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Verborgen in Stille

von

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Ein unerwartetes Ereignis

Es war ein früher Frühlingsabend als ich vom Baseballtraining nach Hause kam. Doch eigentlich achtete ich kaum auf meine Umgebung. Zu sehr, war ich in meinen Gedanken vertieft. Selbst meinen Freunden war aufgefallen, dass ich heute mit meinem Kopf nicht beim Team war, etwas, was für mich sehr unverständlich war. Baseball war schließlich mein Leben, meine größte Leidenschaft, welche mich seit Jahren begleitete. Ich war ein Junge von 17 Jahren und hatte dunkelbraune Haare, welche der Wind mir fast schon frech ins Gesicht wehte. Ich trug sie häufiger hochgegelt und strubbelig, doch jetzt nach dem Training waren sie frisch gewaschen. Mein Pony war kurz geschnitten und wie der Rest meiner Frisur meistens hochgegelt. Trotz meines Protestes beim letzten Frisörbesuch ließ die Frau, die mir die Haare schnitt, meinen Pony stehen. Ich würde es nie mit Frisuren, Mode oder so etwas haben. Für so etwas hatte ich kaum Interesse, doch sie war davon überzeugt dass diese Frisur total angesagt sei. „Trag den Pony, so lange du ihn noch hast.“ Meinte sie zu mir und lachte dabei.

Ich bog in die Straße ein, in welcher ich wohnte und grüßte fast schon automatisch unseren Nachbar, wie er hieß wusste ich gar nicht mehr. Große Lust, nach Hause zu gehen hatte ich derzeit eher weniger. Für mein Alter war recht groß und kräftig, worauf ich sehr stolz war. Die meiste Freizeit verbrachte ich mit Sport. Ich hatte ein breiteres Kreuz als viele meiner Mitschüler, dennoch reichte es nicht an die ganzen Footballspieler heran. Sehr stolz war ich auf das angedeutete Sixpack welches ich nicht hatte, weil ich zu dünn war. Außerdem war ich froh über eine gesunde Hautfarbe, die mich das ganze Jahr über leicht gebräunt aussehen ließ. Ich hatte einen leichten Bartschatten. Schon jetzt sah man mir an, dass ich wohl einen recht dichten Bartwuchs haben würde. Seit kurzer Zeit kamen immer mehr Haare auf der Brust dazu. Um den Mädchen in meinem Jahrgang zu gefallen, musste ich diese regelmäßig rasieren. Eine nervige Angelegenheit. Zum Glück ist es nicht all zu viel. Doch auch meine Arme hatten schon ziemlich viele Haare und meine Freunde meinten, dass ich später aussehe wie ein Tier. Sie waren jedoch nicht all zu dunkel. Von meinem Vater hatte ein kräftiges Kinn, wie auch seine braunen Augen und Haare. Eigentlich war ich regelrecht eine jüngere Kopie meines Vaters. Alle die Bilder meines Vaters sahen, sagten mir immer, wie ähnlich ich ihm doch sah. Doch Charakterlich trennten uns ab und zu Welten. Das einzige war ich von meiner Mutter hatte waren ihre gerade Nase, die zu meinem Gesicht passte. Anders wie mein älterer Bruder hatte ich keine abstehenden Ohren. Ganz allgemein konnte man sagen, dass ich ein hübscher Kerl war. Tatsächlich war ich dafür recht dankbar. Auch war ich dankbar, dass ich in meiner Schule das Glück hatte, zu den Beliebten zu gehören.

Ich lebte am Rande einer Vorstadt in einem Haus mit meinen Eltern im größten Bundesstaat der USA, Texas. Es war ein gewöhnliches Haus, nichts Besonderes. Es hatte neben dem Erdgeschoss eine zweite Etage, in der sich unsere Schlafräume befanden. Meine älteren Geschwister waren alle schon ausgezogen, hatten zum Teil ihre eigenen Familien und lebten in anderen Städten. Deswegen waren wir vor einigen Jahren in dieses kleinere Haus gezogen. Ich war um einiges jünger, ein Nachzügler. Meine Schwester war vor gut fünf Jahren ausgezogen und hatte diesen Sommer das College beendet. Seither konnte ihr Zimmer als Gästezimmer genutzt werden wenn einer meine vielen Geschwister zu Besuch war. Betrübt schaute ich mich im Flur um. Alles hatte seinen Platz, alles war geordnet und schien den Schein des ruhigen und beschaulichen Vorstadtlebens zu wahren. Nichts deutete daraufhin, dass mein Vater immer lauter wurde, immer wütender aus der Haut fuhr, wenn ihm etwas nicht zu passen schien. Als würde er in seinem Zorn nicht Sachen nach mir, oder meiner Mutter werfen. Alles passte einfach perfekt hinein. Die Gardienen an den Fenstern. Die lieb drapierten Bilder unserer Familie an der Wand, die davon zeugten, wie groß meine Familie bereits war. Die große hölzerne Treppe nahm den meisten Platz im Flur ein und eben neben jene Treppe kickte ich meine Turnschuhe neben die anderen Schuhe, welche bereits dort standen.

Das Auto meiner Mutter hatte ich bereits in der Einfahrt gesehen und ich hörte sie in der Küche. Der Pistolenhalfter meines Vaters sowie seine Schuhe waren nicht da, also musste er noch arbeiten sein, was mich erleichternd aufatmen ließ. Ich liebte meinen Vater, schließlich war ich sein Sohn, trotzdem wollte ich in den letzten Tagen Abstand zu ihm haben. Seit er immer unruhiger wurde, verbrachte nicht mehr gerne Zeit mit ihm.

Nachdem ich die Turnschuhe in die Ecke verfrachtete hatte ging ich zur Küche und streckte meinen dunklen Schopf durch die Tür. Mum musste einkaufen gewesen sein. Ich beobachtete wie sie Tüten auspacken und große Wasserkästen standen herum. Irgendwie wirkte sie unzufrieden und als sei sie in Gedanken versunken. Auch dies war ein häufiges Bild welches mir sich in den letzten Wochen immer mehr bot.

„Hi, Mum. Na, soll ich dir helfen“, fragte ich und versuchte sie fröhlich anzulächeln. Meine Mutter drehte sich zu mir um und man sah ihr an, dass sie in jungen Jahren wahrlich schön gewesen war. Die gerade Nase, die geraden Zähne hatte sie an mich vererbt. Ihre hellbraunen Haare hatte sie zu einem Knoten auf den Hinterkopf zusammen gebunden aus dem sich einige Strähnen gelöst haben und nur wenige graue Strähnen hatte sich in den letzten Jahren in ihren Haaren wiedergefunden. Sie schminkte sich so gut wie nie. Dafür hätte sie nie wirklich Zeit, so ihre Aussage. Wirklich Ahnung von diesem Kram hatte ich ohnehin nicht, doch seit meine Schwester nicht mehr hier wohnte, wirkte sie unzufriedener. Um ihrem Hals hing ein vergoldetes Kreuz, es war stets ihr Begleiter. Meine Mutter war eine sehr gläubige Frau und war in unserer Gemeinde sehr aktiv. Nichts ungewöhnliches in den Vereinigten Staaten. „Oh, Jasper“, rief sie erfreut und packte nebenbei das Obst in den Kühlschrank, „Nein, nein, alles schon fast erledigt. Wieso kommst du denn erst jetzt nach Hause, Schatz?“ Mit diesen Worten schaute sie zur Küchenuhr. Ja, ich war wieder mal später dran. Ich mochte es nicht mehr so gerne Zuhause außerdem war ich zu gerne auf dem Baseballplatz!

„Das Baseballtraining ging länger heute, wir wollen doch diese Saison mal gewinnen“, antwortete ich und grinste sie schräg an. Ja, Baseball war meine Leidenschaft! Auch wenn ich im falschen Bundesstaat dazu wohnte. Hier in Texas gab es fast nur Football. Trotzdem gab es an seiner High School eine Baseballmannschaft und ich war dieses Jahr zum Kapitän der Mannschaft ernannt worden. Ich rechnete mir gute Chancen aus, dass ein Talentscout mir ein Stipendium anbieten könnte. Das Footballteam in unserer High School war zudem sehr sehr schlecht. So bekam mein Team viel Aufmerksamkeit und wer es beim Mittagessen an unseren Tisch schaffte, hatte es an unserer Schule „geschafft“.

„Ist was schief gelaufen? Du siehst so betrübt aus, Jazzy. Wirklich alles gut“, fragte meine Mutter, welche mich mit ihren dunkelblauen Augen durchbohrte. Sie kannte mir wirklich ziemlich gut und trotzdem wusste wie, wie sehr sie die Situation und diese fast schon passive aggressive Stimmung Zuhause mitnahm. „Ach, gibt immer mal schlechte Trainingstage, keine Sorge. Ich bin oben.“, meinte ich und grinste meine Mutter schräg an und zwinkerte ihr freundlich zu. Sie ist immer schnell besorgt, was zwar durchaus lieb gemeint war, aber mit siebzehn einfach nur nervig war. Ich drehte mich um, schnell nahm ich die Stufen hoch zu seinem Zimmer und schloss die Tür hinter mir. Ich wollte keine weiteren Fragen. Auch ich war seit Tagen immer wieder etwas kopflos. Schon seit Tagen wusste ich nicht wo, mir Kopf stand. Seit diesem einen Vorfall in der Schule…

Als ich mein Zimmer betrat fiel mein Bick sofort auf die Wand gegenüber des Bettes. Über meinen Bett hing eine Fahne meiner Lieblingsmannschaft, der Texas Rangers. Mein größter Traum zurzeit war es, irgendwann für eben diese Mannschat zu spielen. Auf meinem Bett fand ich einen Stapel frisch gewaschener Wäsche und das Chaos auf dem Schreibtisch sah genauso aus, wie ich es hinterlassen hatte. Die dreckige Wäsche, die am Morgen noch auf dem Boden lag war wie durch Zauberhand verschwunden. Das Zimmer besaß nur ein Fenster von welchem man in den Garten des Nachbarn schauen konnte. Doch derzeit wohnte dort niemand mehr. Die älteren Herrschaften waren vor einigen Monaten ausgezogen. Eine einsame Pflanze stand auf dem Fensterbrett und wäre ohne die Fürsorge meiner Mutter wohl längst vertrocknet. Doch einige Bilder hingen an der Wand. Bilder die mich mit meinen Freunden zeigten. Einige zeigten mich gemeinsam mit meinem besten Freund auf dem Baseballplatz. Bilder von meiner Familie, außer meiner Schwester hatte ich hier nicht. Auch auf meinem Schreibtisch lagen viele Fotos herum die mich, meine Freunde zeigten. Ich betrachtete die Gruppe, unsere Baseballmannschaft. Mein bester Freund war natürlich im Team. Allgemein konnte ich sagen, dass unser Team ein gutes Verhältnis untereinander hatte. Doch seit diesem einen Vorfall in der Schule, konnten mit meine Freunde und auch das Baseballspielen nur noch bedingt ablenken.

Frustriert ließ ich mich auf das Bett fallen. Schon seit Tagen nagte eine Ungewissheit an mir. Vor ein paar Wochen war es in der Schule zu einem Zwischenfall gekommen, der mir nicht mehr aus dem Kopf ging und der anfing mein Leben auf den Kopf zu stellen. Etwas, was ich durch den ganzen Stress Zuhause eigentlich nicht noch brauchte. Nach der Sportstunde, in der wir Rugby spielten, sollten ich und ein Klassenkamerad die liegen gebliebenen Utensilien wegpacken.
 

Ich wusste noch, dass ich genervt die Augen verdrehte und meinen besten Freund aus dem Schwitzkasten, in dem ich ihn aus Spaß genommen hatte, ließ. Mein Sportlehrer schaute mich über die Ränder seine Brille hin streng an, was mich nur gelinde beeindruckte. Ebenso wenig wie die Strafe des Aufräumens.

Tobey, der mir helfen sollte, wirkte zerknirscht und schien noch weniger als sonst seine Umgebung zu beachten. Was mich nicht wunderte wurde er doch gemobbt und ich dies vermutlich ebenso ignoriert hätte wie er. Er hatte es nicht leicht auf der High School. Tobey war schwul. Dies ist eigentlich nicht schlimm, würde man nicht in den Vereinigten Staaten wohnen und noch dazu in Texas. Waren wir doch, anders wie Kalifornien, nicht für unsere Offenheit bekannt. Als er in meine Richtung lief, stichelten die anderen und zischten ihm Beleidigungen zu und unser Sportlehrer nahm diese nicht wahr, oder eher wollte es nicht wahrnehmen.

Einer meiner Mannschaftskollegen, Colin, klopfte mir ermutigend auf die Schultern, grinste mir zu und sagte: „Bor, Jazz! Das tut mir ja Leid für dich. Pass auf deinen Hintern auf. Nicht bücken, schön in die Knie gehen.“ Ich schaute Colin in seine grauen Augen und sah beim Grinsen die markanten Grübchen, die sich bei ihm bildeten und musste ihn ebenfalls angrinsen. Colin fand es absolut widerlich, wenn jemand sich outete, vor allem als Mann oder Jugendlicher. Frauen hätten seiner Meinung nach einfach bis jetzt den falschen Mann gehabt. Ich hatte nichts gegen Schwule, aber komisch fand ich es dennoch. Es passte nicht in das Wertebild welches meine Eltern mir versuchten beizubringen. Ich kannte meinen Vater zu gut. Sollte einer meiner Brüder oder ich schwul werden, würde ich schnellst möglich der Stadt verwiesen werden oder gleich aus dem Staat. Als Sheriff bei der Polizei genoss er in unserer Nachbarschaft einen tadellosen Ruf und alles was nur irgendwie diesen Ruf gefährden könnte war ihm zuwider. Dies hatte er bereits vor Jahren unter Beweis gestellt. Und seit einiger Zeit wurde es immer schlimmer.
 

Mein älterer Bruder Jackson hatte dies auf eine harte Weise zu spüren bekommen, als er gerade ein Teenager war. Nachdem er von Vater mit Gras erwischt wurde. Er war immer der „Sonderbare“ in unserer Familie. Färbte sich die Haare, war recht schmal und recht blass. Die Musik die er hörte machte mir mit meinen jungen Jahren sogar manchmal etwas Angst. Doch immer wenn ich ihm das sagte war er sehr lieb erklärte mir die oftmals etwas düsteren Texte und lachte sehr oft, wenn ich ihn fragen dazu stellte. Dass, der süßliche Geruch in seinem Zimmer nicht von ihm kam, wusste ich nicht. Erst, nachdem unser Vater ihn darauf ansprach. Ich erinnerte mich an den Lärm und die Schreie, während sie unten stritten und das Leben für meinen Bruder wurde nicht leichter.

Trotz Androhung von, wie Vater es nannte, „Sanktionen“, brachte Jackson stärkere Drogen mit nach Hause und Vater erwischte ihn dabei, vermutlich hatte Jackson Vaters Drohungen nicht ernst genommen. Irgendwelche bunten Pillen, welche ich damals einfach als Süßigkeit beschrieben hätte, wurden von Vater in seinem Zimmer gefunden.

Vater hatte seine Androhung in die Tat umgesetzt. Er führte unangemeldete Zimmerkontrollen durch und als er die Pillen gefunden hatte, vermutlich Ecstasy, brauch Zuhause kurzzeitig die Hölle aus. Ich war noch klein. Gerade mal acht als ich nach Hause kam und Schreie durch das Haus hallten. Schreie, die ich nie vergessen werde. Mein Bruder schrie als ob man versuchte ihn umzubringen, panisch, hoch, verzweifelt. Was er schrie verstand ich nicht. Ich bekam Angst und fing an nach meinen Eltern zu schreien und fühlte mich wie gelähmt. Meine Mutter fing mich noch im Eingang ab und brachte mich raus, Eis essen.

Später erst verstand ich was dort alles geschehen sein musste. An diesem Abend saß Jackson nicht mit uns am Tisch und Vater wirkte wütend. Ich verstand es nicht, meine Mutter war blass und zittrig, meine Schwester still. Mein Vater beugte sich zu mir und sagte streng: „Jasper, du wirst doch niemals so eine Scheiße bauen oder?“ Ich schüttelte nur den Kopf und versuchte zu lächeln. Ich liebte meinen Vater und war immer stolz darauf, wenn er stolz auf mich war! Jackson wurde wenig später auf eine Farm geschickt, zum ausgiften wie es hieß und meldete sich seither kaum noch bei uns. Auch bei mir nicht mehr, was sollte er mir auch schon sagen? Irgendwann wurde nicht mehr viel über ihn gesprochen und ich fragte nicht mehr und wenn ich ehrlich zu mir selbst war, ging das Leben einfach weiter und Jackson geriet immer mehr in Vergessenheit.

Jedoch wurde mir an diese Tag bewusst, wie schmal der Grad bei Vater war, zwischen geliebter Sohn und Ausgestoßener. Jackson hat etwas getan was Vater wütend machte und die blauen Flecken an Vaters Händen waren der offensichtliche Beweis, dass man zu funktionieren harre. Man hatte einfach zu funktionieren in unserem Familienrad. Jeder hatte seine Rolle. Meine ältesten Geschwister, John und Jason erfüllten im Großen und Ganzen genau das, was mein Vater wollte. Beide hatten Arbeit, Frauen und Kinder, sie liebten Waffen, waren sehr konservativ und Amerika war ihnen heilig. Jenny, das einzige Mädchen genoss eigentlich einen Schutz, doch je älter und selbständiger sie wurde desto mehr Konflikte gab es zwischen ihr und Dad. Und ich? Ja ich funktionierte auch so wie Dad es von mir wollte. Öfter als ich jünger war verbrachten Dad und ich Zeit auf den Schießstand. Ich war sportlich, machte auf einen Wunsch hin Kampfsport und strengte mich so gut ich es konnte in der Schule an. Bis letzte Woche tat ich genau das, was Dad von mir wollte.

Seit den Streit und der Eskalation war ich stets bemüht, es ihm recht zu machen. Da Vater in der Waffenlobby äußerst aktiv war, fand er es wichtig, dass wir uns verteidigen sollten. Jeder meiner Brüder sollte Sport treiben und ich war gut in dem was ich tat, jedenfalls im Baseball, worauf ich sehr stolz war. Ich war und bin immer eine sehr ehrgeizige Person gewesen, etwas was ich mir bis heute beibehalten habe. Der angenehme Nebeneffekt dazu war, dass Vater immer mit mir zufrieden war und ich liebte ihn schließlich auch. Denn er war, nein er ist mein Vater, auch wenn er seine Fehler hatte. Die hatte jeder und warum er in letzter Zeit wieder lauter und aggressiver wurde, konnte ich nicht verstehen.
 

Erneute dachte ich an letzte Woche, nach dem Sportunterricht. Ich erinnerte mich wie ich meinen Freunden nachsah, die in Richtung der Umkleiden gingen. Ich beobachtete, wie sie lachten und sich gegenseitig schubsen und drehte mich dann zu Tobey um der herangetrottet kam und mich stillschweigend musterte. Schon öfter war es mir aufgefallen, doch er wurde schon von den Anderen so sehr geärgert, dass ich niemanden etwas sagte, nicht mal meinem besten Freund Eric. Doch irgendwie fühlte ich mich unter seinen Blicken unwohl und so sah ich mich in der Sporthalle um, welche wir ja aufräumen sollten. „Na dann…. Wir sollten anfangen. Ist ja nicht viel“, meinte ich damals, während ich ihm nicht in die Augen blickte und ging die Bälle einsammeln. Ich wollte schnell zum Essen und zu meinen Freunden. Außerdem musste ich noch von irgendjemandem die Hausaufgaben für Biologie bekommen, mit Abstand mein schlechtestes Fach.

„Okay“, kam es leise von ihm und er folgte mir schweigend, während wir das Feld absuchten und die Bälle aufsammelten. Gemeinsam verstauten wir die Bälle im Schuppen und stapelten sie ordentlich auf. Mr. Houver, unser Sportlehrer hasste Unordnung. Darin war er fast schon pedantisch.

„Houver übertreibt schon ziemlich mit der Ordnung oder“, fragte ich neben bei und grinste ihn über die Schulter hinweg an. Darauf folgte ein langgezogenes hm, und ich verdrehte die Augen. Wenn er wollte, dass nicht alle ihn mobbten muss er auch mal die Zähne auseinander kriegen, dachte ich missmutig. Als ich fertig war und den letzten Ball verstaut hatte, drehte ich mich zu ihm um. Ich erwischte ihn dabei, wie er mich eingehend betrachtete und zog fragend die Augenbrauen hinauf. Konnte es sein, dass seine Augen gerade an meiner Rückseite entlanggeglitten waren? Tobey war um einiges kleiner wie ich. Und schien eher schmächtig, seine kurzen dunkelblonden Haare waren vom Sport zerzaust und noch leicht verschwitzt. Tatsächlich war er eher der untersichtbare Typ. „Ja“, fragte ich ihn und klang dabei unsicherer, wie ich eigentlich wollte.

„Sag mal Jasper, warum… also warum machst du mich nicht eigentlich auch fertig. So, wie die anderen aus der Mannschaft“, fragte mich Tobey und klang alles andere als unsicher, ob es mir nur so vorkam konnte ich nicht sagen. Eine Tatsache die mich nervöser machte, als ich je hätte zugegeben. Ich dachte nicht, dass er so locker damit umzugehen schien, oder kam es mir gerade nur so vor? Ich war mir vollkommen unschlüssig. Eigentlich hatte ich ihn kaum je wirklich reden gehört, viel es mir auf. Aber ja es stimmte. Ich machte keine fiesen Scherze auf seine Kosten, ich fand, das taten andere zu oft. Aber helfen tat ich auch nie. Warum eigentlich, fragte ich mich in diesem Moment selbst… Doch eigentlich kannte ich die Antwort, ich wolle einfach nicht mein Gesicht verlieren.

Ich schaute ihn einen Moment lang verwirrt an ehe ich mich besann und nach kurzem Zögern antwortete: „Weiß nicht, ich sehe darin keinen großen…Sinn? Ich mein… ist doch deine Sache von wem du was willst. Ich kann mich auch so durchsetzen, da muss ich nicht noch auf anderen rumhacken.“

Verstehend nickend kam Tobey einen Schritt auf mich zu. „Du hast dich letztens von Viola getrennt… Stimmt das?“ Zögernd nickte ich unschlüssig, worauf dieses Gespräch hinauslaufen sollte. Und nun wurde ich nervös und fragte ihn: „Wie kommst du darauf? Hast du mit ihr gesprochen?“ Bitte nicht, dachte ich fast schon verzweifelt. Ich hoffe sie würde niemals mit irgendwem über die Peinlichkeit sprechen, welche zu unserer Trennung geführt hatten! Aber wieso sollte Viola, eine beliebte Cheerleaderin, mit ihm sprechen? Und unsere Trennung lag schon einige Wochen zurück. Seither gingen wir uns aus dem Weg und redeten nicht mehr miteinander. Etwas, was ich wenn ich ehrlich war sehr bedauerte.

„Nein“, war seine Antwort und er erklärte weiter, „machte halt die Runde, weißt du. Und…ich mag dich, Jasper. Du bist nicht gemein zu mir. Du wirkst sehr sympathisch, siehst gut aus…Das gefällt mir.“ Während er sprach kam er auf mich zu. Der sonst so schüchterne und zurückhaltende Tobey drängte mich weiter in den Schuppen und ich verstand die Welt nicht mehr. Bis heute konnte und kann ich das nicht verstehen!

„Hey….Tobey…was“, doch weiter kam ich nicht, denn als ich mit den Rücken an die Wand stieß, schlang Tobey seine Arme um meinen Nacken und zog mich zu sich runter. Unsere Lippen trafen sich und ein Schauer lief mir den Rücken hinunter.
 

Wie versteinert stand ich dort im Schuppen, ich der beliebte Kapitän des Baseballteams und ließ mich von der Schul-Schwuchtel bedrängen! Automatisch hob ich meine Arme, wollte ihn wegstoßen. Wollte angewidert sein, von dem Jungen der seine Lippen auf meine presste. Mein Verstand raste, verbot es mir, mahnte mich ihn wegzustoßen! Zuschlagen! Wofür lernte ich denn Karate?! Ich sollte das hier absolut widerlich finden. Doch auf einmal regte sich noch was anderes. Keine Verachtung oder Ekel, sondern ein Gefühl, das nicht da sein sollte. Etwas in meinem Körper genoss es. Diese fremden Lippen auf meinen und bevor ich begreifen konnte was und wieso ist dies tat erwiderte ich den Kuss. Statt ihn von mich zu schubsen legten sich meine Arme um seinen schmalen Körper und drückten ihn kurz aber feste an mich. Er war sehr schmal fast schon zierlich im Gegensatz zu mir. Ich hörte ihn kurz zufrieden aufseufzten. Und irgendwie fand ich es cool, dass er so auf mich reagierte!

Ein Geräusch außerhalb des Schuppens ließ mich zur Besinnung kommen und grob schubste ich Tobey von mir weg und sah ihn verwirrt in die hellen Augen. Wie zum Teufel konnte Das passieren?! „Was“, entfuhr es mir und ich strich mir nervös die Haare nach hinten, ein Teil jedoch fiel mir gleich wieder ins Gesicht. Ich konnte Tobey frech grinsen sehen und er leckte sich kurz über die Lippen. „Keine Sorge Jazz… Mir fiel nur auf, dass du gerne mal Kerlen nachsiehst aber hey, mir würde doch eh keiner glauben… oder“, fragte er drehte sich um und ging hinaus und ließ mich verwirrt zurück. Ich starrte ihm einen Augenblick nach und erst nach einem Moment konnte ich mich aus meiner Starre lösen und schritt langsam Richtung Umkleide. Ich sah doch keinen Männern nach? Wie kam er denn auf die bekloppte Idee? Er konnte einfach nicht Recht haben, ich war davon überzeugt, dass Tobey Gespenster sah!
 

Auch heute saß ich wieder in meinem Zimmer und konnte nicht anders als immer wieder an diesen Moment denken zu müssen. Ich redete mir ein, dass ich zu verwirrt war um etwas gegen Tobey hätte unternehmen können. Und das man bei einem Kuss keinen Unterschied machte, ob er von einem Mann oder einer Frau kam. Ich hatte schließlich erst vor kurzen mit meiner Freundin Schluss gemacht! Zögernd hing ich mit dem Pfeil über der Suchleiste einer Suchmaschine. Irgendwie wollte ich mehr Wissen. Unsicher schaute ich mich in meinem Zimmer um. Als ob ich befürchtete meine Mutter oder noch schlimmer mein Vater kamen just in dem Moment hinein. Ich suchte eine Pornoseite auf und fand schneller als gedacht, was ich suchte…



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