Vertauscht von lullulalla (Vertauschte Welten) ================================================================================ Kapitel 12: Ein bisschen Alltag ------------------------------- 12 Ein bisschen Alltag AKEMI „Komm schon, alles ist gut. Vertrau mir.“ T.K., der neben mir stand, versuchte mir Mut zu machen. „Die anderen haben dich wahnsinnig vermisst. Du musst keine Angst haben, die sind alle lieb.“, beruhigte er mich und lächelte mich aufmunternd zu. Nicht wirklich überzeugend lächelte ich zurück. Ich schluckte. Wir standen vor dem Schultor und in wenigen Minuten würde es wohl zur ersten Stunde klingeln. Die meisten Schüler hatten schon das Schulgebäude betreten und obwohl wir zu spät kommen würden, wenn wir nicht jetzt gleich in unsere Klasse gehen, konnte ich mich nicht dazu aufbringen weiterzugehen. Ich hatte Angst…Wahnsinnige Angst! „Aber ich kenne doch niemanden!“, krächzte ich. Das zumindest entsprach der reinen Wahrheit. „Ich bin doch bei dir. Und Yolei und Ken auch. Davis nicht zu vergessen.“ Wieder lächelte er schief. „Und sie kennen dich. Und sie alle mögen dich.“, entgegneter er sanft und legte mir beruhigend eine Hand auf meine verkrampfte Schulter. „Außerdem hat der Arzt gesagt, du sollst so viel wie möglich von deiner vertrauten Umfeld erleben. Das würde die Wahrscheinlichkeit enorm erhöhen, damit du dich wieder an deine Vergangenheit erinnern kannst.“, fügte er hinzu. Dazu schwieg ich nur. Bestimmt nahm er meine Hand und zog mich mit sich. „Na komm, du Angsthase!“ Angsthase traf es im Moment ziemlich genau. „Na schön…“, murmelte ich und ließ mich mitziehen. Die Klasse begrüßte mich freudenstrahlend und auch der Klassenlehrer klopfte mir aufmunternd auf die Schulter. Sie alle wussten, wie es um mich war und hatten volles Verständnis für meine „Amnesie“. Auch Yolei, Ken und Davis waren in der Klasse, was mich sehr freute. In der Pause kamen einige Klassenkameraden zu uns und sie stellten sich sogar von Neuem vor. Es war, als hätte ich eine andere Welt betreten, denn es war einfach so anders als meine alte Schule. Hier dachte niemand darüber nach, wer aus welcher Familie kam und welchen Stand sie hatten. Die Herkunft war völlig egal, alle wurden gleich behandelt. „Wir müssen unbedingt zusammen shoppen gehen, Kari!“, meinte Yolei und klatschte in die Hände. „Am besten nehmen wir Momoko und Shiori mit! Mit denen sind wir schon öfters shoppen gegangen!“ „Gerne.“, erwiderte ich lächelnd und nippte an meinem Kaffee. Die Schule war aus und wir hatten uns in ein Café, ganz in der Nähe der Schule, gesetzt. „Hey, und wir?“, maulte Davis von der Seite und zeigte auf sich, T.K. und Ken. Yolei verdrehte die Augen. „Was wollt ihr Jungs denn bei dem ganzen Mädchenkram machen?“ Er zuckte die Schultern. „Wir wollen aber auch dabei sein. Stimmt’s?“ Er schaute seine beiden Freunde an. T.K. hob eine Augenbraue. „Nee, danke. Ohne mich.“, antwortete er dann grinsend. „Ich möchte auch nicht, danke.“, fügte Ken hinzu. Davis runzelte die Stirn, während nun Yolei die Augen verdrehte. „Davis, alles, was du bei dem Treffen machen kannst, ist als Packesel mitzukommen. Du kannst ja unsere Tüten tragen.“ Sie zwinkerte mir zu und ich kicherte. Sofort versteinerte sich Davis’ Miene. „Ach…nee, danke. Vergessen wir die Sache.“, murrte er. T.K. klopfte ihm auf den Rücken. „Ich glaube, du brauchst dringend eine Freundin, mein Guter.“ „Ach, halt die Klappe.“ „Da fällt mir ein, wir müssen dir noch von der Projektwoche erzählen.“ Ken wandte sich mir zu und ich schaute ihn fragend an. „Welche Projektwoche?“ „Ah, genau! Gut, dass du das erwähnst!“, sagte Yolei nickend und drehte sich zur Seite, um sich ihre Schultasche zu greifen. Sie holte eine Folie mit einigen Seiten darin heraus und übergab sie mir. „Hier, das ist für dich. Da stehen die ganzen Infos drauf. Wir müssen in diesem letzten Schuljahr ein Projekt in Kleingruppen machen, für eine Woche, beziehungsweise fünf Werktage. Das ganze stellen wir dann als Referat vor und wird ein Teil unserer Gesamtnote.“ T.K. nickte zustimmend. „Das Gute ist, du bist mit Yolei und Davis in der gleichen Gruppe.“ „Ach super.“, freute ich mich. „Und ihr beiden?“ Ich schaute ihn und Ken an. Ken seufzte betrübt. „Wir haben es leider nicht in eure Gruppe geschafft.“ „Wir sind die kleinste Gruppe, nur zu zweit. Ganz schön gemein, aber ich denke, das ist okay so.“ T.K. klopfte Ken aufmunternd auf die Schulter. Ich lächelte und blickte schließlich auf den Zettel von Yolei. „Und was haben wir für ein Projekt?“ „Das ist uns eigentlich selbst überlassen. Wir können das auch als eine Art Praktikum gestalten und bei irgendeiner Firma nachfragen, ob wir dort bei deren Arbeit zuschauen können. Wäre doch ganz spannend, oder?“, schlug Yolei vor. Davis verdrehte die Augen. „Warum soll ich für wildfremde Menschen arbeiten und das für lau? Lass doch lieber bei der Sportuni hier nachfragen, ob wir im Fussballverein reinschauen können. Das wäre viel spannender.“ „Fussball? Das ist so gar nicht mein Ding.“, entgegnete Yolei und verzog die Miene. „Dann schlag was besseres vor!“, maulte Davis sie an. „Wie wär’s beim Gericht? Bei einem Anwalt oder so? Vielleicht könnten wir sogar bei einem Gericht live dabei sein.“, schlug sie vor. „Ich glaub nicht, dass sie euch da reinlassen werden.“, sagte Ken. „Hast du eine Idee, Kari?“ T.K. wandte sich mir zu und ich dachte ebenfalls nach. Obwohl ich alle noch nicht so lange kannte, wusste ich ungefähr, was sie mochten und was nicht. Sie hatten teils so verschiedene Hobbys, dass ich mich fragte, wie sie wohl Freunde geworden waren und sich so gut verstanden. „Tja, ich weiß auch nicht genau. Wie wär’s wenn wir mal im Internet oder in der Zeitung nach interessanten Jobs Ausschau halten? Vielleicht nehmen die uns ja als Praktikanten an?“ „Aber gleich drei?“, zweifelte Davis. „Die meisten tun sich ja schon schwer einen einzigen anzunehmen.“ „Außerdem sind es nur fünf Tage, ich glaube, das macht keiner.“, bestätigte auch Yolei. Ken blickte T.K. an. „Wir bräuchten auch langsam mal eine Idee für unser Projekt.“ T.K. nickte. „Das ist alles gar nicht so einfach…“ Yolei seufzte und schaute auf die Uhr. „Am besten überlegen wir selber was bis zu unserem nächsten Treffen. Jeder kann ja mal paar Ideen mitbringen. Ich müsste sowieso langsam los.“ „Bin ich dafür. Dann lass uns am Samstag in der Stadt treffen.“, erwiderte Davis und wir nickten zustimmend. „Ich bring dich noch nach Hause, Kari.“ T.K. wandte sich mir zu, während wir aufstanden. Überrascht blickte ich ihn an. „Das brauchst du doch nicht. Ich habe mir den Weg hier aufgeschrieben. Das ist gar nicht so weit weg.“, sagte ich lächelnd und kramte aus der Tasche ein weißes Papier mit der Wegbeschreibung heraus. Er schüttelte den Kopf. „Quatsch. Ich bring dich heim und damit basta.“ „A-aber…“ „Na los, Kari. Lass dich von ihm nach Hause bringen.“, sagte nun auch Yolei. „Wir sehen uns dann morgen in der Schule!“ Und damit verabschiedeten sich die anderen. „Wann findet diese Projektwoche denn statt?“, fragte ich ihn als wir durch die Häuser schlenderten. „In zwei Wochen soll es losgehen.“, antwortete er und seufzte dann. „Irgendwie freue ich mich drauf, aber irgendwie auch nicht.“ Fragend schaute ich ihn an. „Naja, die Woche wird bestimmt ganz interessant. Auch, weil wir da keine Schule haben und so. Aber danach müssen wir diese blöde Hausarbeit schreiben und dann noch dieses Referat…“ Ich nickte zustimmend. „Ja, du hast Recht. Und du und Ken, ihr wisst auch noch nicht, was ihr machen wollt?“ Langsam nickte er, während er wohl über etwas nachdachte. „Ich hätte schon ein paar Ideen, aber ich weiß nicht, ob Ken das auch möchte.“ „Zum Beispiel?“ „Naja…Wir haben hier in Tokyo so viele verschiedene Schulen. Deshalb fände ich es ganz interessant mal zu sehen, wie die anderen Schulen sind. Ich meine damit nicht die öffentlichen Standardschulen, sondern auch mal eine Privatschule, oder eine Akademie. Wir könnten zum Beispiel jeden Tag eine neue Schule besuchen und die Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufschreiben.“ „Jeden Tag eine neue?? Ist das nicht ein wenig…anstrengend?“, zweifelte ich. Jeden Tag eine neue Schule, die endlosen Wege und neue Schüler und Lehrer. Wie anstrengend das sein musste. „Vielleicht ist jeden Tag auch zu knapp. An einem Tag kriegt man wahrscheinlich kaum Infos, du hast recht.“ „Das meinte ich eigentlich nicht…“ „Ist vielleicht auch keine so gute Idee.“, meinte er und kratzte sich den Kopf. Dann grinste er wieder. „Wird schon schief gehen.“ Zu Hause legte ich meine Tasche beiseite und ging in das Wohnzimmer. Dort lag Tai auf dem Sofa und zappte mit der Fernbedienung durch die Sender. Er hatte heute keine Uni, weshalb er seine Familie heute besuchte. Allerdings stellte es sich am Ende heraus, dass Frau und Herr Yagami bis spät abends nicht daheim sein würden und ich war auch erst nachmittags zu Hause. Er hatte heute also den ganzen Tag nichts zu tun. „Warum mache ich mir überhaupt die Mühe hierher zu kommen, wenn eh niemand da ist.“, brummte er und schaltete den Fernseher aus. Ich setzte mich auf den Sessel. „Ich bin froh, dass du gekommen bist.“, entgegnete ich höflich, aber er brummte wieder. „Jaja.“ Er gähnte. „Was gab’s Neues in der Schule?“ Ich blickte ihn für einige Sekunden an, ehe ich antwortete. „In der Schule…“ „Ja, in der Schule. Da, wo ich ja zum Glück nicht mehr bin.“ Er lachte kurz, als er plötzlich inne hielt. „Ach scheiße.“, rief er und setzte sich auf. „Dein erster Schultag!!“ Ich verkniff mir ein leises Grinsen und nickte. Er schlug die Hand gegen seine Stirn. „Oh man, tut mir leid. Das habe ich total vergessen. Ich war seit Tagen nicht mehr hier und dann die Uni… Stimmt, heute bist du ja wieder zur Schule gegangen!“ „Ist schon in Ordnung. Kein Problem.“, beruhigte ich ihn. „Schule war ganz okay. Die Klasse war wirklich sehr nett und der Lehrer war auch zuvorkommend.“, berichtete ich ihm. Er nickte zögernd. „Und…kam dir irgendetwas…vertraulich vor?“, fragte er vorsichtig. Einen Moment schwieg ich. „Nein. Tut mir leid.“, antwortete ich schließlich schwach. Er seufzte und ich versuchte mein schlechtes Gewissen im Zaun zu halten. Schließlich stand er auf und tätschelte mir den Kopf. „Du brauchst dich doch nicht zu entschuldigen.“ Er lächelte mich an. „Das wird schon wieder.“ Ich erwiderte sein Lächeln nur schwach. „Hast du Hunger? Lass uns mal was zu Essen machen. Mama und Paps wollen vielleicht nachher auch was.“, wechselte er das Thema. Ich ging darauf ein. „Klar. Bin dabei.“ ——————— TAKERU „Und? Wie findest du die Idee?“ Ken schwieg für einen Augenblick. „Hm…“, machte er schließlich vom anderen Ende des Handys. „…Wenn’s dir nicht gefällt, sag es ruhig.“, sagte ich und senkte die Schultern. Vielleicht war die Idee ja doch nicht so toll. „Ja, klingt eigentlich super.“, antwortete er schließlich und ich fing an zu grinsen. „Also bist du dabei?“ „Dabei bin ich sowieso. Die Idee find’ ich ganz gut. Andere Schulen besuchen und mit den Schülern dort Interviews führen…“ Er schwieg für einen Moment. „Aber…“ „Aber?“, hakte ich nach. „Vielleicht ist jeden Tag eine neue Schule besuchen zu viel. Wir bräuchten dann von fünf Schulen die Erlaubnis, dass wir deren Schule besuchen können. Und in einem Tag kriegen wir bestimmt nicht genug Infos.“ „Ja, darüber habe ich auch nachgedacht. Vielleicht sollten wir uns nur auf zwei oder so entscheiden?“ „Genau. Vielleicht reicht sogar nur eine? Wir könnten die dann mit unserer Schule vergleichen.“ „Wir schauen einfach mal. Lass uns mal raussuchen, welche Schule oder Akademie denn so interessant sein könnte.“, schlug ich vor. „Das sollte eine sein, die ein totales Gegenteil ist zu unserer Schule. Irgendwas extremes.“ „Klingt gut.“, erwiderte ich lächelnd und schrieb es mir auf einen Zettel auf. „Wie läuft es so mit Kari?“, fragte Ken plötzlich. Ich hob überrascht die Augenbrauen. „Wie meinst du das?“ „Naja…Ich möchte mich nicht einmischen. Aber seit dem Unfall…Also…ihr ward doch verlobt und so…Und jetzt kann sich Kari ja nicht erinnern und…“, stotterte er und ich konnte mir vorstellen, wie er rot wurde. „Keine Sorge. Wir haben das schon geklärt. Wir…“, ich schwieg kurz. „Tut mir leid. Ich hätte nichts sagen sollen!“, entschuldigte sich Ken etwas panisch. „Nein, quatsch. Alles okay. Kari und ich… Wir haben die Verlobung erst mal zurückgezogen.“, antwortete ich matt. „Zu…zurückgezogen?“ Er klang etwas verdattert. „Ja…Solange ihre Erinnerung noch nicht wieder da ist. Sie weiß ja im Moment nicht wirklich, wer wir sind und sonst wäre sie mit einer wildfremden Person irgendwie verlobt.“ Ich schluckte schwer. „Das tut mir sehr leid.“, antwortete er leise. Ich lachte auf. „Man, Ken! Entschuldige dich nicht ständig! Wir sind doch Kumpels, verdammt!“ „T-Tut mir leid…ich meine…ehh…“ Ich verdrehte die Augen. „Entschuldigung nicht angenommen.“ „Was?!“ Ich grinste und blickte dann auf die Uhr. „Okay, ich leg jetzt auf. Meine Mutter kommt gleich wieder und ich muss noch Essen machen.“ „Okay… Dann sehen wir uns morgen.“, erwiderte Ken. „Yep. Bis dann!“ „Bis morgen, T.K.“, verabschiedete er sich und legte auf. 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