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Verborgen in Stille

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Die Rückkehr nach Hause

Ich schaute während der Fahrt aus dem Fenster und das Taxi fuhr zum Rande der Stadt. Die Häuser zogen an mir vorbei und ich versuchte an nichts zu denken. Wir konnten die Rush Hour umgehen. Gesprochen wurde wieder mal nicht viel. Gegen frühen Nachmittag erreichten wir einen kleinen privaten Flugplatz. Kleine vermutlich private Flugzeuge standen dort und in der Ferne konnte man schon einen Helikopter ausmachen. Es war kein Militärhubschrauber, wie man ihn aus Filmen kannte. Es war eine schwarze, etwas kleinere Maschine, deren Lack in der Sonne glänzte. Jack bezahlte den Taxifahrer und aufgeregt betrachtete ich den Hubschrauber. Mein Zuhause war beim Anblick des Heli vollkommen vergessen. Ich wollte immer irgendwann mal damit fliegen, aber dass ich es tatsächlich mal machen würde, hätte ich nie wirklich gedacht.

Allerdings hätte ich auch niemals gedacht, dass ich je Jet fliegen würde. So sehr ich mich auch auf das Helikopter fliegen freute, war auch ein wenig Wehmut in mir, denn es bedeutete das endgültige Ende unserer Reise. Nun ging es heimwärts. Eine Reise hinein in unseren Alltag. Ich würde wieder in die Schule gehen müssen, würde wieder am Nachmittag zum Baseballtraining gehen und Jack… Ja, Jack machte sein Ding weiter. So komisch dieser Job auch war …oder was auch immer er tat.

Eine recht große Frau kam auf uns zu. Sie trug ein enges schwarzes Oberteil, was ihre gut geformten Brüste zur Geltung brachte. Sie hatte kurze verstrubbelte blonde Haare und trug einen Helm unter dem Arm geklemmt. Sie schien etwas älter zu sein. Vermutlich Mitte bis Ende dreißig. „Hey Snake, schön dich wieder zu sehen“, meinte sie freundlich und reichte Jack eine zarte Hand mit lackierten Nägeln. „Hi, Rica“, nuschelte Jack mit seiner tiefen Stimme und drückte ihre Hand, „danke, dass du uns fliegst.“

Abwinkend meinte sie: „Ist kein Problem, ich muss dahinten auch was klären. White Shark will unbedingt, dass ich ihn beim nächsten Einsatz begleite.“ Ohne darauf etwas zu sagen grinste er nur und betrachtete die große Frau vor uns. Jack und ich waren beide nicht klein, doch tatsächlich war Rica nur wenige Zentimeter kleiner als wir. „Dein Rekrut“, fragte Rica und reichte auch mir die Hand. Als wir einander die Hände schüttelte stellte ich fest, dass sie einen ziemlich festen Händedruck hatte, welchen ich ihr gar nicht zugetraut hatte. Ihre Augen waren sturmgrau eine Farbe, wie ich sie selten gesehen habe. Ich nickte ihr zu und antwortete: „Ja, der bin ich. Ich bin Jazz.“ Sie nickte mir freundlich zu und sagte: „Alle bereit zum Abheben?“ Ich schaute begeistert auf den Helikopter und strahlte. Als ich doch Jacks eher missmutiges Gesicht erblickte, fragte ich verwirrt: „Was hast du?“ Er schüttelte den Kopf und winkte ab und ich merkte wie Rica noch einmal genau den Helikopter begutachtete. „Ich mag Helis nicht…“, raunte er und ich erinnerte mich an die erste Geschichte, die er mir vor Monaten anvertraut hatte. Ich dachte an die Jugendlichen und daran, dass Jack mit einem Heli abgestürzt war und nur knapp überlebte. Natürlich bestieg er Hubschrauber nicht mehr gerne.

„Ich geh noch mal eine Runde mit dem Hund“, meinte Jack und nahm Didi. Unschlüssig blickte ich ihm nach. So untypisch es auch war Jack so zu sehen, zeigte es doch wieder, dass er keine Maschine war.

Rica kam wieder und hatte zwei Kopfhörer in den Händen. Sie blickte sich um und fragte: „Nanu, wo ist denn Snake hin?“ Ich nickte in seine Richtung, während ich den Kopfhörer annahm, den sie mir reichte. „Fliegst du schon lange“, fragte ich Rica und sie nickte stolz. „Seit ich bei der Amry bin. Ich fliege dir alles. Hubschrauber, Jet, Linienflieger, Transportflieger. Nur ins All darf ich noch nicht fliegen! Das Fliegen ist das Beste, was man erfunden hat“, sagte sie begeistert und ihre Augen begannen zu leuchten.

Freundlich grinste ich sie an und nickte, während ich stolz berichtete: „Jet bin ich auch schon einmal geflogen. Das war total aufregend. Ich freue mich auch schon auf gleich.“ Rica grinste breit und freundlich sah sie aus. Ich konnte mir schlecht vorstellen, dass sie eine Spionin oder ähnliches war. Rica blickte zu Jack und sagte plötzlich mit ernster Stimme: „Weißt du, Jazz. Du wirkst sympathisch, also lass mich dir einen Rat geben. Pass auf, mit wem du dich einlässt. Wem du vertraust. Snake und die Menschen, mit denen er zu tun hat, sind nicht ohne. Die Freunde von heute können die Feinde von morgen sein.“ Ich erkannte den Satz! Hatte Jack ihn mir doch genauso gesagt, nur waren es nicht seine Worte, sondern Susannes, doch so sollte ich sie sicher nicht nennen.

„Ich kenne diese Worte“, meinte ich stirnrunzelnd und Rica grinste leicht. „Das waren Boss‘s Worte, Weisheiten, natürlich kennt Jack alle ihre Weisheiten und es ist nur richtig, dass er sie dir weiter sagt“, erklärte sie freundlich und nickte bestätigend.

„Kanntest du Boss“, fragte ich leise und sah kurz, ob Jack in Hörweite war, denn es war ihm sicher unangenehm über sie zu sprechen.

„Ja, ich hab sie häufiger zu Einsätzen gebracht und wieder abgeholt. Sie war ein großartiger Mensch. Ich weiß nicht, was damals passiert ist, aber ich glaube nicht das, was die Anderen meinen!“ Ich nickte leicht und Ricas freundliche und offene Art waren mir sympathisch. „Pass einfach auf dich auf. Im letzten Jahr ist einfach so viel Mist passiert…“, meinte sie nachdenklich.

Leise fragte ich sie: „Warst du auch bei dem Helikopterunfall, bei dem er so schwer verletzt wurde?“ Betroffen blickte sie mich an und schüttelte leicht den Kopf. „Nicht direkt…. Mein Mann kam dabei um…“ Mit großen Augen sah ich sie an und entschuldigte mich mehrere Male hintereinander. Ich hasste diese Fettnäpfchen!

Sie winkte ab und wich doch meinen Blick aus. „Woher solltest du das auch wissen“, meinte sie leise und schien kurz in Gedanken versunken zu sein, als Jack wieder kam.

„Wenn du magst können wir los, Rica“, meinte er und nahm ihr den zweiten Kopfhörer ab. Rica schien sich schnell gefasst zu haben und als sie hinter dem Steuerknüppel saß, leuchteten ihre Augen. „Will einer von euch vorne sitzen“, fragte sie und Jack schob mich schon zu ihr ohne etwas zu sagen. Ich freute mich, als der Boden unter uns kleiner wurde. Ich grinste und stellte fest, dass Helikopter fliegen weit aus angenehmer war als damals der Jet. Über die Kopfhörer konnten wir miteinander sprechen. Ich fragte viel nach und Rica erklärte mir alles, was ich wissen wollte. Ich fand es spannend zu wissen, wie der Heli funktionierte.

Während des Fluges drehte ich mich einmal zu Jack und sah ihn mit seinem Handy in der Hand. Er schien Nachrichten zu schreiben. Als er meinen Blick bemerkte und aufsah, grinste er kurz und raunte: „Bleib so.“ Er schien kurz etwas mit dem Handy zu öffnen und einen kurzen Moment später merkte ich, dass er ein Foto von mir gemacht hatte.

Ich grinste, schüttelte nur den Kopf und blickte wieder nach draußen. Nach knapp einer Stunde in der wir eigentlich nur Natur und wenig Straßen gesehen hatten, waren in der Ferne mehrere Gebäude zu erkennen. Je näher wie kamen, desto mehr erkannte man. Es war die Militärbasis auf welcher Jack und ich vor ca. fünf Tagen unsere Reise begonnen hatten. Rica sprach mit dem Tower, doch waren es nur Zahlen und kryptische Abkürzungen mit denen ich nicht viel anfangen konnte. Fast war ich ein wenig enttäuscht als wir aufsetzten und die Motoren abgestellt wurden.

Als Jack ausstieg konnte ich erkennen, dass er kurz durchatmete, ehe er Didi anleinte und auf dem Boden absetzte. Zu sehen, dass dieser Mann auch seine Schwächen hatte, ließ mich ebenfalls erleichtert sein. Bekam man doch häufiger das Gefühl, dass Jack fast wie eine Maschine sei. Ich trat neben ihn und legte ihm kurz die Hand auf die Schulter. Wir sahen einander kurz an und Jack grinste leicht, als er fragte: „Wie ist das?“

Ich sah zum Helikopter und stellte fest, dass Rica gerade eine Runde herum ging, vermutlich um zu überprüfen, ob irgendwas beschädigt wurde. „Das ist der Hammer und macht mir totalen Spaß“, antwortete ich und grinste. Jack schmunzelte.

Nachdem wir uns von Rica verabschiedet hatten, gingen wir zu seinem Motorrad. Es schien, als wollte er sich nicht aufhalten lassen. „Rica sagte mir gerade, dass sie ihren Mann verloren hat bei einem Unfall“, leise sprach ich und betroffen war meine Stimme. Ernst nickte Jack und murmelte: „Die Beiden waren ein top Team. Ein großer Verlust privat, als auch beruflich….“ Ich nickte und mir gingen ihre Worte durch den Kopf. Nachdenklich drehte sich Jack um und sah in ihre Richtung.

„Sie hatte mir auch einen Rat gegeben… Ich soll darauf achten, wer meine Freunde sind, denn die Freunde von heute können die Feinde von morgen sein, hat sie mir gesagt. Sie glaubt auch nicht, dass Boss oder Susanne Amerika verraten hat“, berichtete ich Jack leise und betrachtete sein Gesicht. Nachdenklich war es, doch nur wenig Melancholie spiegelte sich darin wieder. „Hm… Boss schien ihr also vertraut zu haben…“, sagte er leise, mehr zu sich als wirklich zu mir. Er holte sein Handy heraus und schien eine Nummer zu wählen. Doch noch bevor ich fragen konnte was er tat, redete er schon los.

„Kaz, ich bin´s. Hab gerade von Jazz erfahren, dass Rica zu Boss engeren Kontakt hatte, als ich dachte…“, raunte er leise hinein. Ich dachte an den großen blonden Mann mit der auffälligen Sonnenbrille.

„Wir könnten einen guten Piloten gebrauchen“, sagte Jack schnell und fügte hinzu, „kümmere dich darum, Miller.“ Wir sahen einander stumm an und Jack nickte, dass ich ihm folgen sollte.

Ohne noch etwas zu dem zu sagen, was er getan hatte, nahm er Didi auf den Arm und wolle ihn sich in die Jacke stecken, wie damals bei der Hinfahrt. Doch der Hund war über die Tage wohl gewachsen und schien darauf keine Lust zu haben. „Ach komm schon, stell dich nicht so an Didi“, murmelte Jack vor sich hin. „irgendwo musst du hin, ob es dir passt oder nicht.“ Jack nahm den Welpen und packte ihn kurzerhand in seinen Rucksack. Das Köpfchen schaute oben hinaus. Auch hier wollte der kleine Hund nicht bleiben und kaute an den Zugbändern des Rucksacks herum. Doch er kam einfach nicht heraus. „Lass uns endlich fahren“, meinte Jack und setzte sich auf sein Motorrad.

Kopfschüttelnd setzte ich mich hinter ihn und gemeinsam fuhren wir zurück in das alltägliche Leben.
 

Es war bereits dunkel, als wir am Abend in unserer Wohnsiedlung ankamen. Jack hob Didi aus dem Rucksack und schob das schwere schwarze Motorrad in seine Garage. Ich sah zu meinem Heim und sah den Wagen meines Vaters in der Einfahrt stehen. Der Kleinwagen meiner Mutter war weg. Sorge breitete sich in mir aus. Wieso war sie nicht da? Sie wusste doch, dass ich heute wieder kommen würde. Ich hatte mit ihr am Telefon darüber gesprochen!

Jack folgte meinem Blick und nickte kurz zu seinem Haus und gemeinsam betraten wir es. Es war kalt und sah eigentlich aus, wie wir es verlassen hatten. Doch Jack blieb stehen. Sondierte den Raum und ernst blickte er sich um. Ich wollte an ihm vorbei gehen, doch eine Hand hielt mich zurück.

„Etwas stimmt nicht“, sagte er ernst.

„Hast du die Fernbedienung auf dem Boden liegen lassen“, fragte er mich ruhig und hielt mich am Ärmel fest, als ich weiter in den Raum gehen wollte. Ich zuckte mit den Schultern und unschlüssig schaute ich ihn an.

Mit langen Schritten ging Jack zu seinem Arbeitszimmer. Aufmerksam blickte er sich um und als er an der Tür rüttelte, war diese verschlossen. Ein erleichtertes Seufzten entwich seinem Mund und er winkte mich zu sich. Ich folgte ihm und auch Didi lief hinter mir her.

„Meinst du, hier ist jemand eingebrochen“, fragte ich stirnrunzelnd.

„Ich weiß nicht“, begann Jack zögernd, „vielleicht bin ich auch einfach nur…“ Er beendete den Satz nicht, doch ich wusste, dass er eine leicht paranoide Art an sich hatte.

„Hast du hier irgendwo eine Kamera“, fragte ich und sah mich in jeder Ecke um. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er irgendetwas angebracht hatte. Doch erstaunlicherweise für mich schüttelte Jack den Kopf. „Nein…keine Kamera. Die kann man viel zu leicht hacken“, erklärte er mir.

„Vermutlich ist sie einfach nur so runtergefallen“, meinte ich schulterzuckend und Jack nickte leicht, schien jedoch nicht allzu froh zu sein. Er begutachtete die Tür zu seinem Arbeitszimmer genau und strich mit den Fingern über die Kannte neben der Klinke. „hier sind Kratzer...“, murmelte er vor sich hin. Jack suchte noch einmal das Wohnzimmer ab, doch scheinbar fand er nichts Verdächtiges mehr. Ich schulterte meinen Rucksack und atmete schwer durch, während ich sagte: „Ich denke, ich muss gleich los… also rüber…“ Während Jack seine Heizung anstellte blickte er nachdenklich aus dem Fenster.

Er schwieg und als er sich zu mir drehte, meinte er: „Ich komme mit… Keine Sorge, nur wenn dein Vater was macht, wird er mich bemerken…Versprochen.“ Zögerlich nickte ich und gemeinsam verließen wir das Haus.

Ich war dankbar, dass Jack mich nach Hause begleitete. Er stellte sich seitlich neben die Tür, war so nicht sofort zu sehen, wenn man die Tür öffnete. “Biete ihm die Stirn“, hörte ich Jack leise sagen: „Lass dich nicht einschüchtern. Ich bin bei dir.“ Ich klopfte an die Tür, trotz Schlüssel wollte ich nicht einfach so hinein gehen. Ich sah einen großen Schatten näher kommen und erkannte schon am Gang, dass es mein Vater war. Mein Puls beschleunigte sich, denn das letzte Mal, als Vater und ich aufeinander trafen, endete schmerzvoll für mich. Mit einem Ruck ging die Tür auf und die braunen Augen meines Vaters bohrten sich in die Meinen.

Ich sah, wie sein Blick zorniger wurde, seine Gesichtszüge verhärteten sich und seine Augen wurden zu kleinen Schlitzen. „Na sieh mal an, wer doch noch wieder kommt“, zischte er mir bedrohlich zu, „wo warst du, Bursche?“ Bedrohlich klang seine Stimme und vermutlich verhörte er so auch Kriminelle auf dem Revier.

Ich war fast schon gefangen in den Augen meines Vaters, doch wollte ich ihn nicht gewinnen lassen! Ich atmete durch, wollte nicht wieder in eine Starre verfallen. Auch das ich Jacks Schatten sah, gab mir Mut. „Das kann dir egal sein, wo ich war“, raunte ich zornig. Ich wusste, dass Dad diese Art von mir nicht passen würde und so war es auch. Wütend schnaubte er und baute sich gebieterisch vor mir auf. „Egal?! Soll ich dir mal zeigen, wie egal mir das ist…“, drohte er mir bösartig klingend. Er langte nach mir, doch noch bevor er mich zu packen bekam, hatte Jack seine Hand aufgehalten. Mit einer fließenden Handbewegung drehte er meinem Vater schmerzvoll das Handgelenk um.

Qualvoll keuchte er auf und versuchte sich aus dem Griff zu winden, ohne Erfolg. Er schaute erschrocken auf die Hand, die ihn aus dem Dunklen packte und erkannte Jack erst nach ein paar Sekunden in dem Dunklen. „Pack den Jungen nie wieder an!“, raunte Jack und wenn ich schon fand, dass mein Vater bedrohlich klang, war es nichts im Vergleich zu Jack. Tödlich ruhig, nicht laut und auch nicht ausfallend war seine Stimme. Sein Auge fixierte den Mann, der sich vor Schmerzen wandte, leicht in die Knie ging und kein Hauch Mitgefühl fand den Weg in Jacks Gesicht. „Lass mich bloß los“, versuchte mein Vater zu drohen. Das bösartige Grinsen hatte ich so noch nie gesehen, welches sich auf sein Gesicht schlich.

„Warum“, fragte er kalt und blickte ins Haus, „Ist deine Frau da“, fragte Jack eisig. Auch ich blickte in den Flur. Nur im Wohnzimmer schien Licht zu brennen. „Nein, ist sie nicht, du Arschloch! Jetzt lass mich..“- doch weiter kam er nicht.

Jack schubste ihn in den Flur und ich hörte ihn nur, „gut“, murmeln. Erschrocken starrte ich auf Jacks Rücken. Ich hörte meinen Vater schimpfen und meckern, doch Jack schien es nicht zu interessieren. „Jack“, mahnte ich ihn streng. Ich hatte Sorge, dass er übertreiben würde. Trotz allem was passiert war, war es immer noch mein Vater, den er ins Wohnzimmer schubste, vorbei an den Fotos, der Küche und während er ihn mit tödlichem Blick begutachtete.

Doch Jack schien mich vollkommen zu ignorieren. Er baute sich über meinem Vater auf und sagte mit kalter eisiger Stimme: „Wenn du den Jungen noch einmal anfasst, wenn er noch einmal blaue Flecken hat oder irgendwie verletzt ist, hast du ein Problem mit mir…“

Ich beobachtete, wie Vater sich das Handgelenk rieb und sich aufrichtete. Eine Mischung aus Wut und Erschrockenheit war in seinem Gesicht zu erkennen. Seine Augen wanderten zwischen uns hin und her. Doch sein Kampfgeist war noch lange nicht gebrochen! „Das ist mein Sohn und meine Familie“, spuckte er Jack grimmig entgegen, „das hat dich nicht zu interessieren!“ Ich sah Jacks Gesichtszüge, die versteinert und kalt waren. Ich hätte ihm in diesem Moment zugetraut, dass er meinen Vater bei einer falschen Antwort einfach umbringt.

„Mich interessiert deine Familie nicht. Jasper hat mir alles gesagt, John. Alles von deinen kleinen, schmutzigen Geheimnissen und im Gegensatz zu ihm habe ich kein Problem es deiner Frau zu sagen… Mir ist es scheißegal… Ich weiß nur nicht, ob es deiner Frau egal ist, dass du noch eine andere hast.“ Ich sah, wie Vaters Gesichtszüge entglitten. Sein Kopf schoss zu mir und hasserfüllt war der Blick, der einzig mir galt. „Du brauchst ihn gar nicht so böse anzuschauen, John“, raunte Jack tödlich ruhig, „ich warne dich nur einmal… Ich hab die Mittel und Wege dich einfach verschwinden zu lassen.“

Die Wut in Vater schien ihren Siedepunkt erreicht zu haben und er brüllte Jack an: „Du mischst dich nicht in mein Leben ein! Verstanden! Ich kann mit meiner Familie machen, was ich will! Du hast keine Ahnung mit wem du dich anlegst!“

Jacks kaltes Lachen jagte mir einen Schauer über den Rücken. „Wer bist du schon, John Hale? Ein einfacher, alter Streifenpolizist, der sich hinter seiner Marke versteckt! Du hast in deinem beruflichen Leben nichts erreicht worauf du Stolz sein könntest. Aber ich drohe nicht aus Spaß und sage dir nur einmal: Du weißt nicht mit wem DU dich anlegst.“ Er ging einen Schritt auf meinen Vater zu um seine Worte wohl zu verdeutlichen.

Ich sah, wie mein Vater versuchte wutentbrannt auf Jack zuzugehen, die Fäuste erhoben zum Schlag. Er stand seitlich neben Jack, als er versuchte, ihn mit seiner Faust im Gesicht zutreffen. Blitzschnell drehte dieser den Oberkörper in die Richtung, aus welcher der Schlag erfolgte. Entgegen meiner Erwartung wich er nicht zurück, sondern schien sich eher auf meinen Vater zu zubewegen. Er schlug mit der linken Faust in die Armbeuge meines Vaters. Der Arm knickte weg und die Wucht des Schlages schien zu verpuffen. Das alles passierte innerhalb weniger Sekunden! Schon im nächsten Moment sah ich, wie er den Arm meines Vaters mit beiden Händen packte, eine Hand packte den Oberarm, die andere Hand drückte von hinten gegen seinen Ellbogen. Ruckartig drehte Jack seinen Oberkörper mit einem Ausfallschritt weg. Dabei hielt er den Arm meines Vaters weiterhin fest. Er zerrte ihn mit Schwung nach unten. Die Bewegung, die Jack machte, hatte so viel Wucht, dass mein Vater das Gleichgewicht verlor und nach kurzem Taumeln schmerzvoll auf dem Boden aufprallte. Die Zeit, den Sturz abzufangen, hatte er nicht.

Ich beobachtete, wie Vater versuchte sich von den Knien zu erheben, doch Jack stupste ihn mit einer kleinen Bewegung seines Fußes wieder runter und raunte grantig: „Du bleibst schön da unten!“ Laut meckernd hörte ich Vater die schlimmsten und provozierenden Beleidigungen brüllen, doch Jack schien nichts davon aus der Ruhe zu bringen.

„Du wirst den Jungen nicht bestrafen! Ihn weder züchtigen, noch anders deine Wut an ihm auslassen“, raunte Jack und fügte drohend hinzu: „Und glaub mir, ich werde es mitbekommen! Dasselbe gilt auch für deine Frau! Oder ich sorge dafür, dass dir dein Leben hier zur Hölle gemacht wird.“ Ich wusste nicht, wie ernst mein Vater diese Drohung nahm, doch ich wusste diese sehr ernst zu nehmen. Vielleicht hatte Jacks Kraft ausgereicht, um bei diesem Dickschädel Eindruck zu hinterlassen, doch sicher war ich mir da einfach nicht. Ich wusste, dass, sollte mein Vater weiterhin so mit uns umgehen, ich Jack nur noch schwer in Schach halten konnte.

Als sich unsere Blicke trafen wusste ich nicht, ob Vater sich je ändern würde. Ich konnte einfach nicht wissen, wozu er in der Lage war! Sein Blick jagte mir Angst ein und ich konnte es nicht verhindern! Es ärgerte mich, dass ich so auf meinen Vater reagierte! Doch ich blickte nicht weg, unterbrach den Augenkontakt zu ihm nicht, er durfte nicht gewinnen. Erst, nachdem Jack nichts mehr zu sagen hatte, ließ er meinen Vater vom Boden aufstehen, doch immer noch fixierte er ihn grimmig mit seinem eisig blauen Auge.

Das Abstellen eines Motors zog unsere Aufmerksamkeit zur Haustür, welche ich nicht geschlossen hatte. Ich sah meine Mutter langsam das Haus betreten. Sie sah eingeschüchtert zu Boden. Ich löste den Blick von meinem Vater und ging auf sie zu, während ich leise nach ihr rief. Sie blickte mich fast schon erschrocken an. Ihre Augen suchten das Wohnzimmer ab, blieben an meinem Vater und an Jack hängen. Es schien, als zögere sie einem Moment, doch vermutlich musste sie sich nur sammeln. Entschlossen ging Mutter auf mich zu und drückte mich an sich. Ich spürte, wie sie zitterte und drückte ihren schwachen Körper an mich. „Alles gut, Mum“, murmelte ich leise, „mir geht es gut… es ist nichts passiert.“

Sie löste sich von mir und ich sah erneut Tränen in ihren Augen. Ich war schuld daran, dass sie da waren und ich konnte nicht verhindern, dass ein schlechtes Gewissen von mir Besitz ergriff. „Das wirst du nie wieder machen! Ich hab mir Sorgen gemacht! Wieso bist du…bist du mit dem mitgegangen!“ Ängstlich war der Blick, mit dem meine Mutter Jack betrachtete. Ich wusste, dass Jack sie nicht mochte und sein unergründlicher Blick sagte mir vermutlich mehr, als allen anderen Menschen in diesem Raum etwas.

„Hat dein Vater schon mir dir gemeckert“, fragte Mum leise und blickte zu mir, als suche sie mehr in meinen Augen, als ich gerade erzählen konnte. Doch noch bevor ich etwas sagen konnte, ergriff Jack das Wort: „Ja, hat er. Und Jasper weiß auch, dass es nicht richtig war einfach so zu gehen.“ Mutters blaue Augen glitten von Jack zu meinem Vater. Ich merkte, wie sich Jack und er kurz anschauten und wieder war Jacks Blick tödlich. Mit einem grimmigen Nicken bestätigte er die gelogene Aussage von Jack, was mich überraschte! Doch als meine Mutter ihre Stimme erhob wusste ich, dass ich doch nicht gänzlich ohne Strafe davon kommen würde. „Gut, dein Vater hat dir also seine Meinung schon gesagt und ich hab dir auch noch was mitzuteilen. Ich weiß, dass wohl demnächst ein Schulball stattfindet, oder?“ Unschlüssig sah ich meine Mutter an und nickte leicht.

„Und weißt du, wer da nicht hingehen wird, Junge“, fragte sie weiter und sah mich streng an. Ich blinzelte einige Male, bis ich verstand! Jetzt nur nicht zu zufrieden aussehen, mahnte ich mich in Gedanken. Trotzdem senkte ich den Blick, da ein kurzes Grinsen auf meinem Mund schlich, doch ich musste den Schein wahren! „Mum… das kannst du nicht machen, da gehen doch alle hin…“, meinte ich und versuchte betroffen auszusehen.

Energisch schüttelte meine Mutter den Kopf: „Das hättest du dir vorher überlegen sollen! Du wirst nicht zu dem Fest gehen und damit ist die Sache beendet, junger Mann!“ Ich blinzelte und erneut sah ich zu Boden und ließ die Schultern hängen. „Na gut“, murmelte ich leise und versuchte traurig oder auch einfach nur enttäuscht zu klingen. Wütend schnaufte mein Vater und sah mich verachtend an. Ich wich seinem Blick aus, wollte einfach nicht von ihm so angesehen werden. Jack trat zu mir und legte mir seine Hand auf die Schulter. Er blickte mir kurz ins Gesicht, drehte sich zu meiner Mutter und sagte im kühlen ernsten Ton: „Es ist mir egal, dass du dich von deinem Mann schlagen lässt. Du solltest nur endlich anfangen, für deinen Sohn das Richtige zu tun!“ Entsetzt blickte ich Jack an! Was zum Teufel hatte er da gesagt?! Auch meiner Mutter entglitten die Gesichtszüge. Auch sie sah zu mir und schuldig war ihr Blick, doch Jack schüttelte den Kopf.

„Er hat es mir nicht gesagt! Es ist offensichtlich und du beschützt ihn nicht. Ich hab mich aber gerade nett mit deinem Mann darüber unterhalten, nicht wahr“, sagte er ruhig und blickte Vater streng und kalt an. Ich sah, wie er zwischen Jack und meiner Mutter hin und her sah. Er schien nachzudenken, was ihm lieber war und er nickte. Doch als er mich anblickte, meinte er hasserfüllt: „Verschwinde heute einfach. Ich kann dein Gesicht gerade nicht sehen, Jasper! Sonst vergesse ich mich noch…“

Ich schloss kurz die Augen und sah zu meiner Mutter, welche mich ebenfalls erschrocken ansah, als fragte sie sich, was in ihrer Abwesenheit vorgefallen sei. Leicht nickte sie, als wollte sie auch, dass ich das Haus verließ. Vermutlich, damit ich weg von Dad kam. Ich schlich schnell nach oben in mein Zimmer und griff nach frischer Kleidung und schnell kam ich hinunter und sah Jack im Flur stehen. Ich nahm meine Mutter in den Arm und leise sagte sie: „Wir reden morgen in Ruhe, ja? Wenn dein Vater arbeiten ist…“ Ich nickte ihr leicht zu und unsicher verließen wir gemeinsam das Haus meiner Familie. Ob ich froh war, dass ich bei Jack bleiben durfte, wusste ich nicht. Auch nicht, ob ich Jack so dankbar sein sollte, dass er mir geholfen hat. Hatte ich doch Angst, dass Mutter meinte, ich hätte die Familie nun verraten…



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  honeyJ
2016-12-19T11:51:45+00:00 19.12.2016 12:51
Boar ist muss ja schon sagen das Kapitel war ja sooooo spannend es hat mich gefesselt als wäre ich selber dabei gewesen.
Und echt total klasse von Jack das der mit Jazz zu seinen Eltern gegangen ist und ihn beschützt hat, Daumen hoch der passt ja doch auf seinen "kleinen" auf echt total süss von ihm.
Auch die Situation in der bar mit dem Typen hätte ich Jack nicht zugetraut aber schön zu sehen das er Jazz beschützt
Ich kann nur ein riesiges Lob an dich geben die Geschichte jte ist echt der Wahnsinn und es macht voll Spaß sie zu lesen ich kann gar nicht mehr aufhören!!!
Mal sehen wie es weiter geht ;) ich freue mich schon drauf!!!!
Von:  summercat88
2016-11-10T22:39:19+00:00 10.11.2016 23:39
Deine Story ist sehr gut geschrieben. Freue mich auf die nächsten Kapitels
Hoffe das Jazz, seinen Vater mal richtig eine rein haut☺. Oder das die Mutter was tut.
Antwort von:  Strichi
11.11.2016 20:39
Hallo!
freut mich zu hören, wenn dir die Geschichte gefällt.
Schönen Abend!
Von:  Pitchermaus
2016-11-10T20:27:58+00:00 10.11.2016 21:27
Ah, die langersehnte Konfrontation. Das Jazz nicht einfach fröhlich ins Haus spaziert war klar. Es ist auf jeden Fall nett von Jack, dass er Jazz begleitet. Da ist er wieder ganz in seiner Beschützerrolle, die er Jazz gegenüber ja öfters mal einnimmt. Dass das Aufeinandertreffen von Jazz und seinem Vater mit großen Spannungen begleitet wird, war auch klar. Nur dass Jack sich so schnell einmischt habe ich nicht erwartet. Er sagt Jazz immer, er müsse sich gegen seinen Vater zur Wehr setzten und jetzt nimmt er ihm jede Möglichkeit dazu. Logisch, dass er nicht darauf wartet, dass Jazz sich von seinem Vater zusammenschlagen lässt, bis er eingreift, aber dass das so fix geht... Naja, wahrscheinlich hat sein Bedürfnis, Jazz zu schützen die Überhand gewonnen und Jack geht ja auch immer so schön auf in seiner Beschützerrolle (man denke nur an den Typen aus der Bar zurück). Jacks Art mit Jaspers Vater umzugehen ist dann wieder recht hart, wobei ich denke, dass das durchaus angemessen ist. Auch wenn ich davon ausgegangen bin, dass die Beiden erste einmal argumentieren und sich anschreien und dann erst handgreiflich werden. Dass Jack da aber eindeutig überlegen ist war vorherzusehen. Bei solchen Szenen fällt es mir dann aber immer irgendwie auch schwer Jacks devote Rolle in das Gesamtbild von Jack einzubringen. Klar kann man in der einen Situation oder in bestimmten Bereichen des alltäglichen Geschehens dominant sein und dann wieder komplett jede Verantwortung von sich weisen. Bei Jack ist das aber nie gleich. Mal ist es so und dann wieder so. Das macht ihn zwar zu einem sehr spannenden und vielseitigen Charakter, aber mir fällt es da manchmal schwer, dass alles miteinander zu verbinden.
Jaspers Vater hat genauso reagiert und sich verhalten, wie ich es auch erwartet habe. Wobei ich mir noch nicht sicher bin, wie er sich nun seiner Frau gegenüber verhalten wird. Und ich verstehe ich nicht so ganz, warum er solche Angst davor hat, dass andere erfahren, dass er ein Kind mit einer anderen Frau hat und seine angeheiratete Frau eigentlich gar nicht mehr liebt und die Ehe eigentlich lieber beenden würde. Und dann taucht die Mutter auf. Und fragt, ob ihr Mann schon mit ihrem Sohn geschimpft hätte. Also das fand ich irgendwie unmöglich. Eigentlich hätte sie besorgt sein müssten, dass ihr Sohn zuerst alleine auf ihren Mann trifft. Denn sie hätte ja zumindest befürchten müssen, dass ihr Mann ihren Sohn schlägt und so wie ihr Mann bisher schon ausgerastet ist, auch befürchten müssen, dass es nicht bei einer Ohrfeige bleibt. Und die Nummer mit dem Verbot zum Schulball fand ich irgendwie auch daneben. Also jede Mutter hätte sich erst einmal vergewissern müssen, dass es ihrem Kind gut geht. Immerhin ist Jazz erst sang und klang los verschwunden und dann trifft er alleine auf seinen Vater. "Hat dein Vater schon mit dir geredet?" Wenn die Familienverhältnisse in Ordnung wären, wäre die Reaktion ja okay, aber so.... Naja... aber Jazz Reaktion war echt nett zu lesen. Sie passte zwar durch aus zu ihm und seinem Verhalten, aber irgendwie nicht ganz in die Situation. Jacks Kommentar gegenüber Jazz Mutter macht das irgendwie auch nicht besser. Also das wirkte beim Lesen irgendwie komisch. So an sich, passt die Szene, die Mutter verbietet ihrem Sohn den Schulball als Strafe, und auch die Reaktionen der Beteiligten, aber im Gesamtzusammenhang er ganzen Szene wirkt das irgendwie Fehl am Platz.
Ansonsten ist dir das Kapitel aber sehr schön gelungen. Die Auseinandersetzung zwischen Jack und Jazz Vater hast du sehr schön beschrieben. Und dass Jazz jetzt mit Jack mitdarf ist sicher auch ganz gut. Allein schon für Jazz, dass er sich sicherer fühlt und wahrscheinlich auch nicht so verloren. Wobei er sicher keine ruhige und sorglose Nacht vor sich haben wird, weil ja immer noch offen steht, was sein Vater mit seiner Mutter macht. Und wie das Gespräch zwischen Mutter und Sohn verlaufen wird. Darauf bin ich schon sehr gespannt. Auch ob Jazz Mutter nun Verantwortung für sich und ihren Sohn übernimmt. Und Jack kann Jazz ja vielleicht auf andere Gedanken bringen und ihm so beim Einschlafen helfen. Ich freue mich auf jeden Fall schon auf das nächste Kapitel.
Von:  chaos-kao
2016-11-10T19:47:50+00:00 10.11.2016 20:47
Er ist wieder daheim. Hätte nicht gedacht, dass sich Jack bereits jetzt einmischt. Bin schon gespannt ob Jazz's Vater sein Verhalten ändert.

Was mir aufgefallen ist. Im Satz "Sie glaubt auch, dass Boss oder Susanne Amerika verraten hat" fehlt ein "nicht". Im Moment passt er nicht zu den vorherigen und nachfolgenden Handlungssträngen ^^
Antwort von:  Strichi
10.11.2016 21:10
Oh danke schön ; ) schon geänderte

Und jaa Jack will nicht das dem kleinen was passiert ^^


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