe seinen Schädel förmlich gesprengt hat. Und an die Leiche mit ihren Augen, die so viele Fragen zu haben schienen, die ihnen niemand mehr beantworten kann. Wie gelähmt umklammert er den Knauf an der Tür und dreht ihn langsam. Eigentlich will er nur einen kurzen Blick in das Zimmer werfen und dann weitergehen, doch soweit kommt es nicht. Als er die Tür öffnet und durch den Spalt linst, trifft ihn fast der Schlag. Nach dem Attentat wurde das Klassenzimmer verständlicherweise renoviert, sodass nichts mehr darauf hinweist. Aber jetzt sieht es aus, als wäre Davis gerade erst erschossen worden. Blut fließt in dunkelroten Tropfen von der Wand, es scheint förmlich daraus hervor zu sickern. Es perlt über die Tafel, deren Oberfläche an genau der Stelle gesprungen ist, an dem damals die Kugel eingedrungen ist. Leise plätschernd landet der Lebenssaft auf dem Boden und bildet eine groteske Pfütze, in der der Geist hockt, wie damals die Leiche. Kreideweiß sackt Moody gegen die Türzarge und starrt fassungslos auf die Tafel. Auf ihrer grünen Oberfläche werden plötzlich Buchstaben sichtbar. Geschrieben in Blut erscheint dort nur ein einziges Wort: Wahrheit. Er beschert dem Direktor fast einen Herzinfarkt und plötzlich weiß er, was er tun muss. Gut eine halbe Stunde später kommt Ecto-1 auf dem verlassenen Parkplatz der High-School zum Stehen. „Oh Mann, ich hatte gehofft, nie wieder in die Schule gehen zu müssen…“, jammert Peter gespielt. Eigentlich sollte es ein Witz sein, doch keiner der anderen scheint ihn komisch zu finden. Stattdessen sammeln sie ihre Ausrüstung zusammen. Gemeinsam betreten sie das völlig stille Gebäude und werden schon kurz darauf vom Direktor in Empfang genommen, der sie gleich in sein Büro bringt. Kaum zehn Minuten später hat James Moody seine Ausführungen beendet und wartet geduldig darauf, was die Geisterjäger zu sagen haben. „Ich glaube, mich zu erinnern, dass über das Attentat damals auch etwas in der Zeitung stand…“, setzt Raymond nachdenklich an. „So ist es. Ich habe den Artikel hier, falls es ihnen hilft.“, erwidert der Direktor, doch die Jungs beachten ihn im Moment gar nicht. „Es gab auch einen kurzen Bericht im Fernsehen, wenn ich mich richtig erinnere.“, ergänzt Winston. „Stimmt. Aber der Täter wurde nie gefasst. Sie wissen nicht mal, wer es gewesen sein könnte und deswegen wurde das Ganze eingestellt.“, wirft Peter ein. „Hm…“, raunt Egon und schiebt sich die Brille zurecht. „Dann haben wir ja schon mal das Motiv, mit dem diese ectoplasmische Erscheinung hier aufgetaucht ist. Zumal die Tat genau ein Jahr zurückliegt.“ Ein lautes Räuspern ertönt hinter den Jungs und sie wenden sich irritiert zum Direktor herum. „Meine Herren, ich denke, ich kann ihnen in dieser Sache behilflich sein, auch wenn es mir mehr als widerstrebt. Doch in Anbetracht der Gefahr, der alle Schüler und Lehrer derzeit ausgesetzt sind, denke ich, dass es besser ist, die Wahrheit ans Licht zu bringen…“, gibt Moody gepresst von sich. Abschätzend, ja beinahe drohend wirft Egon dem kleineren Mann einen durchdringenden Blick zu. „Wollen sie damit etwa andeuten, dass sie etwas mit dem Tod von Mister Davis zu tun haben?“ Ein schockierter Ausdruck huscht über das Gesicht des Schuldirektors und er hebt abwehrend die Hände. „Nein, nicht er. Aber jemand, der ihm sehr nahesteht, hat die Tat begangen. – Jemand, der hier auf diese Schule ging. – Vielleicht eines seiner Kinder…“, unterbricht Winston den Blonden. Überrascht sehen ihn die anderen drei Ghostbusters an. Moody hingegen lässt resignierend die Schultern hängen. „Ich gebe es nicht gerne zu, doch ihr Kollege hat völlig recht…“ „Na, das ist doch mal interessant!“, gibt Peter von sich. Lässig setzt er sich auf die Kante des großen Schreibtisches, greift nach der Leselampe, schaltet sie ein und dreht ihren Schirm so, dass das Licht direkt in Moody´s Gesicht fällt. Überrascht zuckt der Mann zusammen und hält sich schützend eine Hand vor die Augen. „Ok, Direktorchen! Spucken sie es aus! Was ist wirklich vorgefallen!“, fordert ihn der Brünette mit tiefer Stimme auf. Ray kann sich ein Grinsen kaum verkneifen. Peters böser-Bulle-Nummer ist einfach zu komisch. Dennoch tritt der Mechaniker vor und nimmt ihm die Lampe wieder ab. „Hör auf mit dem Unfug. Er will es doch loswerden, also bring ihn nicht durcheinander.“ Trotz des Tadels, dem er seinem Kollegen zuteilwerden lässt, ist seine Stimme ruhig und sanft. Nur ein Anflug von Neugierde und Tatendrang durchbricht seine Tonlage. Eigentlich würde Venkman jetzt gerne schmollen, allein schon, weil Ray ihm seine tolle Nummer kaputtgemacht hat. Andererseits wertet es sein Spielchen auch wieder auf, da der Rothaarige somit die Nummer des guten Bullen übernimmt und so rutscht Peter einfach von Tisch herunter und lächelt keck, anstatt sich zu ärgern. James ignoriert das Ganze schon fast. Er ist noch viel zu überrascht, dass Winston den Nagel so locker auf den Kopf getroffen hat, obwohl er den Jungs doch noch gar nichts von seinem dunklen Geheimnis verraten hat. Seufzend lässt er die Schultern hängen und beginnt schließlich zu erzählen. „Ich habe nur ein Kind, eine Tochter. Sie heißt Pauline. Nach dem Tod meiner Frau vor vier Jahren, war sie alles, was mir noch geblieben ist. – Doch ohne ihre Mutter schien sie mir immer mehr zu entgleiten. Äußerlich hat sie sich nicht verändert, war immer adrett und ordentlich. Sie hat sich auch keiner Gang oder dergleichen angeschlossen. Dennoch erschien sie mir verändert. – Wir haben noch nie gern über die Schule geredet, obwohl sie immer eine gute Schülerin war. Doch nach dem Tod meiner Frau hatte ich das Gefühl, dass das Lernen für sie immer mehr an Bedeutung verliert. Als Direktor war es für mich nicht schwer, einen Blick in ihre Akte zu werfen und so bestätigten sich meine Befürchtungen, dass sie wohlmöglich nicht versetzt wird. Allerdings rang sie jeden Versuch nieder, mit ihr darüber zu reden. Sodass ich beschloss, es gut sein zu lassen. Wenn sie auf die Nase fällt, wird sie vielleicht wieder vernünftig, habe ich mir gesagt. Die Zeugnisausgabe rückte immer näher und die Noten mussten festgemacht werden. Die Lehrer haben Gespräche mit den Schülern durchgeführt, um ihnen eine letzte Chance zu geben, ihre Note noch zu ändern und Mister Davis sagte mir im Vertrauen, dass er mit meiner Tochter reden müsse. Nach dem Unterricht ging sie zu ihm. Die meisten Schüler waren längst nach Hause gegangen und ich habe in meinem Büro gearbeitet. – Plötzlich ertönte dieser laute Knall, bei dem es sich nur um eine Pistole handeln konnte. Ich bin Sportschütze, müssen sie wissen, daher weiß ich, wie sich so eine Waffe anhört. – Ich bin aus meinem Büro gestürmt. Doch als ich beim Klassenzimmer ankam, fand ich nur die Leiche von Mister Davis. Von Pauline fehlte jede Spur. – Der Polizei gegenüber habe ich nicht erwähnt, dass meine Tochter ein Treffen mit ihm hatte und da so etwas auch sehr persönlich ist, weiß im Allgemeinen auch sonst niemand davon. Als ich endlich nach Hause kam, fand ich eine Nachricht von Pauline, dass nun alles in Ordnung sei und ich mir um ihre Versetzung keine Sorgen mehr machen müsse. Ich fand sie schließlich in ihrem Zimmer und sie hat mir gestanden, was sie getan hat. Ich kann von Glück sagen, dass sie so schlau war, sich selbst eine Pistole zu besorgen, anstatt eine von meinen zu nehmen, die die Polizei mit Sicherheit identifiziert hätte. – Gemeinsam haben wir dann beschlossen, dass es besser wäre, wenn sie untertauchen würde, damit sie nicht ins Gefängnis kommt…“ „Und wo ist sie jetzt?“, fragt Egon. Schuldbewusst weicht James seinem durchdringenden Blick aus und lässt die Schultern hängen. „In Kanada. - Wo genau, kann ich aber nicht sagen. – Seit sie weggegangen ist, habe ich sie nur ein einziges Mal gesehen. Wir schreiben uns nicht und telefonieren tun wir auch nicht. Ich weiß nur, dass sie irgendwo im Wald allein in einer Hütte lebt – unter falschem Namen, versteht sich…“ „Kanada? Na wunderbar! Liegt ja gleich um die Ecke…“, motzt Peter. Auch ohne, dass es ein anderer erwähnt, ist ihm klar, dass sie das Mädchen finden müssen, damit der Geist wieder verschwindet. Klar könnten sie ihn auch einfach einfangen und gut ist, aber das würde bedeuten, dass dieser unschöne Mord wohlmöglich weiterhin ungesühnt verstreicht und das geht Venkman doch ziemlich gegen den Strich. Als würden seine Kollegen seine Gedanken kennen, schenken sie seinem Ausspruch keinerlei Beachtung. Einzig Winston wirft ihm einen mahnenden Blick zu. „So wie ich das sehe, gibt es in diesem speziellen Fall nur eine einzige Lösung, meine Herren. Wir müssen das Mädchen finden und zu einem Geständnis bewegen, damit Mister Davis seine Ruhe finden kann.“, unterbricht der Tüftler die nachdenkliche Stille. „Das stimmt. Daher wäre es gut, wenn sie uns jetzt das Klassenzimmer zeigen könnten, indem der Mord passiert ist, Mister Moody.“, kommt es von Raymond. „Selbstverständlich. Kann ich sonst noch etwas tun, um ihnen zu helfen?“ „Wäre nett, wenn sie nicht das Weite suchen würden, solange wir in Kanada sind, da auf sie auch eine Strafe wartet.“, erwidert ihm Winston. „Sie können mir glauben, das hatte ich sicher nicht vor. Ich bin froh, wenn das Ganze endlich vorbei ist. – Aber vielleicht besteht ja die Möglichkeit, dass sie mich mit nach Kanada nehmen, damit ich meine Tochter sehen kann…?“ Frech grinst ihm Peter entgegen. „Die Idee finde ich gar nicht mal schlecht. Sie können den Flug dahin bezahlen. Doch bedenken sie, dass wir eine Maschine für uns allein brauchen, damit wir unsere Ausrüstung und das Auto mitnehmen können. Wird also nicht billig und unseren Einsatz müssen sie selbstverständlich auch bezahlen und das noch bevor die Handschellen klicken!“ Eindringlich mustert ihn der Brünette. Zuerst hält Moody das Ganze für einen morbiden Scherz, hat er doch schon bemerkt, dass Peter zu Späßen aufgelegt ist. Allerdings liegt ein seltsames Funkeln in den dunklen, grünen Augen des Anführers, dass ihm schnell klarmacht, dass er es jetzt völlig ernst meint und auch von den anderen dreien kommen keine Einwände. „Oh, äh ja. – Ich kenne einen Fluglehrer, der hat vielleicht die richtige Maschine dafür. Wenn ich sie zum Klassenzimmer gebracht habe, werde ich ihn gleich anrufen. Und dann werde ich mein Bankkonto auflösen, das wird sicher reichen, um die Rechnung zu begleichen…“ Diese Worte sind Musik in Peters Ohren, auch wenn er irgendwo tief in sich Mitleid mit diesem Mann empfindet. Dennoch lässt er sich davon nichts anmerken und setzt noch einen nach, damit der Direktor nicht doch noch auf dumme Gedanken kommt. „Das wird sich zeigen. Aber das Geld wird noch das Geringste sein, was sie heute bezahlen werden!“ Hart schluckt Moody. Das merkwürdige Funkeln in Venkmans Augen hat noch zugenommen und lässt ihn auf unangenehme Weise bedrohlich wirken. Nervös räuspert sich der Direktor und führt die Geisterjäger dann zu dem Klassenzimmer. Als die Ghostbusters den Raum betreten, erscheint er ihnen wie jedes andere Klassenzimmer auf der Welt. Tische und Stühle stehen in ordentlichen Reihen hintereinander, an den Wänden hängen Landkarten und Bilder, die die Schüler gemalt haben. Verschiedene heimische Heilpflanzen und Kräuter reihen sich auf einem Regal und strecken ihre Blätter und Blüten in Richtung der Fenster. Auf einem niedrigen Schrank steht ein großer Hamsterkäfig, dessen Bewohner in Anbetracht der baldigen Sommerferien ein kurzweiliges Zuhause bei einem Schüler gefunden haben. Hinter dem Lehrerpult erstreckt sich die unversehrte, grüne Tafel, deren einziger Makel aus weißen Kreideschlieren besteht. Nichts deutet auf etwas Ungewöhnliches hin. Dennoch zieht es James vor, sich wieder in sein sicheres Büro zu verkriechen und zu telefonieren. Allein gelassen blicken sich die Jungs um und entdecken doch nicht Merkwürdiges. Prüfend holt Egon sein PKE-Gerät hervor und schaltet es ein. Die Nadel pendelt sich schnell auf dem Nullpunkt ein und auch die freischwingenden Antennen verharren ruhig. Kein Ton kommt von dem Gerät. „Hm. Der Geist scheint sich verzogen zu haben…“, erläutert der Tüftler. Doch noch ehe er den Gedanken weiter ausführen kann, schnellt die Nadel in den roten Bereich der Anzeige. Aufgeregt beginnen die Antennen auszuschlagen und ein schrilles Piepsen unterstreicht das Ganze noch. Kaum eine Sekunde später beginnt das Licht im Klassenraum zu flackern. Kurz darauf stehen die Jungs ganz im Dunkeln, da die Rollos gegen die Sommerhitze heruntergelassen sind und auch das Licht auf dem Flur erlischt. Erschrocken stehen die Jungs beieinander, als ein leiser Knall ertönt. Es ist unmöglich, zu sagen, was es war, doch es hört sich an, als würde in weiter Ferne eine Kugel abgefeuert. Dann endlich geht das Licht wieder an und bestätigt die Vermutung. Auf der glatten Oberfläche der Tafel ist nun ein Einschussloch zu erkennen. Feine Splitter liegen auf dem Boden verteilt. Geistesgegenwertig schaltet Egon das PKE-Gerät ab, wodurch es wieder still im Raum wird. Einzig das nervöse Atmen der Geisterjäger ist noch hörbar. Gerade als sie denken, dass der Spuk damit ein Ende hat, ist die Luft plötzlich erfüllt vom schweren Geruch frischen Blutes. Der Duft ist so durchdringend, dass den vieren schlagartig schlecht wird. „Gott, hier riecht´s ja wie im Schlachthaus…“, gibt Peter würgend von sich. Er hat den Satz kaum beendet, da quillt der rote Lebenssaft massenhaft aus der Tafel, läuft daran herunter und tropft klangvoll zu Boden. Schnell bildet sich eine Pfütze auf dem Linoleum, die sich langsam zum Lehrerpult vorarbeitet. Über dem Einschussloch in der Tafel erscheinen zittrige Buchstaben im Blut, die ein einziges Wort bilden: Wahrheit. „Das ist ja unglaublich…“, durchbricht Ray´s Stimme die erdrückende Stille. Sie ist nicht ganz fest, doch es ist unmöglich zu sagen, ob aus Furcht oder vor Aufregung. Gespannt warten die Jungs darauf, dass sich nun auch der Geist zeigt, wie er es zuvor bei Moody getan hat, doch nichts dergleichen passiert. Vielleicht ahnt das Wesen, dass ihm diese Männer gefährlich werden könnten und er so seine Botschaft nicht mehr verbreiten kann? Gewollt oder nicht vermittelt Peter in diesem Moment genau dieses Gefühl. „Hey Geist! Komm raus, wir haben ein hübsches Geschenk für dich!“, gibt er von sich und zieht seinen Strahler. „Nicht doch! Du verschreckst ihn doch!“, fährt Winston ihn an. „Weißt du eigentlich wie dämlich das klingt? Einen Geist verschrecken?“, erwidert Venkman sarkastisch. „Das ist gar nicht so weit hergeholt, Peter. Etliche Sorten von Geistern sind äußerst schreckhaft…“, erklärt Egon. „Ja und außerdem wollen wir ihn doch nicht einfangen, um ihn wegzusperren. Hast du das vergessen?“, erwidert Raymond. „Nein, hab ich nicht. Aber was sollen wir denn dann machen?“, harscht der Brünette ihn an. „Nett mit ihm reden…?“, schlägt der Mechaniker vor. „Na, dann mal viel Glück, Mister Einfühlsam!“, zieht Venkman ihn auf. „Wenn es nicht klappt, dann nur, weil du hier so eine Show abziehst!“, fährt Winston ihn an. Kindisch streckt Peter ihm die Zunge heraus und erntet dafür einen zornigen Blick von dem Bauarbeiter. Die Luft zwischen den beiden Männern ist mindestens so dick, wie der Blutgestank. „Meine Herren, etwas mehr Professionalität, wenn ich bitten darf!“, mahnt sie der Tüftler mit leichtem Augenrollen. Widerwillig lassen die beiden voneinander ab und alle Augen richten sich abwartend auf Ray. „Oh…“, gibt der Mechaniker von sich, als ihm klar wird, dass er seinen Vorschlag jetzt auch in die Tat umsetzen muss. Etwas nervös tritt er weiter in das Klassenzimmer hinein. Der Geruch von Blut erschlägt ihn fast. Gleichzeitig ist er von dieser Intensität völlig fasziniert. Beinahe hilfesuchend blickt er sich nach seinen Kameraden um, doch sie schauen ihn nur erwartungsvoll an. Ray atmet einmal tief ein und aus. Allerdings veranlasst ihn die dicke Luft dann krampfhaft zu schlucken, damit er sich nicht übergeben muss. Ziellos blickt sich der Mechaniker noch einmal in dem Klassenzimmer um, in der Hoffnung einen Anhaltspunkt von dem Geist zu bekommen. Im Grunde weiß er aber überhaupt nicht, warum er so nervös ist. Immerhin ist es ja nicht das erste Mal, dass er mit einer solchen Lebensform kommuniziert und er hat auch schon bei weitem Schlimmeres hinter sich bringen müssen. Wahrscheinlich ist es aber einfach nur die Tatsache, dass hier ein Mord geschehen ist und der Geist es nun so aussehen lässt, als wäre es gerade erst passiert. Es fällt Raymond sehr schwer, diese Tatsache irgendwie zu verdrängen, wo er doch förmlich im Blut des einstigen Lehrers steht. Dennoch kämpft sich das Gefühl, ihm helfen zu wollen seinen Frieden zu finden, immer stärker hervor und so gelingt es ihm doch noch die Stimme zu erheben. „Mister Davis? Sind sie da? – Wir wissen, dass sie hier sind und wir wissen auch, was ihnen zugestoßen ist. – Wir wollen ihnen nichts tun, sondern nur helfen, damit sie ihren Frieden finden…“ In seiner Stimme liegt so viel unschuldige Ehrlichkeit, dass er in diesem Moment wahrschlich sogar Kühlschränke an Eskimos hätte verkaufen können, doch es regt sich nichts. Auf Ray´s Gesicht zeichnet sich eine traurige Betroffenheit ab, die ihn aussehen lässt, als würde er kurz davorstehen, in Tränen auszubrechen. Er gibt ein leidliches Seufzen von sich und versucht es erneut. „Mister Davis, bitte! Direktor Moody hat uns erzählt, dass seine Tochter die Tat begangen hat und wir wollen sie aufsuchen, damit alles richtiggestellt werden kann. Aber…“ Seinen letzten Gedanken kann er nicht mehr aussprechen, da das Licht plötzlich wieder zu flackern beginnt. Kurz darauf stehen die Jungs erneut im Dunkeln. Ein seltsames Geräusch ertönt in der Finsternis, dass entfernt an einen sehr großen Schwamm erinnert, der sich mit Flüssigkeit vollsaugt. Als das Licht wiederkommt, ist die Luft nicht mehr erfüllt vom schweren Blutgeruch und das Klassenzimmer sieht wieder völlig normal aus. „Mister Davis…?“, fragt Ray hoffnungsvoll. Vor seinen Augen beginnt die Luft leicht zu flimmern und zaghaft manifestiert sich ein Umriss. Er wird deutlicher, bis der Körper des Geists vollständig sichtbar ist. „Ihr – ihr wollt mir wirklich helfen und mich nicht irgendwie wegsperren?“, fragt Steven ängstlich und schwebt ein Stück zurück, um etwas mehr Abstand zu gewinnen. „Ich entnehme ihren Worten, dass sie durchaus mit unserer Arbeit vertraut sind…“, wirft Egon ein. „Ja, etwas. – Im Biounterricht habe ich mit den Schülern auch über ein mögliches Leben nach dem Tod gesprochen und dafür habe ich eure Arbeit ein bisschen verfolgt. Daher weiß ich, dass ihr die Geister für gewöhnlich einfangt und dann in einen Container sperrt…“ Davis schwebt noch ein Stück zurück. „Das entspricht der Wahrheit. Doch dieses Schicksal ereilt für gewöhnlich nur die bösen Geister, die Chaos und Zerstörung anrichten. Allerdings denke ich nicht, dass sie zu dieser Art Wesen gehören.“, führt der Tüftler weiter aus. „Nein, ganz sicher nicht. Ich will niemanden verletzen. Ich will ja nicht einmal, dass die Leute Angst vor mir haben, doch das lässt sich wohl nicht vermeiden. – Es tut mir schrecklich leid, dass meinetwegen die Lehrer und Schüler in der Aula verletzt wurden…“ Eine Träne kullert über die Wange des Geists und macht deutlich, wie sehr er unter dieser Tatsache leidet. „Sie brauchen sich keine Vorwürfe zu machen. Niemand wurde ernsthaft verletzt und die Meisten sind auch schon wieder zu Hause.“, versucht Winston ihn zu beruhigen. „Oh, das ist gut. – Ich denke, ich weiß nicht sonderlich viel über Geister. Ich hatte immer die Vorstellung, dass ein Geist geboren wird, wie ein Tier – mit gewissen Instinkten, meine ich. Doch es ist nicht so. Ich kam mir so hilflos vor und wusste überhaupt nicht, was ich machen soll oder kann. Es war, als würde man versuchen aus einem Rollstuhl aufzustehen und das Gehen neu zu lernen, ohne zu wissen, dass man vorher einmal gehen konnte…“ Etwas schüchtern tritt Peter vor, da ihm irgendwie bewusst ist, dass er dem Geist wohl die meiste Angst eingejagt hat. „Bei manchen Geisterwesen trifft das mit Sicherheit zu, doch nicht für die, die so brutal aus dem Leben gerissen wurden. Aber es ist toll, dass sie uns das so ausführlich berichten können. Das hilft auch uns, besser zu arbeiten. Die meisten Geister sind nicht gerade gesprächig.“ „Das kann ich mir vorstellen. – Ich finde es wirklich erschreckend, dass James weiß, was vorgefallen ist. Aber ich wäre doch sicher nicht hier, wenn das Ganze seinen gerechten Weg gegangen wäre, oder?“, fragend blickt Steven die Jungs an. „Das stimmt. Doch Mister Moody hat es vorgezogen, das Ganze zu vertuschen und seine Tochter wegzuschicken.“, erklärt Raymond. „So etwas hätte ich nie von ihm gedacht. Aber nach dem Tod seiner Frau hat er sich immer mehr zurückgezogen, hatte ich das Gefühl. Wisst ihr denn, wo sich Pauline aufhält?“ „Moody hat sie nach Kanada geschickt, doch wo genau sie sich da aufhält, weiß er auch nicht. Er meinte nur, in einer Hütte irgendwo im Wald.“, wirft Peter missmutig ein. „Aus diesem Grund brauchen wir auch ihre Hilfe. Viele Geisterwesen reagieren sehr empfindlich auf ihre Umwelt. Auf bestimmte Personen, Geräusche, Gerüche, die sie an ihr früheres Leben erinnern. Ich gehe davon aus, dass es bei ihnen genauso ist und sie die Anwesenheit ihres Mörders spüren werden, wenn wir uns nähern. Daher wäre es wünschenswert, wenn sie uns begleiten.“, erwidert Egon. „Oh, ich weiß nicht, ob ich das kann. Doch ich will es versuchen, wenn es hilft.“ Langsam kommt Davis wieder etwas näher, fasst Vertrauen. „Wenn wir es schaffen, sie zu finden und dazu zu bewegen, sich der Polizei zu stellen, können sie ihre jetzige Form verlassen und ihren Frieden finden und dann gibt es für uns auch keinen Grund mehr, sie wegsperren zu müssen.“ Sanft lächelt der Mechaniker ihm entgegen. „Das wäre wirklich wundervoll. – Es bereitet mir zwar schreckliche Vorwürfe, dass Leben dieses jungen Mädchens noch mehr auf den Kopf zu stellen, aber ich will auch nicht dazu verdammt sein, immer wieder den Leuten Angst einzujagen…“, traurig lässt Steven die Schultern hängen. „Machen sie sich darüber mal keine Gedanken. Pauline hat ihr Leben schon selbst versaut und sie macht sich mit Sicherheit genauso viele Vorwürfe. Und wenn sie mich fragen, kann sie echt froh sein, dass sie hier aufgetaucht sind und nicht sie heimsuchen. Dann könnten wir vielleicht gar nicht helfen.“, versucht Venkman ihn aufzumuntern. Davis schenkt ihm ein kleines Lächeln, was auch Peter etwas fröhlicher stimmt. „Wann brechen wir denn auf?“, fragt Steven schließlich. „Mister Moody ist gerade dabei ein Flugzeug für uns zu organisieren. Sobald es einsatzbereit ist, können wir los.“, erläutert Winston. „Eine kleine Sache gibt es aber noch. Mister Moody wird uns begleiten und aus Sicherheitsgründen müssten wir sie bitten, sich von uns einfangen zu lassen. – Sobald wir dann in Kanada sind, würden wir sie wieder freilassen, damit sie uns bei der Suche nach Pauline helfen können…“, gesteht Ray vorsichtig und holt langsam die Falle hervor. Erschrocken zieht Steven die Luft ein und weicht ein ganzes Stück zurück. Ängstlich betrachtet er den kleinen Kasten, der dem Einfangen von Geistern dient. „Ich verstehe durchaus, warum das nötig ist. Doch, tut es weh? Ich meine – oh…“ Wäre es Davis möglich, vor Angst bleich zu werden, dann wäre er jetzt wohl so weiß wie die Tafelkreide. Verhalten räuspert sich Egon. „Ich will sie keines Falls anlügen, Mister Davis. Die Falle zerlegt ihren ectoplasmischen Körper in seine Bestandteile und das ist sicherlich kein so angenehmes Gefühl, wenn ich das mal auf das verzweifelte Verhalten der Geister zurückführe, die wir bisher eingefangen haben. Doch wenn die Falle versiegelt, setzt sich ihr Körper wieder zusammen und ich war bei der Konstruktion des Gehäuses sehr darauf bedacht, dass sich die Geister auch wohlfühlen, wenn man das so ausdrücken kann. Es sollte die Geister zumindest beruhigen, bis wir sie in den Container überführen.“ „Ihre Ehrlichkeit ist wirklich bewundernswert, Dr. Spengler. Und so eine Antwort habe ich auch schon befürchtet, doch mir bleibt wohl keine andere Wahl…“ „Vielleicht tröstet es sie ja, dass wir sie nicht mit Protonenstrahlen beschießen müssen, wenn sie freiwillig in die Falle hüpfen. Das würde dann wirklich wehtun…“, entgegnet ihm Peter. Entgeistert blickt Steven ihn an und auch die drei anderen schenken Venkman einen mahnenden Blick. „Was denn? Ich wollte doch auch nur ehrlich sein…“, versucht sich der Brünette zu verteidigen. „Ist ja prima, aber schon mal was von Taktgefühl gehört?“, erwidert Winston angesäuert. „Ok, schon gut, das war mies und es tut mir leid. Besser so?“, motzt Peter zurück. „Bitte, streitet euch nicht meinetwegen. Es ist schon in Ordnung und ich versuche auch, euch keine Probleme zu machen…“, greift Davis ein. Mit einem Seufzen schwebt er zu Ray hinüber, der die Falle auf dem Boden abstellt. Als sich der Geist direkt darüber befindet, betätigt der Mechaniker den Auslöser und die Falle öffnet sich in einem gleißenden Lichtkegel. Das glühende Weiß umfängt den überraschten Lehrer. Er spürt, wie die heftige Energie an ihm zieht und er dem nichts entgegenbringen kann. Er versucht gar nicht dagegen anzukämpfen. Stattdessen lässt er sich einfach fallen. Ein erstickter Schmerzlaut entkommt seiner Kehle, während er in die Falle gesaugt wird. Ruckartig verschließen sich die Klappen und das Licht erlischt. Elektrische Blitze zucken über die Oberfläche der Falle, bis sie schließlich verriegelt und den Geist einschließt. Langsam hebt Raymond die Falle wieder auf. Ein betroffener Ausdruck ziert sein Gesicht. „Denkst du, es geht ihm da drin gut?“, fragt er Egon hoffnungsvoll. Der Blonde schiebt sich die Brille auf die Nase und sieht ihn fest an. „Ich würde es mal vermuten. Doch ehrlich gesagt habe ich mir darüber noch keine so großen Gedanken gemacht. Immerhin sollen die Geister da drin ja keine Ferien machen. Aber wenn es dich beruhigt, kannst du ihn nachher ja fragen, wenn wir ihn wieder rauslassen.“ Geschlagene sieben Stunden später landet die Maschine des Fluglehrers auf dem Edmonton National Airport im kanadischen Bundesstaat Alberta. Dieser Ort erschien den Geisterjägern als logischer Startpunkt für ihre Suche, da es in Alberta ein riesiges, unbewohntes, ja sogar namenloses Waldgebiet gibt, in dem sich so gut wie kein Mensch verirrt. Nach weiteren vier Stunden Autofahrt erreichen sie den kleinen Ort Conklin, der mit seinen kaum mehr als hundertfünfzig Seelen, direkt an den Wald grenzt. An der einzigen Tankstelle des winzigen Orts fragt Moody, ob jemand seine Tochter kennt. Gegen eine kleine Aufwandsentschädigung ist der Tankwart durchaus bereit, ihm zu antworten. Laut seiner Aussage wohnt sie tatsächlich in einer Hütte tief im Wald. Er kann ihnen eine ungefähre Richtung angeben, doch genau kann er es nicht sagen, da der Wald sehr dicht ist und teilweise ziemlich unwegsam. Das Ganze hilft zumindest etwas und den Rest wird dann hoffentlich Davis Gespür hinbekommen. Die Geisterjäger lassen Ecto-1 an der Tankstelle zurück und machen sich mit ihrer Ausrüstung auf den Weg. Angespannt folgt ihnen Moody. Als sie den Wald betreten haben und die Tankstelle nicht mehr in Sichtweite ist, stellt Raymond die Falle auf den dicken Nadelteppich, der den Waldboden bedeckt. Um sie herum stehen dicht an dicht hohe Fichten und anderes Nadelgehölz. Obwohl die Dämmerung noch nicht eingesetzt hat, ist es hier erschreckend dunkel. Nur an wenigen Stellen dringt Sonnenlicht zum Boden durch. Ein schmaler Pfad ist zwischen dem Bodenbewuchs sichtbar, den Pauline vielleicht benutzt, um in den nächsten Ort zu kommen. Mit einem unguten Gefühl beobachtet James, wie Raymond die Falle öffnet und sich der Geist von Davis manifestiert. Als er hörte, dass sie mit ihm reisen, war ihm ganz mulmig und nun ist es noch weit schlimmer. Die Schuldgefühle zerfressen ihn fast. Langsam streckt sich Steven und blickt sich um. „James…“, gibt er von sich. „Steven…“, erwidert Moody. Eine ganze Weile blicken sich die beiden Männer einfach nur an, wissen nicht so recht, was sie mit ihrem Gegenüber anfangen sollen. „Es wird bald dunkel…“, wirft Winston schließlich ein. Davis wird sich wieder seiner Aufgabe bewusst und wendet sich von seinem ehemaligen Kollegen ab. „Ist alles in Ordnung? Haben sie die Reise gut überstanden?“, fragt Ray nun neugierig. „Oh ja. Nachdem ich eingesaugt war, ging es mir viel besser. Doch dieses Licht war wirklich unangenehm. Ich war allerdings erstaunt, dass ich all eure Gespräche hören konnte und den Lärm des Flugzeugs…“, berichtet Steven. „Das hatte ich vergessen zu erwähnen. Die Fallen sind nicht schalldicht, aber so hätten wir sie im Ernstfall auch hören können.“, entschuldigt sich der Mechaniker etwas. „Halb so schlimm. – Und jetzt sind wir in dem Wald, indem sich Pauline aufhalten soll?“ „Richtig. Können sie irgendetwas spüren, dass auf ihre Anwesenheit zurückführen könnte?“, fragt Egon. Konzentriert schwebt der Geist etwas in die Höhe und überfliegt einen Radius in der Nähe. „Das ist wirklich schwierig und ich bin mir nicht sicher, doch ich glaube, es geht da lang…“ Unsicher deutet Steven den schwach ausgetretenen Pfad entlang. „Na wenigstens etwas. Lasst uns gehen, solange wir noch etwas sehen können. Wenn wir die Taschenlampen brauchen, verraten wir uns vielleicht. – Sagen sie Bescheid, wenn das Gefühl deutlicher wird, Mister Davis. Und sie, Moody, bleiben dicht bei uns, nicht das wir sie hier noch verlieren.“, weist Peter sie alle an. Gemeinsam machen sie sich auf den Weg und versuchen den Pfad im Auge zu behalten. Ab und an schwebt Steven etwas vor und versucht sich zu orientieren, doch sein Gefühl lenkt sich weiterhin auf den Pfad aus, was die Jungs irgendwo beruhigend finden, da sie sich so auf dem Rückweg wenigstens nicht so leicht verlaufen können. Sie sind kaum eine halbe Stunde unterwegs, da erschlägt sie die Dunkelheit förmlich. Laut Uhrzeit dürfte es noch gar nicht so dunkel sein, aber das dichte Dach der Bäume schluckt einfach alles. Der Weg ist nicht mehr zu sehen, doch noch weigern sich die Jungs, ihre Taschenlampen einzuschalten. Davis schwebt näher am Boden und sein weißlich, glühendes Ektoplasma spendet doch noch etwas Licht. So kommen sie eine weitere Stunde gut voran, ehe Steven plötzlich abrupt stoppt. Wie erstarrt hält er inne und blickt in die Dunkelheit vor sich hinein. „Was ist los?“, fragt Winston. „Wir sind sehr nahe, denke ich. – Ja, ich kann Pauline deutlich spüren!“, entkommt es dem Lehrer. Angestrengt blicken die Anwesenden in die Schwärze hinein und tatsächlich, in der Ferne ist ein kleiner Lichtpunkt zu erkennen, der mit Sicherheit zu ihrer Hütte gehört. Mit ihm vor Augen setzt sich die Truppe wieder in Bewegung. Nach einer weiteren halben Stunde lassen sich weitere Lichtpunkte erkennen, die deutlich nähergekommen sind. Bald darauf zeichnet sich zwischen den Bäumen der dunklere Umriss einer Blockhütte ab, durch deren Fenster ein warmes Licht scheint. Unweit der Hütte sammeln sie sich alle. Die Aufregung ist Moody deutlich anzusehen und auch Davis wirkt mehr als nervös. „Wie sollen wir jetzt vorgehen?“, fragt Raymond. „Schicken wir doch Davis zu ihr!“, scherzt Peter. „Das ist nicht komisch, Dr. Venkman!“, erwidert Steven mit verschränkten Armen. Venkman zuckt nur mit den Achseln. „Vielleicht ist es besser, wenn ich zu ihr gehe…“, schlägt Moody vor. „Das hört sich vernünftig an. Sie wird zwar überrascht über ihr plötzliches Auftauchen sein, aber es wird ihr weit weniger Angst machen, als wenn einer von uns es tun würde.“, erläutert Egon ruhig. „Bringen sie sie dazu hinauszukommen, damit wir auf neutralem Boden reden können.“, ergänzt Winston. Verstehend nickt James und nähert sich mit einem tiefen Seufzen der Hütte. Bedächtig klopft er an die dicke Holztür. Von drinnen ertönt ein überraschtes Poltern, dann Stille. Moody kann sich nur zu gut vorstellen, wie erschrocken seine Tochter jetzt sein muss, dennoch bleibt ihm keine andere Wahl. Zum wiederholten Mal klopft er an die Tür. „Pauline? Hier ist Daddy, bitte mach auf.“ Im Innern ertönen abermals Geräusche. Eine Gardine bewegt sich zaghaft und dann öffnet das Mädchen die Tür. „Dad? Was machst du denn hier und wie hast du mich überhaupt gefunden?“, fragt sie aufgebracht und blickt sich hektisch draußen um. „Wir müssen reden, Pauline und ich möchte, dass du mir aufmerksam zuhörst.“ Eine gewisse Strenge schlägt sich in James´ Stimme nieder. Schließlich erzählt er ihr, was alles in der Schule vorgefallen ist. Selbstverständlich fällt es ihr schwer, das zu glauben. Sie hält ihren Vater einfach nur für verrückt. Er hat sich irgendwas Komisches ausgedacht, damit sie ein schlechtes Gewissen bekommt und sich der Polizei stellt, ganz klar. Obwohl ihm das ja recht spät einfällt. Abwehrend verschränkt sie die Arme vor der Brust. „Auf so einen billigen Trick fall ich nicht rein. Denkst du eigentlich, ich bin total dämlich?“, erwidert sie ihm kalt. „Das denke ich natürlich nicht, mein Schatz. Doch es ist wahr und ich kann es auch beweisen.“, setzt James an. „Na da bin ich aber mal gespannt.“, höhnt sie. Moody seufzt tief und schickt ein Zeichen in die Dunkelheit. Mit nicht gerade viel Interesse wendet Pauline den Blick in diese Richtung. Sie weiß beim besten Willen nicht, was sie jetzt erwarten soll, daher ist sie schon ein wenig überrascht, als vier Männer aus dem dichten Wald treten und sich zu ihnen gesellen. Nach einigen Augenblicken erkennt sie, dass es sich bei ihnen um die Geisterjäger handelt. Von den Burschen hat sie schon einiges gehört, doch sie hält sie schlichtweg für Spinner, die ahnungslose, verängstigte Leute ausnehmen. „Ok, wie viel hat mein Vater springen lassen, damit ihr mir Angst einjagt?“, fragt sie keck. „In Anbetracht dessen, dass dein alter Herr die Nacht im Knast verbringen wird, würde ich mal sagen, er hat mehr bezahlt, als du verdienst, Mädel.“, erwidert Peter im selben, kecken Ton. „Pah! Mir doch egal. Ihr seid doch nur ein Haufen Spinner!“ „Zügel lieber dein Mundwerk, junge Dame. Dir blüht eine viel größere Strafe und du machst deine Lage nur noch schlimmer.“, wirft Winston ein. „Ihr glaubt doch nicht allen Ernstes, dass ich mich selbst stelle, oder?“ „Es würde das Ganze auf jeden Fall erleichtern.“, erwidert Egon ruhig. „Vergesst es und jetzt verschwindet von meinem Grund und Boden!“, erzürnt wendet sich das Mädchen ab und will wieder in der Hütte verschwinden. Doch plötzlich hält sie inne. Ihre Hand krampft sich um den Türknauf. Mit weitaufgerissenen Augen und offenem Mund steht sie da und versteht überhaupt nicht, was auf einmal los ist. In ihrem Kopf scheint plötzlich eine Art Vakuum zu herrschen, dass jeden Gedanken im Keim erstickt. Kurz darauf schwebt der Geist des ermordeten Lehrers aus ihrem Kopf heraus. „Es tut mir leid, wenn ich dir damit zu nahegetreten bin, Pauline. Aber ich hielt es für durchaus angebracht.“, entschuldigt sich Davis für sein Tun. Völlig verständnislos betrachtet das Mädchen das weißschimmernde Wesen vor sich. In ihrem Gesicht arbeitet es, dann verfinstert es sich. „Wenn das ein billiger Trick ist, dann finde ich ihn unglaublich geschmacklos!“, streng mustert sie die Geisterjäger, denen sie so eine Untat durchaus zutraut. „Das ist kein Trick, sondern eine vollkommen reale, ectoplasmische Erscheinung der dritten Sorte. Doch sie ist entgegen aller Mutmaßungen verhältnismäßig unbedarft.“, entgegnet ihr Egon. Irritiert blickt die Teenagerin ihn an. „Wie bitte?“ Steven räuspert sich. „Ich denke, was Dr. Spengler sagen will, ist, dass ich ein echter Geist bin, wenn man das so nennen kann. Doch ich bin nicht gefährlich. Ich will schlichtweg Gerechtigkeit, damit ich meinen Frieden finden kann.“ Wehmütig betrachtet Davis seine ehemalige Schülerin. Ungläubig mustert sie das Wesen vor sich, umrundet es langsam und streckt dann vorsichtig die Hand danach aus. Sie taucht ins weiße Nichts ein und doch scheint dort etwas zu sein. Die Luft fühlt sich viel kälter an und irgendwie feucht, fast schon klebrig. Erschrocken zieht Pauline die Hand zurück. „Das – das ist wirklich echt!?“, so ganz glauben kann sie es nicht, doch es spricht alles dafür. Kraftlos sinkt sie auf die Knie herab und starrt den Geist vor sich an, der sie mit einem leidlichen Blick betrachtet. „Bin ich jetzt verflucht oder so etwas? Wirst du mich jetzt heimsuchen, bis ich völlig verrückt werde?“, fragt sie unbeholfen. Vielleicht akzeptiert sie jetzt die Tatsache mit einem Geist zu sprechen, doch jeglicher Respekt, den sie wohlmöglich mal vor ihrem Lehrer hatte, ist verschwunden, so dass sie ihn nicht mehr Siezen kann. Sanft, nicht mehr als ein Hauch kühler Luft, legt sich Stevens Hand auf ihre Schulter. „Nein, das werde ich nicht und du wirst auch nicht verrückt. Ich möchte nur, dass du die Wahrheit sagst, damit ich diese Gestalt verlassen kann. – Ich weiß, dass ist sehr schwer und die Aussicht, jahrelang im Gefängnis sitzen zu müssen, ist nicht gerade verlockend für ein so junges Mädchen. Doch es ist die einzige Möglichkeit unser beider Gewissen reinzuwaschen…“ Lange blickt Pauline ihn an, denkt dabei über das letzte Jahr nach, dass sie völlig abgeschieden von der Außenwelt in diesem Wald verbracht hat. Wie einsam und verängstigt sie sich gefühlt und wie sehr sie nach einem Ausweg gesucht hat. Langsam schlägt sie die Augen nieder und eine einzelne Träne rinnt ihre Wange hinab. „Was hab ich nur getan?“, fragt sie zittrig. „Das einzige, dass du in diesem Moment für richtig hieltest, denke ich. Und glaub mir, ich bin dir deswegen auch gar nicht böse.“, sanft lächelt ihr der Geist zu. „Das kann ich kaum glauben, aber du warst ja schon immer ein liebenswürdiger Mensch.“, entgegnet sie ihm in einer Vertrautheit, die zwischen ihnen nicht sein dürfte und auch nie bestanden hat. „Vielleicht sollte ich mich stellen? Dass alles hinter mich bringen. Hier draußen bin ich so schrecklich allein. – Vielleicht muss ich auch gar nicht ins Gefängnis, wenn ich eine Therapie mache…?“, wenig hoffnungsvoll blickt sie in die Runde. All die Männer um sie herum schenken ihr ein schwaches Lächeln. Vielleicht besteht wirklich eine Aussicht darauf, der Haft zumindest etwas zu entgehen, doch das liegt nicht in ihren Händen. Zwei Stunden später nimmt Pauline auf dem Rücksitz des Polizeiwagens Platz. Neben ihr sitzt ihr Vater. Gemeinsam werden sie in die nächstgrößere Stadt gebracht und dort wird entschieden, was mit ihnen passieren wird. Mit gewissem Wehmut sieht Davis ihnen nach, ehe er sich zu den Ghostbusters umwendet. Inzwischen ist es stockfinster. Die spärliche Nachtbeleuchtung der Tankstelle erhellt kaum mehr als Ectos Umrisse, doch die Gesichter der vier jungen Männer kann er deutlich erkennen. Jetzt, wo alles seinen richtigen Gang zu gehen beginnt, fühlt sich der Geist seltsam leicht. Er spürt, dass er in dieser Welt nicht mehr willkommen ist und eine andere an ihm zerrt. Mit einem zufriedenen Lächeln schwebt er zu den Jungs hinüber. „Ich weiß gar nicht, wie ich euch dafür danken kann…“ „Das müssen sie nicht, Mister Davis. Zu wissen, dass wir ihnen helfen konnten, ist schon Dank genug.“, erwidert ihm Ray. „Das stimmt. Unsere Arbeit wäre viel leichter und vor allen Dingen viel schöner, wenn wir mehr solchen Geistern wie ihnen begegnen würden.“, ergänzt Winston. „Ich danke euch so sehr und wünsche euch viel Glück bei eurer Arbeit. Und vielleicht habt ihr ja bald wieder die Gelegenheit einem verirrten Geist zu helfen. – Ganz egal, was die Leute über euch sagen, ihr seid unglaublich und ohne euch würde New York etwas ganz Entscheidendes fehlen!“ Kaum hat Steven die Worte ausgesprochen, beginnt sich sein Körper aufzulösen. Das milchige Weiß wird immer schwächer, bis nur noch die Andeutung eines Hauchs zu erkennen ist, gleich einer Luftspiegelung an einem heißen Tag. Kurz darauf ist auch der letzte Rest verschwunden und nichts deutet mehr darauf hin, dass bis eben noch ein Geist an dieser Stelle gewesen ist. Als würden die vier einen alten Freund verabschieden, winken sie dem schwindenden Wesen hinterher, bis nichts mehr übrig ist. Einen Augenblick verweilen sie noch nachdenklich an Ort und Stelle, dann durchbricht Peter die Stille. „Lasst uns nach Hause fahren, Leute. Es ist ein weiter Weg…“ Ohne irgendwelche Widerworte steigen sie alle in den Wagen ein und machen sich auf zum Flughafen, wo ihr Flieger geduldig auf die wartet, um sie nach Manhattan zurückzubringen. Und dort wird der nächste Geist ganz sicher nicht lange auf sich warten lassen! Kapitel 21: Subway to hell -------------------------- Zwei Monate später… Es ist spät, bald schon wieder Morgen. Ein jeder will nur noch nach Hause und gern wird dafür die U-Bahn benutzt, da sie einen schnell von einem Ende der Stadt zum anderen bringt. Verschlafen stehen eine Handvoll Leute auf dem Bahnsteig am Lincoln Center und warten auf das Eintreffen der Linie drei, die rauf bis nach Harlem fährt. Bis zu ihrem Eintreffen sind laut Anzeige aber noch zehn Minuten Zeit. Gähnend hängen die wenigen Menschen ihren Gedanken nach und warten. Plötzlich dringt allerdings Lärm aus dem dunklen Tunnel, Lichtkegel erscheinen im Gewölbe und verkünden das Einfahren eines Zuges. Verwundert blicken die Leute auf die Anzeige, doch dort stehen immer noch neun Minuten und keine Ankündigung einer Zugdurchfahrt, die nachts gern vorgenommen wird, um die Bahnen für den folgenden Tag an die richtige Stelle zu bringen. Der Lärm im Tunnel wird lauter, das Licht der Scheinwerfer greller und dann wird der Zug sichtbar. Oder auch nicht. Die U-Bahn rast mit einer solch enormen Geschwindigkeit heran, dass es fast so wirkt, als würde sie jeden Augenblick aus den Schienen springen. Sie donnert durch den verschlafenen Bahnhof, als wäre der Teufel persönlich hinter ihr her. Ein Mann, der sich neugierig vorgebeugt hat, um den merkwürdig einfahrenden Zug zu sehen, wird vom Sog der Geschwindigkeit erfasst. Die zerrenden Finger sind so gewaltig, dass er fast hinter der davonrasenden Bahn hergezogen wird. Ehe er jedoch gegen die Bahn schlagen oder ins Gleisbett fallen kann, ergreift ein anderer Mann geistergegenwärtig seinen Arm und zieht ihn im letzten Moment zurück. Beide Männer werden von den Füßen gerissen und zu Boden geworfen, bleiben aber unverletzt. „Danke. – Was ist nur mit diesem Zug los?“, fragt der Mann seinen Retter verdutzt. Dieser zuckt nur irritiert mit den Schultern, während die U-Bahn wieder im Tunnel verschwindet und sich der Lärm langsam legt. Verwirrt blicken sich auch die anderen Leute um, doch das eben Geschehene können sie sich einfach nicht erklären. Allmählich legt sich die Überraschung und jeder kehrt zu seinen eigenen Gedanken zurück. Die Zeit auf der Anzeige zählt immer weiter runter und schließlich wird das Eintreffen des Zuges verkündet. Erneut ertönt Lärm im Tunnel, Licht wird hell. Allerdings scheint auch dieser Zug viel zu schnell zu fahren. Als er die Einfahrt zum Bahnhof erreicht, steigt der Lokführer so hart in die Eisen, dass die Bremsen ein ohrenbetäubendes, hohes Kreischen von sich geben, dass einem die Füllungen in den Zähnen vibrieren lässt. Mit schmerzverzerrter Miene halten sich die Wartenden die Ohren zu, doch wirklich helfen tut es nicht. Entgegen aller Annahmen gelingt es dem Lokführer tatsächlich den Zug innerhalb des Bahnhofs zum Stehen zu bringen. In einem schlechten Film könnte man die Räder der Wagons jetzt vielleicht qualmen sehen. Doch hier ist das nicht der Fall, dennoch ist die Luft erfüllt vom beißenden Geruch heißen Öls, statischer Elektrizität und überhitzten Metalls. Noch mit dem Schreck in den Knochen betrachten die Leute den Zug, dessen Türen sich nun unter einem pneumatischen Schnaufen öffnen. Etwas unschlüssig sehen sich die Menschen an, sind nicht sicher, was sie von alledem halten sollen. Mit einem unbehaglichen Seufzen setzt sich die kleine Menge schließlich in Bewegung und betritt den Wagon. Ein Mädchen, dass eigentlich nur von einer Party auf dem Weg nach Hause ist, betritt als Letzte die U-Bahn. Sie ist gerade erst über die Schwelle getreten, da schlagen plötzlich unvermittelt die Türen zu und dass mit einer solchen Wucht, dass sie einen lebensgefährlich verletzten könnten oder gar töten. Dem Mädchen gelingt es gerade noch so, mit einem Aufschrei vorwärts zu treten und so diesem Schicksal zu entgehen. Dennoch stößt sie kurz darauf einen Schmerzlaut aus, der alle Anwesenden in Entsetzen versetzt. Ihre langen Haare, die zu einem Zopf geflochten sind, klemmen zwischen den Flügeln der Tür fest und es gelingt ihr nicht, sich zu befreien. Zwei junge Männer kommen ihr zu Hilfe, doch da verriegeln die Türen hörbar und der Zug setzt sich ohne Vorwarnung ruckartig in Bewegung. Dadurch fallen einige der Leute zu Boden, was vielleicht ganz gut ist, denn die Bahn beschleunigt so rapide, dass es fast unmöglich scheint, sich irgendwo festhalten zu können. Hilflos versuchen sich die Menschen gegenseitig zu halten und klammern sich in neuerlicher Panik an den Stangen fest. Mit einer irrsinnigen Geschwindigkeit donnert der Zug wieder in den Tunnel hinein. Kreischend jagen die Räder über die Schienen. Die grellen Scheinwerfer durchbohren die Dunkelheit vor dem Gefährt, während die Wände des Gewölbes an ihnen vorbei sausen, als säße man in einer Achterbahn. Die wenigen Fahrgäste verstehen nicht, was überhaupt lost ist, klammern sich nur mit aller Gewalt an ihr Leben. Nur wenige Sekunden später erreicht der Zug die nächste Station, doch entgegen der Hoffnung seiner Insassen hält er nicht an. Wahnwitziger Weise beschleunigt er sogar noch. Nun scheint es so, als würde das tonnenschwere Gefährt nur noch über die Schienen schweben und keinerlei Kontakt mehr dazu zu haben, wäre da nicht das Kreischen der Räder auf ihnen. Auch die folgenden Stationen überfährt der Lokführer einfach. Irritierte Leute stehen auf den Bahnhöfen und blicken diesem wildgewordenen Zug hinterher, wie es zuvor die hilflosen Insassen taten. Schließlich nähert sich die Bahn einer engen Kurve. Doch auch hier scheint der Fahrer nicht der Ansicht zu sein, langsamer werden zu müssen. Stattdessen nimmt er die Kurve mit voller Geschwindigkeit und es grenzt an mehr, als nur ein Wunder, dass das Gefährt dabei nicht an der Tunnelwand landet oder entgleist. Allerdings lehnt sich der Zug so sehr zur Seite, dass sein Dach an der Tunnelwand entlang schrammt und weißlich-blaue Funken aufsprühen. Hilflos schreien die Fahrgäste um Hilfe, doch der Lärm des Teufelszugs übertönt alles. Bei der nächsten Kurve wiederholt sich das Specktakel auf der anderen Seite des Wagons. Nun ist es nicht mehr weit bis zur Endstation. Irrsinnig jagt der Zug um die letzte Kurve vor Harlem. Der Streckenabschnitt ist ziemlich kurz und am Ende des Bahnhofs stehen Begrenzungspoller. Keine fünfzig Meter hinter ihnen endet der Tunnel in einer massiven Felswand. Die Menschen im Innern des Wagons schließen bereits mit ihrem Leben ab, da vernehmen sie ein neues Geräusch. Es klingt wie das Lachen eines völlig Wahnsinnigen und kommt direkt aus dem Führerstand des Zuges. Alle Blicke richten sich darauf aus. In der abgetrennten Kammer beginnt plötzlich ein weißliches Licht zu glühen und Umrisse werden sichtbar. Mit Entsetzen müssen die Leute feststellen, dass ihr Gefährt nicht von einem betrunkenen oder gar lebensmüden Lokführer durch die Tunnel gehetzt wird, sondern von einem leibhaftigen Geist. Nun bricht die völlige Panik aus. Erst recht, da die Scheinwerfer der U-Bahn nun die Begrenzungspoller erleuchten. In wenigen Sekunden wird der Wagon mit ihnen zusammenstoßen und sie alle in den Tod reißen! Das Lachen des Geistes wird immer wahnsinniger und doch klingt es nicht fröhlich. In ihm scheint eine tiefe, depressive Traurigkeit mitzuschwingen. Allerdings nimmt dies keiner der Insassen wahr. Der Zug fährt quietschend in den letzten Bahnhof ein, die Poller direkt vor sich. An der Erdoberfläche erwacht Manhattan langsam zum Leben. Die Sonne schiebt sich schwerfällig hinter dem Horizont empor und verkündet einen neuen Tag. Im selben Augenblick beginnt der Geist wütend zu fluchen. Die Geschwindigkeit des Zuges verringert sich rapide. Dennoch reicht es nicht mehr aus, um den Zusammenstoß zu verhindern. Der Führerstand prallt gegen die Poller, nimmt sie förmlich in sich auf, verschmilzt in einer innigen Umarmung mit ihnen. Der erste Wagon, in dem sich die wenigen Fahrgäste befinden, wird zusammengedrückt und auf die Hälfte verkürzt, als die anderen Wagen von hinten nachdrücken. Mit einem qualmenden Ächzen endet diese Horrorfahrt schließlich. Völlig benommen gelingt es den Leuten durch die zerborstenen Fenster auszusteigen. Es kommt ihnen vollkommen unwirklich vor, doch sie alle sind noch am Leben und werden fassungslos von den wartenden Pendlern auf dem Bahnhof angestarrt. Unter lautem Fluchen verlässt auch der Geist den Führerstand und verschwindet in der Felswand, die das Ende des Tunnels bildet… „Passen sie auf, wo sie hintreten!“, weist Stuart Hamilton die vier Geisterjäger nachdrücklich an. „Der kaputte Zug ist zwar abgeschleppt und die Stromversorgung unterbrochen worden, doch wir hatten noch nicht die Zeit, das Gleisbett zu reinigen. Hier liegen überall Metallteile und Glassplitter.“ Mit Bedacht klettern die Jungs in das Gleisbett und folgen dem Chef der Lokführer zum Umfallort. Die Begrenzungspoller, die den Zug zusammengedrückt haben, sind jetzt verschwunden. Doch Löcher im Erdboden zeugen von ihrem Standpunkt und wie wenig Platz zwischen ihnen und der Felswand dahinter eigentlich ist. Langsam zieht Egon sein PKE-Gerät hervor und sucht den Bereich um die Unfallstelle ab. „Ich empfange noch schwache Signale. Der Geist hält sich also noch irgendwo in der Nähe auf.“ „Ich würde ja echt nicht glauben, dass hier unten ein echter Geist am Werk war, aber die Leute wirkten sehr überzeugend und die Aufnahmen der Überwachungskameras bestätigen das ebenfalls…“, stirnrunzelnd kratzt sich Stuart am Hinterkopf. „Das hören wir oft. Haben sie den Zug schon vorbereitet?“, fragt Peter. „Ja. Der Zug wartet am anderen Ende der Strecke, wie sie es wollten. Alle Bahnhöfe sind gesperrt, bis sie hier fertig sind und wir schalten den Strom wieder ein, wenn wir hier durch sind.“, erwidert Hamilton. Die fünf beenden die Besichtigung und steigen wieder auf die Bahnhofsplattform. „Was denken sie, wie lange sie für den Einsatz brauchen werden?“ „Da die Augenzeugen berichtet haben, dass das Ganze mit dem Sonnenaufgang zu Ende ging, werden wir wohl die Nacht über damit beschäftigt sein.“, entgegnet ihm Ray. „Definitiv und dann wird die Strecke sicher noch wegen Reparaturarbeiten gesperrt bleiben müssen…“, setzt Winston entschuldigend hinzu. Stuart wirft ihm einen prüfenden Blick zu und nickt dann langsam. „Denke ich auch, aber versuchen sie den Schaden so gering wie möglich zu halten. Die Linie drei ist eine sehr wichtige Strecke und ich kann sie nicht schon wieder tagelang sperren.“ Zusammen mit dem Lokführerchef fahren die Ghostbusters zum anderen Ende der U-Bahnstrecke, wo bereits ein ausrangierter Zug auf sie wartet. „Sie haben vorhin erwähnt, dass sie wissen, wer der Geist sein könnte?“, hakt Venkman nach. „Oh ja! Auf einer Kameraaufnahme konnte ich ihn zweifelsfrei identifizieren. Es ist ein ehemaliger Mitarbeiter von mir, Daniel Erwerth.“ „Was ist passiert?“, fragt Winston, während er Ecto-1 durch den Feierabendverkehr lenkt. „Erwerth war eigentlich immer ein zuverlässiger Zugführer, auf den man sich stets verlassen konnte. Irgendwann hat er rausgefunden, dass seine Frau ihn betrügt. Sie haben sich scheiden lassen. Bald darauf haben sich auch seine Kinder von ihm abgewendet und das hat ihn ziemlich depressiv gemacht. Er hat es versucht zu verstecken, doch es gelang ihm nicht so gut. – Schließlich fing er an zu trinken und kam nicht selten auch betrunken zum Dienst. Ich habe mir das eine Weile angeschaut und dann musste ich ihn leider entlassen. Die Sicherheit der Fahrgäste steht immerhin an oberster Stelle! Monatelang habe ich nichts von ihm gehört, doch er muss immer weiter gesunken sein. Eines nachts überwältigte er einen anderen Lokführer, der gerade seinen Dienst bei der drei antreten wollte und hat den Zug entführt. Soweit ich weiß, ist er die Strecke ganz normal gefahren, sodass niemand mitbekommen hat, dass etwas nicht stimmt. Doch auf dem letzten Streckenabschnitt ist er dann völlig durchgedreht. Er hat den Zug irrsinnig beschleunigt und dann gegen die Begrenzungspoller gefahren, so wie jetzt wieder. Beim Aufprall kam er ums Leben. In einem Abschiedsbrief hat er seinen Hass auf die verlogene Gesellschaft bekundet und dass er hoffe, viele Leute mit sich in den Tod genommen zu haben. – Es war ein echtes Wunder, dass niemand mehr im Zug war, als er zu seiner Kamikazefahrt angesetzt hat…“, berichtet Hamilton bedrückt, aber dennoch mit sichtbarer Wut. „Diese bewundernswerte Tatsache scheint der Geist nun aber auch mitbekommen zu haben und er versucht erneut, andere Menschen für sein Leid zu bestrafen.“, grübelt Egon. „Scheint so. Wir können von Glück sagen, dass die Leute heute Morgen nur leicht verletzt wurden.“, erwidert der Bauarbeiter und hält in der Nähe des U-Bahnhofs. Kurz darauf verschießt Hamilton das Gitter hinter den Jungs und sperrt sie somit in der verlassenen Station ein. „Seid vorsichtig, Leute.“, weist er sie noch einmal an, ehe er sich abwendet. Auf sich allein gestellt, steigen die Geisterjäger die Stufen zur Plattform hinab. Einzig die Notbeleuchtung erhellt ihnen spärlich die Umgebung. Die vier hoffen, dass diese Tatsache den Geist nicht irritiert oder das er gar mitbekommen hat, was sie besprochen haben. Alles soll so normal wirken, wie sonst auch, damit der Geist einen neuen Versuch startet und sie ihn dann einfangen können. Die vier Männer verteilen sich auf dem Bahnhof und warten. Der bereitgestellte Zug steht auf einem Abstellgleis im Tunnel hinter der Station. Noch ist alles friedlich und die Nacht schreitet voran. Müdigkeit macht sich langsam unter ihnen breit und sie fangen an, zu glauben, dass Erwerth doch etwas mitbekommen hat oder den Schreck der letzten Nach erst mal sacken lassen will. Als sie sich für eine Beratung zusammenfinden, dringt plötzlich ein Licht vom Abstellgleis durch den kurzen Tunnelabschnitt. Elektrische Vibrationen gleiten die Schienen entlang und ein Rumpeln wird laut, als sich der Zug in Bewegung setzt. „Es ist soweit! Haltet euch bereit!“, fordert Peter sein Team auf. Möglichst gelassen treten die vier näher an den Bahnsteig heran und warten auf das Eintreffen des Zuges. Bruchteile eines Augenblicks später donnert die U-Bahn in die Station ein und kommt mit einem grellen Quietschen zum Stehen. „Das fängt ja gut an…“, murmelt Venkman halblaut und drückt damit das Unbehagen aus, das sie alle verspüren. Kurz darauf öffnen sich die Türen mit einem pneumatischen Schnaufen. Eine gewisse Nervosität steigt in den vier Jungs auf und sie werfen sich möglichst unauffällig ein paar Blicke zu, ehe sie sich dem erleuchteten Eingang des Wagons nähern. Bewusst zügig übertreten sie alle die Schwelle. Nur zu gut haben sie die Berichte der Insassen im Kopf, die diese Höllenfahrt überlebt haben. Und ihre Vorsicht scheint Früchte zu tragen, entgehen sie den heftig zuschlagenden Türen doch nur knapp. „Du meine Güte…“, gibt Ray von sich, als er sich zur geschlossenen Tür umwendet. Ihre Flügel sind unter solchem Druck aufeinandergeschlagen, dass die Scheibe auf der linken Seite einen Sprung bekommen hat. Ungläubig betrachtet ihn der Mechaniker und stellt sich unweigerlich vor, dass es auch sein Arm oder Bein hätte sein können. Er schluckt hart, doch zu mehr kommt er nicht, da sich der Zug nun in Bewegung setzt. Er fährt so ruckartig an, dass er fast aus den Schienen zu springen scheint. Es wirft die Jungs schlichtweg von den Füßen. Auf dem Boden liegend vernehmen sie plötzlich das irrsinnige Lachen des Geistes aus dem Führerstand. Unlängst später beschleunigt der Zug auf eine wahnwitzige Geschwindigkeit und jagt damit haltlos durch den dunklen Tunnel. Viel Zeit bleibt den Geisterjägern nicht, sich zu überlegen, wie sie den Geist am besten einfangen können. Immerhin könnte Daniel von seinem ursprünglichen Plan abweichen und die Bahn gleich an der nächsten Kurve gegen die Wand setzen, um endlich ein paar Opfer zu verzeichnen. Doch im Grunde ist es völlig einerlei, wann es zu dem tödlichen Zusammenstoß kommt – die Ghostbusters sind in dem Wagon eingesperrt, bis der Zug zum Stehen kommt – egal auf welche Weise! „Was sollen wir tun?“, presst Winston hervor und versucht irgendwie Halt zu finden, um nicht durch den ganzen Wagon geschleudert zu werden. „Wie wäre es mit, auf die Füße kommen?“, entgegnet ihm Peter sarkastisch und klammert sich an einer der Haltestangen fest. Der Bauarbeiter wirft ihm einen mahnenden Blick zu, doch im Grunde hat der Brünette recht. Wenn sie irgendwas erreichen wollen, muss es ihnen gelingen, aufzustehen. „Wir müssen…“, setzt Egon an, doch da kommt die erste, scharfe Kurve. Ehe der Blonde seinen Gedanken aussprechen kann, legt sich der Zug gefährlich auf die Seite. Das Dach des Wagons schrammt mit einem widerlich, metallischen Kreischen an der Wand des Tunnels entlang. Weißlich-gelbe Funken sprühen auf. Die vier verlieren den letzten Halt und rutschen hilflos über den Boden. Hart prallen sie gegen die Tür auf der anderen Seite. Leicht benommen registrieren sie, dass sich die U-Bahn wiederaufrichtet und den nächsten Streckenabschnitt in Angriff nimmt. Ein im Halbschatten liegender Bahnhof rast an ihnen vorbei, doch die Geschwindigkeit macht es unmöglich zu sagen, um welchen es sich dabei handelt. Wieder schallt das wahnsinnige Lachen Erwerth´s aus dem Führerstand, begleitet von einem jubelnden Grölen, als würde der Geist eine wilde Achterbahnfahrt durchleben. „Der hat doch total einen an der Waffel…“, kommt es von Venkman, der sich schmerzlich die Stelle am Hinterkopf reibt, mit der er gegen die Tür geknallt ist. Seinen Kollegen scheint es da nicht viel besser zu gehen, dennoch spürt er plötzlich, wie sich Ray an seinem Arm festklammert. Etwas irritiert betrachtet Peter das Ganze und blickt ihm überrascht an. Bei dieser Berührung, die so hilfesuchend wirkt, schweifen die Gedanken des selbsternannten Anführers augenblicklich ab. Ihm ist bewusst, dass das absolut nicht der richtige Zeitpunkt für so etwas ist und das er über so etwas längst hinweg sein sollte, dennoch kann er nicht wirklich etwas dagegen tun. Ihm kommt nur der Gedanke, dass Winston das vielleicht mal wieder falsch verstehen könnte. Als hätte der Schwarzhaarige seine Befürchtungen bemerkt, wirft er ihm in diesem Augenblick einen warnenden Blick zu, in dem ein gewisser Funken Eifersucht zu sehen ist. Dieser Anblick gibt Venkman schon so etwas wie Genugtuung, da sich Ray ja auch an Winston festhalten könnte, der ihm sogar näher ist, als er selbst. Doch der Mechaniker hat sich aus irgendeinem Grund dagegen entschieden. Der Moment ist zwar immer noch nicht gerade günstig dafür, erst recht, wo sich der Wagon gerade wieder schräg legt und kreischend um die nächste Kurve brettert, dennoch fixiert Peter Winstons Blick und stellt damit sicher, dass er seine folgende Aktion auch mitbekommt. Er entkrampft seinen Arm, an dem sich Raymond festhält und verschränkt seine Finger mit denen des Jüngeren, als wären sie ein frisch verliebtes Pärchen beim Händchen halten. Überrascht sieht der Rothaarige ihn an und Venkman erwidert seinen Blick mit einer ungeahnten Sanftheit, als wolle er den großen Beschützer mimen, der einer Dame in Not Sicherheit verspricht. Zornig setzt Winston dazu an, etwas zu sagen, doch Ray ergreift zuerst das Wort. „Sieh mich nicht so komisch an, Peter…“, kommt es leicht unbehaglich von ihm. „Du brauchst keine Angst zu haben. Ich pass schon auf dich auf!“, erwidert ihm der Brünette erhaben. Raymond legt die Stirn in Falten. „Ich habe doch keine Angst und du musst auch nicht auf mich aufpassen! Du sitzt doch neben der Haltestange, also steh auf und hilf mir auf die Füße, damit wir eine Kette bilden können.“, erwidert der Mechaniker mit einem leichten Augenrollen. Doch etwas irritiert blinzelt Venkman, ehe seine Gedanken wieder klarwerden und er versteht, was sein Kollege ihm sagen will. Nun ist es Winstons Gesicht, dass so etwas wie Genugtuung ausdrückt. „Meine Herren, ich denke, wir sollten uns ein bisschen beeilen, wenn es recht ist. Die letzte Kurve ist nicht mehr weit…“, unterbricht Egons eindringliche Stimme die Situation. Davon wachgerüttelt, lässt Peter von Ray ab und ergreift seinen Strahler. Dann reicht er dem Jüngsten erneut seinen Arm und zieht sich mit der anderen Hand an der Haltestange hoch. Gemeinsam kommen die beiden Geisterjäger auf die Füße. Etwas wackelig schnappt sich nun der Mechaniker seine Protonenkanone und reicht dann Winston seinen Arm. Schwerfällig kämpft sich der Bauarbeiter zu ihm vor und bekommt ihn beim zweiten Versuch zu fassen. Wackelig kommt auch er auf die Beine und fummelt seinen Strahler hervor. Nun ist Egon an der Reihe. Er rutscht zu Winston hinüber und versucht seinen Arm zu ergreifen. Ehe ihm das aber gelingt, wird der Wagon auf einmal heftig durchgeschüttelt. Er schwankt bedenklich auf den Schienen, als er einen weiteren Bahnhof durchschießt. Dabei wird der Tüftler erneut heftig gegen die Tür geschleudert. Zu allem Unglück fliegt ihm dadurch auch noch seine Brille von der Nase. Kreiselt rutscht sie über den Boden und verschwindet unter einer der Sitzreihen. Hilflos, so plötzlich seiner Sehkraft beraubt, blickt sich Egon mit großen Augen um und scheint doch nichts zu sehen. Reflexartig tasten seine Finger den Untergrund ab, doch dafür ist jetzt einfach keine Zeit. Beherzt packt Winston ihn an der Schulter und zerrt ihn zu sich. „Meine Brille…“, kommt es fast schon weinerlich von dem Blonden. „Die finden wir schon wieder, Egon. Doch jetzt müssen wir das hier erst mal fertigmachen!“ Ungläubig versucht der Tüftler ihn zu fixieren und nickt dann schwach. Unsicher greift er nach seinem Strahler und klammert sich dann an Winstons Arm fest. Schwankend wie Bambi auf dem Eis, kommt der Größere auf die Füße und umklammert den Arm des anderen so sehr, dass es schmerzt. Der Bauarbeiter beißt die Zähne zusammen und weist Egon dann an, die andere Stange neben sich zu ergreifen. Mit zitternden Fingern tastet der Blonde beinahe ziellos in der Luft herum, bis er auf kaltes Metall trifft. Seine Hand schließt sich darum und so stehen sie halbwegs sicher in einer Reihe. Der Führerstand befindet sich nur drei Sitzreihen vor ihnen, also sollte er gut zu treffen sein. Nur eine dünne Tür trennt die Jäger von dem Geist. Als sie den nächsten Bahnhof durchsausen, schalten die Ghostbusters ihre Strahler ein, klammern sich noch fester aneinander und eröffnen das Feuer auf die Tür. Die hochenergetischen Protonen zischen grell und blitzend durch den U-Bahnwagon. Sie bohren sich in das dünne Holz der Tür und sprengen sie förmlich aus ihrer Halterung. Schlagartig verstummt das wahnwitzige Lachen und Grölen des ectoplasmischen Zugführers. Mit weit aufgerissenen Augen starrt er die vier Männer an, von denen er dachte, sie seien nur ganz gewöhnliche, gar harmlose Spinner, die nachts mit der U-Bahn unterwegs sind. Dieser Gedanke war ein schwerer Fehler, wie Daniel jetzt feststellen muss. Diese Typen sind keineswegs harmlos und schon gar nicht gewöhnlich, doch sie sind definitiv Spinner. Spinner, die ihm ans Leder wollen, wenn man es genau nimmt. Ein zornig-panisches Kreischen entkommt dem Geist. „Ihr werdet mich niemals aufhalten!“, schreit er ihnen entgegen und setzt dazu an, durch die Windschutzscheibe abzuhauen. „FEUER!“, brüllt Peter. Unter dem Schwanken der wildgewordenen und nun auch führerlosen U-Bahn zischen erneut die Protonenstrahlen durch den Wagon. Im letzten Moment erwischen sie Erwerth noch, ehe er ganz durch die Scheibe verschwinden kann. Unter lautem Klirren zerspringt das dicke Glas und verteilt sich in dem Wagon. Die Energiestrahlen klammern sich am bestandslosen Körper des Geistes fest und zerren ihn langsam wieder in den Führerstand hinein. Unter lautstarkem Protest windet und kämpft das ectoplasmische Wesen gegen die fremde Macht an. Schließlich ist der Störenfried nahe genug dran, um ihn einfangen zu können. „Egon, die Falle!“, tönt Venkman. Etwas ziellos löst der sichtbehinderte Tüftler die Finger von der Haltestange und angelt nach der Falle auf seinem Rücken. Nach einigen Augenblicken, in denen die drei anderen verzweifelt versuchen, den Geist festzuhalten, ohne dabei das Gleichgewicht zu verlieren, gelingt es dem Blonde, sie zu erreichen. Ein heftiges Poltern auf den Schienen schüttelt sie aber alle so durch, dass Egon die Falle fallen lässt. Klappernd landet sie auf dem Boden. Gerade noch so gelingt es den Jungs Erwerth in den Strahlen halten zu können. Haltlos klammert sich Egon wieder an der Stange fest, doch die Falle ist zu weit weggerutscht. Winston gelingt es, sie geradeso zu erreichen und er kickt sie zum Geist hinüber. „Ok, jetzt!“, entkommt es Raymond und der Schwarzhaarige betätigt den Auslöser. Unter gleißendem Licht öffnet sich die Falle und die Jungs stellen das Feuer ein. „Nein! – NEIN!“, bäumt sich Daniel ein letztes Mal auf und zuerst sieht es so aus, als könne er dem Sog tatsächlich entkommen. Dann jedoch verliert er den Halt und wird ins Licht gesaugt. Kraftvoll verschließen sich die Flügelklappen der Falle und sperren den Geist in sich ein. Einen Moment lang zucken elektrische Blitze über die Oberfläche der Falle und sie bäumt sich bedenklich hüpfend auf. Dann schnappt die Verriegelung ein und versiegelt den Käfig. Unendliche Erleichterung macht sich in den Jungs breit und sie sinken kraftlos zu Boden. „Oh Mann, das war knapp…“, stöhnt Venkman. „Es ist noch nicht vorbei!“, fährt Winston ihn an und deutet in den verlassenen Führerstand. Noch immer jagt der Zug mit erschreckender Geschwindigkeit über die Schienen. Allerdings ist die Tatsache, dass niemand diesen Zug fährt, noch das geringste Problem. Beim Beschuss des Geistes haben die Protonenstrahlen unglücklicherweise die Steuerelektronik zerstört! Elektrische Funken sprühen aus der gesprengten Konsole und zerrissene Kabel wirbeln wild herum. Plötzlich wieder ziemlich verzweifelt, kriechen die Geisterjäger auf den Führerstand zu und besehen sich eilig den Schaden. Fest umklammert Egon dabei die Falle, damit sie sich nicht doch noch wieder öffnet und ohne seine Brille kann er auch sonst nicht viel tun. „Mach doch was, Peter! Du kennst dich doch mit Zügen aus!“, drängelt Winston ihn panisch, während die U-Bahn kreischend um die letzte Kurve biegt. „Ja, aber nur mit Lokomotiven, nicht mit U-Bahnen und selbst wenn, das Steuerpult ist vollkommen hinüber…“, giftet der Brünette zurück und weicht einem schlagenden Kabel aus. „Wir müssen den Zug anders bremsen…“, kommt es schwach von Egon. „Aber wie denn?“, fragt der Schwarzhaarige. „Die Schienen! Wir müssen versuchen, sie mit unseren Strahlern zu schmelzen, dann verlangsamt das den Zug!“, wirft Ray ein. „Meinst du, das reicht?“, erwidert Peter zweifelnd, da die Strecke fast zu Ende ist. „Uns bleibt nichts Anderes übrig!“, kontert Raymond erstaunlich nachdrücklich. Der Brünette zuckt dabei überrascht zusammen, nickt dann aber fest. Winston zieht Egon zu sich hinüber und richtet seinen Strahler auf die rechte Schiene aus, ehe er seinen eigenen platziert. Peter und Ray fokussieren die linke. Kurz darauf zucken die Protonen ein drittes Mal durch die Luft. Unter der heftigen Energieeinwirkung beginnen die Gleiße rot zu glühen. Die enorme Geschwindigkeit des Zuges tut ihr Übriges, um sie zum Schmelzen zu bringen. Plötzlich beginnt die Bahn heftig zu schwanken, als sie ihre Führung verliert. Sie schlägt haltlos gegen die Seiten des Tunnels. Der letzte Bahnhof erscheint und das bringt das Gefährt vollkommen außer Kontrolle. Ungehalten kracht der Zug gegen die Plattform des Bahnsteigs und rutscht funkensprühend am Rand entlang. Die massive Felswand kommt immer näher und die Wagons wollen einfach nicht langsamer werden. Am Ende der Station verkantet sich der Zug jedoch, bevor er mit der Tunnelwand Bekanntschaft schließen kann. Der Führerstand knallt hart gegen die Stationswand und reißt ein kleines Gittertor mit sich, dass eigentlich verhindern soll, dass Fahrgäste auf das Gleisbett treten oder den Schaltraum dahinteer erreichen können. Rumsend und quietschend schieben sich die übrigen Wagons in den ersten hinein und drücken ihn weiter in Richtung Felswand. Nur Millimeter, bevor die zerborstene Windschutzscheibe gegen den nackten Stein prallt, stoppt der Zug endlich. Der Zusammenstoß ist so heftig, dass die wenigen Menschen, die zu dieser späten Stunde noch auf der Straße unterwegs sind, erschrocken zusammenfahren. Nicht wenige von ihnen denken, dass dies ein Erdbeben ist, das den Boden so erzittern lässt. Bewegungslos verharren sie und warten auf eine weitere Erschütterung. Sie bleibt allerdings aus, weshalb die Leute ungeachtet ihren Weg fortsetzen. Im Untergrund sieht es jedoch ganz anders aus. Qualmend liegt der völlig zerstörte Zug auf der Seite, zur Hälft in den kurzen Tunnelabschnitt am Ende der Station hineingerammt. Beim Anblick des Gefährts wünscht man nicht mal seinem schlimmsten Feind, das er dort drinnen sitzt. Doch vier junge und mutige Männer waren in diesem Zug und haben ihr Leben geopfert, um das Unzähliger zu retten… Langsam lichtet sich der Qualm etwas und eine Bewegung wird sichtbar. In einem der zersplitterten Fenster erscheint eine Hand, die sich kraftlos am Rahmen festklammert. Mit einem tiefen, schmerzlichen Stöhnen schiebt sich Venkman durch die Fensteröffnung ins Freie. Kraftlos lässt er sich auf den Bahnsteig fallen und atmet schwer. Sein Overall ist halb zerrissen, sein Protonenpack nur noch ein qualmender, funkensprühender Klumpen auf seinem Rücken. Sein Körper ist übersät mit Schnittwunden, Prellungen und Quetschungen. Seine Sicht verschwimmt, als ihm Blut von einer Platzwunde an seiner Stirn ins Augen rinnt. „Aaaah…!“, stöhnt er. „Ich werde nie wieder mit einem Zug fahren…“ Mit einem Keuchen versucht er sich das klebrige Blut aus dem Auge zu reiben, als neben ihm ein dumpfes Plumpsen zu hören ist. „Gilt das auch für Lokomotiven…?“, fragt Winston tonlos und setzt sich neben ihn. Schwach wendet ihm Venkman den Blick zu und ringt sich ein Grinsen ab. „Definitiv…“, keucht er. Der Schwarzhaarige sieht nicht viel besser aus, nur wirkt das Blut auf seiner dunklen Haut nicht ganz so grotesk. Diesmal ertönt das plumpsende Geräusch neben dem Bauarbeiter. Kurz darauf legt sich etwas schwer in Winstons Schoß. Erschöpft blickt er hinab und sieht dort Egons Kopf liegen. Der Blonde gibt ein wehklagendes Stöhnen von sich und öffnet dann schwach die Augen. Ohne seine Brille sieht er unglaublich verletzlich aus, findet Winston. Erst recht, wo nun Blut seine blasse Haut ziert und seine sonst so aufwendig frisierten Haare völlig zerzaust sind. Trotz alledem ringt sich der Tüftler aber ein winziges Lächeln ab und hebt schwach die Arme. „Ich – ich habe den Geist noch…“, kommt es mit etwas von ihm, das Triumph sein könnte. Kraftlos erwidert Winston sein Lächeln und streicht ihm sanft eine verirrte Strähne aus der Stirn. „Das hast du klasse gemacht, Egon…!“, lobt er ihn mit brüchiger Stimme. „Wo ist Ray?“, fragt der Blonde langsam. „Hier…“, ertönt es angeschlagen neben ihm, als sich der Mechaniker aus dem Wrack fallen lässt. Winston und Peter wenden ihm den Blick zu, doch sie können ihn kaum ansehen. Zwar sind sie alle schrecklich mitgenommen und verletzt, doch Raymonds Anblick erinnert die beiden zu sehr an seinen furchtbaren Unfall, weshalb sie den Blick wieder senken. Egon jedoch streckt eine Hand suchend nach ihm aus. „Raymond…?“, fragt er schwach. Vorsichtig ergreift der Rothaarige seine Hand und lächelt sanft. „Ich hab deine Brille gefunden!“, verkündet er stolz. „Doch sie ist völlig kaputt…“, gesteht er dann entschuldigend. Egons Finger fahren forschend über die deformierten Überreste seiner Sehhilfe, dann lächelt er. „Halb so schlimm, solange wir nicht kaputt sind…“ Erschöpft fallen den vieren die Augen zu. Zwei Stunden später geht die Sonne auf und Sirenen werden laut, nachdem Stuart Hamilton die Jungs gefunden hat… Kapitel 22: Obsession... ------------------------ Einen Monat später… Unter heftiger Gegenwehr zerren die Polizisten die junge Frau in das Manhattan Psychiatric Center. Die offensichtlich völlig verwirrte Frau hat versucht, den Chef einer großen Bank zu töten. Nur reinem Glück hat es der Bankier zu verdanken, dass er mit heiler Haut davongekommen ist. Carol bestreitet jedoch, irgendetwas mit diesem Attentat zu tun zu haben, obwohl man sie noch mit dem Messer in der Hand am Tatort aufgegriffen hat. Laut eigener Aussagen kann sie sich nicht daran erinnern, dass Haus verlassen zu haben oder gar zur Bank gegangen zu sein, weshalb die eintreffenden Polizisten entschieden haben, sie als nicht zurechnungsfähig in eine Psychiatrie einzuliefern. Miss Ringgold wird in die wartenden Hände der Ärzte und Pfleger übergeben. Von ihnen erhält sie verschiedene Beruhigungsmittel und wird anschließend in ein gepolstertes Zimmer gebracht. Von einer Zwangsjacke wird erst mal abgesehen. Ein paar Tage bleibt sie so unter Beobachtung. Jedoch ereignet sich nichts Auffälliges. Carol versteht nur weiterhin nicht, was passiert sein soll und was sie hier macht. Wiederholt versuchen ihr die Schwestern und Ärzte zu erläutern, was vorgefallen ist, doch sie kann sich an nichts erinnern, steht wahrscheinlich unter Schock. Nachdem man zum Schluss kommt, dass sie die vorbildliche Insassin nicht nur spielt, wird sie in ein normales Zimmer überführt, indem sie die Zeit bis zu ihrer möglichen Entlassung verbringen soll. Und damit beginnen die Merkwürdigkeiten… Alles wirkt normal und die Pfleger arbeiten gern mit ihr, auch wenn ihre Unwissenheit das ein oder andere Mal Mitleid in ihnen hervorruft. Des nachts sind die Zimmer verriegelt, damit die teils verwirrten Seelen nicht auf den Fluren umherirren. Diese Tatsache scheint die junge Frau aber mächtig zu stören. Als die Klinik in friedlichem Schlaf liegt, steht die Brünette plötzlich auf und wendet sich der Tür zu. Schnell stellt sie fest, dass sie zugesperrt ist. Ungläubig starrt sie sie an. Urplötzlich steigt eine unbändige Wut in ihr auf, die sie selbst gar nicht kontrollieren kann. Es ist fast so, als würde ihr Körper ferngesteuert. Mit geballten Fäusten beginnt sie gegen die schwere Tür zu hämmern. Laut schreit sie ihren Frust in die Nacht hinein. Einem Raubtier gleich, kratzen ihre Nägel über die glatte Oberfläche, bis sie brechen und blutige Striemen darauf hinterlassen. Doch davon scheint Carol gar nichts zu merken. Ohne auch nur das Gesicht zu verziehen macht sie immer weiter. Ihre Stimme wird schon brüchig und heiser, ehe eine der Schwestern den Lärm vernimmt und nach ihr sieht. Mit vereinten Kräften gelingt es dem Pflegepersonal ihr eine Spritze zu geben und ihre Wunden zu versorgen. Den Rest der Nacht muss sie allerdings wieder in der gepolsterten Zelle verbringen. Am nächsten Morgen kann sich die Brünette an nichts dergleichen erinnern und auch die folgenden Tage bleiben ereignislos, weshalb sie wieder in ihr altes Zimmer zurückgebracht wird. Nur wenig später wiederholt sich das Ganze. Als Carol zum dritten Mal in ihrem Zimmer zu wüten beginnt, endet der Lärm, bevor die diensthabende Nachtschwester den Raum erreicht. Vorsichtig öffnet Julia die blutverschmierte Tür und späht hinein. Aus Sicherheitsgründen ist auch nachts das Licht eingeschaltet, nur nicht ganz so hell. So ist es für die Schwester nicht schwer, zu sehen, was Carol diesmal angestellt hat. Nicht nur die Tür ist mit Blut beschmiert, auch der Boden, auf dem sich grotesk die Fußabdrücke der Bewohnerin abzeichnen. Unter dem vergitterten Fenster hockt Carol auf den Knien. Durch die vielen Medikamente der letzten Zeit dürfte sie eigentlich gar nicht in der Lage sein, so zu wüten – ist kaum mehr, als eine lebende Hülle. Allerdings wirkt sie jetzt gar nicht so kraftlos und gleichgültig. Ihre blutigen Finger gleiten über die weißgetünchte Wand hinweg, zeichnen morbide Bilder, die doch keinen Sinn ergeben. Allerdings befinden sich darunter auch Buchstaben, ja sogar ein Wort. Julia kann damit nichts anfangen, schätzt, es kommt aus einer anderen Sprache. Bedächtig tritt sie in das Zimmer hinein und nähert sich vorsichtig ihrer Patientin. „Carol? Ist alles in Ordnung?“, fragt sie sinnloserweise. Immerhin sieht sie doch, dass sich die junge Frau wieder selbst verletzt hat. Doch sie will sie nicht verschrecken. Es dauert einen Moment, doch dann wendet ihr die Angesprochene das Gesicht zu. Deutlich ist zu erkennen, dass sie geweint hat, es sogar immer noch tut. Sie wirkt unglaublich erschöpft, hilflos und durcheinander. „Hilfe…“, krächzt sie mit brüchiger Stimme. Sorgenvoll tritt Julia näher an sie heran, doch dann verändert sich der Blick der Insassin. Ihre eigentlich grünen Augen verdunkeln sich, bis sie fast schwarz sind. Ihre Gesichtszüge werden härter, wütender, tragen eine ungeahnte Kraft zu Tage. Erschrocken weicht die Schwester ein paar Schritte zurück. Dann öffnet Carol den Mund, doch was herauskommt, klingt ganz und gar nicht nach ihr. „Ich werde ihn umbringen! Ja, das werde ich!“ Ihre Stimme ist nicht die ihrige. Es ist die Stimme eines Mannes - tief, kraftvoll, ausdrucksstark, gebieterisch und durchtränkt von grenzenlosem Wahnsinn und Wut. Ein erschrockener Laut verlässt Julias Lippen und sie stürzt in blanker Panik zu Tür. Geistergegenwärtig verriegelt sie das Zimmer wieder, ehe sie völlig aufgelöst zum Schwesternzimmer eilt und ihrer Kollegin davon berichtet. Diese blickt sie jedoch nur belustigt über den Rand ihrer Kaffeetasse hinweg an und schüttelt nachdrücklich den Kopf. „Oh Liebes. Du hast dir das sicher nur eingebildet, weil es mit dieser Ringgold in letzter Zeit so viele Schwierigkeiten gab. Du bist schlichtweg überarbeitet.“, kommt es sanft von ihr. „Aber es ist die Wahrheit! Komm einfach mit, ich zeig´s dir!“, drängelt Julia. „Gut, wenn du mich dann meinen Kaffee trinken lässt, bitte…“, erwidert ihre Kollegin augenrollend und erhebt sich. Als die beiden Schwestern kurz darauf in Carols Zimmer ankommen, scheint alles völlig normal zu sein – sieht man mal vom Blut auf Boden und Wänden ab und, dass sich die junge Frau schon wieder selbst verletzt hat. Keinerlei Anzeichen irgendwelcher Ungewöhnlichkeiten. Ihre Stimme klingt genauso, wie sonst auch immer und sie versteht auch überhaupt nicht, was Julia meint. Mehr als irritiert starrt die Pflegerin sie an. „Aber es war so, ich schwöre es…“, versucht sie ihrer Kollegin klarzumachen, doch diese winkt nur wieder ab. „Du solltest wirklich mal Urlaub machen, Schätzchen!“, erwidert sie und kehrt ins Schwesternzimmer zurück. Julia wendet sich zu Carol um, blickt sie lange durchdringend an, doch ohne Ergebnis. „Vielleicht bin ich wirklich überarbeitet…“, seufzt sie und wendet sich zum Gehen. Plötzlich allerdings ertönt hinter ihr ein dunkles Lachen. Erschrocken wendet sich die Pflegerin wieder herum. Nun ist es wie vorher. Die Dunkelheit scheint wieder von Carol Besitz ergriffen zu haben. Ihre Augen funkeln bedrohlich, frisches Blut rinnt an ihren geschundenen Fingern hinab und formt scharlachrote Blüten auf dem Boden. Doch das Markanteste ist wohl erneut die fremde Stimme, die aus ihrem Mund kommt. „Bald, schon bald werde ich ihn umbringen!“, tönt dieses Etwas, das Carol zu sein scheint in dunklem Sopran und lacht dann so markerschütternd, dass Julia minutenlang ein heftiger Schauer zu überkommen scheint. Nachdem sich das Zittern gelegt hat, dreht sich die Schwester mit fest zusammengepressten Lippen zur Tür um und verlässt ohne ein Wort den Raum. Als die Tür hinter ihr ins Schloss fällt, stößt sie bibbernd die angehaltene Luft aus und ist den Tränen nahe. „Ich bilde mir das nicht nur ein!“, presst sie wütend hervor. „Sollen die anderen doch lachen und mich für bescheuert halten, doch ich weiß, was ich gehört hab! – Dass ist nicht normal, nicht einmal hier! Und ich weiß auch schon, was ich tun muss…! Mit einem mulmigen Gefühl parkt Julia ihren Wagen auf dem Angestelltenparkplatz. Unweigerlich kreisen ihre Gedanken um das, was ihr blühen könnte, wenn einer ihrer Kollegen herausfindet, was sie vorhat. Sie versucht ihre Befürchtungen beiseite zu schieben, doch es will ihr nicht recht gelingen. Erst, als ein anderer Wagen neben ihr hält, findet sie den Blick für die Wirklichkeit wieder. Eine gewisse Erleichterung macht sich in ihr breit, als sie sieht, dass es ein weißer Miller-Meteor ist und nicht etwa das Auto eines ihrer Kollegen. Sie atmet noch einmal tief durch und steigt dann aus. „Sind sie Julia?“, fragt sie ein Mann mit dunkler Hautfarbe, der auf der Fahrerseite des Einsatzwagens aussteigt und sie über die Motorhaube hinweg ansieht. „Ja, die bin ich und ich bin so dankbar, dass sie mich nicht für verrückt halten…“ „Also nur, weil sie in einer Klapsmühle arbeiten, sind sie doch nicht gleich verrückt.“, erwidert ihr Peter keck. Dann legt er jedoch den Rückwärtsgang ein und winkt ab, weil sie ihn doch sehr gekränkt anschaut. „Oh, Mann! So hab ich das doch nicht gemeint. Im Allgemeinen halten die Leute uns für verrückt und würden uns nur zu gern in so einer Einrichtung sehen…“, rechtfertigt er sich kleinlaut. „Und es sind undurchdachte, leichtfertige Äußerungen von dir, die die Leute in dem Glauben lassen, dass dem tatsächlich so ist.“, wirft Egon ein und richtet sich die Brille. Abschätzend mustert Venkman seinen blonden Partner, doch er hat den Wink mit dem Zaumpfahl durchaus verstanden. „Ehe mir noch was anderes Dämliches einfällt, sollten wir vielleicht loslegen.“, resigniert Peter. „Das ist ja mal ein erstaunlich guter Vorschlag von dir!“, setzt Winston an und erntet dafür einen beleidigten Seitenblick von dem Brünetten. Insgeheim kann sich Julia ganz gut vorstellen, dass die Leute sie für komisch halten, bei so einem netten Umgang miteinander. Dann noch das Geisterjagen dazu und man hat einen perfekten Haufen Spinner! ‚Ich bin echt mal gespannt, wie die Herren arbeiten…‘, geht es ihr durch den Kopf, während sie die merkwürdigen Geräte betrachtet, die die Jungs jetzt zusammensammeln. Versucht leise huschen die fünf durch die größtenteils verlassenen Gänge der psychiatrischen Klinik. Da das Abendessen schon vorbei ist, sind die Patienten in ihren Zimmern und die Pfleger bereiten alles für die Nacht vor. Unbemerkt gelangen sie schließlich zu Carols Zimmer. Von drinnen ist kein Mucks zu hören, doch das heißt ja noch lange nichts. Ein Zettel an der Tür, den die vorherige Schicht aufgehängt hat, informiert Julia, dass das Zimmer nach dem gestrigen Anfall gereinigt und die Wunden der Insassin behandelt wurden. Ansonsten sei alles entspannt verlaufen. Dass klingt zumindest beruhigend, dennoch ist Julia die Anspannung anzusehen. Mit einem Blick zu den Jungs öffnet sie die Tür. Sie hat noch keinen Schritt in den Raum hineingemacht, da schlägt ihr der Geruch von frischem Blut entgegen. Dicht darunter kann sie noch die Reste des Putzmittels wahrnehmen. Als sich Julia umsieht, entdeckt sie Carol in einer Ecke hockend. Zusammengekauert sitzt sie da, die blutigen Finger pressen sich gegen ihre Schläfen, ihr Gesicht ist schmerzverzerrt und an der Wand neben ihr prangert wieder das Wort, dass die Schwester schon gestern gesehen hat. „Carol? Hier ist Besuch für dich…“, verkündet die Pflegerin und versucht dabei gelassen zu wirken. Die Angesprochene hebt langsam den Kopf und blickt die vier Fremden mit tränenfeuchten Augen an. Mit betroffener Miene nähern sich die Geisterjäger. „Ich kenne diese Männer nicht.“, gibt Carol etwas ängstlich zurück. „Das weiß ich. Doch sie sind hier, um dir zu helfen. Damit du dir nicht mehr selbst wehtun musst.“, erläutert die Schwester. „Dann sind sie ein Doktor?“, fragt sie Peter, der sich vor sie hingehockt hat. „Ja.“, lächelt er ihr warm entgegen. „Ein ganz besonderer sogar.“ „Werden sie mich auch unter Drogen setzten, so wie die anderen Ärzte?“, fragt sie zweifelnd. Peter wirft Julia einen seltsamen Blick zu, als wolle er stumm fragen, was für unorthodoxe Methoden hier so an der Tagesordnung stehen. Schuldbewusst wendet die Schwester den Blick ab. „Nein, keine Sorge. Wir verabreichen keine Drogen oder Medikamente. – Im Moment wollen wir nur erst mal beobachten und dann entscheiden wir, was das Beste ist.“, macht Venkman ihr erstaunlich zartfühlend klar. Carol bringt ein schwaches Lächeln zustande. „In Ordnung.“, erwidert sie und der Brünette wendet sich wieder seinen Kollegen zu. „Was denkt ihr?“ fragt er in die Runde. „Ich kann nichts Ungewöhnliches entdecken…“, gibt Winston zurück. „Das PKE-Gerät zeigt bis jetzt keine Aktivitäten an.“, stellt Egon fest. Ray betrachtet derweilen stirnrunzelnd die blutbeschmierte Wand. Das Wort darauf kommt ihm komisch vor, weshalb er es sich auf einem kleinen Zettel notiert. Er hat es schon mal gehört, kann sich aber im Moment nicht daran erinnern. Gerade als Raymond der Meinung ist, doch noch hinter die Bedeutung des Wortes zu kommen, beginnt das PKE-Gerät zu piepsen. Doch das Geräusch klingt nicht wie sonst immer, hektisch und aufgeregt. Vielmehr scheint es so, als wüsste es selbst nicht so genau, was es von dem halten soll, was es aufgespürt hat. Die freischwingenden Antennen zucken hoch, dann legen sie sich wieder an, als wäre nichts, nur um dann erneut in die Höhe zu schnellen. Die Anzeigenadel scheint ein ähnliches Schicksal zu teilen. Sie springt von null in den roten Bereich, dann zurück zur relativ ungefährlichen Mitte, zurück auf Rot und dann null. Irritiert betrachten die Jungs dieses seltsame Verhalten. „Was bedeutet das?“, fragt Winston doch etwas besorgt. „Ich habe nicht die geringste Ahnung…“, gibt Egon missmutig zu und kratzt sich nachdenklich am Hinterkopf. Das Gerät gibt ein an- und abschwellendes Piepsen von sich, das erschreckende Ähnlichkeit mit der Warmsirene hat, die die Stadt vor Gefahr warnen soll. Der Tüftler hält es für das Beste, das Gerät abzuschalten, doch so weit kommt er nicht. Kurz bevor seine Finger den Schalter erreichen, gibt es einen Kurzschluss. Ein elektrischer Blitz zuckt über das Display hinweg, ein feines Rauchwölkchen steigt aus dem Gehäuse, dann verstummt es endgültig. „Huch? – Muss wohl eine Fehlfunktion sein…“, gesteht der Blonde. „Ist so was denn möglich?“, fragt Peter skeptisch, da ihm nur zu gut bewusst ist, wie perfekt sein Kollege immer zu sein versucht. Ein roter Schimmer huscht über die Wangen des hochgewachsenen Mannes. „Eigentlich sollte es nicht möglich sein. – Andererseits könnte es auch sein, dass wir hier von etwas sehr Ungewöhnlichem umgeben sind, was das PKE-Gerät schlichtweg überfordert…“ Als wäre es eine Bestätigung von Egons Vermutung, ertönt hinter ihnen ein düsteres Lachen. Erschrocken schlägt Julia die Hände vor den Mund und weicht zurück. „Genau das habe ich gemeint!“, verkündet sie gepresst. Angriffsbereit formieren sich die Jungs und starren Carol an. Die junge Frau hockt immer noch ungerührt in der Ecke. Nun blickt sie sich aber mit wachen, unglaublich dunklen Augen um. Ihr Gesicht ist zu einem durchtriebenen Grinsen verzogen. Von ihren geballten Fäusten tropft frisches Blut. Wieder ertönt das Lachen. Es stammt eindeutig von Carol und doch wieder nicht. Stattdessen scheint es aus ihrem tiefsten Inneren zu kommen, dort, wo sich etwas Fremdartiges festgebissen hat, dass durch sie spricht. „Ich werde ihn töten, ihn bestrafen, für das, was er mir angetan hat!“, ertönt eine tiefe Männerstimme aus ihrem Rachen. Das schaurige Lachen erfüllt noch einen Augenblick den Raum, dann scheint das Wesen zu verschwinden und Carol beginnt hilflos zu schreien. „NEIN, bitte! Raus aus meinem Kopf!“, wimmert sie und Julia nähert sich ihr, um sie zu beruhigen. Die Jungs lassen ihre Strahler stecken und entspannen sich wieder. „Was in aller Welt war das denn?“, fragt Venkman atemlos. „Sieht aus, als wäre sie von etwas besessen…“, erwidert Winston vorsichtig. Hilfesuchend blickt er erst zu Ray und dann zu Egon. Beiden steht ins Gesicht geschrieben, dass sie derselben Ansicht sind und, dass sie gleichzeitig vor einem gewaltigen Problem stehen. Wie sollen sie dieses Etwas nur aus Carol herausbekommen, ohne sie umzubringen? Mit einem nicht gerade guten Gefühl und ziemlicher Ratlosigkeit, machen sich die Geisterjäger wieder auf den Heimweg. Nur Peter bleibt in der Klinik, falls sich dieses Etwas noch einmal zeigen oder gar Ärger machen sollte. Wenig später hocken die drei Übrigen zusammen und versuchen eine Lösung zu finden. Penibel ist Egon währenddessen damit beschäftigt, herauszufinden, was das PKE-Gerät letztendlich in die Knie gezwungen hat. Winston liest derweilen in mehreren Büchern alles zum Thema Besessenheit und Ray versucht endlich herauszufinden, was das Wort bedeutet, das Carol wiederholt an die Wand geschrieben hat. „Denkst du denn, dass das wirklich von Bedeutung ist und nicht nur irgendein Kauderwelsch?“, fragt ihn der Bauarbeiter schließlich, nachdem Raymond schon zum zweiten Mal frustriert aufseufzt. „Ich denke nicht, dass es Unfug ist, aber dafür müsste ich wissen, was es heißt…“, kommentiert der Mechaniker. „Ich habe es irgendwo schon mal gehört, komme aber einfach nicht drauf. – Egon, du sprichst doch etliche Sprachen…“ Der Blonde blickt zu ihm auf, ein Schraubenzieher klemmt dabei zwischen seinen schwungvollen Lippen und die Brille ist ihm soweit auf die Nasenspitze gerutscht, dass sie jeden Moment abzustürzen droht. Bedächtig nimmt er sein Werkzeug aus dem Mund. „Wie heißt das Wort noch gleich?“, fragt der Tüftler und rückt seine Sehhilfe mit spitzen Fingern zurecht. „Dibbuk…“, erwidert Ray wenig hoffnungsvoll. Schon wieder mit den Fingern am PKE-Gerät, runzelt Egon die Stirn. „Dibbuk ist die Bezeichnung für einen jüdischen, bösartigen Totengeist.“, erläutert der Tüftler so beiläufig, als würde er über das Wetter reden. Ray und Winston sehen sich irritiert an. „Warum hast du das denn nicht gleich gesagt?“, entgegnet ihm der Schwarzhaarige leicht verstimmt. Verwundert blickt der Ältere auf. „Ihr habt mich nicht danach gefragt…“, gibt er beinahe vorwurfsvoll zurück und widmet sich wieder seiner Arbeit. Doch etwas baff blicken sich Ray und Winston erneut an. „Ok, es ist also ein Totengeist und weiter?“, hakt der Rothaarige nach. „Theoretisch müssten wir ihn einfangen können, was sogar von äußerster Wichtigkeit ist, da es ein sehr gefährliches Wesen ist. Die nennenswerte Schwierigkeit besteht allerdings darin, dass wir ihn vorher aus dieser Frau extrahieren müssen. Und ehe ihr fragt, nein, ich weiß wirklich nicht, wie so etwas vonstattengehen soll, ohne ihr Schaden zuzufügen…“, erwidert Egon ein letztes Mal, ehe das kaputte PKE-Gerät seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nimmt. „Naja, immerhin besser als nichts…“, seufzt Ray. „Stimmt. Aber vielleicht finden wir ja in der Bibliothek etwas Hilfreiches? – Hey Egon? Willst du mitkommen?“, fragt Winston. „Hm…“gibt der Tüftler nur von sich. Keiner der beiden hält das für eine aussagekräftige Antwort. Umso überraschter sind sie daher, als sich der Blonde nun erhebt, mit einer fließenden Bewegung alle Teile zusammensammelt und sich dann in Richtung Ecto-1 begibt, ohne sein Denken auch nur zu unterbrechen. In der Bibliothek angekommen, setzt sich Egon an einen Tisch in der hintersten Ecke und bastelt weiter, als wäre nichts gewesen. Schulterzuckend betrachten ihn seine beiden Kollegen und machen sich dann auf die Suche nach dem richtigen Buch. Mit dem Finger über die Buchrücken gleitend, schreitet Raymond einen langen Gang ab, von dem er denkt, dass er dort das richtige Buch finden wird. Leise vor sich hinmurmelnd versucht er den Titeln zu entnehmen, wie vielversprechend sie sind. Winston versucht sein Glück auf dem Regal, das Ray´s gegenübersteht. Dabei kommt er nicht umhin, seinen Kollegen und Liebhaber zu beobachten. Unweigerlich muss er schmunzeln, als er sieht, wie der Mechaniker stumm jeden Titel vorliest. Unbewusst bewegt er dabei die Lippen, wie ein kleines Kind, das einen schwierigen Satz zusammenbekommen muss. Schließlich bleibt der Rothaarige stehen und starrt eines der Bücher an, als wüsste er gar nicht, was er dort vor sich hat. Bei diesem Anblick muss sich Winston echt das Lachen verkneifen, stattdessen geht er zu dem jungen Mann hinüber. „Hey Hübscher, schon was vor?“, fragt er frech und lehnt sich neben ihn ans Regal. Irritiert wendet sich der Angesprochene zu ihm um. Ein roter Schimmer huscht über Ray´s Wangen hinweg. „Äh, ich denke schon…“, erwidert er leicht verloren. Nun muss Winston doch lachen. „Was ist so lustig?“, fragt der Jüngere. „Nichts, nur wie du gerade geguckt hast.“ „Wenn du meinst. – Aber ich denke, ich habe das richtige Buch gefunden!“ „Klasse!“ Doch er gibt dem Rothaarigen nicht die Chance, das entsprechende Buch zwischen den anderen hervorzuziehen. Stattdessen drückt er ihn sanft gegen das Regal und sieht ihm tief in die Augen. Überrascht sehen ihn die schokoladenfarbenen Seelen an. „Hast du schon mal was Anderes in einer Bibliothek gemacht, als nur Bücher zu lesen?“, fragt der Bauarbeiter in einem seltsamen Tonfall, der bei Ray eine Gänsehaut verursacht. Wieder huscht ein roter Schimmer über seine Wangen. „Nein, warum auch? Außerdem hörst du dich irgendwie an wie Peter…“, kommt es etwas unbehaglich von dem Mechaniker. Und Winston muss zugeben, dass er da wohl nicht ganz unrecht hat, auch wenn ihn das verdammt wurmt. „Mag sein, aber ich werde dir diesen unschönen Vergleich noch mal durchgehen lassen. Aber nur, wenn ich dafür einen Kuss bekomme!“ Fordernd sieht er seinen Partner an und stützt die Hand am Regal ab, damit Ray auch nicht so leicht abhauen kann. „So was gehört sich hier aber nicht! Außerdem kann Egon uns sehen…“, flüstert Ray zurück. Dem ist tatsächlich so – zumindest steht der Tisch, an dem der Tüftler hockt, unweit dem Ende des Ganges. Winston kann ihn deutlich sehen, was aber auch nicht weiter schlimm ist, da der Blonde ja weiß, was zwischen ihnen läuft. „Natürlich gehört sich das nicht, aber das macht doch den Reiz dabei aus! Und um Egon würde ich mir keine Sorgen machen, der ist doch beschäftigt.“ Verführerisch beugt er sich dichter zu seinem Partner. Dabei kann er deutlich sehen, wie Ray innerlich resigniert und dennoch funkelt die Vorfreude in seinen Augen auf. Rasch blickt sich der Jüngere in dem langen Gang um, ob sie auch von sonst niemandem beobachtet werden können. Egon ist ja eine Sache, die man auch schon mal vernachlässigen kann, doch Außenstehende sind etwas Anderes. Immerhin haben sie einen gewissen Ruf zu verteidigen, der ohnehin bei den meisten Leuten nicht der beste ist. Doch die Luft ist rein. In so einen eher speziellen Gang verirren sich auch nicht gerade viele Leute. Ray wendet ihm wieder den Blick zu und lächelt sanft. Winston erwidert das Ganze, ehe er die kurze Distanz zu ihm überwindet und seine Lippen einfängt. In dem Kuss liegt all die Sehnsucht, die die beiden Männer für einander empfinden und so ist es kaum verwunderlich, dass sie sich schnell darin verlieren. Langsam wandern die Hände des Bauarbeiters hinab und ruhen schließlich auf den Hüften seines Gegenübers. Raymonds Finger gleiten derweilen in die kurzen, schwarzen Haare des anderen und ziehen ihn noch etwas dichter zu sich. Der Moment scheint unendlich und unglaublich perfekt, gespickt mit einem Hauch Nervenkitzel. Es wäre wirklich schade sich trennen zu müssen, doch irgendwann muss es ja sein. Bevor die beiden jedoch den Entschluss dazu fassen, ertönt ein paar Gänge weiter ein dumpfes Poltern, als ein unachtsamer Besucher ein dickes Buch zu Boden fallen lässt. Leise kann man ihn schimpfen hören. Die beiden Geisterjäger durchfährt ein heftiger Schreck und der Rothaarige drückt den anderen, nicht ohne Bedauern leicht von sich weg. Einen Augenblick herrscht nahezu ersticktes Schweigen zwischen den beiden, dann bricht Winston es. „Vielleicht sollten wir uns das Buch mal ansehen, das du gefunden hast?“ „Oh äh, ja, dass wäre gut!“, versucht Ray seine Fassung wiederzufinden. Langsam dreht er sich um und zieht den dicken Wälzer zwischen den anderen Büchern hervor. Das Werk ist in dickes, braunes Leder gebunden und mit goldenen Buchstaben verziert. Umgeben von kunstvollen Schnörkeln steht: „Das Buch der jüdischen Wesenheiten“. Mit dem Nachschlagewerk begeben sich die zwei zu Egon an den Tisch. Ray hat das Buch noch gar nicht abgelegt, da ertönt auch schon die vorwurfsvolle Stimme des Tüftlers. „Ich denke ihr wisst, dass euer unziemliches Verhalten in so einer Einrichtung nichts zu suchen hat? Dennoch bin ich angetan davon, dass ihr darüber hinaus nicht den wirklichen Grund unseres Besuches vernachlässigt habt und scheinbar fündig wurdet.“ Der Blonde blickt nicht mal von seiner Arbeit auf, dennoch fühlen sich seine ertappten Kollegen, als würden sie gerade von einem Lehrer getadelt werden, der sie bei etwas Verbotenem hinter dem Schulgebäude entdeckt hat. „Tschuldigung…“, geben die beiden kleinlaut von sich und setzen sich dann hin. Egon beendet für den Moment seine Arbeit, um zu sehen, was die zwei gefunden haben. Zu ihrer Überraschung ist im Gesicht des Tüftlers nichts zu sehen von seinem eben ausgesprochenen Tadel. Seine Miene wirkt vollkommen neutral, durchzogen von einem Hauch Neugierde, als er das Buch betrachtet. Er zieht es zu sich hinüber und beginnt darin zu blättern. Seine langen, schlanken Finger überfliegen die Seiten mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit, bei der einem fast schwindlig wird. Ray und Winston können kaum erkennen, was überhaupt auf den Seiten steht, als Egon mit einem triumphierenden Geräusch zum Stoppen kommt. Penibel rückt er seine Brille zurecht und beginnt zu lesen. „Ein Dibbuk ist nach jüdischem Volksglauben ein böser Totengeist, der in den Körper eines Lebenden eintritt und bei diesem irrationales Verhalten bewirkt. Die Seele des Toten konnte sich aufgrund ihrer Verfehlungen nicht von der irdischen Existenz trennen und sucht nach einem lebenden Körper, um diesen zu besetzen. Die Auswirkungen des Dibbuk entsprechen demzufolge der bekannten Besessenheit, was sich auch in seinem Namen widerspiegelt, der ‚Umklammerung‘ oder ‚Anhaftung‘ bedeutet. Der böse Geist, der in einem lebenden Menschen fährt, klammert sich an seine Seele, ruft Geisteskrankheit hervor, spricht durch seinen Mund und stellt eine von ihm getrennte und fremde Person dar. Es wird angenommen, dass eine Seele, die zu Lebzeiten ihre Funktion nicht erfüllen konnte, eine weitere Möglichkeit dazu in Form eines Dibbuk erhält.“, endet Egon am unteren Rand der Seite. Prüfend sieht er seine beiden Mitstreiter an. „Dann hattest du also recht mit dem Totengeist.“, erwidert Winston. „Das erklärt dann auch, warum Carol mit einer anderen Stimme gesprochen hat und sich nicht daran erinnern kann, da in ihr eine eigenständige Existenz wohnt, die zeitweise die völlige Kontrolle über ihren Körper übernimmt.“, erläutert Raymond erstaunt. „Das ist wirklich faszinierend. Ich frage mich nur, was dieses Wesen zu Lebzeiten nicht beenden konnte…“, denkt Egon nach. „Vielleicht hat es etwas mit diesem Bankier zutun. Carol wird doch vorgeworfen, ihn umbringen zu wollen und als dieser Dibbuk Besitz von ihr ergriffen hat, sagte er doch, er wolle jemanden töten…“, erinnert sich Winston. „Gut möglich. Der Name von dem Typ kam mir auch bekannt vor. Ich glaube, es wurde schon mal ein Anschlag auf ihn verübt, doch damals konnte der Täter rechtzeitig gestoppt werden. – Die Polizei hat ihn, meiner Meinung nach sogar erschossen…“, grübelt der Mechaniker. „Da sehe ich durchaus verwertbare Parallelen.“, bestätigt Egon. „Steht denn da auch, wie man diesen Dibbuk nun wieder loswird? Deswegen sind wir ja eigentlich hier. Wenn Carol dieses Wort an die Wand geschrieben hat, scheint ihr doch irgendwie bewusst zu sein, dass sie nicht allein in ihrem Körper ist…“, fragt der Schwarzhaarige. Grübelnd blättert Egon die Seite um und überfliegt den weiteren Text. „Der Dibbuk kann nur durch einen Zaddik und die ihm umgebenden Minjan, welche im Totenhemd gekleidet sind, ausgetrieben werden. Dabei wird Räucherwerk verbrannt, Gebete gesungen und auf dem Schofar geblasen.“ „Steht denn da auch, was ein Zaddik und diese Minjan sind?“, fragt Winston. Egon blättert durch das Buch. „Nein, doch aus dem Kontext würde ich mal vermuten, es handelt sich um eine Art jüdischen Priester, sprich ein Rabbi, und die Minjan sind dann wohl seine Helfer, die nötig sind, um einen traditionellen Gottesdienst abhalten zu können.“, kommt es nachdenklich von dem Tüftler. „Und was ist ein Schofar? Hört sich an wie ein Instrument…“, wirft Ray ein. „Ja, das ist eine Art Horn, das im vorderen Orient benutzt wird.“, erklärt diesmal Winston. „Gut, ich fasse mal zusammen. Um diesen Dibbuk austreiben zu können, brauchen wir also einen Zaddik, der diese Technik beherrscht und seine Minjan und ein Schofar. Wenn diese fragwürdige Prozedur tatsächlich funktioniert, wird die fremde Seele aus dem Wirtskörper freigelassen und kann dann von uns eingefangen werden.“, zählt der Blonde auf. „Peter wird sicher begeistert sein, wenn er das hört. Es erinnert mich an den Film vom Exorzisten.“, kommt es mit einem Anflug von Begeisterung von Raymond. „Ich hoffe ja nicht, dass das Ganze diese Ausmaße annimmt. Und außerdem müssen wir erst mal diese Personen finden, die bereit sind, sich einer solchen Gefahr auszuliefern und uns zu helfen.“, mahnt der Tüftler. „Wahrscheinlich finden wir solche Leute in einer Synagoge. – Wenn ich mich recht erinnere, müsste es im Gramercy Park Viertel eine ziemlich alte geben. Mir liegt der Name auf der Zunge. – Brotherhood, war es, glaub ich…“, versucht es der Bauarbeiter zusammenzubekommen. „Das halte ich für durchaus logisch. Wir sollten so schnell wie möglich dort hinfahren und unsere Befürchtung kundtun.“, meint Egon. Suchend steuert Ray den Einsatzwagen durch das Viertel, von dem Winston glaubt, dass sich hier die Synagoge befindet. Noch während die beiden Männer mit der Auffindung des Gebäudes beschäftigt sind, beendet Egon seine Arbeit an dem kaputten PKE-Gerät. Mit einem zufriedenen Seufzen verschraubt er die hintere Abdeckklappe und legt sein Werkzeug zur Seite. „Alles klar dahinten, Egon?“, fragt der Bauarbeiter. Mit einem nahezu fröhlichen Ausdruck im Gesicht, wendet sich der Blonde ihm zu. „Definitiv. Das PKE-Gerät funktioniert wieder. Doch ich fürchte, dass ich es für diesen Auftrag nicht mehr benutzen kann, da es sonst wieder eine Fehlfunktion aufweisen könnte…“, berichtet der Tüftler leicht deprimiert. „Naja, ich denke, wir werden es wohl nicht brauchen. Immerhin steckt dieser Dibbuk ja in Carol und die kann man ja ohne Probleme sehen.“, entgegnet Ray. „Das stimmt, aber kannst du das auch sagen, wenn er ausgetrieben ist?“, hackt Winston nach. „Nein, aber ich hoffe, dass der Zaddik und seine Leute das irgendwie hinbekommen oder er sich uns zeigt…“, erwidert der Mechaniker. Ein paar Minuten später parkt Raymond seufzend am Straßenrand. „Bist du sicher, dass die Synagoge hier ist? Ich bin die Straße jetzt schon dreimal abgefahren…“ „Doch, ich bin mir sicher.“, beharrt Winston und sieht sich wieder um. „Ich denke, es ist das Sandsteingebäude dort vorn.“, wirft Egon plötzlich ein und deutet mit dem Finger auf einen Bau drei Häuser weit entfernt. Stirnrunzelnd betrachten die beiden anderen das Bauwerk. „Denkst du? Es sieht eher wie eine Schule aus…“, meint Raymond. „Ich muss zugeben, es ist schlicht gehalten, aber das sagt ja nichts über das Innere aus. Außerdem befindet sich neben der Eingangstür ein Chanukkaleuchter.“, ergänzt der Blonde. Mit einem Schulterzucken setzt der Rothaarige den Wagen etwas vor und parkt gegenüber dem Gebäude. Und tatsächlich, neben der Eingangstür, eingelassen in den nachgedunkelten Sandstein, hängt ein neunflammiger Leuchter. Über der Tür sitzen goldene Buchstaben, die lediglich das Wort ‚Brotherhood‘ bilden, sonst deutet rein gar nichts auf ein Gotteshaus hin. Im Innern wird jedoch deutlich, um was es sich hier wirklich handelt. Die hohen Wände des großzügigen Saals sind in einem zarten Elfenbeinweiß gehalten. Links und rechts eines marmorgefliesten Mittelgangs reihen sich weißgetünchte Kirchenbänke. Der Altar am Kopfende des Raumes ist von einem niedrigen, weißen Zaun umgeben. An der hinteren Wand steht ein kunstvoll verzierter Schrein aus Holz, der von einem aufwendig gestalteten, auf dünnen Säulen gestützten, kurzen Dachs umrahmt wird. Links und rechts des Schreins reihen sich insgesamt zehn weiße Holzstühle. Auf ihnen sitzen zehn Männer in langen, weißen Gewändern. Ihre Köpfe sind gesenkt und sie murmeln einen jüdischen Singsang vor sich hin. Vor ihnen, hinter einem kleinen Rednerpult, steht ein ältlicher Mann mit langem, graumeliertem Bart, gehüllt in ein schwarzes Gewand und mit einem schwarzen Hut auf dem Kopf. Der Rabbi leitet das Gebet an und liest mit seiner klangvollen Stimme aus der Thora vor, die ausgerollt auf dem Pult vor ihm liegt. Die Herren sind so in ihr Tun vertieft, dass sie die Anwesenheit der drei Fremden gar nicht bemerken. Etwas unsicher verharren die Geisterjäger am Eingang und blicken sich um. Doch außer den elf Männern vorn auf dem Altar scheint niemand in dem Gebäude zu sein, was wohl bedeutet, dass dies keine Messe ist, in die sie hineingeplatzt sind. Dennoch überkommt die drei so etwas wie Ehrfurcht an so einem fremden Ort und trotz der Dringlichkeit, die in ihnen rumort, rühren sie sich erst mal nicht von der Stelle. Langsam beenden die Minjan ihren Singsang und verstummen. Auch der Zaddik stößt kraftvoll die letzten Zeilen in das hohe Gewölbe des Saales hinein. Einen Moment hallen seine Worte noch nach und verleihen ihnen noch mehr Gewicht. Dann blickt der Bärtige leicht irritiert auf und mustert die drei Männer. „Kommt näher, meine Söhne und verkündet euer Begehren!“, fordert er die Geisterjäger mit einem warmen Lächeln auf. Etwas unsicher sehen sich die Jungs an, dann tritt Ray vor und die anderen folgen ihm. „Wir bitten vielmals um Verzeihung, falls wir sie gestört haben, Rabbi. Doch wir hätten ein dringendes Anliegen und hoffen, dass sie uns helfen können…“, verkündet der Mechaniker. Der alte Mann gibt seinen Beisitzern ein Handzeichen, woraufhin sie sich erheben und in einen Nebenraum verschwinden. Dann fährt er sich geduldig mit den Fingern durch den langen Bart und betrachtet die Jungs erneut. „Ich spüre, dass ihr große Sorgen habt, meine Söhne.“ „Das stimmt. Wir versuchen zu helfen, brauchen dafür aber selbst Hilfe, wie es scheint.“, ergänzt Winston. Der Zaddik weist sie an, sich auf die vordere Bank zu setzen und dann beginnen sie zu erzählen. Mit einer Mischung aus Geduld und Schrecken verfolgt der Schwarzgekleidete den Bericht der Jungs. Im Gegensatz zu den meisten Leuten mit denen sie sonst über so etwas reden müssen, stoßen sie hier nicht auf Unglauben. Ganz im Gegenteil ist der Rabbi tief bestürzt von der Tatsache, richtiggehend schockiert. „Ei weh, das hört sich ja wirklich ernst an. Der armen Frau muss dringend geholfen werden!“, bringt der inzwischen sichtlich blassgewordenen Zaddik hervor. „Denken sie denn, dass sie uns dabei helfen können, Rabbi?“, fragt Winston. „Mein Junge, es ist fast vierzig Jahre her, seit ich zum letzten Mal etwas mit einem Dibbuk zu tun hatte. – Meine Minjan sind mit so etwas noch nie in Berührung gekommen, dennoch kennen sie das alte Ritual. Obwohl ich bezweifle, dass alle an die Existenz so eines Wesens wirklich glauben…“ Marcel Rosenbaum schweigt eine ganze Weile, geht in sich, um nach einer Entscheidung zu suchen. Still geben die Ghostbusters ihm die nötige Zeit, auch wenn die Dinglichkeit in ihnen immer größer wird. Nach fast fünf Minuten, die der Rabbi mit geschlossenen Augen dagesessen hat, hebt er den Kopf. „Ich denke, es steht völlig außer Frage, dass wir helfen müssen und ich bin bereit dieses Risiko einzugehen. Allerdings müssen meine Minjan dem ebenso zustimmen. Ohne sie ist das Ritual nicht durchführbar und ich kann sie auch nicht ersetzen…“, bekräftigt der Zaddik. „Selbstverständlich. Dann reden sie bitte mit ihnen. Wir warten solang.“, entgegnet ihm Egon. Mit einem Nicken erhebt sich Rosenbaum und schreitet in den Nebenraum. Angespannt warten die Jungs auf sein Wiederkehren. Die Wartezeit ist diesmal weit länger und die drei fürchten schon, dass das Ganze nichts wird. Von nebenan dringen aufgebrachte Stimmen herüber, unverständlich, aber die Gefühlslage der Männer deutlich hörbar. Die Geisterjäger sehen ihre Mission schon scheitern, als sich plötzlich die Tür öffnet und der Rabbi mit seinen Beisitzern erscheint. Einige der zehn Männer sind kaum älter, als die Jungs selbst, daher ist es verständlich, dass sie zweifelnd oder gar ängstlich aussehen. „Die Entscheidung steht, wir werden euch helfen!“, verkündet Marcel. In seiner Stimme schwingen dabei Erleichterung ebenso wie Angst mit. „Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viel uns das bedeutet! Nicht unseretwegen, sondern wegen Carol!“, kommt es mit einem Anflug von Begeisterung von Raymond. „Darf ich fragen, wie die Austreibung einer solchen Wesenheit normalerweise von statten geht? Einige Informationen konnten wir auftreiben, doch was passiert, nachdem der Dibbuk vom Körper des Wirts getrennt wurde?“, wirft Egon ein. „Nun ja, das ist der schwierigste Teil, der die meiste Kraft erfordert. Ist der Dibbuk frei, sucht er augenblicklich nach einem neuen Wirt, was jeden Anwesenden treffen kann, uns eingeschlossen. – Es muss uns gelingen, ihn mental festzuhalten und dann wird das Wesen in eine spezielle Box gesperrt, die dann vergraben wird.“, erläutert Marcel. „Was ist denn das Besondere an dieser Box?“, kommt es neugierig von Ray. „Sie ist aus gesegnetem Holz hergestellt worden und soll den Dibbuk daran hindern auszubrechen. – Doch ich will ganz ehrlich sein, da ihr euch ja mit solchen Dingen auskennt. Diese Methode hat ihre Tücken, je nachdem wie stark der Dibbuk ist. Daher ist es durchaus möglich, dass er wieder ausbricht, ehe die Box vergraben wurde und auch die gesegnete Erde kann ihn nicht unbedingt aufhalten…“ Die Furcht in den Gesichtern der Gläubigen ist deutlich sichtbar geworden. „Ich kenne etliche Aufzeichnungen, in denen sich der Dibbuk befreit hat und dann in einen anderen Wirt sprang. Sollte es mich oder einen meiner Minjan treffen, ist alles verloren, da das Ritual dann nicht mehr durchgeführt werden kann. Selbst wenn er unseren Körper wieder verlassen sollte, sind unsere Seelen für alle Zeit beschmutzt. – Daher hoffe ich, dass ihr mit eurer seltsamen Magie in der Lage seid, ihn auf ewig wegzusperren…“, zweifelnd sieht Rosenbaum die Jungs an. „Wir werden unser Bestes tun.“, verspricht Winston und versperrt damit Egon das Wort, der sich sicher gerade darüber auslassen wollte, dass sie keineswegs so etwas wie Magie benutzen. „Gut, dann lasst uns anfangen, die Zeit drängt!“, richtet der Rabbi an seine Männer. Sie verstreuen sich und sammeln alles zusammen, was sie brauchen. Wenig später fahren sie alle gemeinsam in einer Kolonne zur Klink. Als sie auf dem Parkplatz halten, erblicken sie unweit des Eingangs Peter und Julia. Die Pflegirin scheint ziemlich aufgelöst zu sein, weshalb Venkman tröstend einen Arm um sie gelegt hat. Schon von weitem ist zu erkennen, dass der selbsternannte Anführer nicht gerade erfreut über diese Tatsache ist. Er scheint regelrecht wütend zu sein. Als er seine Kollegen erblickt, führt er Julia zu Ecto-1 hinüber und verfrachtet sie erst mal auf den Rücksitz, damit sie sich etwas beruhigen kann. „Was ist passiert?“, fragt Ray irritiert und reicht der Pflegerin ein frisches Taschentuch. Schniefend nimmt sie es entgegen, weshalb Venkman für sie antwortet. „Carol hatte wieder einen Anfall. Er war so schlimm, dass sogar ein Arzt gekommen ist, weil sie so laut rumgeschrien hat. Dem Doktor ist es zwar gelungen, ihr eine Spitze zu geben und so zu beruhigen, aber das Beste kommt noch! Der Typ hat mich erkannt und aus der Klink rauswerfen lassen und Julia hat ihren Job verloren, weil sie solche Hirngespinste in die Welt gesetzt hat und jetzt dürfen wir nicht mehr rein…“, kommt er so zornig von dem Brünetten, dass er wütend die Fäuste ballt und scheinbar nach etwas sucht, wo er draufschlagen kann. Glücklicherweise befindet sich nicht wirklich etwas Geeignetes in seiner Reichweite, weshalb er nur ein ungehaltenes Knurren von sich gibt und mit seinem schweren Stiefel auf den Asphalt stampft, gleich einem kleinen Jungen, der nicht bekommt, was er will. Unter anderen Umständen wäre dieser Anblick wahrscheinlich unglaublich komisch, doch jetzt macht er einfach nur deutlich, wie frustriert Peter ist. Dennoch scheint es ihm nach diesem halbherzigen Ausbruch besser zu gehen, sodass er wieder scherzen kann. „Und wie läuft es bei euch so? Habt ihr euch ein paar neue Freunde zugelegt? Sehen ja echt nett aus, aber ihr hättet ihnen wirklich die Zeit geben sollen, sich was anderes als diese Nachthemden anzuziehen.“ Er grinst kurz, doch es hat nichts Fröhliches an sich. Es gleicht eher einem weiteren Versuch, sich selbst wieder auf den Teppich zu bringen. Gekonnt ignoriert der Rabbi Peters Beleidigungen und erklärt ihm, worum es eigentlich geht. Schnell wird dem Brünetten dabei klar, dass dies hier nun wirklich kein Kinderspiel mehr wird und sie hier vor einem wirklich gefährlichen Auftrag stehen, der diesmal nicht nur ihr Leben in Gefahr bringt, sollten sie einen Fehler machen. „Das klingt ja wirklich herrlich! – Doch wie sollen wir wieder in die Klinik kommen?“ „Können wir nicht einfach wieder durch den Keller gehen, wie beim letzten Mal?“, fragt Winston. „Nein – Sie haben Wachposten vor Carols Tür gestellt…“, schnieft Julia. „Das halte ich für mehr als übertrieben.“, entgegnet Egon verstimmt. „Was ist, wenn wir einen Stromausfall verursachen? Es gibt doch sicher ein Notstromaggregat?“, wendet sich Ray an Julia. „Ja, das gibt es. Doch was hast du vor?“, fragt sie zweifelnd. „Wenn ich auch das Aggregat abstelle, wird es hier drunter und drüber gehen und dann können wir über den Keller ganz einfach zu ihrem Zimmer gelangen und uns dort einschließen.“, erklärt der Mechaniker. „Weißt du eigentlich wie durchtrieben sich das anhört?“, wirft Peter ein. Ray zuckt leicht zusammen, dann legt Venkman plötzlich den Arm um seine Schulter. „Aber die Idee könnte kaum besser sein!“, grinst er dem Jüngeren entgegen und blickt in die Runde. Raymond steigt die Röte ins Gesicht, doch keiner erhebt Einwände gegen seinen Vorschlag, auch wenn das Ganze schon an Vandalismus grenzt. Durch einen unbewachten Hintereingang, der nur für Personal gedacht ist, gelangt die Truppe ins Treppenhaus und von dort in den Keller. Julia zeigt Ray den Sicherungslasten und das Notstromaggregat und der Mechaniker macht sich auch sogleich ans Werk. Schon kurz darauf erlöscht das Licht und das Aggregat springt an. Viel Zeit seiner Bestimmung nachzukommen, hat das Gerät aber nicht, da Raymond sich auch an ihm zu schaffen macht. Augenblicke später stehen sie alle völlig im Dunkeln und über ihnen werden aufgeregte Schritte laut. Bewaffnet mit Taschenlampen, führt Julia die Männer nach oben. Dort ist das Chaos schier perfekt. Überall wuseln aufgebrachte Ärzte und Schwestern herum und versuchen die völlig panischen Patienten wieder unter Kontrolle zu bekommen. In der vorherrschenden Dunkelheit ein Ding der Unmöglichkeit. Dennoch kostet es die Gruppe einiges an Mühe, sich unbemerkt zum Zimmer von Carol vorzukämpfen. Als sie endlich alle drin sind, verschließt Julia die Tür und lässt von innen den Schlüssel strecken. Durch Zufall hat sie mal herausgefunden, dass die Schlösser sinnloserweise dann von außen nicht mehr geöffnet werden können, was eine gewaltige Sicherheitslücke darstellt. Jetzt ist sie aber durchaus froh darüber, dass ihrer Beschwerde dahingehend noch niemand nachgekommen ist. Sichtlich angespannt verteilen die Männer ihre Taschenlampen in dem Raum, um ihn halbwegs auszuleuchten. Carol hockt verstört in einer Ecke und betrachtet ängstlich, wie die vielen Fremden in den komischen Klamotten sich in ihrem Zimmer verteilen und irgendwelche Gegenstände aufbauen. Die Geisterjäger tun es ihnen gleich und bereiten ihre Protonenstrahler und einige Fallen vor. Die Pflegerin begibt sich in die gegenüberliegende Ecke des Raums und hält sich bereit dafür, Carol zu helfen, wenn alles überstanden ist. Als alles vorbereitet ist, führt Peter die verstörte Frau in die Mitte des Zimmers und sie alle bilden einen Kreis um sie. Der Rabbi schlägt ein dickes Buch auf, während seine Minjan Räucherstäbchen entfachen und sie langsam durch die Luft schwenken. Der Rauch hat einen scharfen Geruch nach Kräutern und Gewürzen. Neun der zehn Männer setzen zu einem Singsang an, ganz ähnlich dem, den die Jungs bei ihrem Eintreffen in der Synagoge gehört haben. Der letzte von ihnen beginnt in das Schofar zu blasen. Es besteht aus dem langen, gedrehten Horn eines Kudus und erzeugt einen merkwürdigen, befremdlichen Ton, der entfernt an das Ditscheridu der Aborigines erinnert. Beim Klang des Horns geht ein Ruck durch Carol. Scheinbar spürt der Dibbuk in ihr, dass er vertrieben werden soll. Die Seele der jungen Frau wird in den Hintergrund geschoben und das fremde Wesen tritt an die Oberfläche. „NEIN! Hört sofort auf mit diesem Lärm!“, gebärt sich das Etwas mit tiefer Stimme. Zornig springt es auf und versucht auf den Mann mit dem Horn loszugehen. Deutlich erschrocken versuchen alle Männer ihre Plätze nicht zu verlassen und sich auf ihre Aufgaben zu konzentrieren. Kurz bevor die verwandelte Carol den hilflosen Hornspieler erreichen kann, beginnt der Zaddik mit seiner Beschwörung. Mit kräftiger Stimme schallen seine Worte in dem kleinen Raum und veranlassen den Dibbuk zum Stoppen. Schmerzgepeinigt sinkt die besessene Frau auf die Knie und gibt einen unmenschlichen Schrei von sich. Für einen Moment scheint Carol wieder sie selbst zu sein und ihre helle Stimme dringt nach draußen, doch dann übernimmt der Dibbuk erneut die Führung. Er zwingt sie aufzustehen und sich dem Rabbi zuzuwenden. Mit wutverzerrtem Gesicht streckt das Wesen Carols Finger aus und nähert sich dem schwarzgekleideten Mann. „Du wirst sterben, Alter!“, verkündet es. Gebannt beobachten alle das Schauspiel und versuchen dabei ihr Tun nicht zu unterbrechen. Die grabschenden Hände haben den Rabbi fast erreicht, als der Dibbuk erneut in die Knie gezwungen wird. Diesmal scheint es endgültiger zu sein. Die Besessene windet sich gepeinigt auf dem Boden, gräbt ihre kurzen Nägel mit erstaunlicher Kraft in ihre Schläfen und schreit sich förmlich die Seele aus dem Leib. Doch anstatt ihrer eigenen Seele, erhebt sich nun der Dibbuk aus ihrem Körper. Der Widerwillen ist ihm dabei deutlich anzusehen, klammert er sich doch mit aller Macht an seinem Wirt fest. „NEIN! NEIN! NEIN…!“, gebärt er sich, doch die Macht, die an ihm zerrt ist zu groß. Langsam wird er herausgezogen und gibt dabei immer mehr seiner wahren Gestalt preis. Was dort schließlich zu Tage tritt, ist jenseits von allem, was sich die Jungs vorgestellt haben. Der Dibbuk gleicht einer unförmigen, schmutzig rosagrauen Kugel. Auf ihrer wabernden Oberfläche befinden sich mindestens drei Dutzend Paar Augen, sechs zahnbesetzte Mäuler und unzählige Arme, mit denen es sich verzweifelt versucht an seinen Wirt zu klammern. Seine unartikulierten Schreie hallen durch den Raum und seine abgrundtief schwarzen Augen jagen hektisch umher. Als auch die letzte Hand die Verbindung mit Carol verliert, bricht die junge Frau ohnmächtig zusammen. Über ihr schwebt der entfesselte Dibbuk und versucht sich aus dem Siegelkreis zu befreien. Er sammelt all seine Kraft und setzt zum Angriff an. Doch seine Energie reicht nur noch aus, um den Rabbi von den Füßen zu werfen. Dies unterbricht allerdings das Ritual und der Totengeist lacht triumphierend auf. „Ihr werdet alle sterben!“, verkündet er und stürzt sich auf Marcel. Seine klammernden Finger berühren schon den schwarzen Stoff der Rabbi-Kutte, da wird der Dibbuk auf einmal von einem grellen Strahl getroffen und gegen die nächste Wand geschleudert. „Nimm deine dreckigen Pfoten von ihm, du hässliche Missgeburt!“, grölt Peter ihm entgegen, den Protonenstrahler noch immer auf ihn gerichtet. „Das war ein großer Fehler, Sterblicher!“, erwidert der Geist und hält nun auf Venkman zu. Wieder wird er von einem Strahl getroffen und zurückgeworfen, diesmal von Winston. In der Zwischenzeit ist es dem Zaddik gelungen, wieder auf die Füße zu kommen und Julia hat es geschafft, Carol aus der Schusslinie zu schaffen. Sichtlich nervös sammeln sich die Geistlichen und beginnen ihr Ritual von neuem. Im selben Moment geht das Licht wieder an und irgendjemand hämmert von außen an die Tür. Doch es dauert nicht lange an. Durch den Glaseinsatz kann der Außenstehende prima sehen, was drinnen passiert und dies scheint jenseits seiner Vorstellungskraft zu liegen. Unbemerkt der Bemühungen im Innern, sammeln sich draußen immer mehr Ärzte und Schwestern, trauen ihren Augen kaum. Der Dibbuk wird wieder im Kreis gefangen. Er ist geschwächt, befindet sich schon viel zu lang außerhalb eines schützenden Wirts, um noch mehr Gegenwehr aufzubringen. Darauf hat Marcel nur gewartet. Ohne seine Beschwörung zu unterbrechen, sinkt er auf die Knie und öffnet die gesegnete Box, die Ähnlichkeit mit einem winzigen Kleiderschrank hat. Auf ihrer Oberfläche sind hebräische Buchstaben eingebrannt, ebenso im Innern. Als die Flügeltüren der Box geöffnet sind, sendet sie auf erstaunliche Weise einen Sog aus, den sogar die Anwesenden spüren können. Für den Dibbuk ist er allerdings so stark, dass er ihn haltlos anzieht. Unweigerlich erinnert es die Geisterjäger an ihre eigenen Fallen, als wäre diese Box ein primitiver Vorgänger davon. Mit wilden Schreien und Gesten versucht der Totengeist sich gegen das Einsaugen zu wehren. Doch letztendlich hat er keine Chance. Der Schofarspieler lässt einen sehr langen, tiefen Ton hören und wie durch Zauberhand schlagen die Türen der Box zu und sperren das Wesen in sich ein. Durch die Wucht wird die Box umgeworfen. Von drinnen ertönt die wütende Stimme des Dibbuk, der sich nach Leibeskräften versucht zu befreien. Gebannt starren alle Anwesenden auf das hölzerne Gefängnis. Es beginnt zu ruckeln und über den Boden zu tanzen. Die Kraft des Dibbuk scheint doch noch erstaunlich groß zu sein. Dann plötzlich ein knackendes Geräusch, als würde man einen dünnen, trocknen Ast zerbrechen. Erschrocken weichen alle ein Stück zurück. „Die Box hält nicht! Er wird entkommen!“, presst Rosenbaum panisch hervor und gibt den Jungs damit ihr Stichwort. Auf Peters Kommando hin eröffnen sie das Feuer auf die Box. Es zersprengt das Holz dermaßen in seine Bestandteile, als hätte eine Bombe darin gelegen. Splitter der uralten Box fliegen wie Dolche durch das ganze Zimmer. Er gleicht einem Wunder, das niemand davon verletzt wird. Doch nicht wenige bohren sich tief in die Wände des Zimmers hinein. Plötzlich ist der Dibbuk wieder frei. Für einen Moment sieht er seinen Triumpf darin, doch dann passiert etwas Unerwartetes. Die Holzbox wurde zwar zerstört, doch der Segen, der auf ihr lag, scheinbar nicht. Stattdessen sieht es so aus, als würden die heiligen Inschriften eine mystische Verbindung mit den Protonenstrahlen eingehen. Die goldenen Lettern umkreisen die glühenden Strahlen, sodass sie nicht mehr weißgelb glühen, sondern lila, umrundet von einem roten, zweiten Strahl. Dieser gesegnete Protonenstrahl trifft nun den befreiten Dibbuk. Dabei löst sich der rote Strahl, umklammert das Wesen und raubt ihm scheinbar die letzte Energie. Dann wird der Totengeist von dem lilanen Strahl erfasst und gehalten. „Schnell, die Falle!“, ruft Winston und Egon betätigt den Auslöser. Die Jungs stellen das Feuer ein, doch der ungewöhnliche Protonenstrahl umhüllt auch weiterhin den Dibbuk. Gemeinsam werden sie in die geöffnete Falle gesaugt. Die Flügelklappen schlagen zu, die Falle verriegelt. Doch dann dringt der lila-rote Strahl wieder nach draußen und umkreist die Falle. Dabei zieht er immer engere Bahnen, bis er mit der Oberfläche zu verschmelzen scheint. Ein grelles Licht hüllt die Geisterfalle für einige Sekunden ein, dann ist alles vorbei. Die Falle verriegelt hörbar ein zweites Mal. „Unglaublich…!“, presst Ray heiser hervor und sinkt erschöpft auf die Knie. Die anderen tun es ihm gleich und noch eine ganze Weile starren sie alle die versiegelte Falle an, während sich unbemerkt ein merkwürdiger Schatten Ecto-1 nähert… Kapitel 23: Possessed by a car? ------------------------------- Drei Monate später… Was auch immer sich in Ecto-1 versteckt hält, rührt sich nicht – wartet vielleicht auf den richtigen Augenblick zum Zuschlagen oder auch nur auf den Wintereinbruch. Weihnachten ist nur noch einen Katzensprung weit entfernt, in der Luft liegt besinnliche Stimmung und als die Jungs auf dem Rückweg von ihrem Einsatz sein, beginnt der erste Schnee zu fallen. Feine Flocken, noch recht klein und zaghaft, schweben sanft zu Boden. Bald jedoch werden sie größer, schwerer und fallen schneller herab. Ectos Scheibenwischer werden damit jedoch spielend fertig und die neuen Weißwand-Winterreifen klammern sich an den langsam glitschig werdenden Asphalt, als hätten sie nie etwas Anderes getan. Das leise Knirschen, das dabei entsteht, zaubert Raymond ein Lächeln auf die Lippen. Dennoch kann er sich nicht wirklich darüber freuen, da der Wagen bei ihrem Einsatz erheblich beschädigt wurde. Man könnte fast sagen, es ist erstaunlich, dass er überhaupt noch fährt. Schnaufend und pfeifend schleppt sich der Miller-Meteor schwerfällig durch die Straßen Manhattans. Als das Hauptquartier in Sichtweite kommt, fängt das Auto zu bocken an. Zum Glück herrscht gerade so gut wie kein Verkehr und daher ist es nur ein kleines Ärgernis, dass Ecto schließlich vor der geöffneten Garagentür den Geist aufgibt. Ein Knall ertönt unter der Motorhaube und heißer Dampf steigt daraus hervor. Mit einem heftigen Rucken stoppt der Wagen schlagartig. „Was war das denn?“, kommt es entgeistert von Peter, der sich beim plötzlichen Stopp fast den Kopf am Armaturenbett angestoßen hätte. Mit großen Augen blickt Ray durch die langsam zuschneiende Windschutzscheibe auf den aufsteigenden Qualm. „Im schlimmsten Fall ist der Motor hinüber…“, erwidert er seinem Sitznachbarn betrübt. Janine, die das Sterben des Autos von ihrem Schreibtisch aus beobachten konnte, steht auf und tritt unter den Torbogen. Vor lauter heißem Qual kann sich die Jungs im Innern kaum sehen. „Ist bei euch alles in Ordnung?“, fragt sie besorgt und schlingt die Arme um ihren Körper. Die abendliche Kälte erfasst sie und lässt sie erzittern, als sie zur Fahrerseite geht, um in den Wagen hineinsehen zu können. Ray kurbelt das Fenster hinunter und schenkt ihr ein trauriges Lächeln. „Uns geht´s gut, nur Ecto hat es erwischt…“ „Geh lieber rein, bevor du dich noch erkältest. Wir schieben den Wagen einfach in die Garage.“, erwidert Winston. „Ok, aber macht schnell, ehe die ganze Wärme nach draußen flüchtet.“, entgegnet die Rothaarige bibbernd und verzeiht sich wieder nach drinnen. Mit einem Seufzen blicken sich die Jungs an, dann steigen Egon, Winston und Peter aus. Sie verteilen sich am hinteren Ende des Wagens. Zum Glück ist er so günstig zum Stehen gekommen, dass sie ihn einfach nur geradeaus in die Garage schieben müssen. Und ihre schweren Stiefel haben ein ebenso grobes Profil wie Ectos Winterreifen, daher haben die Jungs wenigstens einen guten Stand. Dennoch erfasst sie die vorherrschende Kälte, frisst sich durch ihre Overalls und noch ehe sie ihre Bemühungen starten, gibt Egon ein Niesen von sich. „Wie unerfreulich…“, murmelt er vor sich hin, während er sich seine Ecto-Handschuhe überstreift, um die eisige Karosserie nicht direkt anfassen zu müssen. „Bloß nicht schlappmachen, du Genie!“, neckt ihn Venkman und muss kurz darauf selbst niesen. „Sagt der Richtige!“, erwidert Winston und dann erwischt es auch ihn. Irritiert blicken sich die drei Männer an und dann ertönt aus Ectos Innerem ebenfalls ein Niesen. Grinsend setzen die Geisterjäger zum Schieben an. Kaum haben sie die Schwelle erreicht, gibt auch Janine ein Niesen von sich. Dies löst für einen Moment ein ausgelassenes Gelächter bei den Jungs aus, dass die unschöne Tatsache des kaputten Wagens schon fast wieder wettmacht. „Nun beeilt euch doch!“, schimpft die Sekretärin nachdrücklich. Schlagartig verstummt das Lachen, doch grinsen müssen sie immer noch. Mit vereinten Kräften schieben sie Ecto-1 schließlich in die Garage und verschließen die großen Flügeltüren. Bald darauf gewinnt die Erschöpfung und es kehrt Ruhe in die ehemalige Feuerwache ein. Allerdings beginnt sich unbemerkt etwas in der Dunkelheit zu regen. Im Spalt der angeklappten Motorhaube leuchten giftgrüne Augen auf und ein leises, bösartiges Lachen hallt hervor. Kurz darauf ist alles wieder still… Am nächsten Morgen liegt Manhattan unter einer dicken Schneedecke begraben. Da die Weihnachtsferien gerade begonnen haben, sind es die Stimmen ausgelassen herumtobenden Kinder, die die Geisterjäger aus dem Schlaf reißen. Grummelnd zieht sich Peter die Decke über den Kopf und versucht die frühe Stunde zu ignorieren. Behaglich eingekuschelt denkt er, jetzt noch etwas Ruhe zu finden, doch da hat er sich wohl getäuscht. Nur kurz darauf trifft ein Schneeball das Schlafzimmerfenster und lässt ihn aufschrecken. Irritiert betrachtet er den weißen Klumpen, der langsam an der Scheibe hinabrutscht. Das Lachen der Kinder dringt nach oben. Dann fliegt ein weiterer Schneeball gegen das Fenster. Sein Aufprall lässt auch die anderen langsam wach werden. Peter hingegen erzürnt er. Zähneknirschend erhebt er sich aus seinem Bett und geht zum Fenster hinüber. Er schiebt es hoch und streckt den Kopf in die Kälte hinaus, die ihm augenblicklich eine Gänsehaut beschert. „Hört sofort mit dem Unfug auf! Wisst ihr eigentlich wie spät es ist?“, brüllt er die beiden Jungs an. Die zwei lachen nur ausgelassen. „Was ist so komisch?“, fragt Venkman wütend. „Das hier!“, ruft einer der Jungs und wirft einen neuen Schneeball. Er trifft den Brünetten mitten im Gesicht, was bei den Halbstarken heftiges Gelächter auslöst. Angewidert wischt sich der selbsternannte Anführer der Ghostbusters die eisige Masse aus dem Gesicht. „Das habt ihr nicht umsonst gemacht! Das bedeutet Krieg!“, kommt es aufgebracht von ihm. Es scheint kaum möglich, doch die beiden Jungs brechen in noch heftigeres Lachen aus. Sie lassen sich sogar rücklings in den Schnee fallen und verspotten Peter noch mehr. Dem reicht es endgültig. Wütend knallt er das Fenster wieder zu und hält auf die Tür zu. „Peter, deine Chance, diese Jungs zu schlagen liegt bei unter null Komma eins Prozent.“, lenkt Egon sachlich ein, während er mit flinken Fingern über seinen Taschenrechner streift. Entgeistert dreht sich der Angesprochene zu ihm um. „Sag mal spinnst du? Ich hab solche Hosenscheißer schon übers Knie gelegt, da warst du noch gar nicht geboren!“, wirft er dem Blonden ungehalten entgegen. Der Tüftler hebt eine Augenbraue und mustert seinen Kollegen mit leichtem Kopfschütteln. „Das ist sowohl theoretisch, wie praktisch vollkommen unmöglich, zumal ich älter bin als du.“, erwidert Egon trocken. „Du weißt genau, was ich meine!“, schnauft der Jüngere. „Das denke ich nicht.“, hält der Blonde dagegen, ohne sich aus der Ruhe bringen zu lassen. Ein weiterer Schneeball trifft das Fenster, gefolgt vom gehässigen Lachen der beiden Jungs. Ehe Peter sich jedoch erneut mit ihnen anlegen kann, tritt Winston ans Fenster und blickt runter. „Hey Jungs, warum spielt ihr nicht woanders?“, fragt er sie freundlich. „Ok!“, erwidern sie und verschwinden. Mit triumphierender Miene wendet sich der Bauarbeiter herum. Peter starrt ihn mit offenem Mund an. „Ach, macht doch, was ihr wollt!“, schnauft der Brünette und stapft dann aus dem Zimmer. Als Ray schließlich die Treppe herunterkommt, um Ecto wieder zusammenzuflicken, hockt Peter noch immer schmollend in seinem Bürostuhl. Er hat die Füße auf den Schreibtisch gelegt und starrt bockig Löcher in die Luft. In einer Hand hält er einen dampfenden Becker heiße Schokolade, während er mit der anderen Hand in eine Tüte Mini-Marshmallows greift, um sie in dem Getränk zu versenken. „Übertreibst du es nicht ein bisschen?“, fragt ihn Janine, der er scheinbar seinen Kummer erzählt hat, sie hat jedoch wie immer wenig Verständnis für sein kindisches Verhalten. „Nein und ich bin im Recht!“, beharrt der Brünette stur und stopft noch mehr Marshmallows in die Tasse. Darin befinden sich allerdings schon so viele, dass vom Kakao schon nichts mehr zu sehen ist, als eine zähe, weißbraune Masse. „Wenn du meinst…“, resigniert die Rothaarige und kehrt an ihren Platz zurück. Seufzend setzt sie sich und überblickt ihren Schreibtisch, um herauszufinden, wo sie durch Venkmans Laune unterbrochen wurde. „Wenn er jetzt schon so drauf ist, wie soll das erst zu Heiligabend werden?“, fragt sie den Mechaniker, der seinen Werkzeugwagen heranrollt. „Du meinst, weil er Weihnachten nicht leiden kann?“, erwidert Raymond. Der Jüngere findet diese Tatsache unglaublich schade. Dennoch kann er Peter ein bisschen verstehen. Wenn er von seinem Vater ständig allein gelassen worden wäre und sich allein um seine Mutter hätte kümmern müssen, so wie der Brünette, könnte er sich wohl auch nicht über so ein Familienfest freuen. „Ja genau.“ „Vielleicht sollten wir uns was überlegen, um ihn aufzumuntern? Ein bisschen dekorieren oder Kekse backen?“ „Wäre eine Möglichkeit, doch wenn seine Laune weiterhin so deprimierend ist, dann habe ich dazu auch keine Lust…“, seufzt sie. „Kann ich verstehen und ich muss mich erst mal um Ecto kümmern. Geister sind für gewöhnlich noch weniger in Weihnachtsstimmung, als Peter…“ Die beiden schenken sich ein mattes Lächeln und dann geht jeder seiner Arbeit nach. Mit traurigem Blick streicht Ray sanft mit den Fingern über die verbeulte Motorhaube. „Armer Ecto…“, haucht er leise. „Aber mach dir keine Gedanken, ich bekomm dich schon wieder zusammengeflickt und dann ist alles wieder wie früher!“ Voller Tatendrang macht er sich an die Arbeit und so vergehen die Stunden. Die Zeit verfliegt nahezu und Raymond bekommt kaum mit, dass es schon wieder Abend wird. Noch immer hochkonzentriert sitzt er hinter dem Lenkrad und kümmert sich um die schadhafte Elektronik. „Das machst du wirklich gut…!“, dringt plötzlich eine Stimme an sein Ohr. Irritiert hebt der Geisterjäger den Kopf und blickt zum Schreibtisch hinüber. „Was hast du gesagt, Janine?“, fragt er die junge Frau, die sich gerade ihren Mantel anzieht. „Ich habe noch gar nichts gesagt. Aber wenn du schon so fragst, sage ich dir jetzt, dass ich Feierabend mache.“, entgegnet sie ihm und schnappt sich ihre Tasche. Verwundert legt Ray die Stirn in Falten, dann verwirft er den Gedanken. „Dann habe ich mir das wohl nur eingebildet. Ich wünsch dir eine gute Nacht, Janine!“, lächelt er. Sie blickt durch das Fenster der Fahrerseite. „Die wünsch ich dir auch. Mach aber nicht mehr so lange. Du siehst schon ganz fertig aus…“, mahnt sie ihn ein wenig. „Keine Sorge. Ich will nur noch diesen Kontakt erneuern, dann geh ich ins Bett.“ So ganz glaubt die Rothaarige nicht dran, da sich Ray genauso leicht in seiner Arbeit verliert wie Egon, aber sie lächelt ihm zu und verschwindet dann. Der Mechaniker blickt ihr nach, bis die Tür ins Schloss fällt, dann konzentriert er sich wieder auf den Wust an Kabeln, der vor ihm hängt. Als er den fehlerhaften Kontakt ersetzt hat, lächelt er zufrieden und lehnt sich erschöpft im Sitz zurück. „Danke, Ray!“, ertönt wieder eine Stimme. Erschrocken setzt sich der junge Mann kerzengerade auf und sieht sich um. „Wer ist da?“, fragt er mit pochendem Herzen, doch seine Augen funkeln vor Neugierde. „Ich bin es, Ray…“, kommt es zurück und die Scheinwerfer des Wagens leuchten kurz auf. „Ecto?“, es klingt unglaubwürdig. „Ja, Ray. Und ich danke dir, dass du dich so gut um mich kümmerst.“, erwidert der Miller-Meteor und lässt erneut seine Scheinwerfer aufleuchten. „Das ist ja unglaublich!“, presst der Mechaniker hervor. „Sag mal, wie machst du das? Sitzt da etwa ein Geist in der Elektronik?“, neugierig zupft der Rothaarige an einigen Kabeln herum. Ein Zucken gleitet über die Anzeigen hinweg, als würde sich der Wagen erschrecken. „Nein! Hier ist kein Geist. Ich bin Ecto-1. Die Seele des Wagens, wenn du so willst.“, erwidert die Stimme leicht hastig. „Und warum sprichst du jetzt erst mit mir?“ „Nun ja, du kümmerst dich immer so liebevoll um mich, da wollte ich dir einfach mal dafür danken.“ Ein sanftes Lächeln gleitet über Ray´s Gesicht hinweg. „Das ist aber nett.“ „Es ist das Mindeste, was ich tun kann. Doch du musst weitermachen!“, weist ihn der Wagen an. Raymond gibt ein erschöpftes Gähnen von sich. „Das tue ich, keine Sorge. Doch jetzt bin ich müde…“ Langsam legt er die Hand auf den Türgriff. Aber dann ertönt ein Klacken und alle Türen verriegeln. Erschrocken umklammert der Geisterjäger den Griff und rüttelt daran. „Mach die Tür wieder auf!“, fordert er. „Das kann ich nicht, du muss erst deine Arbeit beenden.“ „Das werde ich, aber nicht heute!“, behaart Ray. „Aber ich habe solche Schmerzen…“, erwidert die Stimme aus Ectos Innerem. Überrascht hält der junge Mann inne und blickt auf die blinkenden Lichter auf dem Armaturenbrett. „Du hast Schmerzen? Aber das ist doch gar nicht möglich – oder doch?“ Zweifel kommen in ihm auf. „Warum soll es nicht möglich sein? Ich rede doch auch mit dir.“, kontert das Auto. „Stimmt auch wieder…“ „Also, wirst du mir helfen? Es tut so weh…“ Nachdenklich betrachtet Ray die Lampen. Sie haben etwas seltsam Hypnotisches an sich. „Natürlich…“, entgegnet er schon fast abwesend. Dann klopft es plötzlich an die Scheibe. Erschrocken fährt der Mechaniker herum und erblickt Winston. „Hast du dich da drin etwa eingeschlossen?“, fragt er zweifelnd. „Oh, ich muss wohl an den Riegel gekommen sein…“, erwidert Ray, nicht ohne Bedauern seinen Freund anzulügen. Nachsichtig betrachtet ihn der Bauarbeiter und wartet darauf, dass er die Tür öffnet. Mit spitzen Fingern versucht der Jüngere den Riegel hochzuziehen und es klappt tatsächlich. Dennoch ist ihm so, als würde er Widerwillen in Ecto spüren können. Als die Tür offen ist, beugt sich Winston zu ihm hinein und verführt ihn zu einem Kuss. Müde geht Raymond darauf ein und hat dabei das Gefühl, als würde der Widerwillen Ectos noch größer werden. „Komm ins Bett, es ist spät.“, bittet ihn der Schwarzhaarige. Er würde nur zu gern, doch irgendwie kann er sich nicht recht von dem Wagen trennen. „Ja gleich. Geh doch schon mal vor. Ich will nur noch schnell ein Kabel verbinden.“ Sanft lächelt er seinem Partner entgegen und hofft, dass es überzeugend wirkt. „Na schön, aber beeil dich.“ Winston entfernt sich und der Mechaniker atmet erleichtert aus. „Ich habe ihn deinetwegen angelogen…“ Die Traurigkeit in Ray´s Stimme ist deutlich hörbar, hat er so etwas doch noch nie gemacht. „Ich bin sicher, er wird Verständnis dafür haben.“, erwidert der Wagen. Die Lampen auf dem Armaturenbrett beginnen wieder zu leuchten. Fasziniert starrt der Mechaniker sie an und merkt gar nicht, wie sich die Türen wieder verriegeln. Der ganze Wagen scheint ein Eigenleben zu entwickeln, sodass es sogar so aussieht, als würde sich ein durchtriebenes Lächeln auf dem Kühlergrill ausbreiten. Der junge Mann ist völlig gefangen in dieser Hypnose. Wie von allein beginnen seine Hände die anstehende Arbeit fortzuführen, unablässig, ohne Pause… Am nächsten Morgen blickt Egon mit gerunzelter Stirn durch Ectos Seitenfenster. Was sich ihm da bietet, ist Raymond, der zusammengesunken über dem Lenkrad tief und fest schläft. So wie es scheint, war er wohl nicht im Bett gewesen, sondern hat die ganze Nacht im Auto verbracht. Verurteilen kann ihn der Blonde dafür nicht, ist er doch selbst schon unzählige Male in seinem Labor eingeschlafen und hat nicht selten dort auch die Nacht verbracht. Gerade als der Tüftler an die Scheibe klopfen will, öffnet sich die Eingangstür und Janine stapft hinein. Frischer Schnee beginnt auf ihrem Mantel zu tauen und in Anbetracht der wohligen Wärme, die sie hier drinnen umfängt, gibt sie ein erleichtertes Seufzen von sich. „Oh, guten Morgen, Egon!“, flötet sie erfreut und kommt hinüber. „Dir auch einen guten Morgen, Janine.“, erwidert der hochgewachsene Mann und lächelt matt. „Stimmt etwas nicht? Du siehst so nachdenklich aus.“, meint sie. „Ich habe nur gerade Raymond betrachtet.“, erwidert er und Janines Blick wandert in den Wagen. Leicht überrascht registriert sie, dass der Mechaniker dort sitzt und schläft. „Hat er etwa die ganze Nacht so dagesessen?“, fragt sie wehmütig. „Das halte ich für durchaus möglich.“ „Ich habe ihm doch gesagt, er soll ins Bett gehen…“, meint sie betrübt. „Ich denke, da bist du nicht die Einzige gewesen.“, setzt Egon hinzu und klopft dann doch an die Scheibe. Ray regt sich ein bisschen, scheint jedoch nicht wach zu werden. Erst beim zweiten, nachdrücklicheren Klopfen zucken seine Augenlider und er kommt langsam zu sich. Schwerfällig hebt er den Kopf und blickt sich zerknittert um. Es dauert ein bisschen, ehe er Egon und Janine wahrnimmt und dann gähnend die Tür öffnet. „Hast du was vergessen, Janine?“, fragt er mit belegter Stimme. „Nein, aber du scheinbar. Es ist schon Morgen.“, erwidert sie mit der Tonlage einer versucht nachsichtigen Mutter. Kindlich reibt sich Ray die Augen und sieht sie dann zweifelnd an. „Echt?“ „Durchaus. Es ist sieben Uhr vierunddreißig.“, bestätigt Egon mit einem Blick auf seine Uhr. „Du meine Güte…“, erwidert der Jüngere und streckt sich. Dabei geben sein Rücken und Nacken unschöne Knackgeräusche von sich und Raymond verzieht schmerzlich das Gesicht. „Du solltest dich oben noch etwas hinlegen.“, schlägt die Rothaarige vor. „Nein, ich muss weiterarbeiten.“, hält der Geisterjäger dagegen. „Ich bin der Ansicht, dass das auch etwas warten kann. Im Moment halten sich die geisterhaften Aktivitäten gnädiger Weise ja zurück.“, legt Egon nach. „Stimmt schon, aber du weißt selbst, wie schnell sich das ändern kann.“, hält Ray erneut dagegen. In seiner Stimme schwingt eine unbekannte Hartnäckigkeit mit. Verwundert darüber hebt der Tüftler eine Augenbraue. „Die Welt wird schon nicht untergehen, nur weil du ein Schläfchen machst.“ Janine verschränkt die Arme vor der Brust und blickt ihn ernst an. „Das hat damit überhaupt nichts zu tun und jetzt lass mich endlich in Ruhe arbeiten!“, fährt Ray sie plötzlich an. Durch seine schokoladenfarbenen Augen huscht ein seltsamer Lichtimpuls. Er ist nur für den Bruchteil einer Sekunde zu sehen, sodass die erschrockene Janine ihn gar nicht bemerkt. Zwar ist Egon nicht minder überrascht von der ungeahnt aufbrausenden Reaktion seines sonst lammfriedlichen Kollegen, dennoch bemerkt er diese Ungewöhnlichkeit. „Sag mal, spinnst du? Was…“, setzt die Sekretärin an, um den Mechaniker zurecht zu weisen, doch Egon unterbricht sie. Sanft umfasst er ihren Unterarm und deutet ihr an, mitzukommen. „Keine Sorge, Raymond. Wir werden dich nicht weiter stören.“, entgegnet er dem Jüngeren und entfernt sich mit Janine. „Ist auch besser so…“, murmelt der Rothaarige erzürnt, setzt sich wieder in den Wagen und knallt die Tür zu. Derweilen erklimmen Janine und Egon die Treppe und setzen sich an den Esstisch. „Was ist denn mit ihm los? So habe ich ihn ja noch nie erlebt…“ Leicht schmollend blickt die junge Frau zur Treppe. „Ich bin mir nicht sicher, doch normal ist das keineswegs. – Da war etwas Seltsames in seinen Augen, als er sich so aufgeregt hat. Allerdings kann ich nicht sagen, was das bedeutet…“, grübelt der Tüftler. „Und was sollen wir machen, wenn sich Ray weiterhin so komisch verhält?“, fragt sie besorgt. In diesem Moment betritt Winston den Raum. „Was stimmt nicht mit Ray?“, fragt er irritiert. „Ich habe das Gefühl, er war gar nicht in seinem Bett…“, setzt er nach. „Stimmt. Er hat im Auto geschlafen und dann hat er mich angeblafft, als ich ihm gesagt hab, er soll doch ins Bett gehen.“, berichtet Janine. Zweifelnd blickt Winston sie an. Das klingt doch so gar nicht nach dem fröhlichen und stets ausgelassenen Mechaniker. Allerdings bestätigt Egon ihre Worte und erzählt ihm von seiner Beobachtung. „Ich werde mal mit ihm reden…“, entgegnet der Bauarbeiter sorgenvoll und geht nach unten. Dort erblickt er seinen Freund in dem Miller-Meteor. Sein Gesicht wirkt gehetzt, übermüdet und ausgezehrt. Dennoch arbeiten seine Finger unermüdlich weiter, als würde ihm der Teufel persönlich im Nacken sitzen. Besorgt klopft Winston an die Scheibe. Auf Ray´s Gesicht zeichnet sich Widerwillen ab und der Schwarzhaarige fürchtet schon, er wird die Tür nicht öffnen. Doch dann stößt er sie auf und blickt seinen Freund mit einem mahnenden Blick an, den dieser noch nie bei ihm gesehen hat. „Was ist?“, fragt Ray streng. „Ich wollte dich nur zum Frühstück holen.“, gibt Winston zurück. Daraufhin verdunkelt sich der Blick des Kleineren noch mehr. „Ich habe keinen Hunger!“, erwidert er genervt. Dies ist eindeutig eine Lüge, denn sein Magen knurrt förmlich im selben Atemzug. „Ich denke schon, dass du Hunger hast und jetzt lass den Unfug und komm mit.“, behaart der Bauarbeiter. „Nein! Das werde ich nicht und jetzt lass mich in Ruhe!“, faucht Ray zurück und schlägt zornig die Tür wieder zu. Fassungslos starrt Winston ihn an, kann er doch nicht begreifen, was gerade passiert ist. Der Rothaarige wirft ihm einen letzten, mahnenden Blick zu, ehe er sich wieder seiner Arbeit widmet. Dabei glaubt der Ältere den seltsamen Lichtimpuls zu sehen, den Egon erkannt haben will. Tiefe Sorge schlägt sich in ihm nieder und nur mit großer Mühe entfernt er sich wieder und geht zurück nach oben. Dort warten Egon und Janine geduldig auf sein Wiederkommen. Inzwischen ist sogar Peter schon aufgestanden und sitzt gähnend am Tisch. Er wirkt nicht, als wäre er auch nur irgendwie in der Lage, sich etwas anzuhören oder zu verstehen, was man ihm sagen will. Doch um diese frühe Stunde ist das bei ihm ja nichts Ungewöhnliches, weshalb Winston es ignoriert. „Ich denke, du hast Recht, Egon. Er hat mich auch angeblafft und da war wirklich etwas Komisches in seinem Blick.“, berichtet er sorgenvoll. „Unser Ray kommt wohl in die Flegelphase.“, scherzt Peter und kämpft dagegen an, nicht wieder einzuschlafen. Zornig wirft ihm der Bauarbeiter einen Blick zu, doch Venkman hält dem stand. „Das ist absolut nicht komisch! – Kann es sein, dass er auch von etwas besessen ist, so wie die Frau in der Psychiatrie neulich?“, spricht Winston seine letzte Befürchtung aus. Nahezu ängstlich blickt er zu Egon. Dieser grübelt einen Moment nach. „Der Dibbuk sitzt weiterhin sicher im Verbannungscontainer, er wird es also nicht sein. – In letzter Zeit hatten wir auch mit keinerlei anderen Wesen dieser Art zu kämpfen. Dennoch kann es möglich sein, dass sich unbemerkt etwas Derartiges eingeschlichen hat und nun langsam versucht die Kontrolle über Raymond zu ergreifen und daher sein ungewöhnliches Verhalten hervorgerufen wird. – Allerdings müssen wir uns erst Klarheit verschaffen, ehe wir irgendwelche Maßnahmen ergreifen, schließlich steht seine Gesundheit auf dem Spiel. – Wenn nicht gar Schlimmeres…“ Ein durchaus beunruhigter Ausdruck schlägt sich auf dem Gesicht des Tüftlers wieder. Wer hat schon gedacht, dass so etwas mal ihnen selbst passiert? Ein verräterischer Glanz huscht über Winstons dunkle Augen. Er hat zwar daran gedacht, dass Ray von etwas befallen sein könnte, doch diese Tatsache aus Egons Mund zu hören, so detailliert und endgültig, hört sich noch viel schlimmer an. Daher muss er ein paar Mal durchatmen, ehe er wieder etwas sagen kann. Doch dazu kommt es nicht, da Peter ihm die Worte bewusst oder auch nicht, einfach aus dem Mund nimmt. In irgendeiner Weise ist der Bauarbeiter ihm dafür sogar dankbar. „Und wie stellst du dir vor, dass wir rausfinden, ob er wirklich von irgendwas besessen ist?“, fragt der Brünette und nippt an seinem Kaffee. „Hm. Da gibt es einige Möglichkeiten, doch ich habe den Verdacht, dass er sich ziemlich auf Ecto fixiert hat und das muss einen Grund haben.“ „Vielleicht wohnt das Vieh ja da drin und sieht Ray als eine Art Beschützer an oder so…“, erwidert Peter matt. Überrascht sieht der Blonde ihn an. „Genau das wird es sein! Ecto stellt für das Wesen vielleicht so etwas wie sein Winterquartier da und es will natürlich nicht, dass dies Schaden nimmt. Daher zwingt es Raymond alles und jeden davon fernzuhalten. Und weil er nicht unbedingt die Kraft dafür hat, übernimmt es kurzzeitig die Kontrolle über ihn.“ „Das ist ja schrecklich! Wir müssen die beiden so schnell wie möglich voneinander trennen!“, entkommt es Winston erschrocken. „Das ist die Prämisse dabei. Nur wenn wir sie trennen, kann es uns gelingen dieses Wesen hervorzulocken und dann einzufangen. Und wir sollten uns beeilen. Je länger Raymond unter dem Einfluss dieser Gestalt steht, desto größer ist die Chance, dass er dauerhaften Schaden davon tragen könnte…“, ergänzt Egon. „Und wie sieht dieser Schaden deiner Meinung nach aus?“, hakt Venkman nach. Ernst schiebt sich der Tüftler die Brille zurecht. „Ganz einfach, er könnte den Verstand verlieren und somit jeden Bezug zur Realität. Durch unsere Arbeit sind wir in einem gewissen Grad eh schon vorgeschädigt und ähnlich wie ein sehr religiöser Mensch anfällig für solche Gegebenheiten. Hinzu kommt, dass Raymonds naives Gemüht dies noch zusätzlich begünstigt, da sein Geist offener für solche Ungewöhnlichkeiten ist.“ Stumm sitzen die drei noch ein paar Minuten zusammen, dann springt Peter plötzlich auf. „Was hat dich denn gestochen?“, fragt Winston. „Nichts, ich werde Ray jetzt von diesem Biest trennen, damit das Ganze ein Ende hat!“, erwidert er ernst und wendet sich der Treppe zu. „Vielleicht solltest du dir vorher etwas anziehen.“, meint Egon. Der Brünette hält inne und blickt an sich hinab. Er trägt nur die Jogginghose, die er zum Schlafen benutzt, sonst nichts. Grinsend wirft er seinen Kollegen einen Blick zu. „Oh nein, ich denke, das ist genau richtig so!“ Er hat es kaum ausgesprochen, da springt Winston auch schon auf. „Ich warne dich, Venkman! Das wirst du nicht tun, sonst wirst du mit einem blauen Auge unter dem Weihnachtsbaum sitzen!“, fährt er ihn zornig an. Dabei tritt er nahe genug an ihn heran, um seine Drohung in die Tat umsetzen zu können. „Krieg dich mal wieder ein.“, seufzt Peter nur. „Ich hatte nicht vor, ihm irgendwie zu nahe zu treten, also komm runter. Nur weil ich halb nackt rumlaufe, heißt das noch lange nicht, dass ich mit Ray in die Kiste springen will. Ich bin doch nicht bescheuert.“, gibt er nachdrücklich zurück. Mahnend mustert Winston sein Gegenüber und versucht herauszufinden, ob Venkman nicht doch flunkert. Er traut ihm in diesem Fall einfach immer noch nicht so ganz über den Weg, weil er nicht einschätzen kann, ob Peter solche Aussprüche nun ernst meint oder nur rumalbert. „Ich bleibe bei meiner Warnung!“, beharrt der Schwarzhaarige daher. Der selbsternannte Chef zuckt nur mit den Schultern. „Von mir aus…“ Dann verschwindet er die Treppe hinunter. Winston wirft Egon einen Blick zu. Gemeinsam platzieren sie sich auf halber Höhe der Treppe und beobachten das Schauspiel, während Janine wieder an ihren Schreibtisch zurückkehrt. Peter klopft an die Scheibe der Fahrerseite, woraufhin ihm Ray widerwillig die Tür öffnet. In den schokoladenfarbenen Augen liegt eine fast schon beängstigende Strenge, die Venkman unweigerlich an einen Major vom Militär erinnert, anstatt an den kindlichen Bengel, den er vor drei Jahren eingestellt hat. „Was ist?“, fragt der Rothaarige düster. Für einen Moment ist der Ältere so davon überrascht, dass er nichts sagen kann, ihn einfach nur anstarrt. Dann fängt er sich wieder und setzt seinen allseits beliebten Sarkasmus-Blick auf. Lässig beugt er sich hin den Wagen hinein. „Ach nichts, ich wollte nur mal sehen, wie du vorankommst.“, entgegnet er dem anderen ruhig. Ray scheint sich daraufhin merklich zu entspannen, sodass sogar seine Augen wieder etwas natürlicher werden. „Oh, ganz prima! Ich muss nur noch die Elektronik wieder in Gang bekommen.“, flötet der Mechaniker mit gewohntem Eifer. „Das ist klasse und wichtig noch dazu. Nur wenn alles gut funktioniert, können wir uns alle sicher und geborgen fühlen.“, legt Peter nach. „Da hast du recht.“ Ray lächelt ihm fröhlich entgegen und auch der letzte, fremde Funken in seinen Augen verschwindet. Darauf hat Venkman gewartet. „Aber ich denke, du hast da einen Fehler gemacht, Ray.“ Ungläubig blickt der Jüngere auf den Wust von Kabeln, die unter dem Lenkrad hervorschauen. „Was meinst du?“, fragt er verwundert und ein Lichtfunken huscht über seine Augen hinweg. „Na das hier!“, entgegnet ihm der Brünette. Im selben Augenblick greift er mit der Hand in das Kabelknäuel und reißt mindestens ein halbes Dutzend davon heraus. Lässig lässt er die Kabelfetzen auf Ray´s Schoß fallen und grinst ihn an. Fassungslos starrt der Mechaniker auf seine zerstörte Arbeit. Nur eine Sekunde später vollzieht sich in ihm ein Wandel. Seine Augen beginnen plötzlich feuerrot zu leuchten, sein Gesicht verzieht sich zu einer Maske des Zornes und er ballt so kräftig die Fäuste, dass seine Nägel blutige Halbmonde auf die Innenseiten seiner Hände zeichnen. „Wie kannst du es wagen?“, knurrt er Peter entgegen. Dieser weicht in Anbetracht der heftigen Reaktion des sonst so friedlichen Mannes ein paar Schritte zurück. Dennoch versucht er seine Frechheit beizubehalten. „Was kann ich denn dafür, dass du dich so blöd anstellst?“, kontert er fies. Winston und Egon sehen inzwischen ihre Chance und schleichen sich zu ihren Schränken hinüber, wo die Protonenstrahler lagern. Derweilen springt der besessene Ray aus dem Wagen. „Dafür wirst du bitter bezahlen, Sterblicher!“, gibt er von sich. Deutlich ist zu spüren, dass er nicht mehr Herr seiner Selbst ist. Erschrocken verfolgt Janine das Ganze von ihrem Schreibtisch aus und schleicht sich dann zu Winston und Egon hinüber, die sie zu sich winken. „Was ist denn mit Ray los?“, fragt sie vorsichtig. „Er ist tatsächlich von irgendwas besessen und Peter versucht dieses Wesen hervorzulocken.“, erklärt ihr der Bauarbeiter. „Ich denke nicht, dass ich für irgendwas büßen muss. Aber du wirst es, wenn du nicht deine widerlichen Pfoten von meinem Freund lässt!“, hält Peter dagegen und wendet sich blitzschnell um. Ehe der besessene Ray etwas tun kann, erreicht Venkman Janines Schreibtisch und schnappt sich von dort einen schweren Brieföffner. Mit diesem Miniaturschwert aus gehärtetem Stahl beugt er sich warnend über Ectos Motorhaube. Erschrocken blickt das Wesen durch Raymonds Augen. „Wage es ja nicht!“, mahnt es den Brünetten. Dieser grinst jedoch nur wieder. „Da kennst du mich aber schlecht!“, erwidert er und rammt den Brieföffner in die Motorhaube. Ray gibt einen gequälten Schrei von sich und sinkt auf die Knie. Der Parasit verzeiht sich wieder in den Wagen und reißt Peter die Waffe aus der Hand. Orientierungslos blickt sich der Mechaniker um. Dann wird er von Winston unter den Armen gepackt und festgehalten. „Was ist denn los?“, fragt der Rothaarige seinen Freund verwirrt. „Du musst jetzt ganz stark sein.“, ist alles, was er als Antwort bekommt. Kurz darauf sieht Ray mit Entsetzen, wie Egon, Peter und Janine sich mit den Protonenstrahlern bewaffnen. Die Sekretärin wirkt nervös und unter dem ungewohnten Gewicht auf ihrem Rücken ziemlich unsicher. Ermutigend legt Egon ihr eine Hand auf die Schulter. „Du schaffst das!“ Aufmunternd lächelt er ihr entgegen und sie nickt etwas gefasster. „Ok, Feuer frei!“, weist Peter die beiden an. Nun begreift auch Raymond, was hier passieren soll und versucht sich aus Winstons Griff zu befreien. „NEIN! Das könnt ihr doch nicht machen! Seid ihr wahnsinnig?“, gebärt er sich den Tränen nahe. Er versteht nicht, was plötzlich in seine Freunde gefahren ist, dass sie einfach das Auto angreifen. Den treuen Ecto, das Meisterstück seiner eigenen Hände. „Es ist nur zu deinem Besten!“, presst Winston angestrengt hervor und versucht dabei den Jungen weiterhin festzuhalten. Doch Ray´s Schock hat ihm ziemliche Kraft verliehen, sodass er so seine liebe Mühe damit hat. In diesem Moment treffen die hochenergetischen Strahlen den Miller-Meteor. Der Wagen erbebt unter dem Beschuss und beginnt zu zucken, als wäre er ein lebendes Wesen. Die Scheinwerfer krampfen sich zusammen, wie Augen, die unter Schmerzen zusammengekniffen werden. Der Kühlergrill gleicht einem Mund, der sich unter der Pein hilflos verzeiht. Langsam beginnen sich die Reifen zu drehen, als wolle der Wagen die Flucht ergreifen. Doch er kommt nur einige Zentimeter weit, dann trifft ein Strahl das linke Vorderrad, das daraufhin wie eine Bombe explodiert. Ein unmenschlicher Schrei dringt aus der Karosserie heraus und vermischt sich mit Ray´s Stimme. „Nein, bitte hört doch auf!“, fleht er die anderen an und verliert dabei aber immer mehr seiner Gegenwehr. Schließlich sinkt er weinend in sich zusammen und betrachtet fassungslos das Sterben seines geliebten Ectos, während Winston ihn auch weiterhin festhält. Die Schreie aus dem Inneren des Wangens hören nicht auf. Der Parasit versucht sich mit aller Macht an seinem neuen Zuhause festzuklammern. Die Protonenstrahlen verbrennen den weißen Lack des Fahrzeugs; sengen Löcher in das Metall hinein. Mit einem unschönen Knall zerspringt das Sicherheitsglas der Windschutzscheibe und verteilt überall funkelnde Bruchstücke. Dann zerplatzen die Scheinwerfer mit einem hellen Klirren, das unter den Schreien des Besetzers kaum zu hören ist. Die Warnleuchten auf dem Dach teilen das Schicksal der Lampen und lassen bunte Splitter zu Boden regnen. Funken sprühen auf und Qualm verteilt sich in der Luft. Schließlich sieht das Wesen ein, dass es keine Chance hat und seine neue Behausung völlig zerstört wurde. Unter schmerzlichem Keuchen und Stöhnen kämpft es sich an die Oberfläche, eine graublaue Blase mit rotleuchtenden Augen. Völlig losgelöst von irgendwelchen Armen und Beinen wirkt der Parasit wie eine lebende Rauchwolke. „Halt ihn fest, Janine!“, befiehlt Peter und angelt nach einer Falle. Die junge Frau versucht den energiegeladenen Strahl ruhig zu halten, doch das ist leichter gesagt, als getan. Gerade, als es so aussieht, dass ihr das Vieh entwischt, greift Egon mit seinem Strahler ein. Gemeinsam gelingt es ihnen, das Biest gefangen zu halten, bis Venkman die Falle unter ihm platziert. Kurz darauf öffnet sich das kleine Gefängnis und saugt den Rauchhaufen in sich ein. Als die Falle verriegelt, geht eine tiefe Erleichterung durch die Truppe. Sie hält allerdings nur einen Augenblick, dann sehen sie, was von Ecto noch übriggeblieben ist: nur ein qualmender, schrottfreier Haufen, den man gerade noch als Auto identifizieren kann… „Oh Backe…“, gibt Peter erschöpft von sich. In seinem Gesicht zeichnet sich tiefes Mitleid ab und er wendet sich wie ein geschlagener Hund zu Raymond um. Dieser kniet zusammengesunken in Winstons Armen. Mit zitternder Unterlippe, tränenfeuchten Wangen und ersticktem Schniefen starrt der Mechaniker auf die Geisterfalle. Nun versteht er auch, warum seine Freunde ihm das angetan haben. Dennoch kann er Ecto-1 nicht einmal ansehen. „Es tut mir so leid, Ray…“, kommt es von Janine, die ihn tröstend in die Arme schließt. „Schon gut – ich krieg Ecto schon wieder hin…“, schnieft der Mechaniker und versucht sich an einem Lächeln. Drei Tage später ist nun endlich Weihnachten. Das Hauptquartier ist festlich geschmückt und ein prächtiger Weihnachtsbaum steht strahlend im Wohnzimmer. Es duftet herrlich nach Keksen und heißem Kakao. Das einzige, was dieses perfekte Bild zerstört, ist das Wrack Ectos, dass unter einer Plane versteckt noch immer dort steht, wo der Wagen das Zeitliche gesegnet hat. Noch konnte sich Raymond einfach nicht aufraffen, den Miller-Meteor zu reparieren, doch spätestens nach den Feiertagen wird er sich damit beschäftigen müssen. Aber bis dahin wirkt er eher betrübt, scheint nicht einmal Freude an der festlichen Stimmung zu finden. Janine hingegen versucht sich daran, Egon etwas Stimmung zu entlocken. Beschwingt betritt sie sein Labor und setzt sich neben ihn. „Oh Egon, sieh mal, was ich hier habe!“, lockt sie ihn. Der Blonde wendet sich ihr zu und betrachtet mit gerunzelter Stirn den Mistelzweig, den sie hochhält. „Was versuchst du mir mit diesem unschönen Kraut zu sagen?“, hakt er nach. Etwas verdutzt blickt sie ihn an. „Du kennst doch sicher den Weihnachtsbrauch. Wenn sich zwei Leute unter einem Mistelzweig treffen, dann küssen sie sich.“, erläutert die Rothaarige. Argwöhnisch betrachtet der Tüftler den Zweig mit den kleinen, roten Beeren daran, geschmückt mit einer schmalen, goldenen Schleife. „Unter diesen Umständen ist der Brauch vollkommen sinnfrei, da die roten Beeren ein Symbol für die Sterblichkeit sind. Daher solltest du lieber einen Zweig mit weißen Beeren nehmen.“, erwidert der Blonde. Leicht verwirrt blickt sie ihn an. „Ich habe noch nie einen Mistelzweig mit weißen Beeren gesehen…“ „Das liegt wahrscheinlich daran, dass hauptsächlich rote Beeren gezüchtet werden, weil sie farblich besser zu Weihnachten passen und es wohl kaum noch Leute gibt, die die wahre Bedeutung der roten Farbe kennen.“, gibt Egon zurück. „Ich habe das Gefühl, es wird die Stimmung kaputtmachen, aber welche Bedeutung haben denn die roten Beeren?“, fragt sie seufzend nach. „Nun, der Gott Loki hat mit Hilfe eines weißen Mistelzweigs den Gott Balder getötet. Dafür hat er den Zweig auf den Bogen des blinden Hödr gespannt, der unwissend den Pfeil auf Balder abgefeuert hat. Balders einzige Schwäche und damit das einzige, was seine Göttlichkeit somit durchbrechen und ihn töten kann, sind Misteln, da alle anderen Elemente und Wesen der Erde geschworen haben, dem Gott nichts zu Leide zu tun. Doch die Mistel hat sich dagegen verwehrt. Als Balder starb, tränkte sein Blut die Mistelbeeren und färbte sie für alle Zeit rot. So wurden sie ein Zeichen der Sterblichkeit und des Todes.“ Seufzend blickt die junge Frau ihn an. „Wirklich eine tolle Geschichte. Doch selbst wenn es so war, ist es doch Ewigkeiten her und die Menschen glauben nun mal nicht mehr daran.“ „Das mag sein, dennoch ist es so.“, hält Egon dagegen. „Nun stell dich mal nicht so an, Egon und küss sie! Es ist doch Weihnachten!“, flötet Peter auf einmal von der Tür her. Überrascht blicken sich die beiden nach ihm um. Grinsend steht Venkman an die Türzarge gelehnt und beobachtet sie. Ein roter Schimmer huscht über die Wangen der zwei. „Verschwinde Peter!“, fährt Janine ihn an. Schulterzuckend wendet sich der Brünette ab. „Ich wollte ja nur helfen…“, gibt er von sich und verschwindet. Als sich die Sekretärin wieder dem Tüftler zuwendet, ergreift dieser ihre Hand. Tief blicken sich die beiden in die Augen. „Peter hat wohl recht. – Beziehungsweise hast du ebenfalls recht. Der Glaube daran ist lange her und nun hat er eine neue Bedeutung und ich sollte dir die Freude daran nicht verderben, nur weil ich diese Sage im Kopf habe.“, entgegnet der Blonde. Erfreut blickt ihn die junge Frau an. „Oh Egon…“, wispert sie gerührt. Dann beugt sich der hochgewachsene Mann zu ihr hinüber und vereinigt seine Lippen mit den ihrigen. Winston und Ray scheinen mit den roten Misteln wohl aber kein Problem zu haben. Als Peter ins Schlafzimmer schaut, sieht er, wie sich die beiden unter einem Zweig innig küssen. Ein sanftes Lächeln schleicht sich auf die Züge des Brünetten. Gleichzeitig versetzt ihm der Anblick ein Stich ins Herz, da er noch immer allein ist. Traurig seufzend lehnt er sich gegen die Wand und blickt einen Moment an die Decke. In Gedanken wünscht er sich, das nächste Weihnachtsfest auch mit einem geliebten Menschen verbringen zu können, doch ob dem so sein wird, steht natürlich noch in den Sternen… Ein paar Augenblicke später verlässt Winston das Schlafzimmer und Ray bleibt allein zurück. Peter huscht in den Raum und setzt sich zu dem Mechaniker aufs Bett. „Hey, alles klar?“, fragt er den Jüngeren. „Ja, ich denke schon. – Aber es fällt mir immer noch schwer an Ecto zu denken…“, gibt der Mechaniker betrübt zu. Sanft legt Venkman ihm eine Hand auf den Rücken. „Du kriegst das schon wieder hin und wenn nicht, dann helfe ich dir höchstpersönlich dabei!“, lächelt er. „Du hast doch gar keine Ahnung von so was…“, erinnert ihn Raymond. „Mag sein, aber zusammen macht es mehr Spaß!“ „Da hast du recht, danke.“ Ray erwidert sein Lächeln, wenn auch etwas schwach. „Ich hab was für dich, dass dich sicher etwas aufmuntert.“, erläutert der Brünette und drückt ihm eine kleine Schachtel in die Hand. Sie ist etwas ungeschickt in Geschenkpapier eingewickelt und mit einer Schleife verziert. „Frohe Weihnachten, Ray!“ Überrascht betrachtet der Rothaarige das Geschenk mit funkelnden Augen. Als er das Papier entfernt und die kleine Schachtel öffnet, kommt ein Modelauto zum Vorschein, das haargenau so aussieht wie Ecto-1. Fast schon sprachlos nimmt Ray das kleine Auto in die Hände und betrachtet es. „Oh mein Gott, Peter! Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll…“ „Es reicht mir, wenn du dich freust und mir ein Lächeln schenkst!“, entgegnet der Ältere. Raymond sieht ihn mit glänzenden Augen an, dann umarmt er den anderen Mann stürmisch. Doch etwas überrascht erwidert der selbsternannte Anführer das Ganze und drückt ihm einen kleinen Kuss auf die rechte Schläfe, dort wo noch zart die Narbe seines Unfalls zu erkennen ist. Langsam trennen sie sich wieder voneinander. „Danke, Peter! Das bedeutet mir wirklich sehr viel.“ „Schön, wenn es dir gefällt und so gefällst du mir auch schon viel besser!“, erwidert er. Dann springt Ray auf und zieht etwas unter seinem Bett hervor. „Ich habe auch etwas für dich.“, sagt er etwas schüchtern und überreicht ihm ebenfalls ein Geschenk. Die Schachtel ist deutlich größer und schwerer und Peter ist mehr als überrascht. „Du meine Güte, das wäre doch aber nicht nötig gewesen…“, entkommt es ihm etwas überfordert. „Doch, ich wollte mich dafür bedanken, dass du mich von diesem Geist befreit hast.“, hält Ray dagegen. „Aber das haben wir doch gemeinsam gemacht!“, kontert Venkman. „Ich weiß, doch du hast dich mir entgegengestellt…“ Nachsichtig betrachtet der Brünette den Jüngeren. „Frohe Weihnachten, Peter!“ Mit einem Lächeln wickelt Venkman das Päckchen aus. Zum Vorschein kommt eine neue Kaffeemaschine, mit der man immer nur eine Tasse gleichzeitig aufbrühen kann. Auf der roten Tasse, die in der kleinen Maschine steht, wurde in schwungvollen, weißen Buchstaben das Wort ‚Peter‘ graviert. Sanft streicht der Brünette mit den Fingern über das glatte, kühle Porzellan. Ein Lächeln ziert sein Gesicht. „Danke, Ray! Das ist einfach wundervoll.“ Gerührt haucht er dem Mechaniker noch einen Kuss auf die Stirn. Glücklich lächelt Raymond, steht auf und streckt die Hand aus. Leicht fragend ergreift Peter sie und lässt sich von ihm aufhelfen. „Ich denken, jetzt kann ich Ecto reparieren. Aber nur, wenn du mir hilfst.“ „Mit dem größten Vergnügen. Auch auf die Gefahr hin, dass ich kein bisschen hilfreich bin!“, gluckst Peter. „Egal, Hauptsache es macht Spaß!“, grinst Ray und führt ihn nach unten. Kapitel 24: Zoo of pain... -------------------------- Drei Monate später… Zitternd drückt sich der Nachtwächter an die eisigen Käfigstangen. Der nervöse Strahl seiner Taschenlampe fixiert den Siebirischen Tiger, der knurrend immer weiter auf ihn zukommt. Seine gebleckten Zähne glänzen bedrohlich in der spärlichen Beleuchtung des nächtlichen Zoos, während seine langen Krallen geräuschlos über dem Beton schweben, was an sich gar nicht möglich sein kann. Benny Jackson versteht beim besten Willen nicht, wie das Tier aus seinem Käfig kommen konnte. Zumal er sich sicher ist, dass es sich bei dem Tiger um Basil handelt und dieser ist vor einer Woche tot in seinem Käfig aufgefunden worden. Doch er hat keine Zeit sich darüber Gedanken zu machen, da die Großkatze ihn jeden Moment erreichen und in tausend Fetzen zerreißen wird. Er sitzt in der Falle und es gibt keine Fluchtmöglichkeit mehr. Wenn er sein Leben retten will, bleibt ihm nur noch eine winzige Hoffnung. Mit vor Angst zusammengepressten Augen, wirft der Nachtwächter seine Taschenlampe nach dem furchterregenden Tier. Er hört jedoch keinen Aufprall, nur den, als die Stablampe auf dem Boden knallt und mit einem zischenden Funken den Geist aufgibt. Sollte er das Tier etwa verfehlt haben? Ängstlich öffnet Benny ein Auge und sieht sich nach der Bestie um. Verwirrt muss er allerdings feststellen, dass der Tiger verschwunden ist. Vorsichtig blickt er sich um, nicht, dass sich das Tier noch irgendwo versteckt hält. Doch es ist nichts zu sehen, fast so, als wäre es nie dagewesen. Unsicher stößt er die angehaltene Luft aus und sinkt erschöpft auf die Knie. Etwas wehmütig greift er nach seiner kaputten Taschenlampe. Sie ist nicht mehr zu retten, aber immerhin lebt er selbst noch. „Es kann unmöglich Basil gewesen sein…“, flüstert er sich zu. Benny höchstpersönlich war dabei, als der Kadaver des Tieres aus dem Zoo geschafft wurde. Doch außer dem verstorbenen Kater gibt es hier nur noch seine Partnerin und deren drei Welpen. Ophelia hat jedoch ein ganz anderes Streifenmuster, das sich durch viel mehr weiße Flecken auszeichnet und sie ist auch ein gutes Stück kleiner und schlanker, als ihr Männchen. Da ist es selbst für Jackson nicht schwer, die beiden auseinander zu halten. Nur die Tatsache vom plötzlichen, bis jetzt ungeklärten Tod des Tigers passt einfach nicht in die Gleichung. Er war noch jung und bis dahin kerngesund. Was also war das, was ihn hier gerade angreifen wollte? Etwa der Geist des Tigers, der sich rächen will, weil er zu früh aus dem Leben gerissen wurde? Ein heftiger Schauer jagt Benny den Rücken hinunter und lässt ihn erzittern. Kann so etwas überhaupt möglich sein? Er war immer der Ansicht, dass nur menschliche Geister einen heimsuchen, aber eigentlich hat er von so etwas ja keine Ahnung. Jackson versucht sich selbst mit einem Schulterzucken aufzumuntern und steht wieder auf. Dennoch fühlt er sich unwohl mit dem Gedanken, dass hier wohlmöglich der Geist eines Tigers umgehen könnte. Doch jetzt ist er weg und vielleicht war das Ganze auch nur eine einmalige Sache? Versucht ruhig beendet Benny eine Stunde später seine Schicht und vergisst die Sache… Einige Tage und Nächte bleibt es friedlich und Jackson beginnt diese seltsame Erscheinung tatsächlich zu vergessen. Zumindest bis er die Hälfte seiner heutigen Nachtschicht hinter sich gebracht hat. Entspannt wandert er an den Käfigen mit den verschiedenen Bären vorbei, als er plötzlich erschrocken stehenbleibt. Ungläubig umklammert er die dicken Eisenstäbe von Travis´ Behausung. Eigentlich müsste der riesige Grizzlybär dort auf einem Haufen Stroh liegen und friedlich schlafen, doch dem ist nicht so. Stattdessen ist der Käfig völlig leer! „Travis? Hey Junge, mach keinen Mist…“, ruft er in den schattendurchtränkten Zwinger hinein. Verständlicherweise bekommt er keine Antwort, doch die hat er auch gar nicht erwartet. Viel mehr hat er überhaupt eine Reaktion erhofft, eine Bewegung oder ein genervtes Brummen. Was Bären halt so von sich geben. Aber es bleibt weiterhin still. Deutlich angespannt leuchtet Benny mit seiner neuen Taschenlampe in den Käfig. Leider bestätigt sich seine Befürchtung. Die Behausung des Grizzlys ist vollkommen leer! „Oh verdammt!“, schluckt Jackson schwer und tritt ein paar Schritte von dem Käfig weg. Im Augenwinkel kann er dabei einen Schatten sehen, der sich langsam auf ihn zu bewegt. Als er sich danach umsieht, erblickt er Travis, den Bären keine zehn Meter von sich entfernt. Erschrocken stolpert Benny über seine eigenen Füße und landet haltlos auf seinen vier Buchstaben. Der Grizzly reißt das Maul auf und präsentiert ihm seine gewaltigen Zähne, begleitet von einem bösartigen Brüllen. Dann richtet sich das Tier zu seiner vollen Größe auf und schlägt mit den krallenbesetzten Pranken nach ihm. Dem Nachtwächter gelingt es, dem ersten Schlag auszuweichen. Dennoch versteht er nicht, was eigentlich mit Travis los ist. Die meisten Tiere, so auch der Bär, sind reine Handaufzuchten und daher für gewöhnlich sehr friedlich Menschen gegenüber. Viele sind sogar erstaunlich anhänglich und lassen sich ohne Weiteres auch streicheln. Es ist noch gar nicht lange her, da hat dieser Bär ihn überraschend sanft in den Arm genommen. Und jetzt dreht er völlig durch!? Da stimmt definitiv etwas ganz gewaltig nicht! Mit einer Rolle zur Seite entkommt Jackson auch dem nächsten Angriff des aufgebrachten Tieres. Es gelingt ihm, sich in einen Busch am Wegrand zu retten. Das zottige Ungetüm starrt auf die Stelle, an der Benny verschwunden ist und gibt ein missgünstiges Brummen von sich. Dann sinkt das Tier wieder auf alle viere und trottet davon, als wäre nichts gewesen. Der Nachtwächter sieht ihm ängstlich hinter her. Nach ein paar Augenblicken befindet sich der Grizzly in sicherer Entfernung und der verängstigte Mann traut sich wieder heraus. Unsicher erhebt er sich und sieht nach, wo der Bär hingelaufen ist. Allerdings kann er ihn nirgendwo finden. Er ist drauf und dran, die Polizei zu verständigen, falls das Tier aus dem Zoo ausgebrochen sein sollte. Auf dem Weg zum Kassenhäuschen am Eingang, wo sich ein Telefon befindet, kommt er wieder am Käfig des Bären vorbei. Wie von Sinnen bleibt Benny stehen und starrt mit offenem Mund hinein. Er traut seinen Augen nicht, doch der Bär befindet sich friedlich schlafend in seiner Behausung! „Das ist doch nicht möglich…“, bringt er stockend hervor. Hat er sich wohlmöglich nur eingebildet, dass der Grizzly nicht in seinem Käfig ist und ihn angreift? Nein, ganz ausgeschlossen! Dafür war diese Situation viel zu echt. Doch was war es dann? Nachdenklich starrt er das schlafende Tier an und weiß einfach keinen Rat. Unweigerlich erinnert er sich aber wieder an seine Begegnung mit Basil, dem Tiger. Er wirkte auch so echt, obwohl er doch eigentlich hätte tot sein müssen. Immer mehr bekräftigt sich in ihm die Vermutung, dass es sich hier doch um Geister handelt. Dass Travis die ganze Zeit über in seinem Käfig war, er ihn nur nicht sehen konnte, wegen irgendetwas Übernatürlichem, dass ihm glauben machen sollte, der Zwinger wäre leer. In seinen Ohren klingt das Ganze durchaus plausibel. Am Ende seiner Schicht, kurz bevor der Zoo für seine Besucher öffnet, betritt Benny das Büro des Direktors und berichtet ihm von seinen Erlebnissen. Vincent Paul blickt ihn nur mit erhobener Augenbraue an. „Ich denke, sie sollten dringend einmal Urlaub machen oder aufhören sich Horrorfilme anzuschauen, bevor sie zum Dienst antreten. Und jetzt verlassen sie mein Büro, ich habe zu arbeiten!“ Geknickt entfernt sich Jackson und geht nach Hause. In der folgenden Nacht begegnet er wieder einem freilaufenden Tier und so geht es ein paar Tage weiter. Eine Woche später dann, als er gerade auf dem Weg zu seiner Schicht ist, kommen ihm ein paar Leute entgegen, die sich erschrocken über den Zoo unterhalten. Scheinbar laufen dort Tiere unkontrolliert frei herum und greifen sogar Besucher an. Das ist genug! Es ist Benny völlig egal, was der Direktor von seiner Geschichte hält, hier stimmt etwas nicht! Die Nacht verläuft aufregend und er muss sich mit Erna herumschlagen, einem von Natur aus schon frechen Känguru. Auch sie verliert er irgendwann aus den Augen und entdeckt sie dann doch in ihrem Käfig. Schließlich erwacht der Tag und er sucht das Kassenhäuschen am Eingang auf. Einige der Tierpfleger kommen ihm entgegen und er kann hören, dass die seltsamen Ereignisse nicht gut für den Zoo sind und er vielleicht sogar geschlossen werden muss, wenn keine Lösung dafür gefunden wird. Soweit sollte es nun wirklich nicht kommen. Der Central Park Zoo ist einer der schönsten und artenreichten in ganz Amerika und eines der Wahrzeichen Manhattans! Entgegen aller Gedanken und der Ablehnung des Direktors, verständigt Benny nicht die Polizei, sondern wählt eine Nummer, die genauso verrückt erscheint, wie die seltsamen Vorkommnisse hier im Zoo. Und zwar die Nummer der Ghostbusters! Durch die ganze Aufregung um die scheinbar freilaufenden und angriffslustigen Tiere, ist es nicht verwunderlich, dass der Zoo heute keine Besucher verzeichnet. Gelangweilt sitzt der junge Studentin im Kassenhäuschen und blättert durch eine Zeitschrift. Normalerweise ist hier die Hölle los und sie fühlt sich zwischendurch mehr als überfordert mit ihrem Nebenjob, doch jetzt wünscht sie sich definitiv etwas mehr Aufregung. Im Augenwinkel kann sie Benny um das Kreuz am Eingang tigern sehen. Er wartet scheinbar auf etwas. Nicht lange später hält doch tatsächlich ein Wagen auf dem Besucherparkplatz des Zoos. So allein wirkt er völlig fehl am Platz und es ist umso deutlicher zu sehen, dass es kein gewöhnliches Auto ist. Die vier jungen Männer, die aussteigen, wirken fast wie Kammerjäger mit ihren merkwürdigen Gerätschaften und so fällt es dem Mädchen nicht schwer, in ihnen die Ghostbusters zu erkennen. Doch was machen sie hier? Mit einem Anflug von Interesse legt sie die Zeitschrift zur Seite und starrt durch das kleine Seitenfenster ihres Kassenhäuschens, durch das sie das Drehkreuz im Augen behalten kann. Aufgeregt schließt Jackson das kleine Tor neben dem Kreuz auf, das eigentlich nur für Kinderwagen oder Rollstuhlfahrer gedacht ist und winkt die Männer hastig zu sich hinüber. Die vier bewegen sich deswegen aber keinen Schritt schneller. Raymond bleibt sogar stehen und betrachtet den aufwendig gestalteten Torbogen über dem Eingang, mit seiner Glocke, der Uhr und den zahlreichen Tieren. Dieser Aufbau macht den Central Park Zoo so unverwechselbar, wie den Eifelturm in Paris. „Das ist einfach Wahnsinn!“, entkommt es dem Mechaniker staunend. Seine Augen funkeln, wie die eines kleinen Kindes, das gerade vor einem Schaufenster mit Welpen steht. Nachsichtig wirft ihm Winston einen Blick zu. „Nun komm schon, Ray. Wir können uns den Zoo später immer noch anschauen.“ „Ja wirklich?“, fragt der Jüngere aufgeregt. „Sie werden sich hier rein gar nichts ansehen!“, unterbricht die Stimme des Direktors plötzlich die Szene. Überrascht wenden sich alle nach dem Mann um, der den Weg zum Eingang hinunterkommt. Sein Gesicht drückt deutlich seine Verärgerung aus. „Sie haben hier nichts zu suchen, also verschwinden sie wieder!“, weist er die Geisterjäger scharf an. „Aber Herr Direktor. Denken sie doch an all die merkwürdigen Vorkommnisse…“, setzt Benny an. „Vorkommnisse? Das sind einzig und allein Hirngespinste und das wird noch ein ernstes Nachspiel für sie haben!“, empört sich Vincent aufgebracht. Jackson zuckt erschrocken zusammen. Gedanklich sieht er sich schon seine Sachen packen und den Weg zum Arbeitsamt bestreiten. Entmutigt lässt er die Schultern hängen. „Nun hören sie mal. In der halben Stadt fürchten sich die Leute vor den freilaufenden Tieren in ihrem Zoo und sie nennen so was Hirngespinste?“, fährt Peter den Direktor an. „Natürlich sind das Hirngespinste! Ich habe hier keine freilaufenden Tiere oder dergleichen gesehen! Die Leute wollen sich nur wichtigmachen und meinen Zoo boykottieren! Und als wenn das nicht schon schlimm genug ist, tauchen sie hier auf!“ „Jetzt beruhigen sie sich doch mal! Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, warum die halbe Stadt so einen Unsinn erzählen soll, wenn es nicht wahr ist. Immerhin ist der Zoo doch ein wichtiges Wahrzeichen und wird von allen hoch angesehen.“, wirft Winston ein. „Ich beruhige mich überhaupt nicht! Diese ganze Stadt ist doch völlig verrückt geworden und sie haben dazu definitiv einen nicht gerade unerheblichen Beitrag geleistet, mit ihren unsinnigen Geistergeschichten! Also packen sie ihrem Kram wieder zusammen und verlassen sie meinem Grund und Boden, ehe ich die Polizei rufe!“, setzt Paul nach. Ein sichtbarer Schreck huscht durch die Glieder der Jungs. Die Polizei wollen sie ganz sicher nicht am Hals haben. Die Erfahrung im Gefängnis hat ihnen definitiv gereicht und sie wollen sie kein zweites Mal machen. Zudem hat die Polizei eh schon keine so gute Meinung von ihnen und der Bürgermeister wartet nur auf einen erneuten Fehltritt ihrerseits, um ihnen endgültig das Genick zu brechen. Von daher können sie sich so etwas überhaupt nicht leisten. „Bemühen sie sich nicht zu solchen Maßnahmen. Wir werden gehen und ihnen ganz sicher keine Schwierigkeiten machen.“, führt Egon an. Unter dem strengen Blick des Direktors wenden sich die Jungs ab und kehren zu ihrem Wagen zurück. „Und ihre Schicht ist schon längst vorbei, also machen sie, dass sie nach Hause kommen und wagen sie es ja nicht heute Abend zu spät zu kommen!“, blafft Vincent Benny noch an, ehe er sich wieder auf den Weg in sein Büro macht. „Jawohl, Sir…“, erwidert Jackson geknickt. Na immerhin hat er seinen Job noch, fragt sich nur wie lange. Allerdings bringt er es einfach nicht übers Herz, die ganze Sache einfach so fallen zu lassen. Irgendetwas ganz Großes steckt hinter alledem und er macht sich ernsthafte Sorgen um die Tiere. Auch wenn Paul es nicht will und er vielleicht doch noch seinen Job verliert, er muss etwas unternehmen, ehe der Zoo wirklich noch geschlossen werden und die wehrlosen Tiere wohlmöglich alle sterben müssen… Eilig läuft er über den Besucherparkplatz und versucht die Geisterjäger noch zu erwischen. Keuchend schlägt er seine flachen Hände auf die Motorhaube, als Winston gerade losfahren will. Zum Glück hatte er den Rückwärtsgang drin, sonst hätte er Benny wahrscheinlich angefahren. „Spinnst du?“, grölt Venkman ihn durch das offene Fenster hindurch an. „Bitte wartet doch!“, japst Jackson und tritt um den Wagen herum. Ray öffnet die hintere Tür. „Steigen sie ein. Wir sollten nicht länger hier sein. Der Direktor beobachtet uns bestimmt…“ Schnell huscht Benny in den Wagen und Ecto-1 verlässt hastig den Parkplatz. „Es tut mir leid, dass Mister Paul euch so angegriffen hat. Ich bin Benny Jackson, der Nachtwächter.“ „Dann haben sie uns angerufen und über die seltsamen Vorkommnisse berichtet.“, stellt Egon fest. „Ja, genau. Ich verstehe nicht, wie er das nicht sehen kann, wenn es doch jetzt schon tagsüber passiert. – Ich habe die Befürchtung, dass er etwas weiß, dass er nicht sagen will…“, kommt es geknickt von dem Nachtwächter. „Sie denken also, dass er etwas damit zu tun hat?“, hakt Raymond nach. „Das denke ich. Ich weiß nur nicht was und wie er es macht. Doch er ist ein ziemlich schwieriger Mensch. – Ich habe das Gefühl, dass ihm die Tiere überhaupt nichts bedeuten und das er nur das Geld sieht, dass der Zoo ihm einbringt. Seit er Direktor geworden ist, gab es ständig Kürzungen. An allen Ecke wurde gespart und wenn es den Tieren schlecht geht, kümmert es ihn nicht. Erst vor kurzem ist ein Tiger ganz plötzlich verstorben und er hat nicht mal mit der Wimper gezuckt. Obwohl keiner wusste, woran er gestorben ist und dann normalerweise eine Autopsie gemacht wird, damit man ausschließen kann, dass sich andere Tiere vielleicht anstecken, hat er einfach angeordnet, dass der Kadaver verbrannt wird. Das wird sonst auch nicht gemacht, sondern die Tiere werden ausgestopft und dem Museum gestiftet.“ „Der Typ hat sie doch nicht mehr alle…“, entkommt es Peter angesäuert. „Bitte, ihr müsst mir helfen und wenn nicht meinetwegen, dann den Tieren zu Liebe!“, fleht Benny regelrecht. „Was ist mit der Polizei? Wir haben nicht gerade einen guten Ruf bei der Obrigkeit…“, erläutert Winston. „Stimmt und noch mal will ich nicht in den Knast…“, ergänzt der Brünette nachdrücklich und verschränkt abwehrend die Arme vor der Brust. „Oh, es tut mir wirklich leid, das zu hören. – Doch bitte macht euch darüber keine Gedanken! Ich werde die volle Verantwortung dafür übernehmen! Immerhin bin ich ja der Auftraggeber!“, versichert der Nachtwächter ihnen. „Das ist wirklich nett von ihnen, aber leider funktioniert das so nicht. Der Bürgermeister hat veranlasst, dass wir selbst stets für alles die Verantwortung übernehmen müssen, ob wir einen Auftrag haben oder nicht. – In seinen Augen stellen wir schon beinahe eine zivile Bedrohung dar, ganz egal wie oft wir schon jemanden gerettet haben oder nicht. – In gewisser Weise haben der Bürgermeister und Mister Paul einiges gemeinsam…“, kommt es traurig von dem Mechaniker. „Himmel, ich hatte ja keine Ahnung, dass ihr solche Probleme mit eurer Arbeit habt und dabei halte ich sie für durchaus wichtig!“, empört sich Benny und lässt die Schultern hängen. Winston hält vor der Wohnung des Mannes und die Geisterjäger blicken sich ein paar Momente schweigend an, als wollen sie stumm Gedanken austauschen. „Trotz aller Widrigkeiten, denke ich, dass wir ihnen helfen werden, Mister Jackson.“, entgegnet Egon schließlich. „Wirklich?“, hakt dieser nach. „Selbstverständlich! Irgendwas ist dort ziemlich faul und die Tiere sollten darunter nun wirklich nicht leiden müssen!“, erwidert Ray. „Oh, ich danke euch vielmals!“, freut sich Benny. „Dennoch wäre es gut, wenn sie ein nettes Wort für uns einlegen könnten, falls die Blauhemden uns doch erwischen sollten…“, erinnert ihn Peter. „Keine Sorge, das werde ich!“ „Gut, wenn das geklärt ist, dann treffen wir uns heute Abend wieder, wenn sie ihre Schicht begonnen haben.“, legt Winston fest. „In Ordnung. Stellt euren Wagen am besten in einer Seitenstraße ab, damit er nicht so auffällt. Auf dem Parkplatz gibt es Kameras, sonst aber nirgends, also könnt ihr euch frei bewegen.“, weist Benny sie an. Die Nacht senkt sich über Manhattan und der Einsatzwagen der Geisterjäger gleitet in eine Parklücke nahe des Central Park Zoos. Die Seitenstraße ist schmal und dient vielen Geschäften in der Nähe hauptsächlich als Anlieferungspunkt für ihre Waren. Jetzt jedoch ist sie fast völlig verlassen und bietet einen perfekten Sichtschutz für das doch relativ auffällig gestaltete Fahrzeug der Jungs. Beladen mit ihrer Ausrüstung machen sich die vier auf den Weg zum Eingang des Zoos, wo sie schon sehnsüchtig von Benny erwartet werden. „Ich bin froh euch zu sehen!“, entgegnet er ihnen, während er das Tor aufschließt. „Mal sehen, ob sie das morgen früh auch noch sagen können.“, erwidert Peter sarkastisch und betritt das weitläufige Gelände. Leicht verwirrt blickt Jackson ihm nach. „Was meint er denn damit?“, wendet er sich an Raymond. „Naja, wir können nicht dafür garantieren, dass der Zoo nach unserem Auftrag immer noch so aussieht, wie jetzt. Doch wir bemühen uns, so wenig Schaden wie möglich anzurichten…“, entgegnet der Mechaniker entschuldigend. Mit einem ehrfürchtigen Blick betrachtet der Nachtwächter die Geräte, die die Jungs mit sich führen. Langsam kann er sich vorstellen, was Venkman gemeint hat. Zudem hat er den Tag damit verbracht, ein paar Recherchen über die Ghostbusters anzustellen. Die meisten ihrer Einsätze haben es in die Zeitung oder sogar ins Fernsehen geschafft, doch fast alle Berichte waren abfällig und reduzierten ihre Arbeit hauptsächlich auf die unvermeidliche Zerstörung, die sie angerichtet haben. Das dabei Menschen gerettet wurden, wurde fast nie erwähnt oder so heruntergespielt, als hätten sie sich nur von einer simplen Erkältung erholt. Stattdessen gab es fast zu jedem Bericht ein Interview mit der Polizei oder dem Bürgermeister, die ihre Unzufriedenheit überdeutlich zum Ausdruck gebracht und nicht selten scharfe Drohungen gegen die Arbeit der vier ausgesprochen haben. Kein Wunder also, dass die Geisterjäger beim Thema Polizei vorsichtig vorgehen. Die Welt hat stets ein Auge auf sie und interpretiert in jede ihrer gutgemeinten Taten nur etwas Schlechtes hinein. Daher ist es nur eine Frage der Zeit, bis das Fass überlaufen und sie richtig Ärger bekommen werden. Aber immer dann, wenn es so aussah, als hätten die vier jetzt ein richtiges Problem mit der Obrigkeit, kam ein größerer Auftrag, der für so viel Aufsehen gesorgt hat, dass es kaum möglich war, etwas Negatives darüber zu sagen, ohne das die Geretteten sich dagegen gewendet und die Geisterjäger in Schutz genommen haben, sodass der Bürgermeister ihnen nochmal eine Schonfrist eingeräumt hat. Mit einem mulmigen Gefühl führt Benny die Jungs zu der Stelle, an der er von dem verstorbenen Tiger angegriffen wurde. „Genau hier ist es passiert und dann ist er einfach verschwunden…“, berichtet er nochmals sorgenvoll. „In Ordnung. Dann werden wir unsere Suche hier beginnen. Sie haben ihr Funkgerät?“, fragt der Brünette. „Ja, habe ich und ich geh dann mal zum Eingang zurück und passe auf, dass ihr keine ungebetenen Gäste bekommt.“, erwidert Jackson und verschwindet. Kurz darauf teilen sich die Geisterjäger in die vier Himmelrichtungen auf und suchen die Gegend nach jeweiligen Ungewöhnlichkeiten ab. Die Zeit vergeht und es ist schon fast zwei Uhr morgens, ohne, dass irgendetwas passiert ist. Missmutig treffen sich die Jungs wieder an ihrem Ausgangsort. „Denkt ihr, dass die ganze Aufregung die Geister vielleicht verschreckt hat?“, fragt Ray schließlich. „Das kann durchaus möglich sein. Allein aus der Tatsache heraus, dass es sich dabei um Tiere handelt, fühlen sie sich wohlmöglich bedroht und verstecken sich, bis sich das Ganze etwas beruhigt hat.“, erwidert Egon. „Dann schlage ich vor, dass wir lieber ins Bett gehen und ein anderes Mal wiederkommen…“, wirft Peter gähnend ein. „Hört sich eher so an, als solltest du vorher etwas essen.“, meint Winston, nachdem ein leises Knurren zu hören war. Verwundert sieht der selbsternannte Chef ihn an. „Das war nicht mein Magen.“, beharrt er. „Meine Güte!“, entkommt es dem Mechaniker. Aufgeregt deutet er den Weg hinunter, in dessen Schummrigkeit sich ein großer Schatten nähert. Erschrocken wenden sich die anderen drei um und dann tritt der Schatten unter eine der wenigen Laternen, die nachts eingeschaltet sind. Plötzlich präsentiert sich ihnen der Siebirische Tiger, den Benny Basil genannt hat. Das Tier bleckt die Zähne und faucht die Eindringlinge wütend an. An seinen großen Pfoten funkeln scharfe Krallen, seine Augen glühen vor Mordlust. Die Großkatze legt sie Ohren an und stößt ein tiefes Knurren aus. Der lange Schwanz peitscht wild durch die Luft und dann rennt der Tiger schlagartig los, als wäre er eine abgefeuerte Kanonenkugel. Peter hat nicht einmal mehr die Chance, das Wort ‚Scheiße‘ auszusprechen, dass sich in seinem Kopf formt. Stattdessen ergreifen die Geisterjäger die Flucht und versuchen dem wildgewordenen Fleischfresser irgendwie zu entkommen. Das gestaltet sich aber als schwierig, da Basil um einiges schneller ist, als die Jungs, die zudem auch noch ihre schwere Ausrüstung mitschleppen müssen. Nur wenige Zentimeter trennt das Tier noch vom saftigen Fleisch der Männer und denen geht sichtlich die Puste aus. Einen Moment später stolpert Egon und fällt der Länge nach zu Boden. Schockiert halten die anderen inne. Das letzte Stündlein des Tüftlers scheint angebrochen zu sein, er kann förmlich schon den heißen Atem der Bestie in seinem Nacken spüren. Ängstlich presst er die Augen zusammen und bereitet sich auf den bevorstehenden Schmerz vor. Doch das Einzige, was er spürt, ist ein kühler Lufthauch, der über ihn gleitet und dann nichts mehr. Vorsichtig öffnet der Blonde die Augen wieder und blickt zu seinen Kollegen auf, die wie erstarrt vor ihm stehen. Unglauben zeichnet sich in ihren Gesichtern ab. „Er ist verschwunden…“, japst Raymond, während Winston Egon wieder auf die Füße hilft. „Das war verdammt knapp…“, kommentiert Peter das Ganze. „Habt ihr gesehen, wo er hin ist?“, will der Blonde wissen. „Nein. Nachdem du gestürzt bist, schein er sich in Luft aufgelöst zu haben.“, meint der Bauarbeiter. „Aber zumindest wissen wir jetzt, das hier wirklich Tiere rumlaufen.“, wirft Raymond ein. Das beruhigt die anderen zwar nicht gerade, aber die Gewissheit ist immer noch besser, als die Ungewissheit. „Vielleicht sollten wir ab jetzt lieber zusammenbleiben, nicht das noch einer überrascht wird von so einem Biest…“, ergänzt Venkman und spricht damit aus, was sich alle irgendwie wünschen. Gemeinsam gehen sie wieder zu ihrem Ausgangspunkt zurück und behalten dabei die Umgebung genau im Auge. Sie sind noch gar nicht weit gelaufen, da ertönt ein Rascheln aus einem großzügigen Busch in ihrer unmittelbaren Nähe. Gebannt starren sie das zuckende Laubwerk an. Nach ein paar Momenten kämpft sich ein Springbock daraus hervor. Das zierliche Huftier blickt die Geisterjäger mit seinen großen, dunklen Augen an. Seine Nase zuckt nervös. Unschlüssig starren sich die beiden Seiten an, keiner rührt sich. Dennoch sind die Jungs ziemlich erleichtert, dass es sich hier um einen harmlosen Pflanzenfresser handelt und sie so eigentlich nichts zu befürchten haben. Doch das ist falsch gedacht. Aus heiterem Himmel hebt der Springbock seinen buschigen Schwanz mit der leuchtendweißen Unterseite. Dann stampft er mit dem rechten Huf auf und senkt den Kopf. Die leicht geschwungenen Hörner des Bocks richten sich auf die Jungs aus. „Oh oh…“, gibt Winston von sich. Förmlich im selben Moment gibt die Kleinantilope ein Schnauben von sich und setzt dann zum Sprint an. Die spitzen Hörner verfehlen die Jungs nur um Millimeter. Aufgebracht stampft das Tier wieder mit den Hufen auf und setzt zu einem erneuten Angriff an. „Das ist ganz und gar nicht normal!“, meint Ray und kommt sich dabei vor wie ein Stierkämpfer, der einem wilden Bullen ausweichen muss. „Springböcke sind Fluchttiere, die sich niemals etwas anderem in den Weg stellen würden, als ihresgleichen!“ „Dann muss der hier Tollwut oder so was haben!“, kontert Peter und springt zur Seite, als der Bock ein weiteres Mal heranstürmt. Aus heiterem Himmel ertönt plötzlich ein lautes Kreischen. Der Springbock bleibt ruckartig stehen, blickt mit schreckgeweiteten Augen in den dunklen Himmel und verschwindet dann wieder in dem Busch, aus dem er gekommen ist. „Was war das?“, fragt Winston und sucht gehetzt den Himmel ab. „Des Klanges nach zu urteilen, würde ich vermuten, dass es sich hierbei um einen großen Raubvogel handelt.“, mein Egon. „Zum Beispiel ein Adler?“, hakt Peter nach. „Gut möglich, aber ich denke eher an einen Geier…“ „Nein, es ist definitiv ein Adler!“, hält Venkman dagegen und deutet in den Nachthimmel hinauf. Dort zeichnet sich ein großer Vogelschatten ab, der blitzschnell näherkommt. Im fahlen Licht einiger Laternen ist deutlich der charakteristische weiße Kopf des Wappenvogels zu erkennen. Sein Schrei hallt wieder über den Platz und löst einen Schauer in den Jungs aus. Mit aufgerissenem Schnabel und nach vorn gerichteten Klauen stürzt der Raubvogel auf die Jungs hernieder. Ray versucht dem Tier auszuweichen, hat jedoch auf einmal einen der Käfige im Rücken. Ihm bleibt nicht mehr die Zeit zu flüchten. Schützend hebt er die Arme vors Gesicht und wartet auf die messerscharfen Klauen, die sich in sein Fleisch bohren. Doch auf einmal zuckt ein Protonenstrahl über den Kopf des Mechanikers hinweg und trifft eine der Gitterstäbe, die daraufhin zu schmelzen beginnt. „Was zum…?“, entkommt es Venkman skeptisch. Erschrocken reißt Ray die Augen auf. „Hast du etwa auf den Adler geschossen?“, fragt er seinen temperamentvollen Kollegen zornig. Bildlich kann er sich dabei nur zu gut vorstellen, wie der Wappenvogel durch den Strahl explodiert ist, wie ein mit Federn besetzter Luftballon. „Ja, hab ich. Doch ehe du mir deswegen an die Gurgel springst, schau dich um! Ich hab das Biest voll erwischt, doch da ist nichts. Der Strahl ging einfach durch ihn durch und dann war er weg…“, verteidigt sich der Brünette. Ungläubig sieht sich Raymond um, doch er kann nicht mal eine winzige Feder entdecken. „Hm…“, gibt Egon nachdenklich von sich. „Ich fürchte, dass diese Tiere keine Geister sind.“, meint er schließlich. „Doch was sind sie dann?“, will Winston wissen. Geduldig rückt der Tüftler seine Brille zurecht. „Ich habe nicht die geringste Ahnung. – Die Art, wie sich der Adler aufgelöst hat, stimmt nicht mit dem überein, was ich normalerweise kenne…“, erwidert der Blonde überfragt. „Vielleicht finden wir es ja jetzt heraus. Der Tiger ist wieder da!“, gibt Raymond erschrocken von sich. Überrascht sammeln sich die Jungs vor dem leeren Käfig und betrachten, wie Basil mit gebleckten Zähnen fauchend den Weg entlangkommt. Siegessicher tritt Peter vor und lädt seinen Strahler durch. „Ich bin ja normalerweise ein echter Tierfreund, doch dir brenn ich jetzt ein Loch in den Pelz, du Bettvorleger!“, posaunt er und schießt. Genau im selben Moment setzt die Raubkatze zum Sprung an. Venkman trifft sie genau in den Bauch. Wie bei dem Adler, geht der Strahl einfach durch das Tier hindurch. Es gibt ein merkwürdiges Flimmern und plötzlich ist der Tiger verschwunden. „Das ist wirklich unglaublich…“, meint der Mechaniker. „Ja und es sah noch seltsamer aus, als bei dem Raubvogel.“, mein Egon nachdenklich. „Sah aus, als hätte sich das Kätzchen weggebeamt…“, scherzt Venkman und erntet dafür einen strengen Blick von dem Tüftler. „So etwas ist vollkommen unmöglich.“, hält er dagegen. „Dann hast du wohl noch nie Star Trek gesehen!“, wirft ihm der Brünette vor. „Ich wüsste nicht, was das sein soll…“, erwidert der Tüftler pikiert. „Hört auf damit!“, trennt Ray die beiden. „Was ist, wenn Peter recht hat?“ „Das ist doch nicht dein Ernst, Raymond!“, kommt es zweifelnd von dem Blonden. „Ich meine ja nicht direkt beamen. Doch es sah irgendwie künstlich aus. – Es sind keine Geister, aber auch keine echten Tiere, obwohl sie so aussehen. Aber es kommt mir fast wie ein Hologramm oder so was vor.“, erläutert der Mechaniker. Nachdenklich grübelt Egon darüber nach. „Das klingt zumindest nicht ganz so weit hergeholt, wie das Beamen.“, gibt er schließlich zu. „Gehen wir mal davon aus, es sind Hologramme. Dann müssten hier doch irgendwo Projektoren oder ähnliches rumstehen, stimmt´s?“, hakt Winston nach. „Ja, genau. Wahrscheinlich sind sie irgendwo in den Büschen und Bäumen versteckt. Doch ich versteh nicht ganz, warum die Tiere so böse programmiert sind, dass sie sogar Leute entgegen ihrer Instinkte angreifen. – Wer immer es getan hat, versucht bestimmt etwas zu verstecken und die Tiere sollen einem solche Angst machen, damit man nicht danach sucht oder es zufällig findet…“, stellt der Rothaarige in den Raum. „Ich glaub, ich hab so ein Ding gefunden!“, ruft Peter. Er hat sich vor den Busch gehockt, in dem der Springbock verschwunden ist und drückt einige der Äste zur Seite. Zum Vorschein kommt ein kleines Kästchen, mit einer Linse und verschiedenen Lämpchen. Als sich die anderen das Gerät anschauen wollen, beginnt eine der Lampen zu blinken. Kurz darauf wird ein Licht in der Linse sichtbar und der projizierte Springbock macht einen Satz aus dem Gerät heraus und wirft Peter schlichtweg um. Eigentlich muss man eher sagen, dass sich Venkman durch das plötzliche Auftauchen des Tieres so erschreckt, dass er auf dem Rücken landet und der Bock in seiner merklichen Durchsichtigkeit über ihn drüber rennt. „Das haut mich echt um…“, gibt der Brünette überfordert von sich. Seine Kollegen können sich ein Lachen kaum verkneifen, während das Huftier zum Angriff ansetzt. Diesmal trifft es Winston. Er ist sich zwar bewusst, dass von dem Tier keine Gefahr mehr ausgeht, dennoch hebt er abwehrend die Hände. Der Bock setzt mitten durch ihn durch. Es wirkt unglaublich makaber, wie sich die spitzen Hörner in den Bauch des Bauarbeiters graben, auf seinem Rücken wieder zum Vorschein kommen und das ganze Tier mit sich ziehen. Perplex starrt der Schwarzhaarige den Springbock an, der wieder auf ihn zuhält. Diesmal bewegt sich Winston aber nicht. „Das ist echt heftig…“, kommentiert er nur. „Warum verschwinden sie nicht, wenn sie uns treffen, aber bei den Protonenstrahlen?“, fragt Peter und tastet nach einem Schalten an dem kleinen Gerät. Als er ihn findet, verschwindet der Bock. „Das liegt wohlmöglich daran, dass die Strahlungsenergie die Wellenlänge des Licht unterbricht, auf denen das Hologramm aufbaut und es so neutralisiert.“, vermutet Egon. Unverständlich blickt Venkman ihn an, doch er ist zu fertig, um nachzufragen. „Ok, jetzt wissen wir, wo die Geistertiere herkommen. Aber wo sind dann die echten? Mister Jackson meinte ja, dass einige Käfige leer waren.“, wirft Winston ein. „Ich vermute, dass darin das Geheimnis liegt und wir dessen Lösung finden, wenn wir wissen, wer dafür verantwortlich ist.“, gibt Raymond zurück. „Bekommen wir denn raus, wo der Ursprung dieser Hologramme liegt?“, hakt der Brünette nach. „Ich denke, ich könnte das PKE-Gerät so einstellen, dass es die elektromagnetischen Informationen aufspürt, die jedes dieser Geräte im Betrieb aussendet. Wenn wir sie alle abschalten, dürfte das letzte Signal zu ihrem Ursprung führen.“, meint Egon. Er geht neben dem Busch in die Knie, schaltet den kleinen Projektor wieder ein und richtet das PKE-Gerät darauf aus. Es dauert nicht lange, da kommt ihnen der Springbock wieder entgegen, doch der Tüftler ist so in seine Arbeit vertieft, dass er dessen Anwesenheit gar nicht bemerkt. Fast schon belustigt betrachten die drei anderen das wildgewordene Tier, das abwechselnd durch sie alle durchläuft. Dann löst sich der Bock plötzlich wieder in Luft auf und Egon wendet sich lächelnd seinen Kollegen zu. „Ich denke, ich habe die richtige Frequenz. Gebt mir eure PKE-Geräte, damit ich sie umstellen kann und wir die anderen Projektoren finden können.“ Wenige Momente später streunt jeder der Jungs allein durch den Zoo und schaltet einen Projektor nach dem anderen aus. Dabei entgeht ihnen nicht, dass gut ein Dutzend Tiere nicht in ihren Käfigen sind, während der Rest friedlich schläft oder seinen nächtlichen Aktivitäten nachgeht. Kurz nach vier Uhr morgens ist dann auch das letzte Gerät abgeschaltet und die Jungs steuern dem letzten Signal nach. Schließlich treffen sie sich alle am Verwaltungsgebäude. „Hier irgendwo muss der Ursprung sein.“, meint Egon. Als Winston die Eingangstür probiert, ist sie jedoch verschlossen. „Und jetzt?“, fragt er. „Vielleicht gibt es noch einen Hintereingang?“, setzt Ray hinzu und so umrunden sie das Gebäude. Wie sich herausstellt gibt es sogar mehrere, doch sie sind alle verschlossen. An der einen kurzen Seite des Baues bleibt der Tüftler jedoch verwundert stehen. Das Signal des PKE-Geräts ist sehr viel deutlicher geworden. Suchend blickt er sich um, doch hier gibt es keine Tür. Zumindest jetzt nicht mehr. Aber es ist noch erkennbar, dass es hier wohl mal einen Zugang gab, der jetzt aber zugemauert ist. Ein breiter Busch wächst direkt vor dem ehemaligen Eingang. Als Egon ihn umrundet, um an die zugemauerte Tür zu kommen, ertönt ein dumpfes Geräusch unter seinen Füßen. Er blickt hinab, doch außer Gras kann er nicht sehen. „Merkwürdig…“, murmelt er und geht in die Knie. Prüfend schlägt er mit der Faust auf dem Boden und hört wieder dasselbe Geräusch. Schließlich findet er einen Metallring, wie er zum Öffnen von Bodenklappen verwendet wird und genauso eine hat er gerade gefunden. „Wirklich clever!“, kommentiert Ray das Ganze. Unter der Klappe erstreckt sich ein langer Gang, der in bestimmten Abständen von behelfsmäßig angebrachten Glühbirnen erhellt wird. „Ich bezweifle, dass das hier ein Keller ist.“, meint Peter. Stillschweigend betreten sie das Gemäuer und folgen dem Gang immer weiter. Er scheint sich unter dem ganzen Verwaltungsgebäude zu erstrecken. Irgendwann endet er schließlich mit einer großen Tür. Sie wirkt sehr massiv, ähnlich wie die Türen in einem Bunker. Wohlmöglich gab es hier sogar mal Fluchttunnel und Schutzkammern, die jetzt aber nicht mehr benutzt werden. Vorsichtig öffnen sie die schwere Tür, hinter der sich ein riesiger Raum erstreckt. Er ist schwach erleuchtet, abgesehen von einer Stelle, die wie ein Operationsbereich wirkt. Verschieden große Käfige reihen sich in dem Raum aneinander. In gut einem Dutzend davon hocken die vermissten Zootiere so zusammengepfercht, dass sie sich kaum bewegen können. Einer der Käfige steht offen. In ihm befindet sich kein Tier. Stattdessen liegt der Adler für den Operationstisch geschnallt da. Überall an seinem Körper sind Elektroden befestigt, die mit verschiedenen Maschinen verbunden sind. Einige davon scheine die Vitalfunktionen des Vogels aufzuzeichnen, eine andere wirkt eher wie ein Generator. Der Adler ist bei vollem Bewusstsein und wehrt sich heftig und hektisch gegen seine Gefangennahme. Die Kurven auf den Messgeräten bestätigen wie aufgebracht und panisch das Tier ist. Dann springt der Generator an und jagt einen Stromstoß durch den hilflosen Vogel, der so heftig ist, dass der Adler dabei fast getötet wird. An der Schwelle zwischen Leben und Tod gefangen sackt das Tier in die Bewusstlosigkeit ab und ein Mann im weißen Kittel nähert sich ihm. In der Hand hält er eine große Spritze. Diese jagt er dem Tier in den Leib und injiziert ihm irgendetwas. Daraufhin flippen die Anzeigen der Geräte regelrecht aus, als der Adler kollabiert. „Sofort aufhören!“, gebärt sich Raymond lautstark und stößt den Peiniger grob zur Seite. Nun wird er vom Licht eingefangen und gibt sich so ungewollt zu erkennen. „Vincent Paul!?“, entkommt es den Jungs im Chor. Fassungslos starren sich die beiden Seiten an. „Ich habe euch doch verboten den Zoo zu betreten! Das wird gewaltige Konsequenzen für euch haben! Ich sorge dafür, dass ihr in die finsterste Zelle gesperrt werdet!“, gebärt sich der Zoodirektor. Er hat seine Drohungen kaum ausgesprochen, da zuckt ein Protonenstrahl nur knapp vor seinem Fuß in den Boden. „Jetzt hören sie mal zu! Die Polizei wird sich sicher viel mehr dafür interessieren, was der hochangesehene Zoochef mit seinen eignen Tieren anstellt, als die Tatsache zu beachten, dass wir widerrechtlich hier sind!“, blafft Peter zurück und richtet den Strahler weiterhin auf ihn. Winston tut es ihm gleich, gefolgt von Ray und Egon. „Sollten sie auch nur zucken, werden sie erfahren, wie sich der Adler gerade gefühlt hat!“, droht der Bauarbeiter. Mit offenem Mund starrt Vincent die Waffen der vier Männer an und wägt das Für und Wieder seiner nächsten Handlung ab. Doch eigentlich gibt es nichts, was er tun kann. Die Jungs blockieren den einzigen Ausgang. Hier unten gäbe es zwar einiges, was er zur Verteidigung benutzen könnte, doch dafür müsste er viel dichter an die Geisterjäger herankommen und das ist vollkommen unmöglich bei ihren futuristischen Schusswaffen. Langsam, unter den strengen Augen der Jungs, hebt Paul die Hände. „Ihr habt gewonnen…“, gibt er resignierend zu. Winston findet ein Seil, mit dem er den Direktor fesselt, damit er nicht doch noch abhaut. Peter verständigt Benny über das Funkgerät und dieser ruft die Polizei. Derweilen kümmern sich Ray und Egon um die Tiere. Da der Tüftler doch einige medizinische Kenntnisse hat, gelingt es ihm nach einer Weile den misshandelten Adler zu stabilisieren. Der Mechaniker besieht sich in der Zwischenzeit die anderen Tiere in den Käfigen. Mal davon abgesehen, dass sie sehr verängstigt und teilweise dehydriert sind, geht es ihnen aber gut. Nur ein junger Puma liegt völlig apathisch in seinem winzigen Käfig. Mitfühlend kniet sich der Rothaarige nieder und öffnet den Käfig. Eigentlich muss er vollkommen verrückt sein, sich einem wilden Tier so schutzlos zu nähern, doch er kann das Elend einfach nicht ertragen und verdrängt so die drohende Gefahr. Vorsichtig streichelt er dem Puma über den Kopf und tastet dann nach einem Puls. Schwerfällig öffnet das Tier dabei die Augen und lässt hechelnd die Zunge raushängen. Erst jetzt merkt Raymond wie warm es hier unten eigentlich ist. Er blickt sich um und findet eine Art rollbare Bahre, mit der die Tiere hier unten wohl bewegt werden. Hastig zieht er sie zu sich heran. „Keine Angst, mein Kleiner, dir geht´s bald wieder gut.“, teilt er dem jungen Puma mit, der kaum dem Welpenalter entwachsen zu sein scheint. Bedächtig zieht Ray das wehrlose Tier aus dem viel zu kleinen Käfig und legt es auf die Bahre. Schnell schiebt er sie den Gang entlang, der sie alle hergeführt hat. Auf dem Weg kommt ihm Peter entgegen, der nach draußen gegangen war, da die dicken Wände das Funkgerät gestört haben. Mehr als überrascht betrachtet er, wie Ray ihm mit der Raubkatze entgegenkommt. „Bist du verrückt? Du kannst doch kein Tier hier frei rumlaufen lassen!“, fährt er den Jüngeren an. „Ich lasse ihn doch nicht frei rumlaufen. Doch wenn ich ihn nicht an die frische Luft bringe, stirbt er vielleicht. Also hilf mir, bitte!“, gibt Ray zurück und hält auf die Stufen zur Klappe zu. Einen Moment ist sich Venkman sehr unsicher, ob er es wirklich riskieren soll, sich einem wilden Tier so zu nähern. Doch die Ernsthaftigkeit in der Stimme des Mechanikers macht ihm klar, wie schlimm es scheinbar ist. Der Puma auf der Bahre bewegt sich zudem nicht einmal. Innerlich gibt sich Venkman einen Ruck und läuft hinter ihm her. An den Stufen angekommen, heben sie die Bahre gemeinsam an und hieven sie durch die Klappe. Die fast schon eisige Luft dieser Märznacht umfängt sie augenblicklich. Vorsichtig stellen sie die Bahre auf dem Rasen ab und Ray gibt dem völlig erschöpften Pumajungen Wasser aus einer Flasche. Argwöhnisch wird er dabei von dem Brünetten beobachtet. „Sag mal, hast du keine Angst, das dich das Vieh beißen könnte?“, fragt er nach einem Moment. Verständnislos blickt ihn der Mechaniker an. „Nein, dafür ist das arme Tier viel zu fertig. Und ich glaube, es weiß, dass ich ihm nichts Böses will.“, erwidert er besorgt und streichelt dem Puma sanft über den Kopf. Das Jungtier hebt langsam den Kopf und blickt Raymond an. Etwas unsicher dreht sich der Puma dann auf den Bauch und leckt die Hand seines Retters. Ray kichert überglücklich. „Ich glaube, er wird es schaffen, Peter!“, flötet er fröhlich. „Wenn du meinst…“, erwidert sein Kollege leicht unsicher. „Was ist? Hast du etwa Angst vor diesem süßen Puma?“ „Wie kommst du denn darauf…?“, hält Venkman dagegen, doch Ray kann sehen, wie nervös er ist. „Du musst dich nicht fürchten. Komm, leg deine Hand auf seinen Kopf. Sein Fell ist ganz weich!“ Unsicher blickt sich Venkman um, doch Egon und Winston sind noch immer in diesem merkwürdigen Labor mit Paul. In der Ferne, ganz leise, kann er die Sirenen der anrückenden Polizei hören. Schließlich atmet er tief durch und streckt die Hand aus. Aufmerksam beobachtet ihn der Puma mit seinen goldenen Augen. Als Peters Finger das tiefschwarze Fell der Großkatze berühren, ist es, als würden sie in seidige Watte eintauchen. „Wow, echt weich.“, erwidert er und streicht dem Tier vorsichtig bis hinunter zum breiten Nacken. „Siehst du, halb so schlimm!“ Ray lächelt ihm mit all seinem kindlichen Gemüt entgegen. „Huch! Da seid ihr ja.“, entkommt es Egon, der langsam aus der Klappe steigt und die beiden mustert. „Was treibt ihr da?“, fragt er überrascht. „Eine Mietze streicheln, solltest du auch mal versuchen!“, grinst ihm der Brünette in einem seltsamen Tonfall entgegen. Der Tüftler vermutet dahinter irgendeine Zweideutigkeit, doch er kommt einfach nicht drauf und eigentlich will er es auch gar nicht wissen. „Ich denke nicht, nein.“ „Wie geht es dem Adler?“, fragt Ray. „Den Umständen entsprechend. Doch ich würde mal sagen, er hat noch mal Glück gehabt und kommt wieder auf die Beine.“ „Na Gott sei Dank!“, atmet der Mechaniker erleichtert aus. „Dahinten sind sie!“, ertönt Bennys Stimme aus der Ferne. Wenig später wird Vincent Paul von der Polizei festgenommen und abgeführt. Eine Woche ist seitdem vergangen und der Zoo feiert förmlich seine Wiedereröffnung, nun unter neuer Führung. Zahlreiche Besucher haben sich erwartungsvoll vor den Toren des Central Park Zoos versammelt und warten gespannt auf die Ehrengäste. Es dauert auch nicht lange, da biegt der Miller-Meteor auf dem Parkplatz ein und die Geisterjäger steigen unter dem tosenden Applaus der Menge aus. Mit so viel überschwänglicher Begeisterung können die Jungs kaum umgehen, sind sie es doch eher gewohnt, mit Ablehnung leben zu müssen. Doch die Leute hier scheinen sich wirklich sehr darüber zu freuen, dass der Zoo wieder öffnet und die Ghostbusters das schreckliche Geheimnis gelüftet haben. Inzwischen sitzt Vincent Paul im Gefängnis. Aus Habgier hat er seine eigenen Tiere für grausame Experimente benutzt, die er für ein Pharmaunternehmen durchgeführt hat. Für die Erprobung fragwürdiger Medikamente hat er Unsummen erhalten, wobei ihm das Wohl der Tiere völlig egal war. Das Pharmaunternehmen wartet allerdings noch auf seine Anklage, doch das sind nur Formalitäten. Den gequälten Tieren geht es soweit wieder gut oder sie sind auf dem Weg der Besserung. Die Mitarbeiter der Zoos haben zudem einstimmig entschieden, Benny Jackson, den pflichtbewussten Nachtwächter, zum neuen Direktor zu machen. Und als krönender Abschluss und wohl größte Auszeichnung für die Geisterjäger, hängt für alle Welt sichtbar eine goldene Ehrentafel neben dem Eingang, die die vier auszeichnet und von ihrem spektakulären Einsatz berichtet. Diese Ehrung erlaubt es den Geisterjägern auch, bis ans Ende ihrer Tage kostenlos den Zoo zu besuchen, was besonders Ray freut, der es kaum erwarten kann, den liebenswerten Puma wiederzusehen. Unter dem anhaltenden Applaus der Menge platzieren sich die vier vor dem Eingang. Dort wurde ein rotes Band mit einer großen Schleife gespannt. Benny hält eine bewegende Rede und überreicht den Jungs dann eine Schere. Feierlich zerschneiden die fünf gemeinsam das Band und heißen all die Leute im Zoo willkommen! Kapitel 25: Poe´s raven ----------------------- Zwei Wochen später… Der erste April gilt auch in Amerika als Tag der Streiche und des Schabernacks. Kein Wunder also, dass sich Janine ein wenig veralbert vorkommt, als sie spätabends noch einen Anruf entgegennimmt. Eigentlich ist sie schon fast zur Tür raus, um endlich Feierabend zu machen und auch die Jungs sind schon oben und haben sich in die Federn begeben. Doch das rote Einsatztelefon klingelt unablässig, sodass die Sekretärin sich einen Ruck gibt und seufzend den Anruf entgegennimmt. Was ihr die aufgeregte Frau am anderen Ende weiß machen will, klingt in ihren Ohren wie ein schlechter Scherz, wäre da nicht die tiefsitzende Angst, die die Rothaarige aus den gestammelten Wortfetzen heraushören kann. Als sie das Gespräch schließlich beendet, sitzt sie noch einen Augenblick unschlüssig da und überlegt, ob sie die Glocke betätigen soll oder das Ganze vielleicht doch nur Unfug ist – ziemlich gut gespielter Unfug, aber immerhin Unfug. Letztendlich bestätigt sie den Schalter aber trotzdem. Heute hatten die Jungs immerhin noch keinen Auftrag und seit der Sache im Zoo sah es auch eher mau aus. Wenn sie daran denkt, dass diese Woche noch ein Haufen Rechnungen bezahlt werden müssen, ist es wahrscheinlich wirklich besser, die Jungs aus dem Bett zu pfeifen, selbst wenn es nur ein Fehlalarm ist. Durch das Loch in der Decke kann sie das überraschte und nicht gerade begeisterte Murren der vier Männer hören. Doch für gewöhnlich bleibt es nur beim Murren und sie machen trotzdem ihre Arbeit, egal wie spät es auch sein mag. Abgesehen vielleicht von Peter, der dann immer eine Sondereinladung braucht. Und allein schon sein Gesicht zu sehen, gibt Janine eine ziemliche Genugtuung, trotz der vorgerückten Stunde. Geschwind steigt sie die Treppe hinauf und betritt das Schlafzimmer. Müde blicken ihr Ray und Winston entgegen, die auf den Kanten ihrer Betten sitzen. Egon angelt nach seiner Brille und setzt sich ebenfalls hin. Nur Venkman zieht es vor, sich mal wieder wie ein kleines Kind unter der Decke zu verkriechen und den Alarm zu ignorieren. „Was ist denn los, Janine?“, fragt Ray gähnend. „Ich fürchte, ihr müsst noch mal raus, Jungs. Ich hatte gerade einen Anruf aus dem Historischen Museum. Die Nachtwächterin hat dort etwas Seltsames gesehen…“, erläutert die Rothaarige. „Und was war das?“, hakt Winston nach und streckt sich. „Ich bin mir nicht sicher. Sie sagte etwas von einem Raben oder so etwas.“ Irritiert blicken sich die drei an. „Ich fürchte, das fällt nicht in unser Aufgabengebiet.“, gibt Egon zurück. Janine zuckt mit den Schultern. „Kann schon sein, aber sie klang sehr überzeugt davon, dass ihr da die Richtigen seid.“ „Bei einem Raben muss ich immer an die Geschichte von Edgar Allan Poe denken oder an Hitchcocks Vögel.“, gibt Raymond erfreut von sich. „Dann wird es dich bestimmt interessieren, dass in dem Museum seit ein paar Tagen eine Ausstellung über Poe läuft.“, gibt Janine zurück. „Das ist ja Wahnsinn!“, freut sich der Mechaniker und springt von seinem Bett auf. Die Sekretärin schütteln amüsiert den Kopf, als sie das sieht. „Seht es mal von der guten Seite. Wenn es doch ein Fehlalarm ist, könnt ihr euch immerhin umsonst die Ausstellung ansehen!“, kichert sie und verlässt das Zimmer wieder. „Das wäre ja klasse! Und? Gehen wir hin?”, fragt der Jüngste aufgeregt. Winston kann sich ein Schmunzeln kaum verkneifen. „Na, schlafen wirst du jetzt eh nicht mehr, also von mir aus gern.“ „Diese Ausstellung klingt durchaus verlockend.“, gibt auch der Tüftler zu und erhebt sich. „Los, steh auf, Peter!“, stupst Raymond ihn an und verschwindet dann die Stange hinunter. „Vergiss es…“, tönt es unter der Decke hervor. „Arbeit hat noch keinen umgebracht, Venkman.“, kommt es genervt von dem Bauarbeiter. Zerknirscht schiebt der Angesprochene den Kopf unter der Decke hervor. „Ja, schon. Aber ich will kein Risiko eingehen!“, grinst er schwach. „Immerhin wurden wir neulich fast von wildgewordenen Tieren gefressen.“, setzt er hinzu. „Du übertreibst maßlos, Peter.“, entgegnet ihm Egon matt. „Na schön, dann will ich halt nicht in so ein langweiliges Museum, nur um einen entflogenen Vogel einzusammeln.“, hält er dagegen. „Ich denke nicht, dass die Ausstellung langweilig ist. Edgar Allan Poe hat immerhin einiges an Horrorgeschichten geschrieben. Das müsste dir doch immerhin etwas zusagen.“, erläutert der Schwarzhaarige. Peter wirkt nicht sonderlich begeistert. Dennoch setzt er sich hin und gähnt. „Ich hab das Gefühl, ihr werdet nicht locker lassen, ehe ich aufstehe…“ „So sieht´s aus.“, meint Winston und rutscht die Stange hinab. Matt sehen sich der Tüftler und der selbsternannte Chef an. „Etwas Bildung kann dir nicht schaden, Peter.“, meint der Blonde. „Klar und die beste Zeit, um sich zu bilden, ist nachts um elf…“, kommt es ironisch zurück. „Es ist nie zu spät für Bildung.“, hält Egon dagegen und folgt den beiden anderen die Stange hinab. Seufzend sitzt Peter noch einen Moment auf seinem Bett, ehe er sich erhebt. „Wenn dieser Rabe nicht eine Ausgeburt der Hölle ist, kann man diese Ausstellung sowieso vergessen…“, murrt er sich selbst zu, bevor er die Stange hinabrutscht. Wenig später parkt Ecot-1 auf dem völlig verlassenen Parkplatz des Historischen Museums. Das riesige Gebäude liegt in vollkommener Dunkelheit, abgesehen von der Vorhalle, die schwach beleuchtet ist. Mit ihrer Ausrüstung erklimmen die Jungs die Stufen und treten an die großen Flügeltüren heran. Etwas überrascht stellen sie jedoch fest, das abgeschlossen ist. Schulterzuckend klopft Raymond an das dicke Holz, allerdings dauert es noch eine ganze Weile, ehe jemand öffnet. Schließlich erscheint eine kräftig gebaute Frau in dem Spalt, die sie ernst mustert. Auf dem kleinen, goldenen Anstecker an ihrem gewaltigen Busen steht das Wort Nachtwächter. „Das Museum hat geschlossen, kommen sie morgen wieder.“, gibt sie gehetzt von sich und will die Tür schon wieder schließen. „Nun warten sie mal, Lady! Wir sind die Geisterjäger und sollen uns hier um einen Raben kümmern. Also entweder sie lassen uns rein oder sie leben mit dieser Federschleuder!“, pikiert sich Peter. Die Grauhaarige blinzelt überrascht, dann nimmt ihr Gesicht einen anderen Ausdruck an. „Oh, dem Himmel sei Dank, dass ihr hier seid! Entschuldigt meine unfreundliche Begrüßung, doch, dass alles macht mich ziemlich fertig. – Ich bin Vera Smith, die Nachtwächterin.“ Sie versucht sich an einem Lächeln. Es wirkt unbeholfen und zerstreut und dennoch lässt es sie um Jahre jünger aussehen, sodass sich Venkman schon beinahe vorstellen kann, dass sie mal ein ganz niedlicher Teenager gewesen sein mag – damals, so im achtzehnten Jahrhundert… „Halb so wild, aber vielleicht können sie uns ein bisschen mehr über diesen Raben erzählen.“, bittet Ray sie. „Aber sicher, doch kommt erst mal rein, nicht, dass das Vieh noch durch die offene Tür abhaut!“, gibt sie hastig von sich. „Wenn es sich hierbei wirklich um eine geisterhafte Erscheinung handelt, dann wird es völlig egal sein, ob die Tür offensteht oder nicht.“, gibt Egon trocken von sich. Vera betrachtet den Blonden mit verwirrtem Blick. „Ach wirklich? Du meine Güte! Na hoffentlich ist das Vieh dann noch da, nicht, dass ich euch umsonst aus dem Bett geklingelt habe…” „Ja, das hoffe ich auch…“, erwidert der Brünette leicht angesäuert und betritt das Museum. An der linken Seite der Vorhalle steht ein gewaltiger Tisch, auf dem sich Monitore und Schalttafeln drängen. Dorthin zieht sich Vera zurück und durchsucht einen Stapel Videobänder. „Ich dachte zuerst, ich spinne, als ich diesen hässlichen Vogel gesehen habe. – Zwischen all diesen merkwürdigen Exponaten kann einem schon manchmal die Fantasie durchgehen, wisst ihr?“, entschuldigend lächelt sie die Jungs an und schiebt eine Kassette in den Recorder. „Doch das Ganze kam mir doch etwas zu echt vor, um eine Einbildung zu sein, zumal mich der Vogel sogar angegriffen hat.“ Als sie die Fernbedienung betätigt, wird der Ausstellungsraum sichtbar. Zuerst ist alles friedlich. Dann betritt Vera bei ihrem Rundgang den Saal und hält plötzlich inne. Da es keine Tonaufnahme ist, kann man nur vermuten, dass sie etwas Seltsames gehört haben mag. Ihr Blick geht zu einem hohen Fenster auf der rechten Seite des Raumes. Als sie es öffnet und hinausschauen will, schwebt ein blaugrünes Licht über ihren Kopf hinweg. Erschrocken weicht sie zurück und blickt sich danach um. Das Licht schwebt zu der Nachbildung der Büste aus Poes Geschichte ‚Der Rabe‘ und lässt sich darauf nieder. Kurz darauf manifestiert es sich im Skelett eines Vogels. An seinen knöchernen Flügeln hängen noch einige pechschwarze Federn, ebenso an seinem Schwanz, am Kopf und der Brust. Das Tier sieht aus, als wäre es halb verwest und wieder auferstanden. Der Rabe spreizt die Flügel und reißt den Schnabel auf. Dann fliegt er empor, direkt auf die Nachtwächterin zu. Nur knapp kann sie dem scharfen Schnabel und den spitzen Krallen ausweichen. Verängstigt verlässt sie den Raum und lässt den Vogel allein, der sich kurz darauf unsichtbar macht. Mit einem Seufzen schaltet Smith die Aufzeichnung aus und wendet sich den Ghostbusters zu. „Als ich in den Raum kam, hörte ich ein Klopfen an der Scheibe. Ich dachte, es wären irgendwelche Jugendlichen, die kleine Steine gegen das Glas werfen. Kam schon öfter vor, weshalb ich sie zurechtweisen wollte. Doch da war niemand, nur das Licht, das plötzlich reinkam. Ich habe die Tür des Saales verriegelt und dann sofort bei euch angerufen…“, berichtet sie aufgelöst. „Machen Sie sich keine Gedanken. Wenn diese Erscheinung noch da ist, dann werden wir sie sicher einfangen können.“, versucht Egon sie unbeholfen zu trösten. „Das hoffe ich doch…“, versucht sie sich wieder an einem Lächeln. „Sagen Sie, Mrs. Smith? Der Raum, in den der Rabe geflogen ist, ist nicht zufällig der, in dem die Ausstellung von Edgar Allan Poe gezeigt wird?“, fragt Ray. „Doch, das ist sie und das hat mir noch mehr Angst gemacht.“ „Siehst du da etwa einen Zusammenhang?“, fragt Peter. „Durchaus! In Poes Geschichte ‚Der Rabe‘, ist es ganz ähnlich. Der Protagonist hört des nachts ein klopfendes Geräusch am Fenster. Als er es öffnet, fliegt ein Rabe herein und setzt sich auf eine Büste, die über dem Schlafzimmer hängt. In seiner Verzweiflung, weil er seine geliebte Lenore verloren hat, die kurz vorher gestorben ist, beginnt er mit dem Raben zu sprechen, hält sich dann aber selbst für verrückt, dies zu tun. Doch der Rabe antwortet ihm tatsächlich. Doch er sagt stets nur ‚nimmermehr‘. Dadurch erleidet der Protagonist eine Art Zusammenbruch, da der Rabe einfach nicht mehr aufhört. Letztendlich erschießt er sich selbst, um dem Wahnsinn zu entkommen.“, erzählt der Mechaniker. „Ich verstehe und du glaubst jetzt, dass der Rabe aus Poes Geschichte lebendig geworden ist und nun seinen Besitztümern entsprang?“, hakt Winston nach. „Ich halte es zumindest für eine logische Möglichkeit.“, gibt der Rothaarige zu. Er blickt zu Egon, der grübelnd neben ihm steht. „Diese Schlussfolgerung halte ich durchaus für berechtigt. Poes Erzählungen waren für die damalige Zeit sehr erschreckend und detailliert, brachten den Wahnsinn, den er beschreiben wollte, klar zum Ausdruck. Daher wäre es nicht verwunderlich, wenn in seinen Worten so viel Macht steckt, dass der Rabe dadurch heraufbeschworen wurde und sich nun eine Zuflucht in den Kulissen dieser Szenerie gesucht hat.“, meint der Tüftler und rückt seine Brille zurecht. „Du willst also damit sagen, dass Poes Hirngespinst zum Leben erwacht ist und jetzt dort im Nachbau seiner Geschichte hockt?“, kommt es ungläubig von Peter. „So kann man es ausdrücken.“ „Na herrlich! Wäre ich doch bloß im Bett geblieben…“, motzt der selbsternannte Chef und mustert Vera mit einem Blick, als wenn er sie verdächtigen wolle, dies alles mit Absicht gemacht zu haben, nur damit er keine ruhige Nacht verbringen kann. Die Nachtwächterin wendet jedoch den Blick von ihm ab und zieht ihr großes Schlüsselbund hervor. „Ich hoffe nur, keiner von euch wird verletzt. Der Rabe hat mir eine ganze Haarsträhne ausgerissen…“, meint sie wehmütig und streicht sich unbewusst über die Stelle an ihrem Hinterkopf. Dann führt sie die Jungs zum Ausstellungsraum und sperrt die Tür auf. „Wenn ihr irgendwie Hilfe braucht, könnt ihr mich über das Funkgerät erreichen und ich behalte natürlich die Monitore im Auge. Ich hoffe, es ist euch Recht, dass die Kameras laufen? Ich kann sie leider nicht abschalten.“, meint sie entschuldigend, nicht ahnend, dass die Aufzeichnungen etwas völlig anderes wiedergeben werden. „Ich denke, das ist kein Problem. Doch eine Kopie der Aufnahme wäre sicher nützlich für unsere Forschung.“, entgegnet Winston. „Das lässt sich machen, doch erzählt dem Direktor davon nichts. Wenn rauskommt, das hier Geister spuken, kommt sicher niemand mehr ins Museum…“ Der Ausstellungsraum ist groß und düster. Von überall scheinen einen die Schatten der Objekte regelrecht anzuspringen. Unter Glaskästen kann man handgeschriebene Texte von Poe betrachten und hier und da gibt es persönliche Gegenstände. Verschiedene Porträts sind aufgehängt worden und sogar einige Kleidungsstücke. Doch der Großteil besteht aus Requisiten von Verfilmungen, aber es gibt auch Originalmöbel aus seinem Haus zu bewundern. In einer Ecke des Saals, ziemlich weit hinten, gibt es einen Nachbau aus ‚Der Rabe'. Man sieht die Tür zum Schlafzimmer und die Büste darüber, auf die sich der Vogel setzt, um seine anhaltende Wiederholung vorzutragen. Allerdings fehlt der Vogel hier. „Seht mal…", kommt es von Winston, der den Nachbau des Raben auf dem Boden vor der Tür findet. Der Plastikvogel wirkt wie eine billige Halloweendekoration, doch erfüllt auf der Büste ganz sicher seinen Zweck. Der Bauarbeiter hebt das Gemisch aus Kleber und Kunstfedern an, um es genauer zu betrachten. Als Augen dienten diesem Vogel vermutlich einmal Glasperlen, doch sie sind beim Sturz von der Büste wahrscheinlich rausgefallen. Die leeren Augenhöhlen rufen in dem Schwarzhaarigen ein gewisses Unbehagen hervor, dass er sich im ersten Moment gar nicht erklären kann. Kurz darauf kommt ihm dieses Gefühl wie eine Art Vorahnung vor, als sich in den Löchern auf einmal etwas regt. Er will den anderen gerade sagen, dass hier etwas komisch ist, da schiebt sich durch jede Augenhöhle eine dicke, zum Platzen vollgefressene Made und windet sich suchend herum. „Was zum…", stößt Winston hervor und wirft den Vogel zur Seite. Angewidert verzeiht er das Gesicht. The clock struck midnight And through my sleeping I heard a tapping at my door „Was hast du denn?", fragt ihn Ray und mustert den Plastikvogel. „Da kamen gerade Maden aus den Augen von diesem Vieh...", erzählt er und blickt unbehaglich zu dem schwarzen Haufen. „Erzähl doch nicht so einen Mist! Das Ding ist aus billigem Plastik. Was sollen die Viecher da also drin?", fährt Peter ihn an und hebt den Raben wieder auf. Winston wirft ihm einen verärgerten Blick zu. Venkman dreht den Vogel in seiner Hand herum und sieht ihm schließlich ins Gesicht. Allerdings bekommt er keine Maden zu sehen. Stattdessen leuchten die leeren Augenhöhlen plötzlich rot auf und der Vogel öffnet blitzartig den Schnabel. „Nimmermehr!", kreischt der Plastikvogel laut. Peter schreckt heftig zusammen und wirft ihn gegen die nächste Wand. „Heilige Scheiße!", gibt er atemlos von sich. „Selber schuld, Venkman!", kommentiert Winston das Ganze mit einer gewissen Genugtuung. Die beiden Männer funkeln sich herausfordernd an. „Meine Herren, etwas mehr…", setzt Egon an, um die zwei zurechtzuweisen. Doch da unterbricht ihn ein markerschütterndes Lachen, wie das einer bösen Hexe in einem Horrorfilm. Es kommt direkt von dem Plastikraben, der bei seiner unsanften Bekanntschaft mit der Wand seinen Kopf einbüßen musste. Dieser rollt nun lachend und krächzend über den Boden und schließlich entweicht eine weiße Wolke aus dem offenem Hals. Unter den überraschten Augen der Jungs manifestiert sie sich auf der Büste über der Tür. I looked but nothing Lay in the darkness And so, I turned inside once more Die Wolke löst sich langsam auf und zum Vorschein kommt das abgenagte Skelett eines Raben. Einzelne, von Schimmel überzogene Federn hängen noch an seinen Flügeln. Ein Auge ist eingefallen und tot, während das andere völlig fehlt. Stattdessen windet sich eine dicke Made durch die Höhle, reißt ihr überdimensionales Maul auf, in dem hunderte, spitzer Zähne glänzen. Es sieht aus, als würde sie gähnen, dann verzieht sie sich wieder in den knöchernen Schädel des Geistervogels. Der Rabe spreizt die Flügel auseinander und reißt den Schnabel auf. Seine langen Krallen kratzen widerlich über das Plastik der Büste. „Nimmermehr!", krächzt der tote Vogel und seine Augen funkeln die Jungs böse, rotglühend an. „Das ist der Rabe! – Nimmermehr…", entkommt es Ray in einem seltsamen Ton. „Warum hast du gerade nimmermehr gesagt?", fragt Peter verwirrt. Ungläubig sieht ihn der Mechaniker an. „Hab ich das?" Der Rothaarige legt verwirrt die Stirn in Falten. „Aber so was von! – Nimmermehr…", entgegnet Venkman. „Ich fürchte, jetzt hast du es gesagt, Peter.", erwidert Egon und schiebt sich nachdenklich die Brille zurecht. „Erzähl doch keinen Mist!", harscht er den Blonden an. „Ich habe es auch gehört.", stimmt Winston zu. „Ich fürchte, dass ist der Rabe. Er beeinflusst uns irgendwie, nimmermehr…", beim letzten Wort weiten sich Raymonds Augen. Er hat es so unbewusst ausgesprochen und es dennoch so deutlich wahrgenommen. „Klasse! Wie sollen wir nimmermehr so arbeiten?", fragt der Brünette ernst und runzelt über seinen eigenen Satz die Stirn. „Ich fürchte, es nimmermehr schlimmer…", entgegnet der Tüftler. Er spricht langsam und bedacht und dennoch gelingt es ihm nicht, diesen Zwang zu unterdrücken. „Nimmermehr fangen wir das Vieh einfach!", gibt Peter erbost von sich, doch die anderen nicken nur. Sie wissen, was zu tun ist. To my amazement There stood a raven Whose shadow hung above my door? Gemeinsam wenden sie sich nach dem Raben um, der immer noch auf der Büste hockt und sie mit roten Augen anstarrt. Nun beginnt er mit seinen verknöcherten Flügeln zu schlagen und ein gehässiges Lachen verlässt seine trockene Kehle. „Nimmermehr, nimmermehr!“, krächzt der Vogel voll bösartiger Freude. Jedes Mal, wenn er dieses Wort ausspricht, scheint sich seine Macht zu vergrößern. Inzwischen vermeiden es die Ghostbusters zwar miteinander zu reden, doch ihr Denken wird nun auch von diesem Singsang beherrscht, sodass sie kaum genug Konzentration finden, um irgendetwas zu tun. Schwindel erfüllt ihre Köpfe und sie kommen sie vor wie kleine Kinder, die vor einer unlösbaren Aufgabe stehen. Dies schürt eine gewisse Verzweiflung in ihnen, da sie absolut nicht einschätzen können, wie groß die Macht dieses Untiers noch werden kann. Then through the silent It spoke the one word That I shall hear for evermore Hilflos blicken sie einander an und versuchen sich stumm zu verständigen. Doch es scheint unmöglich – nur dieses Wort gleitet noch durch ihre Köpfe. „Nimmermehr, nimmermehr!“, krächzt der Rabe. Der Ausdruck huscht über jeden Nerv, jede Bahn und jede Verbindung. Nichts, außer ihm scheint mehr zu existieren. Die Schädel zum Bersten damit angefüllt, nach dem Wahnsinn greifend, wie die Hand eines Totgeglaubten nach der Glocke über seinem eisigen Grab… Die vier, jungen Männer verkrampfen sich, sinken auf ihre Knie und versuchen in ihrer Verzweiflung zu einer sinnvollen Reaktion anzusetzen. Einer unendlichen Anstrengung gleich, gelingt es Peter seinen Protonenstrahler in die Hand zu nehmen. In seinen Ohren, seinem Kopf und seinem gesamten Denken hallt die Stimme des Raben, der unaufhörlich dasselbe Wort wiederholt. Er kann sich zwar nicht mehr daran erinnern, was Ray über Poes Geschichte erzählt hat, doch er glaubt, zu wissen, dass sich der Hauptcharakter am Ende das Leben genommen hat, weil ihn der Vogel in den Wahnsinn trieb. Und selbst wenn es nicht so gewesen ist, wäre es dennoch die einzig logische Reaktion, um ihm zu entkommen! Nevermore This spokes the raven, nevermore Im Augenwinkel kann Venkman sehen, wie auch seine Mitstreiter ihre Waffen ziehen. Ihre Augen sind so glasig und ausdruckslos, wie er sich im Moment fühlt. Alles in ihnen schreit danach, das Ganze zu beenden, koste es, was es wolle! Langsam, entgegen all ihrer Instinkte, richten sie die Kanonen in die Senkrechte auf. Die vier, jungen Männer platzieren die kalte Spitze der Waffe direkt unter ihrem Kinn. Die glühenden Protonen würden so direkt durch ihren Schädel schießen und dem Ganzen ein gnädiges Ende bereiten. Wahrscheinlich würden sie sogar mal als Helden gefeiert werden, weil sie im Einsatz gefallen sind. Wirklich traurig, dass sie nur so zu Ansehen in dieser verkorksten Stadt kommen würden… And still the raven remains in my room No matter how much I implore No words can soothe him „Nimmermehr, nimmermehr!“, krächzt der Rabe vergnügt. Die vernebelten Geisterjäger laden die Strahler durch. Im Protonen-Pack auf ihrem Rücken setzt das charakteristische Summen ein, während die Ladung vorbereitet wird. In wenigen Augenblicken werden ihre Finger den Abzug durchdrücken und dem Raben all seine erhoffte Genugtuung verschaffen. Dann ist er diese Störenfriede endlich los und kann sich wieder auf die wirklich wichtigen Dinge konzentrieren! „Nimmermehr, nimmermehr, nimmermehr!“, krächzt der Rabe und schlägt wild mit den Flügeln. Die Ladephase ist abgeschlossen. Die glühenden Protonen sammeln sich ungehalten an der Spitze der Kanone und versengen den Jungs dabei die zarte Haut am Hals. Fast zeitgleich zucken sie schmerzerfüllt zusammen und blicken einander schockiert an. Wie konnten sie nur so leicht den Blick für die Wirklichkeit verlieren? No prayer removes him And I must hear for evermore Ihre Köpfe füllen sich wieder mit Gedanken, ihren eigenen Gedanken! Der Rabe scheint davon allerdings nichts mitzubekommen, glaubt immer noch die Kontrolle über sie zu haben. Stumm, nur mit den Augen, versuchen sich die Geisterjäger zu verständigen und sich dabei so wenig wie möglich zu bewegen. Schließlich sind sie sich einig. Gleichzeitig springen sie auf und eröffnen das Feuer auf den toten Vogel. Überrascht erkennt der Rabe, dass etwas schiefgelaufen ist und flattert empor. Lautstark krächzt er seinen Unmut in den Raum und entwischt den Strahlen dabei nur knapp. „Verdammter Mist!“, gebärt sich der Anführer der Ghostbusters und ist doch etwas überrascht, dass ihm die Worte so locker über die Lippen kommen. „Wo ist er hin?“, fragt Winston und blickt sich suchend um. „Nimmermehr!“, brüllt Egon plötzlich. Als die drei anderen sich nach ihm umwenden, stockt ihnen fast der Atem. Der Rabe sitzt direkt auf dem Kopf des Tüftlers! Spokes the raven, nevermore This spokes the raven, nevermore Seine Krallen bohren sich in die weiche Haut an Egons Schläfen. Dünne Rinnsale Blut suchen sich von dort ihren Weg seine Wangen hinunter. Und als würde das nicht schon reichen, beginnt das Vieh jetzt seinen Schnabel an der kunstvoll frisierten Haarlocke des Blonden abzuwischen. Feine Strähnen lösen sich dabei aus der aufwendigen Tolle und fallen dem Tüftler vor die Augen. Das Bild wirkt gleichzeitig lustig wie grotesk, hat doch noch nicht einmal Peter in all den Jahren, die er Egon schon kennt, ihn jemals so zerpflückt gesehen. Allerdings haben die drei keine Zeit, um sich darüber Gedanken zu machen, denn das Genie der Truppe scheint nun unter der völligen Kontrolle des Raben zu stehen. „Nimmermehr!“, krächzt der Rabe. „Nimmermehr!“, ruft auch Egon. Kurz darauf eröffnet er das Feuer auf seine Kollegen. Nur mit knapper Not entgehen die drei dem Angriff. Wie knapp es war, wird Ray klar, als er merkt, dass eine seiner Haarsträhnen angesengt ist. „Du meine Güte…“, gibt er erschrocken von sich. „Was sollen wir jetzt machen?“, fragt Venkman überfordert und weicht einem neuen Beschuss aus. „Sie trennen?“, stellt Winston in den Raum und blickt hilfesuchend zu Raymond. „Das denke ich auch. Doch ich weiß nicht, wie wir das anstellen sollen, ohne Egon dabei zu verletzten…“, erwidert er entmutigt. „Ja, feuern können wir auf das Mistvieh wohl nicht…“, ergänzt Peter. Spokes the raven, nevermore This spokes the raven, nevermore Suchend blickt sich der Bauarbeiter um, während die Protonenstrahlen über die Köpfe der Jungs hinwegjagen. „Was hast du?“, fragt der Mechaniker. „Ich suche etwas zum Schlagen. Dann verpass ich dem Biest eine!?“ Er blickt seinen Freund an, als würde er bei ihm nach einer Bestätigung für seine Idee suchen. Der Rothaarige zuckt nur mit den Schultern. „Solange du Egon nicht K.O. schlägst, kannst du es gern versuchen. – Peter und ich werden versuchen, seine Aufmerksamkeit zu bekommen.“ „Gut. Ich glaube, ich habe beim Reinkommen einen Besen neben der Tür gesehen…“, erwidert Winston und kriecht auf allen vieren Richtung Tür. Peter und Ray erheben sich derweilen und fangen an, den Raben zu beschimpfen, damit er das Fehlen des dritten nicht bemerkt. „Hey, du hässlicher Vogel! Was hast du da für einen stinkenden Kadaver auf dem Kopf hocken?“, grölt Peter gehässig und streckt dem manipulierten Egon die Zunge raus. Dieser richtet augenblicklich den Strahler auf seinen einstigen Freund und schießt, während der Rabe bösartig seinen Singsang fortsetzt, um die Kontrolle über sein Opfer nicht zu verlieren. Die glühende Protonenladung zucken dicht über die Köpfe der beiden Geisterjäger hinweg, verfehlt nur knapp eine gläserne Vitrine und brennt dann ein faustgroßes Loch in die Wand dahinter. „Wir müssen vorsichtiger sein, Peter!“, mahnt ihn der Mechaniker. „Jaja, schon gut! Aber ich lass mir doch nicht den Schädel wegballern, nur um so ein paar verstaubte Sachen zu retten…“, pikiert sich Venkman. Nevermore, nevermore, nevermore, never Nevermore, nevermore, never Ehe Ray dem etwas hinzufügen kann, fällt plötzlich ein Schatten auf sie beide. Erschrocken blicken sie empor und schauen dabei direkt in Egons wutverzerrtes Gesicht. Der Rabe auf seinem Kopf spreizt freudig die Flügel ab. „Nimmermehr!“, krächzt er vergnügt. „Nimmermehr!“, erwidert der manipulierte Tüftler ernsthaft und richtet den Strahler auf die fluchtunfähigen Männer. In Schockstarre verfallen, können die beiden nur hilflos mit ansehen, wie sich die totbringenden Protonen schussbereit an der Spitze der Kanone sammeln. „Nimmermehr ist genau das Richtige!“, ertönt es plötzlich aus dem Nichts. „Denn nimmermehr wirst du einen von uns zwingen, die Waffe auf den anderen zu richten!“ Bevor sich Egon und sein Anhängsel umblicken können, trifft der Stiel des Besens den Vogel so hart, dass er aus den blonden Haaren regelrecht herausgeschleudert wird. Für einen Moment verlieren die toten Knochen sogar ihren Halt zueinander und fliegen kreuz und quer durch die Luft. Sekunden später fangen sie sich jedoch wieder und die rotglühenden Augen des Todesboten suchen zornig nach dem Angreifer. Sie fixieren Winston in einer ungeahnten Mordlust. Dann stürzt sich das krächzende Skelett auf den Schwarzhaarigen. Der spitze Schnabel glänzt bedrohlich im Zwielicht des Ausstellungsraums. Nevermore, nevermore, never Nevermore, nevermore, nevermore, never Der Bauarbeiter ist plötzlich wie gelähmt, kann sich nicht mehr bewegen. Der Besen zum Schlag noch ausgeholt, als würde er auf den entscheidenden Baseball warten, der den Sieg bringen könnte. Stattdessen wird ihm dieser schnabelbesetzte Ball den Tod bringen! Nur Millimeter bevor der Rabe ihm das zarte, braune Fleisch vom Gesicht reißen kann, erfüllt auf einmal ein grelles Licht den Saal. Es blendet Winston und löst seine Starre gerade noch rechtzeitig. Er geht zu Boden, ehe ihn der Vogel oder der Protonenstrahl treffen kann. Und das ist sein Glück. Der überraschte Rabe windet sich in der energetischen Ladung, die Ray und Peter auf ihn abfeuern und versucht sich verzweifelt daraus zu befreien. „Nimmermehr…“, kreischt er wehrlos und versucht zu entkommen. Für einen Augenblick sieht es tatsächlich so aus, als würde ihm dies auch gelingen, dann trifft ihn ein dritter Strahl und fesselt ihn endgültig. „Nimmermehr wirst du dich daraus befreien, also gib auf!“, ruft Winston dem randalierenden Vogel zu. „Warum sagst du das so? Ist das immer noch die Macht des Raben?“, fragt Ray skeptisch. „Nein, aber das ist wie so ein Ohrwurm, den man nicht mehr loswird…“, erwidert der Bauarbeiter betrübt. „Dann halt doch den Mund, bevor du uns noch alle wahnsinnig machst! Ray, die Falle!“, harscht Peter die beiden an. Winston wirft dem Brünetten einen strengen Blick zu, verkneift sich aber jedes weitere Wort. Nevermore, nevermore, never Nevermore, nevermore, never Auch Raymond sieht Venkman schief von der Seite an, bevor ihm aufgeht, was er eigentlich machen soll. „Oh! Ja, klar!“, stößt er aus und wirft eine der Fallen unter den sich wehrenden Vogel. „Jetzt!“, ruft der Anführer der Geisterjäger. Im selben Moment tritt der Rothaarige hart auf den Schalter. Die Flügelklappen der Falle öffnen sich gehorsam und ein gleißendes Licht dringt aus dem Kasten hervor, dass den Raben völlig umschließt. Die drei Männer beenden ihren Beschuss und beobachten, wie die Überreste dieses schrecklichen Tiers in die Fangvorrichtung gesaugt werden. „Nimmer – mehr…“, gebärt sich der Rabe ein letztes Mal, dann verschwindet er in der Falle und die Flügelklappen schließen sich. Das Gerät hüpft ein paar Mal auf und ab, statische Blitze zucken um das Gehäuse herum. Nach schier endlosen Sekunden greift der Verriegelungsmechanismus und versiegelt die Falle endgültig. Mit einem Seufzer der Erleichterung sinken die drei Ghostbusters auf die Knie. Als sie einander jedoch zufrieden betrachten, geht ihnen auf, dass hier doch jemand fehlt. Suchend blicken sie sich um. Allerdings sehen sie Egon nicht gleich. Ein schmerzliches Stöhnen verrät den Geisterjägern schließlich, wo das Genie steckt. Als sie den Blonden erreichen, setzt sich dieser gerade aufrecht hin und hält sich den pochenden Kopf. Die Brille ist ihm durch die Ohnmacht soweit auf die Nasenspitze gerutscht, dass es schon einem Wunder gleicht, dass sie jetzt nicht zu Boden fällt. „Egon, alles in Ordnung?“, fragt Ray besorgt. Etwas orientierungslos schaut sich der Tüftler um, ehe er schemenhaft seinen Kollegen vor sich sieht. Langsam hebt er die Hand an die Schläfe und ertastet etwas Klebriges. Mit der anderen Hand findet er seine Brille und schiebt sie zurück an ihren Platz. Egon gibt ein erschöpftes Seufzen von sich und besieht sich seine Finger. Es klebt Blut an ihnen, was er mit einem Naserümpfen zur Kenntnis nimmt. „Wie unerfreulich…“, kommentiert er den Anblick. „Egon?“, hakt der Mechaniker nach. Endlich wendet ihm der Tüftler den Blick zu. „Oh hallo, Raymond.“ „Hi, Egon. Wie geht es dir?“, wiederholt der Rothaarige unbekümmert. „Mein Kopf schmerzt und ich weiß nicht, wo das Blut herkommt. Aber ansonsten geht es mir gut, denke ich…“ Erleichtert seufzt Ray auf. „Da bin ich aber beruhigt. Der Rabe hat dich erwischt und du hast deswegen sogar auf uns geschossen.“, erklärt er dem sichtlich überforderten Blonden. Leichte Röte steigt dem hochgewachsenen Mann in die Wangen und er räuspert sich etwas verlegen. „Faszinierend. – Ich bitte mein unangemessenes Verhalten diesbezüglich zu entschuldigen. Ich war wohl nicht ganz bei mir. Von daher – Geist…!“, setzt der Ältere an. Das letzte Wort klingt jedoch ziemlich erschrocken. „Hey, Egon. Ich glaub, dein Oberstübchen ist etwas durcheinandergeraten. Der letzte Satz ergibt noch weniger Sinn, als das, was du den Rest des Tages so erzählst.“, kommt es augenrollend von Peter. Spengler beachtet ihn jedoch nicht, starrt nur weiterhin an seinen Kollegen vorbei. Die drei anderen wenden sich um und tatsächlich schwebt ein Stück weit entfernt ein Geist über einer Büste von Poe. Alarmiert greifen Winston und Peter nach ihren Strahlern. „Nein, wartet!“, unterbricht sie der Blonde und dann sieht es auch Ray. „Du meine Güte, das ist Edgar Allan Poes Geist!“, presst er ehrfürchtig hervor. Venkman und Zeddmore blicken die beiden an, als wären sie jetzt völlig verrückt geworden, dann bemerken auch sie die Ähnlichkeit mit der Büste, über der der Geist schwebt. „Gewiss, die Herren, der bin ich. Verzeiht, falls ich Sie erschreckt haben sollte. Doch ich wollte Ihnen nur meinen Dank zollen.“, erwidert Poe etwas zaghaft, in Anbetracht der seltsamen Feuerwaffen, die den Raben bezwungen haben. Langsam erhebt sich Raymond und umrundet den Geist des Schriftstellers. „Das ist ja einfach unglaublich!“ Nachsichtig lächelt die weißliche Gestalt. Mit einer gewissen Erleichterung registriert er, dass Peter und Winston ihre Strahler zur Seite legen. Gemeinsam mit Egon treten sie nun näher an ihn heran. „Du willst dich bei uns bedanken? Hab ich das richtig verstanden?““, hakt der Brünette nach. „Gewiss doch. Sie waren so mutig, sich diesem Untier in den Weg zu stellen. Es sogar einzusperren und das verdient meinen tiefsten Respekt und meine grenzenlose Dankbarkeit! Ich fürchtete schon, auch noch die Ewigkeit in den Fängen dieser Bestie verbringen zu müssen und schlussendlich doch noch dem Wahnsinn zu erliegen…“, berichtet Poe betrübt. „Das klingt ja fast so, als hätten Sie schon lange mit ihm zu kämpfen gehabt.”, stellt Winston fest. „Allerdings. Seit dem Tag, als ich zum ersten Mal zu Feder und Tinte griff, verfolgt mich der Rabe tagein, tagaus…“ „Dann haben Sie sich die Geschichte mit dem Raben also gar nicht ausgedacht?“, fragt Ray. „Bedingt. Lenore war der Name meiner Katze. Sie starb bevor ich mit dem Schreiben begann und ich war der Ansicht, dass ich mich des Verlusts Willen der Lyrik zuwandte. Doch ich irrte. Der Rabe trieb mich dazu, in der Hoffnung, dass ich so dem Verfall meiner geistigen Gesundheit erliegen würde. – Eine Zeit lang gelang es mir, ihn zu vertreiben. Stattdessen flüchtete ich mich immer tiefer in die Welt der Fantasie…“, erläutert Poe. „Kein Wunder, dass Sie es geschafft haben, so viele Werke in so kurzer Zeit zu schreiben!“, stellt der Mechaniker anerkennend fest. „Nun können Sie aber beruhigt sein. Der Rabe kommt in unseren Verbannungscontainer und wird Niemandem mehr Schaden zufügen.“, versichert ihm Egon. „Ich spüre förmlich, wie diese gewaltige Last von meinem Schultern fällt! Ihr seid wahrhafte Helden!“, verkündet der Schriftsteller mit tiefster Erleichterung. Kurz darauf beginnt er sich langsam aufzulösen und in die ewige Glückseligkeit einzutreten. Eine Weile noch stehen die Geisterjäger voll stummer Faszination da und blicken ihm nach. „Na, immerhin einer, der uns für Helden hält…“, kommt es irgendwann wehmütig von Peter. „Lasst uns nach Hause gehen.“, schlägt Winston vor und mit dem ersten Anbruch eines neuen Tages biegt Ecto-1 in die verschlafenden Straßen Manhattans ein. Kapitel 26: Tief of the dance floor ----------------------------------- Einen Monat später… Musik ist etwas, dass die Menschen seit Anbeginn der Zeit verzaubert und in ihren Bann zieht. Sie weckt in uns tiefe Gefühle und ruft längst vergessen geglaubte Erlebnisse wach. Musik gehört zum Menschsein ebenso dazu, wie das Sterben und ist untrennbar mit jedem von uns verbunden. Ohne sie fühlen wir uns einsam, so als würde uns etwas sehr Wichtiges fehlen. Doch Melodien und Texte können uns auch prägen und verändern – vielleicht nicht immer bewusst, dafür aber nachhaltig. Sie formen unseren Charakter und unser Denken, sobald wir das erste Mal mit ihnen in Berührung kommen. In schwierigen Zeiten ist es Musik, die uns beisteht, wenn sonst niemand da ist; die mit uns weint, wenn kein anderer mehr Tränen für uns übrighat; sie bringt uns zum Lachen, wenn der Horizont schon lange dunkel ist und sie gibt uns Hoffnung, dass es immer wieder einen Ausweg gibt, wenn alles verloren scheint. Musik ist Balsam für Körper und Seele, doch sie kann uns auch zu Grunde richten… Nahezu sanft legen sich die Finger des DJs auf sein Mischpult, betätigen Knöpfe und Schalter. Geschickt legt er eine neue Schallplatte auf, verzaubert die Leute mit einem wilden Rhythmus. Wohlwollend sieht er mit an, wie seine Zuhörer in Bewegung geraten und sich zu den Klängen seiner Kunst über die Tanzfläche schieben. Ein durchtriebenes Lächeln schleicht sich auf Floyds Züge. Gleich ist es soweit, gleich kann die richtige Show beginnen! Doch seine Zuhörer werden davon nichts haben, außer natürlich leere Taschen! Krampfhaft versucht er ein gehässiges Lachen zu unterdrücken, stattdessen setzt er sich seine Kopfhörer auf. Er wartet einen Augenblick, bis das letzte Lied zu Ende ist, dann verschiebt er mit flinken Fingern ein halbes Dutzend Regler und lässt eine ganze besondere Melodie erklingen. Überrascht halten seine Zuhörer inne und wenden sich um. Die Musik, die nun den Raum erfüllt, hat einen seltsamen, fremdartigen Klang und dennoch wirkt sie auf unheimliche Weise beruhigend. Man könnte sie sogar als einschläfernd bezeichnen. Die Augen der Anwesenden werden matt und glanzlos. Ihre Körper wiegen sich müde im Takt. Alles Denken scheint aus ihren Köpfen vertrieben worden zu sein. Es gleicht daher einem Wunder, dass die Menschen nicht einfach umfallen, wie tote Bäume im Wind. Sie gleichen somit eher Zombies, die still verharren und auf ein Lebenszeichen in ihrer Nähe warten, damit sie ihren Hunger stillen können. Einigen der gutbetuchten Herrschaften läuft sogar unkontrolliert ein Speichelfaden aus dem Mund und lässt sich frech auf dem teuren Anzug nieder. All dies betrachtet Floyd mit größtem Vergnügen. Doch er muss sich dringend noch in Beherrschung üben, der wichtigste Teil des Ganzen ist ja noch nicht abgeschlossen. Gewissenhaft prüft der DJ noch einmal seine Kopfhörer, nicht, dass er noch von seiner eigenen Magie erwischt wird. Doch hier scheint alles zu stimmen. Zufrieden verschiebt er noch einige Regler und zieht dann das Mikro zu sich heran. Aufgeregt leckt sich Floyd über die plötzlich trocknen Lippen. Was nun folgt, hat er schon einige Male gemacht und es hat bisher immer bestens funktioniert, doch er weiß, dass er für sein Handeln irgendwann einen Tribut zahlen muss. Er ist sich nicht sicher, wie das Ganze dann enden wird, aber es wird mit Sicherheit nicht unbedingt schön… Allerdings will der DJ jetzt noch nicht daran denken. Sein Gespür sagt ihm, dass er diesmal damit noch durchkommen wird und das erfüllt ihn schon jetzt mit einer satten Befriedigung. Tief atmet er ein und aus und betrachtet noch einmal seine willenlosen Zuhörer, die ihn geistlos anstarren, als wäre er die Sonne, die um ihren winzigen Rest Verstand kreist. Ein Grinsen schleicht sich auf seine Lippen und dann spricht er die magischen Worte in sein Mikro. *„Dunkler Vater, höre mich an um meiner Seele willen. Ich bin einer, der ein Opfer verspricht. Ich bin einer, der eine finstere Gefälligkeit für ein Opfer erbittet. Ich bin einer, der Vergeltung der linken Hand sucht. Ich bringe Blut als Versprechen für ein Opfer mit.“ Beim Klang seiner Stimme, die bedrohlich verstärkt durch den Saal hallt, fangen die Lampen an zu flackern. Die Anwesenden scheinen dies überhaupt nicht wahrzunehmen. Unbewegt verharren sie auf ihren Plätzen und starren vor sich hin. Unheilvolle Musik dringt aus den Wänden und hüllt die Menschen ein. Dann erscheint plötzlich ein unheimliches, violett-schwarzes Licht in der Mitte der Decke. Zuerst ist es nur ein kleiner Fleck, doch er wird rasch größer. Wind scheint aus dem Gebilde zu kommen. Auf einmal wirkt es viel realistischer, greifbarer. Im nächsten Moment schiebt sich etwas durch die Öffnung! Es schwebt als hellblaue Kugel herab, die sich dann in vier kleine Kugeln aufteilt. Diese manifestieren sich schließlich zu kleinen Wesen, vielleicht so etwas wie Wichtelmännchen, primitiv, in der Vorstellung eines Kindes. Aber es ist auch völlig egal, wem oder was die winzigen Männlein ähnlichsehen, denn sie sind nun hier, um ihre Aufgabe zu erfüllen. Erfreut beobachtet Floyd das Auftauchen seiner Diener, die sich mit gehässigem Grinsen vor ihm verbeugen und sich dann an die Arbeit machen. Sie schweben lautlos durch den Raum, von einer Person zur anderen. Sie schlüpfen in Anzugtaschen, Handtaschen, schmiegen sich an Hälse und Handgelenke. Die zombiegleichen Festbesucher merken nicht, wie sie all ihre Habseligkeiten einbüßen – wie Geld, Schmuck und Uhren sich in die Hände der kleinen Wichtel begeben. Geschwind bringen diese die Sachen zu Floyd, der sie in seinem Rucksack versteckt. Die ganze Aktion dauert nur wenige Minuten, doch für den DJ ist sie rentabler, als ein ganzes Jahr Arbeit! Mit gierigen, grabschenden Fingern reißt er die Beute schon fast aus den Händen der Männlein, doch diese stören sich nicht daran. Er wird schon sehen, was er davon hat! Als alles eingesackt ist, schnippt Floyd zufrieden mit den Fingern und deutet seinen Helfern damit an wieder zu verschwinden. Ein gehässiges Kichern geht durch die kleine Truppe und sie schwebt auf den Durchgang zu. Nur kurz darauf ist auch dieser weg und alles wirkt so normal wie eh und je. Ein letztes Mal bewegt der DJ einige Regler an seinem Mischpult und eine neue Melodie erklingt. Langsam bringt sie das Bewusstsein wieder in die Leute zurück. Für sie ist es, als wäre nur ein Wimpernschlag an Zeit vergangen, in ihrem Gedächtnis zeugt nichts von komischen, hypnotischen Klängen oder dergleichen. Sie blicken sich noch nicht einmal verwirrt um. Stattdessen setzen sie ihren Tanz fort, als ein neues Lied beginnt, so als wäre nichts gewesen. Innerlich kann Floyd sein Glück kaum fassen und ein Blick auf die Uhr sagt ihm, dass sein Auftritt auch fast vorbei ist. Dies freut ihn nur noch mehr, kann er es doch kaum erwarten, sich Zuhause seine Beute anzusehen! Am nächsten Tag… Hecktisch tippt Janine auf der Tastatur ihres PCs herum. Die Arbeit von Wochen hat sich angestapelt und sie weiß eigentlich gar nicht wieso. Genervt bläst sie sich eine verirrte Strähne aus den Augen und seufzt auf. Müde reibt sie sich die pochenden Schläfen und greift nach ihrer Kaffeetasse, um sich damit vor der drohenden Erschöpfung zu bewahren, die nur allzu reizvoll ihre Finger nach ihr ausstreckt. Bescheidener Weise muss die junge Frau jedoch feststellen, dass ihre Tasse leer ist. „Verdammt…“, schimpft sie leise vor sich hin und erhebt sich, um sie aufzufüllen. Allerdings kommt sie nur bis zur Treppe, da klopft es verhalten an der Tür. Überrascht wendet sich die Rothaarige um und blickt zum Tor. Sie ist sich nicht ganz sicher, ob das gerade wirklich ein Klopfen war oder sie es sich vielleicht nur eingebildet hat. Mit gerunzelter Stirn sieht sie das Tor an, doch das vermeintliche Klopfen wiederholt sich nicht. Eigentlich will sie schon weitergehen, als sie sich doch einen Ruck gibt und nachsieht. Und wie es scheint, war dies wohl doch die richtige Entscheidung. Vor der Tür steht ein kleines Mädchen, vielleicht gerade mal sieben Jahre alt; mit blonden Zöpfen, die ihr geflochten über die Schultern fallen und traurigen, blauen Augen. Gekrönt wird das Ganze von roten Lackschuhen und einem Matrosenkleidchen, dass sie wie eine übergroße Puppe aussehen lässt. Als sie Janine erblickt, bricht sie schlagartig in Tränen aus. Mehr als überrascht geht die Sekretärin vor ihr auf die Knie. Augenblicklich wirft sich ihr das kleine Mädchen in die Arme und weint noch heftiger. Beruhigend streicht ihr die Rothaarige über den Rücken. „Hast du dich verlaufen, meine Kleine?“, fragt Janine und sieht zweifelnd auf die Straße hinaus. „Nein – ich habe einen Geist gesehen…“, kommt es erstickt von der Blonden. „Das ist ja furchtbar.“, erwidert Janine ganz ehrlich. „Wissen deine Eltern, dass du hier bist?“, fragt sie nach einem Augenblick. „Nein – Mein Papa glaubt mir nicht…“ „In Ordnung. Dann sollten wir ihm aber Bescheid geben, wenn wir uns um deinen Geist gekümmert haben, findest du nicht?“, sanft lächelt ihr die junge Frau zu. Schniefend nickt die Kleine und lässt sich dann von ihr nach drinnen führen. „Also Janine! Was sagt denn Egon zu deinem plötzlichen Kindersegen?“, ertönt Peters Stimme von der Treppe, noch ehe die Sekretärin ihren Schreibtisch erreicht hat. „Sei bloß nicht albern, Peter! Freunde du dich lieber mit so einem Gedanken an, die Kleine sagt nämlich, dass sie einen Geist gesehen hat!“, weist die Rothaarige ihn zurecht. Überrascht sieht Venkman das kleine Mädchen an, dem daraufhin wieder Tränen über die Wangen laufen. „Oh, na so was. – Bitte nicht weinen! Der gute Peter wird sich schon darum kümmern.“, lächelt er dem Mädchen entgegen. Doch die Kleine sieht nicht so aus, als würde sie ihm das glauben. Stattdessen versteckt sie sich hinter Janine. Irritiert beobachtet der Brünette das Schauspiel, ehe er leicht zu schmollen beginnt. „Ich denke, ich hole mal besser Ray, bevor wir noch mehr Taschentücher brauchen…“, meint er schließlich und geht die Treppe wieder hinauf. In der Zwischenzeit versucht Janine Namen und Telefonnummer aus dem Mädchen heraus zu bekommen. Wenig später kommen alle vier Jungs die Treppe hinunter. Das kleine Mädchen sitzt eingeschüchtert auf Janines Stuhl, während die junge Frau telefoniert. „Ok, ja, danke.“, erwidert die Rothaarige ihrem Gesprächspartner und legt dann auf. „Dein Vater kommt vorbei und holt dich ab und bis dahin kannst du den Jungs ja erzählen, was du gesehen hast.“ Sanft lächelt sie der Blonden zu. Das Mädchen betrachtet die vier, großen Männer, die im Halbkreis um sie herumstehen. Dabei scheint sie auf ihrem Stuhl immer kleiner zu werden. Ihre Augen fangen verräterisch an zu glänzen und sie senkt ängstlich den Kopf. Etwas ratlos betrachten die Jungs sie und blicken dann zu Janine. „Ihr Name ist Cynthia und sie ist ganz allein hierhergekommen, um euch von dem Geist zu berichten, den sie gesehen hat. Stimmt´s nicht, Liebes?“, aufmunternd legt sie dem Kind die Hände von hinten auf die Schultern. Stumm nickt die Kleine, blickt aber nicht auf. Etwas hilflos sehen sich die Ghostbusters an, dann tritt Ray vor sie. Langsam geht er in die Hocke und hält ihr etwas vor die Nase. Irritiert betrachtet Cynthia das Plüschtier, dass sie als den Marshmallow Mann von Stay Puff identifiziert. Vorsichtig drückt ihn ihr Raymond in die Arme und lächelt sie dann liebenswürdig an. Das kleine Mädchen klammert sich wie eine Ertrinkende an den weichen Körper des Maskottchens und erwidert dann sein Lächeln schüchtern. „Weißt du, immer wenn ich traurig bin oder einsam oder vor etwas Angst habe, dann halte ich ihn ganz fest und dann geht es mir schon viel besser.“ „Danke.“, entgegnet ihm Cynthia schon etwas sicherer. Winston geht ebenfalls auf die Knie, da es so für das Mädchen sicher einfacher ist, wenn sie nicht so von oben herab angestarrt wird. „Du brauchst dich vor nichts zu fürchten. Hier bist du vollkommen sicher und wir werden nicht zulassen, dass dir irgendein Geist zu nahekommt.“, versichert ihr der Bauarbeiter geduldig. Nun geht auch Egon in die Hocke und rückt seine Brille zurecht. „Kannst du uns sagen, was du genau gesehen hast? Das würde uns sehr helfen, etwas dagegen zu unternehmen.“, kommt es erstaunlich verständlich von dem Tüftler. Unsicher sieht Cynthia zu Janine auf, die noch immer hinter ihr steht und ihr beruhigend die Schultern streichelt. Dann sieht sie zu Peter, der mit verschränkten Armen neben dem Schreibtisch steht und ziemlich ungeduldig wirkt. Kurz darauf kassiert der Brünette einen Knuff gegen sein Schienbein. Schmerzlich schmollend blickt er zu Ray, der ihm andeutet, ebenfalls in die Knie zu gehen. Augenrollend seufzt der selbsternannte Anführer. Er hatte noch nie etwas für Kinder übrig, dennoch begibt er sich hinunter. Argwöhnisch betrachtet Cynthia die vier Männer, ehe sie tief Luft holt und dann zu erzählen beginnt. „Gestern hat mein Papa eine Party gemacht. All seine Freunde waren da und jemand, der Musik gemacht hat. Ich kannte den Mann nicht. Ich bin runtergegangen, weil ich auch zuhören wollte. Papa hatte gesagt, ich darf nicht mitmachen, da es nur eine Party für Erwachsene ist. Also habe ich durch den Türschlitz geschaut. Doch die Batterien von meinen Hörgeräten waren leer, sodass ich gar nichts hören konnte. Ich habe mich geärgert und wollte wieder nach oben gehen, um meine zweiten zu holen, doch dann ist etwas Komisches passiert…“, nervös blickt sie die Jungs an und dreht den Kopf zur Seite, damit sie die kleinen, pinkfarbenen Geräte in ihren Ohren sehen können. „Auf einmal haben sich alle Erwachsenen ganz komisch benommen. Sie sahen aus, als würden sie mit offenen Augen schlafen. Der Mann, der die Musik gemacht hat, hat irgendetwas gesagt und dann haben die Lampen geflackert. Papa und die anderen hat das gar nicht gestört, obwohl er sich über so was sonst immer sehr aufregt. – Dann war da ein merkwürdiges Licht und da kamen so komische, kleine Männchen raus, die durch die Luft geflogen sind. Wie richtige Geister sahen sie aber nicht aus, eher wie kleine, böse Puppen. – Sie haben Papa und den anderen ihr Geld und ihre schönen Sachen weggenommen und sie dem Mann gebracht, der die Musik gemacht hat. Der hat das alles in seinen Rucksack gepackt. Dann hat er was an seiner Maschine gemacht und alle sind irgendwie wieder aufgewacht. Später ist der Mann mit den Sachen abgehauen und keiner hatte was dagegen. Ich habe Papa dann erzählt, was ich gesehen habe, doch er hat mir nicht geglaubt, obwohl er seine Uhr nicht mehr finden konnte. Die hat der Mann nämlich auch mitgenommen.“, beendet sie ihren Bericht und lässt traurig den Kopf hängen. Die vier Geisterjäger sehen sich wissend an. Für sie ist es ziemlich eindeutig, dass der DJ seine Finger da in einem ganz miesen und überaus gefährlichen Spiel hat. Es ist wahrscheinlich nur eine Frage der Zeit, wann er die Rechnung dafür zahlen muss… „Du weißt nicht zufällig, wie der Typ heißt, der bei euch Musik gemacht hat?“, fragt Peter sie wenig hoffnungsvoll. „Ich bin mir nicht sicher, aber…“, setzt Cynthia an und zieht langsam etwas aus der Tasche ihres Rocks. Noch ehe sie es aber den Jungs zeigen kann, wird die Eingangstür so heftig aufgerissen, dass sie lautstark gegen das Garagentor knallt und das ganze Gebilde in Schwingung versetzt. Herein stürmt ein hochgewachsener, pummeliger Mann, mit glühenden Wangen, von Hektik zerzausten Haaren und einem so piekfeinen Anzug, dass man das Gefühl hat, dass aus jedem seiner Fußabdrücke Geld wachsen müsste. „Was habt ihr Verrückten mit meiner Tochter gemacht?“, kommt es zornig von ihm, kaum, dass er den Fuß über die Schwelle gesetzt hat. Irritiert stehen die Ghostbusters auf und starren ihn an. Aber nur für einen Augenblick, dann gewinnt Venkmans forsche Art die Oberhand. „Na, hör mal, Kumpel! Was denkst du eigentlich von uns?“, blafft er zurück und tritt drohend vor. Cynthias Vater scheint jedoch aus einem ganz ähnliche Holz geschnitzt zu sein, wie der Brünette. So schenkt er Peters Worten keinerlei Beachtung, sondern schupst den selbsternannten Chef einfach zur Seite und stürmt zu seiner Tochter. Grob anmutend reißt er das Kind vom Stuhl hoch in seine Arme und drückt es fest an sich. Schützend legt er eine Hand auf ihren Hinterkopf und mustert die Geisterjäger dann mit einem so durchdringenden und bösen Blick, als hätte er das Mädchen gerade aus den Fängen irgendwelcher Perversen gerettet, die ihr sonst was angetan haben. „Nun beruhigen Sie sich mal wieder, wir…“, versucht es Winston, ehe Peter das Wort ergreifen kann. „Ich beruhige mich überhaupt nicht! Ihr könnt von Glück reden, wenn ich nicht die Polizei rufe!“, entkommt es dem Mann nahe am Rande der Hysterie. Perplex sieht Janine ihn an. Am Telefon klang er noch ganz normal, höchstens etwas besorgt und jetzt das. „Daddy, bitte…“, gibt Cynthia fast schon erdrückt von sich. Eigentlich will sie das ganze Missverständnis aufklären, doch ihr Vater interpretiert ihre erstickte Stimme natürlich falsch. „Keine Sorge, Süße. Daddy wird nicht zulassen, dass sie dir etwas antun!“, kommentiert er daher und bewegt sich langsam rückwärts Richtung Tür. Mit den wachsamen Augen eines Löwen beobachtete er dabei jedes noch so kleine Zucken der fünf Menschen, die es gewagt haben, seiner Tochter ungefragt so nahe zu kommen. „Wir wollten doch nur helfen…“, kommt es niedergeschlagen von Ray. „Das ist nicht lache! Ich weiß schon, wie es aussieht, wenn ein paar erwachsene Männer versuchen wehrlosen, kleinen Mädchen zu helfen!“, kreischt der Vater schon fast. „Jetzt reicht es aber wirklich!“, gebärt sich Peter und kommt drohend auf den Mann zu. In dessen Gesicht spiegelt sich nun erst recht die nackte Panik wieder. Bestimmend legt Egon seinem aufbrausenden Kollegen eine Hand auf die Schulter und hindert ihn daran, dem Typen noch näher zu kommen. „Beruhige dich, Peter. Sonst wird es nur noch schlimmer!“, versucht er ihm klarzumachen. Wütend dreht sich der Brünette zu ihm um. „Wie kann es denn noch schlimmer werden, wo er uns doch gerade als Kinderschänder beschimpft hat?!“ Grob schüttelt er die Hand des Tüftlers von sich und funkelt ihn hasserfüllt an. „Jungs! Nun kriegt euch mal wieder ein! Er ist weg!“, unterbricht Janine das Ganze. Überrascht wenden sich die vier der Tür zu und tatsächlich ist niemand mehr da. Einzig ein verwirrter Fußgänger blickt sie durch die immer noch offene Tür hindurch an. „Was glotzt du denn so? Noch nie Genies bei der Arbeit gesehen?“, fährt Peter den ahnungslosen Mann an, der daraufhin nur verstimmt die Nase rümpft und seines Weges geht. Um nicht noch mehr Aufsehen zu erregen, huscht Janine zur Tür und schließt sie hastig. „Was war bloß mit ihm los? Als ich mit ihm gesprochen habe, hat er sich so vernünftig angehört…“, seufzt die junge Frau. „Unser schlechter Ruf eilt uns wohl immer noch voraus…“, erwidert ihr Winston tonlos. „Und ich dachte, wir hätten das langsam hinter uns…“, kommt es traurig von Raymond, der geknickt seinen Marshmallow Mann vom Boden aufhebt. „Ich schätze, wir sind der Inbegriff von *Murphy´s Gesetz…“, entgegnet Egon verstimmt und putzt sich penibel die Brille. „Ich weiß gar nicht mehr, wie oft wir den Leuten schon den Arsch gerettet haben und dennoch keinen Dank dafür bekommen! Ich verlange doch nun wirklich keine Parade auf dem Time Square, aber wenigstens einen Funken Respekt, verflucht noch mal!“, regt sich Peter auf und lässt sich schmollend auf Janines Stuhl fallen. „Ich hätte ja nie gedacht, dass ich das mal sagen würde, Dr. Venkman, aber du hast völlig recht!“, kommt es mit einem missfallenden Lächeln von Janine. Überrascht sieht Peter sie an. „Das ist wohl das Schönste, dass du je zu mehr gesagt hast!“, erwidert der Angesprochene völlig ehrlich mit einem sanften Lächeln. „Keine Ursache, aber gewöhn dich nicht dran.“, gibt sie zurück, doch es verstimmt den Brünetten keineswegs. „Und was sollen wir jetzt machen?“, fragt der Mechaniker schließlich. Etwas unschlüssig sehen sich die fünf an. „Nun…“, kommt es nach einem Moment von Egon. „Ich denke, wir sollten dem Ganzen auf den Grund gehen. Cynthias Bericht klang für mich durchaus glaubwürdig und zudem beunruhigend. Und ich denke nicht, dass sie sich das alles nur ausgedacht hat.“ „Das würde ich auch nicht gerade sagen, zumal sie ja den ganzen Weg allein hierhergekommen ist, um es uns zu erzählen.“, erwidert der Mechaniker. „Ja, sie ist echt ein bewundernswertes Persönchen und alles. Aber was für komische Männchen denkt ihr, hat sie gesehen?“, wirft Peter ein. Nachdenklich sehen sich Egon und Ray an. „Nun, der Beschreibung nach zu urteilen, hat sie wohl keinen gewöhnlichen Geist gesehen, sondern Wesen, die winzigen Menschen ähneln, was den Kreis der möglichen Verdächtigen doch erheblich einschränkt.“, meint der Rothaarige. „Dem kann ich nur zustimmen. Zudem scheinen die entsprechenden Wesenheiten beeinflussbar. In diesem Falle entweder durch magische Worde, die der DJ benutzt hat oder aber die Musik, die auch die Leute verändert hat. Diese Tatsache verringert die infrage kommenden Subjekte noch weiter.“, ergänzt der Blonde. „Das beantwortet aber nicht die Frage, um was es sich dabei handelt…“, erinnert ihn Winston. „Höchstwahrscheinlich sind es Wichtelmännchen, würde ich sagen…“, kommt es nachdenklich von Raymond. Er hat seine Vermutung kaum ausgesprochen, da fällt ihm Peter auch schon ins Wort. „Moment mal, Wichtel? Die kleinen Kerlchen, die für den Weihnachtsmann arbeiten?“ Venkman ist weit davon entfernt an Santa Claus und dergleichen zu glauben, so lange er nicht persönlich vor ihm steht, doch es schockiert ihn regelrecht, dass ausgerechnet sein kindlicher Kollege, - der der festen Überzeugung ist, dass es sowohl den Weihnachtsmann, als auch den Osterhasen wirklich gibt, - die Helfer dieses netten, alten Herren beschuldigt, so eine Gräueltat vollbracht zu haben. Entgeistert blicken sich die beiden Männer an. „So habe ich das nicht gemeint!“, versucht sich Ray zu rechtfertigen. „Du hast schon recht, Peter. Die Helfer des Weihnachtsmannes fallen ebenfalls in die Kategorie der Wichtelmänner, wie ihr geläufiger Name schon vermuten lässt, doch sie sind nicht die einzigen dieser Gattung.“, bringt Egon schließlich ein. „Also meinst du, es gibt auch so etwas wie böse Wichtel?“, will der Bauarbeiter wissen. „Nein, von Grund auf böse Wichtel gibt es nicht, da sie keinen eigenen Willen haben. Doch sie sind leicht zu beeinflussen, beispielsweise durch Hexen, Magie, imposante Persönlichkeiten, denen sie blind folgen und dabei verlieren sie nur allzu leicht den Blick für das Gute, da sie immer davon ausgehen, dass ihr Meister das Richtige tut.“, erläutert der Blonde ruhig. „Na schön. Können wir sie dann überhaupt einfangen, wenn sie unter was-weiß-ich für einem Zauber von diesem Musikus stehen?“, seufzt der Brünette. Wieder sehen sich Ray und Egon nachdenklich an. „Ich denke nicht, dass wir sie einfangen können oder müssen. Wir müssen lediglich die Verbindung zwischen ihnen und dem DJ unterbrechen, dann werden sie von allein wieder in der Geisterwelt verschwinden.“, meint Raymond. „Und wie sollen wir das anstellen?“, hakt Winston nach. „Wichtel gehören zu den schreckhaften Wesen. Werden sie entdeckt, verschwinden sie. Theoretisch müsste es also ausreichen, wenn man den Bann des DJs bricht.“, kommt es von dem Tüftler. „Du meinst also, wenn die Wichtel Cynthia entdeckt hätten, hätten wir jetzt keinen Ärger?“ Venkman hebt verwirrt eine Augenbraue. „So ist es.“ „Dann müssen wir nur herausfinden, wo der Kerl als nächstes spielt und wenn er die Wichtel freilässt, geben wir uns zu erkennen und das war´s?“, fragt der Schwarzhaarige ebenso verwirrt. „So kann man es auch ausdrücken, ja. Wir müssten nur herausbekommen, wo der DJ seinen nächsten Auftritt hat.“, erinnert der Tüftler. „Oder wir heuern ihn selbst an.“, meint Peter trocken. In seiner Hand hält er eine kleine Visitenkarte, die Cynthia ihnen wohl zeigen wollte, als ihr Vater reingestürmt ist. „Der Typ heißt Floyd Denning und laut seiner Karte verspricht er seinen Kunden ein atemberaubendes Erlebnis.“ „Wohl eher nur ein beraubendes Erlebnis…“, kontert Winston. Venkman zuckt nur mit den Schultern und reicht die Karte weiter. Zuletzt bekommt sie Janine, anschließend wird die junge Frau eingehend von den Geisterjägern gemustert. Verwundert blinzelt sie, ehe sie abwehrend die Hände in die Hüften stemmt. „Oh, nein, Jungs! Ich werde mich dafür garantiert nicht opfern! Wer weiß schon, was das für ein Spinner ist!“ Angesäuert wendet sie sich um und verschränkte die Arme vor der Brust. Sanft legen sich Egons Hände auf ihre angespannten Schultern. „Bitte, Janine! Wir brauchen dich dafür, damit es glaubwürdig aussieht. Zudem wären wir die ganze Zeit bei dir. Du müsstest dir also keine Gedanken machen.“ Langsam dreht sie sich zu ihm herum und sieht ihm in die Augen. Das klare Blau hinter der runden Brille spiegelt seine Bitte wieder und auch die Kraft, alles in seiner Machtstehende zu tun, damit ihr nichts passiert. Wäre sie nicht schon lange in ihn verliebt, würde sie ihm wohl jetzt auf der Stelle verfallen. „Oh, Egon…“, seufzt die Rothaarige. „Also gut. Aber dafür musst du mit mir ausgehen, wenn das Ganze vorbei ist!“, fordert Janine nachdrücklich. „Oh…“, gibt der sonst so gefasste Tüftler von sich, während ihm langsam die Röte in die Wangen steigt. Ihr ist bewusst, dass er ebenfalls Gefühle für sie hat, auch wenn er sie nicht unbedingt so zeigen kann. Doch es macht ihn nervös, so direkt von ihr vor seinen Kollegen dazu aufgefordert zu werden. Hilfesuchend sieht er sich daher nach den drei Männern um, doch die sehen in Janines Forderung natürlich kein Problem, kennen jedoch die Schwierigkeiten zwischen den beiden, weshalb sie dem Blonden aufmunternd zulächeln. „Gut, einverstanden.“, entgegnet ihr der Tüftler schließlich mit einem sanften Lächeln. Angespannt sitzt Janine auf der kleinen Couch in ihrem Wohnzimmer und wartet auf das Eintreffen des DJs. Die Ghostbusters haben sich derweilen in die Küche zurückgezogen und besprechen ihr Vorgehen. Alle fünf haben sie sich etwas rausgeputzt, damit es auf den ersten Blick auch wirklich so aussieht, als würden sie hier eine Party feiern wollen. Auf dem niedrigen Tischchen vor der Couch stehen Chips, Sandwiches und andere Leckereien, es gibt sogar Cocktails und Luftschlangen. Seufzend knetet die Rothaarige ihre Hände durch. Der Gedanke, diesen Wichtel herbeirufenden Spinner in ihre Wohnung zu lassen, behagt ihr gar nicht. Wer weiß, was schon alles passieren kann und ob sich die Jungs vielleicht nicht sogar geirrt haben… Unweigerlich fallen ihr all die vielen Einsätze der chaotischen Vier ein, insbesondere was dabei alles zu Schaden gekommen ist. „Oh, Mann…“, seufzt sie und klammert sich mit solch einer Verbissenheit an die Tatsache, dass Egon mit ihr ausgehen wird, wenn das alles überstanden ist, dass es wahrhaft wehtut. Langsam kommt Winston aus der Küche zu ihr. „Ist alles in Ordnung, Janine? Ich denke, wir sind bereit.“, „Mir geht´s gut, soweit man das sagen kann.“ Sie versucht ihn anzulächeln, doch so wirklich gelingen will es ihr nicht. Ehe der Bauarbeiter etwas Aufmunterndes sagen kann, läutet es aber schon an der Tür. Etwas erschrocken zuckt die sonst so toughe Sekretärin leicht zusammen. „Vielleicht aber auch doch nicht…“, bringt sie hervor, erhebt sich und geht zur Tür. Fünf Minuten später versuchen sowohl Janine, wie auch die vier Geisterjäger ihre Anspannung zu verbergen. Möglichst angeregt unterhalten sie sich mit Floyd, während dieser seine Sachen aufbaut. Unauffällig lässt der DJ dabei seine Blicke durch das Wohnzimmer gleiten, scannt ab, was es hier wohlmöglich alles zu holen gibt. Aus Erfahrung weiß er jedoch, dass es nur selten bei solchen Leuten etwas Interessantes gibt. Ein wenig Enttäuschung macht sich in ihm breit, doch nur ein ganz kleines bisschen. Immerhin hat er vorgestern dermaßen abgeräumt, dass es kaum einem Vergleich dafür gibt und er das Ganze hier auch gar nicht machen müsste. Allerdings tobt dieses unstillbare Gefühl in ihm, das ihm sagt, dass er immer noch mehr will, viel mehr! Und sein Wille enttäuscht ihn nicht! Gerade als er aufhören will sich die, seiner Meinung nach, völlig wertlosen Sachen der Rothaarigen anzusehen, entdeckt er plötzlich eine Uhr auf einem Regal an der Wand. Die Uhr steckt unter einer hochgewölbten Glaskuppel; glänzende Kugeln und Tiere bewegen sich in verschiedenen Bahnen mit jedem Sekundentakt unter der Kuppel. Dabei umkreisen sie das viereckige Gehäuse der Uhr. Das ganze Gebilde unter der Glaskuppel funkelt golden. Vor ein paar Jahren, lange bevor er einen Zugang zu seinen hilfreichen Wichteln hatte, ist ihm so eine Uhr schon einmal begegnet. Damals hat er für so einen reichen Angeber aufgelegt. Diesem ist nicht entgangen, wie Floyd die Uhr angestarrt hat und er hat ihm gerade raus erzählt, wie sündhaft teuer sie sei und das sich Floyd mit seinem ärmlichen Leben so etwas niemals leisten könne. Der DJ hat es nicht gern zugegeben, aber der Kerl hatte recht, zumindest bis heute! Die rothaarige Tussi hat die Uhr wahrscheinlich von einem reichen Onkel oder dergleichen geerbt und allem Anschein nach auch ganz sicher keine Ahnung von ihrem wirklichen Wert. Janine denkt sicherlich nur, wie schön sie anzusehen ist und mehr nicht, sonst würde dieses Prachtstück wohl kaum zwischen all dem Plunder und Nippes stehen. Und daher wäre es nur fair, sie von dieser unbekannten Verantwortung zu entbinden und die Uhr an sich zu nehmen. Vielleicht noch nicht gleich, aber eines Tages ganz sicher, wird sie auch erkennen, dass dies der einzig richtige Weg war und sie ihm sogar dankbar sein müsste! Innerlich kann sich Floyd ein Lachen kaum noch verkneifen. Nach außen hin versucht er jedoch neutral und professionell rüberzukommen. Doch es fällt ihm wahrlich schwer, den Blick von der Uhr zu lassen. Dennoch muss er es versuchen. Die Freunde dieser Rothaarigen wirken irgendwie so, als würden sie ihn die ganze Zeit im Auge behalten. Irgendwas ist komisch an diesen Typen, er kann nur nicht sagen was. Irgendwie kommen sie Floyd auch seltsam bekannt vor, er kann sie nur nicht einordnen. Hat er sich vielleicht mal im Fernsehen gesehen? Schon möglich. Heutzutage lassen die ja jeden Spinner vor eine Kamera und sei es nur, um all die anderen Spinner vor der Glotze zu erheitern. Von daher macht sich der DJ keine Gedanken. Wären sie wirklich berühmt, würde er sich an sie erinnern, ganz sicher. Also schiebt er den Gedanken beiseite und wendet sich seinem Publikum zu. Wie bei jedem seiner Auftritte begrüßt er seine Zuhörer mit übertrieben überschwänglicher Begeisterung und legt dann die erste Platte auf. Es dauert auch gar nicht lange, da lassen sich die fünf vom Rhythmus mitreißen und beginnen sich vor seinen Augen etwas ungeschickt zu bewegen. Doch schon beim zweiten Song werden sie mutiger und vergessen langsam, dass sie von einem völlig Fremden beobachtet werden. Das spielt Floyd nur noch mehr in die Hände. Mit einem guten Gefühl wechselt er die Platte. Das erste Lied darauf ist noch völlig normal, weshalb die Geisterjäger auch noch keinen Verdacht schöpfen. Dennoch werden die Jungs langsam etwas ungeduldig. Unbemerkt werfen sie sich Blicke zu. Von der Musik bekommen sie gar nichts mit. Da sie ja nicht wissen, wie das Ganze wirklich vonstattengeht, haben sie sich vorsorglich Stöpsel in die Ohren gesteckt und richten sich mit ihrem Tun ganz nach Janine. Augenblicke nachdem ihre Gedanken in diese Richtung gehen, erklingt auf einmal eine seltsame Melodie. Sie ist so anders, als die vorherigen Lieder und dennoch so mitreißend. Etwas überrascht bleibt die junge Frau stehen und lauscht den fremdartigen Klängen. Die vier Jungs tuen es ihr gleich, um kein Aufsehen zu erregen, doch innerlich sind sie bis zum Zerreißen angespannt. Floyds Gesicht ziert ein durchtriebenes Lächeln. Wie er gehofft hat, springen auch diese Trottel auf die Melodie an. Janines Augen werden ganz glasig und ausdruckslos, dann erstarrt sie in jeglicher Bewegung und sieht einfach nur geistlos vor sich hin. Die Geisterjäger ahmen sie auch jetzt so gut es geht nach, dennoch würden ihre Augen sie sicher verraten. Daher haben sie beim Einsätzen der Musik so gut es geht darauf geachtet, dem DJ nicht direkt ins Gesicht zu sehen, damit ihn diese Tatsache nicht gleich stutzig macht. Besorgt verharren sie so still wie möglich und behalten den DJ dennoch genau im Blick. Stumm beobachten sie, wie Floyd zu sprechen beginnt. Zwar könne sie seine Worte ja nicht hören, dennoch wirken seine Gesichtszüge sehr entschlossen und überzeugt. Immer mehr Worte lässt er in den Raum gleiten, der sich unverkennbar mit etwas Fremdartigem zu füllen beginnt. Dann, wie aus dem Nichts, eröffnet sich plötzlich ein Durchgang in die Geisterwelt und setzt eine Energiekugel frei, aus der sich schließlich die Wichtelmännchen manifestieren. Gierig blicken sich die kleinen Wesen um und erhalten dann den Befehl loszulegen. Eilig und mit schrillem Lachen huschen die Männlein durch das Wohnzimmer. Einer von ihnen macht sich an Janines Handtasche zu schaffen und zerrt ihre Geldbörse heraus. Die drei anderen halten zielstrebig auf das Regal mit der Uhr zu. Sichtlich mühen sie sich ab, dass schwere Etwas zu bewegen. Mehr als einmal sieht es so aus, als würde das kostbare Erbstück jeden Moment zu Boden fallen und dort in abertausende Einzelteile zerspringen. Dann jedoch gelingt es den Männlein einen guten Angriffspunkt zu finden und die Uhr anzuheben. Langsam gleitet sie in die Luft. Das Ganze sieht beängstigend wackelig aus. doch es scheint zu halten und so steuern sie bedächtig zu Floyd hinüber. Dabei schweben sie auch zwischen den Jungs hindurch. Die Wichtel merken nicht, dass sie von den Geisterjägern beobachtet werden, bis Peter es nicht mehr aushält. Ein durchtriebenes Grinsen schleicht sich auf seine Züge und dann holt er tief Luft. „Buh!“, ruft er den Wichteln lautstark zu. Von nackter Panik ergriffen, reißen die Männlein weit die Augen auf. Ihnen, so wie auch dem DJ, klappen die Kinnladen herunter. Jegliche Kraft scheint aus ihren kleinen Körpern zu entweichen und so passiert das Unvermeidbare. Die goldglänzende Uhr tritt ihren Sturzflug auf den blanken Hartholzboden an! In aller letzter Sekunde gelingt es Winston aber noch die Uhr zu fangen. Finster blickt er vom Boden zu Venkman auf, doch dieser zuckt nur mit den Schultern und grinst. „Was soll das? Was ist hier los?“, fragt Floyd aufgebracht. Sein Mischpult beginnt zu qualmen und dann springt plötzlich die Schallplatte vom Teller und zerbricht statt der Uhr auf dem Boden. Fassungslos starrt der DJ die Scherben an, die sich langsam in Luft auflösen. Auch die Körper der Wichtelmänner werden durchsichtig. Ein Sog aus dem Durchgang zur Geisterwelt entfernt ihre letzten Reste aus dem Hier und Jetzt, ohne großes Aufsehen. „Was habt ihr getan?“, brüllt Floyd die Jungs plötzlich an. Gelassen ziehen sich die vier die Stöpsel aus den Ohren und Winston reicht Janine ihre Uhr. Die junge Frau ist noch etwas neben sich, versteht noch nicht, was ihr Erbstück auf einmal bei dem Schwarzhaarigen macht, doch sie fängt sich schnell wieder und nimmt die Uhr entgegen. „Wir haben das einzig Richtige getan!“, erwidert Ray dem DJ. Dieser mustert den Mechaniker nur völlig perplex. „Diese fragwürdige Methode ist äußerst gefährlich, worüber Sie sich wohl nicht ganz im Klaren sind, Mister Denning.“, entgegnet Egon ruhig. Aufgebracht wendet Floyd ihm den Blick zu. „Oh, doch! Ich bin mir vielem im Klaren, aber ihr anscheinend nicht!“, brüllt er den Blonden an. „Wir haben nur unseren Job gemacht, was man von dir ja nicht gerade behaupten kann!“, hält der Bauarbeiter dagegen. „Wer zum Teufel seid ihr eigentlich, dass ihr es wagt, so mit mir zu reden?“ „Ganz einfach, Kumpel. Wir sind die Geister…“, weiter kommt Peter allerdings nicht, da plötzlich ein lautes Rumpeln aus dem immer noch offenen Durchgang zur Geisterwelt kommt. Wie angewurzelt starren alle Anwesenden auf das Loch, das nun zu pulsieren scheint. „Oh Gott, nein…“, kommt es kraftlos von Floyd. Nur wenige Sekunden später versucht er wegzulaufen, doch er kommt nicht weit. Noch ehe er das Wohnzimmer auch nur zu Hälfte durchquert hat, schießt plötzlich eine riesige Hand aus dem offenen Durchgang und packt ihn, als wäre er nichts weiter, als eine Puppe. „Nein! Bitte nicht!“, wimmert der DJ erstickt. „Sterblicher, du hast uns Tribut für unsere Macht versprochen, doch du hast versagt und jetzt wollen wir dein Blut!“, dringt es mit einer düsteren, unheimlichen Stimme hervor. Die Angst ist Floyd deutlich anzusehen. Sein Gesicht ist so bleich wie die Wand, nur zwei kräftige, rote Flecken zeichnen sich unübersehbar auf seinen zitternden Wangen ab. „Nein, bitte – es ist nicht meine Schuld!“, wimmert der DJ hilflos, während sich heiße Tränen ihren Weg bahnen. Die dunkle Stimme in dem Durchgang lacht darüber nur. „Du bist so armselig, Sterblicher! Doch als Futter für die Dämonen wirst du allemal reichen!“ Langsam zieht sich die riesige Hand zurück und so nähert sich auch Floyd immer weiter seinem Verderben. Entsetzt verfolgen die Geisterjäger das Ganze – hin und hergerissen zwischen der Tatsache, dass der Kerl ein grausames Ende finden wird und dem Umstand, dass er an seiner Situation doch irgendwie selbst schuld ist. Schließlich verpasst Janine Peter einen ordentlichen Rippenstoß, sodass der selbsternannte Chef schmerzlich zusammenzuckt. Gerade als er sie fragen will, ob sie noch alle Tassen im Schrank hat, fällt sie ihm auch schon ins Wort. „Nun tut doch was, Herr Gott noch mal! Oder wollt ihr ihn etwa einfach so sterben lassen?“, überraschend zornig mustert sie die vier Jungs, die sich leicht verlegen ansehen. Natürlich wäre es das Einfachste, diesem fiesen Was-auch-immer seinen Willen zu lassen und Floyd an die Dämonen zu verfüttern. So wären sie ihn los und hätten keinen Ärger mehr. Andererseits müssten sie dann mit der Schuld leben, ihn umgebracht zu haben, indem sie sich ihrer eigenen Arbeit verweigert haben. Eigentlich gibt es da selbstverständlich auch nur eine richtige Antwort. Dennoch dauert es noch ein paar Augenblicke, ehe sich die Jungs in Bewegung setzen. Unter den durchdringenden Blicken der Rothaarigen und dem siegreichen Lachen des Dämonenfürsten, eilen die Ghostbusters endlich in die Küche, um ihre Ausrüstung zu holen. Derweilen beginnt sich der DJ die Lunge aus dem Leib zu schreien, da er nur noch wenige Zentimeter von seiner eigenen Verdammnis entfernt ist. Janine glaubt schon nicht mehr daran, dass die Jungs noch rechtzeitig zurückkommen, als endlich die Tür auffliegt und sie kampfbereit ins Wohnzimmer stürzen. „Nimm sofort deine hässlichen Griffel von ihm!“, tönt Peter über die Schreie des DJs hinweg. Für einen Moment geht ein irritierter Ruck durch die riesige Hand, dann nähert sie sich wieder der Pforte. Floyds Beine verschwinden im Nichts und seine Schreie werden nur noch verzweifelter. „Schießt auf die Hand!“, ruft Ray über den Lärm hinweg. „Aber passt auf die Ströme auf! Wir dürfen Mister Denning auf gar keinen Fall treffen!“, erwidert Egon nervös. Die drei anderen sehen ihn schockiert an, als ihnen bewusstwird, dass sie diese Tatsache im Eifer des Gefechts völlig vergessen haben. Tiefe Unsicherheit schlägt sich in allen Gesichtern nieder. Wenn sie danebenschießen, wird Floyd sterben und wenn sie noch länger warten, wird er ebenfalls sterben! Mittlerweile verschwindet der Unterleib des DJs in dem dunklen Durchgang und von der Hand sind nur noch drei unförmige Finger zu sehen. Die Zeit drängt! Mit hilfloser Verzweiflung eröffnen die vier das Feuer. Dabei verfehlen sie Floyd so knapp, dass sein T-Shirt zu schwelen beginnt. „Was zum…?“, entkommt es der dunklen Stimme aus dem Durchgang. Deutlich ist darin der Schmerz zu spüren, den das unbekannte Wesen durch die Protonenstrahlen erleidet. Durch die Pein öffnen sich die Finger überrascht und geben den DJ wieder frei. Wie ein neugeborenes Kälbchen rutscht Floyd aus der Öffnung heraus und landet unsanft und benommen auf dem Boden. „Er ist frei! Schießt weiter!“, harscht Peter seine Jungs an, die dem Ganzen auch sofort Folge leisten. Wütendes Gebrüll dringt aus der Öffnung und suchend schiebt sich die riesige Hand wieder ein Stück nach draußen. Sekunden später wird sie erneut von den glühenden Strahlen erfasst. Schmerzlaute erfüllen den Raum und die missgestalteten Finger winden sich in ihrer Qual. Flüche und Drohungen werden laut. Für einen Moment versucht das Wesen noch Gegenwehr zu leisten, dann jedoch wird der Schmerz zu heftig. Zitternd und schimpfend zieht sich die Hand schließlich zurück und mit ihr schwindet auch der Durchgang in die Geisterwelt. Was zurückbleibt ist nur ein kleines Stück verkohlter Putz an der Wand. Mit einem Seufzen lassen die Jungs ihre Strahler sinken. Floyd gibt ein schmerzliches Stöhnen von sich. Janine geht neben ihm auf die Knie und betrachtet ihn. Langsam öffnet der junge Mann die Augen und sieht sie erleichtert an. Doch entgegen seiner Annahme, erwidert sie seinen Blick nicht, sondern mustert ihn streng. „War eine ziemlich blöde Idee, was?“, meint sie angesäuert. Verständnislos betrachtet der DJ sie und richtet sich langsam in eine sitzende Position auf. „Was geht dich das an?“, gibt er wütend zurück und versucht aufzustehen. Schwer legt sich jedoch eine Hand auf seine Schulter und drückt ihn wieder runter. „Du gehst nirgendwo hin, Freundchen!“, gibt Winston ihm zu verstehen. „Nimm sofort deine dreckigen Pfoten von mir, du Ni…“, fährt Floyd ihn aufgebracht an. Noch ehe er aber diese unschöne Beleidigung aussprechen kann, richtet sich eine dieser merkwürdigen Waffen auf ihn, mit der die vier das Monster vertrieben haben. „Wage es ja nicht, dieses Wort für meinen Kollegen zu benutzen, Kumpel, sonst schicke ich dich ohne Rückfahrschein direkt in die Hölle, du undankbares Arschloch!“ Es ist schwer zu übersehen, dass Peter es ernst meint. Doch der DJ erwidert seinen Blick nur trotzig. „Was soll der Scheiß eigentlich?“, fragt er stattdessen. „Das sollten wie Sie wohl eher fragen, Mister Denning. Können Sie sich auch nur entfernt vorstellen, was Sie da herbeigerufen haben und welche Konsequenzen das nach sich ziehen könnte?“, meint Egon mahnend. „Ich hatte alles unter Kontrolle, bis ihr euch eingemischt habt! Also wer zum Teufel seid ihr überhaupt?“ „Wir sind die Geisterjäger und haben alles Recht dazu, uns in so etwas einzumischen!“, entgegnet ihm Ray verstimmt. „Das ich nicht lache…“, ist alles, was Floyd dazu zu sagen hat. „Ich denke, du wirst nicht mehr lachen, wenn die Polizei hier ist!“, wirft Janine nun ein und nimmt das Telefon zur Hand. Dem DJ entgleiten alle Gesichtszüge. „Um diese Jahreszeit soll es im Knast ja sehr gemütlich sein, habe ich gehört. Doch ich bin sicher, der Richter wird dir ein paar Jahre weniger aufbrummen, wen du die gestohlenen Sachen wieder zurückbringst.“, grinst Venkman ihm entgegen. Eine Woche später haben all die Leute ihre Wertsachen wieder; Janine und Egon sitzen aneinander geschmiegt im Kino bei ihrem versprochenen Date und Floyd hockt allein in einer tristen Zell und denkt darüber nach, dass es wohl besser gewesen wäre, sich gleich nach dem ersten, großen Erfolg nach Kuba abzusetzen. Warum musste er auch so habgierig sein? Es hätte doch alles so schön sein können und jetzt sitzt er hier und hat nichts mehr. Er gibt ein tiefes Seufzen von sich und legt sich ungelenk auf die harte Pritsche. Ein paar Minuten später erlischt die einzelne Lampe an der Decke und über Lautsprecher wird verkündet, dass nun Nachtruhe herrscht. Mit einem verstimmten Grunzen schließt der ehemalige DJ die Augen. Einige Zeit liegt er so da und versucht Schlaf zu finden, doch es will ihm nicht so recht gelingen. Fluchend dreht er sich zur Wand herum und versucht es weiter. Gerade als er aufgeben will, erscheint jedoch ein heller Punkt auf dem kalten Stein, direkt vor seiner Nase. Mit gerunzelter Stirn betrachtet er ihn. Als ihm dämmert, worum es sich dabei handeln könnte, ist es schon zu spät. Innerhalb eines Sekundenbruchteils nimmt der Punkt fast die gesamte Wand ein. Ein muffiger Geruch schlägt ihm entgegen und ein heißer Wind bläst ihm das strähnige Haar aus der Stirn. Als Floyd versucht Luft zu holen, um nach Hilfe zu rufen, ist es schon zu spät. Begleitet von einem düsteren Lachen dringt eine riesige Hand aus der Öffnung und packt ihn, noch ehe er einen Ton von sich geben kann. „Diesmal kann dir niemand mehr helfen, Sterblicher!“ Kurz darauf wird Floyd mit solcher Heftigkeit in den Durchgang gezerrt, dass ihm alle Sinne schwinden. Mit einem triumphierenden Lachen schließt sich der Durchgang zur Geisterwelt und von dem DJ Floyd Denning hat man nie wieder etwas gesehen… Kapitel 27: Dragon Mine ----------------------- Zwei Monate später… Heiß brennt die Sonne Nevadas auf sie herab. Obwohl alle Fenster und sogar die kleine Dachluke offen sind, gleicht Ecto-1 einem Backofen. Die sandige Straße vor ihnen flimmert und versucht einem Dinge zu zeigen, die gar nicht da sind. Zum wiederholten Mal fragt sich Peter, warum sie sich so eine Mühe machen und so weit fahren. Er ahnt nicht, dass er mit diesem Gedanken ausnahmsweise auch mal nicht allein ist. Aber Arbeit ist nun mal Arbeit und sie können den Job mehr als nur gebrauchen. Ihr letzter Einsatz ist fast zwei Monate her und die Rechnungen türmen sich jeden Tag höher. Doch musste es unbedingt jetzt sein, wo es in New York schon so heiß ist? Und dann auch noch in so eine Wüstengegend, wo es außer Ölfelder und Goldminen so gut wie nichts gibt? Mit einem stummen Seufzer wischt sich der Brünette den Schweiß von der Stirn und schielt zu Ray hinüber. Der Mechaniker sitzt halb zusammengesunken hinter dem Lenkrad und kämpft sichtlich mit der Erschöpfung. Er wirkt mindestens so müde, wie sich Venkman fühlt. Zwar haben sie sich alle regelmäßig beim Fahren abgewechselt, aber irgendwann erholt man sich einfach nicht mehr bei dieser Hitze. Schwerfällig wirft der selbsternannte Chef einen Blick in den Rückspiegel, um herauszufinden, wie es Egon und Winston auf der Rückbank geht. Ein mattes Schmunzeln breitet sich auf seinen Lippen aus, als er sieht, dass die beiden schon eingeschlafen sind. Sie haben die Köpfe aneinander gelegt, wie kleine Kinder nach einem großen Abenteuer. Winston hält dabei die ausgebreitete Landkarte auf dem Schoß, wie eine Decke. Noch vor zehn Minuten hat er penibel den Weg verfolgt, den sie zurücklegen und ab und an Ray eine Richtung angegeben. Egon hingegen umklammert sein PKE-Gerät, an dem er herum gebastelt hat. Jetzt jedoch weckt es weder ihn, noch sein Interesse, dennoch drehen seine unermüdlichen Finger auch weiterhin an dem Regler, als bräuchten sie den Tüftler nicht, um ihrer Arbeit nachgehen zu können. Kaum zu glauben, wie friedlich die beiden aussehen. Am liebsten würde sich Peter jetzt dazu legen und schön ein paar Stunden schlafen. Herzhaft fängt er an zu gähnen, doch er kann es nicht wirklich genießen, weil Raymond neben ihm auf einmal erschrocken zusammenzuckt. „Oh-oh!“, macht der Rothaarige nervös. „Mist! Festhalten, Jungs!“, stößt er abgehakt aus, ehe Peter sich zu ihm umwenden kann. Sekunden später verfällt Ecto-1 in eine beunruhigende Schräglage und rutscht mit einer irrsinnigen Geschwindigkeit den Hang der Grube hinunter. Zu allen Seiten spritzen Sand, Geröll und Steine auf. Nicht wenige davon kommen durch die offenen Fenster hinein und wecken schließlich sogar Egon und Winston. Noch ganz neben sich werden sie in den Sitz hinein gedrückt. Kraftlos klammert sich Peter am Armaturenbrett fest und starrt aus der Windschutzscheibe. Vor ihr erstreckt sich eine schier endlose Grube, deren steile Wände keinerlei Halt bieten. „Himmel Ray, tritt auf die Bremse!“, harscht er den Mechaniker an, obwohl er ganz hinten in seinem Kopf genau weiß, dass das nicht funktionieren wird. „Tu ich doch! Aber der Untergrund rutscht immer wieder weg!“, erwidert der Jüngste gehetzt und versucht zu verhindern, dass sich Ecto-1 im Kreis zu drehen beginnt. Das Ganze gelingt ihm noch halbwegs, dennoch kann er den Wagen nicht zum Stehen bringen. Nach gut dreihundert Metern kommt der Grund der Grube in Sicht. Holpernd macht der Einsatzwagen einen großen Hopser, als er auf die Ebene trifft, schlittert noch ein paar Meter und kommt dann endlich zum Stillstand… Einige Sekunden herrscht ersticktes Schweigen im Inneren des Fahrzeugs, dann stößt Ray geräuschvoll die Luft aus. „Alle aussteigen, wir sind da…“, gibt er keuchend von sich und legt dann erschöpft den Kopf gegen das Lenkrad. „Auweia! – Mach das noch mal und du verbringst die Rückfahrt im Kofferraum…“, stöhnt Venkman angeschlagen. Mit noch leicht zitternden Fingern richtet sich Egon die Brille. „Ich denke, du hast die Ausfahrt verpasst, Raymond…“, kommentiert er das Ganze. „Das war eher eine ganz miese Abkürzung…“, entgegnet Winston und sammelt die Reste der zerrissenen Landkarte wieder ein. Ehe Ray auch nur einem von ihnen antworten kann, schlägt etwas laut auf das Dach… Ein heftiger Schreck zuckt durch die vier Geisterjäger, fürchten sie doch, dass nun das ganze lockere Geröll sie unter sich begraben wird. Stattdessen steht ein breitschultriger Mann mit sonnenverbranntem Gesicht neben dem Wagen und blickt sie mit einer Mischung aus Sorge und Belustigung an. „Ihr Jungs seid mir ja ein wilder Haufen, was?“, meint er nur mit einem schiefen Grinsen. „War keine Absicht…“, entschuldigt sich der Mechaniker kleinlaut. „Nicht? Wenn du meinst, Jungchen. – Eurem schicken Gefährt nach zu urteilen seid ihr doch sicher die Ghostbusters…“, hoffnungsvoll blickt der Mann sie an. „Nein, wir sind ganz gewöhnliche Touristen, die liebend gern durchs Land fahren, mit ihrem aufgemotzten Schlitten angeben und Kiesgruben runterbrettern und ich muss sagen, eure hier ist gar nicht mal schlecht.“, gibt Venkman sarkastisch zurück. Einen Moment schaut der Mann ihn nachdenklich an, dann schmunzelt er. „Ihr Jungs seid schwer in Ordnung! Doch euer Auto hat hier unten nichts zu suchen. Nicht, dass es noch von all dem Geröll begraben wird. Meine Männer werden es mit der Winde wieder nach oben ziehen. In der Zwischenzeit könnt ihr Jungs bei mir im Büro was Kaltes trinken und dann reden wir ein bisschen. Nicht, dass ihr hier draußen noch einen Sonnenstich bekommt.“ „Ich fürchte, den haben wir schon…“, erwidert Winston kraftlos und befreit sich umständlich von seinem Gurt. Im Büro des Vorarbeiters ist es kaum kühler, als draußen und die Luft steht förmlich. Es gibt weder eine Klimaanlage, noch einen Ventilator, doch die Leute, die hier arbeiten sind wahrscheinlich so sehr an das Wetter gewöhnt, dass sie es kaum bemerken. So ist es auch nicht unbedingt verwunderlich, dass sich Mike Enslin einen dampfenden Kaffee einschenkt, anstatt etwas Kaltem. Ray kann sich erinnern, mal irgendwo gelesen zu haben, dass es besser sei, bei hohen Temperaturen etwas Warmes zu trinken, da der Körper beim Erwärmen eines kalten Getränks nur noch mehr Hitze produziert und einem dadurch auf lange Sicht nur noch wärmer wird. Das mag vielleicht sogar logisch sein, dennoch wäre das Letzte, woran er jetzt denken würde ein Kaffee. Der Meinung scheint sogar Peter zu sein, der beim Anblick der dampfenden Tasse das Gesicht verzieht, als würde sich dort drin Eiter befinden, anstatt dem schwarzen Nektar, der sonst sein Leben bestimmt. Erleichtert stellen die vier Jungs allerdings fest, dass sich unter Mikes Kaffeemaschine ein kleiner Kühlschrank befindet, aus dem der Vorarbeiter nun ein paar eisgekühlte Dosen Limonade holt. Sofort bilden sich feine Kondenströpfchen auf dem dünnen, bunt bemalten Metall. Zusammen mit dem charakteristischen Reißen der Lasche an der Oberseite erfüllt es die ausgelaugten Geisterjäger mit ziemlicher Befriedigung. Daher gleicht der erste Schluck auch wahrlich dem Eintritt ins Paradies. Seufzend lehnen sich die Jungs in ihren Stühlen zurück und werden dabei schmunzelnd von Enslin beobachtet. „Ihr Stadtjungs seid so ein Wetter nicht gewöhnt, was?“, scherzt der breitschultrige Mann und setzt sich ebenfalls. „Nicht so ganz. Aber reden wir doch vielleicht über Ihr Anliegen, solange wir noch klar denken können…“, bittet ihn Winston. „Sicher, sicher. Kurz gesagt: es spukt in der Goldmine und meine Männer trauen sich deswegen nicht mehr hinein. Mir sitzen aber schon die Bosse im Nacken, da wir bis Ende der Woche noch etliche Tonnen abzubauen haben.“, berichtet er. Seinem missbilligenden Gesichtsausdruck nach zu urteilen, glaubt er seinen Arbeitern das Ganze nicht wirklich. „Was genau haben Ihre Männer denn gesehen, dass es nötig macht, uns hier in diese Wüste zu ordern?“, will Peter nun wissen und hofft auf einen wirklich triftigen Grund. „Hm. – So weit ich weiß, haben sie nicht wirklich etwas gesehen. Nur einen riesigen Schatten, der über die Stollenwand geglitten ist. Langgezogen wie eine Schlange. Die Geräusche waren viel schlimmer. So ein merkwürdiges Stöhnen und Keuchen. Unverständliche Laute, als würde man mit einem Haufen Schlitzaugen am Tisch sitzen…“ Innerlich verdrehen die Jungs bei diesem Wort die Augen. Es ist wahrhaft erstaunlich, mit welch lockerem Ton Enslin es ausspricht und wie viel Abneigung man dennoch darin hören kann. Fast so, als wäre es eine ganz korrekte Bezeichnung für etwas Unschönes, anstatt einer fiesen Beleidigung für asiatische Bürger. Um Fassung bemüht räuspert sich Egon verhalten, ehe er das Wort ergreift. „Mister Enslin, was können Sie uns über die Mine erzählen? Die meisten übernatürlichen Phänomene liegen einer Gegebenheit ihres Erscheinungsortes zu Grunde, weshalb es von äußerster Wichtigkeit sein kann, die Entwicklungsgeschichte zu beleuchten, um den Kreis der möglichen Anomalien einzuschränken.“ Verdutzt lauscht Mike den Worten des hochgewachsenen Tüftlers. Dann scheint er angestrengt darüber nachzudenken, was Egon ihm eigentlich alles gesagt hat. „Äh, ja…“, gibt er schließlich von sich und kratzt sich verwirrt am Hinterkopf. „Wir haben die Mine erst vor gut einem Monat wieder in Betrieb genommen. Davor war sie viele Jahre lang versiegelt, nachdem – ich glaube es war neunzehnhundertfünfzig gewesen – es ein tragisches Unglück gab…“ Nun horchen die Jungs auf. „Das hört sich nach einem Anhaltspunkt an! Können Sie uns mehr über dieses Unglück erzählen?“, kommt es gespannt von Ray. „Ähm, ein Teil der Mine ist wohl eingestürzt und hat an die hundert Zwangsarbeiter verschüttet, die damals beschäftigt wurden. – Da es nur ein paar ärmliche Schlitzaugen waren…“, setzt Mike an, wird diesmal aber von Winston unterbrochen. „Tut uns leid, wenn wir Ihre scheinbare Abneigung gegen das asiatische Volk nicht teilen, aber würden Sie die Leute freundlicher Weise nicht so abfällig bezeichnen?“ Der Bauarbeiter mustert ihn streng. Mike hält seinem Blick stand. Es sieht sogar so aus, als hätte er im Allgemeinen ein Problem mit Leuten, die nicht der reinen, weißen Rasse angehören. Er rümpft etwas verstimmt die Nase, wirft einen Blick auf die drei Kollegen des Dunkelhäutigen, die scheinbar derselben Meinung wie Winston sind und spricht dann einfach weiter. „Da sie halt nur billige Arbeitskräfte waren, hatten sie kaum eine wirkliche Bedeutung. Von daher hat man sich nicht die Mühe gemacht nach ihnen zu suchen. Stattdessen hat man die Mine versiegelt und an anderer Stelle gegraben.“, beendet er seinen Bericht. „Wollen Sie damit etwa sagen, man hat die Leute einfach ihrem Schicksal überlassen?“, fragt Raymond entsetzt. Langsam wird es ersichtlich, dass Mike die Fragerei auf den Magen schlägt. Er weiß nicht wirklich, was er den Jungs erzählen soll ohne, dass sie wütend werden und wohlmöglich gehen. Daher will er das Ganze jetzt langsam mal beenden, ehe er sich noch um Kopf und Kragen redet. „Wisst ihr Jungs, das Ganze ist schon verdammt lange her. Damals kam ich gerade erst in die Schule. Von daher kenne ich das Meiste nur vom Hörensagen, also weiß ich nicht, was damals wirklich passiert ist und ob man den Schlitz – ich meine den Chinesen da unten geholfen hat oder nicht…“, wirft Enslin ein und beendet damit das Gespräch endgültig. Allerdings sind sich die Jungs einig, dass er ihnen einiges verschweigt und sehr wohl weiß, dass man die bemitleidenswerten Zwangsarbeiter einfach so hat verrecken lassen, wie ein paar Ratten auf einem sinkenden Schiff. Das einzig Wahre an der Geschichte ist wohl auch nur, dass der Vorarbeiter zu jung ist, um dabei gewesen zu sein, was es aber auch nicht besser macht, wenn er jetzt so schlecht über diese armen Menschen redet. Diesen Job zu erfüllen, ist daher auch mehr wie eine Zwangsarbeit, als wie etwas, dass sie normaler Weise gern machen… Der Eingang der Goldmine ist riesig, doch im Vergleich zur Größe der gesamten Grube, wirkt er so winzig, wie ein Stecknadelkopf in einer Badewanne. Etwas mulmig ist den Jungs schon, wo sie so in den halbdunklen Schacht hineinsehen. In ihrem Rücken können sie deutlich die Blicke der Arbeiter spüren, die sich in sicherer Entfernung auf dem Rand der Grube versammelt haben, wie ein Haufen Krähen auf einer Stromleitung. „Ok, lasst uns reingehen. Dieses Angestarrt werden macht mich ganz krank…“, schnaubt Venkman, dennoch macht er keine Anstalten sich zu bewegen. Unsicherheit liegt auf den Gesichtern der Geisterjäger. Der Minenschacht ist unendlich lang; an vielen Stellen kreuzen sich verschiedene Stollen; die Höhe der Decke variiert zwischen vier Metern und gerade mal fünfzig Zentimetern; es ist stickig und heiß; es gibt nur wenige Lampen und wenn sie mit ihren Strahlern die Decke oder die Wände treffen, könnte der gesamte Komplex zusammenbrechen und sie unter hunderten Tonnen Gestein begraben… Das Schlimmste daran ist wahrscheinlich, dass die Arbeiter einfach nur zusehen würden, wie bei dem Unglück vor vierzig Jahren. Ihre sterblichen Überreste würden dann wohl die nächsten vier Jahrzehnte dort unten verrotten und keiner würde sich die Mühe machen sie auszugraben. Beim Gedanken daran läuft Raymond ein eisiger Schauer den Rücken hinab und er schluckt schwer. Was immer dort unten haust, es muss ihnen gelingen, es nach draußen zu locken, um das Risiko eines Einsturzes so gering wie möglich zu halten. In der Zwischenzeit sind fast zwei Minuten seit Peters Ausspruch vergangen und keiner von ihnen hat sich bewegt. „Das ist doch lächerlich! Wir haben gegen blutrünstige Dämonen und menschenfressende Zombies gekämpft, da werden wir doch wohl nicht das große Flattern bekommen nur, weil wir in so einen dämlichen Schacht sollen!“, äußert sich Winston energisch und tritt einen Schritt vor. Die drei anderen stimmen ihm unzweifelhaft zu, dennoch dauert es noch mal eine halbe Minute, bevor sie sich wirklich dazu durchringen können die Mine zu betreten. Die ersten hundert Meter ist es erstaunlich kühl in dem Schacht. Dann setzt ein deutliches Gefälle ein, das einen tiefer unter die Erde führt und somit steigt die Temperatur wieder rasant an. Auf dem Boden verlaufen Schienen, mit denen große Loren durch die Mine transportiert werden, um die Ausbeute an die Oberfläche zu bringen. Nach gut fünfhundert Metern beginnen die ersten Schächte den Haupttunnel zu kreuzen. Ihre Deckenhöhe ist weit niedriger; es gibt dort drinnen keine Schienen und auch weit weniger Stützbalken. Die Ghostbusters wollen sich gar nicht vorstellen unter welch katastrophalen Bedingungen die chinesischen Zwangsarbeiter hier gelitten haben. Der Gedanke ist einfach nur entsetzlich. Diese armen Männer, von ihren Familien weggerissen; in ein fremdes Land verschleppt und dann zusammengepfercht in der Hitze und Dunkelheit dieser Mine; auf Händen und Knien, vermutlich ohne jegliche Schutzausrüstung dazu gezwungen das Gold mit bloßen Finger und primitivsten Werkzeugen aus dem Felsen zu lösen, damit der reiche, weiße Mann noch reicher werden kann… Die bedrückende Stille des Schachtes legt sich nahezu tonnenschwer auf die Gemüter der Vier. Im spärlichen Licht einzelner, nackter Glühbirnen steigt ihre Nervosität mit jedem Schritt. „Was denkt ihr, wie weit wir in den Stollen gehen müssen?“, fragt Ray irgendwann mit belegter Stimme. In der Stille klingen seine Worte viel zu laut und hallen unheilvoll von den Wänden wider. Seine drei Kollegen zucken unwillkürlich zusammen und auch der Mechaniker selbst erschreckt sich vor dem Klang seiner eigenen Stimme. Verhalten räuspert sich der Tüftler, was ein gruseliges Echo durch den Schacht wirft, das sie alle wieder zusammenzucken lässt. „Ich würde vermuten, dass uns diese Anomalie erst in der Nähe der Unfallstelle begegnen wird und diese befindet sich nach Aussage von Mister Enslin in drei Meilen Tiefe. Dort soll der Schacht auch nur noch eine Höhe von etwa zwei Metern haben, also haben wir wohl noch ein gutes Stück Weg vor uns…“ Entschuldigend blickt Egon die anderen an. Keinem von ihnen ist besonders wohl bei dem Gedanken so weit in dieses einsturzgefährdete Gebilde zu gehen, doch was bleibt ihnen anderes übrig? Mit einem gewissen Wehmut setzen die Jungs ihren Weg fort. Meile um Meile schwindet, ebenso die Höhe der Decke. Irgendwann streckt Winston die Hand aus. Es gelingt ihm ziemlich leicht den nackten Fels über sich zu berühren. Leise rieselt Gesteinsstaub herab, als er die Finger zurückzieht. „Ich fürchte, wir sind jetzt sehr nahe…“, flüstert er schon fast, um seine Kollegen nicht zu erschrecken. Mittlerweile haben sich die Geisterjäger aber an die Klangverhältnisse an diesem ungewissen Ort gewöhnt. Dennoch jagt die Aussage des Bauarbeiters einen leichten Schreck durch sie alle, wird ihnen doch bewusst, wie viel niedriger die Decke hier ist und wie erdrückend jetzt alles um sie herum erscheint. Der Gedanke, in dieser beklemmenden Umgebung auf etwas zu stoßen, dass ihnen nach dem Leben trachten könnte, ist noch weit erstickender, als die aufgeheizte Luft hier drinnen. Wie auf ein stummes Zeichen hin bleiben sie alle stehen und lauschen in die Stille der Mine. Den gesamten Weg haben sie nahezu schweigend, aller höchstens flüsternd zurückgelegt und ihre Schritte mit Bedacht gewählt, um so wenige Lärm wie möglich zu machen. Dennoch kam es ihnen an manchen Stellen so vor, als würden sie mit Pauken und Trompeten herum spazieren. Das Etwas in den Tiefen der Mine hat sie vermutlich schön lange gehört und nun wartet es auf den richtigen Moment, um zu zuschlagen. Nervös verharren sie im Halbdunkeln der wenigen Lampen; ihre Strahler am Anschlag, wohlwissend, dass sie sie hier unten nicht benutzen können. Die Nervosität steigt weiter. Unbehaglich sehen sich die vier an. Noch weiter wollen sie keinesfalls in den Schacht hinein. „Hey, du stinkendes Etwas! Komm raus, damit wir dir ein Loch in den Pelz brennen können!“, brüllt Peter auf einmal. Erschrocken zucken die anderen zusammen. Venkmans Stimme erzeugt ein vielfaches Echo, das wahrscheinlich sogar noch die Männer draußen vor der Mine hören können. „Bist du vollkommen übergeschnappt?“, blafft Winston den selbsternannten Chef an. „Jetzt hast du die Anomalie sicher verschreckt…“, kommt es missmutig von Egon, der sein PKE-Gerät hervorholt. „Oder noch schlimmer, du könntest es erst recht auf uns aufmerksam gemacht haben…“, kommt es tadelnd von Ray. Die Äußerungen seiner Kollegen nimmt der Brünette nur mit einem Schulterzucken zur Kenntnis. Ray´s Worte versetzen ihm jedoch fast einen Schlag. Klar, er wollte das Vieh anlocken, damit diese Ungewissheit von ihnen abfällt, doch er hat nicht bedacht, dass das Biest dadurch auch wütend werden könnte. Er schluckt schwer. „Ups, sorry…“, gibt er kleinlaut zurück. Lauschend verharren sie, doch es ist kein Mucks zu hören. Das einzige Geräusch besteht im gelangweilten Piepsen des PKE-Geräts. „Vielleicht sollten wir umkehren und noch einmal mit den Arbeitern reden?“, wirft der Mechaniker ein. „Vermutlich hast du recht…“, erwidert Winston und langsam wenden sie sich zu Gehen. Sie sind kaum ein paar Meter weit gekommen, da knirscht etwas sehr unschön unter Peters Stiefel. Verwundert sieht er hinunter und macht dann erst einmal einen Satz nach hinten. „Stimmt etwas nicht?“, fragt der Tüftler und rückt sich fragend die Brille zurecht. Doch Venkman antwortet nicht. Stattdessen lässt er seinen Blick über den Boden gleiten, hinein in den schmalen, engen Tunnel, der den Schacht kreuzt. „Heiliger Mist…!“, kommt es erschrocken von dem Anführer und er weicht noch ein Stück zurück. Nun können auch die anderen in den Tunnel blicken. Der gesamte Boden des kleinen Schachtes ist mit Knochen angefüllt! Einige wenige sind dabei in den Hauptschacht geraten, den die Geisterjäger benutzen. Kaum ein Knochen ist noch heil. Unzählige zertrümmerte Schädel grinsen den Jungs mit ihren lückenhaften Zahnreihen entgegen. Allerdings wirken nicht alle Knochen, als wären sie damals bei dem Unglück zu Bruch gegangen oder bald darauf, als auch die letzten Überlebenden ihr Licht aushauchten und vielleicht von einem zweiten Einsturz überrascht wurden. Für Egon besteht kein Zweifel, dass viele der sterblichen Überreste erst vor kurzem so zugerichtet wurden. Vermutlich beim Freilegen des Tunnels. Doch so, wie er die Leute da draußen einschätzt, war es ihnen ziemlich egal. Sie haben sich ja nicht einmal die Mühe gemacht, die Knochen einzusammeln, sondern sind einfach darüber getreten und haben den Tunnel vom Geröll befreit. Was auch immer hier lebt, war darüber sicher nicht sehr erfreut und langsam kommt in dem Blonden ein Verdacht auf, was sich hierher verirrt haben könnte. Die Zeit es auszusprechen, hat er allerdings nicht. Kaum, dass sie die Knochen entdeckt haben, jagt ein heftiger Windstoß aus dem Tunnel und fegt sie fast von den Füßen. Grob werden die Ghostbusters gegen die Wand des Schachtes gedrückt. Dann dringt ein tiefes, unmenschliches Knurren – fast ein Fauchen – an ihre Ohren. Kurz darauf leuchten zwei riesige Augen im schummrigen Licht des Tunnels auf. Euer Hass hat mich geschmiedet Getauft in rotem Wein „Was ist das?“, presst Winston hervor. Als Egon seine Vermutung aussprechen will, übertönt ihn jedoch ein neuerliches Fauchen, diesmal um einiges näher. Langsam formen sich Umrisse im Zwielicht. Was dort auf sie zukommt, ist gewaltig und dennoch rührt sich kein Stein unter der Gestalt. „Unglaublich…“, keucht Ray, als das Wesen in ihr Blickfeld tritt. „Der Drache ist erwacht!“, die Stimme des Mechanikers ist kaum mehr als ein ehrfürchtiges Flüstern. Trotz seiner Worte, starren die vier voller Unglauben auf das schlangenähnliche Wesen, das sich aus dem viel zu engwirkenden Tunnel auf sie zu bewegt. „Lauft!“, brüllt Venkman seinen Kollegen über das Knurren des Drachen hinweg zu, ganz in der Hoffnung, dass sie diese Bestie mit ihrer Anwesenheit genug gereizt haben, damit sie ihnen nach draußen folgt. Wo Mitgefühl und Gnade war Schlägt nun mein Herz aus Stein Doch entgegen aller Annahmen rührt sich keiner von ihnen, sie blicken nur wie erstarrt auf den näherkommenden Drachen. In Peter bricht Panik aus. Sie werden hier drin sterben, wenn sie noch länger bleiben! Hecktisch beginnt Venkman zu atmen und greift dann zum einzigen Mittel, dass ihm einfällt. Mit zitternden Händen hebt er seinen Strahler und feuert einen einzigen Schuss auf das schlangengleiche Wesen ab. Der plötzliche Lichtblitz weckt die anderen aus ihrer Starre, macht den Drachen aber nur noch wütender. „Peter, was machst du? Die Mine wird einstürzen!“, erinnert ihn Raymond. „Ja, ich weiß! Deswegen sollt ihr ja auch laufen!“, entgegnet er forsch und diesmal nehmen alle die Beine in die Hand. Ausgegrenzt und abgeschottet Verdammt zu Agonie Haltlos rennen die vier Jungs den langen Schacht entlang, beten dafür, dass der Ausgang in Sichtweite kommt, ehe der Drache sie erwischt. Allerdings machen es die Schienen und der unebene Boden nicht gerade leicht, vorwärts zu kommen. Keuchend wirft Winston einen Blick über die Schulter. Was er dort sieht, gleicht einer Sagengestalt aus einem chinesischen Märchen. Der Körper des Drachen ist so groß, das er fast den gesamten Raum des Schachtes einnimmt, dennoch schweben seine Beine über dem Boden und seine riesenhafte Gestalt scheint das einsturzbereite Geröll um sich herum gar nicht zu berühren. Sein langgestreckter Körper misst bestimmt an die zwanzig Meter, doch im Tunnel kann man das unmöglich sagen. Seine Haut funkelt im Schein der wenigen Lampen azurblau, wie die Schuppen eines exotischen Fisches. Wurde ich zum Werkzeug Meiner Rachefantasie Sein gewaltiger Kopf ist von einer Art Federkamm umschlossen. Doch solche Federn hat Winston noch nie gesehen. An ihrem Kiel entspringen sie in einem kräftigen Lila, wandeln sich zur Mitte hin in ein dunkles Blau, das schließlich an der Spitze zu einem hellen Gelb ausläuft. Auf seiner Oberlippe wächst ein sattgelber Bart, der links und rechts in einer langen Barte endet, wie man es von einem großen Wels her kennt. Brust und Bauch sind mit einem hellblauen Schuppenkleid bedeckt. Seine riesigen Augen leuchten grün, wie feine Jade. Sein gewaltiges Maul ist angefüllt mit langen, dolchartigen Zähnen. Links und rechts ragen aus dem Oberkiefer zwei davon heraus, die deutlich größer sind und sich zur Seite biegen, ähnlich den Stoßzähnen eines Elefanten. Auf dem breiten Kopf trägt er eine Art Geweih, das den Bauarbeiter an einen jungen Hirsch denken lässt, da es nur wenige Enden hat. Seine Vorderbeine erinnern an die Arme eines aufrecht gehenden Dinosauriers, mit einer langen, gebogenen Klaue an jeder der vier Zehen. Ich bin ein Alptraum Ich bin die Nacht Aus seinem geöffneten Maul dringt ein wütendes Fauchen. Das gesamte Erscheinungsbild des Drachen ist einfach nur unglaublich. Winston kann den Blick kaum von dieser mächtigen Kreatur abwenden. So kommt es, wie es kommen muss und sein Fuß stößt ungeschickt gegen eine der Querbalken der Schienen und er fällt der Länge nach zu Boden. Geschockt weiten sich seine Augen, als er sich hilflos zu der Bestie herumdreht. Das Maul des Drachen verzieht sich zu einem zähnefletschenden Grinsen und er jagt wildentschlossen heran, um Winston den Gar aus zu machen. Allerdings haben seine drei Kollegen schon gemerkt, dass der Schwarzhaarige nicht mehr bei ihnen ist. In Windeseile kehren sie um. Ray und Egon zerren Winston wieder auf die Beine, während Peter erneut zum Protonenstrahler greift. Er gibt wieder nur einen einzigen Schuss ab, der den Drachen genau auf der empfindlichen Nase trifft. Ich habe die Angst Zurück in deine heile Welt gebracht Das Untier weicht zurück, ein feiner Qualmfaden steigt von der Brandwunde auf seiner Nase auf und er gibt ein wehklagendes Heulen von sich. Dieser kurze Moment des Schmerzes reicht den Geisterjägern, um ihren Vorsprung auszubauen und endlich kommt auch Tageslicht zum Vorschein, als das Ende des Schachtes sichtbar wird. Mit dem tobenden Drachen im Nacken stürzen die vier Geisterjäger unter den verwirrten Augen der versammelten Arbeiterschaft aus der Mine heraus. Ehe sich die Männer auf dem Rand der Grube fragen können, was eigentlich los ist, schießt der Drache regelrecht aus dem dunklen Schacht heraus, nur knapp über den Köpfen der Ghostbusters hinweg, die sich beim Verlassen der Mine einfach auf den Boden geworfen haben. Das aufgebrachte Fabeltier steigt empor und umkreist wütend und fauchend die Kiesgrube. Erschrocken weichen die Arbeiter zurück, doch im Moment scheint es der Drache nur auf die Geisterjäger abgesehen zu haben. Während diese noch dabei sind, den Anblick des schlangengleichen Wesens zu begreifen, setzt das blaue Schuppentier zum Sturzflug an. Ich bin ein Dämon Ein Terrorist Er donnert mit seinem weitgeöffneten Maul so nahe über die am Boden liegenden Jungs hinweg, dass sie tief in seinen Schlund sehen können und ein heftiger Wind über sie hinwegfegt. „Egon!“, brüllt Peter über den tosenden Donner des Drachen hinweg. „Was sollen wir jetzt machen?“ Als der Drache hinaufsteigt, um seinen nächsten Angriff zu starten, rutschen die Jungs enger zusammen, um besser miteinander reden zu können. „Das ist ein chinesischer Drache, stimmt´s? So wie man sie in China Town sieht.“, stellt Winston fest. „Stimmt. Doch es gibt verschiedene Arten von Drachen. Wenn wir ihn besiegen wollen, müssen wir zuerst sein Element feststellen, damit wir wissen, mit welchen Gegenelement wir seinen Zustand neutralisieren können.“ „Ich finde, er sieht nach Wasser aus.“, kommt es von Ray. „Die Farbe spielt dabei jedoch keine Rolle, Raymond.“, hält der Tüftler dagegen. Ich bin ein Sturm Vor dem Nichts und Niemand sicher ist „Dann schießen wir halt auf ihn, bis er uns sein Element verrät.“, gibt Venkman schulterzuckend von sich und begibt sich in eine sitzende Position. „Ich denke nicht, dass das funktionieren wird…“, weist ihn Egon daraufhin, dennoch setzt er sich mit den anderen auf und aktiviert den Protonenstrahler. Als der fauchende Drache wieder auf sie zuhält, feuern die Jungs auf ihn. Die Strahlen bündeln sich auf der schuppigen Brust und hinterlassen eine hässliche, rote Brandwunde auf dem hellen Blau. Schmerzgepeinigt flüchtet der Drache aus der Schussbahn und dreht um. „Zumindest sind unsere Strahler nicht völlig nutzlos.“, bemerkt der Bauarbeiter. „Er kommt! Gleich noch mal!“, harscht Peter sein Team an. Doch der Drache hat sie durchschaut. Als sich die glühenden Protonenstrahlen zuckend auf ihn zu bewegen, weicht er im letzten Moment aus und setzt blitzschnell zu Gegenangriff an. Im Abgrund eures Lächelns Wurde ich geboren Überrascht versuchen die vier die Position ihrer Strahler zu korrigieren, doch sie sind zu langsam. Der Drache reißt sein großes Maul auf und speit einen gewaltigen Schwall Wasser auf die Ghostbusters, der so kalt und klar ist, dass ihnen fast das Herz stehenbleibt. Allerdings ist das noch die geringste Sorge der Jungs. Ray ist gerade in Begriff sich darüber zu freuen, dass er mit dem Element des Wesens recht hatte, als das Protonenpack auf seinem Rücken plötzlich Funken zu sprühen beginnt. Bei seinen Kollegen sieht es nicht viel anders aus und ihre Strahler beginnen einen beunruhigenden Warnton von sich zu geben. „Schnell, nehmt die Packs ab! Sie werden gleich explodieren!“, ruft Ray den anderen erstickt zu und befreit sich hektisch von der tickenden Bombe auf seinem Rücken. Erschrocken sehen ihn seine Kollegen an und tun es ihm gleich. Habe mich selbst an jedem Tag Eurem Untergang verschworen Es gelingt ihnen noch einige Meter Abstand zu den funkensprühenden Strahlern zu bekommen, dann explodieren die vier Geräte fast zeitgleich in einem grellen Feuer, das ihnen die Sicht raubt und den Boden unter ihren Füßen vibrieren lässt. Dichter, grauer, statisch aufgeladener Rauch füllt die Grube für einen Moment fast völlig aus. Als er sich legt, kommt der Drache wieder zum Vorschein. Scheinbar hat er die Explosion nicht kommen sehen und wurde schwer von ihr getroffen. Der Großteil seiner blaugeschuppten Haut ist rot verbrannt, hier und da tropft grünes Blut zu Boden und Rauchschwaden steigen von seinem ganzen Körper auf. Er gibt ein klagendes Heulen von sich und es fällt ihm sichtlich schwer, sich noch in der Luft zu halten. Schwerfällig richtet er sich fast senkrecht in der Luft auf und lässt erneut Wasser aus seinem Maul austreten. Diesmal ist es jedoch nicht für die unwürdigen Menschen gedacht, die es gewagt haben, die Herrlichkeit seines Seins zu beschmutzen, sondern für ihn selbst. Heiliges Wasser, das seine Wunden heilen soll. Und nun stehe ich hier oben Ihr geht vor mir auf die Knie „Was macht er da?“, fragt Winston und steht langsam wieder auf. „Wie es scheint, hattest du recht mit dem Wasserelement, Raymond.“, entgegnet Egon. Der Mechaniker lächelt nur matt und reicht dem Tüftler seine Brille, die ihm bei der Explosion runtergefallen ist. „Das Wasser des Drachen ist heilig, so glauben die Menschen. Es kann Verletzungen und Krankheiten heilen, die Erde fruchtbar machen, Brände löschen und neues Leben schenken. Es kann aber auch große Zerstörung anrichten, wenn man den Zorn des Drachen auf sich zieht.“, berichtet der Blonde. „Aber unsterblich ist er zumindest nicht.“, meint Peter mit einem durchaus erfreuten Lächeln. „Nein, das ist er nicht. Drachen können mehrere hundert Jahre alt werden, doch je nach Element, das ihnen zu Grunde liegt, können sie vom einem einzigen, anderen Element getötet werden. Im Falle des Wasserdrachen ist dies Feuer.“, erläutert Egon. Zu den Klängen meines Leidens Meiner dunklen Symphonie „Feuer? Sollte das nicht eher umgekehrt sein?“, fragt Winston. „In unserer Elementlehre wäre das auch so. Doch die Chinesen glauben, dass nicht nur Wasser das Feuer bezwingen kann, sondern auch Feuer das Wasser.“, fügt der Mechaniker hinzu. „Das ist ja mal praktisch. Doch wie sollen wir diesen Riesenwurm besiegen, wenn unsere Strahler hinüber sind?“ Venkman ha seine Frage kaum in den Raum gestellt, da gibt es eine erneute Explosion. Sie ist viel kleiner, als die der Protonenpacks, doch sie trifft den Drachen genauso unvorbereitet. Heulend windet er sich in der Luft und blickt sich nach den neuerlichen Angreifern um. Auch die Geisterjäger wenden den Blick um und sehen überrascht mit an, wie die Arbeiter auf dem Rand der Grube mit Dynamit zu werfen beginnen. Scheinbar haben sie nicht nur tatenlos zugesehen, wie die vier Männer ihr Leben aufs Spiel setzen, sondern haben das Ganze so aufmerksam beobachtet, um zum selben Ergebnis wie die Jungs zu kommen. Und da diese keine Waffen mehr haben, haben sie die Vernichtung des Drachen in die eigene Hand genommen. Perplex beobachten die Ghostbusters mit welcher Genauigkeit die Männer mit dem Dynamit werfen. Keine einzige Stange landet in der Grube und verletzt wohlmöglich die Jungs. Stattdessen treffen sie alle den Drachen und geben ihm somit nicht die Chance, sich vollständig zu heilen. Getroffen zuckt das Fabelwesen und versucht sich mit letzter Kraft aus der Schusslinie zu bringen. Doch die Arbeiter lassen ihn kaum Luft holen. Schließlich sinkt der Drache langsam zu Boden. Die Männer bombardieren ihn weiter und die Ghostbusters suchen Schutz in der Öffnung zur Mine. Unter schmerzlichem Keuchen und Winden bricht der Drache endgültig zusammen und rührt sich nicht mehr. Die Arbeiter werfen dennoch eine ganze Ladung Dynamit nach ihm. Schließlich zerreißt ihn eine gewaltige Explosion in seine Einzelteile und kaum mehr als ein verkohltes Loch im Boden bleibt mehr übrig. Als sich die Staubwolke der letzten Detonation legt, verlassen die vier Jungs ihren sicheren Unterstand und auch die Arbeiter kommen in die Grube hinab. Gemeinsam versammeln sie sich vor dem Krater, der bis eben noch der sterbende Drache war. „Tja, Jungs. Da haben wir euch wohl ganz schön den Hintern gerettet, was?“, meint Mike Enslin glucksend und schlägt Peter kumpelhaft auf die Schulter. „Kann schon sein. Aber wir haben unseren Hintern ja auch nur euretwegen in Gefahr gebracht.“, erwidert Venkman trocken und befreit sich vom Griff des Mannes. „Dann sind wir ja quitt, würde ich mal sagen. – Das Dynamit kostet ein Vermögen, wisst ihr…“, bemerkt der Vorarbeiter. Abschätzend hebt der selbsternannte Chef der Geisterjäger eine Augenbraue. Aus eigener Erfahrung kann er sich recht gut vorstellen, was Mike ihnen damit sagen will, da er doch gewisse Parallelen zwischen ihm und sich sehen kann. „Verstehe.“, erwidert er daher trocken. „Da wir unseren Hintern für euch ins Feuer gehalten haben und ihr uns den Hintern gerettet habt, denke ich, dass wir euer teures Dynamit mit unseren teuren Spesen gleichsetzen können und damit doppelt quitt sind.“ Mike legt die Stirn in Falten, vielleicht, weil er nicht dachte, dass es so einfach sein wird, Venkman von dieser Tatsache zu überzeugen. Auch Peters Kollegen sind von dieser Lockerheit überrascht, ist dem Brünetten doch sonst kaum etwas so wichtig, wie bezahlt zu werden – zumal sie zu Hause jede Menge Rechnungen zu begleichen haben. Andererseits scheint sich keine der beiden Seiten mit der anderen anlegen zu wollen, weshalb sie wohl alle recht froh darüber sind. Schließlich lacht Enslin herzlich auf und schlägt Peter wieder auf die Schulter. „Ihr Jungs seit echt schwer in Ordnung!“ „Eine Sache wäre da aber noch…“, meldet sich Egon zu Wort. Die versammelte Arbeiterschaft wendet ihm den Blick zu. „Nun, der Drache ist vielleicht tot, doch es werden weitere folgen, solange Sie nicht die sterblichen Überreste der Zwangsarbeiter bergen und angemessen zu Grabe tragen. Es ist vergleichbar mit einem unschönen Kreislauf. Solange noch ein Knochen dieser bedauernswerten Menschen dort unten unentdeckt liegt, werden immer wieder Drachen Einzug halten.“, ernst blickt der Tüftler die Männer an. Deutlich kann er dabei sie Abneigung in ihren Gesichtern sehen. Sie wollen einfach nichts mit solchen Menschen zu tun haben, ob tot oder lebendig. Wirklich traurig… Doch im Endeffekt kann es den Geisterjägern egal sein. Ihre Arbeit hier ist getan und wenn wieder ein Drache auftaucht, können sie ihn ja einfach mit ihrem ach so teuren Dynamit vertreiben. „An euer Stelle würde ich mir das überlegen.“, meint Venkman mit einer Stimme, die selten so weit weg vom Sarkasmus war. Dann wendet er sich einfach um und geht zurück zu Ecto-1, der das ganze Schauspiel stumm mit angesehen hat. Seine Kollegen folgen ihm wortlos und so tauchen sie wieder in die unnachgiebige Hitze Nevadas ein und verschmelzen mit der Wüste, als wären sie nie hier gewesen… Kapitel 28: Who you gonna call? ------------------------------- Fünf Wochen später… Mit einem Grinsen auf den Lippen verlässt Warren das Taxi und besieht sich die Unmengen an Menschen, die sich geschäftig über die Einkaufsmeile schieben. Er kann sie förmlich spüren, die Leichtgläubigkeit dieser armen Seelen! Manhattan ist also genau der richtige Ort für seine Arbeit. Langsam schlendert er die Straße entlang. Nicht selten wird er dabei argwöhnisch von den gehetzten Menschen um sich herum betrachtet. Doch ganz sicher nicht, weil er komisch aussieht. Sein junges, weiches Gesicht, die tiefgrünen Augen und das seidige, blonde Haar machen ihn eher zum Bild von einem Mann, den man nur voller Wohlwollen betrachten kann. Der Argwohn der Leute rührt eher von seiner unglaublichen Gelassenheit, die sich nicht durch die Dringlichkeit und den Druck dieser Millionenmetropole anstecken lassen will. Aber der Hypnotiseur verzeiht es ihnen, sie wissen es nun mal nicht besser. Allerdings wird ihr Leben schon bald so sehr auf den Kopf gestellt werden, dass ihnen ihre Hektik vollkommen witzlos erscheinen wird. Zufrieden mit sich selbst und seinen Gedanken betritt Warren Hanscom das Apartmenthaus, in dem er sich eine kleine Wohnung gemietet hat. Er wird alles vorbereiten, was nötig ist und dann wird diese Stadt nur ihm allein gehören! Prüfend hält sich Ray zu wiederholten Mal den Telefonhörer ans Ohr. Stetig piepst darin das Freizeichen. Missmutig legt er wieder auf. „Zum letzten Mal, Ray, mit dem Telefon ist alles in Ordnung! Also lass den Unfug. Du machst mich auch noch ganz verrückt…“, kommt es genervt von Janine. „Ja, aber warum ruft dann niemand mehr an?“, fragt er sie deprimiert. „Keine Ahnung. Vielleicht machen die Geister ja auch mal Ferien oder so? Doch es hilft ganz sicher nicht, wenn du hier rumstreunst.“, erwidert die Rothaarige nachdrücklich. Langsam lässt der Mechaniker die Schultern hängen. Ihr letzter Auftrag scheint ewig her zu sein und seitdem blieb das Einsatztelefon erschreckend still. Nicht mal ein Fehlalarm, wie es sonst oft der Fall ist. Irgendwas stimmt nicht. Raymond kann es förmlich spüren. Immerhin verschwinden Geister ja nicht einfach so und machen Ferien, oder doch? Seufzend betrachtet der junge Mann die Sekretärin, doch ihr Blick bleibt stur. Mit einem resignierenden Laut trollt er sich schließlich nach oben. Dort lässt er sich gelangweilt auf die Couch fallen. Lange bleibt er jedoch nicht allein. Schon wenige Augenblicke später trifft ihn ein warmer Hauch im Nacken und lässt ihn überrascht zusammenzucken. Kurz darauf drückt Winston seine Lippen gegen Ray´s Hals. Schmunzelnd wendet sich der Jüngere herum und lächelt seinem Freund entgegen. „Na, was treibst du?“, fragt der Schwarzhaarige und setzt sich neben ihn. „Nichts, absolut nichts…“, seufzt der Rothaarige. „Habe ich mir schon fast gedacht. Aber wir können uns ja den Film anschauen, den ich neulich aufgezeichnet habe.“ „Gute Idee!“, ertönt auf einmal Peters Stimme hinter den beiden. Überrascht wenden sich die zwei zu ihm um. „Ich darf doch sicher mitschauen? Ich mach auch Popcorn!“, führt der Brünette weiter aus. Während Venkman in der Küche verschwindet, legt Winston schon mal die Kassette in den Recorder ein. Als er auf Play drückt und sich das Band gehorsam von einer Spule zu anderen zu bewegen beginnt, setzt ein Werbeblock ein, der vor dem Film gezeigt wurde. Die beiden Geisterjäger machen es sich gemütlich und ignorieren die kurzen Clips, die sich auf dem Bildschirm aneinanderreihen. Die Einstellung wechselt zum nächsten Clip. Hierbei sehen die Jungs für wenige Sekunden zuerst nur eine sich drehende, schwarzweiße Spirale. Dann erscheint ein junger Mann in einem aufwendigen Kostüm, das Ray an einen altertümlichen Magier denken lässt. Tatsächlich stellt sich der Mann aber als Hypnotiseur vor, der Menschen von ihren tiefsten Ängsten befreien will. „So ein Blödsinn!“, kommentiert Peter das Ganze und lässt sich neben seine Kollegen auf die Couch fallen, das dampfende Popcorn in den Händen. Ray und Winston schmunzeln belustigt. Dann beginnt der eigentliche Film und sie vergessen alle diesen seltsamen Typen. Noch ahnen sie ja auch nicht, dass ausgerechnet er dafür verantwortlich ist, dass im Hauptquartier das Telefon stumm bleibt… „Keine Sorge, Miss Rogers, ihre Spinnenphobie wird schon bald der Vergangenheit angehören.“, versichert ihr der Hypnotiseur, ehe er sein Pendel vor ihrem Gesicht zum Schwingen bringt. Beruhigt nickt die junge Frau und konzentriert sich auf das kleine, goldfarbene Pendel. Wenig später versinkt sie in Schlaf und Warren beginnt mit den Vorbereitungen seiner eigentlichen Arbeit. Danach werden Spinnen noch ihre geringste Sorge sein! Anschließend weckt er sie wieder aus ihrem Schlaf, zumindest glaube sie das. Vor Spinnen wird sie sich nun tatsächlich erst einmal nicht mehr fürchten, aber auch nur, weil sie keine sehen wird. An ihre Stelle treten die Gestalten schrecklicher Monster, Geister und anderer Kreaturen, die sie sich nicht einmal in ihren fürchterlichsten Alpträumen vorstellen könnte. Wesen, über die sich die Geisterjäger im Moment sehr freuen würden. Allerdings wird Miss Rogers nicht die vier netten Jungs aus der Nachbarschaft rufen, um sie von diesen Wesen zu befreien, oh nein! Sie ist nun förmlich darauf programmiert Warren Hanscom zu rufen und absolut niemand anderen und darin liegt er eigentliche Trick. So kann er zweimal abkassieren und in Anbetracht der misslichen Lage, von Schreckgestalten aus der Unterwelt heimgesucht zu werden, auch noch eine horende Summe mehr, als zuvor bei der Spinnenangst. Er wird kommen und sie von diesen Gestalten befreien – mutig und ohne Rücksicht auf Verluste – wird ihr weismachen, dass er ihre einzige Rettung ist, vor etwas, das hier nie existiert hat! So geht es eine ganze Weile weiter. Warren macht den Leuten weiß, sie würden von schrecklichen Wesen heimgesucht, die sie immer dann sehen, wenn bei ihnen normalerweise die Angst ausbricht. Die fehlgeleiteten Menschen rufen den Hypnotiseur zu sich, um sie zu retten, obwohl sie gar nicht wissen, wieso ihn und nicht jemand anderen. Doch am Ende sind sie die Geister los und einen Haufen Geld noch dazu und dennoch könnte ihnen das Ganze kaum richtiger vorkommen. Die vier Jungs hingegen sitzen auch weiterhin auf dem Trockenen und hangeln sich von einem Tag zum nächsten irgendwie so durch. Ab und an klingelt dann doch mal das Telefon und sie können etwas einfangen. Doch das passiert so selten, dass es nicht der Rede wert ist. Allerdings sind nicht alle Leute, die Warren besucht, so leichtgläubig. Argwöhnisch beobachtet Jessica die fragwürdigen Techniken des Mannes, die ihrem Freund angeblich helfen sollen, seine nahezu traumatische Angst vor Motten zu besiegen. So ganz vorstellen kann sie sich das beim besten Willen noch nicht, aber sie kann sich auch nicht wirklich vorstellen, warum ein kräftiger Kerl wie ihr Marc überhaupt Angst vor so einem hässlichen, kleinen Insekt haben kann. Geduldig steht sie mit verschränkten Armen in der Wohnzimmertür und beobachtet, wie Hanscom sein Pendel zu schwingen beginnt. Sie hält ihn schlichtweg für einen Schwindler, so wie all die anderen Verrückten, die im Fernsehen oder in Las Vegas auftreten und einem vor Publikum zum Bellen oder dergleichen bringen. Doch Marc ist da ganz anders. Trotz seiner imposanten Statur ist er äußerst sensibel und glaubt felsenfest an solche Dinge. Daher ist es wohl auch kein Wunder, dass es nur wenige Sekunden dauert, bevor er schlafend in sich zusammensackt. Was als nächstes passiert schürt Jessicas Argwohn nur noch mehr, da Warren sie nachdrücklich aus dem Zimmer schickt. Widerwillig geht sie hinaus, damit er seine geheimen Installationen machen kann, die die scheinbaren Geister und Monster zum Vorschein bringen werden. Jessica kann nicht sehen, was genau passiert, da die Tür zum Wohnzimmer schwingend gelagert ist und somit kein Schlüsselloch hat, doch sie hört die seltsamen Zauberworte, die der Hypnotiseur ausspricht, - vermutlich um Marc die Angst zu nehmen. Allerdings benutzt Warren sie nur, um die junge Frau in genau diesem Glauben zu lassen, da er normalerweise allein mit seinen Kunden ist. Eine gefühlte Ewigkeit vergeht ehe Marc wieder aufwacht und Jessica das Zimmer betreten darf. Der Hypnotiseur scheint sehr zufrieden mit seiner Arbeit zu sein. Doch die Brünette kann keinerlei Veränderung an ihrem Freund feststellen, außer vielleicht, dass er diesem Hanscom völlig verfallen ist und ihn gar nicht großzügig genug entlohnen kann. Noch Stunden später schwärmt er von diesem Mann, als wäre er Elvis persönlich begegnet und hätte ihm die Hand schütteln dürfen. Genervt rollt Jessica mit den Augen und versucht sich irgendwie auf den Film zu konzentrieren, den sie sich ausgeliehen haben. Allerdings wird ihre Konzentration ständig von Marcs begeisterten Worten unterbrochen. „Weißt du was? Ich glaube dein Hirn braucht ein bisschen frische Luft, damit du diesen Kerl endlich vergisst!“, kommt es streng von ihr, ehe sie aufsteht und das Fenster öffnet. „Bist du etwa eifersüchtig?“, fragt er sie schmunzelnd. „Wieso sollte ich? Der Kerl ist doch nur so ein blöder Spinner und du bist auf ihn reingefallen und hast ihm auch noch unsere ganzen Ersparnisse gegeben! Ich bin nur sauer, weiter nichts…“, entgegnet sie missmutig und setzt sich wieder. „Wenn du so eine fürchterliche Angst haben würdest, dann würdest du mich sicher verstehen und dich nicht so darüber aufregen…“, hält er dagegen. „Mag schon sein. Aber es wäre auch viel logischer, wenn ich vor so dämlichen Insekten Angst hätte, anstatt du! Also vergessen wir das Ganze und schauen endlich den Film zu Ende.“ Eine Weile sitzen sie tatsächlich schweigend nebeneinander, während die Schauspieler ihr Bestes geben, um die Geschichte glaubwürdig rüberzubringen. Irgendwann bemerkt Jessica jedoch einen Schatten, der um die Lampe schwebt. Als sie aufsieht, entdeckt sie eine dicke Motte, die immer wieder gegen die Abdeckung die Glühbirne an der Decke schwirrt. Ihr dicker Leib erzeugt dabei sogar ein kaum hörbares Pochen auf dem Glas und ihre Flügel verteilen einen dunklen Puder. Noch vor ein paar Stunden wäre Marc schon beim Anblick dieses schwirrenden Schattens völlig ausgerastet. Und spätestens, wenn er diesen Pelzwurm mit Flügeln gesehen hätte, wäre er schreiend aus dem Zimmer gestürzt und erst wiedergekommen, wenn sie das Vieh beseitigt hat. Jetzt jedoch sitzt er völlig entspannt neben ihr und scheint das hektische Flattern gar nicht zu bemerken. Sollte es diesem Spinner also tatsächlich gelungen sein, Marc von seiner Angst zu befreien? So ganz glauben kann sie das nicht. Wahrscheinlich ist er nur so in den Film vertieft, dass er das Vieh noch nicht bemerkt hat, obwohl er früher schon panisch wurde, wenn eins davon nur außen an der Fensterscheibe gesessen hat. „Du Marc, da ist eine Motte.“, deutet sie ihm kurzerhand an. „Wo?“, fragt der junge Mann und sieht nach oben. In seinem Gesicht zeichnen sich weder Angst noch Ekel ab. Stattdessen wirkt er vollkommen gleichgültig. „Na, da an der Lampe.“ Ihr Freund lässt den Blick durchs Zimmer schweifen, wirkt irritiert. „Ich sehe keine Motte…“, meint er schließlich. Perplex sitzt Jessica neben ihm und starrt abwechselnd ihn und dann das Insekt an. „Wie kannst du das Vieh nicht sehen? Es ist riesig und hat schon die ganze Lampe befleckt!“, kommt es aufgebracht von ihr. „Echt? Ich kann da nichts sehen.“, meint Marc nur schulterzuckend. Mit offenem Mund wedelt sie mit der Hand vor seinem Gesicht herum. „Aber mich kannst du doch wohl sehen oder bist du etwa blind?“ Beruhigend ergreift er ihre Hände. „Natürlich bin ich nicht blind und ich sehe dich ziemlich gut. Doch vielleicht bildest du dir diese Motte ja ein, weil du dich einfach nicht mit dem Erfolg des Ganzen anfreunden kannst?“, fragt er sanft. Erbost reißt sie sich von ihm los. „Sag mal, spinnst du? Was…?“, setzt sie zu einer Standpauke an, doch dann entgleiten Marc sämtliche Gesichtszüge. Seine Augen werden tellergroß, der Schweiß bricht ihm aus, er atmet hektisch und sieht aus, als würde er jeden Moment die Flucht ergreifen oder ohnmächtig werden – ganz genauso, wie wenn er eine Motte sieht. ‚Jetzt hat er sie doch gesehen…‘, geht es Jessica durch den Kopf und sie dreht sich triumphierend herum, um ihren Gedanken zu bestätigen. Doch, was sie dort sieht, ist bei weitem kein Insekt, nicht einmal das schlimmste Krabbeltier, das man sich vorstellen könnte. Nein, es ist ein seltsamer, schwarzgrüner Klops, der scheinbar gerade durch die Wand gekommen ist. Glibberiger Schleim rinnt zähflüssig an der Wand hinab. Das Wesen hat keine Beine, doch seine langen Arme angeln sich die schwirrende Motte aus der Luft. Mit roten Augen mustert es das zappelnde Insekt zwischen den triefenden Fingern, ehe es seinen riesigen Mund öffnet, indem schiefe, gelbe Zähne zum Vorschein kommen und das Insekt dann verspeist. Schmatzend kaut der Geist und gibt dann ein widerliches Rülpsen von sich. Als das Wesen Marc und Jessica erblickt, bleckt es die Zähne, gibt ein wildes Fauchen von sich und fliegt auf sie zu. Im letzten Moment gelingt es den beiden dem Biest auszuweichen. Doch die Rückenlehne der Couch ist nun überzogen von diesem widerlichen Schleim. Kreischend und lachend schwebt der Geist zur Decke empor und kreist dort herum, vielleicht auf der Suche nach noch mehr Insekten? Fassungslos starren die zwei hinauf. „Bitte sag mir, dass auch du dieses schwarzgrüne Ding siehst…“, kommt es atemlos von Jessica. „Darauf kannst du aber wetten! Ich werde sofort Mister Hanscom anrufen!“, erwidert Marc und kriecht Richtung Telefon. „Warum denn den? Das ist doch ein Geist! Also ruf die Ghostbusters und keinen dämlichen Hypnotiseur!“, blafft sie ihn haltlos an. „Was soll ich denn mit diesen Verrückten? Der Einzige, der uns helfen kann, ist Mister Hanscom!“, schimpft Marc zurück und wählt die Nummer des Hypnotiseurs. Jessica versteht gar nichts mehr. Was bitte kann dieser Möchtegern-Schausteller gegen einen Geist ausrichten? Gerade als sie ihm diese Frage stellen will, greift diese Glibberkugel erneut an. Erschrocken weichen die beiden aus. Dabei stolpert die junge Frau und landet vor dem Couchtisch auf dem Boden. Zufällig fällt ihr Blick dabei auf ein kleines Kästchen, das unter der Tischplatte klebt. Während ihr Freund mit diesem Trottel redet, entfernt sie das Kästchen und sieht es sich genauer an. Ein paar winzige Lämpchen blicken auf der Oberfläche und als sie einen kleinen Schalter an der Seite betätigt, erscheint auf einmal noch ein Geist! Doch er wirkt ganz anderes, als das Ding an der Decke, dass wieder ein blubberndes Lachen von sich gibt. Ausversehen berührt Jessica wieder den kleinen Schalter und daraufhin verschwindet der zweite Geist einfach. Langsam dämmert ihr, was hier gespielt wird. Irgendwie hat dieser Hanscom Marc manipuliert. Und als er sie aus dem Zimmer geschickt hat, muss er dieses Gerät versteckt und ihrem Freund irgendwie eingetrichtert haben, dass er ihn rufen soll, wenn er diesen Geist sieht. Das ist wirklich kaum zu fassen! Aber dieses schleimige Ding da an der Decke ist keine Illusion, sondern echt, also wird Hanscom wohl kaum etwas dagegen ausrichten können. Zwar haben sie nun beide Angst, dennoch will Jessica es darauf ankommen lassen und sehen, was dieser Scharlatan versucht zu tun, um diesen Geist loszuwerden. Und hoffentlich kann sie seinen Schwindel damit aufdecken… Es dauert gar nicht lange, da schellt es an der Tür und Warren betritt die Wohnung. „Gut, dass Sie da sind! Bitte kommen Sie schnell und helfen uns!“, entkommt es Marc aufgelöst, als er den Hypnotiseur ins Wohnzimmer führt. „Keine Sorge, ich kümmere mich schon darum.“, gibt der Blonde siegessicher von sich. Aber als er in das Zimmer tritt, bleibt er erst einmal erschrocken stehen. Zwar hätte er diese Reaktion auch so vorgespielt, um den Leuten die Ernsthaftigkeit ihres Problems klarzumachen, doch diesmal muss er nicht spielen. Schon beim ersten Blick sieht er, dass es sich bei diesem Ding ganz unmöglich um den Geist handeln kann, den er in dem kleinen Kästchen programmiert hat. Oh nein, so ein hässliches Ungetüm wäre ihm nie in den Sinn gekommen und sieh sich nur einer all diesen widerlichen Schleim an, der inzwischen das halbe Zimmer überzieht. Doch das ist ganz unmöglich. Wo ist dieses Wesen nur hergekommen? Und die noch viel wichtigere Frage ist doch: wie soll er es vertreiben? Sprachlos steht er einfach nur da und blickt zu Decke, wo der schwarzgrüne Geist seine Runden dreht, die Wände mit Schleim überzieht und ab und an zu einem Angriff ansetzt. „Was ist los, Mister Hanscom? Nun tun sie doch etwas!“, weist Jessica ihn an. Ganz langsam dreht sich Warren herum und blickt in Marcs hoffnungsvolles Gesicht. In den Augen der jungen Frau liegt jedoch etwas Herausforderndes, Schadenfreudiges. Im ersten Moment kann er diesen Ausdruck nicht verstehen, doch dann hält sie ihm das kleine Kästchen vor die Nase, das er unter dem Couchtisch versteckt hat. „Lassen Sie das Vieh verschwinden oder ich rufe die Polizei und lasse sie auffliegen!“, droht sie ihm schließlich. Marc versteht nicht, was seine Freundin damit meint, doch Warren schluckt schwer. „Schon gut, kein Problem…“, versucht er sie zu beruhigen. Nachdenklich dreht er sich wieder herum und betrachtet den fliegenden Schleimklumpen. Vielleicht fällt ihm ja doch etwas ein, um das Ding zu vertreiben? Wenn vier verrückte Wissenschaftler das in einer alten Feuerwache hinbekommen, dann wird er das doch wohl erst recht schaffen! Zielstrebig tritt er weiter ins Wohnzimmer hinein, breitet die Arme aus, als wolle er eine seiner Beschwörungen vollführen und erhebt dann die Stimme. „Du Wesen jenseits unserer Welt, höre mich an! Ich bitte dich dieses Haus zu verlassen und dich anderswo hinzubegeben! Diese unschuldigen Leute haben dich nicht stören wollen in deinem ewigen Schlaf, also belästige sie nicht länger!“, drohend blickt Warren dem Geisterwesen entgegen. Allerdings scheint dieses nicht sonderlich viel von seinen Worten zu halten. Mit einem gehässigen Lachen saust es heran und lädt eine ganze Ladung Schleim über dem Hypnotiseur ab. Entsetzt sieht Marc das Ganze mit an, während Jessica sich ein Lachen kaum noch verkneifen kann. Doch der Geist ist keineswegs nur zu Schabernack aufgelegt. Nun ist er nämlich wütend. Er hält wieder auf Warren zu, doch diesmal zerrt er ihn an den Haaren, zerreißt seine Sachen, schubst und schlägt ihn. Hilflos im Schleim gefangen kann sich der junge Mann kaum zur Wehr setzen. „Um Gottes willen, was sollen wir denn jetzt machen? Er schafft es nicht…“, kommt es verzweifelt von Marc. Ernst blickt Jessica ihn an. „Vielleicht verstehst du ja jetzt, warum ich ihn für einen Schwindler halte? Nur die Ghostbusters können uns jetzt noch helfen, denn die wissen wenigstens, was sie tun!“ Als das Telefon im Hauptquartier so plötzlich zu klingeln beginnt, fällt Janine fast vom Stuhl. Überrascht blickt sie den roten Apparat einen Moment lang an, dann nimmt sie ab. „Geisterjäger. Wir fangen alles ein, was ihnen auf die Nerven geht!“, flötet sie vorfreudig und sie wird nicht enttäuscht. Was ihr die junge Frau am anderen Ende mitteilt, klingt doch tatsächlich nach einem richtigen Auftrag und die Geräusche im Hintergrund bestätigen ihr auch die Dringlichkeit des Ganzen. „Bleiben Sie ruhig! Ich schicke die Jungs sofort rüber!“, beendet sie das Gespräch und schlägt dann mit der Hand auf den Knopf der Einsatzglocke. Das schrille Jaulen breitet sich wie ein Lauffeuer im ganzen Gebäude aus und jagt einen heftigen Schreck durch die Glieder der vier. Winston, Ray und Peter waren längst vor den Fernseher eingeschlafen, schon ehe der Film überhaupt zu Ende war, doch jetzt reißt sie der plötzliche Lärm wieder wach. Überrascht sehen sich die drei an, als wäre das alles nur ein übler Scherz, um sie zu wecken. Kurz darauf ertönt jedoch er erstickter Schrei aus dem Labor, gefolgt von einem Knall, der beim Schrillen der Glocke kaum hörbar ist. Schnell sind die Jungs auf den Beinen und eilen hinauf. Dort erblicken sie Egon an seinem heillos überladenen Tisch. Die Haare stehen ihm zu Berge und seine Brille sitzt ihm schief auf der Nase. Auf dem Boden liegt ein Schraubendreher, mit dem er wohl gerade an einem elektrischen Kontakt gearbeitet hat, als der Alarm ihn so sehr erschreckt hat, dass es einen heftigen Kurzschluss gab. „Ist alles in Ordnung, Egon?“, kommt es besorgt von Ray. Noch etwas neben sich, richtet sich der Tüftler die Brille und blickt auf sein halbfertiges Gerät hinab. „Nein, ich fürchte, ich brauche einen neuen axialen Hochlast-Widerstand…“, gibt er bedrückt von sich. „Ich denke, seine brillante Birne ist nicht mit durchgebrannt.“, gibt Peter mit leichtem Augenrollen zurück. Dann taucht plötzlich Janine in der Tür auf. „Sagt mal, seid ihr vom vielen Nichtstun taub geworden? Ihr habt einen Auftrag, Jungs! Also bewegt euch mal!“, übertönt sie das Schrillen der Glocke. „Sind schon weg!“, erwidert Winston und nimmt ihr den Zettel mit der Adresse ab. Die drei anderen folgen ihm und kurz darauf verlässt Ecto-1 das Hauptquartier mit quietschenden Reifen. Erleichtert öffnet Jessica die Tür und bittet die Ghostbusters herein. Vom Wohnzimmer dringt ein hilfloses Wimmern zu ihnen hinüber. Als sie es betreten, erblicken sie einen jungen Mann von oben bis unten mit ectoplasmischem Schleim bedeckt, der sich kraftlos gegen einen Geist zur Wehr zu setzten versucht, der ihn wütend boxt und an seinen Haaren zerrt. Unter anderen Umständen wäre der Anblick wohl zum Totlachen, erst recht da es diesmal nicht die Jungs sind, die vollgeschleimt werden, was insbesondere Peter freut. „Warte mal! Ist das nicht dieser komische Hypnotiseur, den wir im Fernsehen gesehen haben?“, kommt es von dem Mechaniker. „Wird wohl so sein. Doch er ist ein ganz mieser Schwindler, der einem nur das Geld aus der Tasche ziehen will!“, gebärt sich Jessica und verschränkt wütend die Arme vor der Brust. Wohlwissend sehen sich die Jungs an. So was haben sie sich schon fast gedacht, als sie ihn sahen und seine jämmerliche Show jetzt bestätigt nur ihre Vermutungen. Ray eröffnet das Feuer auf den Geist, als dieser zu einem alles vernichtenden Sturzflug auf sein wehrloses Opfer ansetzt. Winston und Peter schnappen sich währenddessen Warren und zerren ihn in den Flur. Egon hört unterdes aufmerksam den Ausführungen der jungen Brünetten zu, die ihm das kleine Kästchen reicht, mit dem Hanscom seine Geister erscheinen lassen wollte. Schnell durchschaut der Tüftler den Plan des Hypnotiseurs. Und bei dem, was Jessica ihm noch so erzählt, begreift Egon auch, warum bei ihnen die Aufträge ausblieben. Nach einem kurzen Kampf gelingt es Raymond den Geist mit seinem Protonenstrahl zu erwischen. Heftig versucht sich das schleimige Wesen zu befreien, doch der Rothaarige lässt ihn nicht entkommen. „Kann mir jemand eine Falle rüber werfen?“ „Kommt sofort!“, tönt Peter. Mit einem mahnenden Blick zu Warren, der von Winston in Schach gehalten wird, entfernt sich der selbsternannte Chef und betritt das Wohnzimmer. Polternd landet die Falle auf dem Boden. „Ok, bereit?“ „Ja!“ Kraftvoll betätigt der Brünette den Auslöser und die Falle springt auf. Gleißendes Licht drängt sich durch die Flügelklappen und hüllt den Geist in sich ein. Ray schaltet den Strahler ab und tritt etwas zurück, während die Schleimkugel zu Boden gezogen wird. Mit einem kläglichen Schrei wird sie schließlich in die Falle gesaugt, die ihre Flügel geräuschvoll verschließt und ein Entkommen unmöglich macht. „Das hat mir echt gefehlt!“, freut sich Ray und hebt die qualmende Falle auf. „Mir auch und ich denke, ab jetzt gibt es wieder mehr für uns zu tun!“, erwidert Peter und wirft wieder einen strengen Blick zu Warren hinüber. Dieser sieht sich plötzlich umringt von den vier Männern in Overalls. „Du wolltest uns also die Arbeit streitig machen, was?“, harscht Venkman ihn trotzig an. „Hat doch prima funktioniert! Doch wer konnte schon ahnen, dass es hier echte Geister gibt…“, entgegnet ihm Warren ungerührt. „Werd‘ ja nicht frech, Bürschchen, sonst lassen wir dich noch eine Weile mit deinem neuen Freund allein!“, kommentiert Winston und hält ihm die Falle vor die Nase. Sichtlich zuckt Warren zusammen und versucht sich noch immer von dem zähen Schleim zu befreien, der ihn einhüllt wie ein Kokon. „Oh, ich denke, das wäre genau das Richtige für diesen Schwindler! Doch bringt ihn bitte woanders hin und ich bin sicher, euer Honorar zahlt er von dem Geld, das er uns abgeknöpft hat!“, kommt es gehässig von Jessica. „Keine Sorge, wir bekommen unser Geld schon und er eine hübsche, kleine Zelle im Gefängnis.“, versichert ihr Ray, ehe sie ihn mitnehmen und an der nächsten Polizeistation abliefern. Es ist fast Mitternacht, als Marc und Jessica endlich den letzten Rest des ganzen Schleims entfernt haben. Todmüde und völlig erschöpft fallen sie auf die Couch. Sanft lächeln sie einander an. „Es tut mir leid, dass ich so ein Idiot war und den ganzen Mist geglaubt hab…“, kommt es reumütig von dem jungen Mann. „Halb so schlimm. Beim nächsten Mal hörst du einfach auf mich.“, grinst sie und streckt ihm die Zunge heraus. „Ich liebe dich!“, meint er nur und nähert sich zu einem Kuss. „Ich liebe dich auch!“ Freudig kommt sie ihm entgegen, doch dann erstarrt Marc plötzlich. „Was hast du?“, fragt sie und fürchtet schon einen weiteren Geist. „Motte…“, haucht er atemlos und fängt an zu zittern. Und tatsächlich schwirrt eine dicke Motte über Jessica hinweg und stößt dann unaufhaltsam gegen die frisch geputzte Lampe. Die junge Frau beginnt die lachen und zieht ihren ängstlichen Freund zu sich heran. „Ich werde dir das schon noch austreiben, aber auf meine Weise!“, verkündet sie und presst ihre Lippen auf seine. Kapitel 29: Punishment...? -------------------------- Einen Monat später… Als sich die Flügelklappen der Falle ruckartig schließen und somit den Geist versiegeln, den sie gefühlte Stunden bekämpft haben, breitet sich eine tiefe Erleichterung in den erschöpften Jungs aus. Kraftlos schenken sie sich ein siegreiches Lächeln, doch dann bricht die Hölle um sie herum los. Die Fabrik, in der sie die Anomalie einfangen sollten, stellt Farben und Lacke her, was einen äußerst unschönen Effekt in Verbindung mit den energiegeladenen Protonenstrahlen aufweist. Die ganze Halle ist schon durch den Kampf beträchtlich in Mittleidenschaft gezogen worden. Hunderte Liter Farbe und Lack haben sich auf dem Boden verteilt und Dämpfe gebildet, die es den Geisterjägern ohnehin schon schwergemacht haben, ihrer Arbeit nachzugehen. Doch die Funken der versiegelnden Falle gleichen nun einem brennenden Streichholz in einem Raum voller Gas! „Mist…“, ist alles, was Winston noch von sich geben kann, ehe sich vor ihnen ein Feuerball bildet. Er breitet sich mit einer irrsinnigen Geschwindigkeit aus und im Bruchteil einer Sekunde wird die Fabrikhalle von einer heftigen Explosion in Stücke gerissen! Schutt, Trümmer und Maschinenteile fliegen überall herum. Ein bunter Regen aus Farbe und Lack überzieht die brennenden Überreste wie das perfide Gemälde eines Geisteskranken. Dadurch wird das Feuer aber keinesfalls erstickt, sondern nur noch weiter angefacht und Dutzende kleinere Explosionen ausgelöst, die das Unglück in seiner Tragweite nur noch vergrößern. Das ganze Gelände gleicht einem Inferno epischen Ausmaßes und wird die Feuerwehr von Manhattan noch die nächsten zwei Tage in Anspruch nehmen, ehe auch der letzte Rest schwelenden Lacks neutralisiert ist. Doch wie steht es um die Ghostbusters? Immerhin befanden sie sich Auge in Auge mit der Explosion… Doch sie haben Glück im Unglück. Durch die rapide Dampfentwicklung in der Halle waren die Jungs so schlau gewesen und haben das große Rolltor der Fabrik geöffnet, auch auf die Gefahr hin, dass der Geist dann entschwinden könnte. Allerdings haben sie ihn eingefangen, bevor er nach draußen entkommen konnte. Zum Zeitpunkt der Detonation befangen sich die Jungs daher sehr nahe am offenen Rolltor, was ihnen wohl das Leben gerettet hat. Durch die Druckwelle wurden sie lediglich nach draußen geschleudert und landeten verhältnismäßig weich im Kies des Ladebereiches, während über ihren Köpfen die Trümmer in alle Himmelsrichtungen verteilt wurden und wie Geschosse durch die Luft sausten. Im Angesicht des Feuers kommen unsere Helden langsam wieder zu sich und begreifen nur sehr allmählich, was eigentlich gerade passiert ist. Angeschlagen und unter Schmerzen stöhnend richten sich die vier in eine halbwegs sitzende Position auf und sehen sich um. Vor ihren Augen türmen sich die Trümmer und zuckende Flammen schlagen wild um sich. Von der Halle ist fast nicht übriggeblieben, außer einer halben Wand, die genau in diesem Moment ebenfalls in sich zusammenbricht. Fassungslos blicken die vier in die grellen Flammen und dennoch scheint ihnen eiskalt zu sein, obwohl ihnen die Hitze schon die Haarspitzen versenkt. „Oh Gott…“, gibt Ray kraftlos von sich und presst dabei unbewusst die Falle an seine Brust, die das Ganze erstaunlicherweise unbeschadet überstanden hat. „Oh-oh, das gibt Ärger…“, kommt es auch von Winston. Allerdings ahnt er noch nicht, wie recht er damit hat. Mit schmerzverzerrter Miene reibt sich Peter den pochenden Kopf. „Alles in Ordnung, Leute?“, fragt er schwach und sieht sich nach seinen Kollegen um. Diese nicken ihm angeschlagen zu und versuchen auf die Füße zu kommen. „Ich denke, wir sollten uns zügig von hier entfernen, ehe unsere Protonen-Packs eine weitere Detonation auslösen und uns in unsere Bestandteile zerlegen…“, gibt Egon schließlich von sich. Erschrocken blicken die drei anderen ihn an, als ihnen bewusstwird, dass sie die Packs noch immer auf dem Rücken tragen und das Feuer immer weiter vorrückt. Durch ihren Einsatz in der Mine von Nevada ist ihnen noch zu gut bewusst, wie heftig es knallen wird, wenn die Strahler hochgehen. Dann wird von ihnen noch weit weniger übrigbleiben, als jetzt von der Halle… Trotz, dass ihnen jeder Knochen im Leib wehtut, verlassen sie das Gelände der Fabrik so schnell wie möglich und beruhigen sich erst wieder etwas, als sie die Packs im Auto verstaut haben und der Tüftler den Schaden an ihnen für ungefährlich eingestuft hat. Noch ehe Ecto-1 sich in Bewegung setzt, trifft die Feuerwehr auf dem Gelände ein. Mit mehreren Löschwagen versuchen die Männer den sich schnell ausbreitenden Brand und die heftige Rauchentwicklung unter Kontrolle und möglichst wenige Anwohner in der Nähe in Gefahr zu bringen. Dennoch dominiert das Unglück schon wenig später jede Nachrichtensendung und die Leute im Umkreis von mehreren Kilometern sind dazu angehalten Fenster und Türen geschlossen zu halten, bis die beißende Wolke sich verzogen hat. Schon beim Anblick der Feuerwehrleute wird den Jungs sehr mulmig. Die mit schwerer Schutzausrüstung und Atemmasken beladenen Männer mustern die Geisterjäger mit tiefer Verachtung, ehe sich diese auf den Weg zurück zum Hauptquartier machen. Zu oft kam es schon vor, dass die Feuerbekämpfer ausrücken mussten, weil die verrücken Wissenschaftler gewütet haben, doch diesmal haben sie wirklich den Vogel abgeschossen. Zwar sind die vier mit Kratzern und blauen Flecken noch halbwegs glimpflich davongekommen, doch das wird definitiv ein Nachspiel haben… Schweigend und in sich gekehrt erreichen die Ghostbusters schließlich ihr Zuhause. Mit schweren Schritten steigen sie aus dem Wagen aus und werden im selben Augenblick von Janine gemustert. Erschrocken springt die Sekretärin von ihrem Stuhl auf. „Um Himmels willen, was ist denn mit euch passiert?“, entkommt es ihr erstickt. Schnell eilt sie zu Egon hinüber und betrachtet seinen verschmorten Overall, das gesprungene Brillenglas und die blutigen Schrammen in seinem Gesicht. Seine drei Kollegen sehen nicht viel besser aus. Im ersten Moment antworten die Jungs ihr allerdings nicht, sondern lassen sich einfach nur erschöpft auf den Boden sinken und bleiben dort sitzen. Geistesgegenwärtig holt die Rothaarige den Verbandskasten und macht sich daran, die Wunden der jungen Männer zu versorgen. Liebevoll verteilt sie in paar Pflaster auf Egons Wangen. Noch während sie damit beschäftigt ist, verstummt plötzlich die Musik im Radio, das sie während der Arbeit eingeschaltet hatte. Ein fassungsloser Nachrichtensprecher lässt verlauten, was die Jungs Janine nicht sagen konnten. Doch das Ausmaß des Ganzen scheint noch weit tragischer zu sein, als es den Geisterjägern vorkam. Das Schlimmste daran ist, dass der Sprecher mehr als deutlich verkündet, dass einzig und allein die Ghostbusters an diesem Unglück schuld sind und er fordert nachdrücklich auf, sie dafür zur Rechenschaft zu ziehen. „Oh Mann, wir sind so was von tot…“, kommentiert Venkman das Ganze und lässt sich rücklings zu Boden fallen. In Anbetracht der Tatsache, dass sie die Explosion nur wie durch ein Wunder nahezu unbeschadet überstanden haben, könnte man Peters Wortwahl als durchaus morbide bezeichnen. Allerdings wirkt die Aussicht auf ein baldiges Abtreten durchaus verlockend, wenn man sich die sinnlose Peinlichkeit ihrer bevorstehenden Bestrafung vor Augen führt und dessen Überbringer in diesem Moment an die Tür klopft. Obwohl das ganze Desaster schon ein paar Tage zurückliegt, sehen die vier Geisterjäger immer noch aus, als hätten sie sich an einer Kneipenschlägerei beteiligt. Insbesondere dem Brünetten würde man dies wahrscheinlich eher zutrauen, als alles andere und daher ist es auch nicht verwunderlich, dass er dem ungewollten Gast vor der Tür nicht den gewünschten Respekt entgegenbringt. Grummelnd tritt der selbsternannte Chef ans Tor und blickt hinaus. Allerdings versperrt ihm schon die einnehmende Anwesenheit der Person selbst den Blick nach draußen. Genervt hebt Peter den Blick und seine Laune sinkt nur noch weiter. „Taylor…“, entkommt es ihm knapp in einem Tonfall, der all seine Abneigung perfekt widerspiegelt. Auf dem Gesicht des überaus breitgebauten Officer regt sich nichts. „Venkman…“, gibt er ebenso unerfreut und knapp zurück. Für einen Moment starren sich die beiden Männer einfach nur wie zwei trotzige Kinder an, dann gibt der Brünette ein tiefes Seufzen von sich und trollt sich davon. Taylor folgt ihm in das Gebäude und dicht hinter ihm die vier Polizisten, die ihn schon bei der Festnahme der Geisterjäger letztes Jahr zur Seite standen. Janine blickt von ihrem Bildschirm auf, als sich Peter auf die Kante ihres Tisches setzt. Im ersten Moment durchzieht sie die unschöne Erinnerung an die letzte Begegnung mit dem Officer. Wie brutal dieser die Jungs doch in Gewahrsam nehmen ließ. Doch dann stellt sie sich unbewusst dieselbe Frage, wie ihr Chef: Warum kommt er erst jetzt? Damals wurden die Jungs beschuldigt ein wertvolles Gemälde entwendet zu haben und Taylor stand keine Stunde später bei ihnen auf der Matte, um sie nach Rikers Island zu exekutieren. Die Explosion der Lackfabrik hingegen ist schon fast eine Woche her, sodass alle schon den zarten Gedanken gehegt haben, noch einmal davon zu kommen. Vielleicht liegt diese Verzögerung aber auch nur daran, dass sich Taylor wohl erst mal eine noch miesere Bestrafung ausdenken musste, die den Höllentrip in der Verwahranstalt noch übertrifft? Mit verschränkten Armen sitzt Peter da und starrt die Schar von Männern vor sich weiterhin trotzig an, wie ein Fünfjähriger seine Mutter, nachdem diese ihm verboten hat, dass Spielzeug haben zu dürfen, das er entdeckt hat. Der breitgebaute Officer lässt sich davon jedoch keineswegs beeindrucken. „Na schön, wie läuft das Ganze diesmal ab?“, fragt Venkman schließlich. Auf dem Gesicht des anderen Mannes bildet sich ein so abgrundtief durchtriebenes Grinsen, das es den beiden Ghostbusters eiskalt den Rücken hinabläuft. Sofort wird ihnen klar, dass Taylor wohl tatsächlich etwas gefunden hat, dass noch schlimmer ist, als Rikers Island… „Ihr Jungs kennt das Spielchen ja schon, von daher schlage ich einfach vor, die anderen her zu pfeifen und dann sehen wir weiter.“ Peter denkt jedoch gar nicht daran sich zu bewegen. Wer weiß schon, ob das nicht ein ganz mieser Trick ist, um ihm wieder Handschellen anzulegen? Also erhebt sich Janine unter den wachsamen Augen der Polizisten, die ihr beinahe wie Scharfschützen vorkommen, und steigt die Treppe hinauf, um den anderen Bescheid zu geben. Keine zwei Minuten später stehen alle Geisterjäger bereit, um der Gerechtigkeit zugeführt zu werden. Ein mulmiges Gefühl durchzieht sie, was sie aber nicht völlig verbergen können. Zu frisch sind noch die Erinnerungen an das letzte Mal. „Ich denke, ihr Jungs wisst, warum ich hier bin?“, setzt Taylor an. „Mit Sicherheit. Doch erwähnen Sie es doch noch einmal, nur fürs Protokoll.“, erwidert Peter augenrollend. „Immer noch so vorlaut, Venkman? Doch das wird dir schon noch vergehen und solange werde ich eben wiederkommen. Mich daran erfreuen, wie ihr immer kleiner werdet und schließlich mit eingezogenem Schwanz hinter dem Ofen verschwindet, wie ein paar getretene Köter. Aber lassen wir diese Nettigkeiten. Die Explosion war bis in die Bronx sichtbar – eine echte Glanzleistung, muss ich zugeben. Von daher steht eure Anklage auf schwere Sachbeschädigung unter der Gefährdung von Leib und Leben der zivilen Bevölkerung und über den entstandenen Sachschaden reden wir gar nicht erst. Dagegen sieht Rikers Island wie Taschengeld aus.“ Schweigend hören die fünf ihm zu und malen sich die tollsten Dinge aus, die nun folgen könnten. Dennoch ist die Sorge darüber nicht groß genug, um Peter den Mund zu verbieten. „Klingt ja fast so, als wenn wir diesmal an einen noch besseren Ort, als Rikers Island kommen. Vermutlich werden wir direkt auf dem Markplatz gesteinigt und anschließend erhängt, weil Sie uns doch so gern zappeln sehen, stimmt´s?“ Taylor lacht nur. Es ist kaum zu übersehen, dass er sich eine so altertümliche Bestrafungsmethode wohl sehr gern für die vier, insbesondere für ihren wortgewandten Chef wünschen würde. „Eine durchaus verlockende Vorstellung, Venkman. Aber leider bin ich diesmal nicht befugt euch zu sagen, was passieren wird. Aber der Bürgermeister lädt euch zu sich ein, um es euch ganz persönlich mitzuteilen. Wenn ihr also diesmal ohne Mätzchen in den Bus steigen würdet, ansonsten kann ich euch auch wieder Handschellen anlegen lassen.“ Schweigen erfüllt erneut die Runde. Nur kurz tauschen die vier beunruhigte Blicke aus. Der Bürgermeister persönlich will mit ihnen reden? Das kann gar nichts Gutes bedeuten, zumal er einer der größten Gegner ihrer Arbeit ist und schon lange nach einer guten Möglichkeit sucht, sie loszuwerden. Rikers Island war da ein herrlicher Anfang, der den Jungs ordentlich Angst einjagen und sie zur Vernunft bringen sollte. Doch er konnte ja nicht ahnen, dass dort so merkwürdige Dinge vorgehen, die den vieren nur noch mehr eine Daseinsberechtigung geben, statt ihrem Unsinn ein für alle Mal einen Riegel vorzuschieben. Doch diesmal werden sie nicht so leicht davonkommen und mit Sicherheit wird das Ganze auch einen bleibenderen Eindruck bei ihnen hinterlassen. Fest steht zumindest, dass sie sich diesmal ganz sicher nicht herauswieseln können. Ein paar Augenblicke verharren die Geisterjäger noch unbewegt. Dann geben sie nacheinander ein resigniertes Seufzen von sich und setzen sich in Bewegung. Dieses Mal fordert nicht einmal Egon eine weitere Erklärung und auch Peter verkneift sich jede Böswilligkeit, die ihm noch auf der Zunge liegt. Wenn es etwas schlimmeres als Rikers Island gibt, will er es nicht unbedingt noch schlimmer machen. Betroffen sieht Janine mit an, wie die Jungs einer nach dem anderen in den Polizeibus steigen und sich die Beamten zu ihnen gesellen. Taylor hievt sich auf den Beifahrersitz und schon sind sie verschwunden. Mit einem wehmütigen Seufzen schließt die Rothaarige die Tür und badet in der Ungewissheit, nicht einschätzen zu können, was ihnen blüht… In dem geräumigen Büro des Bürgermeisters fühlen sich die vier Jungs doch recht verloren; wie Kinder, die etwas angestellt haben und nun zum Direktor müssen. Mindestens genauso streng mustert sie auch der kleine Mann mit Halbglatze. Edward Irving Koch war noch nie ein Freund der Ghostbusters und hat seinen Unmut darüber stets offen zur Schau getragen. Seit ihrer Gründung hat er es sich zur Aufgabe gemacht, ihnen so viele Steine wie nur irgend möglich in den Weg zu legen, indem er unteranderem ständig unsinnige Kontrollen im Arbeitsfeld der vier durchführen lässt oder gar genauestens Buch darüber führt, wie viel Schaden dank ihnen schon zustande gekommen ist. Diese schier endlose Liste hält er ihnen dann jedes Mal vor die Nase, wenn er sie mal wieder zu sich zitieren lässt und jetzt ist es nicht anders. Doch die Explosion der Lackfabrik stellt selbst dafür einen Rekord auf. Obwohl die jungen Männer weit mehr Schaden anrichten, als sie Geld mit ihrem Unfug einnehmen, gelingt es Koch dennoch nicht, sie aus dem Verkehr zu ziehen, egal wie er sich so manches Gesetz ihretwegen auch zurechtbiegen mag. Jedes Mal, wenn er denkt ein Schlupfloch gefunden zu haben, dass das Ende der Ghostbusters bedeuten könnte, ziehen diese Verrückten einen Auftrag an Land, der so viel Gewicht und Einfluss hat, dass er nicht mehr genug gegen sie in der Hand hat. Dieses Mal jedoch können sie sich unmöglich rauswieseln! Zwar fällt das Ganze durchaus unter grob fahrlässiges Verhalten, doch eine Gefängnisstrafe kommt für die Jungs nicht infrage – die hat das hohe Gericht, trotz aller Einwände Kochs bereits abgelehnt. Dennoch denkt der Bürgermeister eine Bestrafung gefunden zu haben, die nicht nur demütigend, sondern ganz sicher auch nachhaltig sein wird. Und wer weiß, vielleicht haben die selbsternannten Geisterjäger danach ja die Nase so voll, dass sie ihre Strahler an den Nagel hängen? Allein schon diese Vorstellung erfüllt den kleinen Mann mit einer unsagbaren Freude und die Verkündigung dessen gleicht einem wahren Fest. „Da ihr scheinbar immer noch der Ansicht seid, über dem Gesetz stehen zu wollen und daher in meiner Stadt wütet wie ein paar pubertierende Teenager, werde ich euch ab jetzt auch so behandeln! Das Wichtigste für solch außer Kontrolle geratene Jugendliche ist Disziplin und genau diese werde ich euch so lange einbläuen lassen, bis ihr endlich begriffen habt, wer hier am längeren Hebel sitzt! Von daher lasse ich euch an das Westminster Operation Camp in Colorado überführen.“ Etwas irritiert blicken sich die Jungs an. Dann tritt Peter mit einem kecken Grinsen vor. „Das ist aber wirklich zu freundlich, Bürgermeisterchen, dass Sie uns in die Ferien schicken wollen.“ Wütend schlägt Edward mit den Fäusten auf die Tischplatte. „Dein kindisches Benehmen steht mir bis hier, Venkman! Doch das Spotten wird dir schon bald vergehen!“ Aufgebracht erhebt er sich von seinem Stuhl. „Beim Westminster handelt es sich keineswegs um ein Ferienlager, sondern um das härteste Boot Camp Amerikas!“ Ein siegessicheres und zu tiefst vorfreudiges Lächeln breitet sich auf dem Gesicht des kleinen Mannes aus. Doch die Reaktion der Jungs fällt im ersten Moment nicht ganz so aus, wie er es sich erhofft hat. Peter und Winston sehen sich nur fragend nach ihren beiden Kollegen um. Ray und Egon hingegen scheinen beunruhigt zu sein. „Was in aller Welt ist denn ein Boot Camp?“, fragt der Bauarbeiter schließlich und nimmt Venkman damit die Frage aus dem Mund. „Soweit ich weiß, handelt es sich dabei um eine Art Umerziehungslager für Personen, die mit dem Gesetz in Konflikt gekommen sind, aber aus verschiedenen Gründen nicht im Gefängnis landen…“, berichtet Raymond mit einem mulmigen Gefühl. „Das ausschlaggebend Schlimme an dieser Tatsache ist jedoch, dass die angewandten Methoden denen des Militärs entsprechen und dass so eine Einrichtung ausschließlich für straffällig gewordene Jugendliche konzipiert ist…“, ergänzt der Tüftler. „Oh oh…“, gibt Winston unbehaglich von sich. Nur zu gut erinnert er sich noch an seine freiwillige Zeit beim Militär. Letztendlich ist es so schlimm gewesen, dass er nach zwei Jahren den Dienst quittiert hat und auf den Bau zurückgekehrt ist. Peter hingegen hatte noch nie Kontakt mit solchen Dingen, ähnlich wie Ray und Egon. Das Militär kennt er nur aus dem Fernsehen und dergleichen und stellt es sich daher weit weniger schlimm vor, als es in Wirklichkeit ist. Eine andere Tatsache macht ihm daher weit mehr Gedanken. „Sie wollen uns allen Ernstes in ein Lager für Kinder schicken, die nicht mehr alle Tassen im Schrank haben?“, blafft er den Bürgermeister pikiert an. Dieser bleibt jedoch völlig gelassen. Er weiß genau, dass er damit einen wunden Punkt getroffen hat – wohlmöglich nur bei Peter und dessen überschwänglichem Ego, aber genau darauf hat er es auch am Meisten abgesehen. Immerhin ist der Brünette ja der Chef dieser Chaotentruppe und der Schlimmste sowieso, also hat das Ganze definitiv ins Schwarze getroffen. Mit einem selbstgefälligen Grinsen lehnt sich Edward Koch in seinem Stuhl zurück. „Wie dein Kollege schon so schön erklärt hat, ist es ein Camp für straffällige Jugendliche und nicht für Kinder, die nicht mehr alle Tassen im Schrank haben. Dennoch ändert es nichts an der Tatsache, dass ihr euch wie ein paar Teenager im Zerstörungswahn benehmt und daher seid ihr dort sehr gut aufgehoben, allen voran du, Venkman!“, hält der Bürgermeister locker dagegen. „Was fällt Ihnen eigentlich ein, mich so zu beleidigen? Immerhin habe ich zwei Doktortitel!“ Koch grinst nur wieder und schüttelt dann langsam den Kopf. „Deinem Benehmen nach zu urteilen, bezweifle ich die Echtheit des Titels als Doktor der Psychologie, sonst könntest du dir sicher selbst diagnostizieren, wie unterentwickelt deine Selbstbeherrschung und dein Ego sind. Und über den Titel in der Parapsychologie müssen wir nun wirklich nicht reden, da er so gut wie nirgends anerkannt ist und dieser ganze Zweig nur auf Vermutungen und leeren Behauptungen aufbaut. Und zumindest das gilt auch für die Titel von Stanz und Spengler. Der einzig sinnvolle Doktortitel, den ich mir gefallen lasse, ist der der Physik von Spengler. Dennoch seid ihr drei nichts weiter, als ein Haufen ausgeflippter Möchtegern-Wissenschaftler, die zu allem Überfluss auch noch den einzig normalen Menschen in ihrer Runde mit in den Abgrund gezogen haben, weshalb es mir um Zeddmore auch ehrlich gesagt etwas leidtut. Hinzu kommt noch deine allzu offensichtliche Inkompetenz als sogenannter Chef dieses Vereins, was die Zurechnungsfähigkeit der anderen beiden auch so hoch angesehenen Doktoren nur umso weiter herabstuft.“, beendet Koch seine Ausführungen. Mit offenem Mund steht Peter vor seinem Schreibtisch. In seinem Leben gab es fast keinen Moment, in dem sein Doktortitel – erschwindelt oder nicht sei jetzt mal außen vor – jemals Anerkennung gefunden hat. Mit dieser Tatsache könnte er sich ja auch noch irgendwie anfreunden, gehört sie doch zu seinem Alltag wie das tägliche Zähneputzen. Doch bisher hat es noch kein Außenstehender gewagt an der Echtheit dessen zu zweifeln und sich dann auch noch zu erlauben, ihn so fertigzumachen. Mag sein, dass Venkman gerade von Psychologie nicht wirklich viel Ahnung hat, doch er merkt durchaus, wie sehr sein Selbst gerade in den Dreck gezogen und das er nicht zum ersten Mal vom Bürgermeister als großes Kind bezeichnet wurde. Und selbst damit könnte er sich noch irgendwie anfreunden, wenn auch nur sehr schwer. Aber das Schlimmste an der Sache ist doch wohl, dass Koch Ray und Egon mit auf sein Niveau herabzieht, wenn nicht gar noch tiefer. Zwei Menschen, die ihr Leben lang für das eingestanden haben, was sie tun und deren Doktortitel so ehrlich und hart erworben sind, dass es dafür kaum einen irdischen Vergleich gibt. Winston kommt bei dem Ganzen ja noch relativ gut weg, was aber nur daran liegt, dass ihn alle nur als dumme Hilfskraft sehen. Und das bringt das Fass nun wirklich zum Überlaufen! „Was bildest du dir eigentlich ein, du kleiner…“, setzt der Brünette aufgebracht an. In seinem Kopf ist jeder vernünftige Gedanke völlig verdrängt und er sieht nur noch rot. Koch kann vermutlich von Glück reden, dass die vier Polizisten, die sie hergebracht haben, immer noch im Raum sind. So packen sie den zornigen Chef der Geisterjäger im letzten Moment, ehe es ihm gelingt, über den großen Schreibtisch zu steigen und Edward seinen Doktortitel um die Ohren zu hauen. Zum Glück ist Taylor nicht auch noch hier, der hätte sich darüber auf jeden Fall köstlich amüsiert. Stattdessen weichen die drei Kollegen des selbsternannten Anführers erschrocken zurück, als dieser von den Polizisten zu Boden geworfen wird, wie ein Schwerverbrecher. Schneller als er gucken kann, haben sie ihm Handschellen angelegt und fixieren ihn grob auf dem Untergrund. Keuchend versucht sich der junge Mann zur Wehr zu setzen, doch mehr als der abgrundtief zornige Blick seiner dunkelgrünen Augen trifft den Bürgermeister nicht mehr. „Mach nur so weiter, Venkman! Du reitest dich und deine Kollegen immer tiefer rein und es wird mir eine wahre Freude sein, zu sehen, wie du an deinem Ego und deiner Überheblichkeit erstickst und dann kleinlaut angekrochen kommst und um Vergebung bettelst! – Schafft sie weg!“ Grob zerren die Polizisten den Brünetten auf die Füße. Fassungslos werfen die vier Geisterjäger einen letzten Blick auf den Bürgermeister, der seinem Ziel ihrer Vernichtung heute einen Schritt näher gekommen zu sein scheint. Doch so leicht werden die vier Helden nicht aufgeben! „Niemals…“, keucht Peter, als die Polizisten ihn und seine Freunde aus dem Zimmer bringen. „Hörst du? Niemals werde ich dich anbetteln, niemals!“, brüllt er noch, ehe die schweren Flügeltüren hinter ihm ins Schloss fallen. Die Fahrt nach Colorado ist weit länger, als damals nach Rikers Island und von daher haben die vier jede Menge Zeit zum Nachdenken. Allerdings ist es schwer zu denken, wenn man ununterbrochen von drei Polizisten belästigt wird, die es auch noch lustig finden die Geisterjäger so tief sinken zu sehen. „Wirklich eine reife Leistung, Venkman!“, höhnt der eine plötzlich, obwohl es ihnen eigentlich strengstens untersagt ist mit Gefangenen zu reden. Zum Erstaunen aller geht Peter jedoch nicht darauf ein. Er sitzt nur vorn über gebeugt auf der schmalen Bank des Wagens, blickt stur auf die Wand, die sie alle vom Fahrerhaus trennt und schmollt in sich hinein. Kichernd wie kleine Schulmädchen geben die Beamten jedoch nicht so schnell auf. „Hey Venkman, wir reden mit dir!“ „Hörst du nicht, du ach so toller Doktor?“ „Sag mal, was wolltest du eigentlich mit dem Bürgermeister anstellen? Ihm eins auf die Nase geben?“ „Na, das wäre doch mal was gewesen! Der Höhepunkt seiner prunkvollen Karriere!“ Schallend lachen die drei, doch Peter ignoriert sie auch weiterhin erstaunlich hartnäckig. Ihm scheint das alles wirklich sehr nahe zu gehen und vermutlich denkt er fiberhaft darüber nach, wie schlimm er es durch seinen unüberlegten Ausbruch für seine Kollegen gemacht hat. Zwar ist er meistens ziemlich egoistisch, doch die Zusammenarbeit mit den drei anderen und die vielen Dinge, die sie erlebt haben, haben ihn inzwischen doch irgendwie erwachsen werden lassen, sodass es ihm mittlerweile manchmal gelingt aus seinen Fehlern zu lernen, wenn auch nicht immer rechtzeitig. Er ist sogar schon soweit sich dafür zu schämen seine Freunde so tief mit reingeritten zu haben. Ein wenig wünscht er sich sogar, er könnte die ganze Schuld auf sich allein nehmen, wie ein richtiger Chef und die drei davonkommen lassen. Doch das funktioniert nicht. Und selbst wenn, würden sie zu ihm halten und es gemeinsam mit ihm durchstehen, trotz allem, was schon mal zwischen ihnen stand. „Hört doch auf mit dem Mist! Das ist nicht lustig…“, gibt Winston plötzlich von sich. Überrascht wendet Peter ihm das Gesicht zu. Von Ray oder Egon hätte er eher erwartet, dass sie ihn verteidigen würden, weil sie so friedliebend sind, aber nicht gerade von Winston. Immerhin hat der Schwarzhaarige den Fehlgriff seines Anführers noch immer nicht ganz überwunden und ist ihm gegenüber auch weiterhin oftmals sehr distanziert. Doch scheinbar steckt da dennoch etwas in ihm, dass für Peter spricht und das berührt den Brünetten doch ziemlich. Allerdings finden die Polizisten das nicht so toll. „Misch dich gefälligst nicht ein, du ärmlicher Hilfsarbeiter!“, kommentiert einer der Beamten. „Hey, das reicht jetzt aber wirklich!“, meldet sich nun Ray zu Wort. Kichernd mustern ihn die Polizisten. „Hast du was zu sagen, Pummelchen? Dann nur immer raus damit!“ Doch dem Mechaniker bleiben alle Worte im Hals stecken, so hat ihn schon lange niemand mehr genannt – erst recht, da man ihm sein leichtes Übergewicht kaum noch ansieht -, doch es tut immer noch weh. Also senkt er betroffen den Kopf und schweigt. „Wusste ich es doch. Nur eine große Klappe, sonst könnt ihr nichts! Was ist mit dir, Brillenschlange? Irgendwas zu sagen?“ Es ist nicht zu übersehen, wie unwohl sich Egon in mitten dieser Diskussion fühlt und das er genau abwägt, was er dem entgegenbringen kann, ohne es wohlmöglich noch schlimmer zu machen. „Ihr Verhalten ist äußerst unangebracht, meine Herren und zudem verstößt es gegen die geltenden Vorschriften in so einem Fahrzeug. Von daher würde ich es begrüßen, wenn Sie ihren Dienst ordnungsgemäß ausführen würden und meine Kollegen in Frieden lassen könnten.“, erwidert der Tüftler trocken. Die Beamten blicken sich nur an. „Sag mal, will der uns gerade erklären, wie wir unseren Job zu machen haben?“, fragt der eine die beiden anderen. Ehe einer von ihnen antworten kann, dringt die Stimme des Fahrers über Lautsprecher nach hinten. „Ich schätze mal, das will er und damit hat er auch recht! Ihr kennt die verdammten Vorschriften, also haltet jetzt endlich die Klappe und zwar alle sieben! Das ist ja nicht zum Aushalten! – Sollte ich noch einen Mucks von irgendwem da hinten hören, der nicht gefragt ist, dann drücke ich auf den Knopf und ihr macht ein Nickerchen, bis wir da sind, verstanden?“ Die Geisterjäger wissen zwar nicht, was für ein Knopf der Fahrer genau meint, dennoch können sie es sich denken. Der Reaktion der drei Beamten nach zu urteilen, wird es sich dabei wohl um eine Art Betäubungsgas handeln, das in äußersten Notfällen im hinteren Teil des Wagens freigesetzt werden kann, um einer ernsthaften Situation entgegenzuwirken. Schlagartig herrscht Schweigen in dem Transporter und es hält sich erstaunlicherweise sogar bis nach Colorado. Dieser Miesere sind die Jungs also noch mal entkommen, doch das hat jetzt allem Anschein nach ein Ende. Als sie aus dem Transporter aussteigen, stehen sie vor einer hohen Mauer, die mit Stacheldraht gekrönt ist. An verschiedenen Punkten sieht man Kameras über die Umzäunung spähen. Ein schweres Tor scheint der einzige Zugang zu sein. Langsam öffnet es sich und ein Mann mit rasiertem Kopf und Uniform tritt heraus. Er wirkt kaum älter als die Geisterjäger selbst und dennoch strahlt er eine so große Dominanz aus, dass es schier unmöglich anmutet, sich seinen Worten zu widersetzen. Seine schweren Stiefel schlagen auf den Asphalt wie leiser Donner und als er vor der kleinen Truppe zum Stehen kommt, salutiert er so steif, dass es eher einem Roboter gleichkommt, als einem Menschen. „Ich habe Sie bereits erwartet, Deputys. Das sind also die aufmüpfigen Burschen, denen ich den Kopf ein bisschen geraderücken soll?“ Die Polizisten scheinen nicht sonderlich angetan zu sein, von dem anderen Mann so untergeordnet bezeichnet zu werden, doch sie sagen nichts dazu. „Jawohl, Oberst. Das sind die ach so berühmten Ghostbusters. Viel Vergnügen mit ihnen…“, entgegnet der Fahrer nüchtern und dann entfernen sich die Beamten wieder und treten die Heimreise an. Währenddessen umrundet der Oberst die vier Jungs langsam und mustert sie von allen Seiten. „Soso, die Ghostbusters, ja? Ich habe schon einiges von euch Spinnern gehört, doch das wird euren Aufenthalt hier ganz sicher nicht angenehmer machen. Ich weiß genau, wie ich mit so aufmüpfigen Rabauken wie euch umgehen muss und der Bürgermeister lässt ein hübsches Sümmchen springen, um euch ordentlich den Kopf waschen zu lassen. Also lasst uns keine Zeit verlieren! Ich bin Oberst Marcel Olin und wenn ich pfeife, habt ihr brav zu hüpfen, ihr Promenadenmischungen!“ Prüfend umrundet er die Geisterjäger ein weiteres Mal, dann zieht er ein kleines Notizbuch aus der Brusttasche seiner Uniform. „Venkman, das bist eindeutig du! Du siehst schon so nach Ärger aus, Junge!“, kommentiert er und weist dabei zielstrebig auf Peter, der das Ganze nur mit einem müden Schnauben erwidert. „Wusste ich es doch und Zeddmore bist auf jeden Fall du.“ Nun zeigt er auf Winston. Dieser nickt langsam und ist sich beim Tonfall des Mannes nicht sicher, ob er diese Tatsache jetzt herablassend meint oder nicht. „Ok, dann haben wir noch Stanz. Ray? - So hieß auch der Mechaniker unserer Kompanie, bei der ich meinen Dienst absolviert habe…“, er grinst und betrachtet die übrigen beiden Jungs. Der Rothaarige ist doch ein bisschen verblüfft über diesen Zufall, ist er selbst doch auch ein Mechaniker. Diese unbewusste Regung verrät Olin aber, wer von beiden Stanz ist. „Aha, habe ich es mir doch schon fast gedacht.“ Dann wendet er sich dem Tüftler zu. „Dann bleibt ja nur noch Spengler. Was dann wohl du sein musst, Professor Schlauberger.“ Egon erwidert nichts dazu, hält seinem Blick aber ungetrübt stand. „Schön, dass kann man sich ja alles gut merken und jetzt ab mit euch! Ersetzen wir erstmal diese selten dämlichen Overalls gegen vernünftige Sachen und dann erwarten euch noch jede Menge Vorschriften, Jungs!“, beendet Marcel seine Ansage und drängt die vier durch das Tor, das mit einem quietschenden Krachen ins Schloss zurückfällt, als wolle es die Endgültigkeit der bekannten Welt verkünden und irgendwie ist es ja auch so… Die ganze Situation kann kaum noch schlimmer werden, so denken die vier zumindest, als sie gegen Ein Uhr morgens endlich ihre Köpfe ins Kissen fallen lassen dürfen. Der Schlaf überkommt sie mit solch einer Heftigkeit, wie schon seit langem nicht mehr. Reißt sie mit in schwärzeste Untiefen, aus denen sie freiwillig so bald nicht wieder emporsteigen wollen. Also graben sie sich noch tiefer ein und blenden alles und jeden um sich herum aus. Das klappt auch ganz wunderbar, trotz der unbequemen Feldbette, obwohl keiner von ihnen gedacht hätte, unter diesen Umständen überhaupt ein Auge zu machen zu können. Doch die Erschöpfung fordert ihren Tribut. Allerdings wärt der Frieden nicht lange. Um vier Uhr an diesem düsteren Oktobermorgen, - fast auf den Tag genau vier Jahre nach der Gründung der Ghostbusters -, beginnt eine Sirene ohrenbetäubend laut zu schrillen. Wie von einer Hornisse gestochen schrecken die Jungs auf und realisieren nur kurze Zeit später, dass es sich dabei nicht um ihre Einsatzglocke handelt. Diese Tatsache ergreift sie fast so plötzlich wie der Schlaf und sie sinken erschöpft zurück ins Kissen. Murrend ziehen sie sich die Decke über den Kopf und schlafen trotz des anhaltenden Lärms wieder ein. Zum ersten Mal, seit sie zueinandergefunden haben, beginnen Ray, Winston und Egon zu verstehen, warum es Peter oftmals so schwerfällt aus dem Bett zu kommen. Das Jaulen der Sirene nimmt nicht ab, stattdessen flammt plötzlich Licht in der Baracke auf, in der sie schlafen. Dies animiert die Geisterjäger nur noch mehr dazu, sich kindlich unter ihren Decken zu verkriechen, so wie es sonst nur Venkman sein Eigen nennen kann. Um sie herum setzt Bewegung ein. Die Teenager, die dazu verdonnert sind, hier wieder Anstand und Ordnung in ihr Leben zu bringen, schälen sich aus ihren Betten und beginnen sich anzuziehen. Sie kennen die morgendlichen Rituale nur zu gut und wissen, was alles von ihnen verlangt wird. Dennoch lassen sie es sich nicht nehmen, einen Blick zu den vier Erwachsenen zu werfen, mit denen sie den Raum teilen. Eingerollt wie ein paar Raupen, die sich versuchen zu verpuppen, geben diese selbsternannten Retter der Stadt wirklich ein urkomisches Bild ab. So dauert es auch nicht lange, bis das Lachen der Halbstarken die Sirene zu übertönen beginnt. Ein weiteres Mal gelingt es den Unfreiwilligen das Szenario zu ignorieren und Schlaf zu suchen. Aber auch das hält nicht lange an. Die Teenies sind noch immer am Lachen und Feixen, als sich die Tür öffnet und Oberst Olin herein spaziert kommt. Schlagartig verstummt das pubertierende Gelächter und die Jungen stehen fertig angezogen neben ihren Betten stramm, gleich Soldaten bei einer Kriegsübung. Aufmerksam mustert Marcel seine Truppe, weist sie auf Fehler hin und nähert sich dabei weiter dem Ende des Raumes, wo die Geisterjäger noch immer versuchen Schlaf zu finden. Mit erhobener Augenbraue begutachtet der Truppenführer die vier zusammengerollten Haufen Stoff, während hinter ihm verhalten das Gelächter seiner Zöglinge wieder einsetzt. „Marsch, marsch aus den Betten, ihr Waschlappen! Ihr habt noch genug Zeit zum Schlafen, wenn der Feind euch eine Kugel in den Schädel gejagt hat!“, tönt der Oberst mit lauter Stimme und löst damit die kreischende Sirene ab, die gnädiger Weise endlich verstummt. Es dauert einen Moment, ehe die vier überhaupt realisieren, dass sie damit gemeint sind. Winston begreift es als Erster, weil er so etwas ja schon mal durchgemacht hat, auch wenn er in diesem Moment regelrecht erschlagen wird von schlechten Erinnerungen daran. Langsam schiebt er den Kopf unter der Decke hervor und blickt zu Marcel hinauf. „Zeddmore, gut geschlafen?“, fragt Olin sarkastisch. „Nein, Sir…“, entgegnet ihm der Schwarzhaarige wahrheitsgemäß. „Fein! Anders sollte es auch gar nicht sein. Aber vielleicht könntest du deinen Kollegen mitteilen, dass das eben keine Kirchenglocke war, sondern der Weckruf?“ Seine Stimme duldet keine Widerworte und Winston ist auch gar nicht in der Verfassung dazu, sich welche auszudenken. Daher nickt er nur stumm und pellt sich aus seiner Decke. Nach und nach lockt er die drei anderen aus dem Bett, auch wenn es nicht so leicht ist. Doch schließlich stehen sie alle mehr oder weniger aufrecht neben ihren Betten – vier junge Männer, nur mit Shorts bekleidet und so kleinen Augen, dass es schon schwerfällt herauszufinden, ob sie im Stehen schlafen oder nicht. Argwöhnisch mustert Olin sie und schickt dann die Teenies raus zum Aufwärmen. „Ok, ihr Schnarchnasen. Wenn die Sirene ertönt, heißt das augenblicklich aufstehen und fertigmachen, ist das klar?“ „Schon klar, kennen wir. Aber wie wär´s erstmal mit einem Kaffee?“, fragt Peter gähnend und ist schon in Begriff sich wieder hinzusetzen. „Du machst mir wirklich Spaß, Venkman. Falls es dir noch nicht aufgefallen ist, dass hier ist eine Besserungseinrichtung für Jugendliche und kein Sommerlager für neureiche Idioten. Das Stärkste, was es hier gibt ist Milch und nicht mal die werdet ihr bekommen, wenn ihr nicht in zwei Minuten angezogen draußen auf dem Schotterplatz steht!“ „Ich will sofort den Heimleiter sprechen! Das stand so nicht in der Broschüre…“, mault der Brünette und kassiert auch gleich einen Knuff von Ray. „Lass das, Peter…“ Der Angesprochene gibt ein Schnauben von sich. „Man wird doch wohl noch seine Meinung sagen dürfen…“ „Kannst du, aber dann wirst du mit den Konsequenzen rechnen müssen. Und falls dich das nicht umstimmt, solltest du vielleicht wissen, dass ihr vier eine Einheit seid, wie im wahren Leben. Was du verbockst oder verweigerst, müssen deine Kollegen ebenfalls ausbaden und das nicht zu knapp! Also denk lieber erst nach, bevor du wieder den Mund aufmachst und jetzt Bewegung!“, harscht Marcel sie an und wendet sich zum Gehen. An der Tür dreht er sich noch einmal um. „Zwei Minuten und keine Sekunde länger!“ Die Tür ist kaum ins Schloss gefallen, da überrascht Egon seine Mitstreiter. Bockig anmutend streckt er die Zunge Richtung Ausgang und putzt sich dann verkrampft die Brille. Irritiert sehen ihn die anderen an. „Da gibt es rein gar nichts zu gucken, meine Herren. Man versucht uns auf ein möglichst niedriges Niveau herabzustufen und uns irgendwo hineinzuzwängen, wo wir nichts verloren haben. Zumal dieses Strafmaß an Lächerlichkeit kaum noch zu überbieten ist. Somit muss sich keiner wundern, wenn Peter nicht der Einzige ist, der auf die Barrikaden geht. Seht es einfach als unwillkürliche Schockreaktion meines unterforderten und müden Intellekts…“, erwidert der Tüftler überraschend trotzig. Da können sich die drei ein Lachen gar nicht verkneifen. „Ich hab ja schon immer gewusst, dass du irgendwann überschnappen wirst, Egon. Aber wenn sich das so äußert, muss ihr mir ja keine Gedanken machen, dass du Amok läufst und Leute mit deinem Mikroskop erschlägst.“, grinst Venkman, was erneutes Gelächter auslöst. „Wie soll ich das bitte verstehen?“, fragt der Blonde verwundert. „Vergiss es. Machen wir uns lieber fertig, bevor es richtig Ärger gibt…“, mahnt Winston sie schließlich. Der Schotterplatz ist eine große Freifläche, in deren Mitte Gras wächst, ähnlich wie auf einem Sportplatz. Grelle Scheinwerfer umrunden das Areal und lassen das Ganze fast wie ein Baseballstadion aussehen, wenn nicht die Zuschauertribüne fehlen würde. Statt ihrer gibt es nur eine hohe Mauer mit Stacheldraht und Kameras. Müde versammeln sich die Jungs auf dem Platz, auf dem die Teenies schon einige Aufwärmübungen machen. Marcel steht vor ihnen mit Trillerpfeife und Stoppuhr. Als die Geisterjäger auftauchen, blickt der Oberst mahnend auf seine Stoppuhr und verzieht dann das Gesicht. „Da habt ihr gerade noch mal Glück gehabt…“, gibt er missgünstig zu. „Doch mal sehen, was ihr davon haltet…“ Schrill ertönt seine Pfeife und die von Weg abgekommenen Jungs setzen sich in Bewegung, joggen den ausgetretenen Weg um den Schotterplatz entlang. Einen Moment verweilen die Ghostbusters noch unbeholfen. „Bewegt euch, ihr Nichtsnutze, sonst gibt´s kein Frühstück!“, harscht Olin sie an. Widerwillig verfallen die vier in einen trägen Trap. Runde um Runde kreisen sie um den Platz und fragen sich zunehmend, wie lange das Ganze noch dauern soll. Die Teenager scheinen von alledem wenig beeindruckt, sind sie es doch gewöhnt, jeden Tag diese Prozedur über sich ergehen lassen zu müssen. Daher fangen sie schnell wieder an, sich über die vier lustig zu machen. Lachend rennen sie an den Geisterjägern vorbei und nicht selten fallen dabei Worte, die das Tempo und die Ausdauer der jungen Männer herabwürdigen. Die Ghostbusters nehmen es halbwegs gelassen. Wenn es drauf ankommt, können sie ziemlich flott sein, um Geister und anderem Unheil zu entkommen, doch ihre Kondition hält sich eher in Grenzen, weshalb es einem Trauerspiel gleichkommt, je länger der Frühsport anhält. Es vergehen fast zwei Stunden, ehe Olin pfeift und der Qual aller ein Ende setzt. Die vier Helden können kaum noch geradeaus laufen und stützen sich gegenseitig wie ein paar Betrunkene nach einer langen Nacht, als sie langsam und stöhnend zum Hauptgebäude schlurfen. „Ganz ehrlich, Jungs. Wenn wir das hier überleben, werde ich mich nie wieder darüber beschweren, wie anstrengend ich etwas finde…“, keucht Peter. Die anderen antworten ihm nicht, sondern versuchen sich nur irgendwie aufrecht zu halten. „War das nicht eine hübsche, kleine Aufwärmrunde?“, neckt sie Marcel, als sie endlich die Tür erreichen. Sie sehen ihn nur ausdruckslos an, allerdings antworten ihre Mägen laut knurrend für sie. „Nach so einer schlappen Nummer eben, habt ihr eigentlich gar kein Frühstück verdient, aber ich will mal nicht so sein. Also rein mit euch!“ In Anbetracht dessen, was sie nun vorgesetzt bekommen, hätten die vier wahrscheinlich freiwillig aufs Frühstück verzichtet, zumal alle anderen etwas Besseres zu essen bekommen. Mit gerümpfter Nase starrt Venkman auf die Schale vor sich. Was sich dort drinnen befindet, lässt sich kaum als irgendetwas Irdisches identifizieren. Es ist schlichtweg eine völlig undefinierbare und konsistenzlose, graubraune Masse. „Was in aller Welt ist das?“, fragt er seine Kollegen schließlich, die ebenfalls aussehen, als hätten sie einen verwesenden Kadaver vor sich, als etwas Essbares. Vorsichtig stippt Winston mit dem Löffel in die Masse und verzieht das Gesicht. „Es hat entfernt Ähnlichkeit mit dem Haferschleim, den man uns im Waisenhaus vorgesetzt hat…“, kommentiert er und legt den Löffel wieder hin. Ray ist schon einen Schritt weiter und schiebt sich etwas davon in den Mund. Er beginnt sich angewidert zu schütteln und nur mit aller größter Mühe gelingt es ihm sich nicht zu übergeben. „Oh Himmel, ich könnte nicht mal sagen, wonach es schmeckt, selbst wenn mir jemand eine geladene Pistole an den Kopf hält…“, kommt es kläglich von ihm. „Also, wenn selbst Ray das Zeug nicht runter bekommt, dann kann es nicht für Menschen bestimmt sein…“, erwidert der Brünette. Doch obwohl es scherzhaft klingt, könnte er es nicht ernster formulieren. „Sag mal, Egon? Schmeckt dir das Zeug etwa so gut, dass du dir noch etwas für später aufhebst…?“, fragt Winston zweifelnd, während er mit ansieht, wie der Tüftler ein kleines Gläschen – wie auch immer er es geschafft hat, dieses bei sich zu haben – aus seiner Uniform zieht und etwas von dem Zeug hineinlöffelt. „Gewiss nicht! Nicht einmal meine Mutter könnte mich dazu bringen, dass auch nur in die Nähe meines Gaumens zu lassen. Aber ich denke, ich habe da einen interessanten Schimmelpilz entdeckt, den ich gern untersuchen würde, wenn wir wieder zu Hause sind…“, entgegnet ihm der Blonde seelenruhig. Die drei anderen sehen sich nur entgeistert an und schieben ihre Schalen von sich weg. Nach diesem nervenaufreibenden Frühstück geht es wieder hinaus auf den Schotterplatz. Weitere endlose Stunden Sport stehen auf dem Plan. Laufen, klettern, sprinten, kriechen und was nicht noch alles. Der Bauarbeiter kommt sich wirklich wieder so vor wie beim Militär, lediglich das zu geringe Alter ihrer lachenden Mitstreiter zerstört diese Tatsache, ansonsten gibt es wirklich keinerlei Unterschied. Das Ganze zieht sich bis zum Mittagessen hin und erneut müssen die Jungs feststellen, dass die Teenies etwas Besseres zu essen bekommen, als sie selbst. Zwar hat der Schleim diesmal eine eher gelbliche Farbe und erinnert entfernt an Kartoffelbrei, dennoch schmeckt er genauso undefinierbar wie das Frühstück. Von daher ist es kaum verwunderlich, dass die vier ein weiteres Mal hungrig abziehen und das zerrt ziemlich an ihren Kräften. Nach dieser unheimlich reichhaltigen Mahlzeit geht es erneut nach draußen zum Sport. Langsam beginnen sich die vier ernsthaft zu fragen, ob es heute auch noch etwas anderes für sie geben wird, als Schleim und körperliche Ertüchtigung. Als sie diese Frage an Marcel richten, grinst dieser nur breit. „Ratet doch mal!“, ist seine einzige Antwort und sie tötet sämtliche Hoffnungen der Jungs. Zum Abendessen ist der Schleim schließlich grün und erinnert die vier so sehr an Ektoplasma, dass keiner freiwillig davon kostet. Mit knurrendem Magen und am Ende aller Kräfte betreten sie wieder den Schotterplatz und das alles nimmt erst ein Ende, als es um Ein Uhr morgens endlich heißt ab ins Bett, nur um drei Stunden später wieder herausgerissen zu werden, damit alles von vorne beginnt. Ganze drei Wochen sind seitdem vergehen. Die Geisterjäger - einst so stolz und immer gern zu einem flotten Spruch aufgelegt - sind nur noch ein Schatten ihrer selbst. Abgemagert und kaum noch in der Lage gerade zu stehen, mit so dunklen Augenringen, dass es schon wirkt, als wären sie für ein Theaterstück geschminkt. Zwar gab es für sie zwischendurch auch mal etwas anderes zu essen, als undefinierbaren Schleim, aber wirklich viel gebracht hat es nicht – außer vielleicht Egon, der inzwischen ein gutes Dutzend weiterer Schimmelpilze für seine Sammlung zusammen hat. Mal abgesehen davon, kann man also sagen, dass diese Bestrafung tatsächlich erhebliche Spuren bei den jungen Männern hinterlassen hat. Dies müsste den Bürgermeister eigentlich ziemlich freuen, doch im Augenblick hat er ganz andere Sorgen, die ihn an seiner Entscheidung zum wiederholten Mal zweifeln lässt. Verkrampft sitzt er im Auto neben Janine, die das Gaspedal erschreckend weit hinuntergedrückt hat. Die Landschaft fliegt nur so vorbei und hätte Koch nicht schon allen Grund zur Angst, hätte er jetzt definitiv welche. Die Sekretärin starrt stur auf die Straße und würdig ihn keines Blickes. Das kann ihm nur recht sein, hat sie ihm doch schon genug an den Kopf geworfen, das selbst Venkman dagegen harmlos erscheint… Mit quietschenden Reifen hält Ecto-1 schließlich vor dem Westmister Operation Camp. Das Mittagessen der Kompanie ist gerade zu Ende gegangen und alle sind wieder auf dem Weg zum Schotterplatz, als auf einmal die Sirene des Einsatzwagens ertönt und die bedrückende Stille zerreißt wie ein scharfgeschliffenes Messer. Alle Augen wenden sich zum großen Tor. Die Geisterjäger trauen weder ihren Ohren, noch ihren Augen, doch dort draußen steht wahrhaftig ihr Ecto! Mit Sirene und Blaulicht wirkt er erschreckend bedrohlich in dieser Ödnis und dennoch bildet er für die Jungs den schönsten Anblick, den man sich nur vorstellen kann. Janine steigt auf der Fahrerseite aus und auf der anderen Seite der Bürgermeister? Die Verwirrung ist groß, dennoch verharren alle stumm auf ihren Plätzen. Nur Olin setzt sich in Bewegung und tritt finster dreinblickend ans Tor. Die toughe Rothaarige stellt sich ihm entgegen. „Öffnen Sie augenblicklich das Tor und geben mir meine Jungs zurück!“, fordert sie so nachdrücklich, dass selbst Marcel einen Moment überfordert ist. „Das ist leider nicht möglich, Madam. Sie haben ihre einjährige Strafe noch lange nicht abgesessen und Zivilisten ist der Zutritt strengstens verboten.“, entgegnet er ihr trocken. Wütend verschränkt sie die Arme vor der Brust und starrt ihn finster an. Dann wendet sie den Blick nach hinten zu Edward, der noch etwas verloren neben dem Auto steht. Langsam kommt er ans Tor. „Oberst, erfüllen Sie den Wunsch der jungen Dame.“, weist er den anderen Mann an. „Aber, Sir…?“ „Das ist ein Befehl, Olin!“, kommt es nachdrücklich von dem kleinen Mann. „Jawohl, Sir…“ Marcel ist anzusehen, dass er damit ein Problem hat, dennoch öffnet er das Tor. „Besuch für euch, ihr Spinner!“, ruft er dann den vieren zu, die einem Moment völlig überfordert auf das offene Tor starren, gleich einen Haufen Rehe, die tief im Wald ein Geräusch gehört haben und jetzt abwägen, ob sie fliehen müssen oder nicht. Dann rennen sie plötzlich los, als wäre der Teufel hinter ihnen her. Olin legt die Stirn in Falten, so hat er sie die ganze Zeit über nicht einmal laufen sehen, erst recht nicht, da sie ja nur noch ein Schatten ihrer Selbst sind. Überschwänglich fallen sie Janine in die Arme. „Oh Jungs, ihr habt mir so gefehlt…“, bringt sie mit bebender Stimme hervor, obwohl ihr kaum Luft zum Atmen bleibt, so sehr drücken sich die vier gegen sie. Ehe das Ganze noch in einem Meer von Tränen erstickt, räuspert sich der Bürgermeister verhalten hinter ihnen. Langsam trennen sich die fünf und Janine besieht sich ihre Jungs erst einmal richtig. Schockiert stellt sie fest, in was für einem miserablen Zustand sie sich befinden. Strafend wirft sie dem Oberst einen Blick zu und setzt zu einer Schimpftriade an. Doch so weit kommt sie gar nicht erst, als die vier ihr freudig einen Kuss auf die Wangen drücken. Mit roten Wangen blickt sie die jungen Männer vor sich an. „Du hast uns auch gefehlt!“, kommt es als kraftloser Chor von ihnen. Sanft lächelt sie und trennt sich dann endgültig von ihnen. „So, Bürgermeister. Sie haben das Wort, wenn ich bitten darf!“, harscht sie den kleinen Mann an. Dieser sieht sich mehr als unbehaglich um. So viele Leute, die sehen können, wie seine Autorität von dieser Furie untergraben wird, schrecklich… Verhalten räuspert er sich erneut. „Nun, meine Herren. Ich denke, ihr habt eure Strafe abgesessen und von daher entbinde ich Oberst Olin mit sofortiger Wirkung von seiner Aufgabe.“ Fassungslos sieht Marcel ihn an. „Das können Sie doch aber nicht ernst meinen?“ Grinsend tritt Peter an ihn heran. „Glaub es ruhig, Olin! Ab jetzt kannst du uns mal kreuzweise!“ Grob packt der Oberst Peter und drückt ihn gegen das Tor. „Glaub mir, Venkman. Ich würde nichts lieber tun, als dir dein vorlautes Mundwerk zu stopfen!“, knurrt er ihm ins Ohr. „Ach ja? Du bist aber nicht mein Typ und niemand geht mir ungestraft an den Arsch! Also verpiss dich, verflucht!“, entgegnet ihm der Brünette gehässig und tritt ihm kräftig auf den Fuß. Erschrocken weicht Olin zurück und wird nun seinerseits von Peter überrumpelt. Diesem gelingt es erstaunlich kraftvoll, den viel stärkeren Mann zu Boden zu ringen und ihn dort vor der versammelten Truppe festzuhalten. Ein überraschter Laut geht durch die Reihen der Teenager, die den Oberst bis dahin immer für nahezu unantastbar gehalten haben. „Jetzt ist Schluss hier mit dem Mist! Du hast keine Gewalt mehr über uns! Und du kannst mir glauben, auf diesen Moment habe ich drei Wochen sehnlichst gewartet! Nur schade, dass ich nichts von dem verfluchten Schleim habe, den du uns hast vorsetzen lassen, während du die dicken Steaks gefuttert hast, du Arschloch!“, raunt Venkman ihm nun seinerseits ins Ohr, jedoch so laut, dass es auch alle anderen hören können. Schließlich entfernt er sich wieder von dem Oberst und gesellt sich zu seinen Kollegen. Diese sind ausnahmsweise mal völlig auf seiner Seite, ihnen fehlt nur das nötige Temperament zu so einer Nummer, auch wenn es sich Winston nicht hätte nehmen lassen, etwas Ähnliches zu versuchen, wenn Marcel ihn so angegangen hätte. Vollkommen perplex starrt Olin zu den Geisterjägern auf. Dann erhebt er sich und verschwindet tonlos. Laut schlägt das Tor hinter ihm ins Schloss und dann dringt seine zornige Stimme hindurch, wie er die Teenager zur Schnecke macht. Nach dieser schlappen Nummer ist allerdings fraglich, ob sie sich seine Methoden noch gefallen lassen oder nicht. Zweifelnd mustert Bürgermeister Koch die Geisterjäger. Peters Ausbruch hat ihm mal wieder deutlich gemacht, dass es wohl nichts auf der Welt zu geben scheint, was diesen vier Burschen Einhalt gebieten kann, was beim schlechten Zustand der jungen Männer ein echtes Wunder ist. Dennoch kann er sie nicht länger hierlassen, so sehr es ihm auch widerstrebt. „Was bewegt Sie zu diesem plötzlichen Sinneswandel, Bürgermeister?“, fragt Ray schließlich. Tief seufzt der kleine Mann. „Ich hatte zwar gehofft, dass euch der Aufenthalt hier etwas Vernunft beibringen würde, doch das scheint wohl nicht funktioniert zu haben. Allerdings bezweifle ich mittlerweile, dass es überhaupt etwas gibt, dass euch in Zaum halten kann. Doch wohlmöglich braucht ihr euren Irrsinn und euer Temperament, damit es euch überhaupt möglich ist, so eine Arbeit zu verrichten, ohne vollkommen wahnsinnig zu werden. – Allerdings hatte ich es auch nie für möglich gehalten, mal dieselben Gedanken wie ihr zu haben…“ „Soll das etwa heißen, Sie glauben jetzt an Geister, obwohl wir ihre Existenz praktisch drei Mal die Woche bewiesen und in allen Nachrichten gezeigt haben?“, hakt Winston nach. „So könnte man es wohl ausdrücken, ja. – Was mich zum eigentlichen Grund meines Besuches und eurer Freilassung bringt. Mal abgesehen davon, dass eure reizende Sekretärin mich mehr als deutlich aufgeklärt hat…“, unwohl wirft er Janine einen Blick zu, die nur stur die Nase rümpft. „Sie ist ein echter Schatz und ohne sie wären wir definitiv heillos verloren!“, entkommt es Venkman völlig ernst und keck zwinkert er der Rothaarigen zu, die sich in seiner Gegenwart noch nie so geschmeichelt gefühlt hat. „Nun, Bürgermeister. Die nachdrückliche Überzeugungskraft unserer Sekretärin wird Sie doch wohl nicht wirklich einzig und allein dazu bewegt haben, uns freizusprechen, auch wenn ich durchaus zugeben kann, dass ich es ihr zutrauen würde.“, entgegnet Egon, woraufhin Janine langsam rot anläuft und ihm ein dankendes Lächeln zuwirft. „Da hast du allerdings recht, Spengler. Der wahre Grund liegt darin, dass ich seit einigen Tagen von einem schrecklichen Wesen heimgesucht werde und ihr vier die Einzigen seid, die mich davon befreien könnt. Und Miss Melnitz hat mir deutlich gemacht, dass dies nur möglich ist, wenn ich euch wieder eurer Arbeit nachgehen lasse und über meinen Schatten springe. Und hier bin ich nun und hoffe, dass ihr mir helfen könnt.“, reumütig blickt sie der Bürgermeister an. „Oh, wir könnten Ihnen durchaus helfen, aber nur unter einer Bedingung! Gehen Sie auf die Knie und betteln um Vergebung, so wie Sie es sich von mir gewünscht haben!“, höhnt Peter gehässig. Zornig blickt ihn der kleine Mann an. „Das werde ich auf keinen Fall tun, Venkman! Überbeansprucht eure neu gewonnene Freiheit nicht gleich wieder! Allerdings werde ich euch ein sehr großzügiges Honorar zahlen, das ich schon mit Miss Melnitz abgeklärt habe und ich werde in Zukunft auf die Kontrollen und dergleichen verzichten und euch eure Arbeit machen lassen, sofern sich die Zerstörung etwas in Grenzen hält.“, entgegnet Koch. „Na, schön. Das klingt fair.“, meint Raymond und blickt in die Runde. Peter scheint zwar etwas enttäuscht, aber er sagt nichts mehr dagegen. Dann öffnet Janine die Ladefläche Ectos. „Ich habe euch eure Ausrüstung mitgebracht und neue Overalls. Ich muss sagen, in diesen Militäruniformen seht ihr wirklich schlimm aus…“ „Wem sagst du das? Grün war noch nie meine Farbe.“, meint Peter augenrollend. „Können wir vielleicht unterwegs irgendwo anhalten und was essen?“, fragt der Mechaniker dann leise. Janine lächelt nur mitfühlend, auch wenn sie sich das alles weit weniger schlimm vorgestellt hat. „Nicht nötig. Auf der Rückbank liegt Pizza für euch! Also alles einsteigen, ich fahre!“, flötet sie fröhlich und nichts würden die vier jetzt lieber tun. Pappsatt und endlich wieder etwas bei Kräften erreichen die Ghostbusters das Haus des Bürgermeisters. Angespannt betreten sie die Räumlichkeiten und blicken sich um. Das ganze Gebäude gleicht einem Schlachtfeld. Überall liegen Sachen verstreut, Möbel sind beschädigt und vieles mehr. Es wirkt, als wäre eine ganze Schar von Einbrechern hier durchgegangen und hätten doch nicht gefunden, was sie gesucht haben. „Meine Güte, er behauptet immer, wir würden ein Chaos hinterlassen, aber schaut euch das nur mal an…“, kommentiert Ray überrascht. „Der Geist kann ihn wahrscheinlich genauso gut leiden wie wir.“, meint Winston schulterzuckend. Langsam tasten sie sich voran, folgen dem stetigen Piepsen des PKE-Geräts. Einer Eingebung folgend bliebt Egon plötzlich stehen und kurz darauf schlägt die Nadel ruckartig in den roten Bereich aus. Den Bruchteil einer Sekunde später ertönt ein tiefes, wütendes Schnauben. Irritiert bleiben die vier stehen, irgendwie hat dieser Laut etwas Vertrautes. „Klang das gerade wie ein aufgebrachter Ochse oder irre ich mich da?“, fragt Peter. „Ein Stier.“, hält Egon dagegen und blickt um die Ecke. „Das ist doch egal.“ „Nein, ich meine, bei dem Wesen handelt es sich um einen Stier.“, erklärt der Tüftler nachdrücklich und dann rennt die Bestie auch schon über den Flur an ihnen vorbei. Erschrocken drücken sich die vier wieder um die Ecke, um nicht von ihm gesehen zu werden. „Der rote Stier…“, kommt es atemlos von Raymond. „Sag mal, bist du jetzt farbenblind geworden? Der war doch eindeutig blau!“, pikiert sich der Brünette. „Das habe ich ja auch nicht gemeint. Er erinnert mich an den roten Stier des letzten Einhorns.“ „Du meinst diesen Zeichentrickfilm, den wir zu Weihnachten gesehen haben?“, fragt Winston. „Ja, genau den. Er sieht doch ganz genauso aus, nur das er halt blau anstatt rot ist.“, stimmt der Mechaniker zu. „Wirklich ein sehr faszinierendes Wesen.“, gibt Egon von sich. Peter schnaubt nur abfällig. „Was hat dieser Stier gleich noch mal in dem Film gemacht?“, fragt er schließlich. „Er hat alle Einhörner der Welt ins Meer getrieben, damit sie nur dem König allein gehören.“, erklärt der Bauarbeiter. Venkman grinst wieder. „Stellt euch mal vor, der blaue Stier ist jetzt hier, um den Bürgermeister ein bisschen für uns herumzuschubsen!“ „Eine durchaus amüsante Vorstellung, doch das bezweifle ich stark.“, meint Egon. „Ja, das hat Janine scheinbar schon gemacht.“, erinnert Ray schmunzelnd. Im nächsten Moment poltert den Flur runter etwas lautstark und der Stier gibt ein wütendes Schnauben von sich. „Allem Anschein nach ist er aber dennoch nicht gut auf den Bürgermeister zu sprechen…“, zuckt Winston unter dem nächsten Poltern zusammen. „Und wie sollen wir ihn besiegen? Wir sind ja schließlich keine Einhörner…“, fragt der Brünette. „Vermutlich kommt er aus der Unterwelt, so wie der Terrorhund damals, also müssen wir ihn nur dahin zurückschicken, falls wir den Durchgang finden…“, denkt der Tüftler nach. Also schleichen sich die Geisterjäger an dem Stier vorbei und beginnen mit der Suche nach dem Durchgang. Mit Hilfe ihrer PKE-Geräte suchen sie das große Haus ab, während das Untier weiterhin alles kurz und klein schlägt. Nach einer gefühlten Ewigkeit finden die vier sich wieder zusammen. „Und, was gefunden?“ Bedächtig schütteln sie alle den Kopf. „Vielleicht ja im Garten?“ So begeben sie sich nach draußen. Unbemerkt – was schon wirklich ein Wunder ist – folgt ihnen der blaue Stier. Vor der Garage parkt Ecto-1 und von dort aus beobachten Janine und der Bürgermeister auch die Bemühungen der Jungs. Erschrocken stellen die beiden fest, dass die Jungs von dem Stier verfolgt werden. Dabei wirkt das Tier aber genauso suchend wie die Geisterjäger, was das Ganze weit weniger gefährlich anmuten lässt. Dann jedoch wendet sich der Stier plötzlich um, senkt den Kopf mit den riesigen Hörnern und rennt auf Ecto zu. Alarmiert reagieren die Jungs sofort und schießen auf ihn, bevor es zum Zusammenstoß kommt. Für einen Moment können sie ihn tatsächlich halten, dann reißt sich die Bestie los und setzt zu einem neuen Angriff an. Es gelingt Janine den Rückwärtsgang einzulegen und die Auffahrt hinabzufahren. Kurz vor der Straße erreicht sie der Stier wieder und stellt sich ihnen entgegen. „Janine! Drück auf den gelben Knopf neben dem Lenkrad!“, ruft Ray ihr über das Schnauben des Tiers hinweg zu. Die Sekretärin zögert keinen Moment, obwohl sie nicht weiß, was passieren wird, wenn die den Knopf drückt. Plötzlich richtet sich die Kanone auf Ectos Dach auf und nimmt den Stier ins Visier. Ein gebündelter Protonenstrahl schießt hervor und trifft das Wesen direkt zwischen den Augen. Mit einem Schmerzschrei weicht der Blaue zurück. Doch weit kommt er nicht, da nehmen ihn die Jungs schon wieder unter Beschuss. „Meinst du, wir können ihn irgendwie einfangen, Egon?“, brüllt Winston über den Lärm hinweg, den der wütende Stier macht. „Nein, ganz unmöglich. Er ist kein Geist!“ „Aber wir haben alles abgesucht und keinen Durchgang gefunden.“, wirft Peter ein. „Er hat sich vielleicht schon wieder geschlossen oder ist ganz wo anders.“, meint Ray. „Kann man dann nicht einfach einen anderen Durchgang öffnen, so wie damals, als wir da runter gestiegen sind?“, fragt der Bauarbeiter. Ray und Egon sehen sich abschätzend an, während sie gemeinsam versuchen den Stier in Schach zu halten. „Damals war das aber einfacher, da dort ja noch ein Durchgang war. Jetzt müssten wir uns erst einen geeigneten Platz suchen und dann ist dennoch fraglich, ob wir genug Energie dafür haben.“, mein Ray wenig hoffnungsvoll. „Wir haben doch noch ein Notfallpack im Auto. Janine könnte uns also helfen und ich denk mal nicht, dass es für den Bürgermeister so schwer sein wird, den verdammten gelben Knopf zu drücken, um den Stier im Augen zu behalten.“, kommt es von Peter. „Damit hätten wir durchaus eine nennenswerte Chance und ich denke, der Pool wäre ein gutes Trägermedium.“, kommt es schließlich von Egon. „Der Pool? Meinst du wegen der Leitfähigkeit des Wassers?“, hakt Winston nach. „So ist es. Nur so können für ein ausreichendes Kraftfeld aufbauen, ohne dass die Strahler überladen.“ Langsam ziehen sich die Jungs Richtung Pool zurück, ohne das Feuer zu unterbrechen. Peter löst sich jedoch von ihnen und wendet sich zu Ecto. Janine öffnet das Fenster auf der Fahrerseite, um mit ihm sprechen zu können. „Habt ihr eine Lösung gefunden?“ „Ja, aber dafür brauchen wir die Hilfe von euch beiden.“, gesteht Venkman. Die junge Frau wirkt entschlossen, auch wenn ihr nicht ganz wohl beim Anblick dieser Bestie ist. „Oh Gott…“, ist alles, was der Bürgermeister dazu sagen kann. Er wirkt bleich und kränklich, als würde er beim nächste Wort ohnmächtig werden. Peter ignoriert es, hofft aber, dass er Kerl dennoch zuhört und macht, was er sagt. „Ok, Janine. Schnapp dir das Pack von der Ladefläche und komm zu uns. Wir müssen einen Durchgang in die Unterwelt öffnen, um das Vieh loszuwerden. Bürgermeister? Springen Sie einmal über ihren Schatten und vertrauen Sie mir! Drücken Sie den gelben Knopf. Mehr nicht! Die Kanone richtet sich automatisch aus! Schaffen Sie das?“ „Ich weiß es nicht. Was ist, wenn es nicht funktioniert?“ „Es wird klappen, solange Sie auf den verdammten Knopf drücken und aufpassen, dass der Stier nicht abhaut. Wir brauchen ein paar Minuten.“ Unbehaglich blickt der kleine Mann aus dem Fenster zu dem Untier, das die Geisterjäger mit ihren seltsamen Strahlenwaffen in Schach halten. Dann entfernt sich Venkman von Auto und Janine steigt aus. Nervös rutscht Edward auf den Fahrersitz, während die junge Frau sich das Protonenpack umschnallt. Sie wirkt so entschlossen und sicher, als hätte sie das Ganze schon hundert Mal gemacht und dieser Gedanke beruhigt ihn irgendwie. Er kann ja nicht ahnen, dass das erst Janines zweiter Versuch ist. „Ok, Feuer einstellen! Jetzt der Knopf, Koch!“ Plötzlich ist der Stier wieder frei und hält auf Ecto zu. Zitternd starrt der Bürgermeister aus dem Fenster, doch dann besinnt er sich und drückt den gelben Knopf. Eine heiße Ladung Protonen schießt aus der Kanone über seinem Kopf und trifft den blauen Stier auf der Nase. Er hat es tatsächlich geschafft! Ermutigt betätigt er weiterhin den Knopf, während sich die fünf Geisterjäger um den Pool versammeln. Flink zieht Egon seinen Taschenrechner und tippt darauf herum. „Unter Berücksichtigung der Wassermenge und dem zusätzlichen Strahler, abzüglich des mittleren Chlorgehalts, bräuchten wir eine Frequenz von achtunddreißig Komma vier fünf Megahertz.“ „Oh, Mann. Das ist aber echt ganz schön viel…“, wirft Winston ein. „Ja, da vibrieren einem sämtliche Zahnfüllungen.“, bemerkt Peter unerfreut. „Brauchst du wieder Hilfe beim Einstellen?“, fragt ihn Ray. „Nee, ich schaff das schon. Hilf lieber Janine.“ Gesagt, getan. Ein paar Momente später laden die Strahler die erforderliche Energie auf und die fünf richten die Kanonen auf die glatte Oberfläche des Pools. Bevor er den Befehl gibt, sieht sich Venkman noch einmal nach dem Bürgermeister und dem Stier um. Noch scheint alles unter Kontrolle zu sein, dennoch ist das Vieh dem Wagen schon erschreckend nahegekommen. Lange wird der Beschuss also nicht mehr funktionieren. „Ok, Feuer frei!“ Schlagartig verwandelt sich die seidige Oberfläche des Wassers in ein wildes Tosen. Fontänen aus heißen Wasser und Dampf steigen auf und hüllen die Ghostbusters völlig ein. Langsam berühren die Strahlen den Grund des Pools, zerfetzen die Plane und den Stahl darunter. Blubbernd umspült das inzwischen kochende Wasser die hochenergetischen Strahlen und bildet schließlich einen Strudel. „Es funktioniert!“, gibt Egon von sich. Im Auge des Strudels taucht plötzlich ein Licht auf. Anfangs kaum sichtbar unter den grellen Protonenstrahlen, breitet es sich rasant aus, bis es schließlich den gesamten Pool eingenommen hat. Der Durchgang öffnet sich, gerade noch rechtzeitig, wie es scheint. Kaum ist er offen, ertönt hinter den fünf das wütende Schnauben des Stier, der sich aus dem Beschuss des Bürgermeisters befreit hat. Der gewaltige Kopf des Untiers rammt den Kühlergriff des Miller-Meteor und schüttelt den ganzen Wagen durch. Panik ergreift den kleinen Mann und er stürzt fluchtartig aus dem Auto. „Mist! Winston, ziel auf den Stier, schnell!“, harscht der Brünette ihn an. Der Bauarbeiter reißt seinen Strahler rum und feuert auf das blaue Untier. Krampfhaft versuchen die anderen währenddessen den Durchgang offen zu halten, was aber äußerst schwierig ist. Zum Glück reagiert der Stier augenblicklich auf den neuen Beschuss und wendet sich den Geisterjägern zu. „Ja, komm her, Blue Boy! Hier wartet ein Geschenk auf dich!“, höhnt der Schwarzhaarige. Der wildgewordene Stier schreit seine Wut zum Himmel hoch und rennt dann zum Angriff bereit auf die Ghostbusters zu. Diese haben sich inzwischen auf der anderen Seite des Pools versammelt, sodass das Wasser sie von der herannahenden Bestie trennt. Blindlinks stürmt der blaue Stier heran. Als seine Hufe die aufgewühlte, kochende Oberfläche des Wassers berühren, kehrt sich der Strudel auf einmal um. Ein heftiger Sog setzt ein, der unaufhaltsam an dem Tier zu zerren beginnt. „Feuer einstellen!“, ruft Egon. Als der Energienachschub unterbrochen wird, kollabiert der Durchgang zur Unterwelt endgültig. Mit einem schlürfenden Laut – als hätte man den größten Strohhalm der Welt vor sich – wird alles Wasser, samt Stier in den Durchgang gesaugt. Gluckernd und gurgelnd, als hätte man den Stöpsel in einer Badewanne gezogen, schließt sich der Durchgang wieder und nichts als ein hässliches, verkohltes Loch auf dem Grund des Pools bleibt mehr zurück. Der Stier ist verschwunden und mit ihm auch die meisten schlechten Gedanken des Bürgermeisters bezüglich der Ghostbusters! Kapitel 30: Ghost"R"Us ---------------------- All die Blessuren und die Demütigung dieser unschönen Erfahrung sind langsam Vergangenheit und formen sich allmählich zu einem grauen Schleier der Erinnerung. So kehrt der Alltag wieder ein und die Jungs konzentrieren sich auf ihre Arbeit – jetzt mit einem weit besseren Gefühl, wo sie nun freier agieren dürfen. Zudem neigt sich Kochs Amtszeit dem Ende zu und dann wird frischer Wind nach New York kommen. Allzu viele Sorgen machen sich die vier deswegen aber nicht. Edward hat ihnen schon versichert, dass er seinen Nachfolger strickt anweisen wird, die Ghostbusters in Frieden zu lassen und nur im äußersten Notfall zu strafrechtlichen Mitteln zu greifen. Also vermutlich also erstmal eine Sorge weniger, immerhin halten sie die Geister schon genug auf Trapp, da brauchen sie nicht auch noch die Lebenden, die ihnen dazwischenfunken. Und genau von so einem Geist wird die friedliche Ruhe dieses Vormittags nun gestört oder besser gesagt von dem Anrufer, der den Geist gesehen hat. Aufmerksam hört Janine dem aufgebrachten Mann zu, der ihr zu verdeutlichen versucht, dass sein Laden keine stinkende Farm ist. So ganz versteht die Rothaarige nicht, was er ihr damit sagen will, doch sie notiert es pflichtbewusst und betätigt dann die Einsatzglocke. Und schon ein paar Minuten später sitzen die Jungs im Wagen. „Wo geht‘s denn hin?“, fragt Ray, während er Ecto-1 auf die Hauptstraße zusteuern lässt. Winston neben ihm betrachtet den Zettel, den Janine ihm gegeben hat. „Nach Sunnyvale, Kalifornien. Dort soll sich ein Geist in einem Toys“R“Us-Laden herumtreiben…“ Plötzlich beginnen die Augen des Mechanikers zu leuchten. „Was, wirklich? Das ist ja Wahnsinn! Ob sie da schon die neue Actionfigur von Captain Steel haben?“ Peter gibt ein genervtes Stöhnen von sich. „Oh nein! Sag mir bitte nicht, dass das so ein Spielzeugladen ist – voll mit kreischenden Kindern? - Wie ätzend…“ Der Bauarbeiter lächelt nur frech. „Tja, Pech gehabt, Venkman!“, erwidert er und blickt dann schmunzelnd zu Ray hinüber. Der Rothaarige rutscht aufgeregt auf dem Sitz herum, wobei es einem Wunder gleichkommt, dass er sich so aufs Fahren konzentrieren kann. Raymonds kindliche Seite geht zwar besonders Egon oftmals auf die Nerven und auch Peter stößt da nicht selten an seine Grenzen, doch Winston findet seinen Freund in solchen Momenten eigentlich ziemlich niedlich. Durch seinen Aufenthalt im Waisenhaus hatte der Bauarbeiter nicht gerade eine schöne Kindheit, umso mehr fasziniert es ihn, wie Ray sich jetzt noch so benehmen kann, obwohl er seinen Kinderschuhen schon lange entwachsen ist. In seiner Nähe hat er manchmal selbst sogar wieder das Gefühl ein Kind sein und all das Versäumte mit ihm nachholen zu können. Der Tüftler wirkt auch nicht sonderlich begeistert von der Vorstellung, einen Geist im einem Spielwarengeschäft einfangen zu müssen, obwohl Winston ihn auch schon mal für ein zu großgeratenes Kind hält. Zwar sind Egons Spielsachen viel komplexer und gefährlicher, doch die Begeisterung ist mindestens dieselbe wie bei Ray und seinen Superhelden. Zudem kann der Blonde ziemlich kindlich werden, wenn er ins Bett soll, sich aber nicht von seiner Arbeit trennen kann. Nach einer langen Fahrt erreichen die Ghostbusters den beschaulichen Ort Sunnyvale und schnell finden sie auch das Spielwarengeschäft. Seine ganze Aufmachung wirkt sehr modern und neu, sodass es schon fast etwas fehl am Platz scheint. Doch, wenn man sieht wie viele Kinder in den Laden strömen oder von ihren überforderten Eltern schreiend daran vorbeigezogen werden, dann merkt man, dass das Geschäft hier doch ziemlich guten Umsatz zu machen scheint. Die Tatsache, dass sich scheinbar allerhand Leute dort drinnen aufhalten, wo doch ein Geist sein Unwesen treiben soll, veranlasst die Jungs schon etwas zur Sorge. Oder war das Ganze vielleicht nur ein Scherz und sie sind umsonst bis hier rausgefahren? Das gilt es also herauszufinden. Pflichtbewusst schultern die vier ihre Protonen-Packs und nähern sich dem Eingang. Als sich die automatischen Türen gehorsam öffnen, gleicht das Innere einem Tollhaus. Überall rennen kleine wie große Kinder herum, zerren ihre Eltern hinter sich her oder jagen sich gegenseitig laut schreiend durch die Gänge. Alles wirkt so, wie man es sich wohl am ehesten in so einem Geschäft vorstellen würde. Die Kinder sind ausgelassen, beäugen aufgeregt die endlos vielen Spielsachen, streiten sich um die besten Stücke oder heulen sich die Seele aus dem Leib, weil sie etwas nicht haben dürfen. Die Eltern wirken sichtlich fertig, aufgebracht oder sauer und versuchen ihren Nachwuchs irgendwie unter Kontrolle zu bringen. Die Mitarbeiter hingegen wirken bemüht ruhig oder sogar fröhlich, obwohl man ihnen ebenfalls ansieht, dass dies sicher kein leichter Job ist. Peter stöhnt wieder theatralisch und hat schon jetzt das Gefühl Kopfschmerzen zu bekommen. Gequält blickt er zu Egon hinüber, der auch nicht gerade erfreut wirkt. Eher so, als würde er jeden Augenblick die Flucht ergreifen wollen, weil das Ganze so heftig auf ihn einzuschlagen scheint, dass Ray dagegen völlig harmlos wirkt. Winston ist der Lärm zwar auch etwas zu viel, doch er sieht es weit lockerer als seine beiden Kollegen. Raymond hingegen scheint sich überhaupt nicht daran zu stören. Er wirkt so aufgekratzt und begeistert, als wäre er eines dieser Kinder und kann es kaum abwarten durch die Gänge zu flitzen und zu sehen, was er alles entdecken kann. So ist es auch nicht verwunderlich, dass er auch schon verschwindet, als er von weitem einen Aufsteller von Captain Steel erblickt. „Lauf nicht zu weit weg, Ray! Hörst du?“, ruft Winston ihm über den anhaltenden Lärm hinweg zu und fühlt sich dabei schon irgendwie ein bisschen wie ein Vater. Schmunzelnd blickt er dem Rothaarigen hinterher. „Den sehen wir nicht so schnell wieder…“, erwidert Peter augenrollend. Langsam treten die drei übrigen weiter in den Laden hinein und kämpfen sich zu einer Kasse vor. Von einem mehr als eingespannten Mitarbeiter erfahren sie dort, wo sie das Büro des Chefs finden, der bei ihnen angerufen haben soll. Zum Glück befindet es sich ganz in der Nähe des Kassenbereichs, sodass sie sich nicht erst durch den ganzen Laden kämpfen müssen. Als sie die Tür mit der Aufschrift ‚Nur für Personal‘ erreichen, blickt sich der Schwarzhaarige noch einmal um. Prüfend versucht er den Mechaniker auswendig zu machen, doch er kann ihn nicht mehr sehen. „Ich denke, Raymond ist hier draußen ganz gut aufgehoben.“, entgegnet ihm Egon. „Definitiv! Den bekommst du hier sowieso nicht mehr weg, ehe der Laden schließt, also vergiss es!“, kommt es schulterzuckend von Venkman. „Stimmt auch wieder…“, meint Winston nachsichtig und folgt den beiden durch die Tür. Im Korridor dahinter flammt automatisch Licht auf und als die Tür wieder ins Schloss fällt, verstummt der Lärm von draußen so plötzlich und nachhaltig, als wäre man auf einen Schlag taub geworden. Den dreien entkommt ein erleichtertes Seufzen, doch sie wissen, dass die Ruhe nicht lange anhalten wird. Langsam folgen sie dem Gang. Einige Türen zweigen davon ab. Toiletten, Teeküche, ein Besprechungsraum, ein Aktenlager, ein Büro für die Mitarbeiter und ganz am Ende das Büro des Chefs. Noch bevor Egon an die Tür klopfen kann, öffnet sich diese und ein hochgewachsener, ernst dreinblickender Mann steht ihnen gegenüber. „Was machen Sie denn hier? Dieser Bereich ist nur für Angestellte!“, versucht er ihnen klarzumachen. „Wir sind die Geisterjäger. Haben Sie uns gerufen, Mister Felson?“, fragt Peter. Etwas verwundert betrachtet Henry Felson die jungen Männer vor sich. „Ja, das habe ich. Aber ich dachte immer Sie seien zu viert?“, stellt er in den Raum und betrachtet argwöhnisch die schweren Waffen, die die Jungs bei sich tragen. „Stimmt auch, doch unser Kollege kontrolliert schon mal den Bestand im Laden.“, erwidert der Brünette mit einem leichten Grinsen. „Wie auch immer. Kommen Sie rein, dann reden wir.“ Und schon wendet sich der Ladenbesitzer wieder um und tritt durch die Tür. Auf dem Fuß folgen ihm die Ghostbusters in den überraschend großen Raum. Vor einem schweren Holztisch setzen sie sich, während Henry dahinter Platz nimmt. Mit einem leicht gequälten Ausdruck im Gesicht reibt er sich mit den Fingerspitzen die Schläfen und seufzt in einem genervten Tonfall. Langsam wendet er den Jungs den Blick zu. „Gut. Erst einmal danke, dass Sie so schnell hierhergekommen sind. Habe noch gar nicht mit Ihnen gerechnet.“ „Tja, wenn man eine Sirene hat, kommt man auch durch den dicksten Stau und der Laden war praktisch nicht zu übersehen. Aber, wenn es hier wirklich einen Geist gibt, warum sind dann die ganzen Leute noch hier?“, fragt Peter. Missmutig betrachtet Felson den Brünetten. „Der Laden hat erst vor einem Monat aufgemacht und ich kann mir in so einer kritischen Phase keine Einsatzeinbußen leisten und meistens verhält sich dieser Geist ziemlich friedlich.“ „Wenn Sie meistens sagen, heißt das dann, dass sich der Geist hier schon länger aufhält?“, will Winston wissen. „Ja, praktisch seid das Geschäft eröffnet hat. – Doch wie gesagt hat er sich eigentlich meist ruhig verhalten, sodass wir nichts gegen ihn unternommen haben. Er war einfach da. Viele der Kinder fanden ihn sogar sehr interessant und dachten, er wäre so eine Art lebendes Hologramm, um sie bei Laune zu halten. Einige Eltern haben sogar versucht Fotos zu machen und haben sich anschließend bei mir beschwert, dass das nicht funktionieren würde, obwohl der Geist doch deutlich zu sehen ist. Ich habe nur gemeint, das ist eine spezielle Technik, die sich nicht gut mit Kameras verträgt. Die Meisten haben mir das auch abgekauft…“, erwidert Henry schulterzuckend. „Nun, fast alle geisterhaften Erscheinungen bewegen sich in einem Zwischenbereich unserer Welt, die es ihnen erlaubt da zu sein und auch wieder nicht. Daher ist es so gut wie unmöglich einen echten Geist zu fotografieren. Das Ektoplasma, aus dem ihr Körper besteht, wirkt ähnlich wie eine Milchglasscheibe. Man kann zwar durchaus etwas dadurch erkennen, doch nichts Genaues. Und so ist es auch für die Kamera. Ein Geist erzeugt darin nur einen verschwommenen Fleck oder einen Lichtblitz.“, erklärt der Tüftler. „Wie dem auch sei. – Der Geist hat sich ab und an gezeigt und das war es. Doch in letzter Zeit scheint er nicht mehr besonders gut drauf zu sein. Er schimpft lautstark und schreit die Kunden an, versucht sie zu vertreiben, wie mir scheint. Und letzte Woche ist er sogar auf eines der Kinder losgegangen und hat es in ein Regal gestoßen! Ich habe gar nicht gewusst, dass so was möglich ist. – Naja, seitdem ist er auch nicht sonderlich friedlicher geworden, eher im Gegenteil. Zwar lassen wir den Laden geöffnet, doch wir haben den Bereich, indem er sich immer aufhält, abgesperrt. Allerdings sieht es nicht so aus, als würde er sich davon beeindrucken lassen. Er wird immer aggressiver. Doch die Kinder halten es immer noch für einen Trick und ärgern ihn zunehmend. Jetzt fürchten wir, dass er ausbrechen und diesmal jemanden ernsthaft verletzen könnte und daher habe ich Sie kommen lassen.“ „Jetzt mal von Geschäftsmann zu Geschäftsmann.“, setzt Venkman an und beugt sich mahnend über den Tisch. „Ich kann ja durchaus verstehen, dass Sie daraus einen Nutzen ziehen möchten und so noch mehr Kundschaft in Ihren Laden locken. Aber sind Sie denn völlig übergeschnappt? Ist Ihnen überhaupt klar, wie gefährlich so ein Geist werden kann, zumal er schon ein Kind angegriffen hat! Ein Kind, Herr Gott noch mal!“ Felson weicht seinem durchdringenden Blick aus und schweigt einen Moment. „Sie haben ja recht…“, gibt er schließlich zu. „Vergessen wir das Ganze. Erklären Sie uns lieber, was Sie unserer Sekretärin erzählt haben, dass ihr Laden keine stinkende Farm sei.“, wirft der Bauarbeiter ein und liest von Janines Notiz ab. „Naja, wissen Sie, immer wenn dieser Geist auftaucht, sieht alles in seiner Nähe wie eine Farm aus. Er steht in Arbeitskleidung auf einem halbdurchsichtigen Feld, das er umpflügt, dort irgendwas säht oder bewässert. Und was soll ich sagen? In letzter Zeit wächst dort sogar Geistergemüse.“, berichtet Henry. „Kann es sein, dass auf diesem Grundstück einmal eine Farm war?“, fragt Egon. „Soweit ich recherchieren konnte, ja. Aber das ist schon über hundert Jahre her. Ich glaube sie hieß Martin-Murphy-Ranch oder so was in der Art. Der letzte Arbeiter soll dort im Jahr achtzehnhundertvierundachtzig bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen sein, während der Besitzer auf einem Viehmarkt war. Nicht lange später hat er die Ranch aufgegeben, weil dort nichts mehr wachsen wollte und ihm keiner sagen konnte wieso. Danach lag das Land brach. Die Stadt Sunnyvale hat sich irgendwann ausgebreitet, doch bis vor gut zwei Monaten war hier nichts als ein karges Feld, auf dem einfach nichts wachsen wollte. Dann habe ich meinen Laden hier gebaut und dieser Geist ist aufgetaucht.“ „Hm…“, macht Egon nachdenklich. „Bei dem Geist handelt es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um diesen verunglückten Arbeiter. Und wie mir scheint, steckt er in einer Zeitschleife fest.“ „Und was soll das schon wieder heißen?“, hakt Peter nach. „Das bedeutet, dass der Arbeiter höchstwahrscheinlich bei dem Unfall so schnell ums Leben kam, dass seine Seele an diesen Boden gebunden wurde. Was auch erklären würde, warum nach seinem Tod hier nichts mehr gewachsen ist. Als das Land wieder bebaut wurde, stieg seine Seele auf und er setzte seine Arbeit fort, da er in all der Zeit nicht gemerkt hat, dass die Jahre an ihm vorbei gegangen sind. Für ihn ist immer noch achtzehnhundertvierundachtzig und er baut Gemüse an. Die Tatsache, dass sich Kinder auf dem Acker herumtreiben, schien ihn zuerst nicht zu stören, weil dort noch nicht viel gewachsen ist. Doch jetzt haben wir Herbst und die Erntezeit beginnt und da will er nicht, dass die Kinder all seine Mühe zerstören, also vertreibt er sie.“ „Das klingt einleuchtend, so verrückt es sich auch anhört…“, weiter kommt Henry nicht, da beginnt das Walkie-Talkie an Peters Gürtel zu piepsen und Ray meldet sich. „Leute! Das müsst ihr sehen, schnell!“, kommt es völlig aufgeregt von dem Mechaniker. Ehe der selbsternannte Chef etwas erwidern kann, fängt lautstark eine Sirene über die Lautsprecher an zu schrillen. „Was um Himmels willen ist das?“, fragt der Bauarbeiter. „Das ist unser Sicherheitssystem. Einer der Mitarbeiter muss einen Panikknopf gedrückt haben.“ „Und was passiert jetzt?“, hakt Egon nach. „Ein Alarm geht bei der Feuerwehr und der Polizei ein und das ganze Gebäude verriegelt sich automatisch. Niemand kommt hier rein oder raus, ehe ein Einsatzwagen hier auftaucht und das System neu hochfährt. Doch dafür müssen die Beamten erst extern einen Code freischalten lassen, sodass wir hier mindestens dreißig Minuten festsitzen.“ „Wer hätte das gedacht? Hoffentlich ist es nicht der Geist, der dafür verantwortlich ist, sonst haben wir ein echtes Problem…“, murrt Peter und zu viert verlassen sie das Büro. Wo die Jungs schon beim Betreten des Ladens das Gefühl hatten in einem Tollhaus gelandet zu sein, so ist das Chaos jetzt perfekt. Statt Aufregung und Freude dominiert nun allerdings Angst die Gesichter der Kinder und der meisten Eltern. Panisch laufen die kleinen Racker durch die Gegend, während die Erwachsenen händeringend versuchen sie wieder einzufangen. Zwischendrin die Mitarbeiter, die hilflos bemüht sind nicht ebenfalls in Panik auszubrechen. Krampfhaft versuchen sie sich gegenseitig die zu befolgenden Vorschriften in so einem Fall vorzusagen und die Kunden zur Ruhe zu bewegen. Doch das klappt nur mehr schlecht als recht, da dies nun mal keine gewöhnliche Gefahrensituation ist. Von weiter hinten aus dem Laden dringt ein wütendes Schimpfen nach vorn, das einen seltsamen Klang hat, sodass es sich dabei wohl wirklich um den Geist handelt. Ein Blick zur großen Fensterfront und den automatischen Türen verrät den Jungs, dass sie inzwischen völlig eingeschlossen sind. Schwere Gitter sind herabgefahren und verhindern jegliches Entkommen. Der Anblick der unüberwindbaren Stahlgitter lässt in den Geisterjägern unweigerlich die Erinnerung an Rikers Island erwachen. Ungewollt hart schlucken die drei und hoffen darauf, dass die Einsatzkräfte schnell zu ihnen durchdringen, damit wenigstens die Zivilisten in Sicherheit gebracht werden können. Nun scheinen auch die Kunden mitbekommen zu haben, dass sie hier so schnell nicht wieder rauskommen werden und ihre Panik wird nur noch größer. Das überfordert die zum Teil noch ziemlich jungen Angestellten noch viel mehr und nicht wenige von ihnen brechen nun haltlos in Tränen aus. Felson scheint vom Verhalten seiner Leute nicht gerade begeistert zu sein, obwohl es in so einer ungewissen Situation durchaus verständlich ist. Verstimmt räuspert er sich und drängelt sich dann an den dreien vorbei. „Leute! Nun hört mir doch alle mal zu!“, erhebt er lautstark die Stimme. Einige der Kunden pressen verzweifelt ihre Kinder an sich und blicken ihn mit großen Rehaugen an – voller Hoffnung, dass er ihnen helfen kann. Auch einige seiner Mitarbeiter blicken auf. „Bitte bewahren Sie alle Ruhe! Polizei und Feuerwehr sind schon auf dem Weg und werden uns hier bald rausholen. Doch bis es soweit ist, müssen Sie sich beruhigen! Nehmen Sie ihre Kinder und versammeln sich hinter dem Kassenbereich. Bleiben Sie alle dicht beisammen. Sie brauchen keine Angst vor dem Geist zu haben, denn die Ghostbusters sind hier, um ihn einzufangen!“ „Zu viel der Ehre, Felson. Aber wir werden es zumindest versuchen…“, kommentiert Peter seine Ansprache von der Seite, aber so dezent, dass die verängstigten Leute es nicht hören können. Henry gibt ein leises Schnauben von sich, beachtet Venkman aber nicht weiter, sondern wartet darauf, dass seinen Worten Folge geleistet wird. Die ersten Eltern schnappen ihre aufgelösten Kinder und verstecken sich mit ihnen hinter dem Kassenbereich und dies ist wie ein Startschuss. Auf einmal stürmen die Leute los, wie beim Sommerschlussverkauf – schupsen und drängeln ohne Rücksicht auf Verluste. Das ist nicht gut… Die ersten gehen unsanft zu Boden ohne, dass es die anderen kümmert. Dem muss Einhalt geboten werden! Plötzlich versperren die Geisterjäger ihnen energisch den Weg. „Ich bin Dr. Venkman, Chef der Ghostbusters und so geht das absolut nicht, Leute! Meine Kollegen und ich versuchen euch zu helfen, aber das geht nicht, wenn ihr euch nicht ebenfalls helft! Seid leise, damit der Geist dortbleibt, wo er jetzt ist und nicht durch den Lärm nach hier vorne kommt. Macht langsam und passt auf euch und besonders auf die anderen auf. Nur so kommen wir hier alle heil wieder raus! Also nicht drängeln, es ist genug Platz für alle da!“ Verständnislos betrachten ihn die verstörten Leute, während das Schimpfen des Geistes immer ungehaltener wird. Doch letztendlich bemühen sie sich um Ruhe und nun schaffen es auch die Angestellten ihrer Vorbildfunktion nachzukommen. Mit bemüht verständnisvollen Worten führen sie die Leute in den Kassenbereich, nachdem die drei Männer zur Seite getreten sind. „Jungs! Kommt her, dass müsst ihr sehen!“, ertönt plötzlich Ray´s Stimme zwischen den Gängen hervor. Egon und Winston folgen seinen Worten. Während Peter noch einen Moment die Leute im Blick hat. Dann entdeckt er eine der Angestellten, - eine junge Blondine, etwa in seinem Alter, - die rücksichtslos von den panischen Leuten zu Boden gestoßen wurde. Schmerzlich hält sie sich ihren Knöchel. Venkman wäre nicht Venkman, wenn das einfach so spurlos an ihm vorbeigehen würde. Mit ein paar schnellen Schritten ist er bei ihr. Lässig greift er neben ihr ins Regal, in dem sich Babyartikel befinden. „Das wird schon wieder…“, lächelt er ihr mitfühlend zu, während er fest ein paar Stoffwindeln um ihren langsam anschwellenden Knöcheln wickelt. Überrascht blickt sie zu ihm auf. Seine Hände sind so sanft, dass sie fast das Gefühl hat, er würde denken, sie wäre ein rohes Ei, das jeden Moment zerspringen könnte. „Dr. Venkman…?“, beginnt die junge Verkäuferin unbeholfen; auf ihrem Namensschild steht in geschwungenen Buchstaben ‚Beverly‘. Sie wirkt bestürzt und noch ein wenig ängstlich. Eine junge Frau, die sich verzweifelt bemüht ihrer gewohnten Arbeit an einem Ort nachzugehen, der sich plötzlich in etwas Schreckliches verwandelt hat, dass sie einfach nicht begreifen kann. Mitfühlend wendet ihr der Brünette den Blick zu, lächelt sanft und hilft ihr dann behutsam wieder auf die Füße. Langsam begleitet er sie zur Kasse. „Bitte, nenn mich doch Peter, bis wir diesen Geist eingefangen haben. Das würde mir die Kraft geben, die ich dafür brauche.“, gibt er ihr matt lächelnd zu verstehen. Das Ganze fühlt sich etwas komisch für ihn an, hat er doch schon seit Ewigkeiten nicht mehr so mit einer Frau gesprochen. Doch irgendwie fühlt es sich auch gut an. Ganz anders als früher, als er alles getan hätte, nur um sie ins Bett zu kriegen. Nein, jetzt scheint es sein Herz zu erwärmen, es mit einer ungeahnten Liebe zu füllen, nach der er schon sein Leben lang gesucht hat. Ein wahrhaft magischer Moment, der ihn all seine unterdrückten Triebe völlig vergessen lässt und nur einem Gedanken Platz macht: den unbändigen Wunsch sie zu beschützen, koste es was es wolle! Noch etwas zaghaft erwidert die Blondine sein Lächeln, während sich ihre Wangen langsam röten. Als er ihr hilft sich hinzusetzen, hält er immer noch unbewusst ihre Hand und auf seltsame Weise empfindet sie auf einmal ein unglaublich vertrautes Gefühl für ihn. Noch mehr Hitze steigt ihr in die Wangen und sie trennt sich langsam, fast schon widerwillig von ihm. „Ok. – Sei vorsichtig, Peter!“, bittet sie ihn verlegen. „Venkman! Nun komm endlich!“, ruft Winston aufgebracht von hinten, doch der selbsternannte Chef lässt sich nicht drängeln. Frech zwinkert er Beverly zu. „Mach dir mal um mich keine Sorgen. Sorg nur dafür, dass alle Leute hierbleiben, bis wir den Geist eingefangen haben und das du bis dahin dein zauberhaftes Lächeln nicht verlierst.“ Noch einmal lächelt er ihr zu, – so voller aufrichtiger Wärme, dass sie es kaum begreifen kann, – dann wendet er sich mit gezogener Waffe um und stürmt zu seinen Kollegen. Dort angekommen traut der selbsternannte Chef seinen Augen kaum. Zwischen Unmengen an bunter Puppen und aufgemotzten Automodellen erstreckt sich ein Feld. Es wirkt täuschend echt, mit all dem Sand, dem satten Grün der Pflanzen und dem üppigen Allerlei von Tomaten, Gurken, Salat und Kartoffeln. Doch, wenn man genau hinsieht, bemerkt man, dass das ganze Bild keine völlige Substanz hat, - das es irgendwie leicht durchscheinend wirkt. Mitten in dem Feld steht ein Mann. Er trägt eine altmodische, zerschlissene Latzhose und schwere Stiefel. Auf seinem Kopf sitzt ein großer Strohhut und seine Hände umklammern eine scharfgeschliffene Hacke, mit der er wohl gerade das Unkraut zwischen dem Gemüse entfernen wollte. Jetzt jedoch benutzt er sie, um den Geisterjägern zu drohen. Wütend schüttelt er sie über seinem Kopf und kommt langsam durch die Pflanzenreihen auf die Jungs zu. „Verschwindet von hier, ihr Taugenichtse! Ihr habt hier nichts verloren! Hört auf das Gemüse zu zertrampeln!“, brüllt er ihnen mit klangloser Stimme entgegen. „Ich denke, dass wird doch mal eine einfache Aufgabe.“, gibt Peter siegessicher von sich. „Sei dir da mal nicht so sicher…“, kommt es sorgenvoll von Ray. Als Venkman wieder den Blick auf den verstorbenen Arbeiter lenkt, hat dieser die Mitte seines imaginären Feldes erreicht. Plötzlich stellen die Ghostbusters fest, dass sich der Acker ausgebreitet hat und sie nun tatsächlich zwischen den Pflanzen stehen und er scheint immer weiter zu wachsen. „Runter von meinem Gemüse, ihr Hallunken!“, gebärt sich der Geist zornig. Dem nachkommen können die vier aber nicht wirklich. Der gesamte Bereich besteht nun aus dem Geisterfeld und jeder mögliche Weg wird von einem Regal mit Spielzeug versperrt. Sie können nicht zurückweichen und das macht den Arbeiter nur noch wütender. „Ihr wollt nicht hören, wie? Dann muss ich wohl andere Saiten aufziehen!“ Kaum hat er seine Worte ausgesprochen, beginnt das Gemüse um ihn herum zu schweben. Pralle, blutrote Tomaten hüpfen von den Sträuchern; lange, grüne Gurken lassen sich zu Boden fallen; kreiselnd befreit sich der Salat aus seiner Verankerung und mit einem wuchtigen Ploppen durchbrechen staubig-braune Kartoffeln die Erde. Rollend und hüpfend versammelt sich das Gemüse vor dem Geist, wie kleine Soldaten auf einem Schlachtfeld. „Ich werde euch lehren auf meiner Arbeit herum zu trampeln, ihr dreistes Gesindel!“, schimpft der Geist und hebt drohend seine Hacke. Nur einen Wimpernschlag später beginnen die Tomaten zu schweben. Eine nach der anderen jagt einem Geschoss gleich durch die Luft. Die überraschten Ghostbusters bieten ihnen ein perfektes Ziel. Mit einem prallen, feuchten Klatschen schlagen die roten Bomben auf und zerplatzen in ihre Einzelteile. Dabei scheinen sie ihr geisterhaftes Dasein völlig zu verlieren, sodass es nur wenige Sekunden dauert, ehe die vier Jungs vollkommen mit dem roten Saft bedeckt sind. „Wie um alles in der Welt ist das nur möglich…?“, fragt der Brünette aufgebracht, bevor ihn eine überreife Tomate mitten im Gesicht trifft. Mit einem erschrockenen Laut duckt sich Egon unter dem nächsten Geschoss hinweg. „Ich vermute, dass hat etwas mit der Zeitschleife zu tun, in der er feststeckt. Sein Glaube an die Wirklichkeit, - das, was er für das Hier und Jetzt hält -, ist so stark, dass er damit alles um sich herum manifestieren kann. Und ich fürchte, je mehr er sich aufregt, desto stärker wird seine Kraft werden…“ „Ich denke, da hast du recht und die Tomaten sind noch das Harmloseste auf seinem Feld!“, wirft Raymond ein. Förmlich im selben Moment gelingt es ihm nur ganz knapp einem Salatkopf auszuweichen, der dann polternd in einem Regal mit Plüschtieren hinter ihm landet. Die bunten Stofftiere fallen lautlos zu Boden und landen in der Tomatensauce, was ihnen das bizarre Äußere eines Mordanschlags verleiht. „Ich weiß schon, warum ich mein Gemüse nie gern aufgegessen habe…“, kommt es angewidert von Winston. Wie um ihn für diese Aussage zu bestrafen, jagt eine armdicke Gurke an ihm vorbei und zerreißt mit ihrem scharfen Stiel dabei den Ärmel seines Overalls, ehe sie krachend durch ein Regal mit Puzzlespielen fliegt und dabei dem niedlichen Welpen auf einer der Kartons ein drittes Auge auf der flauschigen Stirn verpasst. Eine heranfliegende Kartoffel schlägt gegen die obere Kante eines anderen Regals, prallt davon ab und zerschießt dann einen Schaukasten mit einer liebevoll dekorierten Mini-Welt darin, die ironischerweise einen Bauernhof darstellt. „Ok Jungs! Machen wir Hackfleisch aus diesem Grünzeug!“, knurrt Peter angesäuert und wischt sich mit dem Ärmel den Tomatensaft aus dem Gesicht. In die Ecke getrieben, beginnen die vier auf das wild umherfliegende Gemüse zu schießen. Dieses zerplatzt unten den heißen Protonenstrahlen und regnet als dampfender Matsch zu Boden. „Wie könnt ihr es nur wagen, ihr unerhörten Taugenichtse? Jetzt bin ich aber wirklich sauer!“, erzürnt sich der Geist und stampft wütend mit den Füßen auf den Boden. Wie durch Zauberhand erhebt sich dadurch neues Gemüse auf seinem Feld. Diesmal ist es jedoch viel größer, als vorher und das ist nicht das einzig Neue daran. „Ich habe ja schon vom Angriff der Killertomaten gehört, aber das ist wirklich zu viel!“, entkommt es dem Mechaniker atemlos. Die drei anderen brauchen gar nicht erst zu fragen, was er damit meint, denn es ist nicht zu übersehen. Die neue Ladung Gemüse ist von der ganz speziellen Sorte. Finster funkeln die einstigen Nahrungsmittel die Jungs mit düsteren Augen an. Knurrend fletschen sie die riesigen, dolchartigen Zähne. Wild um sich beißend hüpft das Gemüse auf die völlig perplexen Geisterjäger zu. Im letzten Moment gelingt es den Jungs sich hinter ein niedriges Regal mit Bilderbüchern zu retten. Beißend und knurrend macht sich das Gemüse an dem Regal zu schaffen, um einen saftigen Happs von den vieren zu ergattern. Es dauert einen Moment, ehe das Killergemüse um das Regal herumfindet und das gibt den Geisterjägern einen Augenblick zum Nachdenken. „Wir müssen diesen Geist erwischen, bevor wir noch auf der Speisekarte landen.“, meint Winston. „So ist es. Doch dafür müssen wir diese Biester ablenken.“, erwidert Ray. „Guter Plan! Genau das machen wir und Winston wird sich den Geist vornehmen.“, legt Peter kurzerhand fest. Verwundert sieht ihn der Bauarbeiter an. „Was? Wieso ich?“, fragt er irritiert und zuschießt eine heranstürmende Kartoffel. Mit dem Protonenstrahler am Anschlag zwinkert Venkman ihm keck zu. Diese Geste hat etwas sehr Vertrautes für den Schwarzhaarigen, hat Peter sie doch früher ständig benutzt, bevor sie ihre Differenzen miteinander hatten. Diese so typische Geste jetzt nach so langer Zeit wieder von ihm zu sehen, löst in ihm sehr widersprüchliche Gefühle aus. Einerseits hat es etwas Nostalgisches, da es Winston an seine unbeholfenen Anfänge bei den Geisterjägern erinnert; andererseits löst es Wut in ihm aus, da sich Venkman immer so aufspielt, als wäre er der König der Welt und alles, was er sagt und tut ist vollkommen in Ordnung, auch wenn es das ganz und gar nicht ist. So mustert er den Brünetten mit einem strengen, durchdringenden Blick und wartet ab, was er zu sagen hat. „Na, ganz einfach. Du kannst von uns allen nun mal am besten schießen und so wie die Lage aussieht, haben wir nur einen Versuch und der muss sitzen.“ Am Anfang seiner Erläuterung grinst Peter noch ganz verwegen, doch am Schluss wird er so ernst und eindringlich, wie es Winston in all den Jahren vielleicht ein oder zwei Mal erlebt hat. Der Bauarbeiter kommt nicht umhin, eine gewisse Sympathie für den anderen Mann zu empfinden, die er dachte, für immer verloren zu haben. Für diesen einen Augenblick verdrängt er sogar kurzzeitig den Zwist zwischen ihnen und realisiert, wie sehr Venkman ihn und seine Arbeit doch schätzt. „Ok, ich mache es. Aber ich garantiere für nichts!“, erwidert der Schwarzhaarige schließlich. „Mehr verlange ich auch gar nicht.“, entgegnet ihm der selbsternannte Chef. Und so postiert sich Ray links vom Regal, um das angreifende Gemüse in Schach zu halten, und Egon rechts. Peter und Winston beugen sich über das brusthohe Regal. Während sich der Brünette um die zähnefletschenden Nahrungsmittel kümmert, nimmt der Bauarbeiter den Geist ins Visier. Dieser ist inzwischen jedoch so zornig, dass er nur noch lautstark vor sich hin schimpft und immer mehr Gemüse auf die Ghostbusters hetzt. Neuerliche Luftangriffe starten, diesmal auch mit scharfen Zähnen, was den Jungs alle Mühe kostet diese abzuwehren, damit Winston freie Bahn hat. Nach einem sehr wilden und insbesondere matschigen Schusswechsel, gelingt es den Jungs endlich eine Lücke aufzutun. Der Schwarzhaarige erkennt augenblicklich seine Chance und feuert auf den Geist. Er trifft ihn völlig unvorbereitet und das ist sein Glück. Der dahingeschiedene Arbeiter hängt brüllen und zappelnd im Protonenstrahl fest und verliert dabei die Kontrolle über seine Gemüsearmee. Diese fällt ihrer Kraft beraubt einfach um und vermodert, wie ein rohes Ei hinter der Heizung. „Ich habe ihn!“, entkommt es Winston atemlos und kaum, dass sich das verfaulte Gemüse in Luft aufgelöst hat, beginnen auch die drei anderen damit, den Geist unter Beschuss zu nehmen. Nach mehreren endlosen Sekunden schaffen es die vier ihr Opfer soweit unter Kontrolle zu bringen, dass es eingefangen werden kann. „Schnell! Eine Falle!“, fordert Peter. Egons Strahl löst sich vom Geist, der Tüftler huscht mit einer geschmeidigen Bewegung um das Regal und wirft die Falle auf das halbdurchsichtige Feld. Gekonnt landet sie unter dem zornigen Geist und saugt ihn schließlich in ihre Untiefen ein. Einen schrecklichen Augenblick lang steht die Falle noch qualmend und zuckend auf dem Feld, dann löst sich die Illusion langsam auf und das kleine Gefängnis verriegelt ordnungsgemäß. Erschöpft lassen sich die Jungs auf die Knie sinken und betrachten dabei das Chaos, das sie und der Geist angerichtet haben. Vom Gemüse ist nichts mehr zu sehen, - nur der Schaden, den es verursacht hat, ist noch immer vorhanden. Allerdings hat es etwas seltsam Beruhigendes jetzt nur noch von Spielsachen umgeben zu sein, anstatt von fleischfressendem Gemüse. Einen Moment verweilen sie noch, dann schnappt sich Winston die Falle und gemeinsam gehen sie nach vorn zu den Kunden. Mit einer gewissen Erleichterung stellen sie fest, dass hier noch alles in Ordnung ist und inzwischen auch die Rettungskräfte eingetroffen sind. „Peter!“, ruft Beverly überrascht. Doch die Freude über das Wiedersehen geht im plötzlichen Tumult unter, als es der Polizei endlich gelingt das Sicherheitssystem zu deaktivieren. Haltlos stürmen die Leute mit ihren Kindern nach draußen und drängen sich vor den Rettungswagen, obwohl niemand von ihnen mehr als ein paar blaue Flecke abbekommen hat. Die einzig wirklich Verletzte ist Beverly. Und nicht einmal, wenn sie laufen könnte, würde es ihr wohl gelingen sich zu einem der Sanitäter durchzukämpfen. So bleibt sie einfach hinter der Kasse sitzen und betrachtet das aufgebrachte Treiben vor der Tür. „Sorry Jungs, aber ich habe da noch etwas zu tun…“, gibt Peter von sich und läuft zu der jungen Frau hinüber. Die drei anderen blicken ihm nach, wissen nicht ganz, ob sie ihm Glück wünschen sollen oder lieber ihr. Stattdessen sammeln sie Peters Protonen-Pack ein, das er Ray vor die Füße gestellt hat, begeben sich nach draußen und laden die Ausrüstung ins Auto. „Hey, hübsches Kind, wie geht´s deinem Bein?“, fragt der Brünette keck. Sie lächelt ihn erschöpft an. „Naja, inzwischen ist es so angeschwollen, dass ich nicht mehr aufstehen kann, aber sonst ist alles gut…“, erwidert sie müde. „Das wird schon wieder. Ich bring dich ins Krankenhaus.“ Überrascht sieht sie ihn an. „Das würdest du tun, nach all der Aufregung, die du schon hattest?“, zweifelnd betrachtet sie ihn. Zwar ist er nicht mehr von oben bis unten mit Gemüsesaft bekleckert, dennoch wirkt er noch weit erschöpfter als sie. „Aber natürlich würde ich das! Das ist meine Pflicht als Gentleman und Geisterjäger!“, erwidert Peter grinsend. Sie kichert amüsiert. „Du bist echt klasse!“ „Wenn du das später bei einem Kaffee auch noch sagen kannst, dann haben wir ein Date!“, grinst er keck und zwinkert ihr zu. Innerlich macht er sich schon auf die Abfuhr gefasst, so wie es fast immer der Fall war, wenn er mal ein Mädchen abschleppen wollte. Und die Tatsache, dass das letzte Mal durch seine selbst auferlegte Enthaltsamkeit schon eine ganze Weile her ist, verstärkt dieses Gefühl nur noch. Beverly wird langsam rot, blickt ihn aber weiterhin an. „Wie könnte ich da nein sagen!?“, meint sie vollkommen ehrlich und überrascht den Brünetten damit doch ziemlich. Er kann sein Glück kaum fassen, also hebt er sie kurzerhand einfach hoch, trägt sie nach draußen zu ihrem Auto und fährt dann einfach mit dir davon. Kapitel 31: Dead Horse Bay -------------------------- Zwei Monate ist es mittlerweile her, seit sich Beverly und Peter kennengelernt haben. Und was soll man sagen? So unwahrscheinlich alle es auch finden mögen, bei den beiden hat es mächtig gefunkt! Kaum eine freie Minute vergeht, in der sie nicht zusammen sind. Dabei ist es wirklich unglaublich, was für einen positiven Einfluss die Blondine doch auf den sonst so temperamentvollen Chef der Geisterjäger hat. Seit ihrem Aufeinandertreffen ist er um einiges ruhiger geworden und er beschwert sich auch versucht weniger. Die beiden verbringen diese kühle Novembernacht in einem romantischen Motel, wo sie sich einmal ungestört näherkommen wollen. Sie ahnen noch nicht, dass ihre Zweisamkeit schnell ein Ende finden wird, als durchdringende, wehklagende Schreie an einem Strand am anderen Ende New Yorks laut werden. Doch nicht zum ersten Mal. Schon seit ein paar Tagen reißen die Laute die Menschen Nacht für Nacht aus dem Schlaf, obwohl sich die nächstgelegenen Wohnhäuser ein ganzes Stück vom Strand entfernt befinden. Der Lärm nimmt solche Formen an, dass die Polizei verständigt wurde, die aber keine Ursache dafür finden konnte. Kurz darauf kommt aber einer der Anwohner auf die Idee die Ghostbusters zu rufen, weil er etwas Übernatürliches hinter dem nächtlichen Lärm vermutet… Tief blicken sich die beiden Verliebten in die Augen, ehe sie sich zu einem innigen Kuss annähern. Langsam zieht Beverley ihm das Hemd aus, während Peter seine Hände über ihre Hüften wandern lässt. Die Erregung zwischen ihnen ist fast schon greifbar. Nichts scheint diesen perfekten Moment jetzt noch stören zu können. Voller Erwartung lässt sie sich ins Laken sinken und zieht ihn zu sich. Sanft legt er seine Lippen an ihren Hals, als es plötzlich laut an der Tür zu klopfen beginnt. Erschrocken zucken die beiden zusammen, wie zwei Teenager, die man auf dem Rücksitz eines Autos erwischt hat. „Was zum…?“, entkommt es Venkman, als es erneut nachdrücklich klopft. Seufzend blickt er zu ihr hinab. „Klingt dringend.“, meint Beverley nur matt lächelnd. Peter verdreht die Augen. „Das will ich auch hoffen!“ Es klopft zum dritten Mal, als sich der Brünette endlich von ihr trennt und zur Tür stapft. Etwas ungehalten öffnet er sie und wird augenblicklich von der kalten Nachtluft umfangen, die seinen halbnackten Körper erzittern lässt. Eigentlich will er dem Störenfried ordentlich die Meinung sagen, dann merkt er jedoch, dass es Egon ist – hinter ihm Ray und Winston. Peter ahnt bereits, was sie sollen, auch wenn er gehofft hatte, dass es nicht so kommen würde. „Sag mir bitte, dass das nicht wahr ist, Egon…“, entgegnet er dem Tüftler theatralisch. „Ich fürchte schon…“, kommt es ehrlich mittleidig von dem Älteren. „Ich hätte es mir ja denken können. – Aber wolltet ihr nicht anrufen, wenn es einen Einsatz gibt?“, hakt der Brünette verwundert nach. „Das haben wir versucht, doch die Nummer, die du uns gegeben hast, war die Falsche.“, meint Ray schulterzuckend. „Ja, doch Janine konnte sich noch an den Namen von dem Motel erinnern und deswegen sind wir jetzt auch hier. Es liegt praktisch auf dem Weg zu unserem Einsatz.“, erläutert der Blonde schließlich. „In zwei Minuten fahren wir, also beeil dich, Venkman!“, kommt es trocken von Winston, der ihm dann seinen Overall und die Stiefel in die Hand drückt. Etwas überrascht starrt Peter seine Kollegen an, dann schiebt er leicht schmollend die Unterlippe vor und schließt die Tür wieder. Seufzend geht er zurück zu Beverly. „Du hast es gehört, ich muss weg. Diese Spielverderber schaffen aber auch nichts ohne mich…“ Sanft lächelt sie ihn an. „Ist doch halb so schlimm, dann machen wir eben später weiter. Oder wie wäre es, wenn ich mitkomme? Ich wollte schon immer mal sehen, wie ihr arbeitet.“ Überrascht sieht er sie an. „Du weißt, dass das echt gefährlich werden kann?!“, meint er sorgenvoll. „Genau deswegen will ich ja auch mit, um auf dich aufzupassen!“, grinst sie ihm frech entgegen. Peter kann es sich nicht verkneifen ebenso frech zurück zu grinsen. „Oh, wie sehr ich dich doch liebe, Bev!“ „Geht mir genauso, Dr. Venkman!“, kichert sie, haucht ihm einen Kuss auf die Lippen und zieht sich dann ebenfalls wieder an. Etwas überrascht sehen die drei Geisterjäger mit an, wie Beverly und Peter ins Auto steigen. „Soll ich dich irgendwo absetzen?“, fragt Ray sie, während er Ecto-1 vom Parkplatz des Motels lenkt. „Nein, nicht nötig.“, lächelt die Blondine. „Versuch es gar nicht erst. Sie will mitkommen und wird sich auch nicht umstimmen lassen…“, erwidert Venkman in leicht besorgtem Ton. „Naja, im Wagen ist sie ja sicher…“, meint Winston und damit ist die Diskussion erst mal abgeschlossen. „Wo geht es denn hin?“, fragt die junge Frau schließlich. „An einen Strand in Brooklyn.“, meint der Bauarbeiter. „Ich wusste gar nicht, dass es dort einen Strand gibt.“, kommt es verwirrt von Peter. „Es ist auch kein richtiger Strand. Dort kann man nicht baden. Es ist eher eine Art Müllhalde am Wasser. Die Obdachlosen, die dort angespülte Flaschen und dergleichen sammeln, nennen ihn Dead Horse Bay und so ist es auch auf dem Stadtplan eingetragen.“, entgegnet Egon. „Na, das klingt ja einladend…“, kommt es von dem Brünetten. „Warum heißt der Strand denn so?“, will Beverly nun wissen, auch wenn sie sich nicht sicher ist, ob sie es wirklich wissen will. „Keine Ahnung, aber vielleicht finden wir das ja heute Nacht raus…“, kommt es schulterzuckend von dem Tüftler, ehe er sein PKE-Gerät kontrolliert und einige Einstellungen ändert. Müllhalde trifft das Ganze wohl noch am allerbesten. Falls man überhaupt etwas von dem Sand des Strandes sieht, dann ist es nur ein feiner Hauch zwischen Milliarden Glasscherben, Plastikschnipseln und anderem Unrat, der hier einfach abgeladen oder vom Wasser angespült wurde. Eine Vergewaltigung der Natur trifft es da wohl am ehesten. Mit gewissem Wehmut betrachten die Jungs den fast völlig dunklen Strandabschnitt. Nur ihre Taschenlampen und etwas Licht vom Vollmond sorgen dafür, dass das glitzernde Spektakel vor ihren Augen sichtbar wird. Nicht auszudenken, wie es hier tagsüber aussehen muss. „Passt bloß auf, wo ihr hintretet!“, mahnt Winston seine Kollegen. Der weiche Sand gibt sehr leicht nach und man stolpert schnell, doch wenn man fällt, wird es sehr schmerzhaft enden. Dennoch scheint es hier draußen Leben zu geben, auch wenn es hier überhaupt nicht hingehört. Eine Bewegung im hinteren Teil des Strandes weckt die Aufmerksamkeit der vier. Langsam bahnen sie sich einen Weg dorthin, unwissend, dass sie beobachtet werden. „Ist das möglich? Es sieht aus wie – wie ein Pferd!“, meint Raymond verwundert. Ungläubig betrachten die Geisterjäger das völlig abgemagerte, verängstigte Tier von Weitem. Mit einem dicken Seil ist es an einen Stahlträger gebunden, der aus dem Sand ragt. Es wirkt vollkommen ausgezehrt und müde. Das linke Vorderbein hat es leicht angehoben. Es ist dickt geschwollen und macht einen seltsamen Knick. „Sieht aus, als hätte es einen gebrochenen Fuß…“, kommt es von dem Schwarzhaarigen. „Ja und wahrscheinlich hat es deswegen irgendein Spinner hier ausgesetzt, damit er billiger wegkommt, anstatt einen teuren Tierarzt zu rufen.“, motzt Peter, angewidert davon, wie man nur so herzlos sein kann. „Ich vermute, dass das Pferd den Lärm verursacht hat, den die Leute gehört haben.“, wirft Egon ein. In Anbetracht der Tatsache, dass das Tier vollkommen verstört ist und zu flüchten versucht, wohl ein durchaus sinnvoller Gedanke. „Dann ist das wohl eher ein Job für das Veterinäramt, als für uns. – Komisch nur, dass die Polizei es scheinbar nicht gesehen hat…“, geht es dem Mechaniker durch den Kopf. „Wahrscheinlich waren die Blauhemden einfach nur zu faul, soweit durch dieses Minenfeld zu laufen, so wie wir.“, kommentiert Venkman das Ganze verstimmt. Langsam ziehen sich die Jungs wieder zum Wagen zurück. Stirnrunzelnd werden sie dabei von Beverly empfangen. „Gar keine Lichtshow oder stimmt etwas nicht?“ „Ich fürchte, du hast dir den falschen Tag zum Beobachten ausgesucht. Da hinten ist nur ein ausgesetztes Pferd mit einem gebrochenen Bein.“, entgegnet ihr der Mechaniker entschuldigend. „Oh, wie schade. – Aber ich kann mir doch bestimmt mal das Pferd ansehen? Als kleines Mädchen bin ich sehr oft geritten.“ Abschätzend sehen sich die vier einen Moment lang an. „Ich denke, es spricht nichts dagegen. Doch pass auf, wo du hintrittst.“, meint Peter schließlich. Freudig steigt Beverly aus dem Wagen und macht sich auf den Weg, während die Jungs ihre Ausrüstung verstauen und Egon über das Bordtelefon mit Janine spricht, damit diese einen Tierarzt vorbeischickt. Langsam, aber vorfreudig bahnt sich Beverly ihren Weg über den völlig vermüllten Strand. Im Schein der Taschenlampe, die sie sich von den Jungs ausgeliehen hat, entdeckt sie dann das bemitleidenswerte Pferd. Als das verängstigte Tier sie sieht, fängt es augenblicklich an zu scheuen. Es bäumt sich auf und zerrt heftig an dem Seil. Erschrocken bleibt die junge Frau in einiger Entfernung stehen und hofft, dass sich der Hengst wieder beruhigt. Doch dem ist nicht so. Stattdessen versucht er immer verzweifelter sich zu befreien. Schnaubend und mit weit aufgerissenen Augen zerrt er abermals an dem Seil, doch der Stahlträger, der es hält, rührt sich nicht und es selbst ist zu dick, um einfach zu reißen. Das Einzige, das der Hengst mit seinen Bemühungen erreicht ist, dass er ungeschickt im weichen Sand landet und dabei sein verletztes Bein gegen einen Stein stößt. Das Tier gibt einen herzzerreißenden Schmerzensschrei von sich und sinkt schwer atmend auf die Vorderbeine hinab. Beverly kann diesen Anblick kaum ertragen. „Bitte – du brauchst keine Angst zu haben. Ich will dir doch nur helfen…“, teilt sie dem vollkommen verängstigten Tier mit, das sie panisch ansieht. Mühsam kommt der Hengst wieder auf die Beine und versucht sich kraftlos von ihr zu entfernen. „Nein – bitte…“ Doch ihre Stimme scheint ihn nur noch mehr zu verschrecken. Unbewusst macht Beverly einen Schritt auf das Pferd zu. Doch das war ein Fehler. Das Tier scheut wieder, reißt verzweifelt an dem Seil und stößt einen markerschütternden Ruf aus. Einen Augenblick später bildet sich plötzlich dichter Bodennebel. Doch er gleitet nicht über den Grund hinweg, wie man es normalerweise vom Nebel gewohnt ist, sondern er scheint direkt aus der Erde aufzusteigen, so als befände sich ein Topf mit kochendem Wasser unter dem Sand und der Dampf steigt nun an die Oberfläche. Es dauert nur wenige Augenblicke, dann hat sich der seltsame Nebel über den gesamten Strand ausgebreitet und auch die Geisterjäger erreicht. „Wo kommt denn plötzlich dieser Nebel her?“, fragt Raymond verwundert, während er in der dicken Suppe versucht Beverly´s Taschenlampe ausfindig zu machen. „Faszinierend…“, gibt Egon von sich und schaltet geistesgegenwärtig sein PKE-Gerät ein. Es gibt augenblicklich einen schrillen Ton von sich und die Nadel zuckt in den roten Bereich der Anzeige. Dann dringt ein gellender Schrei aus dem Nebel, der ihnen allen einen eiskalten Schauer über den Rücken jagt. „Bev!“, entkommt es Peter schockiert und er rennt in das dichte Weiß hinein und verschwindet, noch ehe ihn seine Kollegen aufhalten können… Für einen Moment – Sekunden oder Minuten ist unmöglich zu sagen – ist die Blondine vom Nebel völlig verschluckt. Es ist, als würde sie im Nichts regelrecht schweben, wenn sie nicht noch den Sand unter ihren Füßen spüren könnte. In diesem Augenblick ergreift sie eine ungeahnte Panik und sie könnte sich selbst dafür ohrfeigen, dass sie so nachdrücklich darauf bestanden hat mitzukommen und dann auch noch allein hier rauszugehen. Doch dann löst sich der Nebel plötzlich auf. Allerdings geschieht auch dies nicht, wie man es sich vorstellen mag, indem der Nebel langsam immer lichter wird. Stattdessen ist es, als hätte jemand einen Schalter betätigt und das Weiß einfach ausgeknipst. Orientierungslos und schwer atmend sieht sich die junge Frau ein paar Sekunden lang um. Dann hört sie in der Ferne auf einmal Peters Stimme aufgebracht ihren Namen rufen. Als sie sich umdreht, kann sie ihren Freund ungelenk über den weichen Sand auf sich zu rennen sehen. In einiger Entfernung folgen ihm seine drei Kollegen mit ihren Waffen. Der Anblick des jungen Mannes, mit dem sie gerade erst begonnen hat ihr Leben zu verbringen, erleichtert sie unglaublich, sodass sie das Folgende nicht gleich mitbekommt. Erst, als die Geisterjäger auf einmal erschrocken stehen bleiben und mit großen Augen über den Strand blicken, merkt sie, dass etwas nicht stimmt und dreht sich ebenfalls um. Was sie sieht, entzieht sich jedoch völlig ihrer Vorstellung. Zwar hatte ihr Peter allerhand von dem erzählt, was ihnen so in den vergangenen Jahren als Ghostbusters passiert ist, doch etwas Übernatürlichem direkt gegenüber zu stehen, ist etwas vollkommen anderes, als die blumigen Beschreibungen des Brünetten auch nur vermuten lassen. Mit offenem Mund starrt sie über den müllbedeckten Strand. Der gefangene Hengst mit dem gebrochenen Bein scheut noch immer und seine verzweifelten Rufe scheinen die Luft regelrecht zu elektrisieren. Doch mittlerweile stößt er unweigerlich an seine körperlichen Grenzen. Schmerz, Hunger, Angst und die immer durchdringendere Kälte strecken ihn langsam nieder. Dickflüssiger Schaum spritzt aus seinen Nüstern, von seinen Augen ist kaum mehr noch als das Weiße zu sehen, seine Beine versagen immer mehr ihren Dienst und das Seil um seinen Hals hat sich inzwischen so tief ins Fleisch gegraben, dass dünnes, rotes Blut sein hellgraues Fell mit grotesken Mustern bemalt. Vermutlich wird er vor Angst oder Schwäche sterben, bevor der Tierarzt auch nur hier ist. Das allein ist schon ein tragischer Anblick, doch längst nicht alles. Wieder scheint Nebel aus dem Boden zu steigen und auch aus dem naheliegenden Wasser. Doch auch diesmal sieht es nicht normal aus. Jetzt bildet er einzelne Säulen aus, als würden sich unter dem Sand sehr viele heiße Quellen befinden. Auf der Oberfläche des Wassers sieht es ganz ähnlich aus. Der weiße Dunst fügt sich jedoch nicht zu einem Ganzen zusammen, sondern jedes einzelne Häufchen scheint sich jetzt zu etwas zu manifestieren. Langsam, ohne den Blick von dem seltsamen Schauspiel abzuwenden, finden die Jungs und Beverly wieder zusammen. Und plötzlich bildet sich aus jeder Nebelsäule ein Pferd. Schnell sind es Dutzende, sogar Hunderte und die fünf sind schlagartig von ihnen umzingelt. Wie damals bei dem blauen Stier im Haus des Bürgermeisters, so muss Ray auch jetzt unweigerlich an das letzte Einhorn denken. Die Heerschar von Geisterpferden wirkt mit ihren durchscheinend weißlichen Körpern fast genauso mystisch wie die ins Meer getriebenen Fabelwesen. Nur wirken sie keineswegs ängstlich und zurückgedrängt. Im Gegenteil, sie sammeln sich und unter dem durchdringenden Ruf des Leittieres setzen sie doch tatsächlich zum Angriff an! Ihre Augen glühen rot auf, ihre langen Mähnen wehen im eisigen Novemberwind und ihre Hufe lassen den ganzen Strand erzittern, obwohl sie den Sand nicht einmal berühren. Sie donnern heran, wie eine Lawine, die ins schutzlose Tal hinabrutscht. „Vorsicht!“, entkommt es Venkman erschrocken und im letzten Moment gelingt es ihm Beverly in den Sand zu stoßen und so zu verhindern, dass sie von der heranstürmenden Herde haltlos niedergetrampelt wird. Dieser Gedanke kam ihm ganz geistesgegenwärtig, doch wenn er sich den aufgewühlten Sand und das Zittern des Bodens so betrachtet, war es wohl die einzig sinnvolle Lösung. Die Pferde bestehen vielleicht aus Ektoplasma, doch das heißt ja noch lange nicht, dass sie einen nicht verletzen können. Ray, Winston und Egon eröffnen nun das Feuer auf die wildgewordenen Tiere und versuchen sie so etwas auf Abstand zu halten. Doch das ist natürlich keine dauerhafte Lösung. „Peter, bring sie zurück zum Auto, schnell!“, ruft Raymond ihm zu. „Nichts lieber, als das…“, gibt der Brünette zurück und hilft seiner Freundin wieder auf. Nur sehr langsam und mühevoll gelingt es den beiden dann, sich an der Herde vorbei zu schleichen und dabei nicht ins Schussfeld zu geraten. Bei Ecto-1 angekommen, setzt sich Beverly auf den Rücksitz. Peter schnappt sich seinen Strahler und alle Fallen, die er tragen kann. „Sei vorsichtig!“, bittet sie ihn noch. Gehetzt haucht er ihr einen Kuss auf die Stirn. „Mach dir mal um mich keine Sorgen. Sieh nur zu, dass du im Auto bleibst und verriegle die Türen, wenn ich weg bin!“, fordert er sie nachdrücklich auf. Sie nickt schwermütig, doch Venkman bleibt noch einen Moment, um die Sicherung der Türen auch wirklich einrasten zu hören. Erst dann kehrt er zu seinen Kollegen zurück. Die drei Geisterjäger sind derweilen schwerlich darum bemüht, die Herde zusammenzuhalten. „Hey Jungs, ich habe alle Fallen mitgebracht, die wir im Wagen hatten…“, meint der selbsternannte Chef etwas atemlos. „Das war eine gute Idee, Peter. Doch ich fürchte, damit werden wir nicht einmal einen geringen Bruchteil einfangen können…“, erwidert ihm der Tüftler. Den Gedanken hatte Venkman auch schon, doch vielleicht nützt es ja doch etwas? Allerdings scheinen seine Bemühungen nahezu umsonst zu sein, da nun noch mehr Nebel aufsteigt und sich zu immer neuen Pferden manifestiert. Es scheint kein Ende nehmen zu wollen. „Vielleicht beruhigen sie sich etwas, wenn wir das Leittier einfangen und sie dann nicht mehr wissen, was sie tun sollen?“, meint Winston schließlich. „Entweder das, oder sie werden noch wilder. Aber einen Versuch ist es wert. Mir kommt es langsam auch so vor, als würden sie versuchen, uns vom Strand vertreiben zu wollen.“, erwidert der Mechaniker. „Vermutlich wollen sie nicht, dass wir dem verletzten Pferd zu nahekommen.“, wirft Egon ein. Die Herde trampelt mit ohrenbetäubendem Donnern an ihnen vorbei und formiert sich dann neu. Der Leithengst ist dabei deutlich auszumachen. Früher hat man solche Tiere umgangssprachlich als Brauereipferde bezeichnet, weil sie sehr stark und ausdauernd sind und sich in ihrem Körperbau deutlich von den grazilen Reittieren unterschieden. So auch hier. Der Leithengst überragt seine Herde um ein gutes Stück. Sein Körper ist sehr breit gebaut, muskulös, sehr kräftig. Sein Fell wirkt dicker und länger. Seine Beine haben einen deutlich größeren Umfang, sodass er eher plump wirkt, seinen Artgenossen aber dennoch in nichts nachsteht. Als er sich mit lautem Wiehern auf die Hinterbeine aufstellt und so den nächsten Angriff ankündigt, kommt es einem mehr so vor, als würde dort ein Grizzly stehen, als ein Pferd. Für einen Augenblick sind die vier ganz in diesem Anblick gefangen, dann galoppiert die ektoplasmische Herde ungehalten auf sie zu. Ihre Hufe berühren den Boden weiterhin nicht, dennoch spritzt durch ihre schiere Wucht der Sand auf, als wäre es Wasser. Der Untergrund zittert so sehr, dass die Geisterjäger Mühe haben auf den Füßen zu bleiben. Sie drängen sich dichter zusammen und nehmen den Geisterhengst ins Visier. Schon einen Moment später jagen die hochenergetischen Protonenstrahlen durch die eiskalte Nachtluft. Sie treffen das breitgebaute Pferd an der Spitze der herantrampelnden Masse zielgenau und fesseln es an sich. Der große Hengst gibt einen hilflosen Schrei von sich, als er merkt, dass er sich dieser unbekannten Macht nicht so einfach entziehen kann. Dies scheint die gesamte Herde in Aufruhr zu versetzen. Hilflos verwirrt streben die Tiere auseinander und verteilen sich großflächig auf dem gesamten Strandabschnitt. Die Panik ist ihnen deutlich anzusehen. Auch der Leithengst ist völlig in seiner Panik gefangen. Wild bäumt er sich auf, versucht sich loszureißen, wird von den Strahlen wieder auf die Knie gezwungen und ruft haltlos um Hilfe. Seine Herde ist jedoch so verunsichert, dass sich keines der Tiere auch nur herantraut. Betroffen wiehernd beobachten sie das erschreckende Schauspiel und finden doch keine Lösung. „Ich denke, wir haben ihn.“, meint Ray schließlich. Peter unterbricht seinen Strahl und wirft eine der Fallen, die er mitgebracht hat. Gekonnt landet sie vor dem sich aufbäumenden Tier. „Ok, Falle bereit!“, verkündet er über die panischen Schreie des Hengstes hinweg. Kurz darauf betätigt er kraftvoll den Auslöser und die Falle öffnet sich in einem grellen Lichtschein, der die anderen Geisterpferde noch mehr verschreckt. Unter lautem Gebaren wird das Leittier schließlich in die Falle gesaugt, die mit einem endgültig anmutenden Schnappen zuschlägt und dann verriegelt. „Ok, das wäre geschafft. Doch was machen wir mit – oh-oh, seht mal…“, setzt Winston an. Doch als er die Falle aufheben will, stockt er plötzlich und starrt über den Strand. „Was hast du?“, fragt der Mechaniker, doch der andere antwortet nicht, deutet stattdessen nur auf die sich sammelnde Herde. Zwei der Pferde rennen plötzlich genau aufeinander zu, entgegen jeglichem Instinkt, als wären sie zwei Teenager in aufgemotzten Autos bei einer lebensgefährlichen Mutprobe. Doch keines von ihnen weicht im aller letzten Moment aus, stattdessen stoßen sie in einem hellen Lichtimpuls zusammen. Als sich der grelle Blitz legt, sind die beiden unscheinbaren Tieren zu einem neuen Leithengst verschmolzen, der augenblicklich seine Herde wieder zusammenruft und zum Angriff formiert. „Faszinierend…“, gibt Egon von sich und betrachtet die Huftiere, die nun wieder gar nicht mehr ängstlich wirken. „So ein Mist! Wen wir den jetzt auch einfangen, wird sicher wieder ein neuer kommen und ich fürchte, sie werden davon auch nicht weniger werden…“, entkommt es Venkman überfordert. Mit einem Seufzen beobachten die Ghostbusters, wie neue Pferde aus dem Sand und dem Wasser emporsteigen und die fehlenden so um ein Vielfaches ersetzen. „Ich fürchte, du hast recht mit deiner Annahme, Peter. Dennoch müssen wir versuchen sie einzufangen. Vielleicht können wir sie ja irgendwie überrumpeln, sodass sie mit der Neuproduktion nicht mehr hinterherkommen?“, meint der Tüftler. Die drei anderen nicken nur unzufrieden und verteilen sich dann, um die Herde von allen vier Seiten auszudünnen. Während die Geisterjäger verzweifelt versuchen die Pferde irgendwie zu dezimieren, hält plötzlich ein Auto neben Ecto-1 und weckt Beverly´s Interesse. Auf der Motorhaube halten sich ein Cartoon-Hund mit einem gebrochenen Bein und eine Cartoon-Katze mit triefender Schnupfnase in den Armen, wie zwei Betrunkene nach einer langen Nacht. Quer über den Türen steht das Wort ‚Tierarzt‘. Die Blondine weiß nur noch nicht, ob sie jetzt erleichtert über das Eintreffen des Veterinärs sein soll oder, in Anbetracht der Action dort hinten, eher beunruhigt. Für eins von beidem entscheiden kann sie sich jedoch nicht mehr, da steigt der Tierarzt – oder besser gesagt die Tierärztin – auch schon aus und blickt sich verwirrt nach dem an- und abflauenden Lichtspektakel in der Ferne um. Als Beverly ebenfalls aussteigt, scheint die Frau mit den dunklen Locken und dem weißen Kittel jedoch entschieden zu haben, hier fehl am Platz zu sein. Und so will sie sich wieder hinter das Lenkrad setzen, als die Blondine in ihr Blickfeld tritt. „Bitte fahren Sie nicht wieder weg! Wir brauchen Sie hier!“ Irritiert mustert sie die Frau, auf deren Kittel ‚Dr. Victoria Crown‘ gestickt steht. „Oh nein, dass denke ich nicht! Sicher hat sich nur wieder einer der Obdachlosen einen Scherz mit mir erlaubt. Das kommt öfter vor, als mir lieb ist…“ Noch einmal betrachtet sie argwöhnisch die zuckenden Lichtblitze im hinteren Teil des Strandes. Das laute, zornige Wiehern der Geisterpferde und das Beben des Untergrunds scheint sie dabei systematisch auszublenden oder es für einen Teil des Streiches zu halten. „Nein, das ist ganz und gar kein Scherz!“, versucht Bev ihr nachdrücklich klarzumachen. „Dort hinten ist ein ausgesetztes Pferd mit einem gebrochenen Bein, das um sein Leben kämpft und jede Menge Geisterpferde, die deswegen vollkommen aus dem Häuschen sind!“ Victoria betrachtet sie mit erhobener Augenbraue und mustert sie dabei von oben bis unten. Wie eine verrückte Obdachlose wirkt die junge Frau vor ihr nicht gerade, aber sie redet so wirres Zeug, dass sie vielleicht auf Drogen oder Alkohol ist und dadurch möglicherweise Wahnvorstellungen hat? „Geisterpferde? Also wirklich! Ich denke, Sie nehmen die Tatsache, dass dieser Strand Dead Horse Bay genannt wird, etwas zu wörtlich.“ Fassungslos sucht Beverly nach etwas, dass sie dem entgegenbringen kann, als auf einmal die aufgebrachten Rufe der geisterhaften Herde lautwerden. Vielleicht haben die Jungs inzwischen ja eine Lösung gefunden? Doch der Tonlage nach zu urteilen, scheinen die Tiere jetzt nur noch wütender. Dennoch hat das Ganze auch etwas Gutes, denn diesmal hat die Tierärztin die Laute deutlich gehört. „Was zum…?“, entkommt es der Dunkelhaarigen vollkommen perplex und sie starrt wieder über den Strand, auf dem neue Lichtblitze zu pulsieren beginnen und nun auch die haltlosen Verständigungsversuche der Jungs lautwerden. „Befinden sich dort hinten etwa noch andere Leute?“, fragt Victoria verwundert. „Ja, die Ghostbusters. Sie versuchen die Geisterpferde einzufangen, ehe etwas Schlimmeres passiert!“ Nun endlich scheint sie zu ihr durchgedrungen zu sein. „Denken Sie, wir kommen dort hin, damit ich mir das verletzte Pferd ansehen kann?“, fragt sie wenig hoffnungsvoll. „Ich glaube schon, dass das geht. Wir müssen nur vorsichtig sein und dürfen uns nicht von den Lichtstrahlen treffen lassen…“, erwidert die Blondine nachdenklich. Verstehend nickt die Tierärztin, auch wenn ihr nicht ganz klar ist, was an diesen Strahlen jetzt so gefährlich sein soll. Allerdings wird ihr dies schlagartig bewusst, als sie sich gemeinsam auf den Weg machen. Die glühenden Protonen zucken durch die Nacht und wo sie auftreffen, hinterlassen sie nichts als Zerstörung. Nahezu fassungslos betrachtet die Dunkelhaarige die vielen kleinen Inseln aus geschmolzenem Sand, brennendem Müll und rotglühendem Metall. Mit großen Augen und offenem Mund verfolgt sie das aussichtslose Treiben der Geisterjäger. Qualmende Fallen liegen überall verstreut und dennoch laufen noch immer so viele schemenlose Pferde über den Strandabschnitt, als wäre man bei einem riesigen Reitturnier. Auf seltsame Weise scheinen es sogar noch mehr zu werden und einige verändern zudem auch noch ihr Aussehen. „Ich muss träumen, eine andere Lösung gibt es dafür gar nicht…“, presst Victoria stockend hervor. Dennoch bewegt sie sich zielstrebig hinter Beverly her. In einiger Entfernung erblicken die zwei schließlich das verwundete Pferd, jetzt nur noch ein Schatten seiner Selbst. Schwer keuchend liegt es reglos auf der Seite, dicke Dampfschwanden dringen aus seinen aufgeblähten Nüstern. Langsam sieht sich Bev nach den vier Jungs um. Sie sind händeringend damit beschäftigt die tobenden Geisterpferde von dem Hengst fernzuhalten, doch lange wird ihnen das sicher nicht mehr gelingen. Dennoch nimmt sie sich die Zeit, um der Ärztin ein bisschen etwas zu erzählen. „Als ich mich vorhin dem verletzten Tier nähern wollte, hat es Panik bekommen und versucht zu flüchten. Ging aber nicht, weil es festgebunden ist. Dadurch schienen aber die Geister herbeigerufen worden zu sein. Vermutlich dachten sie, ich wollte dem Hengst ebenfalls wehtun.“ „Das ist zwar ein ziemlich ungewöhnliches Verhalten bei Pferden, aber ausschließen will ich es unter diesen merkwürdigen Umständen nicht. Ich habe zwar keine Ahnung von Geistern, aber ich kann mir gut vorstellen, dass sich ihr Verhalten grundlegend von dem lebender Tiere unterscheidet. – Doch so wie es aussieht, werde ich wohl nicht mehr viel für den Hengst tun können. Er hat sich zu sehr verausgabt und wird diese Nacht unter keinen Umständen überleben, egal wie sehr ich mich auch bemühe. – Ich kann ihn nur noch von seinen Qualen erlösen…“, ein gewisser Wehmut schwingt in Victorias Stimme mit, geht es ihr doch immer sehr nahe, wenn sie nicht mehr helfen kann. Auch Beverly senkt betroffen den Kopf, doch sie hat diese Antwort schon irgendwie kommen sehen. Langsam und vorsichtig nähern sich die beiden Frauen schließlich dem im Todeskampf befindlichen Hengst. Dieser ist inzwischen so schwach, dass er keinen Fluchtversuch mehr unternimmt, nein, nicht einmal versucht aufzustehen. Einzig seine Augen beobachten die zwei so genau wie es ihm noch möglich ist und seine Nüstern zucken tonlos in der kalten Nachtluft. So aus der Nähe sieht er noch viel bemitleidenswerter aus, als eben von Weitem. Mit einem traurigen Seufzen hocken sich die beiden Frauen neben ihn und Victoria öffnet ihre Tasche. Sie holt ein Stethoskop heraus und lauscht kurz auf den Herzschlag und die Atmung, auch wenn es bei diesem Lärm nicht so einfach. Dennoch hört sie genug, um ihre Vermutungen zu bestätigen. Für das Pferd kommt mittlerweile jede Hilfe zu spät. So wie es aussieht, muss es schon tagelang hier festsitzen, doch es wird wahrscheinlich unmöglich sein, den Besitzer ausfindig zu machen, um ihn dafür bestrafen zu können. Gewissenhaft beginnt die Veterinärin eine Spritze aufzuziehen, um das Tier von seinen Schmerzen zu erlösen, während Beverly behutsam über den Kopf des teilnahmslosen Hengstes streichelt. „Gleich wirst du dich besser fühlen…“, haucht die Blondine. Kurz darauf setzt Victoria die Spritze an seinen Hals. Langsam entschwindet das Tier und haucht sein Leben aus und dies scheinen auch die Geisterpferde mitzubekommen. Auf einmal beenden sie schlagartig ihren nächsten Angriff und verharren regungslos. „Was ist denn nun los?“, fragt Peter verwundert und stellt das Feuer ein. Seine drei Kollegen tun es ihm gleich. Alle Pferde richten ihren Blick auf den sterbenden Hengst aus. Die Geisterjäger folgen ihrem Beispiel und sehen, wie die Ärztin ein letztes Mal den Herzschlag kontrolliert. Über den gesamten Strand legt sich betroffenes Schweigen, bis sich der momentane Leithengst bedächtig in Bewegung setzt. Schussbereit richten die Jungs wieder ihre Strahler auf ihn, doch von ihm scheint keine Gefahr mehr auszugehen. Stattdessen läuft er langsam zum Leichnam seines Artgenossen hinüber. Beverly und Victoria entfernen sich, um ihm Platz zu machen. Der Leithengst scheint sie daraufhin dankend anzusehen, ehe er den Kopf senkt. Sein durchscheinendes Maul drückt sich gegen die Nüstern des Verstorbenen, als wolle er damit seine Trauer zum Ausdruck bringen. Plötzlich jedoch beginnt der tote Körper weißlich zu glühen. In der vorherrschenden Dunkelheit erhebt sich die Seele des toten Hengstes aus seinem irdischen Kokon und manifestiert sich vor den Augen der Anwesenden. Mit freudigem Wiehern wird er von dem Leithengst begrüßt, in das schnell auch die ganze Herde einstimmt. Noch etwas neben sich macht der neugeborene Geist ein paar Schritte und wendet sich dann zu den zwei Frauen um. Victoria hat in der Zwischenzeit ein dünne Plane über dem Leichnam ausgebreitet. Etwas irritiert betrachtet der Geist das Gebilde, das vor kurzem noch seine lebende Hülle war, dann tritt er etwas näher heran. Sanft drückt er seinen substanzlosen Kopf gegen die Hand der Ärztin. „Jetzt bist du endlich frei…“, haucht sie dem Tier sanft entgegen. Kurz darauf trennt es sich von ihr und geht mit dem Leithengst zur Herde zurück. „Ich denke, das war es, oder?“, entkommt es Winston. Dann jedoch beginnen die Fallen zu hüpfen und Funken zu sprühen. „Vermutlich, aber wir sollten die anderen Pferde vielleicht wieder rauslassen, meint ihr nicht? Sonst geht das Ganze wohlmöglich wieder von vorne los…“, schlägt Raymond vor. Einvernehmlich nicken die anderen und schon machen sie sich daran, die Fallen zu öffnen, damit die anderen Pferde zu ihrer Herde zurückkönnen. Für einen Moment herrscht so etwas wie Wiedersehensfreude, dann wandern die Geister den Strand entlang und verlieren dabei immer mehr von ihrer Gestalt. Wenig später ist von ihnen nichts mehr zu sehen und im Osten erhebt sich ganz langsam die Sonne über den Horizont. Mit den ersten Strahlen dieses neuen Tages verabschieden sich die Geisterjäger von der Tierärztin und fahren wieder Richtung Heimat. „Soll ich euch wieder zurück ins Motel fahren?“, fragt der Mechaniker schließlich. „Ich denke nicht. Ich werde wohl einfach bei euch auf der Couch schlafen und wir vertagen das Ganze auf ein anderes Mal.“, erwidert ihm Beverly lächelnd, aber mit leichtem Wehmut. Neben ihr sitzt Peter tief in sich zusammengesunken und schläft den Schlaf der Gerechten… Kapitel 32: Dead dogs life longer --------------------------------- Gemächlich schlendern der Mann und sein Hund die Stufen zur Brücke empor. Der englischen Bulldogge hängt die lange Zunge aus dem mit Sabber beschmierten Maul und sie gibt bei jedem Schritt ein schnaufendes Grunzen von sich, das aber nichts mit Altersschwäche oder dergleichen zu tun hat. Im Gegenteil, so drückt Bobby seine Freude über diesen schönen, sonnigen Aprilnachtag aus. Die angenehme Wärme weckt die Lebensgeister in seinem gedrungenen, kleinen Körper und er genießt den Spaziergang sichtlich. Mit seinem doch recht simplen Hundegehirn versteht er sowieso nicht, warum alle Menschen in letzter Zeit so ein Aufheben um diese Brücke machen. Bill Shelton, sein Herrchen, versteht das Ganze allerdings genauso wenig. Die teils wilden Geschichten, die man sich erzählt, wecken in ihm weder Furcht noch Vorsicht, hält er sie doch alle für Unsinn oder ein dummes Unglück, weil die Leute scheinbar nicht in der Lage sind auf ihre Hunde aufzupassen. Von daher macht er sich keine Gedanken. Sollen die Leute doch behaupten was sie wollen, Bobby und er verstehen sich bestens und die Bulldogge hat auch noch nie einen seiner Befehle missachtet oder etwas Dummes getan. Daher setzen die zwei ihren Weg unbeirrt fort. Die Overtoun Bridge besteht aus weißgrauen Granitsteinen und stammt noch aus dem Jahr Achtzehnhundertfünfundneunzig. Sie ist fünfzehn Meter hoch, von dichtem Wald umgeben und heute nur noch für Fußgänger zugelassen. Vor etlichen Jahrzehnten fuhren hier noch Kutschen und Autos entlang, um zum Overtoun House am Ende der Brücke zu gelangen. Doch das einst so prunkvolle Hotel liegt schon lange brach und von daher hat man die Zufahrt gesperrt. Wanderer und insbesondere Hundebesitzer benutzen die Brücke und den Wald rundherum aber sehr gern, erst recht, weil sie hier keinen Verkehr fürchten müssen. Zudem bietet die Brücke eine herrliche Aussicht über Salem und andere kleine Orte New Hampshires, die noch nicht den erdrückenden Hall einer heranwachsenden Großstadt in Nacken tragen. In der letzten Zeit sieht man aber immer weniger Leute mit ihren Hunden hier spazieren gehen, da sie um das Leben ihrer geliebten Begleiter fürchten. In den vergangenen Wochen kam es fast täglich zu einem Unglück, bei dem sich die Tiere ohne jegliche Vorwarnung von ihren Besitzern losrissen und dann einfach zum Rand der Brücke gerannt sind, nur aus dem einzigen Grund, sich die fünfzehn Meter in die Tiefe zu stürzen und eines qualvollen Todes zu sterben. Niemand konnte sich dieses seltsame Verhalten erklären, das vor keinem Hund haltzumachen scheint. Dabei spielt weder das Alter, noch die Rasse oder gar die Erziehung des Hundes eine Rolle. Sie gehorchten plötzlich ganz einfach nicht mehr und begangen diesen skurrilen Selbstmord. Verständlich das die Leute deswegen vollkommen fertig sind und sich nicht mehr mit ihren Tieren in die Nähe dieser verfluchten Brücke trauen. Die schwer gezeichneten und unter Schock stehenden Besitzer haben alles Mögliche versucht, um herauszufinden, was ihre Lieblinge nur zu so einer sinnlos anmutenden Tat bewegt hat. Ganze Hundertschaften besorgter Bürger und Tierschützer haben tagelang die ganze Brücke von oben bis unten abgesucht und den Wald Zentimeter für Zentimeter durchkämmt, aber nichts gefunden, dass dieses Verhalten erklären könnte. Doch all diesen Geschichten zum Trotz macht sich Bill keine Gedanken, dass sein Bobby auf so eine absurde Idee kommen könnte. Und selbst wenn, würde es dem stämmigen Rüden selbst dann nicht gelingen, die brusthohe Brüstung der Brücke hinaufzuspringen, wenn er es wirklich aus tiefster Seele wollen würde. Dafür ist er einfach nicht gemacht und er hatte auch noch nie wirklich ein Interesse daran sich sportlich zu betätigen, weshalb er schon fast einer Kugel mit Beinen daran gleicht. Etwa in der Mitte der Brücke machen die zwei dann eine Pause. Bill stellt sich an einen burgähnlichen Rundbogen, der die Brücke in gewissen Abständen ziert, steckt sich eine Zigarette an und betrachtet den üppig grünen Wald, während die englische Bulldogge alle Viere von sich streckt und sich auf dem kühlen Granitstein ausruht. Einige Minuten herrscht so friedliche Stille und die beiden hängen gewissermaßen ihren eigenen Gedanken nach. Dann jedoch hebt Bobby plötzlich und äußerst ruckartig den Kopf. Bill blickt weiterhin auf den Wald hinab und bemerkt davon nichts. Die Bulldogge legt nun den Kopf schief und spitzt die Ohren, lauscht in die Stille, die nur von einigen Singvögeln unterbrochen wird. Doch sie scheinen keineswegs sein Interesse geweckt zu haben. Lauschend legt der Rüde den Kopf auf die andere Seite und macht ein nachdenkliches Gesicht, das seinem faltigen, eher eingerückten Antlitz allerdings eher den Ausdruck ziemlicher Umnachtung verleiht. Doch davon lässt sich das Tier nicht beirren und steht langsam auf. Mit gespitzten Ohren geht der Rüde zur Brüstung und stellt sich daran auf die Hinterbeine. Ein leises Winseln dringt an Bills Ohren und er blickt hinunter. Mit heraushängender Zunge blickt der Hund ihn an. „Na, mein Dickerchen. Willst du auch die Aussicht genießen?“, fragt er das Tier etwas belustigt, woraufhin der Hund fröhlich mit seinem Schweineschwänzchen zu wedeln beginnt, als hätte er genau verstanden, was sein Herrchen gesagt hat. Grinsend beugt sich Shelton hinab und nimmt den Hund auf die Arme, sodass er über die Brüstung blicken kann. „Hübsch, nicht?“, fragt er das Tier völlig beiläufig, als würde er sich mit einem anderen Menschen unterhalten. Da es diesen in seinem Leben aber nicht mehr gibt, hat er sich schon vor langer Zeit angewöhnt eben mit seiner Bulldogge zu reden. Sie kann ihm zwar nicht wirklich antworten, doch wenigstens hört sie ihm zu und meckert ihn nicht aus, so wie es seine Ex-Frau liebend gern gemacht hat. Bobby´s Antwort besteht in einem erneuten Schwanzwedeln und einem grunzenden Laut. Dann hält er die Nase in die Luft und schnüffelt. Allmählich wird ihm der massige Hund doch etwas schwer und er will ihn wieder absetzen, doch der Rüde verfolgt einen anderen Plan. Mit gespitzten Ohren lauscht er ein letztes Mal, legt den Kopf noch einmal prüfend auf die Seite und dann windet er sich aus Bills Armen, ehe dieser ihn wieder auf den Boden setzen kann. Es gelingt dem Hund so auf die Brüstung zu kommen. Perplex starrt sein Herrchen ihn an. „Was tust du?“, will er von dem Rüden wissen. Dieser scheint jedoch völlig abwesend zu sein, dreht sich nicht einmal zu ihm herum, sondern starrt nur in den Abgrund. Bevor Bill realisieren kann, was passiert, macht der sonst so gleichgültig wirkende Hund einen Satz nach vorn und springt von der Brüstung! Fassungslos blickt ihm der Mann hinterher, ehe ein Zucken durch seinen Körper jagt und er hastig das Ende der Leine ergreift. Im letzten Moment bekommt er es zu fassen. Schwer atmend blickt Bill über die Brüstung und sieht seinen Hund am Ende der Leine baumeln. Etwas hilflos strampelt das Tier mit den Beinen und gibt ein leichtes Röcheln von sich. Der Mann, dessen Haare in den letzten zwei Jahren langsam angefangen haben zu ergrauen, ist nicht zum ersten Mal froh darüber, dass Bobby nie der Typ Hund war, der ein Würgehalsband nötig hatte, sonst wäre er jetzt wohl trotz des beherzten Eingreifens seines Besitzers hinüber. Dennoch bemüht sich Bill schnellstens das Tier wieder nach oben zu ziehen, damit er sich nicht doch noch verletzt. Als er ihn wieder sicher auf dem Boden absetzt, schüttelt sich der Rüde etwas und blickt ihn dann schwanzwedelnd an, als wäre nichts gewesen. Eine ziemliche Erleichterung macht sich in Shelton breit, scheint es seinem Gefährten doch gut zu gehen. Dennoch wird er ihn nachher wohl zum Tierarzt bringen, nur um ganz sicher zu sein. „Was hast du dir nur dabei gedacht?“, schimpft er den Rüden halbherzig aus, der nur fragend den Kopf auf die Seite legt. Von ihm wird er wohl keine Antwort bekommen, obwohl er sie jetzt wirklich bräuchte. Stattdessen antwortet ihm aber etwas anderes. Unter der Brücke wird auf einmal ein Geräusch laut. Es klingt irgendwie zornig und endtäuscht. Verwundert blickt Bill nach unten, doch im dichten Wald kann er nichts erkennen. Das Geräusch wiederholt sich, diesmal lauter. Es gleicht nun einem wütenden Knurren. Und nun kann der Mann auch ein merkwürdiges Licht zwischen den Bäumen erkennen. Es pulsiert und glüht in verschiedenen Farben. „Törichter Mensch, gib ihn mir!“, dringt eine abgrundtief böse Stimme plötzlich zu ihm hinauf. Unbekannte Angst erfasst Shelton und er weicht ruckartig von der Brüstung weg. „Nein!“, gibt er erschrocken von sich, dann schnappt er sich Bobby und rennt mit ihm davon, so schnell er kann… Mit einem feucht-schlabbernden Geräusch gleitet die lange Zunge der Bulldogge über Raymonds Gesicht. Kichernd streichelt der Rothaarige dem Hund über den gedrungenen Kopf. Ein nachsichtiges Lächeln zeichnet sich auf Bills Gesicht ab, als der den Mechaniker kurz beobachtet, dann wirkt er wieder sorgenvoll und blickt die drei Kollegen des jungen Mannes hilfesuchend an. Nachdem, was er gestern auf der Overtoun Bridge erlebt hat, ist er sich sicher, dass da etwas nicht mit rechten Dingen zugeht und hofft nun, dass die Geisterjäger eine Lösung dafür finden werden, wo es vorher doch Niemandem gelungen ist eine Ursache dafür festzustellen. „Mr. Shelton, führen Sie uns doch bitte zu der Stelle, an der sich das Ganze zugetragen hat.“, bittet ihn Egon und zieht sein PKE-Gerät hervor. „Sicher doch. Aber ich bin schrecklich nervös. Was, wenn es wieder passiert und ich Bobby diesmal nicht mehr rechtzeitig halten kann?“, bedrückt blickt er zu dem Hund hinunter, der sich inzwischen von Ray getrennt hat und nun schwanzwedelnd zu seinem Herrchen aufsieht. „Ich denke, da können Sie unbesorgt sein. Wie Sie schon richtig festgestellt haben, wäre der Hund von allein sicher nie auf die Brüstung gekommen, von daher dürfte er sicher sein und zur Not sind wir ja alle da, um einzugreifen.“, versucht ihn Raymond zu beruhigen. Ein Seufzen entkommt dem leicht ergrauten Mann und er blickt etwas skeptisch auf seinen vierbeinigen Freund hinab. Dieser lässt fröhlich sabbernd die Zunge heraushängen und wedelt wieder mit dem kurzen Schwanz. „Ok, gehen wir…“, kommt es noch nicht ganz sicher von Bill, dann setzt sich die kleine Truppe in Bewegung. Alles wirkt sehr friedlich. Auch heute scheint wieder einladend die Sonne und es ist herrlich mild. Die Vögle singen aus voller Kehle, der Himmel ist blau mit einigen wenigen Schönwetterwolken und der üppig grüne Wald duftet würzig. Eigentlich der ideale Tag zum Spazierengehen, doch außer den fünf Männern und der Bulldogge ist hier weit und breit niemand zu sehen. Langsam und aufmerksam bewegen sie sich fort und erreichen gut fünfzehn Minuten später die Stelle, an der beinahe das Unglück passiert wäre. „Da sind wir. Genau dort habe ich an der Brüstung gestanden und geraucht, während Bobby keine zwei Meter von mir auf dem Boden gelegen hat.“, berichtet Shelton und deutet auf die burgähnliche Ausbuchtung an der Brüstung. Prüfend begibt sich der Tüftler an dieselbe Stelle und bewegt suchend sein PKE-Gerät durch die Luft. Allerdings macht die Nadel der Anzeige nicht wirklich Anstalten sich zu bewegen, zuckt nur ganz leicht auf und ab, doch das kann man nicht als ein Signal werten. „Hm…“, gibt der Blonde nachdenklich von sich und wendet sich zu den anderen um. „Noch kann ich keine geisterhaften Aktivitäten feststellen…“ Erleichterung macht sich auf Bills Gesicht breit. „Heißt das dann, dass dieses Ding weg ist?“, fragt er hoffnungsvoll. „Es könnte möglich sein. Doch nachdem, was Sie uns erzählt haben und was hier alles passiert ist, müssen wir wohl eher davon ausgehen, dass dieses Wesen nur auf einen geeigneten Augenblick wartet, um zuschlagen zu können. Und da Sie und Bobby mittlerweile die Einzigen sind, die sich hier noch aufhalten, bin ich sicher, dass das Wesen alles daransetzen wird, den Hund in die Finger zu bekommen.“, entgegnet ihm der Rothaarige. „Das sehe ich auch so. Diese Anomalie wartet geduldig ab, weil ihr vielleicht nichts anderes übrigbliebt. Vermutlich dienen ihr die Hunde als Nahrung oder Energiequelle, aber das ist unmöglich zu sagen, solange wir nicht bestimmen können, um was es sich genau handelt.“, ergänzt Egon. Bill ist anzusehen, dass ihm diese Antwort keineswegs gefällt, aber ändern kann er sie ja auch nicht. Seufzend lässt er die Schultern hängen. „Ok, dann warten wir einfach ab und rauchen eine.“, meint Peter schließlich, woraufhin ihn seine Kollegen irritiert ansehen. „Von uns raucht doch aber keiner, Venkman. Oder willst du damit jetzt allen Ernstes anfangen?“, fragt ihn Winston. „Natürlich nicht. Ich meinte viel mehr, dass Mr. Shelton eine rauchen soll. Wir machen alles so, wie zum Zeitpunkt des Vorfalls, um ausschließen zu können, dass wir das Vieh anlocken und nicht der Hund. Wir halten uns im Hintergrund und beobachten das Ganze, bis etwas passiert und dann sehen wir weiter.“, erläutert der selbsternannte Chef und sieht zu Bill hinüber. „Von mir aus. Wenn es euch hilft? – Ok Bobby, leg dich schön hin.“, weist er den Hund an. Dieser reckt sich gähnend und lässt sich dann mit ausgestreckten Beinen auf den Bauch sinken, während Bill eine Zigarette hervorholt und sich an die Brüstung stellt. Mit der Kippe zwischen den Lippen dreht sich Shelton noch einmal zu den Geisterjägern herum und betrachtet sie etwas unsicher. Die Jungs haben sich derweilen an die gegenüberliegende Brüstung zurückgezogen, also sieht er noch mal zu seinem Hund. Bobby hat mittlerweile die Augen geschlossen und döst grunzend im Sonnenlicht. Tonlos seufzt Bill, holt sein Feuerzeug hervor und zündet seine Zigarette an. Gedankenverloren blickt er wie gestern über den Wald hinweg, während sich sein blaugrauer Rauch in alle Winde zerstreut. Mit jeder Minute die vergeht, bekommt er immer mehr das Gefühl, dass es nicht klappen wird. Das einfach nichts passiert und die vier Männer wieder abziehen werden. Als er beim Filter der Zigarette ankommt, versucht er sich langsam mit diesem Gedanken anzufreunden und auch mit dem, sich eine andere Route zum Gassigehen zu suchen. Langsam drückt sich Bill von der Brüstung weg, lässt den glühenden Stummel fallen und zerdrückt ihn mit dem Hacken. In diesem Moment öffnet Bobby ruckartig die Augen… Der Bulldogge entkommt ein überrascht wirkendes Grunzen. Er legt den Kopf erst auf die linke Seite, dann auf die rechte und lauscht. „Ich glaube, es geht los…“, entkommt es Winston. Seine Stimme ist zu einem Flüstern gedämpft, als wolle er verhindern, dass der Hund sich von ihm ablenken lässt. Die Augen der Geisterjäger richten sich starr auf den Hund und Bill verharrt wie angewurzelt auf seinem Platz an der Brüstung und blickt stur weiterhin in den Wald. Noch einmal dreht Bobby den Kopf hin und her, dann steht er langsam auf. Mit einem Schwanzwedeln trottet er zur Brüstung hinüber, stellt sich auf die Hinterbeine und legt die Vorderbeine gegen den Granitstein. Er gibt ein Winseln von sich, um die Aufmerksamkeit seines Herrchens zu bekommen und dieser wendet ihm unsicher den Blick zu. Bill betrachtet ihn, doch seine Worte richtet er an die Geisterjäger. „So war es auch beim letzten Mal und dann habe ich ihn hochgehoben, weil ich dachte, dass er auch ein bisschen die Aussicht genießen wolle…“ Nun sieht er die vier Männer an. In seinem Blick liegt etwas, als wolle er sagen: ‚Hört sich verrückt an, oder? Aber Hundebesitzer sind nun mal komisch…‘ Er zuckt mit den Schultern, was seinen Blick unbewusst noch unterstreicht. Allerdings halten ihn die Jungs nicht für verrückt. Allein schon durch ihre Arbeit wissen sie, dass Menschen zu den faszinierendsten Ideen in der Lage sind. Ganz besonders Haustierbesitzer oder Eltern, auch wenn das nichts mit etwas Übernatürlichem zu tun haben muss. „Heben Sie ihn diesmal nicht hoch. Vielleicht gelingt es uns so das Wesen aufzuspüren.“, rät ihm Peter. Shelton nickt langsam und blickt zu Bobby hinunter, der mit heraushängender Zunge schwanzwedelnd dasteht und ihn mit großen Augen ansieht, fast so, als wolle er um ein Leckerli betteln. Vorsichtig nähert sich Egon der Brüstung und hält wieder prüfend sein PKE-Gerät in die Luft. Die Nadel steigt ruckartig in die Mitte der Anzeige. Dann gibt der Hund ein ungeduldiges Bellen von sich und versucht an der Brüstung hochzuspringen. Es fällt Bill sichtlich schwer nicht darauf einzugehen, dennoch schweigt er und betrachtet sich das merkwürdige Verhalten seines Hundes. Dieser wird immer ungeduldiger und sein Bellen nachdrücklicher. In diesem Moment schnellt die Nadel des PKE-Geräts so heftig ans Ende der Anzeige, dass es einen Kurzschluss gibt. Überrascht betrachtet der Tüftler das feine Rauchfähnchen, das aus dem Gehäuse aufsteigt. „Faszinierend…“ Doch weiter kommt er in seinen Gedanken nicht, da springt Bobby an seinem Bein hoch, wohl in der Hoffnung, von ihm mehr Beachtung zu bekommen, als von seinem Herrchen. Mit einer Mischung aus Abweisung und Überforderung blickt Egon auf die Bulldogge hinunter. Das Tier scheint schnell zu merken, dass es bei dem Blonden wohl an der falschen Adresse ist, weshalb es seine Bemühungen einstellt. Stattdessen stellt sich Bobby wieder auf alle viere, lauscht kurz und rennt dann plötzlich den Weg zurück, den sie gekommen sind. Für einen Sekundenbruchteil erstarren alle in ihrer Position. Scheinbar versucht Bobby nun einen anderen Weg zu diesem Wesen zu finden und will zum Aufgang der Brücke. „Haltet ihn!“, brüllt Venkman schließlich und holt sie alle wieder in die Wirklichkeit zurück. Schnell sprinten sie hinter der Bulldogge her, doch es ist nicht allzu schwer, sie einzuholen, mit ihren kurzen Beinen und dem gedrungenen Körper. So kommt der Hund keine fünf Meter weit, ehe Ray das Ende der Leine zu fassen bekommt und ihn zurückhält. Überrascht blickt sich der Hund nach ihm um und zerrt dann nachdrücklich an seiner Leine, doch der Mechaniker bleibt stillstehen, auch wenn er verblüfft von der Kraft ist, die in diesem kleinen Hund steckt. „Du meine Güte! Was auch immer das ist, es verändert meinen Bobby vollkommen…“, kommt es kopfschüttelnd von Bill, als er Ray die Leine abnimmt. „Das ist nichts Ungewöhnliches. Diese Fähigkeit besitzen sehr viele Gestalten. Doch es ist wirklich perfide, mit welcher Hartnäckigkeit es versucht, dem Hund die Lebensgeister auszuhauchen…“, erwidert der Mechaniker traurig. „Raymond! Sieh dir das bitte mal an!“, ruft ihm Egon plötzlich zu. Der Tüftler hat sich nicht am Wiedereinfangen des Hundes beteiligt, sondern weiterhin die Stelle an der Brüstung untersucht. Nun scheint er etwas Interessantes gefunden zu haben. Schnell kommen die anderen zu ihm zurück. Bill würde sich das Ganze auch gern ansehen, doch Bobby stellt sich so stur, dass er ihn nicht vom Fleck bekommt. „Hast du etwas gefunden, Egon?“, ruft der Rothaarige ihm schon von weitem zu. Nachdrücklich legt sich der Tüftler jedoch einen Finger auf die Lippen, um ihm anzudeuten, leiser zu sein. Etwas überrascht macht Ray den Mund wieder zu und stellt sich neben ihn. Spengler deutet mit dem Finger in den dichten Wald unterhalb der Brücke. Angestrengt versucht der Jüngere etwas in dem undurchdringlichen Grün und Braun auszumachen. Bevor er jedoch etwas sehen kann, vernimmt er ein Geräusch, das sich stark wie das Knurren eines großen Raubtiers anhört. Winston und Peter blicken nun auch hinab und plötzlich wird ein Glimmen zwischen den Bäumen sichtbar. „Dumme Menschen…!“, haucht eine tiefe Stimme zu ihnen empor und zwei rote Augen leuchten zornig auf. „Habt ihr das gerade auch gesehen?“, fragt der Brünette irritiert. „Aber so was von…“, erwidert ihm Winston. „Wisst ihr jetzt, was es ist?“, fragt Bill und zerrt seinen bockenden Hund mühevoll hinter sich her. „Noch nicht mit hundertprozentiger Sicherheit. Doch es könnte sich wohlmöglich um einen Dämon handeln, der versucht einen Weg aus der Unterwelt in diese Welt zu finden.“, entgegnet ihm der Blonde. „Das denke ich auch. Und um das zu schaffen, braucht er jede Menge Energie, die er selbst wohl nicht hat. Daher versucht er mit Hilfe der Lebensenergie der Hunde ein Portal zu öffnen. So wie es scheint, braucht er dafür mit Sicherheit auch nur noch ein Tier, weshalb er umso bemühter ist, Bobby in die Finger zu bekommen.“, ergänzt der Mechaniker. Erschrocken versucht Bill das alles zu verarbeiten, während sein Hund weiterhin darum bemüht ist, einen Weg nach unten zu finden. „Könnt ihr denn verhindern, dass das passiert? Ich meine, ich weiß ja jetzt, das dort etwas ist. Doch wenn sich wieder erwartend doch mal ein anderer hierher verirrt, dann kommt dieser Dämon doch durch das Portal, oder?“ „Das stimmt. Daher müssen wir versuchen, das zu verhindern. Ich denke mal, dass wir dieses Biest einfangen können und dann den möglichen Durchgang verschließen, damit es nicht wieder passiert.“ Peters Stimme klingt ganz so, als wäre er sich da ganz sicher und würde lediglich die weitere Vorgehensweise erläutern. Doch eigentlich ist es mehr eine getarnte Frage, weshalb er zu Egon hinübersieht und sich Bestätigung erhofft. Der hochgewachsene Mann nickt nur stumm, als wolle er Peters Autorität vor ihrem Kunden nicht infrage stellen. Eine gewisse Dankbarkeit schlägt sich in den grünen Augen des Anführers nieder, die aber schnell wieder von Ernsthaftigkeit verdrängt wird. „Mr. Shelton, bleiben Sie mit Bobby hier. Wenn es geht, so dicht wie möglich an der Brüstung. Doch sehen Sie nicht über den Rand! Der Dämon soll lediglich denken, dass er noch eine Chance hat. Wir gehen in den Wald hinunter und versuchen das Vieh zu beseitigen.“ Während die Bulldogge und ihr Herrchen sich halbherzig darum streiten, wo es nun hingeht, erreichen die Jungs den Treppenaufgang der Brücke. Doch sie benutzen ihn nicht, sondern nehmen den ausgetretenen Pfad auf der gegenüberliegenden Seite, um in das Waldstück zu kommen, in dem sie den Dämon ausgemacht haben. Die Sonne scheint hell und angenehm, doch als sie in den Schatten der Brücke und der Bäume treten, wird es schlagartig dunkel und mehrere Grad kühler; wie ein zarter Morgen, der noch halb mit der Nacht im Kampf liegt. Prüfend zählen sie die burgähnlichen Ausbuchtungen der Brüstung, damit sie die richtige Stelle wiederfinden. Um den Überraschungsmoment nicht zu zerstören, bleibt das Ersatz-PKE-Gerät ausgeschaltet. Allerdings stellt sich heraus, dass sie gar keine Hilfsmittel benötigen, um die richtige Stelle zu finden, denn schon in einiger Entfernung ist die Luft so statisch aufgeladen, dass sich einem die Nackenhaare aufstellen und man von einem ganz beklemmenden Gefühl übermannt wird. Unweigerlich schüttelt sich Raymond. „Oh Mann, das ist ja richtig unheimlich…“, gibt er von sich. Seine Stimme wirkt in der bedrückenden Stille hier unten völlig fehl am Platz. Nicht einmal das Singen der Vögel ist hier zu hören, obwohl es am Waldrand eben noch vollkommen deutlich war. Die Anwesenheit des Dämons scheint diesen Teil der Brücke jedoch so einzunehmen, das er wie ein in sich abgeschlossener Bereich wirkt, der jegliche Verbindung zur Außenwelt verloren hat. Vorsichtig nähern sich die Ghostbusters noch ein Stück. Neben ihnen erstreckt sich nun die Stelle, von der sie nach unten gesehen haben. Direkt vor ihnen befindet sich ein Rundbogen in der Brücke. Diese Aussparung ist fast zehn Meter hoch und dennoch ist sie bis zur Hälfte mit Sträuchern und kleinen Bäumen aufgefüllt, sodass nur ein schmaler Streifen Licht hindurch fällt. Die Präsenz des Dämons ist hier jedoch förmlich greifbar, sodass die Jungs vermuten, dass sich der Zugang zur Unterwelt in diesem Rundbogen befinden muss. Förmlich im selben Atemzug bestätigt sich diese Vermutung, als das rote Glühen der Augen wieder sichtbar und ein verstimmtes Fauchen laut wird. „Gebt mir diese niedere Lebensform und verschwindet, elende Menschen!“, tönt es zornig aus dem Rundbogen hervor. „Vergiss es, Freundchen! Aber wir haben dir etwas viel Schöneres mitgebracht!“, höhnt Peter und greift zum Protonenstrahler. Seine Kollegen tun es ihm gleich und gemeinsam schießen sie auf das Etwas im Rundbogen. Die Luft an dieser Stelle beginnt zu wabern, so als wäre die Aussparung in der Brücke nur ein Hologramm auf einer Leinwand, die durch den Beschuss nun in Bewegung geraten ist. Zudem fangen die ziemlich trockenen Sträucher und Bäume fast augenblicklich Feuer, das den weißlich-grauen Granit der Stützen schwarz versenkt. Eigentlich müsste man jetzt denken, dass der Dämon sich zurückzieht, aus Angst vor dem Unbekannten, doch dem ist nicht so. Stattdessen scheint er schnell zu merken, dass die unbekannte Energie dieser merkwürdigen Waffen ihm nicht unbedingt schadet, sondern vielmehr den Durchgang für ihn öffnet. „Ja! Ja! Mehr!“, dringt es erfreut unter dem Rundbogen hervor. Dem kommen die Geisterjäger unaufgefordert nach und langsam wird der Durchgang zur Unterwelt sichtbar. Die Begeisterung des Dämons wächst mit jedem Augenblick und er drängt sich erwartungsvoll von der anderen Seite gegen die Membran. Je dünner diese wird, desto mehr wird von dem ungewollten Besucher sichtbar. Müsste man dieses Etwas in einem Wort beschreiben, würde es ‚Wiesel‘ wohl noch am ehesten tun. Doch entgegen dieses kleinen Beutegreifers ist der Dämon riesig, nimmt förmlich den gesamten Bereich unter der Brücke ein. Ein Fell scheint er nicht zu haben, stattdessen nackte, schuppige Haut. Seine Ohren sind halb zerfetzt und ähneln mehr denen einer Katze. Seine Pfoten sind riesig, gleich den Pranken eines Bären. Lange, spitze Zähne drängen sich im verhältnismäßig kleinen Maul. Im Gegensatz zum nackten Körper, ist der Schwanz jedoch mit buschigem, braunen Fell überzogen und an der Spitze befindet sich eine riesige, keulenartige Verdickung, die einen an einen Dinosaurier denken lässt. Die Jungs haben kaum Gelegenheit, diesen Anblick zu verarbeiten, da zerreißt auch schon die Membran mit einem ploppenden Geräusch, als würde man ein unter Vakuum stehendes Gemüseglas öffnen. Heiße, stinkende Luft schlägt von der anderen Seite heraus und facht das Feuer unter der Brücke nur noch mehr an, sodass es jetzt schon fast den Rand der Brüstung erreicht. Den Dämon scheint das nicht zu stören, er tritt einfach über die Flammen hinweg und steht plötzlich direkt vor den vier Männern, die ihm die Freiheit geschenkt haben. Gierig und mit großen Augen blickt sich das Wesen in dieser neuen Welt um. „Ändert schnell die Frequenz, damit wir ihn einfangen können!“, brüllt Venkman über das Züngeln der Flammen und den Freudenlauten des Dämons hinweg. Doch das ist leichter gesagt, als getan. Als sich das Wesen in Bewegung setzt, fangen nicht nur noch mehr Sträucher und Bäume Feuer, sondern erbebt der Boden auch so stark, dass die Ghostbusters umfallen wie Pins beim Kegeln. Die Brücke erzittert ebenfalls und es ist fraglich, ob sie diesem Erdbeben lange standhalten kann. Erst nach mehreren Augenblicken gelingt es den Jungs wieder auf die Füße zu kommen und ihre Kanonen einsatzbereit zu machen. Inzwischen ist das Wiesel schon ein gutes Stück vorwärtsgekommen und wird bald die Stelle erreichen, an der die Jungs in den Wald hinuntergestiegen sind und dann ist die Stadt Salem auch nicht mehr weit! Doch das werden die vier auf keinen Fall zulassen und so jagen sie dem Vieh eine ordentliche Ladung Protonen mitten in den Rücken. Ruckartig bleibt der Dämon stehen, schüttelt sich kurz und blickt sich dann grinsend nach dem vier Männern um. „Das kitzelt!“, gibt er lachend von sich. Dann schlägt er einmal kraftvoll seinen Keulenschwanz auf den Boden, sodass erneut alles um ihn herum zu beben beginnt und die Jungs sich nicht mehr aufrecht halten können. Anschließend wendet er sich glucksend wieder um und setzt unbeirrt seinen Weg fort. „Verdammt Egon! Hast du nicht gesagt, dass wir dieses Vieh einfangen können!“, blafft der Brünette den Tüftler an und versucht wieder auf die Beine zu kommen. Etwas durcheinander richtet sich der Blonde seine Brille. „Um genau zu sein, hast du es gesagt. Ich habe dir lediglich zugestimmt. Doch ich fürchte die Frequenz war zu niedrig…“, rechtfertigt er sich. Venkman wirft ihm einen mahnenden Blick zu, dann sieht er sich wieder nach dem überdimensionalen Wiesel um. Dieses hat mittlerweile den Aufgang der Brücke erreicht… Halb verrückt vor Sorge und Angst sitzt Bill zusammengekauert in der Ausbuchtung der Brüstung und drückt Bobby an sich, der immer noch versucht sich loszureißen. Als das Ploppen des sich öffnenden Durchgangs zu hören ist, stoppt der Hund jedoch seine Bemühungen und scheint wieder zu sich selbst zu finden. Mit einem überraschten Winseln blickt er sein Herrchen an und leckt ihm nervös über die Wange. „Keine Angst, mein Junge. Die Geisterjäger schaffen das schon – hoffe ich…“ Die Unsicherheit in der Stimme des Mannes ist für den Hund nicht zu überhören und macht ihn selbst nur noch unruhiger. Kurz darauf dringt die Stimme des Dämons zu ihnen nach oben, eingehüllt in den beißenden Gestank von Feuer. Shelton presst seinen Hund fester an sich und steht vorsichtig auf, um festzustellen, was eigentlich los ist. Ehe er das jedoch schafft, erbebt die ganze Brücke dermaßen, dass er wieder auf seinen vier Buchstaben landet und Bobby ein erschrockenes Heulen von sich gibt. „Oh Gott, was passiert hier bloß?“ Doch er bekommt keine Antwort. Schwerlich kommt er wieder auf die Beine und versucht erneut einen Blick auf die Situation dort unten zu werfen. In diesem Moment schlagen die Flammen so hoch, dass sie fast über die Brüstung reichen und sich seine Haare schon unter der enormen Hitze zu kräuseln beginnen. Erschrocken weicht er von der Brüstung weg und als er den Blick umwendet, sieht er die Bestie, die die Geisterjäger freigelassen haben. Atemlos starrt er sie an und drückt seinen Hund so fest an sich, dass dieser auch schon Mühe hat Luft zu holen. Kurz darauf erzittert die Brücke ein weiteres Mal. Wieder landet er auf dem harten Granit, doch diesmal kann er Bobby nicht mehr festhalten! Mit einem halben Überschlag landet die Bulldogge auf dem Boden und blickt vorwurfsvoll zu ihm hinüber. Kaum eine Sekunde später kommt Bobby wieder auf die Füße und rennt auch schon los. „Nein!“, ruft Bill ihm hinterher, doch diesmal kann er ihn nicht mehr aufhalten… Als das riesige Wiesel den Aufgang der Brücke erreicht, kommt auch die Bulldogge dort an. Lachend streckt der Dämon seine Pranke nach dem kleinen Hund aus, doch dieser weicht erstaunlich schnell aus. Fassungslos erstarrt Bill mitten im Schritt und bewundert den plötzlichen Mut seines geliebten Haustieres. Auch die Geisterjäger staunen nicht schlecht darüber, wie Bobby sich diesem Riesen in den Weg stellt. Noch findet es der Dämon ganz lustig, zu versuchen, den Vierbeiner zu erwischen, sieht er sich doch als überlegen. Doch dann findet der Hund eine Lücke und schießt wie ein Geschoss nach vorn. Er rammt seine Zähne in den linken Knöchel des Wesens und beißt sich daran fest. Schmerzlich jault das Wiesel auf und versucht ihn abzuschütteln. Doch so leicht lässt sich Bobby nicht vertreiben. Wenn ihm die Pranken oder die Schwanzkeule zu nahekommen, lässt er einfach los und verbeißt sich in dem anderen Bein. Das Heulen des Dämons erfüllt die Luft, während der halbe Wald inzwischen in Flammen steht. „Seht euch nur mal den kleinen Kerl an! Kaum zu glauben!“, gibt Peter anerkennend von sich und dreht am Regler seines Strahlers. „Ja, einfach Wahnsinn! Aber so können wir nicht schießen. Wir würden ihn treffen!“, erwidert Raymond. Vereint versuchen die Jungs die Aufmerksamkeit des Hundes zu bekommen und ihn von der Bestie wegzulocken, doch wirklich gelingen will es ihnen nicht. Stattdessen geht der Kampf des Dämons und der Bulldogge unermüdlich weiter. Die Beine des Wiesels sind schon völlig zerbissen und sein stinkendes, blaugrünes Blut zeichnet makabre Muster auf den hellen Granit. Plötzlich jedoch gibt Egon einen solch hohen und lauten Pfiff von sich, dass nicht nur Bobby und seine Kollegen erschrocken zusammenfahren, sondern auch der Dämon. Für einen Moment sehen die Geisterjäger den Tüftler voller Überraschung an, dann besinnt sich Winston. „Bobby, komm her, Junge, schnell!“, ruft er dem Hund lautstark zu. Dieser trennt sich schwanzwedelnd vom zerbissenen Bein der Bestie und wackelt zu dem Bauarbeiter hinüber. Kaum, dass er aus der Schussbahn ist, eröffnen die Ghostbusters auch schon das Feuer auf das Wiesel. Diesmal ist es nicht nur ein Kitzeln, das er spürt, sondern entsetzlicher Schmerz. Gequält heult das Riesenvieh auf und versucht irgendwie wegzukommen, doch seine zerbissenen Beine schmerzen so sehr, dass er sich kaum aufrecht halten kann. Die hochenergetischen Strahlen zwingen ihn langsam in die Knie. Schließlich wirft Ray eine Falle und betätigt den Auslöser. Für einen Moment scheint die gesamte Brücke förmlich im grellen Licht des kleinen Gefängnisses verschwunden zu sein, dann wird der Dämon unter einem letzten, kraftlosen Protest eingesaugt. „Wir – haben es geschafft…“, kommt es atemlos von Peter, der auf den kühlen Granit der Brücke hinabsinkt. Bobby gibt ein begeistertes Bellen von sich, als würde er sich ebenso über den Sieg freuen. Dann erblickt er sein Herrchen hinter der qualmenden Falle. Nun gibt es kein Halten mehr für die kleine Bulldogge und sie sprintet los. Durch den gedrungenen Körper sieht das Ganze eigentlich urkomisch aus, doch nach alledem ist es einfach nur schön anzusehen. Kraftlos breitet Bill die Arme aus und lässt sich auf die Knie sinken. Der Hund wirft sich praktisch hinein und ihn damit fast um, doch das ist dem Mann vollkommen egal. Weinend und lachend drückt er seinen vierbeinigen Freund überglücklich an sich. Der Anblick wirkt so wundervoll, dennoch durchzuckt Winston eine schreckliche Erkenntnis. „Runter von der Brücke, schnell!“, harscht er sie alle an. Keiner von ihnen versteht, was er damit meint, doch das Entsetzen in seinen dunklen Augen ist so groß, dass sie seinem Befehl augenblicklich nachkommen. Auch Bill und Bobby gelingt es im letzten Moment noch die Brücke zu verlassen. Schon eine Sekunde später gibt es einen gewaltigen Knall an der Stelle, wo sich der Durchgang zu Unterwelt befindet und ein großer Teil der Brücke stürzt krachend zu Boden. Die gewaltige Staubwolke und der schiere Druck des Einsturzes ersticken sogar das immer noch wütende Feuer. Fassungslos blicken die Anwesenden auf den herabgestützten Teil der Overtoun Bridge. „Woher wusstest du das denn?“, fragt Ray seinen Freund atemlos. „Wusste ich gar nicht. Ich hatte nur so ein komisches Gefühl…“, gesteht dieser. „Wie ist das denn passiert?“, fragt nun Bill. Egon geht an ihm vorbei und nähert sich so weit wie möglich dem entstandenen Abgrund. Prüfend schwenkt er sein Ersatz-PKE-Gerät, während die anderen ihn etwas ratlos beobachten. Schließlich nickt der Blonde zufrieden und kommt wieder zurück. „Wie ich es mir gedacht habe. Die Hitze des Feuers und die ganzen Erschütterungen haben den Durchgang in die Unterwelt kollabieren lassen, sodass er schließlich in sich zusammengebrochen ist.“ „Also brauchen wir uns jetzt keine Gedanken mehr darum machen?“, hakt der Schwarzhaarige nach. „Nein, es ist alles wieder in Ordnung. Abgesehen vom entstandenen Schaden natürlich.“, bestätigt der Tüftler. Ein erleichtertes Jubeln geht durch die Truppe und auch Bobby gibt ein begeistertes Bellen von sich. „Was haltet ihr von einem schönen Spaziergang, Leute?“, kommt es schließlich von Venkman. Mit einem Lachen sammeln sie die Falle ein, verlassen die Brücke über den Treppenaufgang und schlendern gemütlich mit Herr und Hund Richtung Salem, das zumindest diesmal nicht brennen muss! Kapitel 33: The lonley book-ghost --------------------------------- Langsam senkt sich der Abend über Phoenixville und die große Bibliothek in Pennsylvania schließt ihre Pforten. In leise Gespräche vertieft begeben sich die zahlreichen Besucher zum Ausgang und das Personal beginnt mit dem Aufräumen. Gemächlich läuft Judy Diment an den deckenhohen Regalen vorbei und sieht in jedem Gang noch einmal nach, ob sich auch kein Besucher mehr hier aufhält. Die junge Frau ist studentische Hilfskraft und arbeitet schon seit einigen Jahren immer in den Semesterferien hier, um sich ein bisschen was für das Studium dazuzuverdienen. Die Arbeit macht ihr unglaublichen spaß, auch wenn es manchmal schon ziemlich anstrengend ist oder die Leute ab und an unfreundlich werden, wenn man ihnen nicht sofort helfen kann. Doch das kümmert sie nicht wirklich. Dafür hat sie viel zu viel Freude an den Büchern. Und jetzt im Sommer sind die meisten Leute auch froh, wenn sie nicht die ganze Zeit zwischen den verstaubten Regalen verbringen müssen und die Sonne noch scheint, wenn die Bibliothek schließt. Von daher ist es jetzt weit einfacher die Besucher nach draußen zu bekommen, als im Winter, wo alle einen warmen Platz suchen und diesen auch nur sehr ungern wieder verlassen wollen. In dem alten Gebäude staut sich zudem auch ziemlich die Hitze, obwohl die nachträglich eingebaute Klimaanlage auf Hochtouren läuft. Mit einem erschöpften Seufzen tritt die Studentin um das letzte Regal und will sich dann schon wieder auf den Weg nach vorn zu ihrem Kollegen machen, als sie innehält und am Ende des Ganges einen Mann entdeckt. Er ist schon sehr alt und trägt eine so dicke Brille, dass Judy unweigerlich an den Boden einer Cola-Flasche denken muss. Das allein ist aber nichts Ungewöhnliches. Viel überraschter ist sie davon, dass er einen dicken Pullover und darüber einen ebenso dicken Pullunder zu tragen scheint. Zu allem Überfluss hat er auch noch einen langen Schal um den Hals gewickelt. Judy ist sich zwar im Klaren darüber, dass ältere Leute oftmals leichter frieren, doch das sieht nun wirklich etwas suspekt aus. Erst recht, da hier drinnen fast dreißig Grad herrschen. Im Endeffekt ist ihr aber auch egal, was er anhat oder nicht, die Bibliothek hat längst geschlossen und er hier nichts mehr zu suchen. Zielstrebig nähert sie sich dem alten Mann. Nachdenklich kann sie ihn murmeln hören. Scheinbar sucht er nach einem bestimmten Buch, doch das hat definitiv auch bis morgen Zeit. Gerade, als sie ihm das sagen will, bleibt sie abrupt stehen und starrt ihn mit offenem Mund an. Direkt vor ihren Augen beginnt der Mann plötzlich zu schweben! Fassungslos betrachtet Judy dieses Phänomen und weiß absolut nicht, was sie tun soll. Ihr Herz verkrampft sich so stark, dass sie kaum noch Luft bekommt. Erstickt versucht sie einzuatmen, doch es will ihr nicht gelingen. Unbeirrt schwebt der alte Mann immer höher das Regal hinauf und betrachtet jeden einzelnen Buchrücken mit akribischer Genauigkeit. Sein irgendwie halbdurchsichtiger Finger gleitet dabei zitternd über die Einbände hinweg. Murmelnd liest er sich jeden Titel vor und schüttelt immer wieder betrübt den Kopf. „Wo ist es nur? Warum nur kann ich es nicht mehr finden?“, stellt er sich zum wiederholten Mal dieselbe Frage. Traurig lässt er die Schultern hängen und schwebt weiter hinauf, um seine vergebliche Suche fortzusetzen. Am Boden gelingt es Judy endlich wieder Luft zu holen und sich aufzurappeln. Auf wackligen Beinen stakst sie in den breiten Mittelgang zurück und als sie sich etwas sicherer fühlt, rennt sie schließlich los. Völlig außer sich kommt sie vorn am Ausleihtresen an, wo der Besitzer der Bibliothek gerade dabei ist die Kasse zu machen. Für einen Moment hebt Stanley Elkin den Kopf und mustert die junge Studentin über das Glas seiner randlosen Brille hinweg. Verwundert hebt er eine Augenbraue, als das Mädchen fast vor seinem Tisch zusammenzubrechen scheint. „Miss Diment, was ist denn nun wieder in Sie gefahren?“, fragt er sie etwas verärgert, da sie ein echtes Talent dafür hat, sich Schwierigkeiten einzuhandeln. Atemlos stützt sie sich auf die Tischplatte und muss dann mehrmals ansetzen, ehe sie ein verständliches Wort hervorbringt. „Ich habe dort hinten gerade einen Geist gesehen!“, platzt es schließlich ungehalten aus ihr hervor. Panisch sieht sie ihren Chef an, doch dieser hebt nur wieder die Augenbraue und mustert sie streng. Geräuschvoll schlägt er die Kasse zu und rückt seine Brille zurecht. „Ich glaube, die Arbeit hier bekommt Ihnen nicht mehr, Miss Diment. Sie werden langsam wunderlich…“ „Nein, bitte! Sie müssen mir glauben! Ich habe dort hinten wirklich einen Geist gesehen!“, beharrt sie weiterhin. Das blanke Entsetzen in ihrem zarten Gesicht scheint Stanley doch irgendwie davon zu überzeugen, dass da etwas dran sein könnte, oder sie zumindest sehr fest davon überzeugt ist etwas Derartiges gesehen zu haben. Innerlich verdreht er jedoch die Augen. Langsam erhebt er sich und steckt den Kassenschlüssel in die Tasche seines Hemdes. „Nun gut. Bevor Sie mir hier noch umkippen, werde ich mir Ihren sogenannten Geist einmal ansehen. Doch, wenn dort nichts ist, werden Sie nach Hause gehen und sich einmal richtig ausschlafen, junge Dame! Immerhin haben Sie Morgen die Frühschicht und da erwarte ich Sie mit klaren Gedanken zurück! Haben wir uns verstanden?“ Nachdrücklich mustert er sie wieder. Doch Judy beharrt weiterhin darauf. Aber zumindest ist sie nun wieder zu Atem gekommen und droht nicht mehr einfach umzufallen. Dennoch zittert sie am ganzen Körper. Ihr Anblick weckt schon einen kleinen Funken Mitleid in Elkin. Andererseits ist er aber auch der Meinung, dass eh alle Studenten Drogen nehmen, was auch ihre hirnrissige Begegnung mit einem angeblichen Geist erklären würde. Am liebsten würde er ihr das einmal mitten ins Gesicht sagen, doch er will sie nicht verlieren. Trotz allem ist sie eine sehr gute Arbeitskraft und er hat furchtbar lange gebraucht, bis er überhaupt eine geeignete Person gefunden hat. Also seufzt er tonlos und lässt sich von ihr zu dem Bücherregal führen, wo sie den Geist gesehen haben will. Dort angekommen blicken die beiden vorsichtig um den Rand des Regals und betreten den Gang dann bedächtig. Oder zumindest Judy tut dies alles, Stanley folgt ihr vollkommen unbeeindruckt und ohne jede Vorsicht. Umgeben vom staubig-trocknen Duft unzähliger Worte, die dem menschlichen Geist im Laufe der letzten hundert Jahre entsprungen sind, sehen sich die zwei um. Doch es ist so, wie es sich der Bibliothekar schon gedacht hat – hier ist absolut niemand, weder ein Geist noch eine andere menschliche Seele. Der Gang ist vollkommen leer und das einzig Erwähnenswerte ist nur das Deckenlicht, das sich weich und samtig auf Leder oder glatten Schutzumschlägen bricht. Fassungslos sieht sich die junge Studentin um. „Hier ist überhaupt nichts, Miss Diment.“, spricht der Ältere das Unweigerliche aus. Aufgebracht drückt sich das Mädchen an ihm vorbei und schaut in die anderen Gänge, doch auch sie sind wie ausgestorben. „Ich verstehe das nicht. Er war hier! Ich habe ihn ganz deutlich gesehen…“ Beinahe sanft legt sich Stanleys Hand auf ihre Schulter. „Ist schon in Ordnung. Doch Sie sollten jetzt wirklich gehen und sich ausruhen.“, fordert er sie nachdrücklich auf. Ein paar Tage vergehen, in denen Judy den Geist des alten Mannes nicht mehr sieht und schon fast mit dem Gedanken spielt, ihn sich vielleicht wirklich bloß eingebildet zu haben. Viel wohler in ihrer Haut beendet sie an diesem Abend ihre Arbeit und begleitet die letzten Besucher nach draußen. Derweil ist Elkin wieder mit der Kasse beschäftigt. Beim Zählen der Tageseinnahmen bemerkt er jedoch eine Bewegung im Augenwinkel. Zuerst denkt er natürlich das es Judy sei, doch er kann sie an der Eingangstür noch mit einigen Leuten reden hören. Also sieht er langsam auf und erblickt einen alten Mann, der gerade um ein Regal herumgeht und in dem Gang daneben verschwindet. Mit einem hilflos verwirrten Ausdruck im Gesicht sucht er die verschiedenen Bücher ab und murmelt dabei halblaut die Titel vor sich hin. Sichtlich verdreht der Bibliothekar die Augen. Immer diese alten Leute, die nicht hören können, dass es schon drei Mal gegongt hat und die Bücherei geschlossen ist. Mit einem Kopfschütteln steht er auf und sieht zur Eingangstür hinüber. Dort ist Judy immer noch in ihr Gespräch vertieft, wahrscheinlich so sehr, dass sie den alten Knacker einfach übersehen hat, als sie die anderen Leute zur Tür gebracht hat. Er stößt ein Seufzen aus und rückt seine Brille zurecht. Mit festen Schritten nähert er sich dem Gang, in dem der alte Mann steht und immer noch suchend durch die Reihen von Büchern schleicht. „Sir? Sie müssen jetzt gehen, wir haben schon längst geschlossen!“, fordert er den Weißhaarigen auf. Dieser reagiert jedoch nicht wirklich. „Wo ist es nur? Warum kann ich es nur nicht finden?“, kommt es mit einer verzweifelten Stimme von ihm. Abermals verdreht Stanley die Augen. „Sir? Ich sagte, Sie müssen jetzt gehen…“, versucht er es wieder und greift nach der Schulter des alten Mannes. Oder er versucht es zumindest, doch seine Hand greift ins Leere… Irritiert kann er mit ansehen, wie seine Finger im Körper des Alten zu verschwinden scheinen ohne, dass dieser einer Reaktion zeigt. Schlagartig fällt Stan wieder ein, was Judy vor ein paar Tagen gesehen haben wollte. Einen Geist und nun hat er das Gefühl, dass genau dieser Geist jetzt leibhaftig vor ihm steht! Fassungslos klappt sein Unterkiefer herunter, er wagt es kaum zu atmen und seine Hand hängt noch immer mitten in der Luft, tief in der nicht vorhandenen Schulter des Mannes vergraben. Der Geist scheint ihn jedoch gar nicht wahrzunehmen. Stattdessen geht er weiter den Gang entlang und sucht die Bücher ab. Schließlich schwebt er sogar ein Stück nach oben, um die nächste Reihe in Augenschein zu nehmen. Und das reicht jetzt auch wirklich. Elkin ist nun auch der festen Überzeugung, dass dies ein echter Geist ist, der seine Bibliothek heimsucht. Nicht auszudenken, was das für Folgen haben könnte! Stelle sich nur mal einer vor, wie panisch die Besucher davonlaufen werden, wenn sie ihn entdecken! Das darf er nicht zulassen, auf keinen Fall! Diese Vorstellung hilft ihm wieder klar zu denken. Abgehakt holt er Luft und verlässt den Gang schnell wieder. Judy kommt ihm entgegen und sieht ihn fragend an. Stan ignoriert sie einen Moment, bis er das Telefon auf dem Tresen erreicht hat. „Sie hatten recht, Miss Diment. Hier gibt es tatsächlich einen Geist!“ Mehr braucht er auch gar nicht zu sagen. Erschrocken legt sich die Studentin die Hände vor den Mund, während ihr Chef die Nummer der Ghostbusters wählt. Langsam betreten die vier Geisterjäger das hellgraue Backsteingebäude. Kaum hat Peter die Schwelle übertreten, fängt er auch schon an zu gähnen. Ausnahmsweise liegt dies aber mal nicht an der späten Stunde oder am Schlafmangel, immerhin ist es erst halb sieben abends – sondern an der Tatsache, dass er Bibliotheken einfach sterbenslangweilig findet. Mit einem weiteren Gähnen sieht er sich halbherzig um, während sich seine Kollegen in dem großzügigen Saal zu verteilen beginnen. Ray und Egon werden dabei fast augenblicklich vom Besitzer der Bücherei in Beschlag genommen, der ihnen aufgeregt erzählt, was er erlebt hat. Winston scheint diesem Schicksal erst einmal entgehen zu können und begibt sich angriffsbereit zu den dickenhohen Regalen. Venkman hingegen erblickt die junge Studentin eingeschüchtert hinter dem Ausgabepult sitzen. In seinem früheren Leben, das so lange zurückzuliegen scheint, dass er sich kaum noch daran erinnern kann, hätte er jetzt all seinen Charme spielen lassen, um sie nicht nur aufzumuntern, sondern sie auch zu einem Date zu überreden. Doch so etwas ist Vergangenheit, nicht nur wegen seines Fehltritts mit Ray, sondern auch, weil er jetzt eine Freundin hat und das will er auf keinen Fall vermasseln. Zwar ist Beverly recht locker und kann verstehen, dass er gern flirtet oder dergleichen mehr und würde ihm sicher auch so einiges durchgehen lassen, doch warum das Schicksal herausfordern? Der Brünette hat so lange nach einer Partnerin gesucht, mit der er den Rest seines Lebens verbringen kann,- ja vielleicht sogar eine Familie gründen und den Protonenstrahler an den Nagel hängen-, da will er sich keinen weiteren Fehltritt leisten und wieder alles kaputtmachen. Was aber noch lange nicht heißen muss, dass die niedliche Studentin keine Aufmunterung verdient hat. Unbeobachtet von seinen Kollegen nähert er sich dem Ausgabepult und lehnt sich mattlächelnd zu der jungen Frau hinab. „Hey, hübsches Kind! Warum so traurig?“, fragt er sie keck und zwinkert. Etwas überrascht blickt sie zu ihm hinauf. „Ich – ich bin noch etwas durcheinander,- wegen dem Geist. – Verstehen Sie…“, sie wirft einen flüchtigen Blick auf das Namensschild an seinem Overall. „…Mister Venkman?“ Mit großen Augen sieht sie ihn hilflos an. Das Lächeln des Brünetten wird sanfter und in seine Augen schleicht sich ein mitfühlender Glanz. Jeden anderen hätte er in diesem Moment harsch darauf hingewiesen, dass es Dr. Venkman heißt, doch bei ihr kann er locker darüber hinwegsehen. „Natürlich kann ich das verstehen, ansonsten würde ich meinen Job wohl nicht richtigmachen.“, grinst er und wirft dabei einen Blick auf ihr Namensschild. Doch im Gegensatz zu seinem, steht bei ihr der vollständige Name darauf. „Ok Judy.“, erdreist er sich einfach und spricht sie mit dem Vornamen an. Die Studentin sagt jedoch nichts dagegen, sieht ihn nur dankbar an. „Wir bekommen das schon hin, also mach dir mal keine Sorgen. Und nenn mich doch Peter, das ist einfacher. – Denkst du, dass du mir zeigen kannst, wo der Geist aufgetaucht ist?“ „In Ordnung und selbstverständlich kann ich das.“, erwidert sie und erhebt sich unsicher von ihrem Platz. Während sich die beiden zu dem Gang begeben, in dem Judy dem Geist begegnet ist, verfolgen Ray und Egon mit Stanley dasselbe Ziel, nur das sie in einen anderen Gang gehen und der Besitzer ihnen zeigt, wo der Geist vorhin aufgetaucht ist. Winston hingegen nimmt wiederum einen anderen Gang und kundschaftet die Lage aus. In der Zwischenzeit taucht der alte Mann wieder auf, allerdings am anderen Ende der Bibliothek und somit ein ganzes Stück von den anderen entfernt. Schwankend zwischen Hoffnungslosigkeit und Hoffnung betrachtet er die unzähligen Bücher und sucht dennoch nur nach einem ganz bestimmten. Er weiß genau, dass es hier irgendwo sein muss, kann sich jedoch nicht daran erinnern, wo genau. Dabei will er doch unbedingt wissen, wie es ausgeht. Diese Tatsache macht ihn noch ganz krank. Er findet einfach keine Ruhe, ohne das Ende zu kennen. Mit einem tiefen Seufzen setzt er seine Suche fort und so nähern sich die beiden Seiten langsam einander an… Nicht lange später schnappt Judy überrascht nach Luft und deutet mit einem zitternden Finger in einen anderen Gang. Alarmiert wendet sich Peter herum, die Hand schon an der Protonenkanone. Doch dann hält er inne. Leicht verwirrt betrachtet er den alten Mann, den die Studentin für den Geist hält. Vorsichtig zieht sich Venkman ans Ende des Ganges zurück und gibt seinen Mitstreitern und Stan ein Zeichen. Leise sammeln sie sich und betrachten die Gestalt, die die Bücher abzusuchen scheint. „Das ist der Geist!“, gibt der Besitzer aufgebracht von sich. Die drei Ghostbusters betrachten den alten Mann genauso verwundert, wie ihr selbsternannter Chef. Den meisten Geistern, denen sie in ihrer Laufbahn begegnet sind, sah man ihre Andersartigkeit deutlich an. Entweder waren sie jenseits von Gut und Böse und glichen schrecklichen Monstern oder anderen entstellten Wesen. Oder sie sahen halt aus, wie man sich einen Geist vorstellen mag: halb durchsichtig, vor sich hin schwebend, zumeist ohne Beine und dergleichen. Doch dieser angebliche Geist sieht so lebendig aus, wie man sich einen alten Mann von vielleicht siebzig oder achtzig Jahren vorstellen mag. Er ist weder durchschimmernd, noch fehlt ihm irgendetwas. Nur, wenn man sich sehr konzentriert, fällt einem auf, dass der Greis keinen Schatten wirft und er nicht ganz so solide wirkt, wie ein Lebender. Unschlüssig sehen sich die vier Jungs an. Unauffällig zieht der Tüftler sein PKE-Gerät hervor und richtet es auf den Mann. Die Nadel schlägt tatsächlich aus, doch sie klassifiziert ihn lediglich als einen Geist der ersten Sorte und damit als völlig harmlos. Nichts, was die Mühe wert wäre, könnte man also sagen. Nur eine verlorene Seele, die sich nicht von dieser Welt trennen kann, aber weder nach Rache, noch etwas anderem Bösen sinnt. Vielmehr scheint er etwas zu suchen. „Ich denke, er wird von allein verschwinden, wenn er gefunden hat, was er sucht…“, kommentiert Raymond die Anzeige auf dem PKE-Gerät. Die drei anderen stimmen ihm wortlos zu. Selbst Peter, der sonst liebend gern auf alles schießt, was nicht bei drei auf den Bäumen ist und erst Ruhe gibt, wenn sämtliche Fallen nur so rauchen, sieht keinen Sinn darin hier herumzuballern und sich wohlmöglich wieder einmal Ärger einzuhandeln, weil irgendwas beschädigt wird. Doch so leicht macht es ihnen Stanley nicht. „Sie sind hier, um dieses Ding einzufangen, also tun Sie es gefälligst auch, bevor all meine Besucher vor Angst nicht mehr herkommen!“, zischt er wütend und deutet nachdrücklich auf den alten Mann, als wäre er die Ausgeburt der Hölle in Person. Judy steht neben ihm, doch sie wirkt längst nicht mehr so verängstigt wie vorher. Wohlmöglich hat sie nun auch mitbekommen, dass dieser Geist eher harmlos ist, doch sie hält lieber den Mund. „Nun hören Sie mal, guter Mann! Dieser Geist ist vollkommen harmlos und wird niemandem auch nur ein Haar krümmen. Er wird einfach verschwinden, verstehen Sie? Oder wäre es Ihnen lieber, wenn wir hier alles in Schutt und Asche legen, nur um ihn einzufangen?“, blafft ihn Venkman an. Schmollend betrachtet ihn der Bibliothekar. „Ich bezahle Sie dafür, diesen Geist zu beseitigen, also machen Sie es auch! Andersfalls können Sie ihren Lohn vergessen und ich suche mir jemand anderen!“ Mit erhobener Augenbraue und verschränkten Armen steht Peter vor ihm. „Stecken Sie sich ihr Geld sonst wo hin, Mister! Und außer uns gibt es niemanden, der Geister einfängt, also lassen Sie uns in Frieden das tun, was richtig ist!“ „Was sind Sie nur für ein arroganter und inkompetenter Haufen!?“, erbost sich Elkin und stapft wütend nach vorne zu seiner Kasse zurück. „Arschloch…“, erwidert Venkman halblaut und kann wahrscheinlich froh sein, dass der Kerl ihn nicht gehört hat. „Miss Diment?“, fragt Egon plötzlich. Verwundert sehen die vier mit an, wie sie sich langsam auf den Geist zu bewegt. „Judy, was hast du vor?“, ruft Peter ihr nach. Für einen Augenblick dreht sie sich zu den Ghostbusters herum. „Naja. Ich arbeite doch hier und meine Aufgabe ist es, den Leuten zu helfen. Und wenn dieser – Geist – wirklich nach einem Buch sucht, kann ich es ihm ja vielleicht geben…?“ Ihr Gedanke klingt nur entfernt wie eine Frage, dennoch erhofft sie sich eine Antwort. Prüfend sehen sich die Jungs an. „Das könnte durchaus eine Lösung sein, damit diese Anomalie wieder verschwindet. Doch trotz ihrer Harmlosigkeit rate ich zur dringenden Vorsicht, da nicht auszuschließen ist, dass etwas Unerwünschtes passieren kann, wenn man mit solchen Wesen Kontakt aufnimmt.“, erläutert ihr Egon. „Ähm, ja, ich bin vorsichtig…“, entgegnet sie dem Blonden etwas überfordert. Langsam geht sie weiter und die vier folgen ihr in einem gewissen Abstand. Mit bedächtigen Schritten nähert sie sich dem alten Mann. Dieser bekommt davon jedoch nichts mit, ist zu vertieft in seine scheinbar aussichtslose Suche. Doch nun endlich zeigt er sich als Geist. Nachdenklich schwebt er in die Höhe, um die Bücher weiter oben zu betrachten und tut dies so nebensächlich, als wäre er eine Treppe hinaufgestiegen. In diesem Moment hält Judy leicht erschrocken inne. Einen echten Geist vor sich zu haben, ist für sie schlichtweg unglaublich und obwohl sie es schon einmal gesehen hat, überrascht sie sein Schweben jedes Mal aufs Neue. Plötzlich legt sich Peters Hand auf ihre Schulter und lässt sie noch etwas mehr erschrecken. Ruckartig blickt sie zu ihm nach hinten. Er flüstert eine Entschuldigung und sieht sie dann aufmunternd an. Die Studentin schenkt ihm ein schwaches Lächeln und atmet dann tief durch. Inzwischen ist der Geist schon fast auf halber Höhe des riesigen Regals angekommen. Murmelnd tastet er sich an den endlosen Reihen von Büchern entlang. „Sir?“, erhebt die junge Frau die Stimme. „Sir, können Sie mich hören?“ Nervös blickt sie zwischen dem Geist und den Ghostbusters hin und her. „Hallo, Sir?“, fragt sie noch einmal und denkt schon, dass es keinen Sinn hat und sie ihn einfach machen lassen müssen, bis er fündig wird, oder die vier Jungs doch gezwungen sind ihn einzufangen. Aber dann geht ein leichtes Zucken durch den alten Körper und das Murmeln verstummt. Überrascht blickt der Mann zu ihr hinunter. Sie schenkt ihm ihr freundlichstes Arbeitslächeln, wodurch der verwirrte Ausdruck in seinem Gesicht sofort verschwindet und er warmherzig zurück lächelt. „Oh, hallo Kinder.“, erwidert er sanft. „Kann ich Ihnen vielleicht behilflich sein, Sir? Mir scheint, dass Sie nach etwas suchen…“, erklärt sie sich. Der Geist gibt ein tiefes Seufzen von sich und lässt die Schultern hängen. Langsam schwebt er zurück auf den Boden und blickt Judy hoffnungsvoll an. „Es wäre wirklich wundervoll, wenn du mir helfen könntest, mein Kind. Ich suche nach einem Buch, das ich zu lesen begonnen habe. Doch ich kann es einfach nicht mehr finden…“ „Ich denke, dass sollte kein Problem sein, Sir. Kommen Sie doch mit nach vorn zum Pult, dann finden wir das Buch ganz sicher.“ Eine tiefe Erleichterung huscht über das Gesicht des alten Mannes und er begibt sich bedächtig in die Richtung, die Judy ihm weist. Gemeinsam machen sich die fünf Sterblichen und der Geist auf den Weg nach vorn zur Ausleihe. Dort angekommen, stellt Judy nicht sonderlich überrascht fest, dass Stanley einfach abgehauen ist. Eine kurze Nachricht bestätigt ihre Vermutung. Er ist nach Hause gegangen und hat ihr das Feld überlassen und wenn der Geist bis morgen früh nicht verschwunden ist, wird er sich höchstpersönlich um die Sache kümmern. „Na, das will ich sehen…“, gibt Peter sarkastisch von sich und knüllt das Stück Papier zusammen. Derweil setzt sich die Studentin an den Computer und ruft das Suchprogramm auf. „In Ordnung, Sir. Sie wissen doch sicher den Titel des Buches?“ „Gewiss, mein Kind. Es ist ‚Der scharlachrote Buchstabe‘ gewesen.“ Die junge Frau legt leicht die Stirn in Falten. „Hm, davon habe ich noch nichts gehört, aber der Computer kennt es sicher.“ Konzentriert tippt sie ihre Suchanfrage in die Maschine ein und wartet auf das Ergebnis. Nach ein paar Augenblicken ertönt ein leiser Piepton und Judy kann den Aufenthaltsort des Buches in der Bibliothek vom Monitor ablesen – zumindest ist das normalerweise der Fall. Allerdings erscheint diesmal eine Aussage, die sie bisher noch nicht hatte – Titel nicht mehr im Bestand. „Das ist wirklich merkwürdig. Eigentlich sind alle Bücher aufgeführt, die hier seit fast fünfzig Jahren katalogisiert sind. Und wenn eines nicht mehr verfügbar ist, steht ein Grund dafür dahinter und nicht nur diese nichtssagenden Worte…“, überfordert starrt sie den Bildschirm an, als könnte sie damit erreichen, dass sich die Anzeige in etwas Sinnvolleren ändert. „Vielleicht ist das Buch ja älter, als die fünfzig Jahre?“, wirft Raymond etwas zweifelnd ein. „Schon möglich, aber selbst dann muss es irgendwann katalogisiert worden sein, wenn es sich in unserem Bestand befand…“ „Der scharlachrote Buchstabe wurde meines Wissens achtzehnhundertfünfzig geschrieben.“, wirft Egon plötzlich ein. Etwas entgeistert sehen ihn die anderen an. Leicht verlegen räuspert sich der Blonde und rückt seine Brille zurecht. „Ich glaube mich auch zu erinnern, dass der Schriftsteller Nathaniel Hawthorne hieß…“, ergänzt er seine Aussage und blickt zu dem alten Mann hinüber. Dieser nickt nachdenklich. „Ja, ich denke so ist es…“ „Du meine Güte. Dann ist das Buch ja wirklich schon sehr alt. Die Bibliothek gibt es noch nicht ganz so lange, aber immerhin seit achtzehnhundertvierundsiebzig. Vielleicht hilft es mir aber weiter, wenn Sie mir sagen, wann Sie das Buch ausgeliehen haben?“, fragt Judy den Geist. Matt lächelnd denkt der Mann nach. „Zuletzt hatte ich es am neunzehnten Februar.“, antwortet er schließlich, doch irgendetwas geht ihm noch durch den Kopf, er bekommt es nur nicht zu fassen. Etwas zweifelnd betrachtet ihn die Studentin. „Und in welchem Jahr?“, hakt sie nach. Der Geist legt sichtlich die Stirn in Falten. „Dieses Jahr natürlich, achtzehnhundertsiebenundsiebzig.“ „Sir? Ich will Ihnen ja nicht zu nahetreten, aber wir haben heute des fünften August neunzehnhunderteinundneunzig. Sie haben das Buch vor über einhundertvierzehn Jahren ausgeliehen.“, legt Winston das Unvermeidliche auf den Tisch. „Was? Das kann doch gar nicht möglich sein!“ „Dann sehen Sie sich die Zeitung hier an. Kommt Ihnen da irgendetwas bekannt vor?“, fragt Peter und hält ihm die bedruckten Seiten vor die Nase. Ungläubig starrt der Geist darauf und kann es doch nicht fassen. „Das ist nicht möglich. Dann müsste ich längst – ich…“, er bricht ab und lässt die Schultern hängen. „Sir? Sind Sie sich bewusst, dass Sie tot sind? Ein Geist?“, fragt Raymond vorsichtig. Der alte Mann starrt stumm seine Hände an und jetzt versteht er auch, was er nicht greifen konnte. „Ich denke, jetzt ist es mir bewusst…“, murmelt er leise. „Doch, was mache ich dann hier? Sollte ich nicht im Jenseits sein?“ „Theoretisch schon. Doch scheinbar beschäftigt es Sie so sehr, dass sie das Buch nie zu Ende lesen konnten, dass Ihnen der Eintritt ins Jenseits verwehrt bleibt, bis Sie diese letzte Aufgabe erledigt haben. Sie sind sozusagen ein Gefangener in der Welt der Sterblichen.“, erläutert der Tüftler. „Verstehe. – Also brauche ich dieses Buch ganz dringend, damit es aufhört?“ „So ist es.“ Der Geist wendet sich wieder an Judy. „Kindchen? Gibt es vielleicht noch eine Möglichkeit das Buch zu finden?“ „Ich denke schon. In unserem Archiv steht vielleicht wo das Buch ist. Dort lagern wir alle Leihkarten und andere Unterlagen seit die Bibliothek eröffnet wurde. Gut möglich, dass wir Ihre finden, wenn Sie mir ihren Namen verraten mögen.“ „Mein Name ist Douglas Higgins, oder besser er war es…“ Hinter einer dicken Stahltür im Keller der Bibliothek befindet sich das Archiv. Auch hier stehen Regale dicht an dicht, doch in ihnen befinden sich nur wenige Bücher. Hier lagern ganz spezielle Bücher, die entweder sehr alt und selten sind und von daher nur unter ganz bestimmten Bedingungen eingesehen werden dürfen, oder welche, die oben keinen Platz haben und nur bei Zeiten ausgelegt werden. Doch der Großteil des Archivs besteht aus Kisten, in denen Leihkarten, Bestandslisten und dergleichen lagern. Zielstrebig geht Judy an den verschiedenen Regalen entlang, bis sie bei einem ankommt, das mit dem Buchstaben H gekennzeichnet ist. Dort stöbert sie die einzelnen Reihen entlang und zieht dann schließlich eine der Kisten heraus. Sie stellt sie direkt vor dem Regal auf den Boden und nimmt den Deckel ab. Mit flinken Fingern blättert sie die vielen Leihkarten und Akten durch. Ein triumphierender Laut dringt aus ihrem Mund, als sie schlussendlich die Karte von Mister Higgins findet. „Da ist sie ja!“ Judy überfliegt die einzelnen Eintragungen, die damals noch ganz anderes zusammengesetzt waren, als jetzt. Dennoch versteht sie die Angaben schnell und die Karte endet auch tatsächlich am neunzehnten Februar achtzehnhundertsiebenundsiebzig mit dem scharlochroten Buchstaben. „Hm. Hier steht, dass Sie das Buch ausgeliehen haben, doch es gibt kein Datum für die Rückgabe…“ An der Leihkarte ist jedoch ein Zettel befestigt, den sie nun betrachtet. „Hier steht, dass Sie das Buch nie zurückgebracht haben und auch die Mahngebühren nicht bezahlt wurden. Als Grund steht hier ‚Unbekannt verzogen‘…“ Fragend blickt sie Doug an, doch dieser schüttelt nur den Kopf und betrachtet die Adresse auf der Karte. „Nein, das kann nicht sein. Ich habe die letzten fünfzig Jahre meines Lebens in diesem Haus gewohnt!“, empört er sich schon fast, dennoch wirkt er unglaublich verwirrt. „Heute gibt es an dieser Stelle keine Wohnhäuser mehr, das ist jetzt ein Einkaufsviertel…“, kommt es von dem Mechaniker. Ungläubig sieht Higgins ihn an. „Was? Als ich dort wohnte, gab es dort nur Wald und ein paar Häuser. – Wie sehr sich doch alles verändert hat. Da kann ich ja froh sein, dass ich das nicht miterleben musste…“, betrübt betrachtet der alte Mann weiterhin die Leihkarte. „Und was sollen wir jetzt machen?“, fragt Winston. „Mitte des neunzehnten Jahrhunderts wurden nur sehr wenige Exemplare eines Buches gedruckt, da das Verfahren noch sehr zeitaufwendig und anstrengend war. Von daher ist es fraglich, ob noch eins nach so langer Zeit existiert…“, entgegnet Egon. „Vielleicht finden wir im Stadtarchiv einen Hinweis, wohin Mister Higgins verzogen ist?“, meint Peter schließlich. „Klingt vernünftig und wenn es noch irgendwo ein Exemplar des Buches gibt, dann wohlmöglich in einem Antiquariat.“, ergänzt die Studentin. „Ok, ich denke, wir teilen uns am besten auf. Dann bekommen wir vielleicht noch etwas heraus, bevor alles dichtmacht. Ray und Winston, geht ins Stadtarchiv und versucht herauszufinden, was mit Mister Higgins passiert ist. Wir anderen werden die Antiquariate abklappern und hoffentlich so ein Buch finden…“, legt Venkman fest und seufzt in Anbetracht der Tatsache, dass dies noch eine sehr lange Nacht werden könnte. Eine halbe Stunde später erreichen Ray und Winston das Stadtarchiv. Sie haben Glück, dass sie noch reingelassen werden, obwohl das Einwohnermeldeamt schon geschlossen hat. Doch da sie genau wissen, wonach sie suchen, erklärt sich ein Mitarbeiter bereit ihnen den richtigen Raum und die ungefähre Lage der Dokumente zu zeigen. Mit einer gewissen Erleichterung betreten sie den großen Saal, der sehr stark an die Bibliothek erinnert. Auch hier lagern Unmengen an Kisten und Akten, nur nicht ganz so schön ordentlich sortiert, wie im Archiv der Bücherei. So dauert es eine ganze Weile, bis die beiden Geisterjäger die richtige Kiste finden, in der sich die Unterlagen zu der angegebenen Adresse finden lassen. Da damals noch nicht so viele Häuser standen, ist das Ganze wenigstens etwas übersichtlicher, als heutige Dokumente. Dennoch ist es draußen schon dunkel, als sie schlussendlich alles zusammen haben. Erschöpft setzen sich die beiden an einen kleinen Tisch und sehen die Unterlagen durch. „Ok, hier ist das Haus von Mister Higgins.“, verkündet Raymond und breitet ein Papier mit dem Grundstück und dem Grundriss des Hauses aus. „Sieht wirklich hübsch aus.“, meint Winston. „Das stimmt. Schade nur, dass es abgebrannt ist…“, erwidert der Jüngere. „Was sagst du da?“ Ray dreht ein anderes Blatt Papier herum, damit sein Partner es lesen kann. „Hier unten steht es. Am einundzwanzigsten Februar achtzehnhundertsiebenundsiebzig gab es ein schlimmes Feuer, bei dem das halbe Viertel bis auf die Grundmauern niedergebrannt ist.“ Entgeistert sieht der Bauarbeiter ihn an. „Das war zwei Tage nachdem er das Buch ausgeliehen hat, Ray!“ Verwundert sieht der Rothaarige ihn an, dann scheint ihm die Erkenntnis zu kommen und er zuckt zusammen, als hätte man ihn geohrfeigt. „Meinst du etwa, er ist bei dem Brand ums Leben gekommen?“, fragt er vorsichtig. Winston sieht ihn ernst an und schlägt dann schweigend die Akte vor sich auf, die das Einwohnermeldeamt über Higgins hatte. Dort drin befinden sich unteranderem seine Geburts- und Hochzeitsurkunde. Und wie der Schwarzhaarige befürchtet hat, auch seine Sterbeurkunde. Angespannt überfliegt er die alten, verschnörkelten Buchstaben und liest dann vor. „Vermutlicher Todeszeitpunkt: zwischen dreizehn und siebzehn Uhr am einundzwanzigsten Februar achtzehnhundertsiebenundsiebzig. Festgestellte Todesursache: Verbrennen…“ „Du meine Güte, das ist ja schrecklich. – Armer Mister Higgins…“, kommt es betrübt von Ray. „Ja, wirklich schrecklich. Aber dann ist es ja auch kein Wunder, dass er das Buch nicht zurückbringen konnte. Obwohl ich es doch ziemlich makaber finde, dass in seiner Karte dann ‚Unbekannt verzogen‘ steht, anstatt verstorben.“ „Das verstehe ich auch nicht, aber naja. Immerhin wissen wir jetzt, was los ist und das ist doch schon mal etwas.“, versucht der Mechaniker die Situation wieder etwas zu lösen. „Hm. Lass uns hier aufräumen und dann den anderen Bescheid geben. Ich frage mich, ob sie irgendetwas finden konnten…“ Und so machen sich die zwei daran alle Akten wieder an ihren ursprünglichen Ort zu legen. Kaum, dass sie damit fertig sind, kommt auch schon der Mitarbeiter, der sie reingelassen hat, herüber und fragt, wie lange sie noch brauchen, da er jetzt wirklich schließen muss. Zum Glück können sie ihn vertrösten, dass sie schon alles gefunden haben, was sie suchten und so treten sie in die angebrochene Nacht hinaus, die langsam die drückende Hitze des Tages mit sich nimmt. Winston schnappt sich sein Walkie-Talkie und versucht damit Peter zu erreichen. Der selbsternannte Chef klingt jedoch ziemlich gehetzt, als er antwortet und ein lautes Hupen ist am anderen Ende zu hören. „Ist alles in Ordnung, Peter?“, fragt der Jüngste erschrocken. „Jaja, alles prima! Wenn nicht immer diese ganzen Idioten auf der Straße unterwegs wären, wenn man es mal eilig hat…“ „Peter, du solltest dich wirklich mehr auf die Straße konzentrieren…“, ertönt Egons Stimme neben ihm. „Schön, dann nimm mir das Ding aus dem Gesicht und rede du mit den beiden.“, gibt der Brünette angesäuert zurück und erneut ertönt die Hupe. Für einen kurzen Moment unterbricht die Verbindung,- vielleicht um Peters Gefluche zu unterdrücken-, dann raschelt es und der Tüftler meldet sich. „Raymond? Winston? Hört ihr mich?“ „Ja Egon, laut und deutlich. Ist wirklich alles in Ordnung bei euch?“, fragt nun der Bauarbeiter. „Durchaus. Abgesehen von Peters Kamikazefahrt durch die überfüllten Straßen Manhattans, ist alles in bester Ordnung.“ „Warum fährt er denn auch so?“, will Ray nun wissen und fürchtet schon um Ecto-1. „Nun, wir haben die ganze Stadt nach dem Buch abgesucht und endlich jemanden gefunden, der weiß, wo wir eines finden können und wir versuchen jetzt dorthin zu kommen, bevor der Laden schließt, da der Besitzer dann wohl die nächsten Wochen im Urlaub sein wird. – Und wie lief es bei euch?“ „Na, dann hoffen wir mal, dass ihr schnell genug seid. - Wir wissen jetzt zumindest, warum Mister Higgins das Buch nicht mehr zurückgebracht hat und was damit passiert ist.“, erwidert der Rothaarige. „Und was?“, ertönt plötzlich die doppelte Frage von Judy und Doug gleichzeitig. Etwas unschlüssig sehen sich der Mechaniker und der Bauarbeiter an, ehe Winston antwortet. „Sie sind beide in einem schrecklichen Feuer verbrannt. – Tut mir wirklich sehr leid…“ Am anderen Ende breitet sich Schweigen aus, das erst unterbrochen wird, als Peter erneut die Hupe betätigt. „Hast du Idiot noch nicht davon gehört, dass man zur Seite fährt, wenn jemand mit Blaulicht unterwegs ist, verdammt!“, schimpft er lautstark. Gedämpft kann man die unschöne Antwort des anderen Fahrers hören, gefolgt von dessen quietschenden Reifen. „Du meine Güte, Peter, bleib ruhig! – Egon, sag uns doch bitte die Adresse, bevor ihr noch einen Unfall baut. Dann kommen wir so schnell es geht zu euch.“, bittet Raymond ihn überfordert. Wie sich herausstellt befinden sich die beiden viel dichter an dem Antiquariat, als ihre Kollegen, sodass sie sogar noch vor ihnen dort eintreffen und in der Ferne das Heulen der Sirene hören können, die kurz darauf Gesellschafft von dem grellen Blaulicht bekommt, ehe Peter mit quietschenden Reifen vor ihnen zum Stehen kommt. Mit einer gewissen Erleichterung stellen die sechs fest, dass in dem Laden noch Licht brennt, weswegen sie sich wieder etwas entspannen. Gesammelt betreten sie das Geschäft, wobei sich Doug in einer dunklen Ecke versteckt, um nicht gleich aufzufallen und den Besitzer wohlmöglich zu verschrecken. Dieser kommt hinter einem Berg aus alten Zeitschriften zum Vorschein und mustert die Meute, die soeben seinen Laden betreten hat erst einmal streng. „Ihr seid spät, Leute. Ich schließe in einer halben Stunde, also schaut euch schnell um oder kommt morgen wieder.“ „Keine Sorge, guter Mann. Es geht schnell. Wir wollen nur ein ganz bestimmtes Buch, das Sie haben sollen. Der scharlochrote Buchstabe.“, setzt Venkman an. Argwöhnisch mustert der Besitzer den Geisterjäger und die anderen. „Euch ist schon klar, dass das ein sehr altes Buch ist, von dem es nicht mal mehr eine Hand voll Exemplare gibt? Daher ist es sehr teuer und ihr seht nicht so aus, als könntet ihr euch auch nur ein Kapitel daraus leisten. Nichts für ungut…“ „Dessen sind wir uns durchaus bewusst, Sir. Doch wir wollen es gar nicht kaufen, sondern nur kurz ausleihen, um das Ende zu lesen.“, wirft Egon unbedarft ein. Dem anderen Mann entgleiten daraufhin alle Gesichtszüge und er starrt seine Besucher wütend an. „Ich bin hier doch keine dümmliche Bibliothek! Wenn ihr das Ende wissen wollt, dann müsst ihr das Buch kaufen, oder euch einen anderen Trottel suchen!“ „Jetzt werden Sie mal nicht gleich unfreundlich! Wir wollen doch nur einer verlorenen Seele helfen den Weg in die Glückseligkeit zu finden.“, kontert Ray. „Was für einen Unsinn redet ihr da eigentlich? Ihr verlasst jetzt auf der Stelle meinen Laden, oder ich rufe die Polizei!“, droht der Besitzer schließlich, was die Jungs sichtlich zusammenschrecken lässt. Dennoch sind sie nicht gewillt einfach so aufzugeben. Fieberhaft versuchen sie so schnell wie möglich eine Lösung zu finden, während sich der Kerl schon drohend zu seinem Telefon begibt. Als er den Hörer abnimmt und die erste Taste drückt, hebt Judy beschwichtigend die Hände. „Ist schon gut, wir gehen. Machen Sie sich nur keine Umstände. – Kommen Sie Mister Higgins, wir finden sicher eine andere Lösung…“ Die fünf wenden sich ab und der Geist verlässt sein Versteck, um ihnen zu folgen. „Was in Gottes Namen ist denn das?“, ruft der Besitzer ihnen aufgebracht hinterher. „Das ist die verlorene Seele, der wir versuchen zu helfen, aber das kann Ihnen doch egal sein, da Sie uns doch sowieso nicht helfen wollen.“, antwortet Winston angesäuert. „Ihr meintet das also ernst? – Das war kein Unsinn und das da ist wirklich – wirklich ein echter Geist?“ „So sieht es aus. Ändert das Ihre Meinung jetzt etwa?“, hakt Peter nach. „Wenn das ein echter Geist ist, seid ihr dann die Ghostbusters?“ „Das stimmt, ja.“, kommt es diesmal von Ray. Der Ladenbesitzer seufzt tief und lässt die Schultern hängen. „Oh, dann verzeiht meinen Ausbruch. Ich habe euch nicht gleich erkannt und ich will keinen Ärger haben. Ich bin sehr abergläubisch, müsst ihr wissen und ich will keinesfalls, dass mich dieser Geist heimsucht nur, weil ich euch vor die Tür gesetzt habe...“ „Na, das ist ja wirklich interessant, Kumpel. Also, wirst du uns das Buch jetzt zeigen?“, fragt Venkman. Der Besitzer wirft noch einmal einen Blick durch die Runde und mustert dann den Geist von Mister Higgins mit tiefer Ehrfurcht. Erwahrungsvoll schwebt Doug direkt vor seiner Kasse herum und erwidert seinen Blick mit bangen Augen. „Ich werde es euch zeigen, wenn ihr versprecht, dass der Geist mir nichts tun wird und mich auch kein anderer heimsucht.“ „Sie können sich auf uns verlassen, Sir.“, erwidert Egon ruhig. Der Besitzer nickt ihm langsam zu und zieht sich dann in den hinteren Teil seines Ladens zurück, der für die Kunden nicht einsehbar ist. Hinter einem schweren Vorhang verschwindet er aus ihrem Sichtfeld. Dahinter raschelt und poltert es einige Male, ehe der Man wieder zum Vorschein kommt. In seinen Händen hält er ein gut vierhundert Seiten dickes Buch, komplett in mattschwarzes Leder gebunden. Auf dem Deckel prangern in Gold der Titel und der Name des Autors und in der Mitte springt einem förmlich ein verschnörkeltes, blutrotes A entgegen, wie es in der Geschichte immer wieder vorkommt. In Anbetracht des Alters ist dieses Buch in einem unglaublich guten Zustand, fast so, als hätte es noch nie eine Menschenhand berührt. Dementsprechend vorsichtig und bedacht legt der Mann es neben seiner Kasse ab und blickt dann nervös zu dem Geist auf. Dougs Augen werden beim Anblick des Buches ganz groß. Er sieht aus wie ein übergroßes Kind, das jeden Moment in Tränen ausbricht. Zitternd nähern sich seine Finger dem Einband und streichen sanft darüber. Er kann den Widerstand unter seiner Hand spüren, doch dabei könnte es sich um alles handeln. Das weiche, glatte Leder ist für seine jetzige Form einfach nur ein harter Gegenstand. Dennoch erinnert er sich in diesem Moment daran, wie es war das Buch vor so unendlich langer Zeit zum ersten Mal in den Händen gehalten zu haben. Seine kühle, glatte Beschaffenheit und der herbe Duft des Leders. Das Gewicht der Seiten und Worte. Allein diese Erinnerung könnte ihm schon die Glückseligkeit bringen, so scheint es. Der Moment verstreicht, in dem alle schweigend um ihn herumstehen und ihn beobachten. Dann schlägt Higgins langsam und bedächtig das Buch auf und blättert zu der Seite, auf der er vor über einhundertvierzehn Jahren so abrupt aufhören musste zu lesen. Wie automatisch überfliegen seine müden, alten Augen die Zeilen und finden schließlich die richtige Stelle wieder. Die verschnörkelten Buchstaben fügen sich zu Worten zusammen, die man heute nur noch als geschwollen bezeichnen würde, doch damals hat man ganz anders gesprochen. Seite für Seite wird so von ihm erforscht. Jede von ihnen bringt ihn näher an das langersehnte Ende heran. Gut eineinhalb Stunden vergehen, ehe er den hinteren Deckel des Buches zuschlägt. In der Zwischenzeit sind die Geisterjäger schon sichtlich ermüdet, ebenfalls Judy und der Ladenbesitzer. Halb eingeschlafen schrecken sie alle auf, als das Buch hörbar zuklappt. Doug gibt ein tiefes Seufzen von sich, das all seine Zufriedenheit ausdrückt. Eine einzelne Träne rinnt seine faltige Wange hinab, doch nicht etwa, weil das Buch so traurig endet, keinesfalls. Sondern, weil er unglaublich froh ist, jetzt endlich seinen Frieden finden zu können. Ein letztes Mal dreht er sich zu der müden Meute herum, die ihm geholfen hat. Lächelnd blicken sie ihn an. Sanft lächelt Higgins zurück und spürt dabei schon, wie eine andere Welt an ihm zerrt – dass er nicht mehr hierhergehört. „Ich danke euch, Kinder! Ich danke euch so sehr…!“, bringt er mit zitternden Lippen hervor, bevor sich sein Körper langsam aufzulösen beginnt. Wenige Augenblicke später ist Doug vollkommen verschwunden. Nur ein kühler Lufthauch zieht noch an den Sterblichen vorbei, dann ist auch er dahin und mit ihm der einsame Geist aus der Bibliothek. Kapitel 34: Time for gold ------------------------- Prüfend betrachtet sich Benjamin Sugarman noch einmal in dem kleinen Spiegel im Hinterzimmer seines Geschäfts. Akribisch zupft er seine Krawatte zurecht und streicht seinen Anzug glatt. Mit einem zufriedenen Lächeln nickt er seinem gläsernen Zwilling zu und wendet sich dann um. Durch einen weinroten, mit goldenem Rand verzierten Vorhang betritt er den Ausstellungsraum des Juweliergeschäfts. Ein Blick auf seine Armbanduhr verrät ihm, dass er noch ein paar Minuten übrighat, bevor er den Laden öffnen kann, also noch genug Zeit die Auslage zu kontrollieren. Immerhin soll alles perfekt sein, wenn die Schönen und Reichen Manhattans herkommen und seine prunkvolle Ware begutachten und im besten Fall auch kaufen. Langsam und gewissenhaft schlendert Benjamin an dem guten Dutzend mannshoher Vitrinen entlang, wischt hier und da ein Staubkorn weg, justiert einen der Punktstrahler nach und rückt die kostbaren Schmuckstücke ins beste Licht. Schließlich wendet er sich einer Auslage mit hochwertigen Luxusuhren zu. Mit spitzen Fingern öffnet er das Glas und nimmt eine von ihnen heraus, um sie etwas nachzustellen. So unbewegt auf weichen Samt gebettet, kann es schon mal vorkommen, dass auch so eine Uhr ihrer Zeit etwas hinterher hängt, aber das macht überhaupt nichts. Ein schneller Handgriff und alles ist wieder perfekt. Vorsichtig legt Sugarman den goldenen Zeitmesser wieder an seinen Platz und betrachtet die anderen. Verwundert stellt er fest, dass die Uhr daneben ebenfalls nicht die korrekte Zeit anzeigt, sogar erheblich ungenauer ist, als ihr Nachbar. Leicht verwundert legt der Juwelier die Stirn in Falten und nimmt sie heraus. Ein kurzer Griff und auch hier ist wieder alles in Ordnung. Er hält das Ganze schlichtweg für einen unschönen Zufall, immerhin nimmt er nicht jede Uhr jeden Tag zur Hand, da kann so was schon mal vorkommen, auch wenn es ungewöhnlich ist. Allerdings saugt er beim Anblick der dritten Uhr leicht zornig die Luft ein. Auch sie geht völlig falsch und ein schneller Blick in den Rest der Vitrine zeigt ihm, dass das keine Ausnahme und auch kein Zufall mehr ist, denn alle Uhren scheinen davon betroffen zu sein. „Was um Himmels willen ist denn hier los?“, fragt der den verlassenen Laden halblaut. So etwas hat er noch nicht erlebt. Kopfschüttelnd wirft er einen Blick in die anderen Uhrenauslagen und überall bietet sich ihm dasselbe Bild. Manche Uhren gehen vor, andere nach und mache sind sogar ganz stehengeblieben. Ungläubig reibt sich der Mann die Augen und sieht sich noch einmal um, doch das Bild bleibt dasselbe. Plötzlich ertönt jedoch ein merkwürdiges Geräusch, das fast wie ein düsteres Lachen klingt. Erschrocken zuckt Benjamin zusammen und wirbelt herum. Außer ihm dürfte niemand hier sein. Und genauso ist es auch. Keine Menschenseele ist hier und dennoch kommt sich Sugarman auf einmal beobachtet vor. „Hallo? Ist da jemand?“, fragt er verunsichert. Eine Antwort bekommt er nicht, stattdessen beginnt das Licht zu flackern. Kurz darauf springt ruckartig die Kasse auf. Münzen und Geldscheine verteilen sich überall auf dem Boden, ehe der Einzug mit einem lauten Knall wieder zuschlägt. Panisch sieht sich Benjamin um. Hastig atmet er ein und aus, ist der Ohnmacht nahe. Als er denkt, es könnte nicht mehr verrückter werden, beginnen sich die Zeiger aller Uhren schlagartig wie von Sinnen zu drehen, als könnten sie damit jeden Moment abheben. Die Datumsanzeige mancher Uhren flitzt nur so dahin, als würde man in einer Zeitmaschine sitzen und die Instrumente beobachten. „Oh mein Gott, bitte nicht…!“, kommt es atemlos von dem Juwelier und er sinkt kraftlos auf die Knie, presst die Augen zusammen und hält sich die Ohren zu. „Das ist alles nicht wahr! Das ist alles nicht wahr…!“, bringt er erstickt hervor und zittert am ganzen Körper. Auf einmal ist es jedoch totenstill. Das Licht strahlt wieder beständig und auch alle Uhren scheinen wieder die richtige Zeit gefunden zu haben. Vorsichtig blickt sich Sugarman um, doch alles wirkt wieder vollkommen normal. Von Unwirklichkeit eingenommen erhebt er sich langsam wieder und läuft prüfend durch das Geschäft. Doch bis auf das am Boden verstreute Geld ist nichts Ungewöhnliches mehr auszumachen. Eine gewisse Erleichterung macht sich in ihm breit, allerdings hält sie nicht lange. Was, wenn das Ganze wieder passiert und gerade Kunden hier sind? Das kann er unmöglich verantworten, dass würde ihn ruinieren! Geschwind huscht er ins Hinterzimmer und holt Papier, Stift und Klebeband. Hastig verfasst er eine kurze Notiz für seine Kunden und bringt sie an der Eingangstür an. Heute kann er definitiv niemanden empfangen, solange er nicht sicher sein kann, dass dieser Spuk wirklich ein Ende hat. Ein tiefes Seufzen verlässt seine Kehle und Benjamin geht langsam auf die Knie, um das verstreute Geld wieder einzusammeln. Als er damit fertig ist, geht er durch den Vorhang ins Hinterzimmer. Ein Kaffee wäre jetzt auf jeden Fall eine gute Idee, obwohl er sonst nie mehr als einen am Tag trinkt und schon gar nicht bei der Arbeit, weil er davon seltsamerweise immer schläfrig wird. Doch er braucht jetzt einfach Etwas, das ihn beruhigt. Auf dem Weg in die kleine Küchennische wirft Sugarman einen flüchtigen Blick in den Spiegel. Es scheint Tage her zu sein, seit er sich vorhin betrachtet hat und all seine Mühe ist mittlerweile auch dahin. Sein ordentlich nach hinten gekämmtes Haar steht ihm wirr vom Kopf ab, als wäre er nach einer durchzechten Nacht gerade erst aus dem Bett gefallen. Wirklich ein Unding, wo er doch seit seiner Teenagerzeit keinen Alkohol mehr angerührt hat, nachdem er völlig betrunken beinahe überfahren worden wäre. Sein heute Morgen noch frisch gebügelter Anzug wirft inzwischen unschöne Falten und sitzt überall, nur nicht dort, wo er es eigentlich sollte. Zum wiederholten Male gibt der Juwelier ein schweres Seufzen von sich, wendet dann schnell den Blick ab und widmet sich der kleinen Kaffeemaschine, die er sonst dazu benutzt seinen Gästen etwas Gutes zu tun. Blubbernd und dampfend ergießt sich das schwarze Getränk in die Tasse. Der herrlich kräftige Duft schwebt durch den Raum und lässt Benjamin fast vergessen, dass er hier nicht zu Hause ist. Ein dezentes Piepsen ertönt, als die Tasse voll ist und beinahe hastig zieht Sugarman sie aus der Maschine. Dabei schwappt ein großer Schluck heraus und landet klatschend auf dem Boden. Doch das kümmert den Mann nicht, erst recht nicht, weil die ganze Tasse nur einen Augenblick später scheppernd zu Boden fällt und dort in tausend Teile zerspringt. Der heiße Kaffee spritzt in alle Richtungen und befleckt die blütenweiße Wand, wie das primitive Kunstwerk eines unartigen Kindes. Doch auch das kümmert den Juwelier nicht, denn er ist gefangen in seiner Schockstarre, ausgelöst durch sein umherfliegendes Werkzeug in der Goldschmiede neben sich. Zangen, Feilen, feine Bohrer und Pinzetten, Döschen mit Edelsteinen und Diamanten, Gussformen, Gold- und Silberblöcke, alles fliegt durch die Luft, als sei es von einem unsichtbaren Wind erfasst worden. „Das – das kann einfach nicht wahr sein…“, stottert der Mann hilflos und sinkt wieder auf die Knie. Augenblicke später fallen all die Sachen wieder klirrend zu Boden und es kehrt Ruhe ein. „So kann das auf gar keinen Fall weitergehen…!“, harscht sich Sugarman selbst an. Mit wachsamem Blick steigt er über den verschütteten Kaffee hinweg und bahnt sich seinen Weg zum Telefon. Erfüllt von einer gewissen Begeisterung, gemischt mit einem Funken Neid, legt Janine den Hörer wieder auf. Dieser Auftrag lässt sich doch wirklich mal sehen und wird sicher auch ein hübsches Sümmchen in die stets strapazierte Kasse der Ghostbusters spülen. Und wer weiß, vielleicht bekommen die Jungs ja auch so etwas wie Rabatt bei Cartier? So zu sagen als kleines Dankeschön für die Rettung der teuren Schmuckstücke. Nicht auszudenken, was sich der Rothaarigen damit für Möglichkeiten eröffnen würden! Bevor sie sich jedoch völlig in ihren unerfüllten Wünschen verliert, fällt ihr wieder ein, dass die Jungs ja noch gar nichts von ihrem Glück wissen. Als wäre sie bei etwas Verbotenem erwischt worden, zuckt Janine zusammen und betätigt dann die Einsatzglocke, die ihr schrilles Kreischen durch die stille Feuerwache jagt, wie ein Bluthund einen aufgescheuchten Fuchs. Über ihr setzt ein überraschtes Poltern ein und einige Minuten später stehen die vier mehr oder weniger einsatzbereit vor ihr. Mit einer fließenden Handbewegung reicht die Rothaarige den Zettel mit der Adresse an Ray weiter und fixiert dann Venkman ganz genau. Allerdings mit einem Blick, den dieser das letzte Mal bei ihrem Einstellungsgespräch zu sehen bekam. Dementsprechend ist der Brünette darüber auch ziemlich verwundert. „Vielleicht denkst du ja diesmal an mich, wenn du die Rechnung schreibst, Peter!“, kommt es zuckersüß von ihr. Der selbsternannte Chef legt fragend die Stirn in Falten. „Aber ich denke doch immer an dich, Janine. Wie könnte ich auch nicht?“, erwidert er leicht überfordert und folgt dann den anderen zu Ecto-1. „Sagt mal, Leute, kann mir zufällig einer erklären, was Janine gerade von mir wollte?“, fragt Venkman verwirrt, nachdem der Wagen die Hauptstraße erreicht hat. „Na, sie meinte, du sollst beim Rechnung schreiben an sie denken.“, kommt es nichtssagend von Raymond, während er den Blinker setzt und dann abbiegt. „Das habe ich auch gehört, doch was soll das heißen?“, erwidert der Brünette nun leicht angesäuert. Winston wirft einen Blick auf die Adresse und grinst dann. „Ich schätze, sie will, dass du ihr einen Ring an den Finger steckst!“, witzelt der Schwarzhaarige. Bei dieser Aussage entgleiten nicht nur Peter alle Gesichtszüge, sondern auch Egon und beide strafen den Bauarbeiter mit einem ernsten Blick. „So eine Aussage verbitte ich dir eindringlich, Winston!“, entgegnet der Tüftler erstaunlich verstimmt und mit einem deutlichen Rotschimmer auf den Wangen. „Das war doch nur ein Scherz, Egon. Also reg dich nicht so auf, ja?“, versucht Winston ihn wieder zu beruhigen und reicht dann den Zettel nach hinten. „Sieh dir einfach die Adresse an, dann wirst du es schon verstehen.“, legt er nach. Mit einem mahnenden Blick studiert der Blonde den Zettel zusammen mit Peter, doch er wird nicht wirklich schlau daraus. Bei Venkman fällt jedoch der Groschen. „5th Avenue? Das ist doch diese Luxuseinkaufsstraße! – Heilige Scheiße, Cartier! Janine muss völlig verrückt geworden sein. Wenn sich da nicht eine ganze Fußballmannschaft an Geistern rumtreibt, können wir uns ihre Fantasien aber keinesfalls leisten!“, platzt es aus dem Brünetten heraus, was Winston und Ray nur wieder zum Lachen bringt. Egon ist zur Abwechslung aber nun derjenige, der jetzt kein Wort versteht. „Was ist denn bitte Cartier?“, fragt er daher. Peter gibt ein Schnauben von sich und verschränkt die Arme vor der Brust. „Das ist der wohl teuerste und beste Juwelier in ganz New York. So was können sich nur die Stars leisten…“, erläutert sein Sitznachbar verstimmt. „Oh…“, ist alles, was der Tüftler darauf erwidern kann, doch abermals huscht ein Rotschimmer über seine Wangen hinweg. Dann senkt er schweigend den Kopf und betrachtet sein PKE-Gerät, als wäre es das Spannendste, was er je im Leben gesehen hat. Eine halbe Stunde später biegt Ecto-1 in die 5th Avenue ein und Ray schaltet die Sirene und das Blaulicht aus. Hier herrscht bedeutend weniger Verkehr, als im Rest der Stadt, was einerseits daran liegt, dass sich hier ein Luxusgeschäft an das andere reiht und sich nur wenige Leute so etwas leisten können, und zum anderen, weil ein Großteil der Läden noch gar nicht geöffnet hat. Die gutbetuchten Leute, die jetzt schon durch die Straße schlendern, werfen dem auffälligen Wagen abfällige Blicke zu. Wahrscheinlich fragen sie sich, was diese heruntergekommenen und aufmüpfigen Möchtegernwissenschaftler hier zu suchen haben oder, ob sie sich schlichtweg verfahren haben. Egal, was es auch sein mag, die Geisterjäger fühlen sich mit jedem Meter mehr fehl am Platz und hoffen, dass dieser Auftrag etwas wirklich Großes ist, damit sich dieser Aufwand auch lohnt. Wie bedeutend er wirklich ist, ja sogar ihr aller Leben völlig auf den Kopf stellt, werden sie aber erst später erfahren… Unter den wachsamen Augen der neureichen Oberschicht steigen den Jungs aus dem Auto und wenden sich Cartier zu. Ein Schild an der Eingangstür erklärt, dass der Laden heute geschlossen bleibt, was in den Augen der vier ein ganz guter Gedanke ist. Ihr Auftraggeber scheint sich also der möglichen Gefahr bewusst zu sein. Dennoch lässt es sich Peter nicht nehmen und wirft einen Blick durch eines der großen Schaufenster. Dahinter stehen gut sichtbar einige Vitrinen, angefüllt mit den teuersten und edelsten Schmuckstücken, die man sich nur vorstellen kann. Sehr dezente, kleine Kärtchen neben den Stücken legen ihren Preis fest. Beim Anblick so vieler Nullen wird dem Brünetten regelrecht schlecht und er kann sich beim besten Willen nicht vorstellen, wie jemand so viel Geld für so ein paar winziger Ohrringe oder dergleichen ausgeben kann. Andere Leute könnten sich mit so einer Summe zur Ruhe setzen… „Oh Mann, seht euch nur diese Preise an! – Das zieht einem glatt die Hosen aus…“, stöhnt Venkman abfällig. „Du hast doch gar keine Hosen an, Peter.“, erinnert ihn der Tüftler. Der Angesprochene wendet sich zu ihm um und lächelt ihn frech an. „Ach Egon, wie könnte ich in deiner Gegenwart auch Hosen anhaben?“, kommt es keck von dem selbsternannten Chef. Der Blonde rümpft nur die Nase, da er diese Anspielung durchaus verstanden hat. „Nun guck doch nicht gleich wieder so! Das ist doch bloß eine Redewendung und nicht wörtlich gemeint, du Genie.“ „Heißt es nicht aber, dass es einem die Schuhe auszieht?“, mischt sich nun Ray ein. „Schon möglich. Aber ich finde Hosen halt wirkungsvoller.“, hält Peter dagegen. „Habt ihr es jetzt bald? Ich fühle mich auch schon ohne eure Hosen genug auf dem Präsentierteller. Außerdem müssen wir jetzt an die Arbeit.“, unterbricht Winston das Ganze und deutet dann auf die Eingangstür, die sich in diesem Moment zaghaft öffnet. Ein sichtlich mitgenommener Mann streckt vorsichtig den Kopf nach draußen. „Sie sind doch sicher die Geisterjäger? Bitte kommen Sie schnell rein und helfen Sie mir!“, fordert sie der Juwelier auf und verschwindet auch schon wieder nach drinnen. Geschwind folgen ihm die Jungs und sehen sich in dem Geschäft um. Es ist kaum zu übersehen, dass hier etwas gewütet hat. Geldscheine und Münzen liegen auf dem Boden verstreut. Weiter hinten finden sich verschiedene Werkzeuge. Ein Vorhang, der den Verkaufsbereich und die Werkstatt voneinander trennt, ist halb heruntergerissen, die Wand mit Kaffee bespritzt. Die Türen einiger Vitrinen stehen offen und Schmuck und Uhren liegen darin kreuz und quer verstreut, als hätte man sie einfach nur hineingeworfen. Wäre der Juwelier nicht der festen Überzeugung von etwas heimgesucht zu werden, könnte man meinen er sei überfallen worden. „Es passiert bestimmt gleich wieder…“, ertönt auf einmal die nervöse Stimme des Besitzers und er blickt sich hektisch um. Verwundert sehen ihn die Geisterjäger an. „Was wird gleich wieder passieren?“, fragt Raymond sichtlich aufgeregt. Verängstigt sieht Benjamin ihn an. „Das dieses Etwas hier wieder wütet! Seit es heute Morgen angefangen hat, passierte es schon vier Mal. Ich komme mit dem Aufräumen gar nicht mehr nach und es wird jedes Mal schlimmer, habe ich das Gefühl…“, erläutert Sugarman, während ihm der Schweiß auf der Stirn ausbricht. „Haben Sie das Etwas denn gesehen?“, will Winston nun wissen. „Nein, ich habe lediglich ein Geräusch gehört, das ein Lachen gewesen sein könnte…“ Betrübt lässt der Juwelier die Schultern hängen. Nachdenklich sehen sich Ray und Egon an. „Es scheint ein periodisches Phänomen zu sein.“, meint der Mechaniker. „Dem scheint mir auch so. Zudem scheint es auch nicht in der Lage zu sein sich zu manifestieren.“, stimmt der Blonde zu. „Wissen Sie denn, was es sein könnte?“, fragt Benjamin vorsichtig, obwohl er es gar nicht so genau wissen will. „Ich fürchte, es könnte ein Poltergeist sein.“, entgegnet der Rothaarige. „Du meinst, so wie in dem Film?“, fragt Peter. „Ja, so ungefähr…“, bestätigt Raymond, doch Egon fällt ihm ins Wort. „Nein, Peter, nicht wie in dem Film. Poltergeister sind vergleichbar mit kleinen Kindern. Sie spielen gern Streiche und erschrecken die Person, die sie sich ausgesucht haben. Im Gegensatz zu anderen Geistern, sind Poltergeister personengebunden und damit ortsunabhängig. Zudem verletzten sie für gewöhnlich keine Menschen. Sie ziehen sie auch nicht in andere Dimensionen oder gar die Geisterwelt. Das sind alles nur Hollywooderfindungen.“ „Und ich dachte, du hast gepennt, als wir den Film gesehen haben.“, grinst Venkman. „Durchaus nicht, obwohl das Ganze an so vielen Stellen dermaßen unglaubwürdig war, dass es wohl besser gewesen wäre, wenn ich es getan hätte.“, entgegnet der Tüftler. „Aber, wenn solche Filme immer wissenschaftlich korrekt wären, dann wären sie doch sicher ziemlich langweilig.“, wirft Winston ein. „Das mag sein. Aber die Schreiber haben ja auch keine Ahnung von solchen Wesen und denken sich halt etwas aus, damit die Leute Angst bekommen. Sie wissen es ja auch nicht besser.“, argumentiert Ray weiter. Etwas irritiert verfolgt Sugarman die Unterhaltung der Ghostbusters, obwohl er dabei immer mehr das Gefühl bekommt, dass die Jungs sich vom eigentlichen Thema entfernen. Doch die Zeit drängt jedoch und er will das Ganze nicht wieder erleben müssen. „Meine Herren, sehen Sie denn eine Möglichkeit mich von diesem – diesem Poltergeist zu befreien?“, fragt er daher. Schlagartig beenden die Jungs ihre Diskussion und konzentrieren sich wieder auf den verängstigten Mann. „Könnte schwierig werden etwas einzufangen, was man nicht sehen kann, meinen Sie nicht auch?“, hakt Venkman nach. Benjamin sieht sich schon im Stich gelassen, da meldet sich der Mechaniker wieder zu Wort. „Das ist allerdings ein Problem, aber vielleicht auch nicht. Egon und ich tüfteln schon eine Weile an einem Gerät, das es ermöglichen soll, solche Wesen zumindest für uns sichtbar zu machen. Und ich denke, es jetzt an der Zeit ist, es einmal auszuprobieren.“, mit einer gewissen Vorfreude sieht er zu dem Blonden hinüber, der ihm zunickt. „Ich denke, einen besseren Augenblick werden wir so schnell wohl nicht bekommen.“ Nun fällt Peter und Winston auch die kleine Tasche auf, die Raymond sich um die Schulter gehängt hat. Schnell zieht er den Reißverschluss auf und bringt eine Art Brille zum Vorschein. Allerdings wirkt sie nicht, als könnte man sie zum Lesen verwenden. Sie erinnert eher an das klobige Gestell, das einem der Optiker auf die Nase setzt, um die Stärke der Gläser zu bestimmen oder an die Brille eines völlig verrückten Wissenschaftlers. Mit Hilfe eines dicken Gummibandes schnallt sich der Rothaarige die Ecto-Brille um. Er sieht damit jedoch einfach nur unglaublich albern aus, sodass sich Venkman und Zeddmore wirklich zusammenreißen müssen, um nicht laut loszulachen. Egon hingegen ist völlig ernst und hilft seinem Kollegen dabei, eine geeignete Einstellung zu finden. Vollkommen perplex steht Sugarman hinter seinem kleinen Schreibtisch und betrachtet das Ganze verständnislos. Er weiß beim besten Willen nicht, was er davon halten soll. Und, wenn er sich so die seltsamen Maschinen betrachtet, die die vier Männer auf dem Rücken herumtragen, überkommt ihn ein eiskalter Schauer. Bisher hat er die Ghostbusters zwar noch nicht im Einsatz gesehen, doch was er so gehört hat, beunruhigt ihn durchaus. Zwingend beginnt er sich die Frage zu stellen, ob es eine gute Idee war sie herzubestellen, oder ob es nicht weniger zerstörerisch gewesen wäre diesen Geist einfach zu akzeptieren und zu hoffen, dass er irgendwann von selbst wieder verschwindet. „Wie sieht es jetzt aus, Raymond?“, fragt Egon. Der Jüngste wirft einen Blick durch das Geschäft und zuckt dann auf einmal heftig zusammen, sodass er fast hinfällt. „Oh Himmel!“, gibt er leicht erstickt von sich und rappelt sich wieder auf. „Was hast du?“, will Winston nun wissen. Begeistert schiebt sich Ray die Brille auf die Stirn. „Es funktioniert! Es funktioniert tatsächlich!“, platzt es aus ihm heraus. „Ach ja? Hast du etwa diesen Poltergeist gesehen?“, hakt der Brünett nach. „Und ob! Dort drüben.“ Raymond deutet mit dem Finger in die Goldschmiede, wo im selben Moment eine Zange zu schweben beginnt und dann in hohem Bogen in den Verkaufsbereich fliegt. Polternd landet sie auf dem Boden und rutscht fast bis zur Eingangstür. Ein leises, aber freches Lachen ist zu hören und dann bewegt sich das nächste Werkzeug. „Faszinierend.“, kommentiert der Blonde das Ganze und zieht sein PKE-Gerät hervor. „Wie sieht das Ding denn aus?“, würde der Bauarbeiter nun gern wissen. „Sieh selbst.“, erwidert sein Freund und zieht drei weitere Brillen aus seiner Tasche hervor. Ein paar kurze Justierungen später, können sie alle den Poltergeist sehen. Dieser weiß von seinem Glück noch nichts und verteilt derweilen gut gelaunt bunte Edelsteine auf dem Boden. Funkelnd reflektieren sie das Licht von der Decke in allen Farben. „Der sieht ja fast aus wie Casper der Geist.“, kommt es stirnrunzelnd von Peter. „Stimmt, doch deswegen sollten wir ihn nicht unterschätzen.“, wirft Raymond ein. Während der Poltergeist weiterhin Diamanten und Edelsteine in allen Farben, Formen und Größen in der Goldschmiede verteilt, greifen die Jungs zu ihren Waffen. Vorsichtig sammeln sie sich in dem schmalen Durchgang und nehmen ihn ins Visier. Summend warten die Protonenkanonen auf ihren Einsatz. „Ok Männer, zielen und Feuer!“, weist Peter seine Truppe an. In diesem Moment bemerkt der Poltergeist das etwas nicht stimmt. Überrascht lässt er den kleinen Goldbarren fallen, den er gerade in den Händen hält und schafft es in letzter Sekunde aus der Schussbahn zu kommen. Stattdessen erblüht eine sengende, schwarze Blume auf der hinteren Wand der Werkstatt. Heftig zuckt Sugarman zusammen und lässt sich kraftlos auf seinen Stuhl fallen. Er mag sich gar nicht die Ausmaße vorstellen, die der Schaden dieser Männer annehmen könnte, ehe sie den Geist erwischen – wenn sie ihn erwischen… Ungeachtet dessen versuchen die Jungs den Poltergeist wiederzufinden. Dieser schwebt unschlüssig um die Deckenlampe herum und schimpft dabei etwas Unverständliches vor sich hin, gleich einem trotzigen Kind. Schmollend blickt er sich mit verschränkten Armen um und sucht nach etwas Neuem, das er anstellen kann. „Na schön, gleich noch mal. Aber diesmal nacheinander.“, legt Venkman fest. „In Ordnung. Aber wir müssen aufpassen, dass er uns nicht nach draußen entwischt und sich einen neuen Platz zum Spuken sucht.“, erinnert der Mechaniker. Kurz darauf zucken wieder die hochenergetischen Protonen durch den kleinen Raum. Dennoch gelingt es den Männern nicht, den Poltergeist zu treffen, ohne wohlmöglich die Strahlen zu kreuzen und damit eine verheerende Explosion auszulösen. Der Poltergeist findet das Ganze inzwischen auch nicht mehr so lustig. Daher greift er sich eine Feile und wirft sie nach den Störenfrieden. Schmerzhaft trifft sie Winston am Schienbein. Keuchend zuckt dieser zusammen und weicht zurück. „Egon, hast du nicht gesagt, er würde keine Menschen verletzten?“, fragt er den Tüftler etwas ungehalten und reibt sich die pochende Stelle. „Durchaus. Solange man ihn nicht ärgert, ist er harmlos.“, erwidert der Blonde unbescholten. „Hätte ich mir ja auch denken können…“, grummelt der Schwarzhaarige und richtet sich wieder auf. Dieser kurze Zwischenfall gibt den Poltergeist jedoch die Chance in den Verkaufsbereich zu flüchten. Mit einem fiesen Lachen lässt er die Kasse aufspringen und ein Schwall Geldscheine segelt durch die Luft. Angriffsbereit richten die Jungs erneut ihre Strahler auf die Anomalie, doch sie können nicht schießen. Der Poltergeist schwebt direkt über der Kasse und diese steht neben Sugarman auf dem Schreibtisch! „Verdammt!“, schimpft Peter in sich hinein. Allerdings ist sich der Poltergeist nicht im Klaren darüber, dass er im Moment nicht in Gefahr ist und so nutzt er die kurze Feuerpause und schwebt auf die Eingangstür zu. „Er versucht abzuhauen!“, kommt es hektisch von Ray. Erschrocken wenden alle den Blick zur Tür und schwupp, ist der Geist auch schon durch das Glas und nach draußen. „Na herrlich…“, kommentiert Winston diese Tatsache und verdreht seufzend die Augen. Eilig stürmen die vier nach draußen und lassen Benjamin allein zurück. Diesen überkommt eine gewisse Erleichterung, hat sein Geschäft doch nicht allzu viel Schaden abbekommen. Auf der Straße sind die Ghostbusters derweilen damit beschäftigt den Poltergeist wieder zu finden. Inzwischen ist das Treiben auf der Luxusmeile auch schon bedeutend reger geworden, was das Ganze noch zusätzlich erschwert. Aufgebracht, wütend und verängstigt betrachten die Reichen und Schönen Manhattans die vier Verrückten, die mit futuristischen Schusswaffen und merkwürdigen Brillen durch die Gegend hasten und auf irgendetwas schießen, das nicht sichtbar ist. Hupend und mit quietschenden Reifen kommentieren die Autofahrer das völlig hirnlose Verhalten der Männer, die blindlinks auf die Fahrbahn hechten. Wild zucken die grellen Strahlen ihrer Waffen durch die Luft, versengen Hauswände, schmelzen Asphalt, lassen Glas splittern und holen sogar eine Ampel von ihrer Halterung. Mit einem krachenden Splittern landet das gelblackierte Blinklicht auf der Straße und versprüht Funken aus seinem zerfetzten Kabel. Aufgebracht fangen die Passanten an die Jungs zu beschimpfen und bringen sich damit nur selbst in Gefahr. Doch das ist ihnen natürlich nicht bewusst und auch die vier sind so in ihre Hetzjagd vertieft, dass sie die Leute um sich herum gar nicht wahrnehmen. Es gleicht einem wahren Wunder, das niemand verletzt wird. „Argh! Das gibt es doch gar nicht! Wenn wir das Biest nicht bald erwischen, ist es zu weit weg für die Strahler!“, erzürnt sich der selbsternannte Chef. Und damit hat er nicht ganz unrecht. Der Poltergeist versucht Abstand zwischen sich und diese wildgewordenen Menschen zu bringen, die ihm so unschön ans Ektoplasma wollen. Hektisch blickt er sich um, wo er sich verstecken könnte. Dann plötzlich biegt ein großer LKW in die Einkaufsstraße ein und der Fahrer tritt überrascht auf die Bremse, als er die Schusswaffen der vier Männer erblickt. Dabei rutscht allerdings der massige Anhänger seines Fahrzeugs zur Seite und schlägt krachend gegen eine Laterne, die sich daraufhin gefährlich zur Seite neigt. Durch diesen Unfall schreckt der Poltergeist überrascht zusammen, sieht er sich inzwischen doch von allen Seiten mehr als bedroht. Diesen kleinen Moment der Unachtsamkeit reicht den Geisterjägern, um ihn endlich unter Beschuss zu nehmen. „Endlich! Haltet ihn bloß gut fest!“, harscht Peter und fummelt eine Falle hervor. Seine drei Kollegen geben sich alle Mühe, seinem Befehl Folge zu leisten, doch es ist nicht so einfach, wenn man hinterrücks von den Passanten beschimpft oder sogar mit Müll beworfen wird. Und es werden immer mehr Leute, die immer ungehaltener sind. Tapfer halten die Helden dem allem stand, bis die Falle schlitternd über den Boden rutscht und unter dem Poltergeist zum Stehen kommt. „Zeit zum Schlafen, Freundchen!“, höhnt der Brünette und tritt auf den Auslöser. Für einen Moment zucken die umstehenden Leute zusammen und schirmen ihre Augen vor dem grellen Licht ab, das aus dem kleinen Kasten strömt. Der Poltergeist mag zwar unsichtbar sein, doch als sein Körper in den Lichtkegel gesaugt wird, ist für einen kurzen Augenblick ein Schatten darin zu erkennen, der vielen Passanten klarmacht, dass diese Verrückten tatsächlich etwas eingefangen haben. Noch ehe die Verriegelung der Falle greift, beginnen sich die Leute eilig zu zerstreuen und sich irgendwo in Sicherheit zu bringen. Wer weiß schon, ob nicht noch mehr unsichtbare Bedrohungen durch die Luft fliegen? Mit einem erleichterten Seufzen hebt Ray die qualmende Falle vom Boden auf. „Puh, das war ein Abenteuer!“, gibt er von sich und kehrt zu den anderen zurück. „Ich schätze, das war es dann.“, seufzt Winston. Egon blickt auf sein PKE-Gerät und nickt zustimmend. „Ja, alles ist wieder im Normalbereich.“ „Dann kannst du Mister Sugarman ja die Rechnung bringen und wir können diesen Störenfried zu Hause in den Verbannungscontainer stecken.“, schlägt Raymond vor. Auf Peters Gesicht bildet sich ein zufriedenes Grinsen. „Eine gute Idee. Pack du doch schon mal die Ausrüstung zurück ins Auto. Ich muss noch ein Wörtchen mit Winston und Egon reden.“, erwidert Venkman und scheucht den Mechaniker davon. Dieser blickt ihm fragend an und als er keine Antwort bekommt, zuckt er nur mit den Schultern und geht zum Einsatzwagen zurück. Der Tüftler und der Bauarbeiter mustern den Brünetten ebenfalls fragend. Peter nimmt die beiden aber sogar noch ein Stück zur Seite und beugt sich dann fast schon verschwörerisch zu ihnen vor, nachdem er sich vergewissert hat, dass Ray sie nicht hören wird. „Was hat dich denn jetzt gebissen, Venkman?“, fragt Winston skeptisch. „Ich habe eine fantastische Idee und hoffe, ihr beiden seid mannsgenug, um mir dabei zu helfen, denn allein schaffe ich das nicht…“ Peter blickt seine beiden Kollegen so durchdringend und ernst an, dass es ihnen schon vorkommt, als würde dort ein völlig Fremder vor ihnen stehen. Unschlüssig sehen sich die zwei an, ehe sie den Worten des Brünetten lauschen und diese dennoch kaum glauben können… Auf der Fahrt nach Hause verhalten sich die drei äußerst schweigsam, sodass sich Ray ernsthaft fragt, was sie wohl besprochen und anschließend bei dem Juwelier gemacht haben, während er im Wagen warten sollte. Auf sein Nachfragen hin bekommt er jedoch keine Antwort, also gibt er es schließlich auf. Egon, Peter und Winston werden jedoch immer nervöser, je näher Ecto-1 sie der Feuerwache bringt. Keiner von ihnen ist sich sicher, ob Venkmans wahnwitziger Einfall nun gut oder schlecht ist. Doch ihnen bleibt nichts anderes übrig, als es einfach auszuprobieren und auf das Beste zu hoffen. Mit einem äußerst mulmigen Gefühl steigen die drei aus und Raymond ist immer noch ratlos. Bis zum Ende des Tages bekommt er auch nichts aus ihnen heraus. Doch der nächste Morgen wird ihnen allen etwas beschweren, von dem sie wohl schon lange geträumt, es doch nie auszusprechen gewagt haben… Das Frühstück ist gegessen, die Nerven bis zum Zerreißen angespannt, als Peter seine beiden Kollegen noch einmal zu sich winkt. „Ok Leute, jetzt gibt es kein Zurück mehr! Kneifen ist nicht mehr, also ziehen wir es durch, bevor ich noch einen Herzinfarkt bekomme…“ Winston und Egon geht es nicht viel besser, dennoch nicken sie unsicher. Kurz darauf trifft Beverly ein und die drei zerstreuen sich. Peter schnappt sich seine Freundin und fährt mit ihr in den Park, um ein Picknick zu machen. Der Bauarbeiter sucht seinen Freund hingegen im Schlafsaal auf und der Tüftler begibt sich zu Janine an ihren Schreibtisch. Die frische Luft des Central Park klärt Peters Gedanken, trotzdem kann er seine Nervosität kaum verbergen. Dennoch versucht er sich cool zu geben, als er die Decke auf dem üppigen Grün ausbreitet und sich mit Beverley darauf niederlässt. „Das war wirklich eine herrliche Idee!“, seufzt sie, glücklich darüber endlich mal wieder ein bisschen Zeit mit ihrem Liebsten verbringen zu können. „Behalt diesen Gedanken im Hinterkopf, falls der Rest in die Hose geht…“, versucht er zu scherzen, doch es klingt keineswegs so, wie er es sonst ausdrücken würde. Das entgeht auch der Blondine nicht. „Stimmt etwas nicht? Du wirkst so nachdenklich…“ Besorgt sieht sie ihn an. Peter presst die Lippen fest aufeinander und ergreift dann ihre Hand. Überrascht stellt Bev fest, dass er zittert und das beunruhigt sie nur noch mehr. „Aber Peter, was ist denn los? Du zitterst ja!“ So hat sie ihren toughen Freund nun wirklich noch nicht erlebt. Mit großen, nahezu hilflosen Augen blickt er sie an. „Ist bestimmt kein Wunder. Was ich vorhabe, macht mir mehr Angst, als es irgendein Geist auf der Welt je könnte…“, presst der Brünette nicht ganz sicher hervor. „Peter, was…?“, setzt sie an, doch er bedeutet ihr zu schweigen. Überrascht macht sie den Mund wieder zu und macht sich auf das Schlimmste gefasst. Unweigerlich sammeln sich hinter ihren Augen heiße Tränen. Nur mit größter Mühe gelingt es ihr sie zurückzuhalten und sich anzuhören, was ihren Freund so verunsichert. Venkman schweigt einen schier endlos erscheinenden Moment. Er könnte sich selbst dafür ohrfeigen. Sein Leben lang hatte er immer eine große Klappe, was ihm auch oft Schwierigkeiten eingebracht hat, doch jetzt ist seine Kehle wie zugeschnürt und er muss sich jeden Atemzug mühsam erarbeiten. Angestrengt holt er ein paar Mal Luft und wird dennoch das Gefühl nicht los, gleich ohnmächtig zu werden. Dabei versteht er überhaupt nicht, warum er so nervös ist. Er war im Leben nie so sehr von etwas überzeug wie jetzt, also warum kann er es nicht einfach sagen und gut ist es? Vielleicht ist es ja die tiefsitzende Angst vor ihrer Antwort? Doch ganz egal, was es auch immer sein mag, er muss sich jetzt zusammenreißen, sonst verwirrt er sie noch mehr. Mit einem letzten, tiefen Atemzug greift er in die Tasche seiner Jacke. Wie ein Ertrinkender klammert er sich an die kleine Schatulle in seiner Hand. Beverly kann sie kaum sehen und dennoch wird ihr schlagartig klar, was der Brünette vorhat und ihr bleibt fast das Herz stehen. „Oh Gott, Peter…“, setzt sie an, den Tränen näher als je zuvor. „Nein, bitte warte noch!“, fordert er sie auf und öffnet langsam erst seine Hand und dann die kleine Schatulle. In ihrer Mitte aus rotem Samt sitzt ein goldener Ring mit einem Diamanten, kunstvoll eingefasst in einem hauchzarten Blumenmuster. Nun rinnt Beverly wirklich eine Träne über die Wangen, sie kann es einfach nicht verhindern, dennoch schweigt sie. „Bev, ich hätte – hätte nie gedacht, dass ich – jemals eine Frau finden würde, die mir so viel bedeutet wie du. – Ich habe so viel Mist gebaut, – dass ich eigentlich jegliche Hoffnung daran aufgegeben hatte, doch dann habe ich dich kennengelernt und du hast einen völlig neuen Menschen aus mir gemacht. – Das klingt bestimmt unglaublich kitschig, aber anders kann ich es nicht ausdrücken. – Ich liebe dich und – und will den Rest meines Lebens nur mit dir verbringen…“ Er hat seine Ansprache noch gar nicht ganz beendet, da kann Beverley nicht mehr an sich halten. Überwältigt wirft sie sich in seine Arme und küsst ihn stürmisch. Erst, als sie beide gezwungen sind wieder Luft zu holen, beruhigt sie sich langsam wieder. „Ja, Peter! Tausend Mal ja!“, erwidert sie ihm aufgelöst. „Danke…“, haucht er ihr sanft entgegen und streift den Ring über ihren Finger. Zur selben Zeit kämpft auch Egon mit einer völlig ungewohnten Nervosität. Im Gegensatz zu Peter versteht er aber durchaus, was sie auslöst, da Gefühle für ihn schon immer etwas Schwieriges waren und es wohl auch immer sein werden. Dennoch hat sich in den letzten sechs Jahren so viel in seinem Leben zum Guten geändert, dass ihm solche Dinge nun bei weitem einfacher fallen, als damals. Und nicht zuletzt hat er dies natürlich Janine und ihrer ungetrübten Hartnäckigkeit zu verdanken, die sein Herz Tag für Tag aufs Neue berührt. Langsam nähert er sich dem Schreibtisch der Rothaarigen und versucht sich dabei etwas zurecht zu legen, dass er ihr sagen will. Als sie ihn jedoch ansieht, ist sein Kopf plötzlich leer – völlig leer! Noch nie hat er ein so seltsames, geradezu hilfloses Gefühl verspürt. Trocken schluckt er hart und betrachtet die junge Frau vor sich einfach nur. Janine legt den Kopf schief. „Stimmt etwas nicht, Egon? Du siehst so blass aus…“ Krampfhaft räuspert sich der sonst so gefasste Tüftler und stellt dann eine kleine Schatulle vor ihr auf die Tischplatte. Auf dem roten Leder prangert das goldene Logo von Cartier. Überrascht weiten sich die Augen der Sekretärin. „Du meintest doch, dass Peter beim Schreiben der Rechnung für Cartier an dich denken soll…“, kommt es leicht stockend von dem hochgewachsenen Mann. Langsam ergreift Janine die Schatulle und öffnet sie. In ihrer Mitte, gebettet in blütenweißen Samt, steckt ein schmaler, goldener Ring, in dessen schmetterlingsförmiger Einfassung ein zartrosa schimmernder Edelstein sitzt. Sie traut ihren Augen kaum und springt überrascht von ihrem Stuhl auf. „Oh Gott, Peter! Das ist doch nicht möglich!? Das ist viel zu viel…!“, entkommt es ihr fassungslos und sie blickt fast schon schockiert zu Egon auf. Der Tüftler räuspert sich erneut. „Nein, schon gut, Janine. – Er ist nicht von Peter…“, setzt er unsicher an. Verwirrt blickt sie ihn an. „Was soll das heißen?“, fragt sie verunsichert. Bemüht versucht Egon den Blickkontakt zu ihr zu behalten, während sich seine sonst so blassen Wangen kirschrot verfärben. „Er – er ist von mir. – Ich – ich – wollte dich fragen – also…“, weiter kommt er nicht. Egon Spengler war immer ein Mann großer Worte, die viele Leute stets verwirrt haben, doch nun bekommt er kein einziges mehr zustande, so sehr er sich auch darum bemüht. Plötzlich trifft die Sekretärin die Erkenntnis so heftig wie ein Faustschlag. Sie wirft einen Blick auf den Ring und dann sieht sie wieder zu dem völlig fertigen Blonden vor sich auf. „Ja!“, entkommt es ihr dann begeistert. Jetzt ist es Egon, der verwirrt den Kopf auf die Seite legt. „Ja?“, fragt er zaghaft. Janine strahlt über das ganze Gesicht. „Ja, ich will dich heiraten! Auf jeden Fall!“, flötet sie. Verlegen kratzt sich der Tüftler am Hinterkopf. „Oh, das ist wundervoll!“, gesteht er erleichtert und versucht sich an einem Lächeln, das noch nicht so ganz hinhauen will. Doch da kann die Rothaarige sicher nachhelfen. Vorsichtig stellt sie die Schatulle auf dem Schreibtisch ab, packt Egon dann an seinem Hemd und zieht ihn zu sich herunter. Ehe er auch nur reagieren kann, drückt sie ihre herrlich weichen Lippen auf die seinigen und verführt ihn zu einem innigen Kuss. Nach einem winzigen Augenblick löst sich seine Starre und er schließt sie fest in die Arme, erwidert ihre Berührung mit erleichterter Freude. Nach einer Weile trennen sie sich und blicken einander mit roten Wangen und pochenden Herzen an. „Sag es, Egon!“, fordert sie ihn schließlich auf. Für einen Moment überlegt der Tüftler, was sie nun genau von ihm hören will, dann lächelt er sanft und findet all seine Gewandtheit wieder. „Janine, ich liebe dich! – Willst du meine Frau werden?“, kommt es nur vollkommen sicher von ihm. „Ja, Egon, das möchte ich!“, erwidert sie glücklich und diesmal ist es der Blonde, der den Kuss beginnt, indem sie sich beide hilflos verlieren. Ganz so weit ist Winston noch lange nicht und es ist für ihn auch um einiges schwieriger, schließlich ist sein Auserwählter keine Frau. Dementsprechend ist auch er mehr als nervös, als er den Schlafsaal betritt, wo Ray gerade tief versunken in einem Comicheft im Bett sitzt und gar nicht bemerkt, dass er nicht mehr allein ist. „Oh nein, Captain Steel! Halt durch, du schaffst das!“, feuert der Mechaniker kindlich seinen Superhelden an und blättert aufgebracht die Seite um. Ehe er jedoch auch nur eine weitere Sprechblase lesen kann, legt sich plötzlich eine warme Hand auf seinen Oberschenkel. Heftig schreckt der Junge zusammen und gibt einen erstickten Laut von sich. Mit schreckgeweiteten Augen linst er über den Rand seines Comics hinweg und stellt dann mit tiefer Erleichterung fest, dass es nur Winston ist, der sich zu ihm gesetzt hat. „Meine Güte, Winston! Ich hätte fast einen Herzstillstand bekommen!“, rügt er seinen Freund halbherzig und legt sich dabei theatralisch eine Hand auf die bebende Brust. Der Bauarbeiter schmunzelt leicht. „Das tut mir leid. Ich wollte dich nicht so erschrecken. – Können wir kurz reden?“ Mit leichtem Widerwillen im Blick schaut Ray erst auf sein Comicheft und dann wieder zu dem Schwarzhaarigen. Scheinbar wiegt er ab, ob es sinnvoll ist, jetzt mit ihm zu reden oder aber zuerst herauszufinden, ob sich Captain Steel noch einmal retten kann. Winston kann ihm diesen inneren Konflikt nur zu deutlich ansehen, doch bei ihm kann er drüber hinwegsehen. Ray ist halt einfach so und gerade das begeistert ihn so an dem Rothaarigen. Daher wartet er geduldig ab, wie sich der Kleinere entscheiden wird. Es dauert einen Moment, doch dann legt Raymond tatsächlich das Heft zur Seite und blickt ihn fragend an. „Was gibt es denn?“ „Ray, ich möchte dich etwas fragen – und hoffe, dass du ja sagst…“, kommt es nun ziemlich nervös von dem Älteren. Etwas irritiert legt der Angesprochene die Stirn in Falten. „Warum sollte ich denn nicht ja sagen?“, fragt er unschuldig zurück. „Deswegen.“, entgegnet ihm Winston und reicht ihm dann eine kleine, schwarze Schatulle mit dem goldenen Logo von Cartier darauf. „Was ist das?“, fragt der Rothaarige verwundert. „Mach sie doch einfach auf?“ In der Schatulle, gebettet in dunkelblauen Samt, steckt ein breiter Silberring, der ringsherum mit einem feinen Schnörkelmuster verziert wurde. Es ist nicht zu übersehen, dass er für einen Mann gedacht ist. Fragend sieht Ray seinen Freund an. „Ein Ring?“ „Ja, gefällt er dir?“, kommt es hoffnungsvoll von dem Größeren. „Ja, schon. Doch was soll ich damit?“ Irgendwie hat Winston diese Antwort kommen sehen. Man schenkt einem anderen Mann nun mal keinen Ring, selbst nicht, wenn man ihn liebt. Die Gesellschaft duldet so etwas nicht – zumindest hier nicht. Dennoch trifft es den Bauarbeiter schwer, ihn das sagen zu hören. Aber er wischt den leichten Schmerz weg, der sich in seinem Herzen auszubreiten versucht. Er atmet tief durch und blickt seinen Partner dann durchdringend an. Langsam ergreift er seine freie Hand. „Ich möchte, dass du mich heiratest, deswegen der Ring. Als Symbol unserer endlosen Liebe zueinander!“, kommt es völlig ernst von ihm. „Was? Was sagst du denn da?“, entkommt es Ray vollkommen perplex. „Ich liebe dich, Ray! Und ich will den Rest meines Lebens mit dir an meiner Seite verbringen!“ Nun versteht der Rothaarige allmählich, was sein Gegenüber von ihm will und er wirft sich ihm in die Arme. „Ich liebe dich auch, Winston!“, kommt es mit bebender Stimme von dem Kleineren. Doch die Freude hält nur einen kurzen Moment, dann drückt Ray ihn ruckartig von sich weg und starrt ihn entgeistert an. „Nein! Wir können nicht heiraten! Wir sind zwei Männer!“, platzt es aus ihm heraus. Dabei versucht er sich wie ein Lehrer anzuhören, der einen Schüler tadelt, doch es gelingt ihm nicht wirklich und daher klingt er eher wie ein Kind, das einfach nicht begreifen will, dass deine Eltern recht haben. „Beruhige dich, Ray!“, fordert Winston ihn auf und sieht ihn wieder fest an. Der Rothaarige zuckt leicht zusammen und lässt dann betrübt die Schultern hängen, was dem Bauarbeiter klarmacht, wie sehr ihm der Gedanke doch gefallen haben muss, ihn heiraten zu wollen. „Du hast recht. Hier können wir nicht heiraten, weil es gesetzlich verboten ist. Aber das ist nicht überall so, weißt du? Wir fahren einfach nach Las Vegas, da ist es legal und wenn wir nur lange genug warten, wird es hier eines Tages auch so weit sein, da bin ich mir ganz sicher!“ Mit großen, feuchten Augen sieht Raymond ihn an. „Glaubst du wirklich?“ Zuversichtlich lächelt Winston ihm entgegen. „Ganz sicher. Und wenn nicht, dann ist es auch egal, weil wir beide wissen, dass wir uns haben und das kann uns niemand mehr wegnehmen! – Also Ray? Willst du mich heiraten?“, fragt er erneut. „Und ob ich das will!“, flötet der Rothaarige und umarmt ihn wieder. Schon kurz darauf küssen sie sich sehnsüchtig und besiegeln damit ihre Liebe. Der Morgen hat gerade erst sein zartes Licht über den Horizont geschickt, doch in der Feuerwache herrscht schon hektisches Treiben. Ecto-1 steht vollgepackt mit Taschen und Koffern vor dem Gebäude und wartet geduldig auf seine Insassen. Die drei glücklich verlobten Paare können es immer noch nicht so ganz fassen, doch schon heute Abend werden sie verheiratet sein! Dieser Gedanke vertreibt jegliche Müdigkeit. Selbst Peter ist so wach und gut gelaunt, wie man es bei ihm noch nie erlebt hat. Aber so ein besonderer Tag erfordert auch viel Besonderes. Nicht lange später sitzen sie alle im Auto und fahren in Richtung der glitzernden Metropole, die ihnen ihr ewiges Glück versprechen soll. „Vegas, wir kommen!“, grölt Peter ausgelassen durch das offene Fenster, dass sich sämtlich Leute auf der Straße verwirrt nach dem ausgefallenen Wagen umdrehen. Seine fünf Mitfahrer stimmen in seinen fröhlichen Jubel ein und so trennt sie nur noch die Straße von der Vollendung eines langgehegten Traumes! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)