Dunkle Vergangenheit von Puraido (Karmayato) ================================================================================ Kapitel 1 ---------     Karma stand in der Küche und bereitete sich Frühstück zu, es gab Spiegelei mit Speck, zu mehr hatte er keine Lust. Ayato stand etwas weiter hinter ihm, er lehnte mit den Armen auf dem Tresen und sah Karma aus sicherer Entfernung zu. Er rümpfte angeekelt die Nase, als der Geruch zu ihm herüber zog.   Zu Anfang war es ziemlich schwierig für ihn gewesen, die Gerüche des Menschenessens zu ertragen. Mehr als einmal hatte er das Zimmer verlassen müssen. Mittlerweile konnte er es ertragen, auch wenn es nach wie vor widerlich war.   Das Essen war immer so eine Sache. Ayato wusste, dass er niemals mit Karma zusammen etwas essen konnte. Er vertrug kein Menschenessen und Karma konnte keine Menschen essen. Sie waren nun mal nicht von derselben Spezies.   Am Anfang hatte er gedacht, dass Karma abhauen würde, wenn er herausfand das Ayato Monster in Menschengestalt war, dass zum Überleben menschliches Fleisch essen musste. Aber Karma war nie abgehauen. Im Gegenteil, er fühlte sich wohl stark zu Ayatos Monsterseite hingezogen. Warum auch sonst sollte er seine Kagune und seine Kakugan als ‚schön‘ bezeichnen?   Ayato zuckte zusammen, als etwas gegen seine Stirn schnippte. Er kniff kurz zu Augen zusammen. Als er sie wieder öffnete sah er direkt in Karmas goldene Augen. Karma sah ihn fragend an. „Woran denkst du? Wieder über das Essen?“   „Nein. Nicht wirklich“, seufzte der Ghul. – „Du bist ein schlechter Lügner, Ayato“, schnaubte Karma, er beugte sich vor und küsste den Ghul. – „Ich hab kurz an die Essenssituation gedacht, aber nicht sehr lange“, brummte Ayato. Er richtete sich auf und sah dann von oben auf Karma herab.   „Hm, dann wieder an die ‚Monster-Sache‘?“, riet Karma. – Ayato schnaubte auf. „Vielleicht.“ – Seufzend ging Karma um den Tresen herum. Ayato lehnte noch immer daran und Karma stellte sich nun direkt vor ihn. Er legte die Hände links und rechts neben Ayato auf die Kante des Möbelstücks, sodass der Ghul dazwischen gefangen war.   „Wie oft muss ich dir eigentlich noch sagen, dass du kein Monster bist? Und selbst wenn, dann bist du eben das schönste Monster, welches mir begegnet ist. Wann geht das endlich in deinen hübschen Kopf rein“, fragte er ihm mit schief gelegtem Kopf.   Ayato stieß die Luft aus, er schloss kurz die Augen und schüttelte den Kopf. „Auch wenn du es mir immer wieder sagst, ich werde es wohl nie verstehen“, seufzend lehnte er sich an Karma, das hielt aber nur einige Sekunden, danach hob er den Kopf an und sah seinen Mann mit Kakugan-Augen an. „Was findest du daran bitte schön?“   Karma beugte sich vor und küsste Ayato. „Alles“, war seine schlichte Antwort. Ayato löste sich rasch von Karma und schob ihn zurück. – „Oi, den Essen brennt an“, brummte er. – „Shite!“, schnell lief Karma zum Herd zurück und nahm das Ei runter. „Ach, verdammt“, er schnaubte und schüttelte den Kopf. „Wegen dir ist mein Essen verbrannt“, er sah über seine Schulter.   Ayato, mittlerweile wieder mit normalen Augen, zischte auf. „Gib mir nicht die Schuld daran, wenn du zu blöd bist, dein Essen vorher vom Herd zu nehmen.“ – Karma schmunzelte. „Ja, ja, schon gut.“ Er inspizierte sein Ei. „Huh, zum Glück nicht ganz so schlimm verbrannt, ist noch essbar“, murmelte er vor sich hin, woraufhin Ayato ein abfälliges Geräusch ausstieß.   Der Ghul ging zum Esstisch und setzte sich auf einen der Stühle. Karma folgte ihm kurze Zeit später. Er aß die nicht verbrannten Stellen des Spiegeleis und dazu den Speck. Ayato beobachtete ihn dabei, nach wie vor ein wenig angewidert. „Das sieht eklig aus“, meinte er.   Karma schnaubte. „So eklig ist das gar nicht“, murmelte er um zwei Bissen herum. – Der Ghul sah ihn skeptisch an und wollte gerade etwas erwidern, doch da piepte Karmas Telefon. Der Mensch hob die Augenbrauen an und kramte es aus der Tasche.   Er wischte über den Bildschirm um es zu entsperren. Seine Augenbrauen hoben sich noch weiter an. „Von Nakamura?“, nuschelte er und öffnete die Nachricht. Er sog die Luft kurz ein. „Oh hah, Nagisa ist eine ganz schöne Plaudertasche.“   „Was ist denn?“, wollte Ayato wissen. Er stand auf und beugte sich über den Tisch rüber, um auf Karmas Telefon starren zu können. „Nakamura weiß jetzt auch schon, dass ich verheiratet bin. Hier“, seufzend drehte Karma seinem Mann das Telefon zu.   «KARMA WARUM HAST DU KEINEM GESAGT, DASS DU VERDAMMT NOCH MAL VERHEIRATET BIST??? WER IST ES? SEIT WANN BIST DU SCHON VERHEIRATET? RÜCK RAUS MIT DER SPRACHE!»   „Warum schreit sie so?“ wollte Ayato wissen. „Und wer ist das?“ – „Eine weitere Klassenkameradin. Und nun ja … sie ist sauer dass ich ihr so was Wichtiges nicht mitgeteilt habe, ganz offensichtlich“, schnaubte Karma.   „Da muss sie aber wirklich nicht alles in Großbuchstaben schreiben“, Ayato verzog das Gesicht. – Karma hob die Schultern kurz an. „Nun ja, Nakamura halt“, er drehte das Telefon wieder zu sich und tippte dann eine Antwort ein.   «Morgen Nakamura, nun ja, ich habe nichts gesagt, weil ich meinen Mann ein wenig für mich haben wollte, ohne Fragen beantworten zu müssen. Du kennst ihn nicht von daher macht es wenig Sinn, dir zu sagen, wer es ist. Und ich bin schon seit knapp zwei Jahren verheiratet. Das nächste Mal brauchst du übrigens nicht alles groß zu schreiben. Ich hätte es auch so verstanden. Grüße Karma.»   Er schickte die SMS ab und es dauerte kaum zehn Sekunden, ehe ihn die Nächste erreichte. Allerdings war sie nicht von Nakamura, sondern von Okuda.   «Karma-kun, du bist verheiratet? Stimmt das wirklich? Wenn ja, dann herzlichen Glückwunsch noch nachträglich! Liebe Grüße Manami.»   „Nagisa ist wirklich ein Plappermaul“, seufzte Karma, er stützte sein Gesicht in die Handfläche. Er wollte gerade auf die SMS antworten, als ihn fast zeitgleich drei weitere erreichten. „Oi, übertreibt es nicht!“, fluchte er.   „Hm, das verbreitet sich ja echt wie ein Lauffeuer“, kam es überrascht von Ayato. – „Und genau deswegen hab ich meinen Klassenkameraden nichts gesagt, ich wusste, dass die Kopfstehen würden“, seufzte Karma, er las die anderen Nachrichten, sie waren von Fuwa Yuzuki, Yukimura Akari und Maehara Hiroto. Sie alle schrieben ungefähr das gleiche.   „Ich glaub, ich muss eine Rundmail schicken, sonst werde ich ja nie fertig hier“, der Rotschopf schnaubte. – „Du bist ja heiß begehrt. War das damals auch schon so?“, Ayato legte den Kopf schief und sah Karma an. – Dieser zuckte mit den Schultern. „Hm, nun ja, ich war damals der beste Schüler der Schule. Aber so ‚begehrt‘ war ich gar nicht. Viele meinten, ich hätte einen schlechten Charakter gehabt.“   „Nein! Einen schlechten Charakter? DU? Wie kamen die denn darauf?“, kam es voller Sarkasmus von Ayato, er hatte die Augen gespielt weit aufgerissen. – „Ja, unglaublich, nicht wahr?“, lachte Karma. – Auch Ayato schmunzelte, er küsste Karma kurz. „Vollkommen unglaublich. Wobei ich nicht einschätzen kann, ob dein Charakter damals oder heute schlimmer ist. Ich meine … du bist schließlich ein echter Schurke. Wenn die Öffentlichkeit wüsste, dass du einen Ghul geheiratet hast … gar nicht auszudenken“, er zischte einmal kurz auf.   „Wie soll ich sagen, ich spiele gerne mit dem Feuer. Es ist nicht wichtig, ob du ein Ghul oder ein Mensch bist, zumindest nicht für mich“, Karma zuckte mit den Schultern. – „Für dich nicht. Für’ne Menge anderer Leute schon. Immerhin sind Ghule die Wesen, die in der Nahrungskette über den Menschen stehen.“ Ayato war aufgestanden und hatte sich weiter zu Karma gebeugt. Ihre Gesichter waren nur wenige Zentimeter von einander entfernt. „Menschen mögen es doch nicht, wenn andere Wesen über ihnen stehen, hab ich recht?“ Er legte den Kopf leicht schräg.   „Hm, da magst du recht haben, die meisten nicht. Aber wie ich schon sagte. Ich habe kein Problem damit, dass du ein Ghul bist. Glaub mir, ich hab schon schlimmere Monster gesehen. Und die waren wirklich Monster.“   Abrupt lehnte sich Ayato zurück, er sah Karma mit gerunzelter Stirn an. „Ach, sag bloß. Was denn für Monster? Und wann?“ – Karma stieß die Luft aus. „In der Mittelschule. Und was genau das für Monster waren …“, er zögerte kurz, immerhin hatten sie dem Verteidigungsministerium versichern müssen, mit niemandem darüber zu reden. Aber mittlerweile waren schon zehn Jahre vergangen … „Tja, das waren Tentakel-Monster. Echt ziemlich schlimme“, endete er.   „… Tentakel-Monster? Ernsthaft?“, Ayato sah ihn an, als ob er nicht mehr alle hätte. „Karma, du spinnst echt.“ – „Wenn du das sagst“, Karma zuckte mit den Schultern. Er wollte sich gerade vorbeugen, um Ayato erneut zu küssen, doch da vibrierte sein Telefon wieder. „Du musstest Nagisa ja unbedingt sagen, dass du mein Mann bist, oder?“   „Woher sollte ich wissen, dass der so eine Tratschtante ist? Du hättest ja auch aufwachen können“, schnaubte Ayato, er setzte sich wieder und verschränkte die Arme vor der Brust. – „Ich hatte ihn auch anders in Erinnerung. Aber wie dem auch sei. Mal schauen was sie schreiben.   Er las die Nachrichten durch. Die ersten drei waren wieder so wie die anderen. Die vierte war erneut von Nakamura.   «Karma-kun, du musst ihn UNBEDINGT zum Klassentreffen mitbringen! Wir brennen sicher ALLE darauf, deinen Schatzi kennen zu lernen! Ich hab ne Rundmail geschickt, damit auch alle wissen was los ist. Das heißt also, du kannst dich nicht mehr drücken. Und wenn du nicht zum Klassentreffen kommen solltest, dann schwöre ich dir, werde ich dich finden und dich höchstpersönlich da hin zerren!»   „Oh ha“, entfuhr es Karma. „Das wird ja immer besser.“ Er drehte sein Telefon herum, sodass Ayato die Nachricht lesen konnte. – „‚Schatzi‘? Ernsthaft?“, seufzte Ayato gequält. „Hätte ich mal bloß die Klappe gehalten. Warum soll ich jetzt plötzlich mit zu eurem Klassentreffen kommen? Ich war doch gar nicht in der Klasse“, der Ghul grimassierte.   „Tja, Schatzi, hättest du ersten mal nicht zu viel gesagt. Selbst dran Schuld“, zwitscherte Karma. Er drehte das Telefon wieder zu sich und tippte eine Antwort an Nakamura.   «Mal schauen, ob ich Lust dazu habe. Oder er. Und du willst mich also finden, ja? Da bin ich ja fast versucht, ganz wegzubleiben und euch verzweifeln zu sehen.»   Er schickte die SMS ab. „Tja, mal schauen, ob ich mir bald eine neue Nummer zulegen muss“, er seufzte auf, danach aß er die letzten Reste seines Frühstücks, ehe er den Teller in die Spülmaschine stellte. „Was wollen wir heute machen?“, fragte er über die Schulter.   Ayato überlegte einige Zeit. Allerdings wurde er vom Vibrieren von Karmas Telefon unterbrochen. Knurrend stand der Ghul auf und schlich sich von hinten an Karma ran. Mit dem linken Arm umschlang er Karmas Mitte, mit der rechten Hand nahm er ihm das Telefon ab. „Ich weiß, was wir jetzt zuerst machen werden. Und zwar: Dieses verdammte Teil endlich ausstellen! Das ist ja so was von nervig“, gesagt, getan. Er legte das ausgeschaltete Telefon auf die Küchenzeile. Danach fuhr er mit der rechten Hand unter Karmas Shirt. „Und nun … fiele mir noch etwas anderes ein. Dabei können wir keine Störfaktoren gebrauchen“, brummte er in Karmas Ohr.   „Hattest du letzte Nacht noch nicht genug?“, fragte Karma über die Schulter. Er griff nach Ayatos Händen und löste sie von sich, danach drehte er sich um, er drängte Ayato in Richtung Tresen. – „Du weißt, dass ich von dir nie genug kriege“, merkte Ayato trocken an. – Karma schnaubte. „Wenn das so ist …“ Sie küssten sich erneut.       Bis zum Schlafzimmer schafften sie es diesmal nicht mehr. Sie landeten irgendwie im Wohnzimmer auf der Couch. Ihre Klamotten waren auf dem kurzen Weg verteilt. „Du solltest dir öfter Mal frei nehmen. Du arbeitest so viel“, schmollte Ayato, er lag auf Karma, er hatte sich auf die Arme aufgerichtet und sah zu seinem Mann.   „Hm, du brauchst dringend auch irgendeine Art von Beschäftigung. Immer nur zuhause rumzuhocken ist sicher ziemlich langweilig“, Karma hatte die Arme hinter dem Kopf verschränkt, er starrte an die Decke. – „Hmpf, du hast gut reden, ich kann doch nicht einfach so arbeiten gehen, ich bin ein Ghul, schon vergessen?“   „Gibt es echt keine Ghule, die normale Jobs haben? Ich meine, irgendwie müssen die ja auch zu Geld kommen“, Karma senkte den Blick zu Ayato. – „Doch, Ghule können schon arbeiten. Aber ich hab doch ein ganz anderes Problem. Das mit dem Ausweis und so weiter hat deine Freundin für mich geklärt, aber … nun ja, ich hab doch keine Ahnung von so was, in meiner Jugend hab ich nicht unter Menschen gelebt, ich weiß doch kaum mehr, wie ich mich da zu verhalten habe. Und es ist nicht jeder so tolerant wie du.“   Karma überlegte einige Zeit. „Was ist mit deiner Schwester? Ich meine, lebt die nicht irgendwo unter Menschen? Du sagtest doch, sie besitzt ein Café, warum fragst du nicht sie?“, schlug er vor.   „Ich soll meine Schwester nach Arbeit fragen? Nein, nein, nein, das kann ich auf keinen Fall machen!“, wehrte Ayato ab. – „Und warum nicht?“ – „Uhm, nun ja, weil ich die ganzen Jahre immer wieder gesagt habe, wie sehr ich die Menschen hasse und dass ich es schwachsinnig finde, mich ihnen anzupassen. Da kann ich doch jetzt nicht einfach zu ihr gehen“, erklärte er.   „Und warum nicht? Ich meine, dass ist doch Vergangenheit. Oder ist sie so schlimm, dass sie dir selbst nach Jahren noch den Kopf dafür abreißen würde?“ – „Ehm, ich weiß offen gestanden nicht. Ich hab mich jetzt schon seit einigen Jahren nicht mehr bei ihr gemeldet …“   „Na, dann wird’s aber mal Zeit“, meinte Karma. „Hey, ein Vorschlag. Du lernst mal meine alten Klassenkameraden kennen und ich deine Schwester. Das schieben wir immerhin schon seit fast zwei Jahren auf.“   Ayato überlegte einige Zeit. Schließlich stieß er die Luft aus. „Okay, von mir aus. Auch wenn ich das nur äußerst ungern tue.“ – „Gut, dann machen wir das. Morgen ist Sonntag. Da könnten wir deine Schwester ja gleich mal besuchen gehen.“   „Morgen?! Warum schon so früh?“, stieß Ayato entsetzt aus. – „Warum nicht? Mein Klassentreffen ist in zwei Wochen, du wirst die Leute also noch früh genug kennen lernen. Warum sollten wir bei deiner Schwester warten?“   Der Ghul haderte einen Moment mit sich. „Grrr, na gut. Von mir aus“, zischte er. – Karma kicherte leicht. Er zog Ayato wieder zu sich runter und lenkte ihn mit küssen ab. Er würde ihn schon noch vollkommen davon überzeugen, aber jetzt hatten sie erst einmal wieder etwas anderes zu tun. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)