Hunger von Luca-Seraphin ================================================================================ Kapitel 3: 26.12.1916 --------------------- Heinrich erwachte. Sein Mund war trocken. Ihm klebte die Zunge am Gaumen. Durst, das war das Einzige was ihn durchdrang, die Sehnsucht nach Wasser. Er hörte ein leises, tiefes Schnarchen. Das klang nach seinem Vater, aber was tat er in seinem Zimmer? Müde versuchte er zu blinzeln. Seine Lider waren verkrustet. Langsam bewegte er sich. Seine Gliedmaßen waren steif und kalt. Die Gelenke taten weh. Er fühlte, wie langsam das Leben in seine Arme und Beine zurückkehrte. Das Kribbeln fühlte sich entsetzlich an. Nach einer Weile konnte er sich endlich die Augen reiben. Fahles Winterlicht drang durch seine Wimpern. Trotz allem dauerte es eine Weile, bis er klar sehen konnte. Tatsächlich saß sein Vater neben seinem Bett, die Flasche neben sich, die Zeitung auf dem Bauch, eingeschlafen in einer Pose, die ihm vermutlich fürchterliche Rückenschmerzen bereiten würde. Heinrich schwang die Beine vom Bett und zog die Decke von sich – seltsam, er trug seinen Sonntagsanzug. Im Bett? Das war Irrsinn! Er atmete tief ein und erhob sich, um seinem Vater die Decke überzulegen. Wenn er erwachte, konnte er ihn fragen. Langsam ging er barfuß zum Fenster. Der wolkenschwere Himmel hing tief über den Dächern des Hinterhofs. Es schneite. Unten standen einige uniformierte Gendarmen zusammen und scharten sich um den Kellereingang. Konrad war bei ihnen, redete auf sie ein. Er schien vollkommen aufgelöst. Der Anblick rüttelte etwas in Heinrich wach, ein Fragment aus Schmerz und Leid – Verlust. Es war nicht mehr als eine betrübliche Erinnerung. Er griff nach dem Fensterknauf und drehte ihn. Sollte Konrad doch hoch kommen. Hinter ihm raschelte etwas. Er sah sich um. Seinem Vater war die Zeitung vom Bauch gerutscht. Er ging hinüber und hob sie auf. Beinah hätte er sie fallen lassen. Seine tauben Finger zitterten plötzlich. Die Erinnerung brach brüllend und blutig über ihn herein. Auf der Titelseite war seine Zeichnung abgedruckt, das Bild des Landsers, was er dem Kriminalsekretär überlassen hatte; daneben zwei kleinen Fotografien von Fräulein Driesen und ihm. Gesucht wird! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)