Tears and Laughter von DeNoir ================================================================================ Kapitel 5: Ferien im Gruselkabinett ----------------------------------- Sky Am nächsten Morgen wurde Amy von Sebastian abgeholt. Die Herbstferien standen vor der Tür und würden uns eine Woche vor dem Unterricht bewahren. Bald wird diese Schule furchtbar leer sein. Eigentlich blieben nur die Stipendiaten in den Ferien in der Schule und selbst davon nicht zwingend alle. Das große Grundstück der Wölfe werde ich mir bald mit nur 2- 3 Gestalten und den Angestellten teilen. Amy bat mir zwar an mit ihr zu kommen, doch ich schlug aus. Eigentlich war es nie eine schlechte Zeit und nun, da ich Fag eines Prefects war, treten mir die Schüler anders gegenüber. Ich hatte irgendwie im Gefühl es könnten sehr gute Ferien werden. Vielleicht finde ich ja endlich eine Fag unter der Handvoll verbliebener Schüler. Der Montag war schleppend angebrochen. Ziemlich ideenlos was ich mit mir anstellen sollte warf ich mich in eine grauen, weiteren Pulli mit schwarzen Totenköpfen und eine stumpfe, schwarze Jeans, sowie meine Segeltuchschuhe. Ein Aufzug, der ungefähr genauso kreativ war wie meine Tagesplanung. Nachdem ich mich geschminkt hatte ließ ich die Haare einfach offen, doch der kleine Zopf fiel mir über die Schulter. Ich beschaute ihn kurz und ein komisches Gefühl knistert in meinem leeren Magen hin und her. Es huschte von links nach rechts wie eine Horde fetter, flauschiger Hummeln. Ich konnte nicht anders: Während ich den kleinen Zopf befühlte schwirrten einige Szenen durch meinen Kopf. Ich kannte den Bestatter noch nicht lange. Getroffen hatte ich ihn bis jetzt nur 5-mal. Trotzdem hatte ich das Gefühl in diesen fünf Begegnungen war unglaublich viel passiert, obwohl wir bei der ersten noch nicht einmal miteinander gesprochen hatten. Jede Begegnung war so präsent in meinem Kopf. Einen solchen Mann vergaß man nicht. Egal wie sehr man es versuchte. Des Weiteren war Undertaker irgendwie immer genau dann da, wenn ich eine helfende Hand gebrauchen konnte und streckte sie mir in vollkommener Selbstlosigkeit entgegen. Er hatte nichts davon, doch er wirkte nicht als ob ihn das interessierte. Seufzend verließ ich die stille Wohnung, in der ich viel zu viel Raum zum Nachdenken hatte. Ich dachte nämlich viel zu viel nach in letzter Zeit. Nicht über Klausuren oder Unterricht oder meine Abschlussprüfung, wie ich es vielleicht langsam mal tun sollte. Nein. Ich dachte über ein breites Grinsen nach oder über das immer größer werdende Gefühl endloser Enttäuschung. Das komische warme Gefühl in mir kribbelte auf wenn ich über den Bestatter nachdachte und brach in sich zusammen sobald ich an das Theater dachte, was meine Eltern veranstaltet hatten. Es war gut, dass sie geblieben waren wo der Pfeffer wuchs, doch... Ich zwang mich selbst den Gedanken abzubrechen. 'Undertaker hat mir wirklich ziemlich oft geholfen', schaffte ich es mich mal wieder erfolgreich mit den Gedanken an zwei funkelnde, grüne Augen abzulenken: 'Ich sollte mich irgendwie erkenntlich zeigen.' In dem Moment hatte ich auch schon eine Idee und ging durch zum Frühstück. Wir waren 4 Schüler. 3 Stipendiaten saßen schon an einem Tisch, als ich mich dazusetzte, aßen und redeten. Die aus dem ersten, zweiten, vierten und ich aus dem fünften Jahr. Die Anderen beschauten mich fast ehrfürchtig, als ich Platz nahm. Ich war die erste Stipendiatin, die es zum Prefect Fag geschafft hatte. Doch irgendwie entfernte es mich auch ein bisschen von ihnen. Sie überlegten was sie sagten, wie sie es sagten. Das Gefühl war nicht schlecht, aber komisch. In den großen Schülermassen fiel es einem meistens nicht so auf, vor allem da ich oft mit Amy unterwegs war. Natürlich war sie die Prefect und die Schüler wurden in ihrer Gegenwart aus Respekt schon einmal 50 cm kleiner. Doch dass sie es auch vor mir wurden, war mir bis jetzt nicht aufgefallen. Trotz allem war die Atmosphäre sehr entspannt. Die Angestellten und auch Ms. Lowell saßen mit an dem gedeckten Frühstückstisch und unterhielten sich mit uns. Ich setzte mich neben Lola Smithers, unsere Küchenchefin. Eine nette Dame Anfang 60, etwas korpulenter, doch mehr als rüstig. Sie saß in ihrem blassblauen Kleid mit weißer Schürze, welche hier und da ein paar Soßenflecken hatte und dem friedhofsblonden Dutt auf ihrem Stuhl und lächelte jeden durch ihre nur unten gerahmte Brille freundlich an. Sie war meine Tante Amanda, eine der nettesten Menschen die ich kannte. Wenn ich auch oft nicht wusste was ich in meinen Ferien tun sollte, war mir immer klar, dass ich auf jeden Fall ein bis zwei Mal mit ihr backen würde. Lola schaut mich an: „Guten Morgen Sky. Was hast du? Nicht gut geschlafen?“ Ich nickte müde. Obwohl ich die letzten Wochen so gut wie nichts gegessen hatte, suchte ich mein Hungergefühl mehr als nur vergeblich. Ich lächelte sie durch meine dezente Gefühlslage an: „Ja. Ich weiß nicht warum. Ich hab auch nicht wirklich Hunger.“ „Iss zumindest ein bisschen, Liebes“, legte mir Lola ein Brötchen auf den Teller: „Du wächst doch noch.“ „Ich bin fast 18, Lola. Ich wachse nicht mehr.“ „Ha!“, lachte sie: „Ich habe hier schon Mädchen gesehen, die gingen in die Ferien und kamen 15 cm größer wieder zurück und das im vierten Jahr.“ Ich seufze ansatzweise amüsiert: „Aber ich mag eigentlich nichts essen.“ Lola schüttelte mitfühlend den Kopf: „Das eine Brötchen. Tu mir den Gefallen.“ Ich seufzte wieder: „Ok, ok. Wenn du mich so bittest“, schnitt ich den Teigling auf und bestrich ihn mit Butter: „Sag mal, Lola? Hast du die Tage Zeit für mich?“ Lola biss von ihrem Brötchen und kaute kurz zu Ende, bevor sie mich anlächelte: „Natürlich Liebes! Was brauchst du?“ „Ich“, strich ich mir etwas Erdbeerkonfitüre auf mein Brötchen: „Möchte gerne backen...“ Lola lachte: „Wie jedes Mal! Du weißt doch, dass du immer in der Küche vorbei schauen kannst. Warum fragst du also so explizit danach?“ „Es... es ist mir wichtig, dass es auf jeden Fall funktioniert... Sehr wichtig sogar.“ Lola lachte wieder: „Ah! Also ein Geschenk!“ Ich nickte kauend: „...Ja...“ Die Köchin funkelte mich wissend an und zwinkerte mir zu: „Es geht doch nicht etwa um einen Jungen, oder?“ Das Brötchen in meiner Kehle wurde spontan zu einer gefährlichen Waffe. Ich verschluckte mich und hatte das Gefühl der Krümel verstopft meinen Hals komplett, als mich Lolas Worte vollkommen unerwartet wie ein Baseballschläger ins Gesicht trafen. Meinen heißen Kaffee kippte ich in einen Zug hinunter. Nachdem das Brennen in meinem Mund und Hals nachgelassen hatte, konnte ich wieder halbwegs atmen. „Nein!“, rief ich aus: „Wie kommst du denn darauf?!“ Lola lachte nur wieder: „Ich glaube dir kein Wort. Erzähl! Ist er nett?“ „Es geht um keinen Jungen!“ „Wen möchtest du denn dann beschenken?“ „Einen...“, ich suchte verzweifelt nach einem Wort: „... Freund... Er hat mir ausgeholfen und ich möchte mich bedanken.“ „Also doch ein Junge.“ „Er ist kein Junge!“ „Er?“ Ich schaute weg und wurde rot im Gesicht: „Ja, er. Ein Freund... halt.“ „Aber du kennst ihn nicht durch die Schule.“ „Nein... Durch Amy. Er ist ein Freund ihrer Familie und ich hab mich auch mit ihm angefreundet. Ist das schlimm?“ Lola lachte. Ich hatte immer noch das ungute Gefühl sie beharrte auf ihrer Einschätzung: „Natürlich nicht! Heute muss ich noch die Küche für die nächsten Tage organisieren, aber morgen nehme ich mir gerne etwas Zeit für dich. Weißt du schon was?“ „Nein...“, antwortete ich ehrlich: „Noch nicht. Ich dachte vielleicht hast du eine Idee.“ „Hab ich tatsächlich“, zwinkerte mir Lola wieder zu. Es gefiel mir nicht: „Ich hab letztens ein Rezept für Dessertpreussen gefunden. Ich wollte es eh mal ausprobieren. Lass uns ein paar davon machen und du nimmst einfach welche für deinen 'Freund' mit.“ Die Art wie sie das Wort 'Freund' aussprach gefiel mir auch nicht, aber ich entschloss mich es nicht weiter auszudiskutieren. Nach dem Frühstück versuchte ich bis zum Mittagstee zu zeichnen, doch es kam nur Gekrakel auf mein Blatt. Irgendwie war mein Kopf von Samstag noch viel zu voll. Ich hatte seitdem äußerst schlecht geschlafen, was schlecht war, da ich ja auch die Wochen davor nur sehr spärlich geschlafen und gegessen hatte. Irgendwie war ich viel zu zwiegespalten über das Nichterscheinen meiner Eltern. Es war gut, dass ich sie nicht gesehen hatte, doch in den ganzen Tagen die ich meine Gedanken wegen dem Termin beim Jugendamt hin und her geworfen hatte, hatte irgendetwas ganz weit hinten in meinem Kopf angefangen Hemsworth zu glauben. Irgendetwas in mir wollte immer noch, dass ich meinen Eltern vielleicht nicht so ganz egal war, dass sie sich doch noch ändern könnten. Doch was war schmerzhafter?: Die Enttäuschung, dass sie nicht auftauchten oder die Enttäuschung nach der ersten Ohrfeige? Ich bin mir sicher, dass Zweiteres bei weitem mehr wehtun würde und ich war mir genauso sicher, dass mein Vater nicht aufhören würde sie zu verteilen. Mit einem Kopfschütteln stand ich von meinem Schreibtisch auf. Ich war rastlos. Kreative Energie steckte in mir fest, aber konnte aus irgendeinem Grund nicht hinaus. Das Gefühl war schrecklich. Vielleicht brauchte ich nur etwas frische Luft. Ich steckte meine Federmappe in die Kampftasche und wollte meinen Block zuschlagen. Ich erwischte nur nicht alle Blätter, so dass sich das Bild aufschlug welches ich bei meinem letzten Friedhofsbesuch gezeichnet hatte. »How sad would it be, should laughter dissapear?« Ich beschaute es einige Zeit. Es war fertig. Genauso wie ich es haben wollte. Undertaker wollte es sehen, das wusste ich noch. Er war darauf, also hatte er jedes Recht dazu. Vielleicht nehme ich es mit, wenn ich ihm das Gebäck gebe was ich für ihn backen wollte. Ich meine: Es ist doch nur ein kleines Dankeschön. Das ist doch nett, oder? Es gehört sich doch so, oder nicht? Ich war mir nie so ganz sicher, was der Bestatter über Dinge dachte. Er war wirklich schwer einzuschätzen. Ich musste es wohl oder übel probieren, auch wenn die Gefahr besteht, dass es daneben geht. Mit einem Seufzen klappte ich den Block endgültig zu und steckte ihn ebenfalls in meine Umhängetasche. Nachdem ich mich in meinen Poncho gewickelt und meine Kopfhörer in meine Ohren gesteckt hatte, verließ ich den Campus. Gemütlich schlenderte ich durch den kühlen, goldenen Oktober. Die Sonne lachte über London als wolle sie mir ein bisschen Last von dem Herzen nehmen. Die Themse glitzerte als hätte jemand viele kleine Diamanten in den großen Fluss geworfen. Ich wechsle meine Musik von schwer und düster zu leichter, heller, mystischer. Sie war ein bisschen gypsy. Der glitzernde Fluss und die strahlende Sonne hatte mir Lust darauf gemacht. Etwas leichteren Fußes beschritt ich meinen Weg zum alten Friedhof, begleitet von der hellen Herbstsonne. Ich schwebte durch das alte Tor und der Geruch des Friedhofs flog mir in die Nase. Beflügelt von der Musik in meinen Ohren summte ich leise mit und tänzelte über die alten Wege auf die Kathedrale zu. Die Gräber wurden älter, der Geruch von Zeit wurde schwerer und mein Herz immer leichter. Der Wind blies mir in den Rücken und schob mich sacht voran, als wäre ich auf den Weg genau dahin wo ich hin sollte. Mein Tänzeln wurde Tanzen, mein Summen ein Mitsingen, als in meinem Kopf eine angenehme Gedankenleere einsetzte und die Musik, der Geruch des Friedhofs und das aufbauende Gefühl von Wind in meinem Rücken durch mich hindurch zog. Für einen kurzen Moment war die Welt wie sie sein sollte. Immer noch irgendwo zwischen tanzen und gehen erreichte ich leise singend den alten Teil des Friedhofs am hinteren Ende. Die Umgebung zog an mir vorbei: Ein Grabstein, ein bisschen Wiese, noch ein Grab, ein großer Steinengel, ein altes gotisches Mausoleum, ein grinsender Undertaker der reichlich belustigt mit verschränkten Armen auf einem Grabstein lehnte, noch ein Mausoleum, ein weiteres Grab... Die verzögerte Erkenntnis traf mich hart und erbarmungslos, als ich in meinem tänzelnden Schritt einfror und sich die Musik in meinem Kopf schrill zurückspulte: Ein grinsender Undertaker?! Ich wirbelte herum und riss mir dabei die Kopfhörer aus den Ohren. Mit großen ertappten Augen starrte ich den breit grinsenden Totengräber an, der mich mehr als nur amüsiert musterte. 'Verdammt! Oh nein! Wie peinlich!', ich merkte wie mir die Schamesröte sofort ins Gesicht schoss. Total eingefroren konnte ich nur ein paar Mal mit den Lidern klimpern. Doch es half nichts: Undertaker lehnte immer noch auf dem Grabstein und begann zu giggeln. Er war tragischerweise kein Hirngespinst: „Ehehehehe. Hast du öfter so gute Laune und ich treffe dich immer an den falschen Tagen, oder ist irgendetwas Tolles passiert und ich habe es verpasst?“ Ich konnte ihm nicht antworten. Mir war das alles viel zu peinlich. Undertaker lachte: „Hihihihihi! Du machst schon wieder dein Teddybärgesicht.“ Mein Schockstarre löste sich ein Stück: „Teddy... bär... gesicht?“, stammelte ich fragend. Der Totengräber lachte weiter: „Ja, ja. Das Gesicht was ein Teddybär machen würde, wenn man ihm mit einer Schere zu nahe käme. Pass auf, dass dir nicht die Knopfaugen herausfallen. Ehehehehe!“ Mein Kiefer klappte auf: „I-i-i-i... So schaue ich gar nicht!“ Das Lachen des Totengräber wurde schriller: „Ehihihihi! Doch, genauso schaust du.“ Ich streckte die zu Fäusten geballten Hände nach unten und kniff die Augen in meinem immer wärmer werdenden Gesicht zusammen: „Da-da-da-das stimmt gar nicht!“ „Stimmt!“, der Bestatter legte den Kopf schief: „Ich hab noch nie einen Teddybär gesehen, der so rot werden kann. Ehehehe!“ Ich verschränkte die Arme, drehte mich halb weg und kniff meine Augen fester zusammen. Ich wollte wütend wirken, doch in Wahrheit wollte ich nur meine Schamesröte verstecken: „Ich hasse es, wenn du sowas machst!“ „Hihi! Was mache ich denn?“ „Du ärgerst mich!“ „Wirklich? Das ärgert dich schon?“, ein weiteres schrilles Lachen: „Bist du aber zart besaitet. Ahehehehe!“ Verärgert drehte ich mich nach vorne und riss die Augen auf. Dann stolperte ich erschrocken mit wedelnden Armen einen Schritt nach hinten. Der Bestatter stand auf einmal genau vor mir. Ich hatte seine Schritte nicht ansatzweise gehört! Ein Gedanke stolperte unkoordiniert über den nächsten: „WA! Was zur...?! Wie...?! Meine Güte! Was machst du hier überhaupt?!“ Er legte leise kichernd den Kopf schief: „Hihihi. Also es gibt nun wirklich überraschenderes als einen Bestatter auf einem Friedhof, oder?“ 'Mist!', mein Kopf ratterte und mein Gesicht drohte in Flammen aufzugehen: „I-i-i-i-ich meine so weit hinten! Hier gibt es keine frischen Gräber!“ „Du weißt doch, dass ich hier hinten unterwegs bin, hehe.“ 'Maaaaaaaaan!', ich wedelte mit den Armen: „Aber! Aber!“ Der Totengräber packte lachend meine wedelnden Handgelenke: „Ahahahaha! Beruhige dich! Du hebst noch ab! Warum bist du denn so aufgeregt? Ist es dir peinlich, dass ich dich gut gelaunt durch die Gegend tanzen gesehen habe?“ '100 Gummipunkte...', ich schaute weg: „Ähm... vielleicht?“ „War das eine Frage oder eine Aussage?“ Ich schaute wieder zu ihm: „Fang nicht wieder damit an!“ Er lachte weiter: „Ahahahaha! Wie knuffig!“ „Ich bin nicht knuffig!“ „Tihi! Doch, bist du.“ Warum konnte ich nicht einfach vom Blitz getroffen werden? Gab es den keinen Gott, der sich meiner erbarmen möchte? Nur einen? Ich atmete tief durch: „Bist du fertig damit mich zu quälen?“ Undertaker entfuhr ein weiteres schrilles Lachen. Anscheinend war er nie damit fertig mich auszulachen: „Ich dich quälen?! Ahehehe! Sowas würde mir nie in den Sinn kommen!“ „Warum... tust du es dann?“ „Tue ich nicht!“, jetzt wirkte der Leichengräber ansatzweise empört: „Was denkst du von mir?!“ „Nur das Beste...“, antwortete ich sarkastisch, wenn auch nicht ganz unehrlich. Ich dachte ja wirklich gut von Undertaker. Er war eigentlich echt nett... Wenn er einen klaren Moment hatte. Er ließ mein Hände los. Er lachte nicht mehr, doch das breite Grinsen war unzerstörbar: „Ich habe dir nun wirklich keinen Grund gegeben schlecht über mich zu denken, oder?“ „Ich!“, ich räusperte mich und versuchte meine Stimme zu beruhigen: „Ich denke nicht schlecht über dich! Aber ehrlich: Was tust du hier?“ Der Bestatter lachte wieder: „Thihi. Ich bin öfter in meiner Freizeit hier und kümmere mich um die Gräber.“ Ich legte den Kopf schief: „Warum machst du in deiner Freizeit nicht Dinge, die normale Menschen auch tun?“ „Hehe. Was tun denn 'normale Menschen' in ihrer Freizeit?“ „Naja... Hobbys nachgehen, sich entspannen. Sowas halt und nicht arbeiten.“ Er lachte schriller: „Aber genau das tue ich doch!“ Mir klappte der Mund ein Stück auf: „Du willst mir also erzählen... Grabpflege ist dein Hobby und entspannt dich?“ „Aber natürlich!“, Undertaker legte grinsend die Fingerspitzen zusammen: „Es bringt die Gedanken auf Linie und die herrliche Atmosphäre der Vergänglichkeit salbt die Seele. Außerdem habe ich einige Gefallen einzulösen.“ Ich legte den Kopf schiefer: „Was für Gefallen?“ Er wandte den Kopf herum. Ich folgte seinem Blick. Zumindest schaute ich dahin wo ich dachte, dass seine verhangenen Augen hin schauten. Es waren die paar Gräber, die mir schon beim letzten Mal aufgefallen waren. Die, die so gut gepflegt waren. Eine schwarze Ledertasche stand dazwischen. Gartenwerkzeuge schauten aus ihr heraus und neben ihr türmte sich ein beachtlicher Berg weißer Blumen: Weiße Lilien, weißer Callas und weiße Chrysanthemen. Die Blumen, die immer mal wieder auf den vergessenen Gräbern lagen. Legte Undertaker immer wieder Blumen auf die verwaisten Gräber? Warum sollte er? Ich schaute ihn an: „Warum kümmerst du dich um diese alten Gräber?“ Er sagte nichts. Undertaker lachte nur leise und winkte mich mit sich. Neugierig ging ich hinter ihm her. Er schlängelte sich durch die paar Gräber zu dem rechten Mausoleum. Als wir davor standen zog er einen alten Schlüssel heraus. Ein Wappen hing daran. Ich meine ich hatte es schon mal gesehen, aber gerade wusste ich nicht wo. Und warum hatte er einen Schlüssel, der offensichtlich zu einem alten Mausoleum gehörte? Mit einem leisen Klicken schob sich der Riegel zurück und Undertaker schob die Steintüre mit einem Finger auf. Das Innere des Mausoleums war düster und wunderbar gestaltet. Es war nicht ganz dunkel, denn Sonnenlicht sickerte in schwachen, aber schillernden Farben durch die großen aufwendig gestalteten Buntglasfenster. Große Säulen stützten das gewölbte Dach und ein großer Torbogen mit einem großen Steinschild an der oberen Strebe trennte den kleinen von Grabkerzen gesäumten Eingangsbereich von dem großen Raum mit den Einbuchtungen in den Wänden. Darin lagen viele prunkvolle Steinsärge. Unter ein paar Särgen blitzte ein metallisches Schild. In der Mitte des Raumes, im Zentrum aller bunten Lichtstrahlen, standen frei dreie Särge. Sie waren um Längen aufwendiger als die Anderen. Am Fußende der Särge glänzte ebenfalls ein Schild. In der Mitte der im Dreieck angeordneten Särge stand die Statue eines großen Engels mit nach unten gebrochenen Flügeln. Schöne Handwerkskunst, doch war das Motiv ein wenig verstörend. „Warum zeigst du mir das?“ Undertaker giggelte nur und zeigte auf das große Steinschild am Torbogen. Ich las es mit großen Augen: »If it's your wish we will follow you everywhere. Even if your throne crumbles and your shiny crown turns to rust. Beside you as you lie, softly down, we will be. Until we hear the words, 'checkmate'. The Fallen will rise! Long lives the Phantomhive's!« Natürlich! Das Wappen an dem Schlüssel war dasselbe, wie das Wappen in der Eingangshalle der Phantomhives! Verwundert schaute ich wieder zu dem Totengräber: „Das ist das Mausoleum von Amys Familie?“ Er nickte giggelnd: „In der Tat, tihi. Ich pflege es seit langem. Genauso wie die Gräber draußen und das zweite Mausoleum. Es sind die Gräber von Freunden der Phantomhives. Das andere Mausoleum gehört den Midfords. Eine ihrer Töchter hat mal einen Earl geheiratet. Amys Ururgroßvater.“ Ich nickte anerkennend: „Du kennst dich aber aus.“ Er giggelte wieder: „Ich bin gewissenhaft, hehe.“ Es würde mich brennend interessieren warum die drei großen Särge einzeln standen. Definitiv gehörten sie zu Leuten, die wichtig gewesen waren. Doch ich traute mich nicht weiter hinein. Ich hatte irgendwie das Gefühl ich steckte meine Nase in Amys Privatangelegenheiten. „Tehe. Geh ruhig durch“, durchschaute mich Undertaker ohne mich einen Blickes zu würdigen: „Die Toten stören sich nicht mehr an Besuch.“ „Aber... ich weiß nicht, ob es Amy recht wäre...“ „Was sollte sie dagegen haben? Und selbst wenn sie etwas dagegen hätte, wer sollte dich verraten? Die Toten fallen einem nicht mehr in den Rücken.“ „Naja... Was ist, wenn es dir oder mir rausrutscht?“ Er lachte: „Ehehe! Bin ich genauso dran wie du. Ich hab dich doch hier hergebracht. Nun geh. Sei neugierig. Das ist eine wunderbare Eigenschaft.“ Zögerlich ging ich an dem Bestatter vorbei. Ich schlich zu den drei Särgen, als könnte ich die Toten aufwecken. Das war natürlich Blödsinn. Nichts in der Welt bringt Tote dazu aufzustehen. Zombies waren unmögliche Fiktion. Auf den Särgen standen drei Aufschriften: »Countess Cloudia Phantomhive 1830 - 1866: A Woman can build A Woman can rule A Woman can conquer A Woman can destroy« »Earl Vincent Phantomhive 1851 - 1885: Love is a magnificent thing, but, incidentally, it can also give birth to a dreadful tragedy… Surely a demon couldn’t have guessed that, could he?« »Earl Ciel Phantomhive 1875 - 1948: But this world is no chess game, where one cannot win if not playing by the rules. Without fail, players will break the rules . . . and chessmen will betray the players. And if I'm to play games with their like on equal footing, I'd have no chance at victory if I didn't break the rules myself, right? On this chessboard of Great Britain that we call our home, letting one's guard down immediately amounts to . . . checkmate.« Ich kannte keine Geschichte von ihnen. Wahrscheinlich waren sie Vorfahren von Amy die irgendwas Großes für die Familie bewirkt haben. Doch ihre Zitate hatte die Weisheit von großen Charakteren. Das musste ich neidlos zugeben. Nachdem ich mich ausführlich umgesehen hatte, drehte ich mich um. Undertaker war verschwunden. Verwirrt wanderten meine Augen durch den leeren Raum. Niemand nirgendwo. Eine kleine Panik gluckerte in meinem Magen, als ich zu der großen Tür lief. Ich zog daran. Ich dachte erst sie sei wieder verschlossen und zerrte fester. Doch es quietschte leise. Sie ging einfach furchtbar schwer auf! Ich hing mich nach hinten an den großen Knauf, dann bewegte sie sich endlich. Wie zur Hölle hatte Undertaker sie mit nur seinem Zeigefinger aufgeschoben?! Ich verschwand hastig aus dem Mausoleum. Draußen sah ich den Totengräber. Er schnitt gerade einen Efeu an einem Grabstein bei. Ich lief zu ihm: „Hey!“ Er schaute auf: „Hm?“ „Warum bist du einfach abgehauen?! Ich hab mich fürchterlich erschreckt!“ Er lachte: „Abgehauen? Tehehe! Ich bin vielleicht 15 Meter weg gegangen.“ „Tr...“, ich stockte. Ganz unrecht hatte er nicht: „Trotzdem!“ Er warf den abgeschnittenen Zweig in einen kleinen Sack voll gestutzter Pflanzen: „Ich möchte das hier heute noch zu Ende bringen, hehe. Verzeih mir.“ „Oh!“, machte ich. Natürlich. Der Bestatter war nicht hier um mich zu beglucken: „Kann... ich dir irgendwie helfen?“ Er grinste mich an und stand auf: „Natürlich! Du kannst mit mir die Sträuße verteilen und die Kerzen anzünden.“ Ich nickte: „Klar! Auf jeden einen?“ „Exakt. Streichhölzer hab ich“, er durchsuchte seine Taschen. Dabei kramt er sämtliches hervor: Eine Schere, Haargummis, Schlüssel, noch ein Schlüssel, noch ein Schlüssel. Was will ein Mann mit so vielen Schlüsseln? Seine silberne Taschenuhr, Skalpelle. Warum auch immer er die in der Tasche hatte. Eine Urne. Ich erkannte sie: Er hat bei sich zuhause auch so eine für seine Kekse. Eine Handvoll zerknüllter Zettel. Schließlich fand er drei Streichholzbriefchen: „Aha! Hier! Ehehe!“ Er hielt mich einen Streichholzbrief hin. Zögerlich nahm ich es entgegen und schaute mit hochgezogenen Augenbrauen auf den Inhalt seiner Taschen: „Du solltest öfter deine Taschen leeren...“ Er giggelte, als er das ganze Zeug wieder in irgendwelche Taschen stopfte: „Ehehehe! Ja, wahrscheinlich hast du recht.“ Ich lachte. Dann griff ich dem Bestatter unter die Arme. Bei einem Grab stockte ich, als ich die Grabkerze anzünden wollte. Der Name auf dem Grabstein kam mir entfernt bekannt vor: „Öhm Undertaker?“ „Hm?“, machte der Bestatter und drehte den Kopf halb von einem Grab weg. „Lau und Ran Mao Feng... Sie... sind nicht zufällig mit Lee verwandt, oder?“ Undertaker lachte kurz: „Doch, doch. Sie sind seine Urururgroßeltern. Hehe!“ „Warum liegen sie hier? Sie sind doch Chinesen, oder?“ Der Totengräber lachte wieder: „Ahahahaha! Die Fengs sind bei weitem britischer als sie zugeben möchten! Sie sind schon lange Verbündete der Phantomhives. Wie alle die hier liegen.“ „Ok“, machte ich. 'Verbündete' war irgendwie ein komisches Wort. Das klang ja fast nach Komplott oder Kartell! Doch ich schüttelte eigentlich unsinnige Gedanken weg und schaute noch mal auf den Grabstein. Darauf stand eine kleine chinesische Geschichte: »Eines Nachts, Zhuang Zhou träumte er war ein Schmetterling. Er war ein glücklicher flatternder Schmetterling. Er hatte so viel Spaß. Er konnte hinfliegen wo er wollte. Und er dachte nicht daran Zhou zu sein, aber auf einmal wachte er auf und war erschrocken, dass er nun Zhou war. Er konnte sich nicht entscheiden: War er Zhou, der träumte ein Schmetterling zu sein oder war er ein Schmetterling, der träumte Zhou zu sein? Zwischen Zhou und dem Schmetterling zu sein muss es sicherlich einen Unterschied geben. Das nennen wir die 'Transformation der Dinge'.« „Diese Menschen müssen hier alle sehr weise und bewandert gewesen sein.” Undertaker lachte schrill: „Ahehehehehe! Wenn sie einen guten Tag hatten.“ „Bitte?“ „Ach nichts, hehe!“ Wieder schüttelte ich den Kopf und schaut nochmal auf die Geschichte. Ich seufzte: „Die Geschichte ist schön...“ Ich hörte Schritte und der Bestatter kniete sich neben mich. Er zupfte ein paar Blätter aus der Graberde: „In der Tat, in der Tat“, er schaute mich warm lächelnd an, eins seiner Augen lugte interessiert aus einer kleinen Lücke in seinem Pony hervor: „Was ist mit dir? Zhou? Oder Schmetterling?“ „Uff...“, machte ich leise. Zhou oder Schmetterling? Also das was ich wirklich bin, oder das von dem ich träumte zu sein? Ich überlegte eine Weile. Der Bestatter zupfte weiter an dem grünen Grabschmuck herum und wartete geduldig auf meine Antwort. „Schmetterling“, sagte ich schließlich. An meinem Zhou fand ich jetzt nichts, was sonderlich toll oder erstrebenswert wäre. „Schade“, machte Undertaker. „Bitte?“, fragte ich erneut und schaute ihn verwirrt an. „Ich mag Zhou“, lächelte er mich durch die kleine Lücke an. Beiläufig zog er eine der schönen, prächtigen Lilien aus dem Blumenstrauß, den ich auf das Grab der Fengs gelegt hatte. Mein Herz blieb stehend und ich schaute ihn mit großen Augen an, als er sich mit einem warmen Lächeln den geflochtenen Zopf nahm und begann die reinweiße Blüte im unteren Viertel festzustecken. „Weißt du“, sagte er, als er mit geschickten Fingern die große Blume justierte: „Ich widerspreche dieser Geschichte in Teilen.“ Ich wusste nicht mehr was mich mehr verwunderte: Die unerwartete Geste oder die Aussage, dass er die Geschichte nicht als richtig empfand: „In welchen Teilen?“ Er lachte als er die Finger aus dem Zopf nahm: „Es klingt so als wären Zhou und der Schmetterling etwas Grundverschiedenes. Etwas, was nie übereinkommen könnte. Doch Zhou ist meiner Ansicht nach erst auf dem Weg ein Schmetterling zu werden. Der Schmetterling ist sein Ziel und Zhou ist unzufrieden in seinem engen, dunklen Kokon. Doch es ist der Weg, den er beschreiten muss. Ohne Fleiß keinen Preis. Ohne Anstrengungen kommt man nicht ans Ziel. Lehrjahre waren noch nie Herrenjahre. Doch viele nehmen den Weg viel zu schwer. Gestalten ihn viel zu anstrengend. Das ist Unsinn, denn gewissermaßen ist unser Weg auch immer ein Stück unser Ziel. Hehe.“ Ich klimperte ihn an. Diese Worte waren.... umwerfend! Bis ins Letzte durchdacht, unendlich stimmig und hörten sich mehr als nur wahr an. Mir fiel ein weiteres Mal auf, dass der Bestatter bei weitem mehr war als ein lachender, vergnügungssüchtiger Sonderling. Er hatte die Welt verstanden. Auf eine Art und Weise wie ich es noch nie erlebt hatte. Er stand auf. Ich tat es ihm gleich. 15 Minuten später lag auf jedem Grab ein Strauß Blumen und eine Kerze flackerte bedächtig vor sich her. Undertaker lachte: „Ahehehe! Wunderbar! Ich danke dir, liebe Sky.“ Ich lächelte ein wenig beschämt in sein Gesicht und verschränkte die Arme hinter dem Rücken, als ich nervös meinen Fuß auf dem Rasen drehte: „Ach... nicht dafür.“ Der Totengräber klaubte sein Gartenwerkzeug zusammen und verstaute es in der Tasche: „Was wolltest du eigentlich hier? Außer tanzen“, grinste er schelmisch. Ich wurde wieder ein wenig rosa im Gesicht: „Eigentlich wollte ich zeichnen...“ „Warum hast du es nicht getan?“ „Na, weil ich dich getroffen hab.“ Undertaker kicherte wieder: „Ich wäre der Letzte gewesen, der dich aufhält.“ „Ja, aber... Ich kann dich doch nicht einfach links liegen lassen...“ „Hehe. Warum nicht?“ „Das gehört sich nicht! Man kann doch jemanden den man mag nicht einfach ignorieren!“ „Hehe. Du magst mich also, ja?“ Ich schaute zur Seite, als mein Gesicht wieder so unangenehm warm wurde: „Äh... Ja... schon...“ „Das freut mich. Wirklich. Hehehehe!“, lachte der Totengräber. Ich schaute ihn an. Er lächelte zu mir herunter. Wieder dieses ehrliche, nicht alberne Lächeln: „Hast du es dabei?“ „Was?“, fragte ich reichlich dämlich. Ich mochte ihn, nicht seine plötzlichen Themenwechsel. Ich kam mir immer vor wie ein Idiot, wenn er das machte und ich die Kurve nicht bekam! Er lachte: „Na, das Bild vom letzten Mal!“ Ich schaute zu Boden: „Joa... schon...“ „Oh!“, der Bestatter griff vollkommen ungeniert einfach in meine Tasche: „Das muss ich unbedingt sehen!“ „Hey!“, ich griff mit wedelnden Armen nach meinem Block. Undertaker streckte allerdings einfach seinen Arm nach oben. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und hüpfte, doch der silberhaarige Mann war einfach zwei Köpfe größer als ich! Ich hielt mich irgendwann an seinem Mantel fest und versuchte so höher zu hüpfen. Keine Chance. Triumphierend lachend hielt er meinen Block erfolgreich von mir fern. Als er erkannte, dass meine Gegenwehr nicht aufhören würde bis ich meine Ansammlung von Papier zurück erobert hatte, legte er die Arme einfach um meine Schultern und schlug hinter meinem Rücken den Block auf. Aber auf die Distanz konnte er wohl nicht viel erkennen. Also zog er den Block zu seiner Nase, ungeachtet der Tatsache, dass ich immer noch dazwischen stand. Mein Gesicht verschwand in seinem Mantel und ich konnte nichts mehr sehen. Überrascht wedelte ich mit den Armen und wollte protestieren, doch aus dem langen schwarzen Stoff kam lediglich ein ersticktes: „Mhhhh! Hmmmm!“ Der Geruch von Zucker, Gras und Zedernholz war wieder da. Ein weiteres Mal überwältigt davon vergaß ich meinen Protest und ließ die Arme ein Stück sinken. Irgendwann lachte der Bestatter: „Hehehe! Es ist wirklich wundervoll!“ „Hm?“, kam es fragend aus seinem Mantel, da der Stoff meine Wörter zu sehr dämpfte. Er giggelte: „Es gefällt mir ausgesprochen gut!“ „Hm?!“, ich hob einen Arm, ertastete seine Schulter und tippt darauf herum. Langsam wurde die Luft doch ein bisschen knapp. „Oh! Ehehe!“, er nahm mich an den Schultern und drückte mich ein Stück nach hinten. „Haaaaa!“, atmete ich durch: „Willst du mich loswerden?! Ich kann auch einfach gehen! Du musst mich nicht umbringen!“ Er lachte weiter: „Hahahaha! Das war nicht mein Plan! Wirklich.“ Ich schüttelte den Kopf. Dann schaute ich ihm ins Gesicht: „Gefällt es dir wirklich?“ „Natürlich!“, er lachte mich an: „Auf deinem Bild sehe ich besser aus als im Spiegel! Ahehe!“ „Es ist doch nur dein Rücken...“ „Das ändert nichts an der Tatsache!“ Ich musste sanft kichern: „Wenn du möchtest kannst du es behalten.“ Er legte den Kopf schief: „Warum?“ „Naja... Du bist drauf und es gefällt dir.“ „Willst du es wirklich weggeben?“ Ich nickte zögerlich: „Ja... an dich schon.“ „Nur an mich?“ Ich nickte ein weiteres Mal verhalten: „Nun... ja. Nur an dich.“ Er schaute nochmal auf meinen Block: „Hmmm. Es wäre mir eine Ehre!“ Ich legte den Kopf schief: „Ehre?“ Er legte mir lachend einen Arm um die Schulter. Zusammen schauten wir auf das Bild in seiner Hand: „Hehe. Ja, eine Ehre. Es ist eine schöne Erinnerung an eine wertvolle Begegnung.“ „Wertvolle Begegnung?“ Er drehte den Kopf zu mir: „Natürlich. Du bist eine sehr wertvolle Begebung.“ „Ach“, machte ich: „An mir ist doch nichts besonders... wertvoll.... oder so.“ „Nun. Da haben wir beide wohl sehr gegensätzliche Ansichten. Hehe.“ Ich blinzelte ihn an, doch ich schaffte es nicht weiter nachzufragen. Er drehte den Kopf zu mir und gab mir den Block wieder: „Was tust du jetzt?“ Ich zuckte mit den Schultern: „Naja, ich hab Ferien. Amy ist nach Hause gefahren. Eigentlich hab ich echt nichts zu tun...“ Undertaker lachte: „Wenn dir langweilig ist, ziere dich nicht dir bei mir ein bisschen die Zeit totzuschlagen. Hehe.“ „Eh... ehrlich?“, nahm ich den Block entgegen und steckte ihn in die Tasche. Der Bestatter lachte und griff Tasche und Sack: „Aber natürlich!“ Er ging los, wandte sich aber um als ich stehen blieb: „Nun?“ Ich überlegte kurz. Dann zuckte ich die Schultern: „Warum nicht.“ Ich schloss zu ihm auf und wir wanderten ein bisschen über den Friedhof. An einem großen Komposthaufen hielt der Bestatter. Er wollte gerade den Sack voll Pflanzenschnipsel hinein schütten, da drang ein helles Krähen an unser Ohr. Undertaker stockte. Kurz sahen wir uns an. Ich trat näher an den Haufen und Undertaker stellte den Sack wieder ab. Uns bat sich ein erbarmungswürdiger Anblick, als wir in den Komposthaufen schauten: Ein kleiner Rabe saß darin, hüpfte hin und her und krächzte verzweifelt. Er wackelte mit einem Flügelchen. Das andere stand ganz komisch von dem kleinen Körper. Das Vögelchen sah aus wie ein gefiederter Ball, an den man einen noch kleineren Ball mit Knopfaugen und einen kleinen Schnabel geklebt hatte. Es war so süß! Offensichtlich war der kleine Rabe noch sehr sehr jung. „Oh nein!“, ich schlug eine Hand vor dem Mund: „Wie süß! Aber sein Flügelchen scheint gebrochen zu sein!“ Undertaker legte den Kopf schief: „Es sieht so aus, aber ich sehe nirgendwo Anzeichen, dass seine Eltern es füttern.“ „Wie?“ Der Bestatter lachte nicht mehr. Er grinste auch nicht mehr. Er schaute ernst auf den kleinen Vogel: „Das ist ein kleiner Kolkrabe. Er ist offensichtlich noch keine 45 Tagen alt. Raben sind Nesthocker, das heißt er hätte sein Nest eigentlich gar nicht verlassen sollen. Er kann wahrscheinlich noch nicht mal fliegen. Und selbst wäre ein Unfall passiert würden seine Eltern sich weiter um ihn kümmern. Aber ich sehe nirgendwo Futterreste oder Fußspuren. Vielleicht...“, Undertaker lehnte sich hinunter und roch an dem kleinen Vogel. Ich beschaute ihn verwundert. Was will er denn damit bezwecken? „Wie ich dachte“, er hob den Kopf wieder: „Er riecht nach Menschen. Wahrscheinlich ist er aus dem Nest gefallen und irgendjemand hat ihn einfach auf den Kompost geworfen, wie Biomüll. Dadurch haben seine Eltern ihn verstoßen.“ Das konnte er riechen?! Ich wusste ja nicht, ob ich beeindruckt oder verstört sein sollte. Ich war etwas von beidem. Der kleine Rabe hüpfte vor uns auf und ab und krähte ganz herzzerreißend. Ich hielt eine Hand vor den Mund und merkte wie meine Augen feucht wurden, als der verwaiste kleine Vogel um Hilfe schrie: „Auf den Kompost geworfen... Wie grausam! Oh, mir wird schlecht bei sowas!“, unwillkürlich und ohne nachzudenken griff ich Undertaker am Arm und zupfte aufgeregt an ihm herum: „Wir können ihn doch nicht einfach seinem Schicksal überlassen! Er wird sterben!“ Der Bestatter schaute mich einen Moment an. Dann lächelte er wieder, griff in den Kompost und hob behutsam den kleinen schwarzen Federball auf seine lange Hand. Es wackelte immer noch mit dem gesunden Flügel und krähte hell. „Shhhhh“, machte Undertaker: „Jetzt wird alles gut.“ Ich schaute den kleinen Raben an und kraulte mit einem Finger seine Stirn. Er drehte das Köpfchen genüsslich darunter und wackelte noch schneller mit dem Flügelchen: „Ohhhh wie süß!“ Undertaker lachte und nahm eine meiner Hände mit seinen kalten Fingern. Bei der Berührung fuhr ein kribbelndes Rauschen durch meine Finger in meinen Arm und die Härchen an meinem Unterarm und in meinem Nacken stellten sich auf. Dann setzte er das Vögelchen hinein: „Halt ihn kurz.“ Anschließend kippte er seine Pflanzenreste in den Kompost und verstaute den Sack ebenfalls in der schwarzen Tasche. Der kleine Vogel hatte sich erleichtert in meine Handkuhle gekuschelt und die erschöpften Äuglein geschlossen. Undertaker legte den Kopf schief: „Er scheint sich bei dir wohlzufühlen.“ Ich lachte: „Denkst du?“ Undertaker lachte ebenfalls: „Wer würde sich in den zarten Händen einer schönen Frau nicht wohlfühlen! Also ich kann ihm nachfühlen. Tehehehe!“ Ich wurde rot und schaute zur Seite: „Ach hör auf damit...“ Undertaker lachte und wollte irgendwas sagen, doch ein Knall unterbrach ihn. Wir schauten in den Himmel. Blitze zuckten durch schwarze Wolken. Von jetzt auf gleich hatte es sich bedrohlich zugezogen. Irgendwie knisterte die Luft und das Gewitter wirkte auf eine Art und Weise bedrohlich, die außerirdisch war. Ein Tropfen landete auf meiner Stirn: „Oh oh“, brach ein fürchterlicher Regenschwall los. Ich hatte die andere Hand über dem Vögelchen um es trocken zuhalten, während mir die ersten Haare schon nass im Gesicht klebten. „Was ein Wetter“, lachte Undertaker. Dann hatte ich auf einmal etwas vor den Augen. Es roch süß und erdig. Der Bestatter schob mir kurz den Mantel meinem Gesicht, den er mir über den Kopf geworfen hatte, so das er wie eine Kapuze über meinen Kopf fiel. „Komm schnell! Hehe!“, er nahm mich am Handgelenk und lief los. Langsam war der Mann wirklich nicht und ich hatte Mühe meine Beine schnell genug zu bewegen: „Halt unseren kleinen Freund unter dem Mantel.“ Dann liefen wir über den Friedhof und über Londons Straßen zu dem Laden des verrückten Totengräbers. Doch der Weg war lang und bald ging mir die Puste aus: „Ich... ha... ha... kann nicht mehr...“ Der Bestatter lachte. Dann verlor ich den Boden unter den Füßen. Der große Mann hatte mich mühelos und ungefragt auf den Arm genommen. Er drückte mir seinen Zylinder in die freie Hand, den er bis eben in seiner getragen hatte, da er ihm irgendwann beim Laufen von seinem Kopf geweht war. Obwohl der Mantel mich trocken hielt pfiff der Wind ganz furchtbar um meine Ohren. „Was machst du?“, fragte ich irritiert und schaute ihm ins Gesicht. Kristallklare grüne Augen lächelten mich durch seinen tropfenden Pony an, der ihm schwer und nass im Gesicht hing. Zwei Tropfen flitzten über seine Wange und tropften von seinem Kinn. Diese Anblick bannte mich mehr als er sollte und mein Herz übersprang einen Schlag, um dann 5 auf einmal zu nehmen: „Ich will nicht, dass du nass und wieder krank wirst.“ Die Kleidung des Totengräbers hatte an den Schultern schon ganz dunkle, nasse Schatten: „Und du?!“ Undertaker fing wieder an zu rennen: „Hehe! Mach dir keine Sorgen um mich. Ich komm zurecht.“ Der Wind pfiff schneller um meine Ohren. Der Bestatter war ziemlich gut zu Fuß! Ich war ebenfalls verwundert als er mich beiläufig mit einem Arm hielt, um vor seinem Laden den Haustürschlüssel aus den viel zu vollen Taschen zu kramen und die Türe aufzuschließen. Absetzten tat er mich erst im Verkaufsraum. Seine langen Haare klebten überall an seinem Körper und er tropfte den Boden voll, als er mir den nassen Mantel vom Kopf zog. Zu meiner Verwunderung schien er nicht ansatzweise außer Atem, obwohl er gerade einen Minimarathon im Sprint mit über 48 kg Zusatzgewicht hinter sich gebracht hatte. Ich war zum größten Teil trocken. Das Vögelchen zwitscherte aufgeregt in meiner Hand. Der Totengräber grinste. „Du bist total nass!“, rief ich aus. Undertaker lachte und wischte sich den langen, klatschnassen Pony aus dem Gesicht: „Tehehe. Augenscheinlich.“ Er wollte mir das Vögelchen aus der Hand nehmen: „Lass uns dem Kleinen etwas zu essen suchen und den Flügel schienen.“ Ich drehte den Vogel von ihm weg: „Erst ziehst du dich um und trocknest dich ab! Der wird in der Zeit nicht verhungern!“ Undertaker lachte weiter: „Es ist alles ok. Wirklich, hehehe!“ „Nein, nein, nein!“, ich tippte ihn vor die Brust: „Umziehen! Jetzt!“ Er breitete die Hände aus: „Ok, wenn du drauf bestehst. Hehe!“ „Pronto!“ Lachend verschwand er in der versteckten Tür. Ich hing meinen Poncho an die Garderobe, setzte mich auf einen Sarg und schaute das Vögelchen an: „So ein Knilch! Er ist ein Knilch. Sag er ist ein Knilch“, das Vögelchen krähte zustimmend und wackelte hüpfend mit dem Flügel: „Armes kleines Ding. Wer macht so etwas?“, ich kraulte ihn wieder: „Werfen dich weg wie ein Stück Müll. Dafür bist du doch viel zu süß!“, wieder drehte er sich um meinen Finger: „Noah! Ja, mein kleiner Spatz! Du bist ja so knuffig!“ Die Türe ging auf. Ich schaute hoch... und schluckte mit großen Augen. Undertaker hatte sich die nassen Haare und den Pony zu einem hohen Zopf zurück gebunden. Er trug eine schwarze Jeans, dazu nur graue Socken und ein schwarzes T- Shirt. Der etwas jugendlichere Aufzug stand ihm echt nicht schlecht und machte ihn spontan fünf Jahre jünger... wenn nicht mehr. Des Weiteren wirkten die Sachen relativ ungetragen. Sie lagen wahrscheinlich relativ weit hinten in seinem Schrank, da sie nicht so ganz zu seinem üblichen Aufzug passten. Wegen dem T- Shirt sah man genau, dass auch seine Unterarme hoffnungslos vernarbt waren. Was hatte er gemacht? Hat er diese Narben überall? Warum? Ich wurde mir plötzlich gewahr, dass mein Puls an Tempo zunahm und ich hörte das Klopfen meines Herzens in meinen Ohren, spürte es in meiner Kehle und merkte die Hitze in meinem Gesicht. Ich wusste nicht warum, aber irgendwie wurde ich bei diesem Anblick ungeahnt verlegen. Der Totengräber konnte wirklich ziemlich gut aussehen wenn er denn wollte. Ich drehte meinen roten Kopf schräg zu Boden. Meine grundlose Schamesröte war beschämend. Meine Gedanken krachten ineinander, überschlugen sich und wurden zu einem wirren Haufen aus dem ich keinen klaren fischen konnte. Der Totengräber blieb vor mir stehen: „Was hast du? Hehe?“ „Ähm nichts...?“ „Du bist ganz rot im Gesicht. Sag nicht du hast schon wieder Fieber?“ Er streckte seine Hand zu mir und ich wedelte sie mit meiner freien Weg: „Nein, es ist nur warm hier drin!“ Naja, es war warm, aber nicht so warm, dass man rot im Gesicht würde. Aber da ich selbst nicht wusste warum ich rot wurde, war das meine beste Ausrede. Mir war das alles wieder furchtbar peinlich. „Soll ich ein Fenster aufmachen?“ „Du trägst nur ein T-Shirt!“ „Und? Schlimm? Hehe!“ „Öhm nein... nein... es... ähm steht dir“, schaute ich betont zu Boden und das Rot wurde dunkler. Dann fiel mir siedend heiß und extrem peinlich auf, dass es darum wahrscheinlich in seiner Frage NICHT ging: „... A-a-aber nicht, dass du frierst... Ich meine, äh, du, du bist nass geworden... ich nicht!“ „Ehehehehe! Danke, danke. Sollte ich das öfter tragen?“, stieg er voll auf meine Aussage ein und grinste schelmisch. Mein Gesicht wurde noch dunkler und ich kraulte nervöse das kleine Vögelchen: „Scho... schon... wie gesagt... es steht dir...“ Er lachte: „Ich überlege es mir, ahehehehehe! Wenn ich dann öfter Komplimente von schönen Frauen bekomme.“ Ich hatte das Gefühl ich falle gleich tot um. Warum war ich so beschämt? Warum war ich so rot, verdammt! Er war nur ein Typ im T-Shirt!! Ein gut aussehender Typ... im T-Shirt...:'Arg!' Er öffnete giggelnd ein Fenster. Eine frische Brise fegte durch den Raum und streichelte mir sanft über die heißen Wangen: „Tihhihi! Und mache dir um mich keine Sorgen. Ich friere nicht“, nahm er mir anschießend das Vögelchen aus der Hand. Der Totengräber beschaute es mitfühlend: „Armes kleines Ding. Du bist ja halb tot.“ Es fiepte. Undertaker lachte: „Dann wollen wir dich mal auf Vordermann bringen“, ging er zu seinem Tresen, setzte sich in den alten Stuhl und den Vogel auf die Tischplatte. Er kramte eine Bambusstock, zum Stützen von Pflanzen, und einen Verband aus der Schublade. Knackend brach er den Stock in kleinere Teile. Ich lehnte mich ebenfalls auf den Tisch: „Kannst du das?“ „Joa“, giggelte der Bestatter und befühlte den abstehenden Flügel: „Ist nicht so kompliziert. Hehe. Es tut mir leid, mein geflügelter kleiner Freund, aber das wird ein bisschen wehtun.“ Dann zog er einmal ruckartig an dem gebrochenen Flügel. Es krachte ganz furchtbar trocken und der kleine Vogel krächzte und strampelte vor Schmerzen. „Was machst du?!“, kreischte ich auf. Undertaker lachte: „Seinen Flügel richten. Ahehehe. Oder soll er so schief zusammen wachsen?“ Ich war sprachlos. Wenn er Recht hatte, hatte er einfach Recht. Der Flügel lag wieder in einer gesund wirkenden Position und Undertaker strich dem Babyvogel sanft über den Schnabel: „Shhhh mein Kleiner, hehe. Jetzt ist es vorbei.“ Wie auf Kommando beruhigte sich der kleine Vogel und Undertaker wickelte die Bandage um den Flügel und die Stöckchen. Dann zog er einen Keks aus der Urne, die auf dem Tresen stand und zerkrümelte ihn auf der Tischplatte. Der kleine Rabe hüpfte zu dem Häufchen, beschaute ihn erst ein bisschen skeptisch, pickte aber dann doch begierig die Krümmel auf. Undertaker zerkrümelte einen Zweiten und steckte sich selbst den Dritten in den Mund. „Hmmm...“, machte er kauend und nachdenklich: „Er braucht einen Namen...“ „Merkenau!“, sprach ich meinen spontanen Gedanken aus. Undertaker schaute mich amüsiert mit seinen leuchtend grün-gelben Augen an: „Wie in Goethes Fabel 'Fuchs Reineke'? Hehe! Grandiose Idee! Aber war Merkenau nicht die Krähe?“ „Ja schon...“, sagte ich: „Aber der Rabe heißt Pflückebeutel. Das klingt ziemlich dämlich und naja... Krähen und Raben sind Artverwandte, also...“ Undertaker nickte: „Wo du Recht hast. Gut“, Undertaker kraulte den futternden Raben am Kopf: „Willkommen kleiner Merkenau. Hehehehe! Fühl dich wie Zuhause.“ Der kleine Rabe Merkenau krähte fröhlich mit vollem Schnabel. Als sich das Wetter etwas beruhigt hatte, legte ich Undertaker das Bild auf den Tresen und verabschiedete mich von ihm und dem kleinen Merkenau, um pünktlich im Wohnheim zu sein. Tiere waren leider nicht erlaubt, doch ich konnte das kleine Vögelchen ohne schlechtes Gewissen bei dem Bestatter lassen. Ich wäre gern länger geblieben, doch Ausgangssperre war auch in den Ferien Ausgangssperre und Ms. Lowell wird gerade in den Ferien nicht verträglich, wenn man sie missachtete. Doch morgen wollte ich ja schon wieder kommen, um Undertaker die Dessertpreussen vorbeizubringen, die ich mit Lola backen wollte. Das machte den Abschied etwas leichter. Ich wusste nur nicht warum er mir so schwer fiel. Ich behielt für mich, dass ich plante wieder zu kommen. Ich wollte ihn ja schließlich überraschen. Am nächsten Morgen erfasste mich eine ungeahnte Motivation. Irgendwie konnte ich dir ganze Nacht nicht richtig schlafen. Aber nicht, weil ich über meine Eltern nachgedacht oder bis spät abends mit Amy gechattet hatte. Es ging ihr gut und der Familie auch. Sie ließ mich schön grüßen und ich grüßte zurück. Ich war nur irgendwie aufgeregt und musste immer wieder an das Denken, was der Bestatter gesagt hatte und wie liebevoll er mit dem kleinen Vogel umgegangen war. Meine Gedanken rasten und ließen den Tag immer und immer wieder Review passieren. Mein Blick wanderte auf die Lilie, die ich gestern Abend in ein Trinkglas mit Zuckerwasser gestellt hatte, nachdem ich aufgestanden war. Sie blühte prächtig. Sie strahlte förmlich durch mein kleines Zimmer mit ihrem Reinweiß und sang mir ein stummes: „Guten Morgen!“ „Guten Morgen!“, antwortete ich enthusiastisch, ohne mir bewusst zu sein wie bescheuert das war. An meinen kleinen Kleiderschrank stand ich plötzlich vor einer gigantischen Aufgabe: 'Was zieh ich an...?' Unwillkürlich erinnerte ich mich an den Bestatter, der gestern Abend so leger unglaublich gut ausgesehen hatte. Mein Herz tuckerte kurz schneller und verwirrte mich: 'Es war doch nur ein T-Shirt.' Die Blume lachte mich stumm aus. Ich seufzte und versuchte etliche Kombinationen aus. Irgendwann lagen fast alle meine Klamotten auf dem Bett. Ich seufzte und stemmte die Hände in den Hüften: 'Es soll doch nur ein bisschen schicker sein. Aber nicht zu sehr... Eher so alltagstauglich... aber ansehnlich...' Da ich selbst nicht sonderlich ansehnlich war, stand ich vor einer fast unlösbaren Aufgabe. Doch irgendetwas musste ich ja schließlich anziehen. Letztendlich zog ich mein langes Netzoberteil an und darüber meinen schulterfreien, schwarzen Pulli mit den ¾ Ärmeln. Er warf mehr Falten um meinen dünnen Körper als sonst. Ich hatte noch mehr abgenommen: 'Oh ne...' Doch wenn man sich nicht ganz sicher war sollte man sich auf Bewährtes verlassen. Ich zog eine dicke, schwarze Strumpfhose und eine kurze, schwarze Jeans und meine schon relativ abgelaufenen, schwarzen, wadenlangen Bikerstiefel an, unter denen dunkelviolette Wollstulpen über die Knie schauten. Dazu schlang ich mir meinen vierreihigen Nietengürtel um die Hüfte, mein Medaillon um den Hals und ein paar Lederarmbänder um die Handgelenke. Ich drehte meine oberen Haare zum Dutt und schminkte mich. Ich beschaute mich im Spiegel. Nicht perfekt, aber in Ordnung und das Beste, was ich zustande brachte. Ich ließ meinen Klamottenberg wo er war und lief zum Frühstück. Mein Magen knurrte. Ich hatte furchtbaren Hunger! Drei Brötchen und vier Tassen Kaffee später ging es mir noch viel besser. „Du hattest aber Hunger“, lachte Lola. „Jup“, lehnte ich mich zurück. Lola lachte: „Nicht, dass mich das stören würde. Noch eins?“ Ich winkte ab: „Puuuuh! Nein! Ich bin voll!“ Lola lachte: „Wann willst du denn backen?“ Ich setzte mich wieder auf: „Jetzt!“ Lola blinzelte kurz und lachte dann: „Na dann komm!“ Wir ließen das Abräumen die Anderen erledigen und gingen in die Küche. Lola hielt mir ein Schürze hin: „Damit du dir nicht dein schickes Outfit versaust“, zwinkerte sie. Dieses Zwinkern gefiel mir immer noch nicht. Doch ich zog die Schürze an. Keine Minute später machte ich mit Lola den vierlagigen Blätterteig. Dann bestreuten wir ihn mit Zimt und Zucker. Zu guter Letzt schmolzen wir Zartbitterschokolade. Ich musste kichern, als ich das Logo der Funtomcompany auf der Schokoladentafel erkannte. Großzügig begossen wir die zahllosen Bleche mit Blätterteig mit der Schokolade. Lola und ich unterhielten uns und lachten. Es war ein guter Vormittag und die Schwere der letzten Tage war weg, als hätte die glitzernde Themse sie gestern einfach mitgenommen. Nach weit weg. Nach nirgendwo. Da konnte sie bleiben. Für immer. Nachdem wir den, zu doppelten Schnecken gedrehten, Blätterteig nach 15 Minuten aus der Kühltruhe holten konnten wir ihn schneiden. Ich hielt ein abgeschnittenes Stück hoch: „Die sehen aus wie das Band in einer Kassette!“, grinste ich und zeigte auf die zwei Schnecken. „Ja, nicht?“, lachte Lola zurück und wir schoben 5 Bleche der kleinen Dinger in den Ofen. Der Teig brauchte gerade mal 15 Minuten und es roch herrlich nach Zucker, Zimt und Herrenschokolade. Schließlich dippte ich die fertigen Teilchen, die Lola mir an gab mit einer Schnecke in weitere Schokolade und Kokosraspeln. Dann legte ich sie zum Trocknen wieder auf ein Stück Backpapier. Danach kamen sie zehn Minuten in die Kühltruhe um schneller fest zu werden. Ich schleckte genüsslich den noch warmen Schokoladenlöffel ab, als Lola mit ein Stück durchsichtige Folie und rotes Geschenkband gab: „Zum Einpacken von deinem Geschenk.“ Ich lege den Löffel weg und grinste: „Sind sie denn schon fertig?“ In dem Moment klingelte Lolas Eieruhr. Sie reichte mir einen vollen Bogen Backpapier und ich wickelte die kleinen Teilchen gewissenhaft in die Folie. Nachdem ich eine große, bauschige Schleife darum gebunden hatte war ich mehr als zufrieden mit mir selbst. Die Küchenchefin und ich probierten ein 'Schweineöhrchen', wie die Deutschen sie wohl nannten. Sie schmeckten herrlich! Auch wenn das Rezept nicht so ganz original war: Sei's drum! Das Original konnte nicht besser schmecken! „Wir sind gut“, rief Lola und wir schlugen ein. „Und jetzt lauf“, lachte sie und biss noch einmal ab: „Du sitzt doch auf heißen Kohlen.“ Ich nickte eifrig und hing die Schürze an den Nagel. Lola reichte mir eine schwarze Stofftasche und ich steckte den viel größer als geplant ausgefallenen Präsentbeutel hinein. Aus irgendwelchen Gründen war ich furchtbar aufgeregt als ich mich in den Poncho warf und meine Gypsymusik anschaltete. Ich hoffte sie schmeckten ihm auch! Und das er sich freute! Ich hoffte so sehr er freut sich! Das Gewitter von gestern war verschwunden als wäre es nie da gewesen und die Sonne schien mir den Weg in mein Lieblingsgruselkabinett. Undertakers Laden war ein Gruselkabinett, doch ich fühlte mich irgendwie wohl dort. Als ich so durch die kleinen Gassen streifte, fielen mir wieder die vielen zwielichtigen Gestalten auf. Doch sie machten nicht auch nur den Anschein mir irgendetwas tun zu wollen. Sie drehten ihre Köpfe weg und taten so als wäre ich nicht da. 'Sie sollten dich ab jetzt in Ruhe lassen', lachte es durch meinen Kopf. Der Bestatter hatte Recht. Als ich meine Musik vorsichtshalber ausschaltete ertönten keine Schritte hinter mir. Ich tat es mit einem Schulterzucken ab. Wahrscheinlich hatte der Totengräber schon jegliches Aufbäumen aus ihnen heraus gegruselt. Dass er das schaffte, unterschrieb ich ohne Zweifel. Vor der altbekannten Türe zu dem kleinen, schrägen Laden atmete ich kurz durch. Mein Herz raste wie verrückt und ich hatte schwitzige Hände. Ich hoffte so so sehr, dass er an meinem kleinen Geschenk Gefallen fand! Ich drückte die Klinke hinunter und schob die knarzende Türe auf: „Undertaker? Bist du da?“ „ZZZZZzzzzzz....“, begrüßte es mich. Ein leises Schnarchen schwirrte durch den kleinen Laden. Ich blinzelte und schloss leise die Tür. Es funktionierte nur nicht, da man sie ganz dringend mal ölen müsste. In dem Zwielicht des düsteren Ladens suchte ich die Quelle des Schnarchens. Der Stimmlage nach müsste es Undertaker sein: „Undertaker? Huhu?“ Doch bevor ich den Bestatter fand, fiel mein Blick auf einen silbernen Bilderrahmen in einem Regal. Die Regalbretter waren staubig, ausgenommen dessen mit dem Bilderrahmen. Darin klemmte mein Bild. Irgendwie wurde mir warm ums Herz. Es war auch ein wenig peinlich, denn es war für wirklich jeden gut zu sehen. Mein Blick fiel schließlich auf den Tresen. Dann musste ich furchtbar lachen: Undertaker lag mit dem Gesicht auf dem Eichentresen und hatte einen Arm darunter geklemmt. Der andere lag einmal über den ganzen Tisch und hing an der anderen Kante schlaff herunter. Er trug immer noch das T-Shirt, was mich ein wenig wunderte. Ich war mir sicher gestern die Andeutung verstanden zu haben, dass er so etwas eigentlich nie trug. Seine silbernen Haare verteilten sich über die ganze Tischplatte. Doch das Beste war Merkenau. Er schlug den schnarchenden Bestatter um Längen! Denn der kleine Rabe saß auf seinem Kopf und hatte sich aus seinen langen Haaren ein kleines Nest gebaut. Ich musste kichern: 'Viel Spaß beim Kämmen, Undertaker.' Er hatte sicherlich viele, viele furchtbare Knoten in den vielen langen Haaren. Doch der kleine Rabe schlummerte genauso selig wie der Bestatter, den er sich als neues Nest auserkoren hatte. Die Beiden waren ein Bild für die Götter! Ich tippte vor die runter hängende Hand: „Hey! Schlafmütze! Es ist halb zwei!“ „ZZZzzzzz...“, schnarchten Vogel und Bestatter um die Wette. „Hey!“, ich zog an einem Finger. „ZZZzzzzz...“ „Ja, das gibt‘s doch nicht! Der pennt ja wie ein Toter!“ Ich stellte meine Tasche auf den Tresen und zog an einer Strähne seines Ponys: „Jetzt steh auf!“ Ich wich seiner wedelnden Hand aus: „ZZZzzzzz... narf... nüff... ZZZzzzzz...“ Ich räusperte mich und schaute mich um. Dann sah ich eine kleine schwarze Feder auf dem Tresen liegen. Wahrscheinlich hatte Merkenau sie irgendwann verloren. Ich schnappte sie mir, ging vor dem Tresen in die Knie und lehnte mein Kinn auf einen Arm auf die Tischplatte. Dann schob ich sie durch den dichten silbernen Vorhang aus Haaren. Ich brauchte ein paar Anläufe, doch irgendwann traf ich wohl seine Nase. Sein Kopf zuckte. Die Hand wedelte. Merkenau öffnete ein Auge, als sein Nest zu hüpfen anfing. „Ha!“, hörte ich es. Ich drückte meine Hand vor den Mund als ich kichern musste, doch kitzelte ich ihn weiter. „Haaaaa!“, machte es lauter. Das unterdrückte Prusten quoll durch meine Finger, doch ich konnte nicht aufhören. „HATSCHIE!“, der Kopf und die endlos langen Haare flogen mit einem Ruck zurück. Als gerechte Strafe peitschten sie mir durchs Gesicht. Das unerwartete Niesen warf den Bestatter mit Schwung in seinen alten Stuhl. Merkenau flog mit einem spitzen Laut von seinem Kopf. Mit so einer heftigen Reaktion hatte ich nicht gerechnet, doch ich schaffte es den kleinen Raben zu fangen. Undertaker kippte mit seinem Stuhl nach hinten und wedelte mit Armen und Beinen: „Woah! WA!“ Dann verabschiedete sich seine Balance mit einem Krachen und der Totengräber verschwand mit einem spitzen Laut hinter seinem Tresen. Ich schaute Merkenau an. Der kleine Rabe war vor Schreck total aufgeplustert und musterte mich vorwurfsvoll. „Ups...“, machte ich unbeholfen. Wer konnte denn ahnen, dass sowas passiert? Den kleinen Merkenau setzte ich auf den Tresen und beugte mich darüber. Der Bestatter lag mit ausgebreiteten Armen auf den Boden. Sein Gesicht sah ich nicht, denn seine Beine waren darüber gefallen und die Pose, die an ein Klappmesser erinnerte, sah nicht gerade gemütlich aus. Seine langen Haare lagen überall. „Alles ok?!“, fragte ich. Ein Lachen flog durch den Laden: „Ahehehehe! Wie gemein du bist!“ Undertaker entfaltete sich und stand auf. Ich richtete mich ebenfalls auf und schüttelte den Kopf: „Neben dir könnte auch eine Bombe explodieren, oder?“ Undertaker gähnte und streckte sich: „Ich hab nicht gut geschlafen. Der kleine Piepmatz hat ein riesiges Theater gemacht...“ Er kratzte sich am Hinterkopf. Dann stockte er und zog seine Haare auseinander: „Was zur...?!“ Ich kicherte: „Es scheint, als habe sich Merkenau ein kleines Nest in deinen Haaren gebaut.“ „Was?!“; Undertaker zog eine Hand aus den Knoten und wischte sich den Pony aus dem Gesicht. Er blinzelte mir mit großen Augen und ungläubigem Gesichtsausdruck entgegen. Ich hatte die schmalen Augen des Bestatters noch nie so groß gesehen: „Bitte?! Das ist nicht dein Ernst!“ Ich musste weiter kichern: „Ähm... Hihi! Doch.“ Undertaker ließ die Schultern mit einem annähernd genervten Gesichtsausdruck hängen: „Oh man...“ Dann versuchte er wieder und wieder sich mit seinen langen Fingern durch seine Haare zu kämmen: „Narf! Verdammt!“ Ich kicherte weiter, während der Bestatter verzweifelt versuchte seine Haare zu entwirren. Ich entschied mich mich seiner zu erbarmen. „Zeig mal“, stellte ich mich hinter ihn. Er drehte mir den Hinterkopf zu. Ich seufzte und stupste ihm mit meinem Knie in seine Kniekehle: „Du muss schon in die Knie gehen. Ich bin klein!“ Undertaker lachte und tat wie befohlen. Ich sortierte kurz ein paar hoffnungslos verknotete Haarsträhnen. Obwohl sie so verworren waren, waren sie ganz weich und kitzelten ganz angenehm an meinen Fingerkuppen. Mir fiel des Weiteren auf, dass die Haare des Bestatters gestuft waren. Zumindest hatte er eine kurze Stufe direkt am Scheitel, die so lang war wie sein Pony. Leider machte das die Sache nur schwieriger: „Ach du heiliges. Hast du eine Bürste?“ „Natürlich“, lachte der Bestatter. „Dann hol sie. Ich schau was ich retten kann.“ Der Bestatter verschwand kurz und reichte mir dann eine große Bürste. Mit einem kleineren Exemplar kämme man bei diesem Wust an Haaren wahrscheinlich auch nicht weit. Undertaker setzte sich auf einen Sarg: „Das musst du nicht machen, ich krieg das schon alleine hin. Hehehe!“ Ich stellte mich hinter ihn und griff die Haarsträhnen so weit oben wie ich konnte, damit ich sie ihm nicht schmerzhaft herausriss: „Aber so geht es einfacher, oder?“ Undertaker lachte: „Definitiv, definitiv. Hehe.“ Ich brauchte ein bisschen, doch ich bekam die Haare entwirrt. Nach fast 25 Minuten lagen sie wieder wie gewohnt auf seinem Hinterkopf. Ein kleines Teufelchen erschien auf meiner Schulter als ich Undertaker sagen wollte ich sei fertig und riet mir ihm doch einen kleinen Streich zu spielen. Ich konnte irgendwie nicht widerstehen. „Hmmmm“, ich legte den Kopf schief: „Ich komm nicht durch. Ich glaub wir müssen deine Haare abschneiden.“ „WAAAAAAAAAAAS?!“, Undertaker sprang auf, wirbelte herum, nahm seine Haare nach vorne und umarmte sie schützend: „Bist du denn des Wahnsinns?! Lass meine Haare in Frieden, du arme Irre! Ich warne dich!“ Ich presste meine Hand vor den Mund, aber ich konnte nicht anders und musste schallend anfangen zu lachen. Undertaker schaute als verstünde er die Welt nicht mehr. Ich konnte es ihm auch nicht erklären, denn ich hielt mir meinen vom Lachen krampfenden Bauch und zeigte auf ihn, während mein Pläsier so schrill wurde, das man es teilweise nicht hörte. Lachtränen liefen mir über die Wangen. Erkenntnis kroch in seinen verwirrten Gesichtsausdruck. Wie er schaute war einfach zu herrlich! „Wie geil!“, japste ich schrill: „Dein Gesicht! Hahahaha!“ Langsam legte er eine Hand auf seinen Hinterkopf und befühlte seine Haare. Er ließ sie herunterfallen, den Kopf hängen und fing ebenfalls an zu lachen. Ich schloss die Augen und schlang beide Arme um den Bauch. Ich hatte das Gefühl ich müsste bald sterben. Auf jeden Fall würde ich einen Muskelkater zurückbehalten. „Hehehe“, lachte er. Es war dunkel, fast gefährlich: „Du raffiniertes, kleines Miststück!“ Ich hörte mit einen mal auf zu lachen. Meine Augen sprangen auf und das Lachen rieselte wie Glasscherben meine Wirbelsäule hinunter. Alle meine Härchen standen zu Berge: 'Wie hatte er mich genannt? Miststück?' Mein Atem setzte aus, genau wie mein Herz. Eine Hand bog meinen Kopf fast schon grob nach oben. „Hey!“, entfuhr es mir. Er hatte mir nicht wehgetan, aber einfühlsam ging auch anders. Ich bereute meinen Ausruf augenblicklich, als ich in zwei dunkel funkelnde, grüne Augen schaute. Mein Herz klopfte 2 Mal ganz schnell und blieb dann einfach stehen. Das Blut verschwand aus meinem Gesicht und mir wurde furchtbar kalt. „Hehehehe“, lachte er wieder so grausam dunkel durch die geschlossenen Lippen. Er hatte den freien Handrücken an die Hüfte gestemmt: „Hast du Spaß?“ Ich fing furchtbar an zu zittern. Ich hätte nie gedacht, dass eine Frohnatur so schauen konnte. Das war diabolisch! Die Wörter steckten in meiner Kehle. „Hm?“ Tränen stiegen mir in die Augen. Ich hatte auf einmal furchtbare Angst: „I- Ich...“ Auf einmal schloss der Bestatter seine Augen. Seine Mundwinkel zogen sich in ein übliches Grinsen und er fing schrill an zu lachen: „Ahihihihihhihi! Mein Gott! Schau nicht so! Mir klappte der Mund auf. Mein Herz quittiert immer noch den Dienst. Ich erstickte fast an meinen festhängenden Worten. Er tippte mir auf die Nasenspitze: „Ahehehehe! Angeschmiert!“ „Du Arschloch!“, ich stieß eine Hand nach vorne und boxte ihn in den Bauch. Meine Finger knackten und ein pochender Schmerz zog durch meine Hand. Der Bauch des Totengräbers war bretthart: „Au!“ Ich zog die Hand zurück und wedelte sie hin und her. Undertaker war zwar mit einem leisen „Uff“ ein Stück nach vorne gegangen, doch er hielt sich die Stelle an seinem Bauch lachend. Ich hatte mir wohl mehr wehgetan als ihm. Er lachte und richtete sich wieder auf: „Wer austeilen kann, muss auch einstecken können. Ehehehehe!“ „Du! Du! Du!“, stammelte ich: „Das war der totale Killerblick! Ich hab gedacht ich muss sterben!“ „Wuhuhuhu! So dramatisch war es nun auch nicht.“ „Willst du mich eigentlich verarschen! Mir ist das Herz in die Hose gerutscht!“ „Ja, mir auch!“, er streichelte sich fast ein bisschen beleidigt durch die Haare: „Weißt du wie lange ich die wachsen lassen musste?“ Ich rieb mir die Finger. Sie pochten immer noch. Undertaker nahm lachend meine Hand: „Das kommt davon, wenn man gleich handgreiflich wird, hehe.“ Dann pustete er über meine Finger. Sein Atem war so kalt wie seine Hand und kribbelte wie viele kleine Ameisen durch meine Finger. Das Blut kam ihn Überzahl in mein Gesicht zurück. „Geht es?“, fragte er. Ich nickte: „Passt schon.“ Er ließ meine Hand los. Dann wickelte er mich einfach und ungefragt aus meinem Poncho: „Warum ziehst du ihn eigentlich nie aus wenn du reinkommst? Hehe!“ „Nun ja... ich hab's einfach vergessen...“ Er musterte mich kurz. Dann hing er meinen Poncho weg und ging um den Tresen herum. Er stellte seinen Stuhl wieder hin. Merkenau hatte uns auf dem Tresen sitzend beobachtet. Vor ihm lag ein angeknabberter Keks. Raben waren schlau. Er musste ihn sich selbst geholt haben. Undertakers Blick fiel auf meine Tasche auf dem Tresen. Ein bisschen irritiert hob er sie hoch. „Das... das ist meine“, sagte ich zögerlich. „Oh“, er wollte sie wieder zurückstellen. „Nein nein“, ich ging zum Tresen. Nun war ich doch ein bisschen verlegen. Kurz haderte ich ob ich sie ihm wirklich geben sollte, doch ich wollte mich doch so unbedingt bedanken: „Das... da drin ist für dich.“ „Für mich?“, der Bestatter legte den Kopf schief und schaute auf die schwarze Tasche in seiner Hand: „Warum?“ „Ein kleines Dankeschön... Du hast mir in letzter Zeit so oft geholfen. Da... da dachte ich, ich sollte mich erkenntlich zeigen... Ich hoffe sie... schmecken dir...“, stieg mir noch mehr Blut ins Gesicht. „Schmecken?“ Ich nickte: „Schau rein...“ Er griff in den Stoffbeutel und zog das Geschenk in Plastikfolie heraus. Seine Augen wurden größer und er schaute von dem Päckchen zu mir, wieder zurück und wieder zu mir: „Hast du die selber gemacht?“ Ich nickte: „Mit Hilfe... aber ja... Deswegen sehen sie nicht ganz so toll aus.“ Die 'Schweineöhrchen' hatten teilweise eine recht eigenwillige Form. Undertaker lachte warm: „Wow. Hehe! Nicht ganz so toll? Die sehen herrlich aus!“ Ich drehte mein rotes Gesicht weg: „Ach... du musst es nicht schön reden...“ Zwei Finger unter meinem Kinn drehten mein Gesicht herum. Diesmal um einiges sanfter. „Ich rede nichts schön“, funkelten mir die grünen Augen diesmal ganz weich entgegen. Mein Blut hämmerte durch meine Venen. Trotzdem hatte ich das Gefühl mir blieb das Herz stehen. Er nahm seine Hand wieder weg und musterte die Teilchen ganz begeistert: „Tihi! So viel Mühe hat sich noch nie jemand für mich gemacht.“ Ich blinzelte: „Echt... Echt nicht?“ Er schüttelte grinsend den Kopf: „Es ist auch nicht nötig. Eigentlich helfe ich gerne. Hehe.“ Ich kratzte mich am Hinterkopf: „Es sollte nur eine kleine nette Geste sein...“ „Na, das ist dir gelungen! Ich bin überwältigt!“ „Du... Du hast sie doch noch gar nicht probiert...“ „Na. Die sind auch fast zu schön zum Essen. Thihi.“ „Dann hätte ich mir aber die ganze Mühe umsonst gemacht.“ „Touché“, Undertaker nahm mit spitzen Fingern die Schleife: „Darf ich wirklich?“ „Klar!“, sagte ich: „Es sind deine! Ich hoffe sie schmecken dir!“ Gewissenhaft zog er das rote Band ab. Die Ecken der Folie klappten auf und offenbarten das Häufchen Gebäck. Der Leichengräber nahm Eins in das obere Ende seiner Finger. Er schien ihnen nicht skeptisch gegenüber zustehen. Eher wirkte es, als sei diese Art zu Greifen einfach sein Habitus. Wie viele ungewöhnliche Dinge an ihm. Er steckte ein Teilchen in den Mund und kaute. Dann schaute er mich an. Sein Grinsen wurde breiter und seine Augen leuchteten. „Die sind fabelhaft!“, nuschelte er mit vollem Mund und schob einen weiteren hinterher, kurz nachdem er den Ersten heruntergeschluckt hatte: „Hinreißend! Die sind einfach unglaublich!“ Mein Kopf wurde wärmer und ein warmes Gefühl flackerte in meinem Bauch an: „Schön, dass sie dir schmecken.“ „Und die sind sicher alle für mich?“, fragte er ungläubig. Ich lachte zurück: „Ja, die sind alle für dich.“ Er lachte: „Du meinst es gut mit mir!“ Dann hielt er mir eins hin. Ich schüttelte den Kopf: „Das sind dei...?!“ Kaum hatte ich angefangen zu protestieren, schob er mir das Teilchen einfach in den Mund: „Zusammen Essen schmeckt aber besser.“ Ich lachte. Er lachte. Und der Tag wurde gut. Genau wie der Rest meiner Ferien. Ich besuchte den Leichengräber täglich. Spätestens ab 14 Uhr stand ich bei ihm auf der Matte und es schien ihn nicht zu stören. Im Gegenteil. Wir lachten so viel, dass ich 4 von 7 Tagen mit Muskelkater im Bauch durch die Gegend lief. Auch Merkenau machte sich prächtig. Schnell hatte der Bestatter den kleinen Raben wieder auf ein gesundes Maß gefüttert. Am 30. 10. kam Amy wieder ins Wohnheim. Ich wusste nicht warum sie unbedingt zurückkommen wollte, obwohl wir morgen wieder zu ihr fuhren. „Ich sterbe...“, warf sich Amy neben mir auf die Couch, als sie einen Tag vor Halloween wieder ins Wohnheim zurückkehrte: „Räche meinen Tod...“ „Gott, du Dramaqueen“, seufzte ich, als ich in meiner langen, violetten Jogginghose und dem schwarzen Spaghettietop auf der Couch lag und von meinem Buch aufschaute, aus dem ich es tatsächlich geschafft hatte etwas zu lernen. Irgendwie fühle ich mich in den letzten Tagen viel besser, gesetzter und sortierter. Nur Amy sah nicht ganz so ausgeruht aus. „Ehrlich“, keuchte Amy: „Wenn ich noch einmal mit Sebastian Aufschläge trainieren muss, sieht Undertaker mich bald wieder. Aber anders als ihm lieb ist.“ „Warum musstest du mit Sebastian Aufschläge trainieren?“ Irgendwie schwirrte immer ein komisches Gefühl durch meinen Magen, wenn der Name des Bestatters fiel und mein Kopf spielte wie auf Kommando die ein oder andere Szene ab. Ich war diesem Gefühl immer noch nicht annähernd auf die Schliche gekommen, doch das Gesicht und das Gekicher des wahrscheinlich morbidesten Mannes Großbritanniens steckten in meinem Kopf fest. Ich habe mir unfreiwillig die ein oder andere Nacht um die Ohren geschlagen, in der mich das Gesprochene des Leichengräbers unnachgiebig verfolgt hatte. Entweder blubberte er den totalen Schwachsinn oder gab die wohl besten Ratschläge, die mir je zu Ohren gekommen waren. Der Mann war komisch, auf die eine und die andere Weise. Amy setzte sich auf: „Wie auch immer... ich hoffe nur es war ein einmaliges Erlebnis...“ Ich blieb liegen: „Soll ich schon mal Skizzen machen?“ „Für was?“ „Deinen Sarg.“ Amy lachte. Dann erhob sie sich und hielt sich den Rücken: „Ich fühl mich nicht wie 18, sondern eher wie 81. Heilige Scheiße... Ich wusste nicht, dass man aus Volleyball einen Extremsport machen kann.“ „Apropos Alter“, ich schwang mich in den Sitz: „Kann ich dich was fragen?“ Amy blinzelte: „Klar.“ „Wie alt ist Undertaker?“ Sie blinzelte mich perplex an. Ihr Mund verzog sich ganz komisch und ich sah es in ihren Augen rattern. „Also“, begann sie schließlich irgendwann: „Wenn ich ehrlich bin hab ich keine Ahnung.“ Ich zog ungläubig eine Augenbraue hoch und die andere runter: „Was?!“ Sie hob sich ergebend die Hände: „Wirklich! Ich weiß es nicht! Ich habe ihn nie gefragt. Es war mir eigentlich auch immer egal. Warum fragst du?“ „Ich“, ich seufzte: „Habe ihn gefragt...“ „Warum fragst du dann nochmal mich?“ „Weil ich keine Antwort bekommen hatte.“ Aus irgendwelchen Gründen wirkte Amy davon nicht im Ansatz überrascht: „Nun. Vielleicht will er es einfach nicht erzählen.“ „Aber warum? Das war genau dasselbe wie mit Ronald!“ „Was war denn mit Ronald?“ „Ich wollte wissen für welche Firma er arbeitete, aber er hat einfach nichts gesagt.“ Amy wackelte mit dem Kopf. Ihr Gesicht sah irgendwie mitleidig aus: „Jaaaaaaa. Ronald redet nicht gerne über die Arbeit.“ „Aber Grell und William sind seine Kollegen oder?“ Amy nickte langsam, doch schien ihr mein Nachfragen irgendwie nicht wirklich zu gefallen: „Woher weißt du das?“ „Naja... Ronald meinte, wenn er mit dem Besten trainiert, käme er an Grell und William heran. Er meinte auch, dass William ihm Überstunden aufdonnert, wenn er mit der Arbeit nicht fertig wird.“ „Wie? Mit wem trainieren?“ „Mit Undertaker!“, antwortete ich: „Das wollte er als Dankeschön für das Reparieren von Undertakers Kühlzellen. Aber worin könnte Undertaker so gut sein, dass es ihn helfen würde Grell und William das Wasser zu reichen?“ Amy schaut zur Seite. Meine Augen zogen sich zusammen. Ich hatte irgendwie das Gefühl sie verheimlichte mir etwas. „Ich“, druckste sie: „Weiß nicht so genau was er damit meinen könnte.“ Missfallen und ein Hauch Enttäuschung surrten durch mein Herz: „Amy? Du weißt es.“ „Nein!“, meinte sie dieses Mal fester. Ich merkte wie das Missfallen langsam in eine schwere Traurigkeit kippte und die Enttäuschung größer wurde: „Du... lügst mich an.“ Amy ging vor mir in die Hocke und nahm beide meiner Hände in ihre. Sie lächelte mich an, doch wirkte sie nicht glücklich dabei: „Hör zu Sky: Wenn die Beiden dir etwas nicht erzählen möchten, gibt es Gründe dafür. Ich kenne sie gut. Sie werden gute Gründe haben. Ich kann ihnen nicht in den Rücken fallen und es dir einfach erzählen. Das müssen sie schon selber tun. Es tut mir leid. Ich hätte nicht lügen sollen. Aber die Wahrheit ist, dass ich nicht hinter ihrem Rücken etwas erzählen werde von dem sie offensichtlich wollen, dass es ein Geheimnis bleibt.“ Die Trauer und die Enttäuschung schwanden augenblicklich einem unangenehm starken schlechten Gewissen und einer großen Portion Scham. Ich ließ den Kopf hängen: „Nein, du musst dich nicht entschuldigen. Du hast Recht. Es war falsch von mir mir die Informationen durch dich erschwindeln zu wollen.“ Amy lächelte nun wieder gewohnt federleicht: „Ach Schwamm drüber! Ich versteh dich ja. Und jetzt keine schweren Gesichter mehr! “ Dann drückte mich die Phantomhive kurz. Wir unterhielten uns noch kurz über unsere Ferien. Amy hatte viel mit Sebastian für das Volleyballturnier trainiert. Laut dem Butler muss der Prefect ein Vorbild für die Anderen sein. Aber abgesehen davon waren die Ferien bei ihrer Familie wohl sehr lustig gewesen. Ich erzählte ihr von meinen Ferien. Amys Blick wurde irgendwie komisch amüsiert. Als ich ihr von Merkenau und Undertakers Haarunfall erzählte grinste sie breit. Irgendwann stand sie auf: „Ich geh kurz duschen, ok?“ Ich sprang auf als Amy aus der Türe verschwand: „Hey! Ich hatte schon angekündigt, dass ich duschen gehen will!“ „Prefect vor Fag!“, lachte Amber aus dem Flur und ich hörte die Türe zum Badezimmer ins Schloss fallen. Ich seufzte. Quiiiiiieeeeeeeeetsch! Dann ergriff mich auf einmal ein endlos kalter Luftzug. Er zehrte unangenehm an meinen nackten Armen und eine fiese Gänsehaut kroch über meinen nur mit den recht dünnen Sportsachen bekleideten Körper, als ich meine Arme um mich schlang. Ich drehte mich um. Das Fenster stand weit offen. Verwundert blinzelte ich es an. Es war bis eben noch geschlossen gewesen, dessen war ich mir ganz sicher. Zögerlich ging ich durch unsere kleine Stube und beugte mich hinaus. Es war alles wie gehabt, wohin ich auch schaute. Mit einem Kopfschütteln schloss ich das Fenster wieder. Wahrscheinlich hatte jemand von uns es beim letzten Mal nicht ordentlich geschlossen und der Wind hatte es aufgedrückt. Ich ging zu dem kleinen Kühlschrank neben der großen 3er Couch und wollte mir etwas zu trinken herausnehmen. Quiiiiiieeeeeeeeetsch! Ich schaute auf. Der pure Unglaube kehrte in mein Gesicht zurück, als das Fenster schon wieder offen stand: 'Was zur Hölle?' Ich lehnte mich nun weiter heraus. Nichts. Lediglich die Äste der großen Trauerweide von unserem Fenster wackelten im Wind, als würde sie mich auslachen wollen. „Ich brauch 'nen Kaffee...“, schloss ich das Fenster ein weiteres Mal. Nachdem ich kurz zur Kontrolle daran gerappelt hatte, ließ ich das Fenster wieder Fenster sein, in der Gewissheit es war nun wirklich geschlossen. Der kleine Kühlschrank war in einem kleinen Schrank versteckt, auf dessen Platte eine Kaffeemaschine, ein Wasserkocher und ein Toaster standen. In einem Hängeschrank darüber war ein wenig Geschirr. Eine gute Notlösung für die Tatsache, dass unser Apartment keine eigene Küche hatte. Nachdem ich auf den Powerknopf gedrückt hatte, erwachte die Kaffeemaschine sirrend zum Leben. Quiiiiiieeeeeeeeetsch! Mein Kopf flog herum und war im selben Moment sicher ich verlor meinen kleinen Rest Verstand. Das Fenster stand wieder offen! Aber ich hatte es doch überprüft! Es war fest zu gewesen! Ich kratzte mich an der Schläfe, bevor ich das Schloss des Fensters unter die Lupe nahm. Nichts. Die Riegel bewegten sich auf das Drehen der Klinke wie sie es tun sollten und auch bei ihrem Gegenstück war nichts abgeschliffen oder herausgebrochen. Mir war die Sache unerklärlich. Ein leichter Grusel mischte sich mit der Verwunderung und ließ mich schaudern. Ich schloss das Fenster ein drittes Mal und blieb ein paar Minuten davor stehen. Nichts. Brav blieb das Fenster geschlossen und ich schob das Vorgefallene auf meine fehlende Konzentration, resultierend aus meinen außergewöhnlichen Ferien. Seufzend stellte ich eine Tasse unter die Kaffeemaschine und drückte einen weiteren Knopf. Mit einem weiteren Surren machte sie sich fleißig an die Arbeit. Mit einem weiteren leisen Seufzer verschränkte ich einen Arm unter meiner Brust und wollte mit der anderen Hand gerade meinen Kaffee trinken. Quiiiiiieeeeeeeeetsch! Ich wirbelte herum: „Was?!“ Dass das Fenster nicht lautstark begann mich auszulachen, war das Einzige was fehlte: „Das gibt's doch nicht!“ Wieder fegte eine Böe des frostigen Herbstwindes durch die kleine Stube und ließ die Seiten des Buches geräuschvoll umblättern, welches ich auf den Couchtisch gelegt hatte. Perplex blinzelte ich mit weit geöffnetem Mund auf das Fenster. Das war jetzt doch unglaublich gruselig und ich fühlte mich wie die unfreiwillige Hauptperson in einem Horrorstreifen. Es ging in solchen Filmen doch immer 3 x gut und beim 4x wird man von irgendwas gefressen. Mir war vollkommen bewusst wie irrational diese Angst war, doch ich musste mich überreden ein weiteres Mal zu dem Fenster zu gehen und es zu schließen. Als ich meine Courage gesammelt hatte, stellte ich meine Tasse neben die Kaffeemaschine und huschte zu dem Fenster. „Du Frostbeule lüftest bei diesen Temperaturen?“, hörte ich von hinten. Amys Stimme ließ mich zusammen zucken und ich drehte mich um. Ich atmete ein wenig schwerer, als die Phantomhive mit immer noch feuchten Haaren und unserer üblichen 'After-School'- Montur aus Jogginghose, Flauschesocken und Spagettitop ins Wohnzimmer kam und mich irgendwo zwischen verwundert und besorgt beschaute. Ein Seufzen mischte sich in ein tiefes Durchatmen: „Das Fenster geht immer wieder auf. Es muss kaputt....“ Amys Augen wurde ungläubiger, als sie auf etwas hinter mir fielen und sie hob eine Hand um mich zu unterbrechen: „Geh vom Fenster weg und mache keine hastigen Bewegungen.“ „Amy?“, fiepste ich in einer mittelschweren aufkommenden Panik. Ich war wie versteinert und ein bedrohliches elektrisches Gefühl sprang meine Wirbelsäule auf und nieder, als mir klar geworden war, dass Amy irgendetwas hinter mir gesehen hatte. Ich hatte keine Lust darauf Protagonist in einem Horrorfilm zu sein! Meine Hände wurden schwitzig und fingen an zu zittern, genau wie meine Knie die mir den Dienst versagten. Amy streckte eine Hand aus. Jetzt wirkte sie irgendwie, als ob sie gleich lachen müsste: „Komm einfach schnell her.“ Verwirrung mischte sich in meine Minipanikattacke. Dann flauschte auf einmal irgendetwas von hinten meine locker zusammengebundenen Haare. Mit einem spitzen Schrei fuhr ich herum und rammte intuitiv meine Faust nach vorne. Erst als sie ihr Ziel gefunden hatte, sah ich was es war... oder eher wer. Über die bleiche Nase, die ich hart getroffen hatte zog sich eine lange Narbe und das von silbernen Haaren verhangene Gesicht flog nach hinten. Undertaker, der im Fensterrahmen gehockt hatte, wedelte mit beiden Armen als er krampfhaft versuchte seine Balance zu halten. Geistesgegenwärtig griff ich nach dem Tuch, welches er immer um Brust und eine Schulter gebunden hatte und wollte ihm davor bewahren aus dem dritten Stock zu fallen. Wie kam der denn hier hoch?! Und warum?! Doch irgendwie griff ich das Tuch nicht richtig und es zog sich dem Bestatter nur über den Kopf, als er hinterrücks aus dem Fenster rasselte. Es polterte fürchterlich, während der Totengräber seinen unfreiwilligen Weg nach unten hinter sich brachte. Ich hatte geschockt eine Hand vor den Mund gepresst, in der anderen hielt ich sein Tuch und mit großen Augen starrte ich aus dem Fenster: „Ach du Scheiße...“ Amy fing hinter mir grölend an zu lachen. Ich steckte meinen Kopf aus dem Fenster: „Undertaker?!“ Das war so nun wirklich nicht geplant gewesen! Warum hatte er das gemacht?! War er denn vollends lebensmüde?! Ich hoffe er hat sich dabei nicht sämtliche Knochen gebrochen! Und warum lachte Amy so dämlich?! Ich sah einen schwarzen Schuh aus dem großen Rosenbusch unter unserem Fenster schauen. Dann wirbelte ich herum, ließ das Tuch fallen und griff Amy am Handgelenk, die immer noch so viel lachte, das es fast aus dem Bereich des Hörbaren verschwand: „Komm! Wir müssen ihm helfen!“ „Hahahahaha! Ich fass' es nicht! Voll auf die Zwölf! Alle Neune! Mitten ins Schwarze!“, doch die Phantomhive lief mir hinterher aus der Türe. Im Sprint ließen wir das Treppenhaus hinter uns und rannten durch die Eingangshalle, hinaus in den Garten. „Undertaker!“, rief ich ein weiteres Mal, als wir um die Ecke des Gebäudes gerannt kamen. Der schwarze, mit Schnallen verzierte Lackstiefel lugte immer noch aus dem dornigen Buschwerk und zuckte ganz komisch. Sein Zylinder war ein paar Meter vom Busch entfernt zu Boden gegangen. Die Landung in dem stacheligen Gestrüpp muss eben so unerquicklich gewesen sein wie der Abflug an sich. „Amy!“, rief ich und ging nach unten. Ich rutschte die letzten paar Zentimeter auf meinen Knien zu dem Buschwerk: „Ruf einen Arzt!“ Ein komisches Geräusch erreichte meine Ohren, als ich an dem Rosenbusch angekommen war und gerade die ersten Äste gegriffen hatte um sie weg zu biegen. Es klang wie ein Schluchzen. Ich hielt inne. Weinte der Totengräber? Er war aus dem dritten Stock geflogen und in einem großen Rosenbusch gelandet. Verübeln konnte man ihm es wohl nicht. Doch irgendwie passte das nicht zu ihm. Ich hörte genauer hin... er... er lachte! Tatsächlich! Ich schüttelte mit einem fast fassungslosen Unglauben meinen Kopf und hörte ein weiteres Mal gründlich hin. Doch, es war wahr: Der Totengräber schien sich in dem Rosenbusch dumm und dämlich zu lachen. Trotz allem bog ich hastig die Äste auseinander. Nur weil er lachte hieß es nicht, dass er sich nicht doch verletzt haben könnte. Irgendwann hatte ich sein lachendes Gesicht ausgebuddelt. Er hatte die Augen geschlossen und die Arme um seinen Bauch gelegt. Er wackelte leicht von rechts nach links und seine Beine zuckten unter seinem kleinen Lachanfall. Er schien unverletzt zu sein. Der Typ muss mehr als einen Schutzengel haben. „DU TROTTEL!“, entfuhr es mir wütend, als meine geschockte Sorge einem komischen Anflug von Wut wich. Ich merkte wie meine Hände anfingen zu zittern und die Blätter des Rosenbusches deswegen leise zu rascheln begannen: „ICH HABE MICH ZU TODE ERSCHRECKT WEGEN DIR!“ Der Bestatter öffnete eins seiner kristallklaren Augen. Eines dieser Augen, die mich seit Nächten verfolgten. „Ich weiß. Ahehe!“, lachte er mir entgegen. Mir klappte der Mund auf und ich schüttelte immer wieder fassungslos den Kopf. Undertaker nahm die Beine zu sich um Schwung zu holen und sich in seinem Busch aufzusetzen. Er grinste mich an: „Dein Gesicht war ein weiteres Mal hinreißend, liebe Sky.“ Ich merkte in meinem Kopf eine Sicherung springen. Empört und wütend griff ich ihn an der Schulter und schüttelte ihn ausladend nach vorne und hinten: „ICH GLAUB DU HAST SIE NICHT MEHR ALLE! WEIßT DU EIGENTLICH NOCH WO DER FROSCH DIE LOCKEN HAT?! ICH HÄTTE DICH FAST UMGEBRACHT!!“ Er lachte weiter, während sein Kopf locker von vorne nach hinten wippte: „Aheheheheheheheheehehehehehehehehe! Aber nur fast!“ Ich stoppte, schaute ihm ins Gesicht und zog wieder meine Augenbraue hoch: „Bitte?!“ Er lachte und streckte seinen Finger aus. Ich wusste genau was er tun wollte. Doch dieses Mal fing ich seinen Zeigefinger ab, indem ich meinen eigenen um ihn klemmte und ihn nach unten zog. Ich streckte ihm wütend meine Nase ins Gesicht: „Wenn du meine Augenbraue nicht in Frieden lässt, werde ich dich irgendwo festbinden, mir eine Pinzette schnappen und dir jedes Härchen deiner Eigenen einzeln ausreißen. Haben wir uns verstanden?“ Er lachte dunkel durch die geschlossenen, aber breit grinsenden Lippen. Mein Herz übersprang unwillkürlich einen Schlag und hing schwer in meiner Brust. Auch er streckte seine Nase mehr in mein Gesicht. Hätte er sie nicht neben meiner platziert, wären sie an einander gestupst. Ich sah durch eine kleine Lücke in seinem Pony einen Teil seiner leuchtenden Pupille. „Oh, natürlich habe ich das verstanden“, grinste er irgendwie anders als sonst und sein Flüstern hatte eine ganz komischen Unterton, als es sanft über meine Lippen rollte und ein Knistern hinterließ: „Aber vielleicht sollten wir nochmal darüber diskutieren was nach dem Festbinden alles folgen sollte. Hehe.“ Als eine ungeahnte Hitze in mein Gesicht schoss, riss ich die Augen auf und mein Herz blieb endgültig stehen. Ich ließ seinen Finger los und plumpste nach hinten: „WAS?!“ Sein Grinsen drehte sich um und mit einem fast gelangweilten Gesichtsausdruck legte er den Kopf schief: „Mein Gott, bist du prüde.“ „Bitte?!“, bei allem in der Welt, damit hatte ich nun wirklich nicht gerechnet! Das war doch ein eindeutiges Angebot, oder?! ODER?!: 'AAAAAHHHHHHHHH!' Undertaker lachte wieder wie gewohnt und schien alles erreicht zu haben was er wollte, als er sich hinstellte. Es wunderte mich ein weiteres Mal, dass der Mann vollkommen in Ordnung zu sein schien, als er sich nonchalant ein wenig Staub von den Klamotten klopfte. Dann grinste er mich wieder an: „Du solltest ganz dringend die Idee loswerden ich sei ein kleines Unschuldslamm, liebe Skyler.“ Mit einem großen Schritt verließ er den Busch und schaute mich von oben an. Er rümpfte ein wenig sein Nase: „Aber dein rechter Harken ist ganz passabel, das muss man dir lassen. Hehe!“ Immer noch um Fassung ringend schaute ich ihn von unten an: „Du hast jetzt vollkommen den Verstand verloren, oder?“ „Ahwuwuwuwu! Nein, das habe ich schon länger. Noch nicht aufgefallen?“ Ich stand auf und verschränkte die Arme: „Was sollte die Aktion?!“ „Du hast doch vo festbinden angefangen“, machte er verständnislos, aber amüsiert. Mein Kopf wurde noch wärmer und ich wandte ihn von der einen zur anderen Seite, unsicher wo ich hin schauen sollte: „Nicht das! Und das habe ich doch nicht ernst gemeint!“ „Schade. Ich schon.“ Ich starrte ihn mit hochrotem Kopf ins Gesicht und drehte mich dann halb weg: „Lass das verdammt!“ Er fing an laut zu lachen. Im selben Moment ließ mich ein weiteres Lachen aufschauen. Amy war zu uns getreten: „Hahaha! Ich frage mich gerade wer hier wen fast umbringt.“ Undertaker grinste die Phantomhive an: „Hallo Amy. Na, ich habe keine Intension dieser Art. Hehe.“ „Dann solltest du ganz dringend aufhören. Sie ist nämlich wirklich furchtbar prüde.“ „Hey!“, machte ich beleidigt und schaute Amy an. Sie lachte immer noch: „Ach du meine Güte! Alles wird gut, Sky. Du bist heute nicht zur Mörderin geworden und deine Unschuld ist auch nicht in Gefahr.“ Mein Mund klappte auf, als mir meine reichlich amüsierte Freundin in den Rücken fiel. Ich schüttelte den Kopf, stammelte zusammenhanglos etwas vor mich hin und mein Gesicht wurde immer wärmer: „Ihr seid ein Fluch! Beide!“ Die Beiden lachten im Chor. Amy rubbelte sich über die Arme: „Lasst uns rein gehen. Es ist furchtbar kalt.“ Just in dem Moment wo sie es erwähnte merkte ich wie sehr ich fror. Wir hatten gerade mal 0°C und ich trug nur eine, wenn auch lange, Jogginghose und ein dünnes Top. „Gute Idee“, pflichtete ich ihr bei. Amy schaute ihren alten Freund an: „Kommst du mit uns? Durch die Türe?“ Er lachte ein weiteres Mal so unsagbar schrill: „Aber sicher, wenn du mich so darum bittest.“ Einen Moment später saßen wir auf unserer Sitzecke. Amy hatte sich auf den 3er Sofa breit gemacht und ich hatte mir meinen Kaffee geschnappt und mich in meinen Sessel gesetzt, nachdem ich dieses verfluchte Fenster geschlossen hatte! Undertaker setzte sich mit verschränkten Beinen und Armen auf die 2 Personen Couch, da sie als einzige frei geblieben war. „Was möchtest du hier?“, fragte Amy. „Und warum musstest du durchs Fenster kommen?“, nuschelte ich meine Tasse. Undertaker lachte: „Dein Vater schickt mich, Amy. Und das mit dem Fenster. Hehehehehe. Es wird nicht gerne gesehen wenn Männer in die Wohnheime der Mädchen kommen. Eure Lehrerin hätte mich wohl wieder hinausgeworfen.“ Das klang tatsächlich nicht ganz unlogisch. Ms. Lowell war nicht begeistert gewesen als wir mit Undertaker im Schlepptau durch die Tür gekommen waren, aber Amy hatte ihn als ihren Onkel vorgestellt und so hatten wir es geschafft ihn mit ins Wohnheim nehmen zu dürfen. „Wie bist du überhaupt da rauf gekommen?“, fragte ich skeptisch. „Ich kann halt gut klettern. Hehe.“ Auch das glaubte ich ihm eigentlich sofort. Dann fiel mir etwas anderes ein: „Das Fenster ist nicht kaputt. Das warst du oder?“ Er lachte schriller: „Ahihihihihihi! Ja, war ich.“ „Wie?“, schüttelte ich den Kopf. Er konnte ja schließlich die Klinke nicht von außen drehen. Er beschrieb mit seinen ausgebreiteten Händen einen Bogen in der Luft. „Magie“, lachte er. „Aha. Natürlich. Wie?“ Er hob seine Hand und schüttelte amüsiert den Kopf und einen Finger: „Ein guter Magier verrät nie seine Tricks.“ „Ah ja“, machte ich und überschlug meine Beine: „Jobbeschreibung: Bestatter aus Leidenschaft und passionierter Aushilfshoudini.“ Amy und Undertaker lachten. Dann schaute Amy wieder zu dem Bestatter mit den Silberhaaren: „Papa schickt dich. Wieso?“ Er griff in seine Manteltasche. Es klimperte kurz und er zog zwei silberne Ketten hervor. An ihnen hingen zwei große, silberne Pentagramme in dessen Streben kleine Symbole eingearbeitet wurden. Wo sich die Streben überschnitten leuchteten kleine Steine. Bei dem Einen von einem fast giftigen Grün mit schwarzer, linearer Maserung. An dem anderen waren die Steine von einem satten Dunkelgrün. Seine Maserung wirkte wie die Wellen, die ein einzelner Tropfen auf der Wasseroberfläche schlug. Irgendwas an dieses Ketten war komisch. Mit dem Finger konnte ich nicht darauf zeigen, doch irgendwie hatte ich das Gefühl die Luft um sie herum surrte leicht und sickerte in das silbernen Pentagramm. Gierig wirkte das schön gearbeitete Stück Silber. Gierig und unersättlich. Er hielt mit einem breiten Grinsen die Ketten zwischen Daumen und Zeigefinger in die Höhe: „Die hier sollte ich euch geben.“ Ich zog eine Augenbraue an und stellte meine Füße auf die Kante meines Sessels: „Warum?“ „Es ist ihm und mir ein Anliegen.“ „Ihm und dir?“, selbst Amy wirkte etwas verwundert. Undertaker nickte grinsend: „Vertraut uns einfach und macht uns eine Freude. Tragt sie immer. Egal wohin ihr geht.“ Er stand auf und legte Amy die Kette mit den blauen Steinen in die Hand. Dann stand er vor mir. Ich blinzelte aus meinem Sessel zu ihm hoch und er streckte mir die andere Kette hin. Sie war außergewöhnlich hochwertig gefertigt. Jede Gravur saß, man sah nicht einen Fehler und die Steine glänzten herrlich in der goldenen Oktobersonne. Ich schaute schräg nach unten und merkte wie der rosa Schein wieder auf mein Gesicht zurückkehrte: „Das... ist wirklich nicht nötig... Gib sie jemandem, zu dem sie besser passt...“ Es war mir ja schon furchtbar unangenehm, dass Amy mir immer etwas schenken musste, doch von dem Bestatter konnte ich noch viel weniger Geschenke annehmen. Das kribblige Gefühl kehrte in meinen Bauch zurück und fuhr mir durch Arme und Beine in Finger und Zehen. Ich schüttelte mich unwillkürlich und zog meine Arme und Beine etwas näher zu mir, als ich meine Kaffeetasse fester hielt. Ich hörte ihn seufzen: „Es gibt niemanden, zu dem sie besser passt.“ Ich schaute wieder zu ihm hoch. Sein Lächeln war verschwunden. „Wa...Warum?“, fragte ich zögerlich. „Weil ich sie für dich gemacht habe.“ Meine Augen wurden größer und ich schaute wieder auf dieses silberne Stück Handwerkskunst, dann wieder in sein Gesicht: „Das warst du?“ Er nickte: „Gefällt sie dir etwas nicht?“ In seiner ruhigen Stimme klang ein kleiner Schatten mit. Ich wusste nicht genau was es war, aber er verursachte mir ein furchtbar schlechtes Gewissen: „Nein! Nein! Sie ist wunderschön! Wirklich!“ Sein Lächeln kehrte wieder ein Stück zurück, wenn auch sehr schmal: „Also?“, hielt er die Kette etwas näher vor meine Nase. „Ich... kann das nicht annehmen! Ich... ich... kann dir nichts dafür geben!“ Er seufzte wieder. Dann nahm er die zweite Hand zur Kette und öffnete den Verschluss. Als er sich zu mir hinunter beugte, verschwand die Welt ein weiteres Mal hinter einem dichten Vorhang aus silbernen Haaren und ich spürte das Gewicht der Kette, die er mir um den Hals gelegt hatte. Wo sie meine Haut berührte knisterte sie leicht und ich hatte das Gefühl sie wurde dort ein bisschen kälter. Die Härchen auf meinen Armen stellten sich aus irgendwelchen Gründen auf. Sein Gesicht lächelte mich aus der Nähe an: „Doch, kannst du.“ Ich schlug peinlich berührt die Augen nieder: „Was denn?“ „Lächle für mich.“ Mit großen Augen schaute ich ihm wieder ins Gesicht. Er hatte wieder dieses weiche Lächeln auf den Lippen, welches so unschuldig und vogelfrei wirkte. Mein Herz klopfte einen Takt schneller, als ich den Blick von seinen Lippen nahm und ihm in die Augen schaute. Da sich der große Mann so weit nach vorne beugen musste um mich in meinem Sessel zu erreichen, lag sein Pony nicht mehr in seinem Gesicht und ich konnte sehen wie seine fluoreszierenden grünen Augen mit dem Lächeln um die Wette strahlten. Das Kribbeln stieg in meine Kehle. Ich ließ meine Mundwinkel sich nach oben kräuseln, nachdem das Kribbeln mein mittlerweile stehengebliebenes Herz reanimiert hatte. Er lachte und schloss dabei kurz die Augen: „Hihi. Wunderbar.“ Dann richtete er sich wieder auf und ging Richtung Tür: „Myladys? Ich muss mich entschuldigen. Es ruft noch ein wenig Arbeit nach mir.“ Im Türrahmen drehte er sich nochmal um und verbeugte sich formvollendet mit abgezogenem Zylinder: „Wir sehen uns Morgen. Und nicht vergessen: Tragt die Ketten immer bei euch. “ „Bye 'Onkelchen' “, lachte Amy. Auch Undertaker kicherte kurz. Ich wedelte nur immer noch ein wenig überfordert mit der Hand. Kichernd wedelte Undertaker zurück und war dann verschwunden. Amy schaute mich lachend an: „Festbinden, ja?“ Ich nahm die Beine wieder vom Sessel und beugte mich wütend nach vorne: „Nicht so! Ich hab ihm damit gedroht ihm seine Augenbrauen auszureißen!“ Amy wackelte bedeutungsschwer und abwägend mit dem Kopf herum: „Ich weiß nicht, ob du ihn mit Folter abschrecken kannst.“ Ich stockte: „Was soll ich denn sonst damit bewirken?!“ „Naja“, machte Amy. Die Erkenntnis traf mich bevor sie weitersprach. Ich versteckte mein Gesicht hinter einer Hand: „Oh mein Gott Amy! Was denkst du denn?!“ Amy lachte: „Hahaha! Er hat dich auf jeden Fall ziemlich gut gekontert!“ „Halt die Klappe!“ „Hahahahaha!“ Ein Sofakissen flog in ihr Gesicht und sie kippte auf die Couch. Sie nahm es immer noch lachend von ihrem Gesicht: „Du hättest dein Gesicht sehen müssen!“ Ich kippte den Rest Kaffee hinunter und stand auf: „Ich geh duschen!“ Amy lag immer noch lachend auf dem Sofa als ich mich unter die heiße Dusche stellte. Nachdem ich geduscht hatte, hörte ich aus dem Wohnzimmer die gedämpften Stimmen irgendeines Programms aus dem Fernseher. „Ich bin in meinem Zimmer“; rief ich aus dem Flur und verschwand durch meine Türe. Als ich in meinem Zimmer saß, setzte ich mich im Schneidersitz auf mein Bett und schnappte mir einen dünnen, weißen Laptop. Es war ein Abgelegter von Amy. Sie hatte ihn mir gegeben, nachdem sie ein neueres Model bekommen hatte. Nicht, dass das Ding alt gewesen wäre. Teilweise hatte ich das Gefühl Amy besorgte sich neue Dinge nur, um die alten an mich abtreten zu können, weil sie wusste, dass ich sie mir selber nicht leisten konnte. Irgendwann, das hatte ich mir geschworen, werde ich mich für das alles revanchieren. Die Freundschaft mit Amy bedeutete die Welt für mich. Ohne sie wäre alles so furchtbar leer. Ich seufzte und surfte ein wenig sinnlos durch das Internet. Ich fand nichts sonderlich Interessantes und die Stille um mich herum ließ meine Gedanken schon wieder zu dem silberhaarigen Mann abschweifen, der heute mal wieder den Vogel abgeschossen hatte: 'Klettert durchs Fenster, pfffff. Der hat doch wirklich einen an der Murmel.' Aber irgendwie brachte mich der Gedanke auch zum Lachen. Meine Reaktion darauf tat mir allerdings furchtbar leid. Ich wollte ihm wirklich nicht wehtun, geschweige denn ihm aus dem Fenster im dritten Stock werfen. Aber er muss mich ja auch immer ärgern! Irgendwie war er schon selber Schuld gewesen. Wahrscheinlich war ich gar nicht schuld, sondern sein Karma! Ich seufzte: 'Hör auf es dir ausreden zu wollen. Es war deine Faust in seinem Gesicht. Es war deine Schuld.' Wie es dann weitergegangen war brachte mich wieder dazu einen hochroten Kopf zu bekommen. 'Oh, natürlich habe ich das verstanden, aber vielleicht sollten wir nochmal darüber diskutieren was nach dem Festbinden alles folgen sollte. Hehe', was sollte das?! Er... Er kann doch nicht gemeint haben, was ich denke er gemeint haben wollte... sollte... könnte... keine Ahnung...! Ich versteckte mein Gesicht in beiden Händen. Aber sein Tonfall war so komisch gewesen und meinte er nicht immer er lüge nie? 'Er wollte dich nur ärgern... Er wollte dich nur ärgern... Er wollte dich nur ärgern.... AAAAAHHHHHHHH! Dieser VOLLIDIOT! Sagt mir ich solle nicht denken er sei ein Unschuldslamm und grinst mich keine 10 Minuten später mit einem Lächeln an, welches selbst aus Hitler einen besseren Menschen gemacht hätte!' Ich schaute an die Decke: 'Und warum philosophiere ich jetzt schon wieder so viel darüber....?' Ablenkung! Ich brauchte Ablenkung! Also langte ich neben mein Bett. Dort standen zwei Ständer: Eine kleine schwarze Violine samt Bogen auf dem einen und eine schwarze Akustikgitarre auf dem anderen. Gitarre war ein Pflichtfach im violetten Haus. Dazu musste ab dem zweiten Jahr Gesangsunterricht und ab dem dritten ein weiteres Instrument belegt werden. Zur Auswahl standen Violine, Piano, Cello, Dudelsack, Trompete, Querflöte und Klarinette. Amy spielte Piano und ich Violine. Doch gerade griff ich nach der Gitarre. Ich schlug sie an und musste sie erst einmal stimmen. Nachdem sie nicht mehr kreuz und quere klang, spielte ich wahllos ein paar Akkorde. Irgendwann wurde daraus eine ganz passable Melodie. Ich spielte sie weiter, baute sie etwas aus und begann irgendwann gedankenlos dazu zu singen. Meine Gedanken sponnen alles zusammen, was mir so in Bauch und Seele kribbelte. Alles, was sich so vor und während der Ferien angestaut hatte. Es war befreiend und ich legte irgendwann die Gitarre beiseite und begann es aufzuschreiben. Es war mitten in der Nacht, als ich fertig war und nach hinten in mein Bett kippte. Die Türe ging auf und Amy streckte ihren Kopf durch: „Was war das für ein Lied?“ Ich setzte mich ächzend wieder auf: „Hab ich mir gerade ausgedacht...“ „Das war toll!“, sie setzte sich auf meine Bettkante: „Spiel es mir vor!“ „Okay...“, nahm ich meine Gitarre und zeigte ihr die Früchte meiner Arbeit. Amy wackelte mit dem Kopf zum Rhythmus. An ein paar passenden Stellen klinkte sie sich einfach ungefragt mit ein und begleitete mich als Hintergrundstimme. „Das ist voll gut!“, rief sie begeistert und klatschte in die Hände als ich geendet hatte: „Das musst du Halloween allen vorspielen!“ „Was?!“, fragte ich erschrocken: „Oh nein. Ich spiele und singe nicht gut genug dafür!“ „Skyler, du bist die Beste... In beiden Kursen.“ „Noten sind nicht alles!“ „Aber du bist einfach gut!“ „Nein!“ „Bitte! Tu's für mich!“ Ich schaute sie leidend an und seufzte schwer: „Ok... aber nur einmal...“ Undertaker Mein Sonntag verging normal und ohne großes Aufsehen. Ich äscherte ein paar Gäste ein und zimmerte zwei Särge. In letzter Zeit war es eher ruhig. Irgendwie gefiel mir diese Ruhe nicht. Oliver und Claude hatten nun einen unglaublichen Vorteil und nutzten ihn nicht? Komisch. Die Trancys mussten irgendetwas vorhaben. Ich war mir sicher Sebastian war an der Sache dran und solange ich nichts von den Phantomhives hörte war alles in Ordnung. Ich begleitete die Beerdigung der drei Bandenjungen am Sonntagabend. Ihre komische Bande war ziemlich zerpflückt. Man sah ihnen an, sie hatten Besuch bekommen. Ich lachte, wie immer, weswegen die Jungen keinen Verdacht schöpften wer sie verpfiffen hatte. Auch am Montag führte mich mein Weg über den Blumenladen zum alten Friedhof. Ich kümmerte mich um die Gräber von Madame Red, Lau und Co. Ich war fast fertig, da ließ mich ein leises Singen aufschauen: Die kleine Skyler tänzelte über die alten Wege und sang leise etwas vor sich hin. Ich sah diese weißen Knöpfe in ihren Ohren, durch die die Menschen seit ein paar Jahren immer Musik hörten. Ich fand sie furchtbar laut und unangenehm, doch vor allem die jungen Leute wuchsen schon fast damit auf. Ich lehnte mich mit verschränkten Armen auf einen Grabstein und musterte das Mädchen. Diese federleichte Art stand ihr gut. Sie war so leicht wie ein Mädchen in ihrem Alter sein sollte. Ich hatte sie so noch nie gesehen und irgendwie machte mich dieser Anblick glücklicher als ich dachte. Ein warmes Kribbeln surrte durch meinen Bauch. Nur wenig später drehte sie sich ruckartig zu mir um und riss sich mit fast geschockten Augen die Stöpsel aus den Ohren. „Ehehehehe. Hast du öfter so gute Laune und ich treffe dich immer an den falschen Tagen, oder ist irgendwas Tolles passiert und ich habe es verpasst?“, lachte ich. Sie antwortete nicht. Sie starrte mich nur stock und steif an. Ich lachte noch mehr: „Hihihihihi! Du machst schon wieder dein Teddybärgesicht.“ „Teddy... bär... gesicht?“, stammelte sie fast krampfhaft hervor. Ein weiteres Lachen: „Ja, ja. Das Gesicht was ein Teddybär machen würde, wenn man ihm mit einer Schere zu nahe käme. Pass auf, dass dir nicht die Knopfaugen herausfallen. Ehehehehe!“ Ihr klappte die Kinnlade auf: „I-i-i-i... So schaue ich gar nicht!“ „Ehihihihi! Doch, genauso schaust du.“ Sie streckte die Fäuste nach unten und kniff die Augen in ihrem knallroten Gesicht zusammen: „Da-da-da-das stimmt gar nicht!“ „Stimmt!“, ich legte den Kopf schief: „Ich hab noch nie einen Teddybär gesehen, der so rot werden kann. Ehehehe!“ Sie verschränkte ihre Arme und drehte sich weg. Ihre gespielte Wut war so einfach zu durchschauen: „Ich hasse es, wenn du sowas machst!“ „Hihi! Was mache ich denn?“, auf leisen Sohlen ging ich zu ihr und schaute ihr in das rote angespannte Gesicht. Ich verstand ihre Steifheit nicht. Es war doch gut, wenn sie gute Laune hatte. „Du ärgerst mich!“, rief sie aus. „Wirklich? Das ärgert dich schon? Bist du aber zart besaitet. Ahehehehe!“ Sie drehte sich zu mir und stolperte mit wedelnden Armen und einem irritierten Gesichtsausdruck nach hinten: „WA! Was zur...?! Wie...?! Meine Güte! Was machst du hier überhaupt?!“ Ich legte leise kichernd den Kopf schief: „Hihihi. Also es gibt nun wirklich überraschenderes als einen Bestatter auf einem Friedhof, oder?“ Ihre Anspannung stieg mit ihrer Schamesröte: „I-i-i-i-ich meine so weit hinten! Hier gibt es keine frischen Gräber!“ „Du weißt doch, dass ich hier hinten unterwegs bin, hehe.“ „Aber! Aber!“ Ich packte lachend ihre wedelnden Handgelenke: „Ahahahaha! Beruhige dich! Du hebst noch ab! Warum bist du denn so aufgeregt? Ist es dir peinlich, dass ich dich gut gelaunt durch die Gegend tanzen gesehen habe?“ „Ähm... vielleicht?“, schaute sie so herrlich beschämt zur Seite. „War das eine Frage oder eine Aussage?“, grinste ich. „Fang nicht wieder damit an!“, verarbeitete sie ihr kleines Déjà vu. Ich lachte weiter: „Ahahahaha! Wie knuffig!“ „Ich bin nicht knuffig!“, rief sie irgendwie schrill. „Tihi! Doch, bist du“, triezte ich sie weiter. Sie holte tief Luft und beruhigte sich wieder: „Bist du fertig damit mich zu quälen?“ „Ich dich quälen?!“, ich konnte mir ein schrilles Lachen einfach nicht verkneifen: „Ahehehe! Sowas würde mir nie in den Sinn kommen!“ „Warum... tust du es dann?“ „Tue ich nicht! Was denkst du von mir?!“, zog ich eine Schnute. „Nur das Beste...“ 'Oho! Sarkasmus! Wie herrlich!', dachte ich mir, während ich ihre Hände entließ und mein Lachen zu einem breiten Grinsen schwand: „Ich habe dir nun wirklich keinen Grund gegeben schlecht über mich zu denken, oder?“ „Ich!...Ich denke nicht schlecht über dich! Aber ehrlich: Was tust du hier?“, hielt sie sich die Hand vor den Mund als sie sich räusperte. Ich lachte wieder. Das Mädchen war so amüsant! Auch wenn ich ihre Leichtigkeit jetzt schon wieder vermisste. Schmerzlich vermisste. Komisch: „Thihi. Ich bin öfter in meiner Freizeit hier und kümmere mich um die Gräber.“ Sie legte den Kopf schief: „Warum machst du in deiner Freizeit nicht Dinge, die normale Menschen auch tun?“ „Hehe. Was tun den 'normale Menschen' in ihrer Freizeit?“, lachte ich. Sie hätte doch mittlerweile wirklich mitbekommen müssen, dass ich alles andere als normal war. „Naja... Hobbys nachgehen, sich entspannen. Sowas halt und nicht arbeiten.“ „Aber genau das tue ich doch!“ Ihr Mund stand offen in Unglauben: „Du willst mir also erzählen... Grabpflege ist dein Hobby und entspannt dich?“ „Aber natürlich!“, legte ich grinsend die Fingerspitzen zusammen: „Es bringt die Gedanken auf Linie und die herrliche Atmosphäre der Vergänglichkeit salbt die Seele. Außerdem habe ich einige Gefallen einzulösen.“ Ihr Kopf wurde schiefer: „Was für Gefallen?“ Ich schaute zu den Gräbern. Meine Arbeitsutensilien und der riesige Busch von Blumen lagen immer noch dazwischen. Sie folgte meinem verhangenen Blick und wandte sich wieder zu mir: „Warum kümmerst du dich um diese alten Gräber?“ Schweigend, doch grinsend winkte ich die kleine Sky mit mir. Warum sollte ich es ihr nur erzählen, wenn ich es ihr zeigen konnte? An dem Mausoleum der Phantomhives angekommen schloss ich die große Steintür auf und schob sie mit dem Zeigefinger auf. Ich kannte das große Mausoleum auswendig. Schließlich hatte ich es vor rund 130 Jahren auf Ciels Wunsch gebaut. Ich war stolz auf meine Arbeit. Ich fand es irgendwie schade nicht ein bisschen damit angeben zu können. „Warum zeigst du mir das?“, fragte sie, nachdem sie sich mit großen himmelblauen Augen umgeschaut hatte. Ich zeigte giggelnd auf das Steinschild am Torbogen. Es war ein Zitat von Sebastian, welches ich Stückweise umgeschrieben hatte. Der Earl Phantomhive hatte nicht nur seinen Butler. Er hatte die Fengs, die Hermanns, die von Steinen und mich. Auch die anderen drei Sensenmänner waren ihnen treuer als der gute Will zugeben wollte. „Das ist das Mausoleum von Amys Familie?“ „In der Tat, tihi. Ich pflege es seit langem. Genauso wie die Gräber draußen und das zweite Mausoleum. Es sind die Gräber von Freunden der Phantomhives. Das andere Mausoleum gehört den Midfords. Eine ihrer Töchter hat mal einen Earl geheiratet. Amys Ururgroßvater.“ „Du kennst dich aber aus.“ „Ich bin gewissenhaft, hehe“, verschwieg ich ein weiteres Mal mehr als nur die halbe Wahrheit. Sie ahnte nichts davon. Skyler wippte auf ihren Füßen irgendwie rastlos von vorne nach hinten. Neugier stand in ihrem Blick. „Tehe. Geh ruhig durch. Die Toten stören sich nicht mehr an Besuch.“ „Aber... ich weiß nicht ob es Amy recht wäre...“ „Was sollte sie dagegen haben? Und selbst wenn sie etwas dagegen hätte, wer sollte dich verraten? Die Toten fallen einem nicht mehr in den Rücken.“ Es war herzerquickend wie viel Skyler an ihrer Freundin lag. Die beiden Mädchen hatten ein sagenhaftes Glück sich zu haben. Ich merkte, dass sie es genau wussten und ihre spezielle Verbindung bis ins Letzte schätzten. „Naja... Was ist, wenn es dir oder mir rausrutscht?“ „Ehehe! Bin ich genauso dran wie du. Ich hab dich doch hier hergebracht. Nun geh. Sei neugierig. Das ist eine wunderbare Eigenschaft.“ Zögerlich ging sie in den großen, von buntem Licht erhellten, Raum. Ich verschwand. Ich kannte diese ganzen Geschichten. Ich kannte die Leute, die dort lagen. Im Mausoleum hatte ich heute nichts zu tun, also kümmerte ich mich weiter um die Gräber vor dessen Türe. „Hey!“, ließ mich Skys Stimme nach ein paar Minuten herumfahren, als ich mich um Madame Reds Grab kümmerte: „Hm?“ „Warum bist du einfach abgehauen?! Ich hab mich fürchterlich erschreckt!“ Ich musste lachen. Wie ängstlich kann man sein?: „Abgehauen? Tehehe! Ich bin vielleicht 15 Meter weg gegangen.“ „Tr...“, sie schaute nervös durch die Gegend: „Trotzdem!“ Ich warf den abgeschnittenen Zweig den ich in der Hand hatte in meinen Sack mit Kompost: „Ich möchte das hier heute noch zu Ende bringen, hehe. Verzeih mir.“ „Oh!“, machte sie nervös: „Kann... ich dir irgendwie helfen?“ Grinsend stand ich auf: „Natürlich! Du kannst mit mir die Sträuße verteilen und die Kerzen anzünden.“ Irgendwie strahlte sie: „Klar! Auf jeden einen?“ „Exakt. Streichhölzer hab ich“, ich kramte angestrengt durch meine Taschen. Ich hatte viel zu viel Kram dabei und legte das ganze Zeug auf einen Grabstein, bis ich endlich die Streichhölzer in der Hand hatte und ihr hinstreckte: „Aha! Hier! Ehehe!“ Sie nahm sie mit hochgezogenen Augenbrauen entgegen: „Du solltest öfter deine Taschen leeren...“ Kichernd steckte ich den ganzen Kram wieder in meine Taschen: „Ehehehe! Ja, wahrscheinlich hast du recht.“ Eine Zeitlang huschten wir schweigend durch die Gräber und ich versank Stück für Stück in eine melancholische Nostalgie. So viele Abenteuer mit so vielen Gesichtern. Ich werde keins davon je vergessen. „Öhm Undertaker?“, weckte mich Skys Stimme. „Hm?“, ich sah, dass sie vor Laus Grab saß. „Lau und Ran Mao Feng... Sie... sind nicht zufällig mit Lee verwandt, oder?“ „Doch, doch. Sie sind seine Urururgroßeltern. Hehe!“ „Warum liegen sie hier? Sie sind doch Chinesen, oder?“ „Ahahahaha! Die Fengs sind bei weitem britischer als sie zugeben möchten! Sie sind schon lange Verbündete der Phantomhives. Wie alle die hier liegen.“ „Ok“, sagte sie, doch irgendetwas ratterte in ihrem Kopf. Sie musterte den Stein. Es stand eine kleine chinesische Geschichte darauf. Lau liebte sie, deswegen hatte ich sie in seinen Stein gemeißelt. „Diese Menschen müssen hier alle sehr weise und bewandert gewesen sein.” Ich musste lachen. Hätte sie sie doch nur gekannt: „Ahehehehehe! Wenn sie einen guten Tag hatten.“ „Bitte?“ „Ach nichts, hehe!“, dieses Mal war mir fast etwas herausgerutscht. Die Leute hier waren wirklich alle ganz einzigartig gewesen. Weise auf ihre eigene Weise, doch auf dieselbe nur allzu verrückt. Sie seufzte seicht: „Die Geschichte ist schön...“ Damit hatte sie Recht. Sie hatte Charme, doch so ganz gefiel sie mir nicht. „In der Tat, in der Tat“, hockte ich mich neben sie und zupfte ein paar Blätter von dem Grab, bevor ich sie durch meinen Pony anlächelte: „Was ist mit dir? Zhou? Oder Schmetterling?“ „Uff...“, entfuhr es ihr und sie schwieg. Ich war neugierig auf ihre Antwort. Sie würde sehr tief blicken lassen. Deshalb wartete ich geduldig und pflegte mit ein paar Handgriffen das alte Grab. Ich hatte Lau sehr gerne gemocht. Wir hatten so viel zusammen gelacht. „Schmetterling“, sagte sie irgendwann. Ich hatte leider damit gerechnet: „Schade.“ „Bitte?“ „Ich mag Zhou“, lächelte ich und begann eine Lilie aus Laus Strauß in den Zopf zu binden. Der Chinese hätte sicher nichts dagegen. Im Gegenteil: Er hätte gezwinkert und lachend mit der Hand gewunken. Sky trug den Zopf immer noch. Das warme Gefühl wurde intensiver. Irgendwie machte mich diese Erkenntnis außerordentlich glücklich. Sie nahm es wohl so ernst wie ich es gemeint hatte. „Weißt du“, begann ich immer noch mit ihrem Zopf und der Blume beschäftigt: „Ich widerspreche dieser Geschichte in Teilen.“ „In welchen Teilen?“ Ich legte den Zopf behutsam auf ihre Schulter: „Es klingt so als wären Zhou und der Schmetterling etwas Grundverschiedenes. Etwas, was nie übereinkommen könnte. Doch Zhou ist meiner Ansicht nach erst auf dem Weg ein Schmetterling zu werden. Der Schmetterling ist sein Ziel und Zhou ist unzufrieden in seinem engen, dunklen Kokon. Doch es ist der Weg, den er beschreiten muss. Ohne Fleiß keinen Preis. Ohne Anstrengungen kommt man nicht ans Ziel. Lehrjahre waren noch nie Herrenjahre. Doch viele nehmen den Weg viel zu schwer. Gestalteten ihn viel zu anstrengend. Das ist Unsinn, denn gewissermaßen ist unser Weg auch immer ein Stück unser Ziel. Hehe.“ Eine Zeit lang schaute sie mich an und schien angestrengt nachzudenken. Ich würde manchmal so gerne in ihrem Kopf Mäuschen spielen. Wir standen auf und 15 Minuten später strahlten die alten Gräber so prächtig wie einst ihre Bewohner es getan hatten: „Ahehehe! Wunderbar! Ich danke dir, liebe Sky.“ Sie drehte ihren Fuß auf dem Rasen und schaute mich mit verschränkten Armen an: „Ach... nicht dafür.“ Ihr schüchternes Verhalten ließ mein Grinsen immer breiter werden. Es war nicht schüchtern, weil sie wie alle anderen verstört von mir war. Es war irgendwie anders. Nur ich wusste nicht inwiefern. Lau hätte mir sicher helfen können. Ein stummes Seufzen fuhr durch meinen Kopf. Ich vermisste die alten Leute schon. „Was wolltest du eigentlich hier? Außer tanzen“, fragte ich als ich mein Werkzeug zusammen suchte. Ein Hauch Rosa erschien in ihrem peinlich berührten Gesicht: „Eigentlich wollte ich zeichnen...“ „Warum hast du es nicht getan?“ „Na, weil ich dich getroffen hab.“ „Ihihihi! Ich wäre der Letzte gewesen, der dich aufhält.“ Ich mochte wie sie zeichnete. Sie wirkte dabei so vollkommen fokussiert und vollkommen ausgelastet. „Ja, aber... Ich kann dich doch nicht einfach links liegen lassen...“ „Hehe. Warum nicht?“ „Das gehört sich nicht! Man kann doch jemanden den man mag nicht einfach ignorieren!“ „Hehe. Du magst mich also, ja?“ Sie schaute wieder weg: „Äh... Ja... schon...“ Ich erkannte langsam ein Muster wann sie mich anschaute und wann betont weg. Immer wenn sie sich unsicher war, floh sie meinem Blick: „Das freut mich. Wirklich. Hehehehe! Hast du es dabei?“ „Was?“ „Na das Bild vom letzten Mal!“ Skyler schaute wieder zu Boden. Warum war sie sich denn jetzt unsicher? Die Frage war doch ganz einfach und vollkommen unverfänglich: „Joa... schon...“ „Oh!“, griff ich in ihre Tasche, in der ich den Block vermutete und wollte sie so aus ihrer Unsicherheit reißen: „Das muss ich unbedingt sehen!“ „Hey!“, hüpfte und angelte sie, als ich den Block aus ihrer Griffweite zog. Sie war so possierlich klein! Irgendwann legte ich die Arme um ihre Schulter. Doch aus der Entfernung sah ich nur einen verschwommenen Fleck. Also zog ich das Bild zu meiner Nase... und die junge Skyler gleich mit: „Mhhhh! Hmmmm!“ Nach ein paar Sekunden ließ sie aus irgendeinem Grund die Arme sinken. Irgendwann lachte ich: „Hehehe! Es ist wirklich wundervoll!“ „Hm?“ „Es gefällt mir ausgesprochen gut!“ „Hm?!“, sie tippte mir gegen die Schulter. Ich merkte, dass ich sie ziemlich fest in den Stoff meines Mantels drückte: „Oh! Ehehe!“, ich drückte sie an den Schultern aus meinem Mantel. „Haaaaa! Willst du mich loswerden?! Ich kann auch einfach gehen! Du musst mich nicht umbringen!“ „Hahahaha! Das war nicht mein Plan! Wirklich.“ Sie schüttelte den Kopf, bevor sie mein Gesicht ein wenig skeptisch musterte: „Gefällt es dir wirklich?“ „Natürlich!“, es war atemberaubend! Das Mädchen hatte ein ungeahntes künstlerisches Talent: „Auf deinem Bild sehe ich besser aus als im Spiegel! Ahehe!“ „Es ist doch nur dein Rücken...“ „Das ändert nichts an der Tatsache!“ Warum wollte sie jedes Kompliment schlecht reden? Das ist ja furchtbar! Doch sie kicherte: „Wenn du möchtest kannst du es behalten.“ Ihr Kichern ließ mein Herz ein bisschen höher schlagen und ich legte den Kopf aufgrund eines unbeschreiblichen Wohlgefühls schief: „Warum?“ „Naja... Du bist drauf und es gefällt dir.“ „Willst du es wirklich weggeben?“ Sie nickte zögerlich: „Ja... an dich schon.“ „Nur an mich?“, das verwunderte mich ein Stück: Was war an mir so besonders, dass ich eines ihrer Bilder haben durfte und andere nicht? Sie nickte wieder schüchtern: „Nun... ja. Nur an dich.“ Ich schaute wieder auf das düstere Bild mit dem pastellfarbenen Himmel: „Hmmm. Es wäre mir eine Ehre!“ „Ehre?“ Ich legte der zierlichen Sky meinen Arm um die Schulter und zog sie an mich, als wir gemeinsam auf das Bild in meiner Hand schauten: „Hehe. Ja, eine Ehre. Es ist eine schöne Erinnerung an eine wertvolle Begegnung.“ „Wertvolle Begegnung?“ Lange schaute ich sie an: „Natürlich. Du bist eine sehr wertvolle Begebung.“ „Ach, an mir ist doch nichts besonders... wertvoll.... oder so.“ „Nun. Da haben wir beide wohl sehr gegensätzlich Ansichten. Hehe.“ Es war tragisch, sehr tragisch, dass sie so minderwertig über sich dachte und es schmerzte irgendwo ganz tief in mir ziehend. Das Mädchen war gar wundervoll! Und ich wollte, dass sie das endlich wusste und annahm. Ich gab ihr ihren Block: „Was tust du jetzt?“ Skyler zuckte mit den Schultern: „Naja, ich hab Ferien. Amy ist nach Hause gefahren. Eigentlich hab ich echt nichts zu tun...“ „Wenn dir langweilig ist“, lachte ich: „Ziere dich nicht dir bei mir ein bisschen die Zeit totzuschlagen. Hehe.“ „Eh... ehrlich?“ Ich packte meine sieben Sachen und ging los: „Aber natürlich!“, doch ich merkte, dass Sky stehen blieb und mich anschaute: „Nun?“ Dann zuckte sie halb lächelnd mit den Schultern: „Warum nicht“, lief sie auf mich zu. An einem großen Komposthaufen wollte ich die Pflanzenteile loswerden, doch ein spitzes Krähen stoppte mich. Ich schaute Skyler an und dann in den Kompost. Darin saß ein kleiner Rabe. Gerade kein Küken mehr, doch zu jung zum Fliegen. Des Weiteren stand ein Flügel ab. Er war offensichtlich gebrochen. „Oh nein!“, Skyler schlug eine Hand vor den Mund: „Wie süß! Aber sein Flügelchen scheint gebrochen zu sein!“ In mir wallte Wut auf den herzlosen Trottel, der das Tier dort rein geworfen hatte und Wohlgefallen über Skylers Mitgefühl auf. Ihr tat der kleine Vogel furchtbar leid und sie war aufgrund der Unmenschlichkeit, die sich uns bot genauso empört wie ich. 'Hand aufs Herz, liebe Menschen: Wo will diese Welt hin, wenn der Tod menschlicher ist als die Menschen selbst?' „Es sieht so aus“, begann ich ruhig, doch konnte nicht verstecken, dass ich merklich auf den falschen Fuß erwischt wurde: „Aber ich sehe nirgendwo Anzeichen, dass seine Eltern es füttern.“ „Wie?“ „Das ist ein kleiner Kolkrabe“, mit Symbolik rund um den Tod kannte ich mich aus und Tiere waren oft Inhalte von Symbolik: „Er ist offensichtlich noch keine 45 Tagen alt. Raben sind Nesthocker, das heißt er hätte sein Nest eigentlich gar nicht verlassen sollen. Er kann wahrscheinlich noch nicht mal fliegen. Und selbst wäre ein Unfall passiert würden seine Eltern sich weiter um ihn kümmern. Aber ich sehe nirgendwo Futterreste oder Fußspuren. Vielleicht...“, der dünne Geruch, der von dem Vogel in meine trainierte Nase stieg war der eines Menschen. Sehr aufdringlich sogar. Minzig: 'Na fabelhaft... Aftershave. Nicht gut...' „Wie ich dachte. Er riecht nach Menschen. Wahrscheinlich ist er aus dem Nest gefallen und irgendjemand hat ihn einfach auf den Kompost geworfen, wie Biomüll. Dadurch haben seine Eltern ihn verstoßen.“ Der kleine Vogel bettelte uns verzweifelt um Hilfe an. Er war so dünn. Lange schaffte er es alleine nicht mehr. „Auf den Kompost geworfen... Wie grausam! Oh, mir wird schlecht bei sowas!“, Skyler griff in meinen Ärmel und flehte mich fast verzweifelt an: „Wir können ihn doch nicht einfach seinem Schicksal überlassen! Er wird sterben!“ Wie konnte ich nein sagen? Der kleine Vogel konnte noch nichts getan haben um so einen Untergang zu verdienen und die junge Skyler schaute mich mit einem Gesichtsausdruck an, der mir fast das Herz zerriss. Sie hatte ein Paar unglaublicher blauer Augen. Ich konnte ihnen den Gefallen einfach nicht abschlagen. Mit einem Lächeln hob ich den Vogel aus seinem stinkenden Grab. Heute sollte nicht sein Tag sein, wenn ich es verhindern konnte. Er krähte mir entgegen. Dankbar. Als würde er mir schwören sich zu revanchieren. „Shhhhh“, ich lachte dabei in mich hinein: „Jetzt wird alles gut.“ Skyler kraulte den schwarzen Federball in meiner Hand. Er drehte das Köpfchen genüsslich darunter und wackelte noch schneller mit dem Flügelchen: „Ohhhh wie süß!“ Nonchalant griff ich ihre Hand und legte das Tierchen hinein. Er akzeptierte das junge Ding sofort. Ich stockte kurz: Raben und Krähen waren Wappentiere des Todes. Ich hatte von Natur aus einen Draht zu ihnen, aber Menschen? 'Komisch... Interessant, aber komisch', eigentlich waren die Tiere schlau und recht scheu: „Halt ihn kurz.“ Als ich den Biomüll auf den Kompost geworfen und alles verstaut hatte, sah ich Skyler mit einem breiten Lächeln und den sich in ihre Hand schmiegende kleinen Vogel. Er schien dem Mädchen vollends verbunden. Meine Augenbraue wanderte kurios unter meinen Pony nach oben: „Er scheint sich bei dir wohlzufühlen.“ Sie lachte: „Denkst du?“ Ich lachte ebenfalls: „Wer würde sich in den zarten Händen einer schönen Frau nicht wohlfühlen! Also, ich kann ihm nachfühlen. Tehehehe!“ Verschämt schaute das Mädchen zur Seite: „Ach hör auf damit...“ Ein Donnergrollen unterbrach den Gedanken, den ich gerade aussprechen wollte. Ein bedrohliches Surren ging durch meinen Körper, als ich den zugezogenen Himmel sah. Er war viel zu plötzlich zugezogen und die Luft knisterte angespannt. 'Sebastian', wurde mir das Gefühl gewahr: 'Er muss auf Claude gestoßen sein und das nicht weit von hier.' Ein: „Oh oh“, ertönte und der Regen rasselte auf uns hinunter. Die Präsenzen der beiden Dämonen waren stark genug um das Wetter durcheinander zu würfeln. Claude muss so viel Kraft aufwenden, dass es sein Stein nicht mehr schlucken konnte. Ich musste Skyler wegbringen! Die Beiden waren viel, viel zu nah! „Was ein Wetter“, lachte ich und überspielte meine ungute Erkenntnis. Ich warf der jungen Dame meinen Mantel über den Kopf und legte ihr Gesicht frei, bevor ich sie an der Hand nahm: „Komm schnell! Hehe! Halt unseren kleinen Freund unter dem Mantel.“ Wir liefen zu meinem Laden. Er war wahrscheinlich einer der sichersten Orte Londons, wenn es um Übernatürliches und Okkultismus ging. Doch Skyler, dieses dünne Ding, hatte nicht genug Atem um den ganzen Weg zu rennen. Daran hätte ich früher denken können. „Ich... ha... ha... kann nicht mehr...“, keuchte sie. Lachend hob ich sie von den Füßen, immer noch die dämonische Doppelpräsenz im Rücken. Ich gab ihr meinen Zylinder. „Was machst du?“ Ich schaute sie lächelnd durch meinen nassen Pony an. Ich war jetzt schon klatschnass. Besser ich als sie: „Ich will nicht, dass du nass und wieder krank wirst.“ „Und du?!“, musterte sie mich so possierlich sorgenvoll. Es gab mir immer ein warmes Gefühl, wenn sie sich um mich sorgte. Alle die mich kannten taten es nicht. Sie machten es nicht aus böser Absicht. Es gab ja einfach keinen Grund dafür. Doch es tat gut gezeigt zu bekommen, dass man jemandem am Herzen lag. Egal wie mächtig man war. „Hehe! Mach dir keine Sorgen um mich. Ich komm zurecht“, rannte ich weiter. Hastig schloss ich meine Türe mit einer Hand auf, da ich Skyler in der anderen hatte. Die junge Lady wog einfach nichts! Sie war so zierlich, dünn und leicht. Ich stellte sie im Verkaufsraum auf den Boden und zog den nassen Mantel von ihrem Kopf. Sie musterte mich mit einem komischen Ausdruck, während der kleine Vogel so aufgeregt krähte: „Du bist total nass!“ Ich wischte mir beiläufig den Pony aus dem Gesicht: „Tehehe. Augenscheinlich.“ Ich wollte ihr den Vogel abnehmen: „Lass uns dem Kleinen etwas zu essen suchen und den Flügel schienen.“ Doch sie drehte ihn weg: „Erst ziehst du dich um und trocknest dich ab! Der wird in der Zeit nicht verhungern!“ Ich musste lachen: „Es ist alles ok. Wirklich, hehehe!“ „Nein, nein, nein!“, sie tippte mir energisch vor die Brust: „Umziehen! Jetzt!“ Ich hob mich ergebend die Hände: „Ok, wenn du drauf bestehst. Hehe!“ „Pronto!“ Hinter der Türe pellte ich mich aus meinen nassen Klamotten. Sie klebten unangenehm an meiner Haut. Mit einer hochgezogenen Augenbraue stand ich vor meiner Garderobenstange mit dem einsamen Regalbrett darüber, wo sich meine ganze Kleidung befand. Viel davon hatte ich jetzt nicht und nur wenig davon war mir gerade gemütlich genug. Mein gemütlichstes Assembler tropfte halt gerade über der Couchlehne so vor sich hin. Also griff ich eine - ich meine Ron nannte sie Jeans - und ein T-Shirt. Der blonde Shinigami hatte mir die beiden Teile mal gegeben falls ich mal 'nicht mehr aussehen möchte wie von vorvorvorvorvorgestern'. Respektloser Bengel: 'Freue dich auf dein Training, hehe!' Für den Moment funktionierte es. Es war trocken und gemütlicher als Hemd und Anzugshosen. Nachdem ich mir die Haare in einen Zopf gebunden hatte, ging ich zurück zu Skyler und unserem kleine Findelkind. Das Mädchen schaut zu mir und verstummte prompt. Sie starrte mich irritiert an. Dann fing ihr Gesicht an zu leuchten. Auch der kleine Rabe tat nichts und starrte mich an. Ich zog die Augen kaum merklich zusammen: 'Spiegelt er gerade ihre Gefühle?' Eigentlich machten das Raben nur bei einer speziellen Art von Menschen. Doch der kleine Vogel hatte Sky sofort akzeptiert und nun schien er ihr 1:1 nachzufühlen. Interessant. 'Könnte es sein, dass....?' Ich entschied mich den Gedanken erst zu formulieren, wenn ich ihn bejahen oder verwerfen konnte: „Was hast du? Hehe?“ „Ähm nichts...?“ „Du bist ganz rot im Gesicht. Sag nicht du hast schon wieder Fieber?“, streckte ich meine Hand zu ihr, doch sie wedelte sie weg: „Nein, es ist nur warm hier drin!“ „Soll ich ein Fenster aufmachen?“ „Du trägst nur ein T-Shirt!“ „Und? Schlimm? Hehe!“ „Öhm nein... nein... es... ähm steht dir“, ich legte den Kopf schief und sie drehte den Kopf weg wie vom Blitz getroffen. Der kleine Vogel versteckte sein Gesicht unter dem heilen Flügel: „... A-a-aber nicht, dass du frierst... Ich meine, äh, du, du bist nass geworden... ich nicht!“ „Ehehehehe! Danke, danke. Sollte ich das öfter tragen“, verstand ich ihre Worte und musste sie mit ihrer offensichtlichen Verschämtheit ein bisschen ärgern. Anderen Komplimente zu machen war ein netter Zug und nichts zum Schämen. Ich fühlte mich in den ungewöhnlichen Kleidern ein bisschen besser, doch meine Lieblingsstücke werden sie wohl nie. Sky kraulte rastlos das Vögelchen. Es 'opferte' sich: „Scho... schon... wie gesagt... es steht dir...“ „Ich überlege es mir, ahehehehehe! Wenn ich dann öfter Komplimente von schönen Frauen bekomme.“ Der kleine Vogel in ihrer Hand fiel einfach um. Ich unterdrückte mein Lachen. Fühlte sie sich gerade so? Wie pläsierlich! „Tihhihi! Und mache dir um mich keine Sorgen. Ich friere nicht“, öffnete ich das Fenster. Die Präsenzen rauschten immer noch vor dem Fenster, doch das Grollen war fern genug. Ich nahm den kleinen Vogel. Er war zu schwach um Skylers beinah Herzinfarkte weiter zu verkraften: „Armes kleines Ding. Du bist ja halb tot.“ Es fiepte. „Dann wollen wir dich mal auf Vordermann bringen“, setzte ich mich an meinen Tresen und den Vogel vor mich. Ich zerbrach einen Bambusstock, die ich eigentlich für Blumengestecke und grünen Grabschmuck benutzte und holte eine Bandage hervor. Sky lehnte sich ebenfalls auf den Tisch: „Kannst du das?“ „Joa“, tastete ich giggelnd den Flügel ab. Die Knochenteile hatten sich übereinander geschoben. Heilten sie so wäre das Tier auf ewig verkrüppelt: „Ist nicht so kompliziert. Hehe. Es tut mir leid, mein geflügelter kleiner Freund, aber das wird ein bisschen wehtun.“ Ich zog an dem Vogel und knackend schob sich der Knochen in die angestammte Position. Natürlich tat es weh und der Vogel protestierte laut. „Was machst du?!“, litt Sky mit dem Tier. „Seinen Flügel richten. Ahehehe. Oder soll er so schief zusammen wachsen?“ Sie musterte mich und das Tier fürsorglich und ich kraulte bedächtig seinen kleinen Schnabel: „Shhhh mein Kleiner, hehe. Jetzt ist es vorbei.“ Der Vogel wurde ruhig, wohl erkennend, dass ich gerade half und ich schiente seinen kleinen Flügel. Dann zerkrümelte ich ihm einen Keks auf der Tischplatte. Es wurde heikel. Verweigerte der Vogel das Essen konnte ich doch nichts für ihn tun. Nachdem er aber das Futter angenommen hatte, zerkrümelte ich ihm erleichtert einen Zweiten. Der Dritte wanderte in meinen Mund: „Hmmm...Er brauch einen Namen...“ „Merkenau!“, rief Sky ohne zu zögern. Ein Lächeln flog auf mein Gesicht. Sie war also belesen. So, so: „Wie in Goethes Fabel 'Fuchs Reineke'? Hehe! Grandiose Idee! Aber war Merkenau nicht die Krähe?“ „Ja schon...“, antwortete sie: „Aber der Rabe heißt Pflückebeutel. Das klingt ziemlich dämlich und naja... Krähen und Raben sind Artverwandte, also...“ Ich nickte amüsiert: „Wo du Recht hast. Gut: Willkommen kleiner Merkenau. Hehehehe! Fühl dich wie Zuhause.“ Kurze Zeit später ebbte der Sturm ab und die Präsenzen verschwanden. Ich konnte Skyler nach Hause gehen lassen. Sie verabschiedete sich und ließ mich und den kleinen Vogel zurück. Ich verstaute Skylers Bild in einen Rahmen und wischte über eins meiner Regale. Eine große Staubwolke ließ mich niesen. Dann stellte ich den Rahmen auf ein hohes Regalbrett und beschaute das Bild erneut: 'So ein kleines talentiertes Ding.' Ins geheim hoffte ich Sebastian hat seinen Zusammenstoß gut hinter sich gebracht. Ihn jetzt zu verlieren wäre ungut. Wäre Sky nicht dagewesen, wäre ich wahrscheinlich vorbei gegangen. Doch der Butler war eh nur immer beleidigt, wenn man ihm die helfende Hand reichte. Vielleicht hat er sich ein paar Trachten Prügel schon redlich verdient. Dieser eitle, alte Dämon: 'Hehe!' Kaum war Sky verschwunden probte der kleine Vogel einen Aufstand vom allerfeinsten und brachte mich - ein Wesen mit der Geduld von Jahrhunderten - an den Rand meiner Tierliebe. Irgendwann wollte auch ich schlafen und nicht, dass mich ein paar verschämte blaue Augen wach genug hielten, nein, saß auch der kleine Merkenau auf meinem Tresen und krähte und zeterte wie ein Weltmeister. Irgendwann räumte ich eine Schublade frei und warf drei Kekse hinein und eine kleine Schale mit Wasser. Dann setzte ich den Raben dazu und schob sie zu. Ich seufzte, als das Gezeter nun um einiges leiser war. Vielleicht brachte die Dunkelheit das kleine Tier endlich zum Schlafen. Auch Tierbabys missten ihre Eltern. Eigentlich wusste das kleine Tier nur nicht wo er war und hatte wahrscheinlich Angst. Dann ging auch noch meine Türe auf. Ein zerrupfter Butler kam hinein. „Sebastian?“, machte ich verwirrt: „Hehe! Wer hat dich denn durch den Wolf gedreht?“ „Claude und Hannah“, seufzte er genervt: „Ich bin aufgeflogen als ich ihre Villa beobachtete.“ Ich legte den Kopf schief. Die Steine müssen noch so viel verschluckt haben, dass ich zwei unterdrückte Präsenzen als eine gewertet hatte. Interessant!: „Nun, hehe, deine Präsenz ist auch nicht versteckt.“ Der Butler setzte sich auf einen Sarg. Sein Frack war total zerstört: „Genau da ist das Problem... Was ist das für ein penetrantes Geräusch?“ „Frag nicht“, lachte ich. Dann kam mir eine Idee: „Was wäre, wenn sie es wäre? Hehe.“ „Wenn was, was wäre?“, fragte der weichgeklopfte Butler erst. Dann ging ihm ein Licht auf: „Ah. Das würde für Chancengleichheit sorgen.“ Meine Augen wanderten zu der kleinen Kiste mit den Steinen: „Ich hätte einen für jeden. Tihi.“ Der Butler nickte: „Schaffst du es daraus ein Medaillon zu fertigen?“ Ich legte fast beleidigt den Kopf schief und verschränkte die Arme: „Also wirklich, Butler! Ist der Himmel blau? Ist das Gras grün? Welch eine dummdreiste Frage! Ahehehehehe!“ Der Butler justierte seine zerstörte Krawatte: „Hast du Nadel und Faden?“ „Hehe! Natürlich“, beschaute ich seine Wunden: „Dämonenschwert?“ „ Zwei Stück.“ „Wie viele haben sie?“ „Ich weiß jetzt von Zweien.“ Dämonenschwerter, Death Scythes und die Rapiere der Engel waren die einzigen Waffen, die wirklich effektiv gegen übernatürliche Wesen waren. Der Vorteil der Shinigami war, dass eigentlich jeder im Außeneinsatz eine Death Scythe besaß. Doch nicht jeder Engel oder Dämon hatte ein Rapier oder Schwert. Wenn sowohl Claude, als auch Hannah ein Schwert besaßen und wir sie nicht spüren konnten, wurde die Situation noch eine Spur verzwickter. Die Trancys müssen gesammelt haben über die Generationen. Ich wage zu bezweifeln, dass wir nun alle Überraschungen kannten. Drei Dämonen hatten sie schließlich noch und Sebastian besaß zum Beispiel kein Schwert. Seine Buttermesser konnte er dagegen wirklich in der Schublade lassen. „Na fein. Hehehe! Das kann ja heiter werden“, suchte ich Nadel und Faden für den Dämon heraus. Er nähte zumindest die großen Wunden und entschuldigte sich dann. Ich arbeite schon einmal an den Medaillons, da Merkenau immer noch nicht den Schnabel hielt. Irgendwann holte ich den Vogel wider aus der Schublade und setzte ihn auf den Tisch. Ich legte meinen Kopf auf den Tisch und schaute ihn an: „So läuft das nicht, kleiner Mann“, seufzte ich: „Ahehehehehe! Wenn du dich nicht benimmst, werfe ich dich raus!“ Das Vöglein verstummte und irgendwann schlief ich einfach mit den Kopf auf dem Tisch ein. Ich spürte ein Ziehen an meinen Haaren und eine dumpfe Stimme flog in meinen teerschwarzen Kopf: „Jetzt steh auf!“ Ich wedelte mit der Hand. Ich war müde: „ZZZzzzzz... narf... nüff... ZZZzzzzz...“ Ich driftete wieder langsam in mein Traumschwarz, da spürte ich etwas an meiner Nase. Ein Zucken ging durch meinen Körper: „Ha!“ Keine 3 Sekunden später wieder ein Kitzeln: „Haaaaa!“ Beim dritten Kitzeln brach der Damm: „HATSCHIE!“ Ich flog nach hinten und merkte wie ich nach hinten kippte. Mit Armen und Beinen rudernd war ich sofort wach: „Woah! WA!“ Alle Bemühungen waren vergebens. Ich kippte mit dem Stuhl nach hinten und bunte Sternchen flogen durch meine Welt, als ich mit dem Kopf auf dem Boden aufschlug. Die Beine kippten mir übers Gesicht und alles drehte sich. „Alles ok?!“, fragte eine Stimme. 'Sky?', ich schaffte ein Lachen, während mein Kopf noch vor sich hin pochte: „Ahehehehe! Wie gemein du bist!“ Ich kippte die Beine nach vorne und stand auf. Und tatsächlich: Hinter meinen Tresen stand Skyler und wirkte ansatzweise belustigt: „Neben dir könnte auch eine Bombe explodieren, oder?“ Ich streckte mich und gähnte müde: „Ich hab nicht gut geschlafen. Der kleine Piepmatz hat ein riesiges Theater gemacht...“ Ich kratzte mich am Hinterkopf und fuhr mir müde durch die Haare, doch schnell blieben meine Finger stecken. Ein Ziehen surrte durch meinen lädierten Kopf und durch meine trägen, noch halb schlafenden Gedanken: „Was zur...?!“ Skyler kicherte leise: „Es scheint als habe sich Merkenau ein kleines Nest in deinen Haaren gebaut.“ „Was?! Bitte?! Das ist nicht dein Ernst!“, ich wischte mir den Pony aus dem Gesicht um ihres zu studieren. Sie veräppelte mich oder? Doch sie wirkte amüsiert, aber ehrlich: 'Das ist jetzt ein schlechter Scherz...' Die Belustigung des Mädchens hielt an: „Ähm... Hihi! Doch.“ Skys Amüsement und Gekicher zündete wieder diesen warmen Funken an, doch der Piepmatz nervte mich gerade ein wenig: „Oh man...“ Ich konnte versuchen was ich wollte. Meine Haaren waren vollkommen verknotet und unterbreiteten mir diese Tatsache schmerzvoll und unmissverständlich, als ich mit den Fingern hindurch wollte: „Narf! Verdammt!“ Skyler lachte, doch stellte sie sich hinter mich: „Zeig mal.“ Obwohl ich ihr den Hinterkopf zudrehte knuffte sie mich in die Kniebeuge: „Du muss schon in die Knie gehen. Ich bin klein!“ Mit einem Lachen folgte ich. Sie untersuchte kurz meine Haare und seufzte dann: „Ach du heiliges. Hast du eine Bürste?“ „Natürlich.“ „Dann hol sie. Ich schau was ich retten kann.“ Ich holte flott eine Bürste aus dem Bad und setzte mich auf eine Sarg: „Das musst du nicht machen, ich krieg das schon alleine hin. Hehehe!“ Doch Sky nahm die Bürste und versuchte sich dann als Retter für meine Frisur: „Aber so geht es einfacher, oder?“ Ich lachte: „Definitiv, definitiv. Hehe.“ Die Tortur dauerte fast 25 Minuten. Es zog und zerrte. Zippte und riss. Doch ich blieb stumm. Obwohl meine Kopfhaut irgendwann ganz unangenehm brannte, huschten die geschickten Finger des Mädchens so angenehm durch meine langen Haare. Ein komisches Gefühl von Wohligkeit und Frieden legte sich auf mein Gemüt. „Hmmmm“, machte es irgendwann: „Ich komm nicht durch. Ich glaub wir müssen deine Haare abschneiden.“ „WAAAAAAAAAAAS?!“, ich sprang auf sobald das Gesagte verarbeitet war. Ich brachte dafür keine Sekunde. Schützend umklammerte ich meine Haare. Sie waren mir heilig! Ich stellte sie nicht über alles andere, aber wenn es sich verhindern ließ kam ihnen sicher keine Schere zu nah! Sie waren eins meiner Markenzeichen: „Bist du denn des Wahnsinns?! Lass meine Haare in Frieden, du arme Irre! Ich warne dich!“ Sky schaute mich einen Moment an und krampfte sich dann nach vorne. Eine Hand um den Bauch, die andere vor dem Mund begann sie so wunderbar glockenhell zu lachen. Tränen rannen über ihr Gesicht und ihr Lachen verschwand in unhörbare Höhen. So sehr ich dieses Lachen auch mochte, es geschah etwas sehr seltenes. Eigentlich hatte es Premiere, was mich insgeheim zutiefst verstörte: Ich verstand den Witz nicht. Ich hatte keinen Schimmer worüber sie lachte. Wir hatten über meine Haare geredet und dann...: 'Nein!' Die Erkenntnis traf mich wie ein Schlag ins Gesicht. Ich befühlte meinen Hinterkopf: Alle Knoten waren raus gekämmt. „Wie geil!“, japste sie schrill: „Dein Gesicht! Hahahaha!“ Sie hatte mich veräppelt! Sie hatte mich erfolgreichst reingelegt! Nach allen Regeln der Kunst! 'Das gibt Krieg, hehe! Lege dich nicht mit dem Meister an!' „Hehehe“, lachte ich dunkel. Es kroch tief aus meiner Kehle und ließ sie vibrieren: „Du raffiniertes, kleines Miststück!“ Sky erstarrte. Ihre Augen waren weit aufgerissen und sie wurde leichenblass: 'Hehe!' Ich bog ihren Kopf etwas rabiater nach oben, doch war ich bedacht ihr nicht weh zu tun, als ich meinen anderen Handrücken in die Hüfte stemmte und meine Wirbelsäule straffte. Sie knackte. „Hey!“, rief sie aus, doch dann erstarrte sie wie eine Maus, die der Schlange in den Schlund schaute. Ich genoss die Früchte meiner Rache ein wenig: „Hehehehe! Hast du Spaß?“ Sie begann in meiner Hand zu zittern. „Hm?“, trieb ich das Spiel ein wenig weiter. Paniktränen standen in ihren Augen: „I- Ich...“ Ich schloss meine Augen und zog meine Mundwinkel in die gewohnten Falten, als ich lachte. Das Spiel ging weit genug. Dass sie anfing zu weinen, wollte ich nicht: „Ahihihihihhihi! Mein Gott! Schau nicht so!" Fassungslos starrte sie mich an, als ihr aufging, dass ich sie ebenfalls verschaukelt hatte. Ich tippte ihr auf die Nasenspitze: „Ahehehehe! Angeschmiert!“ „Du Arschloch!“, boxte sie mir aufgeregt in den Bauch. „Uff“, ging ich überrascht mit dem Oberkörper ein Stück nach vorne. Die Kleine kann ja richtig aufmüpfig werden: 'Steht ihr! Hehe!' Doch wusste sie nicht, dass ich ein gut trainierter Kämpfer war. „Au!“, folgte es auf den Fuß und sie wedelte mit ihrer Hand. Ich lachte und richtete mich wieder auf: „Wer austeilen kann, muss auch einstecken können. Ehehehehe!“ „Du! Du! Du!“, machte sie unsortiert und irgendwie tief erschüttert. Vielleicht war es doch ein wenig zu viel des guten gewesen. Ich unterschätzte meine Augen manchmal doch, weil ich sie immer versteckt hielt und die Leute so nicht auf sie reagieren konnten: „Das war der totale Killerblick! Ich hab gedacht ich muss sterben!“ „Wuhuhuhu! So dramatisch war es nun auch nicht.“ „Willst du mich eigentlich verarschen! Mir ist das Herz in die Hose gerutscht!“ „Ja, mir auch!“, ich fuhr mir absichtlich eitel durch die Haare: „Weißt du wie lang ich die wachsen lassen musste?“ Sie rieb sich die pochende Hand. Ich nahm sie mir lachend: „Das kommt davon, wenn man gleich handgreiflich wird, hehe.“ Dann pustete ich über ihre roten Finger. Ich schaute zurück in ihr mittlerweile satt rotes Gesicht: „Geht es?“ Sie nickte überfordert: „Passt schon.“ Ich ließ von ihr ab und zog ihr ohne zu fragen den dicken Poncho aus: „Warum ziehst du ihn eigentlich nie aus, wenn du reinkommst? Hehe!“ „Nun ja... ich hab's einfach vergessen...“ Mein Blick blieb kurz auf ihr hängen. Sie trug eine fast verruchte Kombination aus Netz und Schwarz. Es stand ihr. Es war ein bisschen elegant und ein bisschen urban. Ich zwang mich sie nicht weiter zu bemustern und hing ihren Poncho an meine kleine Garderobe. Danach stellte ich meinen Stuhl wieder hin. Merkenau musterte uns vom Schreibtisch aus. Er hatte sich einen Keks zum Frühstück erobert. Dann fiel mir eine fremde Tasche auf. Ich hob sie an und wollte schauen zu wem sie gehörte. Nicht, dass Sebastian irgendwas vergessen hatte, was vielleicht wichtig war. „Das... das ist meine“, sagte Sky zögerlich. „Oh“, ließ ich den Beutel sinken, bevor ich reingeschaut hatte. „Nein nein“, sie kam zu mir und wirkte wieder ein bisschen zögerlich: „Das... da drin ist für dich.“ „Für mich?“, mit schiefem Kopf musterte ich den Beutel: „Warum?“ „Ein kleines Dankeschön... Du hast mir in letzter Zeit so oft geholfen. Da... da dachte ich, ich sollte mich erkenntlich zeigen... Ich hoffe, sie... schmecken dir...“, wurde sie wieder so prächtig rot. „Schmecken?“ „Schau rein...“ Ich griff in den Stoffbeutel, erfühlte etwas aus Plastik und zog es heraus. Meine Augen wurden größer, als ich auf das große Päckchen voll Gebäck schaute. Sie sahen prächtig aus und aufwendig! Und das sollte für mich sein? Wieso? Ich schaute ein wenig überfordert und über alle Maßen berührt zwischen Sky und dem Gebäckbeutel hin und her. Der warme Funken wurde ein heißes Flackern: „Hast du die selber gemacht?“ Sie nickte kurz: „Mit Hilfe... aber ja... Deswegen sehen sie nicht ganz so toll aus.“ 'Nicht so toll?! Wie bitte? Skyler, du kleines, komisches Mädchen!' Das Flackern in Brust und Bauch zogen meine Mundwinkel weiter nach oben und ich lachte warm: „Wow. Hehe! Nicht ganz so toll? Die sehen herrlich aus!“ Sie drehte ihr rotes Gesicht weg: „Ach... du musst es nicht schön reden...“ Mit Zeige- und Mittelfinger drehte ich ihr süßes Gesicht zu mir: „Ich rede nichts schön.“ Sky schaute mich einen Moment stumm an. Ich schaute zurück. Die Zeit ran mir aus den Fingern. Gerührt von der lieben Geste, erschüttert davon wie schlecht Skyler sie darstellte. Selbst, wenn die Teilchen aussehen würden wie Grell nach dem Aufstehen, würde es die Wärme nicht im Geringsten mindern. Der Gedanke war bezaubernd! Die hineingesteckte Mühe war spürbar! Mein Herz hüpfte komisch auf und ab. Das Gefühl irritierte mich im hohen Maße, doch wurde mein Grinsen nicht kleiner: „Tihi! So viel Mühe hat sich noch nie jemand für mich gemacht.“ „Echt... Echt nicht?“, wirkte sie verwundert. Ich schüttelte grinsend den Kopf: „Es ist auch nicht nötig. Eigentlich helfe ich gerne. Hehe.“ 'Und die Leute mussten halt bezahlen. Auch du bezahlst mich ständig. Du weißt es nur nicht! Im Leben gibt es nichts umsonst.' Das dünne Mädchen kratzte sich am Hinterkopf: „Es sollte nur eine kleine nette Geste sein...“ „Na, das ist dir gelungen! Ich bin überwältigt!“, rief ich aus. Und das war auch so. Sie hatte mich damit vollkommen unerwartet und auf eine Art und Weise erwischt, die ich... einfach nicht kannte. „Du... Du hast sie doch noch gar nicht probiert...“ „Na. Die sind auch fast zu schön zum Essen. Thihi.“ „Dann hätte ich mir aber die ganze Mühe umsonst gemacht.“ „Touché“, ich nahm die Schleife: „Darf ich wirklich?“, wollte ich mich noch einmal rückversichern. „Klar! Es sind deine! Ich hoffe sie schmecken dir!“ Ich öffnete das Päckchen und die Folie offenbarte mir einen Geruch nach Zucker, Zimt und Schokolade. Ich steckte ein Teilchen in den Mund und kaute. Sie waren süß. Ich kannte das Gebäck von Charlie, doch ihre Version schmeckte um Längen besser. Ich wollte fast behaupten sie waren mit einer großen Portion Liebe gebacken worden. Auf jeden Fall mit viel Passion. Irgendwie hörte sich das Wort 'Liebe' auf eine ganz komische Art und Weise merkwürdig an. Ich schaute Sky an, als der süße Geschmack nach Zucker, Zimt und Zartbitterschokolade meine Lippen hochzog und in meinen Augen leuchtete. „Die sind fabelhaft!“, kaute ich reichlich unmanierlich: „Hinreißend! Die sind einfach unglaublich!“ Man sah ihr ihre verhaltene Freude an. Das Mädchen war kein Typ für sprudelnde Emotionen, doch ich sah, dass es ihr wichtig war, dass es mir schmeckte. Und das tat es! „Schön, dass sie dir schmecken“, lächelte sie wunderbar. Mein Herz hüpfte von links nach rechts und wieder zurück. „Und die sind sicher alle für mich?“, fragte ich ungläubig. Sie lachte mir so herrlich glockenhell entgegen: „Ja, die sind alle für dich.“ Ich musste mit lachen: „Du meinst es gut mit mir!“ Dann hielt ich ihr eins hin. Doch Skyler schüttelte den Kopf: „Das sind dei...?!“ Beiläufig erstickte ich ihren Protest mit Gebäck: „Zusammen Essen schmeckt aber besser.“ Sie lachte kauend und ich musste einfach mit machen. Als sie gegangen war, blieb ich mit einem Berg von Gebäck und einem hin und her hüpfenden Herzen zurück. Meine Gefühle schlugen hohe Wellen und die ganzen Begegnungen mit der junge Skyler rasten in mir auf und nieder und lösten so viel gleichzeitig in meiner alten Seele aus. Ich kannte nichts davon. Skyler kam täglich vorbei. Sie war mir ein immer gern gesehener Gast. Es war das erste Mal, dass ich mit meiner Arbeit in Zugzwang geriet. Wenn das Mädchen mich besuchte, ließ ich meine Gäste in ihren Fächern und auch Holz und Steine ließ ich Holz und Steine sein. Es freute mich, dass sie so viel Freude an dem kleinen Raben fand. Die Beiden waren ein Herz und eine Seele und auch ich gewann das treue Tier stetig lieb. Auch der kleine Merkenau gewöhnte sich bei mir ein und ließ mich schlafen, wenn ich meine Nachtschichten beendet hatte, die ich einlegen musste um die tagsüber ignorierte Arbeit zu erledigen. Nur wenn eine Beerdigung anstand verblieb das Mädchen allein mit dem Vogel in meinem bescheidenen Laden. Ich hielt meinen Zeitplan trotz allem. Auch die Medaillons bekam ich fertig. Das Material dafür hatte ich sehr früh morgens besorgen müssen. Des Weiteren feilte ich noch an Skylers Geburtstagsgeschenk. Langeweile hatte ich wirklich nicht und es war gut so! Selten fühlte ich mich ausgelasteter! Jedes Steinmedaillon bekam die Form eines Pentagramms. Dem traditionellsten Schutzzeichen, das es gab. In die Streben arbeitete ich etliche andere schutzbedeutende Symboliken aus aller Welt ein. Dem Zufall überließ ich nichts. Dinge, die an Auren und Präsenzen wirken, mussten funktionieren oder sie bringen das Wesen aus dem Gleichgewicht. Das kann übel enden. Jedes Einzelne überzog ich mich Silber. Ihm wurde im Okkultismus Schutz und Reinigung zu gesagt. Des Weiteren bekam jede Kette kleine Steine, die dem Zodiac des späteren Besitzers entsprach, zwischen die Streben gesetzt: Serpetin für Amber Malachit für Skyler Roter Jaspis für Frederic Rubin für Lee Aquamarin für Charlie Amazonit für Frank Tansanit für Alexander Honigcalcit für Heather Bei Sebastian und den Shinigami stand ich vor einer Aufgabe. Sie hatten keine Sternzeichen und auch keine Verbindung zur Astrologie. Also wählte ich für Grell, Ronald, William und mich Granat, da er im viktorianischen England gerne als Grabschmuck verwendet wurde und so einen Todesaspekt innehatte. Für Sebastian hatte ich etwas ganz Besonderes: Ich war vor Jahrzehnten mal an Höllenstein gekommen. Gestein entsprungen der Hölle selbst. Es war kein großer Brocken, doch ich opferte das meiste davon für das Medaillon des Dämons. Er wird mit ihm wunderbar harmonieren. An den Ketten verbrachte ich mehrere Abende. Umso stolzer war ich, als ich fertig war und sie verteilen ging. Die Idee war schon durch Sebastian an die Anderen getragen worden. Sie stieß vor allem bei Alex auf Anklang, der um seine leibliche und vererbte Familie mehr als besorgt war. Denn das waren die Aristokraten des Bösen und die drei Shinigami mittlerweile: Eine Familie. Mit allen Höhen und Tiefen. Doch jeder war akzeptiert. Egal, wie schräg oder schwierig er war. Untereinander hielten wir viel von den Anderen und allen Verschrobenheiten, die ihn ausmachte. Wir hielten eng zusammen, gegen alles und gegen jeden. Auch wenn es die ganze Welt oder das Schicksal selbst sein sollte. Denn diese Menschen und Wesen, hier und jetzt, auf diesem Fleck: Das war Schicksal. Und dieses Gefühl blieb mit jeder neuen Generation. Im Büro der Shinigamis traf ich prompt auf William. Er wollte mich schleunigst wieder loswerden. Bearbeitete mich mit Vorschriften und Paragraphen. Ich drohte im Stehen einzuschlafen. Also tat ich ihm, oder eher mir, den Gefallen schnell ihr, und eigentlich auch mein Reich, wieder zu verlassen. Ich gab William die drei Ketten. Er verstand ihren Nutzen und wird sie zuversichtlich an Ronald und Grell weiterreichen. Die Shinigami hatten als letztes Lust in einer Falle der Trancys zu landen. Ich schritt zurück in die Menschenwelt und erwehrte mich einem kurzen Anflug von Heimweh: Die Welt der Shinigami... War sie meine? Oder war sie es nicht mehr? Manchmal kam ich ins Stocken bei der Frage wo ich hin gehörte. Doch die Antwort, die kannte nach all den Jahren nicht mal mehr der Wind. Lee besuchte ich rasch im East End. Der geschäftige Jungunternehmer war eigentlich unpässlich, nahm aber die Kette mit den roten Steinen dankbar entgegen. Charlie und Frank fand ich bei den Phantomhives, wo ich auch bis auf 2 alle Ketten loswerden konnte. Auch Sebastian sah nicht mehr ganz so zerstört aus. Man merkte, dass der Dämon an seiner Rache feilte. Fred berichtete mir, dass Amy wieder im Wohnheim bei Skyler war. Nachdem mich Alexander zum Mittagstee eingeladen und wir uns ein paar Runden gepflegt unterhalten hatten, machte ich mich auf den Weg zu den beiden Mädchen. Zu den beiden Mädchen zu kommen war allerdings auch die größte Kunst an diesem sonnigen Oktobermittag. Durch die Türe würden mich die Lehrerinnen nicht lassen. Aber wo Gott eine Türe schließt, öffnet der Teufel ja bekanntlich ein Fenster! Also hockte ich in der großen Trauerweide, die Brille auf der Nase, und beschaute die Mädchen durch ihr Wohnzimmerfenster. Skyler wirkt in den letzten Tagen so herrlich entspannt. Auch jetzt war es eher Amy, die ein wenig zerrupft wirkte. Alex erzählte schon, dass Sebastian ein bisschen seine Aggressionen an ihr ausgetobt hatte. Nicht, dass es dem Dämon gereicht hätte. Unter der glatten Maske schäumte er vor Wut! Der Anblick war herrlich! Die Mädchen führten ein nicht ganz so entspanntes Gespräch. Ich hatte gute Ohren, aber durch die dicken, alten Wände drang kein Ton zu mir. Dieses Mal blieb ich wohl unwissend. Fürs Erste. Irgendwann verschwand Amy. Skyler stand mit ihrem Rücken zum Fenster und schüttelte, die Hände in die Hüften gestützt, den Kopf. Ich balancierte auf das vordere Ende eines Astes. Mit einem Tippen meines Fingers schwang das Fenster auf: Quiiiiiieeeeeeeeetsch! Die kleine Sky begann in ihrer dünnen Kleidung zu frösteln. Sie schaute sich perplex im Zimmer um. Obwohl ich ihre Mimik nur halb erhaschte brachte sie mich zum Kichern. Ich entschied mich spontan zu einer kleinen Racheaktion für die Sache mit meinen Haaren und zog mich stumm kichernd in das dichte Blätterwerk der Weide zurück. Zögerlich streckte das hübsche Ding ihre bleiche Nase aus dem Fenster. Auch hier suchte sie relativ ratlos nach der Ursache des plötzlich offenstehenden Fensters. Die skeptische Verwunderung auf ihren dünnen Zügen verlangte mir eine Menge Selbstbeherrschung ab. Doch ich hielt es zurück, bis sie kopfschüttelnd das Fenster wieder geschlossen hatte. Kichernd huschte ich wieder auf die Spitze des alten, dicken Astes. Das junge Ding beugte sich zu einem Kühlschrank. Ich kicherte schelmisch. 'Einmal noch!', tippte ich wieder gegen das Fenster: Quiiiiiieeeeeeeeetsch! Als sie ungläubig zu dem Fenster schaute, verschwand ich wieder leichtfüßig zwischen den Schatten der Blätter. Sie streckte sich halb aus dem Fenster. Ich hatte fast Sorge sie fiel heraus. Ihr Blick fiel in meine Richtung. Ich dachte erst sie hatte mich entdeckt, doch war es nur der Wind der die Blätter rascheln ließ und ihre Aufmerksamkeit auf den Baum lenkte. Sie konnte mich auch nicht bemerken. Ich trug drei der Steinmedaillons bei mir und war geübt darin in Schatten zu verschwinden. Wollte ich es nicht, fand mich niemand. „Ich brauch 'nen Kaffee...“, hörte ich sie seufzen und sie schloss das Fenster wieder. Ich sah sie durch die Scheibe am Fenster rütteln um sicher zu gehen, dass es nun geschlossen war. Ich konnte einfach nicht anders: Quiiiiiieeeeeeeeetsch! 'Nochmal!', verschwand ich ein drittes Mal. Der verdutzte Gesichtsausdruck der jungen Dame war goldwert! Ich drückte die Hand vor den Mund um mein Lachen zu ersticken und sah durch die Blätter wie sie das Schloss des Fensters einer genauen Untersuchung unterzog. In ihrem Gesicht stand die pure Erklärungsnot als ihr aufging, dass mit dem Fenster alles in bester Ordnung war. Sie schloss es und der Wind nahm mein leises Kichern mit sich. Skeptisch stand die schöne Brünette vor dem Fenster und beschaute es in einer einzigartig, skeptischen Ideenlosigkeit. Ich sah selbst auf die Entfernung und die Fensterscheibe die Gedanken hinter ihren Augen rattern. Mit einem Seufzen ging sie zurück zu ihrer Kaffeemaschine. Mir den Rücken zugewandt nippte sie an ihrer Tasse. 'Man dreht einem widerspenstigen Fenster doch nicht den Rücken zu! Hehehehehe! Du wärst keine gute Besetzung für einen Horrorfilm!' Quiiiiiieeeeeeeeetsch! „Was?!“, hallte es durch das Loch in der Wand, als ich mich wieder versteckt hatte: „Das gibt's doch nicht!“ Sie stand eine Zeitlang wie angewurzelt im Raum. Ich wackelte auf meinem Ast mit den Beinen, als ich die Hand so fest ich konnte vor meinen Mund drückte um mein Lachen unter Kontrolle zu halten. Dieses Gesicht: 'Ahehehehehehehe!' Zögerlich stand Sky nach ein paar Minuten wieder im Fensterrahmen. Da erschien Amy in der Tür: „Du Frostbeule lüftest bei diesen Temperaturen?“ Skyler fuhr erschrocken herum. Ich atmete tief durch, brauchte aber noch ein bisschen um das penetrante Giggeln loszuwerden. Das junge Ding atmete einmal durch. Sie zitterte ein wenig: „Das Fenster geht immer wieder auf. Es muss kaputt....“ Ich balancierte wieder über den Ast und schwang mich lautlos in die Hocke in den Fensterrahmen. Die kleine Skyler bemerkte mich nicht. Amy sah mich allerdings sehr wohl: „Geh vom Fenster weg und mache keine hastigen Bewegungen.“ „Amy?“, Sky klang, als erwartete sie den Leibhaftigen hinter sich. Ich gab zu, dass Amys Ausspruch wirklich nicht gerade dazu beitrug sie zu beruhigen. Sollte es auch nicht: Ich wusste wie schadenfroh die junge Phantomhive war. Ich legte einen Finger an meine Lippen und grinste. Amy grinste zurück und hielt Skyler fast lachend eine Hand hin: „Komm einfach schnell her.“ Das Mädchen reagierte aus irgendeinem Grund nicht. Ich konnte selbst an ihrem Rücken sehen wie erstarrt sie war. Mit spitzen Fingern fuhr ich durch das seidenweiche Haar. Mein Karma fand mich und traf mich hart. Das Mädchen schrie als ob man sie gerade aufspießen würde. Ich wollte anfangen zu lachen, da nahm die ganze Sache eine doch eher... ungeplante Wendung. Ein dumpfer Schmerz gefolgt von vielen, vielen bunten Sternchen fuhr durch mein Gesicht. Vollkommen überrascht flog mein Kopf nach hinten. Mein Oberkörper folgte. Ich wurde mir dem Unvermeidbaren noch bewusst und kämpfte mit rudernden Armen dagegen an, als ich das Gleichgewicht verlor. Doch die Schwerkraft war ja bekanntlich der Feind allem Bösen. Ich sah noch Skylers geschocktes Gesicht durch die vielen bunten Sterne. Dann griff die Kleine mein Tuch um mich von meinem Abflug zu retten. Ich wusste wie leicht sie war. Retten tat sie niemanden. Sie stürzte höchsten mit mir ab. Also drehte ich meinen Hals so, dass mir das Tuch von Körper rutschte und beging meinen Absturz alleine. Mir wird nichts geschehen. Sie hätte sich schrecklich verletzen können. Hinter mir ging es acht Meter in die Tiefe. Die Welt schlug vor meinen Augen Purzelbäume, als ich die Hauswand entlang hinunter purzelte. Hut und Brille fielen von meinem Kopf. Bis hier stimmte ich meinem Karma zu: Das hatte ich wahrscheinlich verdient. Der Rosenbusch, der mich so liebevoll mit seinen dornigen Ärmchen fing, der stand zur Diskussion. Grüne Blätter wackelten vor meinen Augen, als ich unsanft auf dem Boden angekommen war und sich die Dornen der biestig schönen Pflanze in meine Kleider harkten. Trotz allem: Ich musste lachen als ich mir bildlich vorstellen konnte wie schön dämlich mein Abflug gewesen war. Selbsthumor war eine Kunst, die ich genauso perfektioniert hatte wie Schadenfreude. „Undertaker!“, hörte ich eine helle Stimme durch mein Lachen näher kommen. Der zurückgehaltene Anfall ergriff mich als ich mich Skys perplexen Augen erinnern musste: „Amy! Ruf einen Arzt!“ Mein Lachen wurde schriller. Bei mir half auch kein Arzt mehr! Licht fiel durch die Zweige und meine geschlossenen Lider. Ich öffnete nur eins davon und schaute in zwei endlos besorgte Augen, umrahmt von feinen, braunen Haaren. Sie schimmerten ganz wunderbar mit der Sonne im Rücken. Ihr geschwungener Mund klappte ein Stück auf, als sie realisierte, dass ich lachte. „DU TROTTEL!“, schrie sie auf einmal. Damit hatte ich nicht gerechnet: „ICH HABE MICH ZU TODE ERSCHRECKT WEGEN DIR!“ „Ich weiß. Ahehe!“, 'Das war der Plan', setzte ich in meinen Gedanken hinzu. Sie schüttelte den Kopf als ich mich in den Sitz schwang: „Dein Gesicht war ein weiteres Mal hinreißend, liebe Sky.“ Noch unerwarteter als der laute Ausruf waren ihre zarten Hände in meinem Hemd, die mich vor und zurück warfen: „ICH GLAUB DU HAST SIE NICHT MEHR ALLE! WEIßT DU EIGENTLICH NOCH WO DER FROSCH DIE LOCKEN HAT?! ICH HÄTTE DICH FAST UMGEBRACHT!!“ „Aheheheheheheheheehehehehehehehehe!“, war ich wie immer nicht geschickt darin mich meinen Amüsement zu erwehren: „Aber nur fast!“ Sie zog wieder ihre geschwungene, dünne Braue hoch: „Bitte?!“ Voller Vorfreude streckte ich meinen Zeigefinger aus, doch das Mädchen hielt mich mit ihrem eigenen auf und beugte sich zum ersten Mal selbstständig in mein Gesicht. Mein Herz ratterte plötzlich furchtbar in meiner Brust. Ich hatte in meinem Leben noch nie Herzrasen gehabt. Egal, wie gefährlich oder erfreulich eine Situation gewesen war: Der Takt meines Herzens war beständig gewesen. Doch die besorgte Wut der jungen Künstlerin brachte es aus seinem Rhythmus: „Wenn du meine Augenbraue nicht in Frieden lässt, werde ich dich irgendwo festbinden, mir eine Pinzette schnappen und dir jedes Härchen deiner Eigenen einzeln ausreißen. Haben wir uns verstanden?“ 'Ohohoho! Sei vorsichtig, was du dir wünschst. Hehehehe!', lachte ich in mich hinein, ein bisschen überrascht von dieser doch arg sadistischen Drohung. Es sollte eigentlich in meinen Gedanken bleiben, doch es gelang nicht. Ich brachte mein eigenes Gesicht zu ihrem und lachte weiter durch meinen geschlossenen Mund, während ich sie mit einem Auge durch einen Spalt in meinen Pony fixierte. Ich wollte nicht einen ihrer geschwungenen Züge verpassen, wenn sie das hörte was folgen sollte: „Oh, natürlich habe ich das verstanden. Aber vielleicht sollten wir nochmal darüber diskutieren was nach dem Festbinden alles folgen sollte. Hehe.“ Sie leuchtete sofort auf wie ein chinesischer Lampion. Perplex fiel sie zurück und löste unsere verschlungenen Finger: „WAS?!“ Ich seufzte. So ganz ohne Ernst war das Gesagte nicht gewesen. Der Gedanke mit ihr in einem kuscheligen Sarg zu verschwinden war jetzt nicht der Schlechteste: „Mein Gott, bist du prüde.“ „Bitte?!“, rief sie schrill und vollkommen aus dem Häuschen. Ich lachte. Zumindest ihre Reaktion war so herrlich pikiert, dass sie mich zu genüge unterhielt. Nachdem ich mich endlich erhoben hatte, klopfte ich mir Sand und Dornen aus dem Mantel. Ich grinste das immer noch auf dem Boden lehnende Mädchen an: „Du solltest ganz dringend die Idee loswerden ich sei ein kleines Unschuldslamm, liebe Skyler“, und verließ dann mit einem ausladenden Schritt und rümpfender Nase den Busch: „Aber dein rechter Harken ist ganz passabel, das muss man dir lassen. Hehe!“ „Du hast jetzt vollkommen den Verstand verloren, oder?“ „Ahwuwuwuwu! Nein, das habe ich schon länger. Noch nicht aufgefallen?“ Sie stand mit verschränkten Armen auf: „Was sollte die Aktion?!“ „Du hast doch von festbinden angefangen“, ritt ich noch ein bisschen auf der, ihr mehr als nur augenscheinlich peinlichen, Situation herum. Sie wandte den hochroten Kopf hin und her: „Nicht das! Und das habe ich doch nicht ernst gemeint!“ „Schade. Ich schon“, antwortete ich wie immer vollkommen wahrheitsgemäß belustigt. Sie starrte mich kurz an und drehte sich dann hastig weg: „Lass das verdammt!“ Ein weiterer Lachanfall kam über mich. „Hahaha! Ich frage mich gerade wer hier wenn fast umbringt“, gesellte sich dann die junge Phantomhive zu uns. Ich grinste das Mädchen breit an, das ich schon ihr ganzes Leben kannte: „Hallo Amy. Na, ich habe keine Intension dieser Art. Hehe.“ „Dann solltest du ganz dringend aufhören. Sie ist nämlich wirklich furchtbar prüde.“ „Hey!“, rief Sky ihrer Freundin entgegen. Amy war ebenfalls furchtbar schadenfroh. Sie wird zu ihrer Freundin stehen, aber nicht ganz selbstlos. Amy lachte immer noch und es kam wie von mir prophezeit: „Ach du meine Güte! Alles wird gut, Sky. Du bist heute nicht zur Mörderin geworden und deine Unschuld ist auch nicht in Gefahr.“ Skyler stammelte empört etwas vor sich her, als sie den Verrat ihrer Freundin zu verarbeiten versuchte: „Ihr seid ein Fluch! Beide!“ Die Phantomhive und ich lachten: 'Wo sie Recht hat, hat sie Recht. Hehehehehehe!' Amy rubbelte sich über die Arme: „Lasst uns rein gehen. Es ist furchtbar kalt.“ „Gute Idee“, tat es ihr Skyler gleich. „Kommst du mit uns? Durch die Türe?“, fragte mich Amy grinsend. „Ehihihihihihihihi! Aber sicher, wenn du mich so darum bittest.“ Skyler schloss mit einem betonten Blick zu mir fast schon provokant das Fenster, als wir in der Stube angekommen waren, bevor sie mit einer Kaffeetasse in der Hand auf den Sessel fiel. 'Wie kann man diese bittere Brühe nur trinken?', fragte ich mich verständnislos, während ich mich auf eine Zweipersonencouch setzte, die als einzige frei blieb. Auf der 3-Personen Couch lümmelte Amy. „Was möchtest du hier?“, fragte Amy. „Und warum musstest du durchs Fenster kommen?“, wirkte Skyler immer noch ein bisschen angefressen. Ich lachte auf: „Dein Vater schickt mich, Amy. Und das mit dem Fenster. Hehehehehe. Es wird nicht gerne gesehen, wenn Männer in die Wohnheime der Mädchen kommen. Eure Lehrerin hätte mich wohl wieder hinausgeworfen.“ „Wie bist du überhaupt da rauf gekommen?“, fragte Sky mehr als skeptisch nach einer kurzen Denkpause. „Ich kann halt gut klettern. Hehe.“ „Das Fenster ist nicht kaputt“, fuhr sie weiter aus: „Das warst du oder?“ „Ahihihihihihi! Ja, war ich.“ „Wie?“, machte das hübsche Ding ideenlos. „Magie“, lachte ich. „Aha. Natürlich. Wie?“ Ich malte mit meinen Händen einen Bogen in die Luft: „Ein guter Magier verrät nie seine Tricks.“ „Ah ja“, machte Sky ironisch und überschlug die endlos langen Beine: „Jobbeschreibung: Bestatter aus Leidenschaft und passionierter Aushilfshoudini.“ Amy lachte mit mir. Dann schaute die Schwarzhaarige zu mir: „Papa schickt dich. Wieso?“ Ich zog die beiden verbliebenen Ketten aus meinem Mantel und hielt sie gut sichtbar für die Beiden in die Luft. Die Steine blitzten in der Sonne: „Die hier sollte ich euch geben.“ Sky zog ihre Beine zu sich, als sie ihre Braue hochzog. Irgendwie wirkte sie unglaublich unsicher: „Warum?“ „Es ist ihm und mir ein Anliegen“, kaschierte ich das komische Gefühl in meinem Magen. Ich dachte eigentlich das Mädchen wäre mir gegenüber nach den ganzen Tagen gänzlich offen, aber als ich die Ketten hinausgezogen hatte, hatte sich irgendetwas an ihr verändert. Sie lösten irgendetwas in ihr aus. Eine schon mal beiseitegeschobene Ahnung regte sich kurz. Doch die Indizien waren immer noch zu undeutlich. „Ihm und dir?“, selbst Amy wirkte etwas verwundert. Ich nickte grinsend: „Vertraut uns einfach und macht uns eine Freude. Tragt sie immer. Egal wohin ihr geht“, legte ich Amy ihre Kette in die Hand. Sie beschaute sie kurz und legte sie um. Dann stand ich vor Sky, die mich noch viel unsicherer anblinzelte als vorher: 'Warum?' Sie musterte die Kette skeptisch, analytisch und ausgiebig. Irgendetwas beschäftigte sie daran, doch das Mädchen schien es nicht eindeutig erkennen zu können. Ich konnte den Gedanken, dass man magisch bewandert sein muss damit sich diese Ketten komisch anfühlten, nicht mehr zurückhalten. Das Mädchen war aber nicht magisch bewandert. Das war offensichtlich. Es war Intuition. Eine gute übersinnliche Intuition bei Menschen war nicht unmöglich, aber eher sehr selten. Dann musterte sie mich mit einem rosa Schimmer auf den fein definierten Wangenknochen:“ Das... ist wirklich nicht nötig... Gib sie jemandem, zu dem sie besser passt...“ Sie zog ihre Beine und Arme in einem Anflug von offensichtlichem Unwohlsein näher zu sich. Mein Herz zog sich aufgrund der Ablehnung ein schmerzliches Stück zusammen. Meine Gedanken kamen deswegen ins Stocken: 'Warum? Was ist das?' Ich konnte mein Seufzen gerade so davon abhalten frustriert zu klingen: „Es gibt niemanden, zu dem sie besser passt.“ Ein dunkler Schatten huschte durch das roserne Gesicht, als sie mich musterte: „Wa...Warum?“ „Weil ich sie für dich gemacht habe.“ Mit geweiteten Augen wechselte ihr Blick zwischen der Kette und mir: „Das warst du?“ Ich nickte: „Gefällt sie dir etwas nicht?“, und hatte irgendwie ein komisches Gefühl als ich auf die Antwort wartete. „Nein! Nein! Sie ist wunderschön! Wirklich!“ Ein schmales Lächeln schlich sich auf meinen Mund und vertrieb die Schwere ein Stück aus meinem komisch zuckenden Herzen, als ich ihr die Kette ins Gesicht hielt: „Also?“ „Ich... kann das nicht annehmen! Ich... ich... kann dir nichts dafür geben!“ Ich seufzte wieder. Sie hatte mir in den letzten Tagen doch so viel gegeben: Lachen, Zeitvertreib, Gespräche, Gesellschaft. Sie hatte sogar für mich gebacken. Das war alles so viel mehr wert, als alles Materielle dieser Welt. Ich öffnete den Verschluss der Kette und legte sie ihr um den ansehnlichen schlanken Hals, als ich mich zu ihr beugte: „Doch, kannst du.“ Sie wich beschämt meinem Blick aus: „Was denn?“ „Lächle für mich.“ Einige Sekunden starrte Skyler mich perplex an. Doch dann drehten sich ihre geschwungenen Lippen zu einem puren Lächeln und ihre Augen begangen kurz heller zu funkeln, als die Edelsteine in dem Medaillon. Mein Blick huschte auf das Medaillon, das sie schon trug. Es muss ihr wichtig sein. Nie hatte ich sie ohne gesehen. Es hatte ein außergewöhnliches Design. Es kratze irgendwo hinten in meinen Erinnerungen. Doch ich verlief mich in ihnen regelmäßig. Ich hatte zu viele davon. Mein Record ist ein Irrgarten. Selbst jetzt trug sie es, wo sie offensichtlich gemütliche Kleidung nur für Zuhause trug. Selbst in diesem nicht ansatzweise hergerichteten Zustand: Das Mädchen war in meinen Augen ein exzellenter Anblick. Ich schloss die Augen als mein Herz einen Schlag übersprang und durch meine Brust surrte: „Hihi. Wunderbar.“ Dann wurde es Zeit für mich zu gehen. Schließlich musste ich liegen gelassene Arbeit nach holen. Ich bereute es nicht: „Myladys? Ich muss mich entschuldigen. Es ruft noch ein wenig Arbeit nach mir.“ Ich verbeugte mich im Türrahmen: „Wir sehen uns morgen. Und nicht vergessen: Tragt die Ketten immer bei euch.“ „Bye 'Onkelchen' “, lachte Amy. Sky winkte stumm. Irgendwas stimmte bei ihr immer noch nicht. Aber es wirkte verwirrt, nicht akut. Ich winkte lachend zurück und entschwand. An diesem Abend, nach getaner Arbeit, lehnte ich an der Wand neben meiner Ladentür. Ein Fuß tippte unruhig gegen die Wand, an der ich ihn hochgestellt hatte. Die Arme verschränkt schweiften meine Augen durch den klaren Sternenhimmel. Merkenau saß gelassen auf meiner Schulter und schaute mit mir in die vielen leuchtenden Stecknadelköpfe auf dem schwarzen Samt der Nacht, während die Finger einer meiner Hände gedankenverloren über seinen kleinen Schnabel strichen. Das kleine Tier an meiner Seite, es war irgendwie schön, dass es da war. Treu, ohne jede Bedingungen. Dankbar, ohne jeden Hintergedanken. Meine Gedanken klebten an dem jungen Ding, welches morgen offiziell erwachsen werden sollte. An Halloween. Ihr Geschenk, ein Kalligraphieset, hatte mich etwas an Mühe gekostet, doch lag nun mit einer grauen Schleife in meiner Schublade. Es war still in den dunklen Gassen und kurz schwankten meine Gedanken weg von dem faszinierenden Mädchen. Ab in ältere Zeiten. Zu einem alten, guten Rat von einem alten, toten Freund, der von Gefühlen so unendlich viel verstand: ‚Wenn dein Geist ohne dich tanzt. Wenn er brennt und vibriert und du nur noch an ihre Augen denken kannst. Wenn dir spontan ihr Seelenheil einfach das Wichtigste ist‘, hatte mir Vincent einmal irgendwie aufgeregt und voller Passion bei einer Partie Schach erzählt, kurz nachdem er Rachel getroffen hatte: ‚Dann bist du verliebt. Das Gefühl ist überwältigend! Pass bloß auf, Undertaker! Dir kann so etwas auch passieren!‘ Ich hatte gelacht: ‚Ahehehehe! So etwas hat das Leben für mich nicht übrig!‘ Vincent hatte den Kopf schief gelegt: ‚Irgendwann und wenn es noch hundert Jahre dauert, mein Freund. Irgendwann kommt eine Frau und die schaut hinter dein Grinsen. Dann wird sie erkennen wer du wirklich bist.‘ ‚Ich bin nicht viel mehr. Hehe!‘ ‚Natürlich bist du mehr! Du bist ein guter Freund. Treu und loyal ins Letzte. Fürsorglich und aufmerksam. Irgendwann kommt Jemand und der rennt nicht schreiend vor dir weg. Wenn es stimmt, merkt man es, Adrian. Dann rennt man nicht weg, egal, wie komisch du wirkst.‘ Ich verlor den Blick in den Sternen als mein Lächeln zwar nicht meine Lippen, aber meine Augen verließ. Ich war noch nie verliebt. Das hatte sich auch bis jetzt nicht geändert. Doch irgendwie fehlte es doch, wenn man erfüllt leben wollte. Auch ich wünschte mir ein warmes Herdfeuer und jemanden zum Zusammensein. ‚Denkst du?‘, hatte ich schließlich gefragt, nicht davon überzeugt, dass es irgendwann so Jemanden geben sollte. Ich war in keiner Welt von dieser Welt. Wo sollte ich also so ein Wesen finden? ‚Ich weiß es! Und wie gesagt: Irgendwann. Wenn auch erst in hundert Jahren. Du hast ja Zeit.‘ Ich lachte jetzt wie damals und kraulte Merkenau gedankenverloren am Kopf, während Skylers lachendes Gesicht wieder so deutlich vor meinem inneren Auge stand. Ein sanfter Luftzug zog durch meine langen Haare, die Skyler so selbstlos gerettet hatte. Der Vincent in meinem Kopf lachte und verschränkte die Arme bedeutungsschwer, während er vieldeutig mit dem Kopf zu dem Abbild dieses faszinierenden Wesens nickte. Ich lachte geschlagen: „126 Jahre, alter Freund. Aber deine Schätzung war gut.“ Ich fuhr mir durch den Pony, als ich zum Himmelszelt und dem Vincent in meinem Kopf lachte. Er setzte mich auf dem Brett Schachmatt. Ich war gefangen in diesen himmelblauen Augen, die sich in meine Seele gebrannt hatten. Die ich so gerne immer glücklich sehen wollte: „Hehe... Checkmate!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)