Die 5 Idioten und ich von Misses-Law ================================================================================ Kapitel 6: Ignorieren und ignoriert werden ------------------------------------------ Es war nun schon eine Woche her, dass Rafael mir geholfen hatte. Es ist seitdem nicht mehr viel passiert, nur scheint Armin so gut es geht mir aus dem Weg zu gehen. Ich weiß einfach nicht, was mit ihm los ist. Weswegen ich immer wieder versucht habe mit ihm zu reden, aber er war schon weg, als ich ihn nur kurz zu Gesicht bekam. Also gab ich es nach einiger Zeit auf, auch wenn ich die eine letzte Chance noch irgendwann ergreifen werde, und konzentrierte mich auf meine neue Schule, die ich nach diesem Wochenende besuchen werde. Meine ganzen Sachen hatte ich schon zusammen, doch wurde ich von Stunde zu Stunde aufgeregter. Zu meinem Glück besuchen Sam und Armin dieselbe Schule, obwohl… Momentan kann man das wohl eher weniger als Glück bezeichnen. Armin ignoriert mich und mit Sam streite ich mich nur. Sie sind zwar nicht in meiner Klasse, doch morgens den gleichen Weg laufen, kann auch schon schwierig werden. Mal hoffen, dass wir uns nicht gegenseitig den Kopf einschlagen werden. Ich ging gerade aus meinem Zimmer, als ich Armin zum Bad laufen sah. Jetzt war eine gute Gelegenheit mit ihm zu reden. Ich habe mir selber gesagt, wenn sich die letzte Chance bieten lässt, dann werde ich sie ergreifen. Schnell rannte ich zur Badezimmertür und versperrte diese, bevor mein Ziel hinter ihr verschwinden konnte. Mein Gegenüber sah mich erst überrascht mit großen blauen Augen an, als sein Blick zu traurig und eine Sekunde danach zu Enttäuschung wechselte, so schnell, dass ich dachte ich hätte mir das nur ausgedacht. „Warum ignorierst du mich?“ fragte ich direkt und mit fester Stimmt. „Was meinst du?“ lautete seine Gegenfrage. Er sah sich kurz nach einen Ausweg um, um doch noch irgendwie ins Bad zu gelangen, doch als er erkannte, dass sein Wunsch unmöglich war, nahm er seinen Blick von mir. „Was ich gesagt habe? Warum ignorierst du mich schon seit einer Woche?“ wiederholte ich mit ärgerlicher Stimme. „Ich ignoriere dich gar nicht. Es waren nur Zufälle, dass ich immer gehen musste, wenn du gekommen bist“, antwortete er dem Boden. „Das sehe ich anders.“ Ich stellte mich vor seinem Gesicht, hielt es mit meinen zwei Händen fest und zwang ihn mir direkt in die Augen zu sehen. „Du sagst mir jetzt was los ist, sonst werde ich noch richtig wütend“, zischte ich ihn an. „Warum war Rafael hier?“ nuschelte er so leise, dass ich ihn nicht verstand. „Was hast du gesagt?“ „Warum war Rafael hier??!!“ fragte er nun laut und ärgerlich. Er versuchte meinem Blick auszuweichen, doch gelang es ihm nicht. Ich sah ihn erst verwundert und mit großen Augen an. „Das ist dein Problem?“ Meine Stimme klang genauso verwundert, wie mein Blick aussah. „Ja und?!“ versuchte er scheiternd zu kontern und ein leichter Rotschimmer bildete sich auf seinen Wangen. „Er hat mir geholfen die Möbel aufzubauen“; erklärte ich in einem monotonen Ton. „A-aber warum? Das hätte doch auch einer von uns machen können. Ich hätte dir gerne geholfen.“ Er versuchte sich vergebens aus meinem Griff zu befreien. „Wenn jemand hier gewesen wäre und sich nicht alle verzogen hätten, hätte ich vielleicht auch jemanden von euch gefragt.“ Monoton wechselte zu Aufgebrachtheit. „Du hättest dann ja auch warten können.“ Seine Stimme klang hilflos. „Ich glaube wir kommen vom Thema ab. Warum stört es dich, dass Rafael hier war? Er hat mir doch nur geholfen“, versuchte ich ihn zu rechtfertigen. „Er hat wahrscheinlich ‚nur‘ geholfen“, betonte er besonders und sah mir nun tief in die Augen, „aber das wird nicht das Einzige gewesen sein. Hast du ihm deine Nummer gegeben?“ Ich sah ihn sprachlos an und wusste nicht ganz was ich sagen sollte. Warum interessiert ihn das überhaupt? „Ich deute dein Schweigen dann mal als ja. Er hat dir bestimmt auch so gut wie jeden Tag geschrieben und immer mit kleinen Herzen und sowas alles?“ Es war zwar eine Frage, doch klang es eher wie eine besorgte Feststellung. Warum weiß er das? „Hast du ihm denn auch auf so eine Art geantwortet?“ „Nein. Ich finde das irgendwie unangenehm und unnötig. Mir ist sowas auch zu viel.“ Warum sage ich ihm das? „Hör zu. Ich kenne Rafael und er hat es eindeutig auf dich abgesehen“, erklärte er mir. „Was?“ fragte ich fassungslos. „Es ist wahr!“ bestätigte der Schwarzhaarige. „Warum interessiert dich das überhaupt?“ fragte ich nun eindringlich und löste meinen Griff von ihm. Trotzdem sah er mich weiterhin in die Augen, nur schienen ihm die Worte im Hals zu stecken. „Wenn es so wäre, was ich nicht glaube, dann ist das doch wohl mein Problem?“ fuhr ich wütend fort. „Ich möchte dich doch beschützen“, nuschelte er. „Ich möchte dir doch helfen, außer du stehst auch auf ihn“, korrigierte er sich und wirkte enttäuscht. „Was? Nein! Das wird auch nicht passieren“ sagte ich entsetzt, auch wenn ich mir das Letzte, hätte verkneifen können. Seine Miene hellte sich etwas auf, woraufhin ich ihn nur fragend ansah, aber trotzdem noch wütend. „Ich kann mir aber gut selber helfen, trotzdem danke für den Tipp“; warf ich ihm noch wütend ins Gesicht und ging weg. „Warte“, rief er mir hinterher. „Das kannst du vergessen. Wer hat den wen zuerst ignoriert?“ Ich drehte mich erst gar nicht um, sondern lief weiter zur Haustür, öffnete diese und knallte sie wütend wieder zu. „Leise reden ist auch nicht mehr so, oder?“ erklang auf einmal die Stimme von Dave hinter Armin. Dieser schreckte kurz zusammen und sah seinen Mitbewohner an. „Was ist denn mit dir passiert?“ fragte er erstaunt. „Hm?“ fragte der Angesprochene. „Für mich klang das eher weiniger fröhlich, also warum lächelst du?“ „Ich weiß nicht was du meinst.“ Ohne ein weiteres Wort zu sagen ging er mit dem breitesten Lächeln, was Armin je zu Stande bekommen hat ins Bad. „Ich habe noch nie so viele Emotionen und Gesichter von Armin gesehen“, lachte der Weißhaarige und sah, der schon längst verschwundenen Alex nach. Ich war mit der besten Laune, die es auf der ganzen Welt gab, auf dem Weg zu meinem Vorstellungsgespräch in einem Café, um endlich Geld für meine Miete aufzutreiben. Wütend stopfte ich mir meine Kopfhörer in meine Ohren und stellte meine Musik so laut, wie es nur geht. Der Bass war anscheinend so laut, dass ich ein paar Passanten sich kopfschüttelnd nach mir umdrehten, doch war mir das sichtlich egal. Ich würde ihnen nur mein wirklich angepisstes Gesicht zeigen, also sah ich auf den Boden und verfluchte die Welt. In meinem Kopf schwirrte den ganzen Weg über das Wort Vollidiot umher, als ob es irgendeine Beschwörung von einem Dämon wäre. Ich bereute es mit Armin geredet zu haben, zu mindestens in diesem Moment. Denn mit so einer Stimmung zu einem Vorstellungsgespräch zu gehen, ist vielleicht nicht die beste Wahl. Aber wer hätte denn auch so etwas erwartet. Warum stört es ihn denn, wenn ich etwas mit Rafael zu tun habe und warum musste ich ihm sagen, dass ich nie auf ihn stehen werde. Sowas peinliches. Ein leichter Rotschimmer bildete sich unerklärlicher Weise auf meinen Wangen und ich verfluchte diesen Vollidioten nur noch mehr. Vollidiot, Vollidiot, Vollidiot!! Fuhr ich mein Mantra fort. Nach zehn Minuten des weiter verfluchen, war ich nun endlich angekommen und setzte das beste Lächeln auf, was ich in diesen Moment zustande bekam. Ich ging in das Café und stellte mich bei der Kellnerin vor, die zu mir kam. Sie begrüßte mich mit einem Lächeln und beschrieb mir den Weg zum Büro des Chefs. An der Tür angekommen, klopfte ich zweimal und man hörte ein lautes ‚Herein‘. Sachte öffnete ich die Tür und lächelte den Mann hinter dem Schreibtisch freundlich zu. Er stand auf und streckte mir seine Hand entgegen, die ich mit Freude ergriff. „Sie sind also Alex Sayer, die sich für die freie Stelle beworben hat?“ „Genau“, antwortete ich mit fester Stimme. Meine schlechte Laune schien wie weggeblasen und ich konnte den Chef aufrichtig anlächeln. „Gut, dann setzen Sie sich doch.“ „Danke.“ Gesagt, getan. Ich setzte mich, genauso wie er, hin nur auf die andere Seite des Schreibtisches und sah meinem Gegenüber in die Augen. „Wie kommt es denn, dass Sie sich für diese Stelle interessieren?“ „Ich bin gerade hier her gezogen und war auf der Suche nach einem Job, den ich wenn möglich nur am Wochenende ausüben kann. Da ich nun gerade mit meinem Abitur mache und das Geld benötige um meine Wohnung zu finanzieren“, erklärte ich ihm. „Oh, so ehrlich habe ich noch nie einen bei den Vorstellungsgespräch erlebt“, antwortete er verwundert und schien etwas überrollt. „Oh, das tut mir leid. Ist das schlecht?“ fragte ich besorgt. „Ganz in Gegenteil. Es ist mal sehr erfrischend, dass mal jemand sagt, dass er wirklich das Geld braucht und die Fakten auf den Tisch legt, ohne irgendwie eingebildet zu klingen oder überheblich“, lachte er. „Aber Sie sollten das nicht bei jedem machen, ich bin da etwas sehr eigen.“ „O-ok, danke“, stotterte ich. „Na, seien Sie doch nicht so schüchtern. Es ist ein nett gemeinter Rat von einem alten Mann“, lachte er immer noch. „Haha, danke. Aber so alt sind Sie doch noch gar nicht?“ Ich wünschte ich kann hier arbeiten, so einen Chef habe ich noch nie erlebt und es ist wirklich angenehm und beruhigend mit ihm zu reden. „Also mit Schmeicheleien kommen Sie hier nicht weiter, davon halte ich nichts“, sagte er auf einmal ernst. „D-das sollte nicht als Schmeichelei gelten, es war nur so eine Feststellung“, versuchte ich mich nervös zu verteidigen. Vielleicht war er doch nicht so, wie ich gedacht habe. „Na dann ist ja gut“, sagte er auf einmal übertreiben eingebildet, musste aber schon im nächsten Moment wieder anfangen zu lachen. Ich stieg mit ein und so wurde der Raum von Gelächter gefüllt. Er war doch nicht so verkehrt. „Ein Anruf auf Leitung zwei“, erklang auf einmal eine weibliche Stimme hinter mir und ich drehte mich um. Die Stimme gehörte einer wunderschönen Frau mit blonden langen Haaren, die ihr feines Gesicht umrahmten und grünen Augen, die hinter einer schwarzen Brille nur noch größer wirkten. Ihre schmale Figur ummantelte eine weiße Bluse mit passenden schwarzen Rock. Ihre gebräunte Haut war von manchen Tattoos bemalt, die sie irgendwie nur noch schöner wirken ließen. „Ich bin beschäftigt. Ich muss hier ein Vorstellungsgespräch führen“, antwortete der Chef, als wäre nichts gewesen. „Oh.“ Nun sah sie mich an und meine Stimme steckte im Hals fest. „Gut dann geh ich wieder und sage, dass Sie beschäftigt sind“, verabschiedete sie sich und ging aus dem Zimmer. Doch bevor die Tür sich ganz schloss, lächelte sich mich an und zwinkerte mir zu. Ich starrte sie noch an, als sie schon längst verschwunden war und vergaß, dass ich noch bei einem Vorstellungsgespräch war. „Haha“, hörte ich auf einmal den Chef und drehte mich panisch um. „Eine wahre Schönheit, nicht wahr?“ Mit rotem Kopf sah ich meinen Gegenüber an und wusste nicht was ich sagen sollte. „Nicht dass Sie sie mir noch wegschnappen. Ich bin schon ein paar Jahre mit ihr liiert.“ Mein Kopf machte einer Tomate schon Konkurrenz und ich sah beschämt zu Boden. „I-i-ich stehe nicht auf F-frauen“, rechtfertigte ich mich. „Haha, das ist sehr gut, denn sonst könnte ich Sie nicht einstellen“, lächelte er mich an. „Was?“ Ich sah überrascht auf. „Sie haben richtig gehört. Ich denke ich werde Sie einstellen“, wiederholte er sich. „Sind Sie sich da sicher?“ fragte ich mit überraschter Stimme. „Warum fragen Sie das? Sie sind wirklich ein bisschen merkwürdig. Doch ich denke, Sie werden sich gut bei uns machen. Es sei denn Sie wollen nun doch nicht?“ fragte er besorgt. „Was? Nein, ich würde hier gerne arbeiten, a…“ „Dann ist ja alles gut“, unterbrach er mich mit einem Lächeln. „Aber Sie wissen doch fast gar nichts über mich. Ob ich denn schon ein paar Erfahrungen habe oder sowas in der Art. Sie haben gar nicht die Fragen gestellt, die doch sonst üblich sind und…“ „Nun hören Sie mal. Ich habe eigentlich schon im ersten Moment gewusst, dass ich Sie einstellen werde und meine Frau hat auch das Ok gegeben. Wenn man schon so viele Gespräche geführt hat wie ich, dann bekommen man ein Auge und Gespür dafür, wer geeignet ist und wer nicht. Seien Sie doch glücklich und hinterfragen Sie nicht alles.“ Er stand auf und reichte mir seine Hand. Ich tat es ihm gleich, doch wirklich sicher war ich immer noch nicht. „Nächste Woche haben Sie Schulbeginn oder?“ fragte er mich. „Ja, am Mittwoch“, antwortete ich ihm mit leiser Stimme. „Gut, dann können Sie sich ja morgen und Sonntag schon etwas einarbeiten und wenn Sie ihren Stundeplan bekommen, werden wir dann sehen, wie Sie arbeiten wollen und können“, erklärte er mir und schüttelte meine Hand mit einem festen Griff. „Ist gut“, antwortete ich nun mit etwas festerer Stimme und konnte es eigentlich immer noch nicht glauben. Ich habe eine super Stelle und kann schon morgen anfangen. Das Leben meint es wohl doch gut mit mir. „Und nun verschwinden Sie und genießen Sie noch ihren Tag. Ich erwarte Sie dann um zehn Uhr morgens vor der Tür.“ „Ja, ich danke Ihnen“, verabschiedete ich mich und ging aus dem Büro. „Ich wünsche Euch allen noch einen schönen Tag“, rief ich durch das Café und ging mit bester Laune wieder zurück in meine Wohnung. Ich sah kurz auf die Uhr und erkannte, dass es schon drei Uhr mittags war. Also hielt ich noch eben kurz an einen kleinen Supermarkt an und holte etwas Leckeres zu Essen. Heute gönnte ich meinen Jungs mal etwas und als ich aus den kleinen Supermarkt lief begrüßte ich die Passanten mit einem Lächeln. Nach nur sieben Minuten hatte ich es schon in die Wohnung geschafft und wurde direkt von Timo gegrüßt. „Nee-chan, ich habe Hunger“, jammerte er und fiel auf die Knie. „Alles gut Timo, hier habe ich Essen.“ Ich zeigte auf die Tüten und ging in die Küche. „Nee-chan, ich liebe dich“, rief er, während er mir folgte. „Ich weiß“, lachte ich und fing an, das Essen zu zubereiten. Nach einer guten halben Stunde fanden sich auch die anderen vier in der Küche zusammen und setzten sich an den Tisch. Während wir aßen, ignorierte ich Armin gekonnt. Er hatte es nicht anders verdient, hat er es ja auch eine Woche mit mir gemacht. Wir lachten und unterhielten uns, sogar mit Sam habe ich ganz normal geredet, was zu einiger Verwunderung der Anderen führte, doch war mir das egal. „Hey Leute, ich muss euch was Wichtiges erzählen“, erhob ich meine Stimme, als es gerad etwas stiller wurde. Alle sahen mich gebannt an und warteten nur darauf, dass ich weiter redete. „Ich habe den Job in dem Café bekommen“, sagte ich nun. Sie sahen mich mit großen Augen an und freuten sich nach einer kurzen Stille mit mir. „Was ist denn in die gefahren, dass die so jemanden wie dich einstellen?“ fing Sam nun doch ein Streit mit mir an. „Tja, ich habe wohl mehr drauf als du, wenn ich schon beim ersten Betrieb angenommen werde, wo ich mich bewerbe“, antwortete ich eingebildet und provozierend. „Was soll das denn wieder heißen?“ Er wurde etwas lauter und wollte sich wohl wieder mit mir anlegen. „Ich glaub, ich weiß wo deine Schwäche liegt. Du kannst nicht richtig zu hören.“ Während ich lauter lachte wurde sein Blick immer wütender. Yosch, der neben ihm saß, versuchte ihn zu beruhigen, doch musste er sich auf ein Lachen verkneifen. Letztendlich war dieser Abschnitt des Tages so wie immer und als der Tag sich zum Ende neigte, wünschte man sich gegenseitig gute Nacht und jeder verkroch sich in sein Zimmer, um dort über die Dinge nachzudenken, die einem im Kopf herumschwirrten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)