And now we can't have it von Khaleesi26 ================================================================================ Kapitel 29: Entscheidungen -------------------------- „Wie soll es jetzt eigentlich mit Izzy weitergehen?“, fragte sie ihn, bevor sie sich etwas von dem eingelegten Gemüse in den Mund schob, das vor ihr auf dem Tisch stand. Mit zerzausten Haaren saß er ihr gegenüber und nippte an seinem Kaffee, während er sie kritisch beäugte. „Müssen wir jetzt darüber reden?“, fragte er und verzog genervt das Gesicht. „Willst du dich nicht wieder mit ihm vertragen?“, hakte Mimi nach und legte bedächtig den Kopf schief. Tai verdrehte die Augen, zuckte mit den Schultern und wich ihrem Blick aus. „Keine Ahnung“, gab er tonlos als Antwort, was Mimi vernichtend aufseufzen ließ. „Na gut, mach was du willst, aber ich gehe jedenfalls nachher mal bei ihm vorbei und betreibe Schadensbekämpfung“ „Du machst was?“, kam es prompt von Tai, der sie mit großen Augen ansah. „Was denn? Ich muss doch schließlich mal sehen, wie es ihm geht, nachdem du ihm so zugesetzt hast. Das war wirklich nicht nett, Tai!“, tadelte sie ihn mit strenger Stimme und stand auf, um ihr Geschirr abzuräumen. Der Braunhaarige verschränkte die Arme vor der Brust und grummelte vor sich hin. „Na toll“ Mimi musterte ihn und musste grinsen. Irgendwie war es ja auch ein bisschen süß, dass er so eifersüchtig war. Auch, wenn er gestern entschieden zu weit gegangen war. Außerdem musste er einfach verstehen, dass Izzy trotz allem noch ihr Freund war und sie wollte wissen, wie es ihm ging. Sie konnte sich schon ausmalen, wie schlecht er sich fühlen musste. Deswegen wollte sie unbedingt noch mal unter vier Augen mit ihm sprechen. „Musst du heute gar nicht zur Uni?“, fragte sie ihn interessiert und versuchte so geschickt vom Thema abzulenken. Tai beachtete sie gar nicht weiter und zuckte nur mit den Schultern. „Später“, antwortete er lediglich und schob seine leere Kaffeetasse zur Seite. „Ach Tai…“, kicherte sie kopfschüttelnd und ging auf ihn zu. „Du hast überhaupt keinen Grund eifersüchtig zu sein!“, grinste sie und schlang ihre Arme von hinten um ihn. „Oder hast du letzte Nacht schon vergessen?“, flüsterte sie ihm verführerisch ins Ohr. Tai packte augenblicklich ihr Handgelenk und zog sie zu sich herum auf seinen Schoß. Mit einem dringlichen Blick fixierte er sie und legte eine Hand um ihre Taille, während die andere auf ihrem nackten Bein ruhte. Sie waren gerade erst aufgestanden und Mimi hatte sich lediglich ein T-Shirt und einen Slip übergezogen. „Du kannst mich ja noch mal daran erinnern“, hauchte er ihr zu, während er ihrem Gesicht immer näherkam und ihre Lippen sich beinahe berührten. Ein verschmitztes Grinsen legte sich auf seine Lippen, als er sie an den Hüften packte, sie hochhob und sie vorsichtig auf den Küchentisch platzierte. Mimi kicherte und schlang ihre Beine um ihn. „Hier?“, fragte sie skeptisch nach, während ihm nur ein schelmisches Grinsen entwich. „Wieso denn nicht?“ Er beugte sich zu ihr runter und drückte ihr einen sehnsüchtigen Kuss auf die Lippen, welcher sofort die Leidenschaft von letzter Nacht in ihr entfachte. Sie packte ihn am Kragen und zog ihn näher zu sich heran, während seine Hände langsam unter ihr Shirt glitten und ihren Rücken streichelten. Fordernd presste sie ihm ihre Hüften entgegen und konnte bereits deutlich seine Erregung spüren. Gerade als sie ihn jedoch von seinen störenden Kleidungsstücken befreien wollte, klingelte es an der Tür. Tai ließ sich gar nicht beirren, sondern küsste sie einfach weiter. „Lass klingeln!“ Doch der ungebetene Gast ließ sich nicht abschrecken und klingelte in einer Tour weiter. Mimi wurde zusehends unruhig, da sie wusste, dass sie noch Post erwartete. Beim fünften Klingeln ließ sie abrupt von ihm ab und sprang vom Tisch, was Tai genervt aufstöhnen ließ. „Oh, muss das jetzt sein?“ „Könnte wichtig sein“, erwiderte Mimi nur und machte sich eilig auf den Weg zur Tür. Tai hörte, wie sie sich freundlich bei dem Postboten bedankte und schnurstracks wieder zu ihm in die Küche eilte. „Oh mein Gott… das ist er!“, sagte Mimi und wirbelte aufgeregt herum. „Was ist das?“, fragte Tai beiläufig. Er hatte gerade wirklich andere Dinge im Kopf… Mimi beäugte den Brief kritisch und trat nervös von einem Bein auf’s andere. „Das ist vom New York Institute of Technology. Ich hatte mich dort für ein Stipendium beworben.“ Tai sah überrascht auf und seine Lust sank ins bodenlose. Jetzt verstand er, warum sie so nervös war. Er presste die Lippen aufeinander und ein unangenehmes Gefühl machte sich in seiner Magengegend breit. „Und? Was steht drin?“, fragte er tonlos und musterte die Brünette, die unruhig im Raum auf und abging, jedoch keine Anstalten machte den Brief zu öffnen. Plötzlich blieb sie vor ihm stehen und hielt ihm das versiegelte Schriftstück unter die Nase. „Hier, mach du ihn für mich auf! Ich kann es nicht!“, forderte sie ihn mit zittrigen Fingern auf. Tai sah sie nur fragend an und als er nicht darauf reagierte, legte sie ihm den Brief einfach auf den Tisch, verschränkte die Arme vor der Brust und fing wieder an nervös auf und ab zu gehen. Tai seufzte und nahm ihn in die Hand. Er erkannte das Sigel der Universität darauf, was sofort einen sehr seriösen und wichtigen Eindruck auf ihn machte. Eigentlich wollte er gar nicht wissen, was darinstand. Denn egal, was es war: entweder würde Mimi todtraurig über den Inhalt sein oder er. „Jetzt mach endlich auf!“, forderte die Brünette ihn mit Nachdruck auf und sah ihn eindringlich an. Tai schluckte noch ein Mal, als er wenig zimperlich den Umschlag aufriss und den Brief herausnahm. Er faltete ihn auf, während er sich innerlich dagegen sträubte den Inhalt zu lesen. Es würde alles verändern, wenn sie angenommen werden würde. Mit Sicherheit würde Mimi sich so eine einzigartige Chance nicht entgehen lassen und er könnte es ihr nicht mal verübeln. Ihm wurde augenblicklich schlecht, als er begann die ersten Zeilen laut vorzulesen… „Sehr geehrte Frau Tachikawa, hiermit möchten wir Ihnen mit Freuden mitteilen…“ Tai schluckte und presste die Lippen aufeinander, um dieses aufkeimende Gefühl in seiner Magengegend so gut es ging zu unterdrücken. „…möchten wir Ihnen mit Freuden mitteilen, dass sie sich erfolgreich für ein Stipendium an unserer Universität beworben haben.“ Mimi stieß einen kleinen Freudenschrei aus und schlug die Hand vor den Mund, was Tai kurz aufsehen ließ. Natürlich freute sie sich, wie könnte sie auch nicht?! Geknickt senkte er den Blick und las weiter. „Daher möchten wir sie ganz herzlich zu unserer Kennenlern-Woche für zukünftige Studenten und Studentinnen einladen. In der Zeit Ihres Aufenthaltes wird Ihnen sowohl eine Unterkunft in unserem Wohnheim, als auch Verpflegung zur Verfügung gestellt und Sie haben die Möglichkeit sich schon mal mit unserem Campusgelände, den Kursen und ihren Kommilitonen vertraut zu machen. Alle nötigen Daten und Unterlagen schicken wir Ihnen per E-Mail zu. Über eine Zusage Ihrerseits würden wir uns sehr freuen. Mit freundlichen Grüßen, Institute of Technology – New York.“ Tai ließ den Brief sinken und starrte Mimi entgeistert an, während diese nur strahlend große Augen hatte und über beide Ohren grinste. Sie kam auf ihn zu gerannt und fiel ihm lachend um den Hals. „Oh mein Gott, ich kann es nicht glauben! Ich hätte nie damit gerechnet, dass ich das Stipendium wirklich bekomme“, quiekte sie freudig und drückte Tai fast die Luft ab. Der Student war wie erstarrt und wusste nicht, was er sagen sollte. Ein guter Freund würde sich für sie freuen! Doch ein Freund, der in sie verliebt war und eigentlich nicht wollte, dass sie geht? Langsam ließ sie ihn los und schaute ihn erstaunt an. „Was hast du? Freust du dich nicht für mich?“ Ihre Frage versetzt ihm einen Stich ins Herz und er spürte, wie sein Magen begann zu rebellieren. Er wich ihrem Blick aus und las sich ein weiteres Mal stillschweigend die Zeilen durch, die das Ende ihrer Beziehung besiegeln könnten. „Taichi?“, fragte die Brünette unsicher und legte den Kopf schief. „Ich freue mich für dich, aber…“, begann er kleinlaut und traute sich nicht, ihr in die Augen zu sehen. Er konnte ihr doch nicht einfach sagen, dass er nicht wollte, dass sie fortging. Schließlich ging es hier um ihre Zukunft und auf gar keinen Fall sollte sie Gewissensbisse wegen ihm haben. Das konnte er ihr nicht antun! „Ach, vergiss es!“, sagte er betrübt, stand auf und ging zum Fenster. „Ich freue mich wirklich für dich, das ist eine einmalige Chance.“ Wie gerne würde er ihr sagen, dass es für ihn unvorstellbar war, dass sie sich trennen und nicht mehr sehen würden? Doch es wäre unfair gewesen seine eigenen Gefühle so in den Vordergrund zu stellen. Es wäre einfach egoistisch sie nicht gehen zu lassen. Auch, wenn ihm der Gedanke daran jegliche Luft zum Atmen nahm… er durfte ihr nicht dabei im Weg stehen! Plötzlich spürte er ihre Hand, die sie behutsam auf seinen Arm legte. Er sah in ihr Gesicht und die Freude, die sie eben noch strahlen ließ, war verschwunden. Stattdessen spiegelten sich Unsicherheit und Trauer in ihr wieder. „Aber du willst nicht, dass ich gehe. Richtig?“, fragte sie mitfühlend und legte den Kopf schief. Es half nichts. Sie verstand ihn einfach zu gut. So, wie sie ihn ansah, wusste sie genau, was er gerade fühlte. Er zog sie in eine feste Umarmung und wollte nicht mehr gegen seine Gefühle ankämpfen, denn der bloße Gedanke daran machte ihm Angst. „Mimi i-ich… ich will dich nur nicht verlieren“, gestand er ihr und drückte sein Gesicht in ihr offenes Haar. Ein paar Minuten der Stille vergingen, in denen sie einfach nur schweigend dastanden und sich in den Armen lagen, während jeder seinen eigenen kläglichen Gedanken nachhing. „Wirst du nicht!“, sagte Mimi plötzlich leise, was Tai verwundert aufsehen ließ. Fragend sah er sie an und runzelte die Stirn. „Was meinst du damit?“ „Ich meine damit, dass du mich nicht verlieren wirst!“, betonte sie noch ein Mal und löste sich von ihm. In ihren Augen lag auf ein mal so eine Entschlossenheit, als hätte sie ihre Entscheidung längst gefällt. „Was redest du denn da? Willst du mir etwa sagen, dass du…“, sagte er und starrte sie fassungslos an. „Richtig, dass ich das Stipendium nicht annehmen werde.“, ergänzte sie seinen Satz bestimmend und ging zum Küchentisch, auf dem der Brief lag. Gedankenverloren nahm sie ihn in die Hand und las ihn zum ersten Mal selbst durch. Tai stand wie vom Donner gerührt am Fenster und fragte sich, ob er sich eben verhört hatte. War das ihr Ernst? „Mimi, das kannst du nicht machen!“, sprudelte es plötzlich aus ihm heraus und die Angst, über den kommenden Verlust, die er eben noch empfunden hatte, wich einem anderen Gefühl. Denn er fühlte sich schuldig. Schuldig, dass sie ernsthaft mit dem Gedanken spielte, das Stipendium auszuschlagen. „Das ist eine einmalige Gelegenheit für dich, du darfst nicht ablehnen! Überleg doch mal, wie dumm das wäre.“ Die Brünette sah nicht auf, sondern fixierte mit ihren Augen immer noch die Zeilen des Briefes, die alles verändern könnten. „Und dich zu verlassen und nach New York zu gehen wäre nicht dumm?“, erwiderte sie kleinlaut. Tai ging einige Schritte auf sie zu und sah sie eindringlich an, auch, wenn sie ihm keine Beachtung schenkte. „Mimi, jetzt hör mir mal zu! Du kannst nicht einfach so deine Zukunft wegwerfen, nur um bei mir zu bleiben. In den USA hast du viel bessere Möglichkeiten und kannst viel mehr aus deinem Leben machen, als hier.“ Betrübt ließ sie den Brief sinken und wandte sich ihm zu. „Aber ich will dich nicht verlassen müssen. Und wenn ich mich zwischen New York und dir entscheiden muss, dann…“, sagte sie unter erstickender Stimme und presste die Lippen aufeinander. Tai ging auf sie zu und nahm ihre zierlichen Hände in seine. Nur zu gut konnte er verstehen, in was für einen Gewissenskonflikt sie sich gerade befand. Ihm ging es nicht anders. Auf der einen Seite konnte er sich ein Leben ohne sie inzwischen nicht mehr vorstellen und auf der anderen Seite wollte er ihr nicht bei ihrer Zukunft im Weg stehen. „Mimi…“, setzte er noch ein mal einfühlsam an. „Ich kann dich verstehen, ich möchte auch nicht, dass du gehst! Aber sieh mal: du hast so hart dafür gelernt und ich kenne niemanden, der es so verdient hätte, wie du. Und du hast dich doch eben noch sehr über die Zusage gefreut. Also überleg es dir noch mal, bevor du das Angebot abschlägst.“ Mimi wich seinem Blick aus und legte die Stirn in Falten. „Aber als ich mich beworben habe, da war das mit uns noch nichts Ernstes. Aber jetzt… ich kann dich nicht einfach verlassen!“, sagte sie mit Nachdruck und Tränen stiegen ihr in die Augen. „Und ich will es auch gar nicht!“ „Ach Mimi…“, seufzte Tai, als sich eine leise Träne löste und über ihre Wange kullerte. Wenig später hatte sie sich mit einem kleinen Präsent auf den Weg zu Izzy gemacht. Ihre Diskussion mit Tai und somit auch ihre Entscheidung hatte sie vertagt. Tai bestand darauf, dass sie sich noch mal ein paar Tage Bedenkzeit nahm, um genau abzuwägen, was sie wollte. Doch tief in ihrem Inneren war die Entscheidung längst gefallen. Natürlich hatte sie sich erst über die Zusage gefreut, doch als ihr klar wurde, was das für ihre Beziehung mit Tai bedeuten würde, stand für sie ziemlich schnell fest, dass sie diesen Schritt nicht gehen konnte. Sie wollte ihn nicht verlassen! Und eine Fernbeziehung, bei der man sich auf Grund der weiten Entfernung nur 2 Mal im Jahr sah, kam für sie nicht in Frage. Also welche Möglichkeiten hatte sie? Entweder sie nahm das Stipendium an und musste Tai und Japan verlassen oder sie lehnte es ab und konnte bei ihm bleiben, auch, wenn sie sich damit zukünftig jegliche Chance auf eine ähnliche Möglichkeit verbauen würde. Egal, welche Entscheidung sie treffen würde – sie musste endgültig sein! Der Rothaarige saß gedankenverloren am Laptop und starrte seit geraumer Zeit den Bildschirm an, auf dem eigentlich schon längst ein Ergebnis stehen müsste. Er wollte ein neues Programm für seine Auftragsfirma erstellen, doch die kreativen Einfälle blieben aus. Sein Kopf war leer und wollte einfach keine guten Ideen zulassen. Gelangweilt stützte er sich auf seinen Handflächen ab und zuckte augenblicklich zusammen, als der Schmerz seinen Kopf durchfuhr. Sein Auge und seine Schläfe waren geschwollen, seine Nase sah nicht besser aus. Zum Glück waren seine Eltern gerade auf Urlaubsreise und bekamen nichts von alledem mit. Was hätte er ihnen auch sagen sollen? Dass sein Freund auf ihn losgegangen war und ihn verprügelt hatte, weil er mit seiner Freundin Händchengehalten hatte? Seine Freundin. Izzy’s Magen rebellierte einfach immer noch bei dieser Vorstellung, dass Tai und Mimi jetzt ein Paar sein sollten. Alles in ihm sträubte sich gegen diese Tatsache. Das konnte doch alles nicht wahr sein! Zurückweisung und unglücklich verliebt zu sein war schon schlimm genug, aber zu wissen, dass sein Freund das hatte, was er nicht haben konnte, war einfach ein furchtbares Gefühl! Und Izzy wusste nicht, wie er damit umgehen sollte. Er wusste, dass er an Tai’s Ausraster nicht ganz unschuldig war, denn er hatte ihn wissentlich provoziert. Doch die Wut und die Enttäuschung, die ihn angetrieben hatte, war verschwunden. Er fühlte sich einfach nur noch leer! Es klingelte an der Tür, was Izzy aus seinen Gedanken riss. Wer immer es auch war, er hatte keine Lust aufzumachen. Stirnrunzelnd starrte er auf seinen Bildschirm. Er musste endlich anfangen zu arbeiten, vielleicht würde ihn das etwas ablenken. Gerade, als er in die Tasten hauen wollte, klingelte es erneut an seiner Tür und ein energisches Klopfen folgte. Laut stöhnend stand er vom Schreibtisch auf und trottete genervt zur Tür. Wenn das Tai war konnte er sich gleich wieder verpissen! Izzy lugte durch den Türspion und runzelte verwirrt die Stirn, als er die Hand auf die Türklinke legte. „Was zum…?“ Er öffnete die Tür und das Katzengesicht, welches ihn eben durch den Türspion angesehen hatte, miaute ihm entgegen. „Sag ‚Hallo‘ zu deiner neuen Freundin!“, forderte Mimi ihn grinsend auf und drückte ihm das Kätzchen in die Hände. Izzy blickte verwundert zu dem kleinen Tier in seinen Händen hinab und fragte sich, was das sollte. „Was guckst du so? Du wolltest doch eine haben…“, sagte die Brünette, als sie seine überraschte Miene sah. „Ach ja“, gab er nur knapp zurück, während ihm das Kätzchen weiter an miaute. „Lässt du mich rein?“, fragte Mimi, doch wartete nicht auf eine Antwort, sondern drückte sich einfach an Izzy vorbei in die Wohnung. Was wollte sie nur hier? Izzy war sichtlich überfordert mit ihrem plötzlichen Besuch und wusste nicht, wie er sich verhalten sollte. „Also…“, begann Mimi und drehte sich zu ihm um, während er die Tür schloss und die Katze auf dem Boden absetzte, die sofort anfing ihre neue Umgebung zu erkunden. „Wie geht es dir?“ Izzy wollte irritiert eine Augenbraue nach oben ziehen, doch der Schmerz hinderte ihn daran. „Siehst du doch!“, gab er stattdessen tonlos zur Antwort. Mimi ließ betrübt die Schultern hängen und ging auf ihn zu, um ihm im Gesicht zu berühren. „Du siehst wirklich schlimm aus.“ Er schlug ihre Hand zur Seite, ehe sie sich seine Wunden genauer ansehen konnte und sah sie grimmig an. „Lass das lieber! Ich hab keine Lust noch mal Prügel von Tai einzustecken. Ein Mal hat mir gereicht!“ Er ging an ihr vorbei und kehrte ihr somit den Rücken, dass er sie nicht mehr ansehen musste. Oder vielmehr: damit sie ihn nicht mehr ansehen musste. „Izzy, du kannst dir gar nicht vorstellen, wie leid mir das tut. Ich fühle mich so schuldig!“, erwiderte die Brünette traurig. „Wieso? Du hast mich doch nicht verprügelt“, gab Izzy gleichgültig zurück. Er hatte jetzt wirklich keine Lust mit ihr darüber zu reden. Sonst sagte er vielleicht noch Dinge, die er später bereuen würde… „Jetzt tu bitte nicht so, als wäre es dir egal. Ich finde es schlimm, dass Tai so über reagiert hat und das habe ich ihm auch gesagt“, redete sie weiter auf den Rothaarigen ein. „Mmh, tut mir leid, wenn ich euer neues Glück getrübt habe.“ Er wusste, dass der Sarkasmus aus ihm sprach und dass es unfair Mimi gegenüber war, doch er konnte es sich einfach nicht verkneifen. „Darum geht es doch gar nicht! Es war falsch von Tai so zu reagieren, aber… aber verstehst du nicht, dass wir glücklich miteinander sind?“, fragte sie ihn verständnislos, während er ihr immer noch den Rücken zugekehrt hatte. „Glücklich?“, kam es leise über seine Lippen, als hätten diese Worte etwas Ehrfürchtiges an sich. Was hier geschah, war einfach nicht fair! Sicher hatte er auch viele Fehler gemacht, aber musste er tatsächlich hier stehen und sich anhören, wie er auf ganzer Linie verloren hatte? Er ballte seine Hände zu Fäusten, während das kleine Kätzchen sich gerade um seine Beine schmiegte und selig schnurrte. Mimi kam näher und legte behutsam eine Hand auf seine Schulter. „Izzy, ich kann mir vorstellen, wie es dir jetzt geht, aber…“, begann sie einfühlsam, doch Izzy wirbelte herum und sah sie fassungslos an. „Du weißt gar nichts!“ Er schrie ihr die Worte förmlich entgegen, was Mimi unwillkürlich zusammenzucken ließ. Die Wut und die Enttäuschung kehrten zurück und brachten sein Blut zum Kochen. Wenn er hätte einen klaren Gedanken fassen können, dann hätte er gewusst, dass es mehr als unfair war, jetzt auf Mimi loszugehen. Sie war die Letzte, die irgendetwas dafürkonnte. Doch sie war mit IHM zusammen und das konnte er nicht einfach so hinnehmen… „Mimi sag mal, was weißt du eigentlich über Tai?“, fragte er sie unverblümt und Ärger schwang in seiner Stimme mit. Die Brünette sah ihn verständnislos an. „Was meinst du damit?“ „Was meinst du, wie ehrlich er bisher zu dir war? Kommt es dir nicht komisch vor, dass er wegen eines Kusses gleich so ausrastet?“ Mimi’s Augen weiteten sich und sie wusste offensichtlich nicht, was sie sagen sollte. Izzy stöhnte auf und verdrehte die Augen. „Er ist nicht der, für den du ihn hältst. Es wird Zeit, dass du das erkennst!“, sagte er mit Nachdruck, als Mimi empört das Gesicht verzog. „Sag mal, wie kommst du dazu so einen Unsinn zu erzählen? Hörst du dir eigentlich mal zu? Ich kenne ihn besser, als du denkst!“, fauchte sie ihn an und gestikulierte wild mit ihren Händen. „Und wenn DU mir was zu sagen hast, dann rede endlich Klartext, Izzy! Anstatt immer nur in Rätseln zu sprechen. Oder akzeptiere einfach, dass wir uns ineinander verliebt haben!“ Ihre Worte schmetterten gegen ihn und rissen ihm den Boden unter den Füßen weg. Sein Herz zog sich schmerzlich zusammen und seine Atmung wurde unruhig. Lieber hätte er sich noch mal von Tai verprügeln lassen, als diese Worte aus ihrem Mund zu hören. Angestrengt presste er die Lippen aufeinander und wich ihrem Blick aus. Am liebsten würde er ihr einfach alles sagen, wie Tai sie von Anfang an manipuliert hatte… doch trotz, dass sie ihn so verletzt hatte, brachte er es noch nicht fertig, ihr ebenfalls so weh zu tun. „Dachte ich mir“, gab Mimi patzig von sich, als von dem Computergenie keine Antwort mehr kam. Sie stöhnte leise auf und wandte sich zum Gehen um. Kurz bevor sie zur Tür raus war, drehte sie sich jedoch noch ein Mal um und sah ihn vielsagend an. „Ich denke, es ist besser, wenn wir uns eine Weile nicht sehen und ich nächste Woche allein auf das Konzert gehe. Bis wir wissen, wie es um unsere Freundschaft steht“, sagte sie leise, woraufhin sein Herz ein weiteres Mal in tausend Stücke zerbrach. Sie schloss die Tür hinter sich und ließ ihn mit dem Kätzchen, was sich immer noch um seine Beine schmiegte zurück. Die Wut verblasste und die Leere, die er zuvor gespürt hatte, machte sich erneut in ihm breit. Sie hatte ihm sein Herz herausgerissen und genauso fühlte er sich auch. Wie eine leere Hülle, die von der Dunkelheit seiner Gedanken erfasst und ausgefüllt wurde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)