Between Near and Distance - Unter den Goldkiefern von Raimei (Eine Bonanza Geschichte) ================================================================================ Kapitel 38: Kapitel 38 ---------------------- Kapitel 38 Joe war pünktlich gewesen. Überpünktlich! Er war durch die Tür reingeplatzt und hatte sich in voller Montur an den letzten freien Platz gesetzt, seinen Platz. Seine Familie und sein Freund waren alle bereits am Tisch versammelt und hatten tatsächlich auf Joe gewartet. "Ich bin da!", rief er laut aus. Er griff bereits nach den Erbsen, da hörte er Hufgetrappel. Sofort sprang er auf und eilte so schnell, wie er reingeplatzt war, auch wieder raus. "COCHISE!" Und jagte seinem stümperhaft festgebundenen Pferd hinterher. Der Paint verspottete Joe laut wiehernd und ließ sich immer nur beinahe einfangen, bis er doch wieder wegsprang und auf die andere Seite des Hofes trabte. Offensichtlich sah der Hengst das Ganze als ein Spiel an. Und Joe regte sich auch noch so niedlich auf. Cochise wieherte amüsiert und sprang wieder knapp an Joes greifenden Fingern vorbei. "Cooch, komm sofort hierher!", schimpfte Joe und zeigte mit dem Finger genau auf seine Füße. Cochise warf den Kopf in die Luft, ging ein paar Zentimeter mit den Vorderhufen hoch und wieherte laut. Little Joe zu ärgern machte ja solchen Spaß! "Du Esel, jetzt ist aber Schluss mit lustig! Komm endlich her!", meckerte Joe und stampfte mit dem Fuß auf wie ein beleidigtes Kind. Erneut versuchte er die Zügel seines Pferdes zu erwischen, doch erneut war der Schecke ihm entfleucht. Cochise trabte bis vor die Stalltür und warf den Kopf übermütig von einer Seite auf die andere. Da sah allerdings Joe seine Chance gekommen und lief frontal auf Cochise zu. Sein Hengst reagierte so, wie Joe sich das gedacht hatte, er lief geradewegs in den Stall. Schnell schlug er die Türen zu und legte das Brett in die Halterung. "Hah! Das hast du jetzt davon!", triumphierte Joe und betrat breit grinsend das Haus. Diesmal ließ er Hut, Jacke und Revolvergürtel an der Tür zurück und setzte sich so, wie es sich gehörte, an den Tisch. Joe nahm sich hungrig von allem etwas und bemerkte die roten Gesichter von Danny und Hoss gar nicht. Ben zeigte keine Gefühlsregung und nahm sich direkt nach Joe von dem Essen. Ja, und Adam - der hatte beide Arme mit den Ellenbogen auf den Tisch gestützt und das Gesicht in den Händen vergraben. Fest drückte er mit zwei Fingern auf die Nasenwurzel und hatte die Stirn stark gefurcht. Irgendwie kam das Joe seltsam vor und er sah sich am Tisch mal genauer um. "Ist alles in Ordnung, Adam? Irgendwie siehst du seltsam aus", fragte Joe ehrlich besorgt und schob seine Erbsen auf dem Teller hin und her. Adam ließ die Hände sinken auf Joes Frage und sah seinen Bruder mit einem sehr verzerrten Gesicht an. "Joseph. Manchmal frag ich mich, aus welchem Zirkus wir dich aufgegabelt haben", meinte Adam vollkommen trocken. Sofort prusteten Hoss sowie Danny los. Hoss trommelte vor lauter Lachen mit der Hand auf den Tisch. Danny hielt sich vor Lachen den Bauch, Ben ignorierte das alles und aß als Einziger ganz normal weiter. Und Adam sah so aus, als würde er sich ganz gewaltig fremdschämen. Nun schaltete Joe und sprang entrückt auf. "Das ist nicht komisch! Ich hatte es eilig und bei so einem Kasper von Pferd will ich euch mal sehen, wie ihr den wieder einfangt!", schimpfte Joe und war vor Scham ganz rot im Gesicht. Ben legte eine Hand auf Joes Hand und übte leichten Druck aus. "Setz dich, Joseph, und iss", bat Ben ernst und sah auch alles andere als fröhlich aus. Joe schluckte und setzte sich tatsächlich wieder. Trotzdem war ihm das Gegacker sehr peinlich und auch unangenehm. Die Scham wurde nicht weniger und mit Blick auf sein Essen stellte er fest, dass ihm sein Appetit abhanden gekommen war. Hoss und Danny hatten sich noch immer nicht eingekriegt und lagen beide fast schon unterm Tisch. Zumindest sah man nicht mehr sehr viel von ihnen auf ihren Plätzen. Joe wollte gerade aufstehen und sich vom Tisch entfernen, da krachte Bens Hand auf den Tisch. "Ruhe jetzt, aber sofort!", rief er mit donnernder Stimme. Und das wirkte. Sofort war Ruhe. Als Erster saß Danny aufrecht und aß schweigend, als wäre nichts gewesen. Hoss dagegen schien es nun unangenehm zu sein, dass er so sehr gelacht hatte. "Entschuldigung, Little Joe, wir wollten dich ganz bestimmt nicht auslachen", entschuldigte sich Hoss und sah auch ganz reuig aus. Joe seufzte und nahm einen Bissen von seinem Fleisch, dann sah er Hoss mit einem schiefen Lächeln an. "Schon okay. Ich bin ja auch selbst schuld", gab Joe schließlich nach. Nun, da Ruhe war, konnte auch Joe sich langsam wieder entspannen und aß zumindest ein wenig. Trotzdem war nun irgendwie der Wurm drin. Also verschwand er nach dem in Stille verbrachten Mahl wieder nach draußen. Sein schwarz-weißer Teufel stand in einer Ecke des Stalls und klaute sich etwas von dem Heu. Joe seufzte und nahm sein Pferd wieder mit raus und band es diesmal richtig an. Eigentlich wollte er sein Mitbringsel drinnen verstecken. Aber nun hatte er es, da es noch in der Jacke verstaut war, wieder mit raus genommen. Eigentlich wollte er nur noch auf Danny warten und dann direkt losreiten, also verzichtete er darauf, noch einmal reinzugehen und lehnte sich an seinen Hengst. Adam hatte Joe nachgesehen, als der sich wieder in seine Montur warf und schließlich wieder hinausging. Er war wirklich verstimmt. Es war möglich, dass er Joe wirklich erst am Abend wieder sah. Dabei hatte er gehofft, er könnte noch etwas seine Anwesenheit genießen. Ihr Vater hatte ihn wie üblich direkt an den Papierkram gejagt. Das hatte Adam zwar ebenfalls für den Tag geplant gehabt, allerdings war Ben ungeduldig gewesen und hatte Adam sofort abgefangen, nachdem Joe losgeritten war. Adam hatte ohne Pause bis zum Mittag über den Büchern gehangen. Und die Aussicht, genau da gleich weiterzumachen, ließ ihn frustriert seufzen. Sein Blick glitt zwischen der Tür und dem Schreibtisch hin und her. Joe war möglicherweise nicht mehr lange da. Sobald Danny und Hoss fertig mit Spülen waren, würde Joe wieder weg sein, um mit seinem besten Freund ein paar Stunden etwas zu unternehmen. Also wieder außerhalb seiner Reichweite. Adam entschied spontan. Und spontan zog es ihn mehr zu seinem Bruder. Joes überraschtes Gesicht war wunderbar gewesen, als sein Kleiner ihn entdeckte. "Du bist es, Adam, ich dachte, du wärest Danny", meinte Joe und lehnte sich mit verschränkten Armen wieder an Cochises Schulter. "Hoss und Danny wurden von Pa zum Spülen verdonnert. Ein bisschen wirst du noch warten müssen", meinte Adam und strich Cochise über den Hals. Joe grinste schadenfroh und versteckte das Grinsen aber sogleich hinter einer Hand. "Was habt ihr vor?", fragte Adam neugierig. "Wir waren lange nicht mehr auf ein Bier im Saloon." "Am Mittag?", hob Adam eine Braue skeptisch an. "Ich sagte 'eins'." Adam atmete tief durch. Es kam viel zu oft vor, dass Joe gerade im Saloon Bekanntschaften machte, die nicht förderlich für die restliche Tagesplanung waren. Er ging nun nicht davon aus, dass Joe noch Interesse an den Damen dort hatte. Aber es gab noch viel zu viele andere Personen, von denen sich Joe viel zu leicht provozieren ließ. Adam sah nun ernsthaft seinen gemeinsamen Abend mit Joe in Gefahr. "Treffen wir uns am Fluss? Dort, wo wir gestern waren", fragte er daher. Nun blickte Joe ihn an und hatte ein breites Grinsen aufgesetzt. "Sicher. Wann etwa?" "Ich denke, ich kann mich um 4 oder 5 hier losmachen", meinte Adam und linste Joe aus dem Augenwinkel an. Der Vorschlag kam offenbar genau richtig an. Joes Grinsen nach rechnete der Kleinere mit etwas mehr Zweisamkeit, als es im Haus möglich war, wenn ein weiterer Bruder und der Vater dabeisaßen. Und Adam war ehrlich. Er würde Joe am liebsten bitten, sofort mit ihm dorthin zu reiten. "Ich freu mich drauf", schmunzelte Joe und strich mit zwei Fingern über Adams Oberarm. Adam fing die Finger ein und hauchte einen Kuss auf die Fingerspitzen. "Ich warte auf dich", versprach Adam und lächelte ihn charmant an. "Nicht, wenn ich vor dir da bin", grinste Joe. Ja, so war das doch viel besser. Wenn es Joe gut ging, dann flatterten seine Schmetterlinge am intensivsten. Adam fühlte sich wohl, hier ganz allein mit Joe. Leider war der Moment bald schon zu Ende. Danny kam grinsend aus dem Haus und teilte einen Apfel mit Concho, ehe er aufsaß. Adam sah noch einmal kurz zu Joe und drückte kurz dessen Hand, ehe der Jüngere ebenfalls aufsaß. Als Joe ihn dann von oben wieder ansah, sah er das Glitzern in dessen Augen ganz genau. "Übertreibt es nicht, ja? Die Haut an deiner Wunde ist noch sehr dünn und kann immer noch aufreißen", mahnte Adam, nur um einfach noch etwas sagen zu können. Er wollte Joe eigentlich ganz andere Dinge sagen. Aber Dannys Anwesenheit erlaubte es nicht, ihre kleine Unterhaltung fortzuführen. Darum war Adam auch sehr erleichtert, als Joe nicht wie sonst die Augen verdrehte, sondern dessen typisches Grinsen noch breiter wurde. "Ich werde ganz vorsichtig sein", versprach Joe und ritt langsam an Adam vorbei. Sobald Joe seinen Freund erreichte, schlugen sie eine schnellere Gangart ein und waren schneller, als es Adam lieb war, vom Hof verschwunden. Ein wenig war es ihm unangenehm, dass er Joe so intensiv und so schnell schon wieder vermisste. Am besten, er arbeitete einfach weiter. Die Buchhaltung war bisher immer sehr gut gewesen, um sich abzulenken. Gedacht, getan. Adam vergaß über seiner Arbeit sehr schnell die Zeit. Natürlich half Ben mit, aber es war Adam dann doch lieber, er würde ihn einfach machen lassen. Bis Ben die nett gemeinten Hinweise verstand, vergingen ungelogen Stunden. Und erst dann war Adam wirklich effektiv. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)