Verborgen in Stille von Strichi ================================================================================ Kapitel 25: Ein paar Antworten ------------------------------ Ich schaute Jack in die Augen. Immer noch schwieg er, sah fast schon erschrocken aus. Doch erstaunlicher Weise beunruhigte es mich nicht. Ich hatte mit dieser oder einer ähnlichen Reaktion gerechnet, wenn ich es ihm irgendwann gesagt hätte. Jack und Gefühle waren schwer zueinander zu bringen. Dieser Moment war plötzlich gekommen, auch für mich vollkommen überraschend. Ich hatte gesprochen ohne wirklich über meine Worte nachgedacht zu haben. Es platzte einfach aus mir heraus. Jedoch schämte ich mich nicht. Jack war seit Wochen für mich da, hat mich unterstützt, hat mit mir wundervolle Dinge gemacht und schlimme Zeiten durchgestanden. Gemeinsam. Er veränderte mich, positiv und auch ich hatte das Gefühl, ihn zu verändern. Ich konnte ihm ohne rot zu werden meine Gefühle anvertrauen. Sanft legte ich meine Hände auf seine Wangen und streichelte vorsichtig darüber. Es schien, als löste sich Jack aus seiner Starre und blickte mich fast schon panisch an. Keine seiner Masken legte sich auf sein Gesicht, oder er schaffte es nicht. „Ich“, begann er fast schon fahrig zu sprechen. „Ich bin kein Beziehungsmensch…“ Ich hatte geahnt, dass er so etwas sagen würde und leise erwiderte ich: „Woher willst du das wissen? Du hattest doch noch nie eine…“ Ich war wirklich überrascht, dass mich seine Reaktion kein Stück verunsicherte. Und wieder stellte ich fest, dass es Jack schwer fiel, offen über Gefühle zu sprechen. Vielleicht hatte er es auch einfach nie gelernt. Vielleicht hatte man sie ihm auch einfach ab trainiert, doch das wusste ich nicht. Er schien mit sich zu ringen. Wieder etwas, was er mir nicht sagen wollte? Doch dann hatte man das Gefühl, es platze aus ihm hinaus, als er sagte: „Alle Menschen, die ich je geliebt habe, wurden getötet. Das…“ Doch er beendete den Satz nicht. Ich konnte mir denken, was er sagen wollte. Ich nahm seine Hand und meinte liebevoll zu ihm: „Jack…ich werde schon nicht sterben, wieso sollte ich? Ich weiß auch, dass du mich magst. Schließlich bin ich auch nicht blind.“ Fast schon verzweifelt wirkte der Blick, den Jack mir entgegen warf. Er schien weiter nach Ausreden zu suchen. Doch ich ließ ihn nicht zu Wort kommen, als ich sah, wie sich seine Lippen teilten. „Jack. Du brauchst darauf gar nichts zu sagen… Wirklich nicht…das ändert nichts an meinen Gefühlen. Trotzdem solltest du wissen, dass ich nicht wirklich aufgebe. Aufgeben liegt mir nicht. Besonders nicht, wenn ich etwas will.“ Bitter lachte Jack auf und der Ausdruck in seinen Augen wandelte sich. Einerseits schien er berührt von dem, was ich sagte, andererseits aber wollte er sich darauf scheinbar nicht einlassen. „Ach Kleiner“, begann er und in seiner Stimme war eine Mischung von Sanftheit und Verzweiflung zu erkennen, „das klingt ja fast schon zu heroisch.“ Ich grinste ihn leicht an und seufzte schwer, während ich mit den Schultern zuckte. „Kann sein“, entgegnete ich leise und musste über mich selbst den Kopf schütteln. „Trotzdem werde ich es nicht tun, also aufgeben. Du bist wirklich ein toller Mensch…“ Doch Jack schüttelte nur knapp den Kopf und nuschelte leise: „So toll bin ich nicht.“ Verwirrt sah ich ihn an und fragte: „Wieso glaubst du das?“ „Weil du nicht alle Seiten von mir kennengelernt hast“, antwortete Jack ruhig, aber er klang auch äußerst bedacht, als er dies sagte. Ich war mir aber sicher, dass er es sehr ehrlich meinte, als er mir diesen Satz sagte. Jedoch ließ ich mich von meinem Kurs nicht abbringen, denn dafür war er mir zu wichtig geworden. Mit fester Stimme begann ich zu sprechen: „Das macht mir keine Angst.“ Ich ahnte, was Jack sagen wollte, als er den Mund öffnete und schnell unterbrach ich ihn: „Ich weiß, dass du sagen wirst, dass ich das alles nicht wissen kann, aber doch, das kann ich, Jack. Wenn du mir deine Ansichten erklärst, kann ich sie verstehen oder Verständnis dafür entwickeln. Weißt du… du machst dich wirklich schlechter als du bist, Jack.“ Ich schwieg, sagte nichts und auch er schwieg wieder mal. Es schien immer noch, als suche er einen Ausweg. „Jack“, meinte ich ruhig zu ihm, „wirklich, du musst darauf nichts sagen…nur, weil ich sage, dass ich dich liebe.“ Er nickte und tatsächlich senkte sich sein Blick kurz gen Boden eher er leise, fast reumütig nuschelte: „Es tut mir leid, Jasper…“ Er wirkte als schäme er sich selbst für das, was er gerade sagte. Ich nickte leicht und seufzte schwer. „Ich werde schon nicht davon umkommen“, meinte ich und lächelte ihn freundlich an. Ich meinte es auch so. Jack hatte Angst. Angst vor einer Beziehung und Gefühlen, die zu tief gingen. Wenn ich mit ihm zusammen sein will, muss ich ihm diese Angst nehmen. Doch ich war mir unschlüssig, ob es nur die Angst war, die ihn aufhielt. Es schien noch mehr zu sein, weswegen er schlecht zu seinen Gefühlen stehen konnte, was genau blieb mir verborgen. Ich musste mich in Geduld üben. Ich würde es nicht schaffen, wenn ich ihn anging oder dazu überrede, mit mir in einer Beziehung zu sein. Mein Blick glitt über sein Gesicht, welches mich musterte. Ich konnte mir vorstellen, dass er Sorge hatte. Vielleicht auch Angst, mich zu sehr gekränkt zu haben. Vielleicht sorgte er sich, mich als Freund zu verlieren. Natürlich hätte ich es schöner gefunden, Jack hätte mich in seine kräftigen Arme geschlossen und mich geküsst, nachdem er mir seine Liebe gestanden hatte. Doch es wäre zu untypisch für ihn gewesen. Das wäre nicht Jack. Zudem war es sicher kein passender Moment gewesen ihm meine Gefühle anzuvertrauen, nachdem ich so einen Gefühlsausbruch vor ihm hatte. Wie groß die Angst vor Verlust bei ihm war, konnte ich nur erahnen. Ich lächelte ihn lieb an und umarmte ihn kurz. Er drückte mich an sich, löste sich jedoch schnell wieder von mir. Immer noch schien er überfordert zu sein mit der Situation, denn sein Blick huschte nervös wirkend durch den Raum. Ich musste das Thema wechseln. Meine Gedanken kreisten und mein Blick huschte durch den Raum und blieb an dem Zimmer hängen, was ich eigentlich nicht hätte betreten dürfen. „Jack“, begann ich zögernd, „würdest du mir… endlich mal ein paar Fragen beantworten? Ich habe so viele Fragen an dich…“ Ein abschätzender Ausdruck erschien auf Jacks Gesicht. „Vielleicht“, meinte er. Er setzte sich auf, seine Haltung änderte sich schlagartig. Wachsam und mit voller Aufmerksamkeit blickte er mich an. Musterte mich eingehender als zuvor. Als hätte es das Gespräch vorher nie gegeben und wir wären mitten in einem Verhör. Doch ich ließ mich nicht beirren. Ich dachte darüber nach, welche Frage ich zuerst stellen sollte und vor allem, wie ich sie stellte. Ich wollte mich nicht wieder so verraten, wie damals mit meinem Alter. Außerdem wusste ich, dass ich diesen Raum nicht hätte betreten dürfen. Jack hatte es nie ausgesprochen, aber das brauchte er auch nicht. „Was… Also was bist du für ein Soldat“, fragte ich und versuchte das Gespräch offen zu halten. Ich wollte nicht, dass er wusste, dass ich in seinem Arbeitszimmer war. Ich hatte Angst, dass er mir den Schlüssel gleich wieder abnehmen würde, denn das wollte ich nicht. Jack runzelte die Stirn und schien nachzudenken. Ich fragte mich, wie ehrlich diese überlegten Antworten von ihm eigentlich waren. „Ein normaler Soldat“, begann er ruhig zu sagen, doch ich schüttelte energisch den Kopf. Das war eine Lüge! „Weißt du, auch ohne besonderes militärisches Wissen weiß ich, dass du kein normaler Soldat bist. Wieso hat man dir beigebracht Lügen zu erkennen“, fragte ich weiter, immer noch besonnen und vorsichtig. Jack grummelte und verschränkte die Arme vor der massiven Brust. „Damit ich weiß, wann mich mein Feind anlügt“, erklärte er ohne seine Gefühle zu offenbaren. „Bist du ein Navy Seal“, fragte ich direkt heraus. Jack schnaubte und meinte fast schon patzig. „Ich gehörte doch nicht zur Navy. Trag ich einen Taucheranzug?“ „Aber was bist du dann“, fragte ich ohne mich von seiner Art beeindrucken zu lassen und verschränkte ebenfalls die Arme vor der Brust. Er grummelte wieder vor sich hin. Er seufzte kaum hörbar auf und schien endlich aufzugeben. Seine Arme lösten sich, als er endlich ehrlich antwortete: „Ich war in einer Spezialeinheit…“ Ich nickte verstehend und starrte weiterhin gebannt in sein Gesicht. „Ist die irgendwie geheim“, fragte ich und blickte ihn fragend an. Er schwieg, blickte mir feste in die Augen und als ich schon nicht mehr mit einer Antwort rechnete, meinte er besonnen: „Ja, ein wenig…“ „Bist du ein Geheimagent“, fragte ich direkt und sah ihm in das blaue Auge. Dass würde die ganzen Akten mit den Informationen erklären, die ihn nichts angingen. Jack grinste kurz und fragte mich: „Sehe ich etwa aus wie einer? Sehe ich aus, wie James Bond?“ Ich schmunzelte und ebenso wie er mir damals auf meine frage, ob ich schwul aussehe, mit einer Gegenfrage antwortete, stellte ich ihm dieselbe: „Sieht man es denn allen an?“ Jack erkannte seine eigenen Worte wieder und schaute mich fast schon böse an, was mich tatsächlich schmunzeln ließ. Ja Jack, dachte ich, du hast mich schon ein wenig verändert. „Vermutlich nicht allen“, wiederholte er meine Worte. Er atmete schwer durch. Sein Auge verengte sich, als er mich betrachtete, doch dann wich der feindselige Ausdruck. Es schien, als amüsierte er sich auf einmal über diese Situation und als wir einander ins Gesicht sahen merkte ich, wie sich seine Schultern entspannten. Wieso er mir so sehr vertraute, konnte ich nur mutmaßen. Vielleicht weil er sich nach jemanden sehnte, dem er vertrauen konnte? „Sagen wir so, ich bin… man kann sagen, dass ich eine Mischung aus einem Soldaten und einem Agenten bin“, meinte er nach einem kurzen Moment, „ich mache die Scheiße, die keiner machen will. Black Op’s. Meistens Einsätze, die Friedensverhandlungen, Gesetze oder Menschenrechte verletzen. Und das meistens alleine.“ „Wie kann man die denn alleine machen“, fragte ich entsetzt und meine Augen weiteten sich erschrocken. „Ein Mann ist unauffälliger.“, meinte Jack ruhig, „ich bin für sowas ausgebildet worden.“ Sprachlos betrachtete ich Jack und nickte leicht. „Aber trotzdem ist es gefährlich“, ehrfurchtsvoll betrachtete ich Jack. Das er mutig ist, war mir bewusst. Aber das er so etwas machte, hätte ich nie gedacht. Jack nickte nur stumm und schien nichts weiter darauf sagen zu wollen. Vermutlich war das für ihn so normal, wie für andere ein Bürojob. Ich nickte leicht nachdenklich. Mit der Antwort gab ich mich zufrieden, denn es waren noch so viele andere Fragen, die es zu klären gab. „Warum sind die ganzen Medaillen eigentlich nur Schrott für dich…?“ Jack schien erleichtert und doch wieder gequält. Vermutlich froh, dass eine Thema los zu sein, doch schien ihm das neue auch nicht zu behagen. Er seufzte erneut schwer auf, doch wirkte er dieses Mal weit weniger verschlossen. Sein theatralisches Gestöhne beeindruckte mich nicht und erneut reichte ein Blick von mir aus, um seine Zunge zu lösen. „Medaillen wirken schön, allerdings machen sie das Geschehene nicht schöner. Sie holen die Toten nicht zurück, sie heilen keine Wunden und sie nehmen dir nicht die Erinnerung. Andere können vielleicht stolz darauf sein, aber für mich ist es einfach Schrott, der hübsch aussieht. Der Preis für die Medaillen war sehr hoch.“ Ich schwieg, war ich doch immer hellauf begeistert von all seinen Orden. Symbolisierten sie doch seine Tapferkeit. Doch wenn ich jetzt über seine Worte nachdachte, hatte er Recht. Dieses Mal blickte ich kurz nachdenklich auf den Boden. Jack betrachtete mich und nach einem kurzen Moment der Stille vernahm ich seine tiefe Stimme: „Jasper, Krieg ist nichts ehrenvolles. Ich weiß, dass man euch in der Schule was anderes vermittelt. Ich habe genauso gedacht.“ Ich nickte verstehend, doch dann erinnerte ich mich an seine Pläne als Söldner zu arbeiten. Seine Aussagen und seine Pläne standen im Gegensatz zueinander. Diese Ambivalenz verwirrte mich. Ich runzelte die Stirn und meinte: „Ich verstehe deine Aussagen zu den Medaillen, Jack. Wirklich! Aber weißt du, was ich nicht verstehe? Wieso du dann noch als Söldner arbeiten willst… Steht sich doch irgendwie alles gegenüber, deine Pläne und deine Ansichten oder?“ Verwirrt über meine Aussage, dachte Jack wohl einen Moment über meine Worte nach. „Vielleicht ein wenig“, meinte er, während er wohl noch nachdachte. Doch als er weiter sprach klang er sicher in dem, was er sagte: „Ich werde dennoch weitermachen. Ich kann nichts anderes als Krieg, aber ich will selber entscheiden wofür ich kämpfe. Ich lasse mich nicht mehr benutzen.“ Fragend blickte ich ihn an und bat ihn dies zu erklären. Er seufzte schwer bevor er ansetzte: „Jasper, Krieg ist ein Geschäft. Manche Kriege werden nur geführt, damit die Wirtschaft etwas zu tun hat. Es geht nur noch selten um Ehre oder darum, jemanden zu verteidigen. Es geht um Geld, Ländereien, Rohstoffe und dem anderen zu zeigen, wie toll die eigene Nation ist.“ Fast schon verständnislos blickte ich ihn an. Ich wollte es ihm nicht glauben, was er gerade sagte. Krieg als wirkliches Geschäft? Doch erneut fragte ich mich, wieso sollte er mich anlügen? Ich schluckte schwer, konnte ich mir diese Absurdität kaum vorstellen. Viele meiner Ansichten hatten sich bereits geändert, seit ich ihn kannte und immer wieder kam etwas Neues hinzu. Fast schon stotterte ich, als ich begann zu sprechen: „Das kann doch gar nicht sein… ich meine… diese ganzen Terrorschläge…“ Jack seufzte schwer. Es schien, als wolle er mir wieder nicht seine Meinung aufdrängen. „Jazz…“, begann er vorsichtig zu sprechen: „glaub nicht alles, was du in den Nachrichten hörst. Nicht alles ist wahr und vieles wirst du nie hören.“ Damit ließ er das Thema fallen und meinte: „Darüber brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Es sei denn, du willst der Army beitreten. Willst du doch nicht, oder?“ Er blickte mich forschend an und sein Blick glitt über meinen Körper. Ich schüttelte den Kopf. „Nein“, begann ich langsam, „aber in meiner Klasse sind einige, die die Idee verfolgen. Ich führe nicht gerne stumpfsinnig Befehle aus.“ Jack nickte grimmig, sagte jedoch nichts zu meiner Aussage. Erneut legte sich das Schweigen über uns. Jeder ging seinen Gedanken nach. Ich blickte zu Jack und bat ihn vorsichtig: „Würdest du mir… verraten was es mit den weißen Blumen auf sich hat?“ Als sich unsere Blicke trafen sah ich einen verletzten Ausdruck in Jacks Auge aufblitzen. Er seufzte schwer und strich sich die dunklen Haare nach hinten. Auf den Boden starrend erklärte er kurz angebunden: „Sie erinnern mich an eine Person, die mir viel bedeutet hat.“ Ich schluckte, denn ich wusste, dass mit dieser Person seine Mentorin gemeint war. Die Frau, die er geliebt hatte. Ich griff nach seiner Hand und drückte sie sanft. Er erwiderte den Händedruck, sah mich jedoch nicht an. Ich lehnte mich an ihn und ließ meinen Kopf auf seiner Schulter ab. „Waren es…ihre Lieblingsblumen, von der Frau die du geliebt hast“, fragte ich vorsichtig. Ich spürte wie Jack sich versteifte. Kurz erzitterte sein Körper, doch so schnell wie es gekommen war, verschwand die Regung seines Körpers wieder. „Nicht wirklich“, meinte er leise, fast waren seine genuschelten Worte nicht zu verstehen. Fragend sah ich ihn an, unsicher, ob zu vieles Nachfragen ihn nicht verletzte. Jack schaute mir ins Gesicht und begann leise auf meine nicht gestellte Frage zu antworten: „Sie starb in einem Feld von diesen Blumen. Eigentlich ist es Unkraut.“ Ich schluckte schwer, Mitleid durchflutete mich. Wieder einmal wünschte ich, ihm seine Schmerzen nehmen zu können. Doch ich konnte es nicht. „Jack“, sagte ich und meine Stimme klang kraftvoll, als sich sein Blick hob und wir einander ansahen sprach ich weiter: „Ich weiß, du willst kein Mitleid, das will ich auch nicht. Aber weißt du… man muss nicht jede Schlacht alleine führen… Ich möchte dir helfen, nicht weil du mir Leid tust, sondern, weil ich dich liebe und dich unterstützten will. Weil du mir ein guter Freund bist, ob du mich nun lieben kannst oder nicht. Du solltest nicht alles mit dir selbst ausmachen.“ Bekräftigte ich ihn noch einmal. Ich nahm ihn nicht in den Arm ich blickte ihm standhaft in das Auge, welches mich musterte. Ein friedliches, liebevolles Lächeln erschien auf seinem strengen Mund. „Das musst du auch nicht, Kleiner“, hauchte er mir fast schon zu und ich verstand ihn. Er ließ mich an seiner Seite stehen, vielleicht nicht immer. Bei einigen Themen würde ich ihm auch nicht helfen können, aber es war sicher gut zu wissen, dass jemand da war. Er hatte Recht, ich könnte ihn sicher immer um Hilfe bitten und wenn ich das von ihm erwartete, dann sollte ich mit gutem Beispiel vorangehen. Ich dachte an die letzten Tage, an denen ich mich so einsam gefühlt hatte und leise begann ich: „Ich verstehe nicht, wieso Mum nicht mehr mit mir redet…Das ergibt keinen Sinn.“ Jack runzelte die Stirn. „Kann es sein, dass sie weiß, dass du schwul bist“, fragte Jack mich direkt. Er wirkte erleichtert, dass wir über meine Probleme sprachen und nicht mehr über die seinen. Ich schüttelte den Kopf. Nachdenklich, aber ich war mir sicher, dass sie das nicht wissen konnte. „Nein… Sie wurde komisch, nachdem ich sie versucht habe vor Dad zu beschützten. Seitdem redet sie nicht mehr wirklich mit mir.“ Jack strich sich über seinen dichten Bart und mutmaßte: „Vielleicht will sie dich schützen, indem sie dich von sich fernhält. Wenn du sauer auf sie bist, kriegst du vielleicht nicht mit, was alles passiert…“ Ich schüttelte verärgert den Kopf während ich sagte: „Das ist doch dämlich!“ Jack nickte zustimmend, erklärte jedoch mit bedächtig klingender Stimme. „Du darfst aber nicht vergessen, dass deine Mutter sich in einer Ausnahmesituation befindet. Da denken Menschen nicht mehr rational.“ Ich seufzte schwer, versuchte es zu verstehen, zu akzeptieren. Ich grinste leicht, als ich Jack fragte: „Hast du auch noch Psychologie studiert...so nebenbei?“ Ein amüsierter Ausdruck erschien auf Jacks Gesicht und abwägend antwortete er: „Na ja… sagen wir mal es gehörte zur Ausbildung. Es war wichtig zu wissen wie man jemanden…zermürbt. Da kriegt man einen kleinen Einblick. Aber ich bin kein Psychologe.“ Ich lachte und meinte: „Kann ich mir auch nicht vorstellen…“ Jack lachte tatsächlich und fragte spöttisch klingend: „Willst du mir etwa sagen, mein Gesicht könnte Menschen hemmen?“ „Sowas könnten böse Zungen behaupten“, sagte ich frech klingend zu ihm und zwinkerte ihn lieb an. Wir schwiegen Beide kurz und leise fragte ich ihn: „Jack… Würdest du mir... also nein warte. Du hast doch schon so viel scheiße erlebt… Wieso vertraust du mir so sehr nach so kurzer Zeit…“ „Hm…“, begann Jack, „Ich fand dich sympathisch. Du bist nicht beim Militär, warum solltest du mich verarschen? Vielleicht vertrau ich Menschen auch einfach zu schnell.“ Ich schaute ihm trocken ins Gesicht als ich antwortete: „Du glaubst, du vertraust Menschen schnell? Aja…“ Jack erwiderte meinen Gesichtsausdruck und sagte: „Menschen, dir mir sympathisch sind.“ Er grinste leicht und ich schüttelte über diese Aussage nur den Kopf, fand ich sie doch so untypisch. Ich lächelte leicht und sah ihm ins Gesicht. Mein Blick blieb an der Augenklappe hängen und stirnrunzelnd stellte ich fest, dass ich noch nie gefragte hatte, wieso das geschehen war. „Darf ich dir noch eine letzte Frage für heute stellen“, fragte ich vorsichtig. Doch Jack nickte, schien entspannter mit der Inquisition umzugehen, als noch vor einigen Minuten. „Wie hast du das Auge verloren“, fragte ich vorsichtig klingend. „Hm…“, kam es lang gezogen von Jack und er schwieg. Ich wollte nicht, dass er schweigt! Auch wollte ich nicht wieder so eine bedrückende Stimmung haben. Frech klingend erinnerte ich ihn an seinen letzten Satz, dass er Menschen, die er sympathisch findet, schneller sein Vertrauen schenke. Jack lachte tatsächlich auf und schüttelte belustigt den Kopf darüber, eher er meinte: „Ach… im Grunde war es ein Unfall… Ich wurde gefangen genommen und man hat mich ein wenig gefoltert.“ Ein wenig, schoss es mir erschrocken durch den Kopf. Erschrocken weiteten sich meine Augen. Er versuchte mit seinen Worten ganz eindeutig die Situation herunter zu spielen. Als ob man jemanden „ein wenig“ foltert. Der Typ hat nur noch ein Auge! Ein wenig. Meine Gedanken waren äußerst sarkastisch „Und na ja… Ozelot, also Adam war da. Zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass er auf meiner Seite war. Ich dachte er gehört zum Feind. Jedenfalls gab es Diskussionen was jetzt mit mir passieren sollte, Adam fuchtelte mit seinen Pistolen herum und versuchte unauffällig mein Leben zu retten. Ich habe ihm den Revolver aus der Hand getreten und dann ist es halt passiert. Also eigentlich war ich selbst dran schuld. Wäre ich einfach ruhig stehen geblieben, hätte ich nur eine Narbe im Gesicht.“ Er lachte und ich blickte ihn fast schon verschreckt an. Er machte sich ehrlich darüber lustig. Er war weder sauer auf Adam noch auf die Situation! Das ihm das Auge fehlte belastete ihn tatsächlich kein Stück! „Wieso schockiert dich das nicht? Das ist doch…“, schockiert starrte ich ihn an, war fassungslos. „Wie kannst du Adam dann noch deinen Freund nennen“, fragte ich ihn. Jack zuckte mit den Schultern und erklärte: „Er hat es nicht extra gemacht…“, sagte er gelassen was mich wahrlich schockierte. Ob ich nach so etwas diesen Menschen noch als Freund bezeichnen könnte, wusste ich nicht. Wenn ich ehrlich war, könnte ich es mir auch nicht vorstellen… „Aber wie hast du das überlebt, wenn er auf dich geschossen hat?“, fragte ich ihn entsetzt. Jack antwortete sofort darauf: „Er stand seitlich von mir. Die Kugel hat mein Auge eigentlich nur gestreift und wurde dann vom Knochen abgelenkt.“ Er tippte mit dem Zeigefinger auf den äußeren Rand der Augenklappe und erklärte weiter: „Da ist auch noch eine Narbe neben dem Auge. Um ein Haar wäre ich tot gewesen.“ „Wieso stört es dich gar nicht, dass du dein Auge verloren hast“, fragte ich ihn. Ich wollte ihn verstehen. Es war mir äußerst wichtig! „Ich habe dir doch schon mal gesagt, dass ich damals alles für die Army ertragen hätte.“, antwortete Jack und ich war mir nicht sicher, ob er diese Antwort wirklich ehrlich meinte. „Was ist passiert, warum du es jetzt nicht mehr tust?“ „Weil ich von diesen Leuten, denen ich mein Leben gegeben hätte, verarscht und für dumm verkauft wurde.“ Ich blickte ihn fragend an, unsicher, ob ich noch etwas sagen sollte oder nicht. „Wieso verraten? Was wollten sie denn von dir“, sprudelte es aus mir heraus, eher ich zu lange über das für und wider nachdachte. Jacks Mine versteifte sich er blickte mich an und bat tatsächlich: „Können wir das wann anders mal besprechen…“ Und ich nickte. Jetzt war der Punkt, wo es für Jack genug war. Dies hatte ich zu akzeptieren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)