Auch Prinzessinnen weinen nachts von Anwysitna ================================================================================ Kapitel 3: Anna --------------- Meine Freund*innen im Orden hatten wohl kaum einen besseren Eindruck von meiner besten Freundin bekommen können. "Warum hast du eigentlich so eine Mainstream-BFF?", hat mich Paul einmal gefragt, damit das Thema angesprochen…und danach begann eine komische Zeit. Eine Zeit, in der ich nicht wusste, ob ich Rose oder den Orden im Stich lassen musste.   Ich liebte Rose über alles, aber sie war nicht bereit für die reale Welt, in der ich lebte. Und ich wollte sie auch nicht gefährden, als Mensch wurde man nicht von allen verschiedenen Orden gut behandelt. Rose kannte ich seit klein auf, und ich mochte sie einfach. Sie kannte mich, sie verstand mich, auch wenn sie nichts mit dem ganzen Vampirkram anfangen konnte. Es hatte mich nie gestört, schließlich gab es auch so viel anderes, worüber ich mit ihr reden konnte, aber ihr blieb eine Welt, die reale Welt, so wie sie ist, verschlossen. Der Orden nannte die Menschen, die nicht bescheid wussten, verblendet. War es egoistisch von mir, mich trotzdem so an unsere Freundschaft zu klammern? Auch wenn ich ihr nicht alles sagen konnte, mein Leben würde sich leer ohne ihre zögerliche sonnige Art anfühlen. Sie war Dinge, die ich nicht sein konnte, trotz ihrer Krankheit energiegeladen und sah die Welt im Gesamten immer positiv, baute mich auf, wenn ich deprimiert oder traurig war, weil ich nichts an der Welt ändern konnte. Auch der Orden war eine Familie für mich geworden. Ich hatte nicht gedacht, dass einige Vampire uns Menschen gut und beinahne ebenbürtig behandelten, obwohl sie stärker waren und uns leicht kontrollieren konnten. Und dass sie wie Paul auch Freundschaften schlossen und wir hier alle zusammen hielten wie in einer Familie. Paul, Mary und Jake waren für mich ebenfalls wichtig geworden, besonders Mary wollte ich beschützen, auch wenn ich das eigentlich nicht konnte. Rose würde das nicht verstehen. Ich hätte sie nie in den Orden hineinziehen dürfen, das war ein Fehler gewesen. Rose war die perfekte beste Freundin für mich, aber sie hatte mit einem Vampirorden nichts am Hut. Echte Vampire. Ich konnte Rose die Wahrheit erzählen, aber für sie gab es nun mal keine Vampire, auch wenn sie vor ihr standen. Ich war ihr schon echt dankbar dafür, dass sie versucht hatte, sich nichts anmerken zu lassen, aber ich merkte einfach, wie unwohl und unsicher sie sich den Großteil der Zeit gefühlt hatte.   Mit steifem Nacken wachte ich in meinem Chillersessel auf und musste feststellen, dass das Sofa vor mir leer war. Rose musste aufgestanden sein und ich konnte nur hoffen, dass ihr nichts passiert war. Sie hatte einen ihrer Brech-Schwindelanfälle hinter sich, die ich auch aus meiner Kindheit kannte, nur das dieser hier der bisher schlimmste war, darum wollte ich auf sie aufpassen. Ich hatte noch nie gesehen, wie sie bei einem ihrer Anfälle weggetreten war, bisher war sie immer ansprechbar gewesen. Schnell verfluchte ich mich fürs Einschlafen, dann stand ich auf und fing an, Rose zu suchen. Paranoid, wie ich war, schaltete ich in jedem Raum zuerst das Licht an, bevor ich ihn betrat. Viele Kreaturen leben im Schatten. "Rose?", flüsterte ich ängstlich. Sie musste in der Wohnung sein, da die Eingangstür von innen verschlossen war. "Rose, wo bist du?" In der Küche fand ich einen meiner Vanillepuddings am Boden liegen. Anscheinend hatte ihn Rose gegessen, doch normalerweise räumte sie den Müll sofort weg, weil sie superordentlich war. Hatte vielleicht jemand eingebrochen? Bei dem Gedanken stellte sich meine Gänsehaut auf. Was, wenn etwas hier gewesen war und Rose etwas angetan hatte?   Ein Scheppern unterbrach meine Gedanken. "Rose!" Das Geräusch musste aus dem Badezimmer gekommen sein. Schnell bewaffnete ich mich mit einem Küchenmesser, dann rannte ich los. Wenn jemand meine Freunde bedrohte, würde ich keine Gnade zeigen. Schließlich hatte ich sechs Jahre Kampfsporterfahrung. Sie war neben dem Bad auf der Toilette. Licht sah ich keines, aber Roses Stöhnen war laut genug. Hatte sie schon wieder einen Anfall? "Rose?" Ich klopfte gegen die Tür. "Rose mach die Tür auf." Als Antwort erhielt ich nur ein leises Röcheln. "Ich kann dir helfen, mach nur die Tür auf", versuchte ich es nochmal. Etwas stieß gegen die Tür, dann rutschte es an ihr herab. Rose bekam die Tür nicht auf, erst jetzt wurde mir das klar. "Halt durch Rose", sagte ich, dann machte ich mich auf die Suche nach einer Münze, um die Toilettentür aufzusperren. Dieses alte Toilettenschloss war in diesem Fall sehr praktisch. Gesagt getan, nach einer guten Minute Suche fand ich eine passende Münze und konnte die Tür aufmachen.   Rose kauerte am Boden. Anscheinend hatte sie wieder erbrochen, zumindest war es nass und roch komisch. "Rose?", leicht stupste ich sie an und sie stöhnte wieder. "Rose ich ruf die Rettung, du brauchst wirklich Hilfe", begann ich zu reden, dann fuhr Rose herum, packte mich am Arm und ich verlor das Gleichgewicht, hinter mir die offene Toilettentür. Mit dem Rücken kam ich am Fliesenboden vor der Toilette auf und anfangs noch verwirrt in ihre glühend roten Augen. …die Augen eines Vampirs. Ich konnte nur zusehen, als sie sich über mich beugte, meinen Kopf zur Seite drehte und ihre Fänge in meinem Hals versenkte, während sich mein Puls beschleunigte. Sanft umfasste ich ihren zitternden Körper, spürte ihre Schmerzen, ihren Hunger…und schloss die Augen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)