Die Kräfte in dir von secret_of_stars ================================================================================ Prolog: -------- Vor dreizehn Jahren startete die Akademie ein neues Projekt: Experiment RX-3. Dabei sollten Versuche am lebenden Menschen durchgeführt werden. Das Ziel dabei war es ein sogenanntes Überwesen zu erschaffen. Stark und schlau, außerdem äußerst zäh und fähig an allen möglichen Orten zu überleben. Des weiteren sollte dieses Wesen übermenschliche Heilungskräfte haben und ebenfalls in der Lage sein diese mit anderen Lebewesen zu teilen. Für Experiment RX-3 wurde ein fünfjähriges Mädchen gewählt, welches fortan auch den Namen „RX-3“ trug. Niemand vermisste dieses Mädchen, denn man hatte es in der Xyz-Dimension gefangen und in die Fusions-Dimension gebracht. Die nächsten zwei Jahre lebte es in Gefangenschaft, hauptsächlich an einen Tisch gefesselt und unter Schmerzen und dem Einfluss neuer Medikamente. Anfangs machten die Wissenschaftler große Fortschritte und trieben ihre Forschungen weiter voran. Doch schließlich kam der Punkt, wo der geschundene Körper des Mädchens versagte. Ihre neuen Fähigkeiten entwickelten sich nicht weiter, andere entwickelten sich gar nicht erst. Nach ein paar weiteren Monaten wurde Experiment RX-3 beendet und als Fehlschlag bezeichnet. Das Mädchen wurde zurück in die Xyz-Dimension gebracht, wo es dann schließlich sterben sollte. Doch die Fähigkeit zu überleben war bereits so weit entwickelt, dass das Mädchen überlebte. Ein weiteres Jahr verging bis zwei ältere Jungen und ein Mädchen es fanden und sich um sie kümmerten. Doch es hatte schreckliche Angst und floh. Eher versehentlich tötete sie einen Soldaten der Akademie, mit dessen Duelldisk sie sich in die Standart-Dimension teleportierte. Allein baute sie ein neues Leben auf, wurde aber schon bald in ein Kinderheim gebracht. Da sie für ihr Alter außergewöhnlich schlau war, förderte man ihre Intelligenz weiter. Ja, sie war schlau, aber wieso die anderen Kinder sie nicht mochten, konnte sie sich nicht erklären. Während die anderen draußen spielten, saß sie drinnen und spielte Schach. Vielleicht lag es an ihren unnatürlich silbernen Haar und den orangen Augen. Die Jahre vergingen. Als man ihr nichts mehr beibringen konnte, war sie bereits so schlau wie ein Erwachsener. Deshalb verschwand sie eines Tages aus dem Kinderheim und lebte fortan auf der Straße. Weg von allen Leuten, widmete sich das Mädchen nun dem Leben. Sie wusste viel, aber nicht wie sich das Leben anfühlte. Nun da sie niemand mehr einschränkte, fühlte sich das erste Mal wirklich lebendig. Kapitel 1: ----------- Du hast alles getan, was möglich war und doch ist es wieder passiert. Sie hatten dich wieder erwischt. Es wird so sein wie immer. Erst werden sie versuchen sich mit dir anzufreunden, die harmlose Methode also. Aber du hast keine Freunde gebraucht. Sie würden dich nur aufhalten und versuchen dich für ihre eigenen Zwecke zu benutzen. Jetzt warteten sie, bis ihr „Anführer“ kam, damit er das was sie wollten, höchstpersönlich aus dir herausquetschen konnte. Das wievielte Mal war das jetzt? Du hattest bei zwanzig aufgehört. Dabei waren das nur die Male nachdem du aus der Fusions-Dimension geflohen bist. An die Zeit wolltest du lieber gar nicht denken. Die Schmerzen, die sie dir zugefügt hatten, fühlten sich sogar manchmal heute noch real an. Und das, obwohl das schon viele Jahre her war. Warum nur, warum konnten sie dich nicht einfach in Ruhe lassen? Was war an dir so besonders? Und selbst wenn du besonders wärst, was wäre es dann? Nun war er da, ihr „Anführer“. Wie ein Anführer sah er nicht aus. Er war sogar recht klein. „Wir können das auf die sanfte oder die harte Tour machen.“, sagte er zu dir, als er versuchte deinem Blick standzuhalten. „Was du auch immer haben oder wissen willst, such dir jemand anderen.“ Überrascht schaute er dir erneut in die Augen. Wahrscheinlich hatte er nicht erwartet, dass du ihm eine Antwort verweigern würdest. „Dann also die harte Variante. Jungs gebt mir das Messer.“ Einer seiner Kameraden trat aus der kleinen Gruppe und gab ihm das Messer. „Ha wenn das alles ist, werdet ihr Schwächlinge nie bekommen was ihr wollt. Besonders du kleiner.“ Du warst dir ziemlich sicher, vielleicht etwas zu sehr. Zwar warst du eine Menge Schmerzen gewöhnt und der Blutverlust würde dir auch nicht allzu viel ausmachen, aber diese Leute würden nicht aufhören, bis sie hatten was sie wollten. Die Wissenschaftler damals hielten immer eine bestimmte Grenze ein, um deinem Körper seine verdiente Ruhe zu geben. Der Anführer trat dich an dich heran, ein hässliches Grinsen zierte sein noch hässlicheres Gesicht. „Pass auf was du sagst du kleine Hexe. Aber dieses eine Mal würde ich dir verzeihen, wenn du mir endlich sagst, was ich wissen will.“ Genervt hast du dich abgewendet. Der kleine und seine Kinder-Kameraden würden dir wohl auch noch den letzten Nerv rauben. Vor dir seufzte jemand, „Wie du willst. Haltet sie auch ordentlich fest. Nicht das ich versehentlich jemanden umbringe.“ Langsam setzte er das Messer an deinem Arm an. Dann grinste er nochmal und zog die Klinge mit einem Ruck über deine Haut. Das war ziemlich lächerlich, es tat nicht mal wirklich weh. Aber um ihm etwas vorzuspielen, bist du kurz zurück gezuckt. Angestachelt von deiner angeblichen Reaktion, machte er munter weiter. Jeder Schnitt kostete dich ein paar Tropfen deines kostbaren Blutes. Mittlerweile war dein ganzer Arm mit unzähligen Schnitten übersät. Du hast dich kurz gewehrt, um es echt aussehen zu lassen. Immerhin wolltest du diesen Typen wenigstens eine Chance geben. Du hast nur kurz geblinzelt und schon fing deine Wange an zu brennen. Sollten sie doch machen, dein Aussehen hatte dich eh noch nie wirklich interessiert. Blut lief über dein Gesicht, der Schnitt war wohl doch etwas tiefer als die anderen. Schließlich schien der kleine Anführer seine Geduld zu verlieren. Mit schnellen Hieben sauste das Messer mehrere Male über deinen Körper. Er hatte wirklich keine Ahnung wie man Leute so einschüchterte, sodass sie einem sofort alles sagen. Plötzlich hast du einen scharfen Schmerz gespürt. Erschrocken hast du an dir herunter geschaut. Das Messer steckte tief in deinem Bauch. Ein Ruck und es verließ ihn wieder. Alle fingen an zu lachen. Dann wurde weiter auf dich eingestochen. „Wenn du uns es nicht sagen willst, dann soll es auch kein anderer wissen! Ich werde dich ganz einfach zum schweigen bringen!“ Und dann hast du die kalte Klinge an deinem Handgelenk gespürt. Kurz darauf auch an deinem anderen. Es war Zeit sich aus dieser misslichen Lage zu befreien. Mit Gewalt hast du dich losgerissen. Schon lag das Messer in deinen Händen und nochmal ein paar Sekunden später, fielen alle leblos um. Du warst umgeben von verletzten Menschen. Der Geruch von Blut hing schwer in der Luft. Sie würden wohl alle wegen ihrer eigenen Dummheit sterben. Das Töten bereitete dir keine Freude, du warst einfach nur sehr gut darin. Ohne einen weiteren Gedanken an die sterbenden Menschen zu verschwenden, bist du hinaus auf die Straße gegangen. Die kalte Luft, die dir entgegen kam, fühlte sich wie ein Schlag ins Gesicht an. Du warfst einen Blick auf deinen Körper. Deine Kleidung hatte sich bereits rot gefärbt. Eine Blutspur markierte den Weg, den du genommen hattest. Durch den plötzlichen Schmerz konntest du dich kaum auf den Beinen halten. Tja, du warst halt nur ein Fehlschlag. Die mickrige Menge an gewünschten Fähigkeiten die du hattest, funktionierten auch nicht immer. Während du der Straße auf unsicheren Beinen gefolgt bist, verschwand die Sonne hinter dem Horizont. Es war ein Fehler gewesen diesen Typen auch nur eine Chance zu geben. Du warst verletzt, deine Selbstheilungskräfte funktionierten nicht und du wusstest, dass niemand kommen würde um dir zu helfen. Du hast es gerade noch in ein verlassenes Gebiet geschafft, als deine Beine dich nicht mehr halten wollten. Das kleine Fleckchen Gras, worauf du lagst, war sofort mit Blut durchtränkt. Auch wenn dir die Verletzungen nicht sehr viel ausmachten, den Blutverlust konntest du mittlerweile deutlich spüren. Dir blieb nicht anderes übrig als zu warten. Darauf warten, dass du deine Kräfte wiedererlangst oder auf den Tot. Du hast die Augen geschlossen und abgewartet. Minuten, Stunden vergingen. Es sah nicht sonderlich gut aus. Ein Tropfen auf deiner Wange ließ dich kurz aufschauen. Undurchschaubare Wolken hatten sich über den Nachthimmel geschoben und es fing an zu regnen. Die kleinen kalten Tropfen fühlten sich gut auf deiner brennenden Haut an. Ein Gefühl der Erleichterung durchströmte dich. Wenn du jetzt tatsächlich sterben würdest, dann würdest du doch allen einen Gefallen tun oder? Das letzte Mal hast du den Boden unter dir gespürt und die feinen Klingen der Grashalme, die dich kitzelten. Der frische Duft von Regen in deiner Nase, die Regentropfen auf deinem Körper. „Irgendwie werde ich das alles vermissen.“, hast du geflüstert. Jetzt würde es nicht mehr lange dauern. Deine Sicht verschwamm bereits. Mit letzter Kraft hast du versucht so lange wie möglich wach zu bleiben, aber es brachte nichts mehr. Deine Augen schlossen sich, du würdest hier und jetzt sterben. Angst hattest du keine. Bevor du das Bewusstsein vollständig verloren hast, nahmst du eine Bewegung vor dir wahr. Kapitel 2: ----------- Sichtwechsel zu Yuri Irgendwie hatte ich den ganzen Tag so ein komisches Gefühl. So etwas hatte ich noch nie zuvor gespürt. Stundenlang irrte ich ziellos umher, in der Hoffnung dieses mir unangenehme Gefühl loszubekommen. Schließlich ließ ich mich erschöpft auf einem verfallenen Haus nieder. Die Sonne war bereits verschwunden. Das hatte ich nicht mal mitbekommen. Es wurde schnell dunkel. Sterne funkelten kurz am Himmel bevor eine große Regenwolke die kleinen Lichter verdeckte. Als es anfing zu regnen, dachte ich nicht einmal daran Unterschlupf zu suchen. Die Tropfen prasselten auf meinem Umhang, den ich zum Schutz über meinen Sachen trug. Kurz vergaß ich das Gefühl, welches mich stundenlang geplagt hatte. Ein Moment der Ruhe. Und dann ganz plötzlich fühlte ich es noch stärker als zuvor, doch ich versuchte es weiter zu ignorieren. Dann fiel mir etwas ins Auge. Eine Frau, kaum jünger als ich. Irgendetwas an ihr war besonders. Das Bild, dass sie abgab, verdrehte meine Sinne. Das rote Blut auf ihrem Körper, das grüne Gras unter ihr und ringsherum die verfallenen Häuser. Der Regen gab dem ganzen eine einzigartige Stimmung. Ich wusste nicht wie viel Zeit vergangen war, als ich mich wieder rühren konnte. Ich sprang von dem Haus und landete lautlos. Desto näher ich kam desto stärker wurde auch das Gefühl. Ihre orangen Augen schienen zwar auf mich gerichtet zu sein, aber ihr Blick ging durch mich hindurch. Dann schlossen sich ihre Augenlider. Ich kniete mich neben sie. Ihr weißes Haar schimmerte unnatürlich in der Dunkelheit. Könnte ich nicht in der Nacht perfekt sehen, wäre mir nie aufgefallen wie schwer sie verletzt war. An ihrem Armen waren überall Schnitte und der Rest ihres Körpers war nicht weniger unversehrt. Ich entschied mich ihr Leben zu retten. In meinen Armen fühlte sie sich beunruhigend leicht an. Sie fror, also legte ich ihr meinen Umhang um. Schnell lief ich durch den Regen, immer darauf achtend niemand anzutreffen. Was würde man wohl denken, wenn man mich mit einer halbtoten Frau in den Armen auf der Straße sehen würde? Egal, ich hatte keine Zeit darüber nachzudenken. Mittlerweile war es fast stockdunkel und selbst für mich wurde es langsam schwieriger alles zu erkennen. Den Weg zu meinem Versteck fand ich dennoch mühelos. Bevor ich es betrat, schaute ich mich genau um. Eine kleine Schutzmaßnahme um sicherzustellen, dass mir auch niemand gefolgt ist. Auch dieses Mal fand ich nichts, dass meine Aufmerksamkeit erforderte. Von außen sah mein Versteck aus wie eine Ruine, doch im Inneren wurde man vom Gegenteil überzeugt. Ich legte die Frau auf das Bett und suchte meinen Notfallkasten. Ich wusste nicht, ob ich ihr trauen kann, deshalb entschied ich mich meine Kräfte nicht zu benutzen, jedenfalls nicht um die Wunden vollständig verschwinden zu lassen. Schließlich fand ich, was ich gesucht hatte. Das Problem war, dass ihr Oberteil im Weg war. Ich lief rot an. Nein, so einfach ging das nicht oder doch? Ohne mich auch nur einen Millimeter zu bewegen, starrte ich sie an. Reiß dich zusammen Yuri. Wenn du das hier jetzt nicht machst, stirbt sie wahrscheinlich. Das Oberteil war so sehr zerrissen, dass man es eh nicht wieder angezogen hätte. Mit einem präzisen Schnitt zerteilte ich es so, dass man es wie Jacke ausziehen konnte. Vorsichtig richtete ich ihren Körper auf und zog ihr den Fetzen Stoff aus. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals hoch. Ich schüttelte mich und schaute mich jede einzelne Verletzung sorgfältig an und entschied mich, bei den Einstichen zu beginnen. Also streckte ich Mittel- und Zeigefinger zusammen aus und hielt sie knapp darüber. Sanftes grünes Licht schien mir aus den Fingern zu fließen und unter ihnen schloss sich die Wunde. Das gleiche machte ich auch bei den anderen Einstichen und Schnitten. So sah es aus, als hätten sie sich auf natürlichem Weg geschlossen. Und was mache ich mit ihr, wenn sie aufwacht? Ich kann ihr ja nicht einfach sagen, dass sie verschwinden soll. Mir blieb wohl nichts anderes übrig, als sie eine Weile bei mir wohnen zu lassen. Ich stand auf. Wenn sie aufwacht, sollte sie besser etwas anhaben, sonst werde ich womöglich noch als Perverser abgestempelt. Ich kramte durch die wenigen Klamotten, die ich hier im Versteck besaß. Und wer hätte es gedacht, natürlich fand ich nichts, was ihr auch nur annähernd zu passen schien. Was jetzt? Sie könnte jeden Moment aufwachen und wäre dann noch immer halbnackt auf dem Bett. Mein Herz begann zu rasen. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, wie sie dann darauf reagieren würde. Denk nach, denk nach, denk nach! Dann kam mir ein Geistesblitz. Unter den anderen Klamotten lag noch ein anderes Kleidungsstück. Schnell holte ich es heraus. Es war ein lilanes Hemd. Yuto hatte mir es vor langer Zeit mal geschenkt. Ich finde ja, dass es mir gar nicht wirklich steht und deshalb hatte ich es noch nie angehabt. Vorsichtig zog ich es ihr an. Ich hatte Recht, ihr stand es wirklich sehr viel besser. Ich wollte gerade den letzten Knopf zu machen, als sie sich plötzlich bewegte und etwas unverständliches sagte. Erschrocken wich ich zurück. Hastig schnappte ich mir den nächsten Stuhl und setzte mich. Ob sie bemerkt hatte, dass ich gerade nur wenige Millimeter von ihr entfernt gewesen war um diesen Knopf zu schließen? Anscheinend nicht, nochmal Glück gehabt. Schläfrig schaute sie sich um. „Wo bin ich? Ist das hier das Leben nach dem Tod?“ „Für mich siehst du noch recht lebendig aus. Naja hätte ich dich nicht gefunden, wärst du jetzt sicherlich wirklich tot.“ „Pah ich hab nicht um deine Hilfe gebeten.“, sagte sie schnippisch und richtete sich auf. „Hey du solltest dich vielleicht noch nicht so ruckartig bewegen. Deine Verletzungen waren ziemlich ernst.“ Sie blinzelte kurz und schaute dann erschrocken an sich herunter. Dann lief sie rot an. „Sag mal spinnst du!?“ Genau das hatte ich befürchtet. „Hör mir bitte zu. Ich musste dir das Oberteil ausziehen, weil ich deine Verletzungen sonst nicht richtig behandeln konnte.“ „Ja klar doch. Warte ich hab's. Du willst dich bei mir einschmeicheln, damit ich dir sage, warum ich so komisch bin.“ Sie stand auf und lief in Richtung Ausgang. „Warte! Ich hab wirklich nicht...“ „Lass es einfach! Du bist doch nur einer wie die anderen! Lass mich einfach in Ruhe! Und denk nicht mal dran mir zu folgen!“ Und weg war sie. Ich schaute ihr hinterher. Ihr silbernes Haar wehte sacht im Wind. Mit so einer Reaktion hatte ich überhaupt nicht gerechnet. War das der Dank dafür, dass ich ihr Leben gerettet hatte? Und was meint sie mit komisch? Für mich sah sie aus wie eine ganz normale junge Frau. Oh man, sind eigentlich alle Frauen so schwer wie die hier? Hoffentlich nicht. Fakt ist, dass ich sie nicht einfach gehen lassen konnte. Wenn ihr so was nochmal passiert, habe ich keine Lust sie nochmal zusammen zu flicken. Dennoch gefällt mir ihre Art irgendwie. Schon von diesen wenigen Momenten konnte ich kurz in sie blicken. Sie lebt lieber allein, darum war sie auch mir gegenüber so feindlich. Und dann was ich am aller interessantesten finde: Diese besondere Aura, die sie umgibt. Ja, sie hat eindeutig ein großes Geheimnis. Ihre Augen, die so wütend schauten, riefen innerlich eigentlich nur nach Hilfe. Ich frage mich, was es sein könnte. Ich bin mir sicher, dass es ihr Leben total auf den Kopf gestellt haben muss. Warme Sonnenstrahlen rissen mich aus meinen Gedanken. Die Sonne war bereits aufgegangen und läutete den neuen Tag ein. Ich musste automatisch lächeln. Mit einem Satz war ich auf den Dächern, bereit ihr bis in die Unendlichkeit zu folgen. Ich hatte definitiv jemand besonderes gefunden. Das sagten mir nicht nur meine Sinne, sondern auch meine Seele. Kapitel 3: ----------- Sichtwechsel zu Yuraki Vorhin lag ich noch halb tot auf einer Wiese und dann wache ich bei diesem Typ wieder auf. „Ich wollte dir nur helfen.“ sagt er. Ich glaube ihm kein Wort. Entweder er ist einer von denen, die mich gerne ärgern oder einfach nur ein Perverser. Egal, was von beiden, er nervt mich und deswegen bin ich auch einfach gegangen. Als ich die Straße entlang lief, habe ich bemerkt wie sein Blick sich in meinen Rücken brannte. Am besten ich vergesse ihn einfach schnell wieder. Meine Füße trugen mich weiter dem Lauf der Straße entlang. Selbst wenn ich jetzt von ihm weg war, würde es wohl nicht lange dauern bis die nächsten kommen würden. Nach ein paar Minuten traf ich auf andere, die hier in den Ruinen ein zu Hause hatten. „Hey schaut mal. Da ist die Außenseiterin.“, flüsterte einer. „Die bringt bestimmt Unglück.“, sagte eine Mutter und verschwand daraufhin mit ihrem Kind. Dann bauten sich drei Männer vor mir auf. „Hast du gehört? Du bist hier nicht willkommen.“ „Mach bloß, dass du verschwindest!“ Ich schubste sie beiseite und lief einfach weiter, was diese Typen natürlich anstachelte. Bevor ich reagieren konnte, schlugen sie mich und als sie der Meinung waren, ich würde ängstlich davonlaufen, ließen sie mich gehen. Irgendwann bog ich ab, wohl in einen Wald. Meine Erinnerungen sind an dieser Stelle etwas verschwommen. Ich wusste nicht, wie lange ich einfach geradeaus gelaufen war, aber es musste sehr viel Zeit vergangen sein. Als ich schließlich an einer Klippe ankam, ging die Sonne schon wieder unter. Die Sonne ließ den großen See unterhalb der Klippe orange leuchten. Wie sehr mich das doch an meine eigenen Augen erinnert hatte. Irgendwie war ich erleichtert, als die Sonne verschwand und der See wieder einen Blauton annahm. Warum nur finden mich alle so komisch? Warum ist das ein Grund mich zu hassen? Gibt es denn wirklich niemanden, der mich auch nur im geringsten wertschätzen würde? Anscheinend nicht. Tränen bildeten sich in meinen Augen. Ich setzte mich ins Gras und begann leise zu weinen. Ich konnte doch nichts dafür, dass ich so bin wie ich bin. Es war alles ihre Schuld. Die Akademie hatte mir damals das Leben geraubt. Sie hatten ja alle keine Ahnung, wie ich mich fühlte. Nach außen scheine ich stark auszusehen, doch im Inneren... . Als ich wieder aufschaute, funkelten die Sterne am Nachthimmel. Ich wünschte, ich könnte auch so ein Stern sein. So sorglos und frei. Ich ertappte mich bei dem Gedanken von der Klippe zu springen. Nein, das wäre ja ein erbärmlicher Tod. Es war niemand da, also konnte ich dieses eine Mal meinen Gefühlen freien Lauf lassen. Ob ich wohl noch Familie in der Xyz-Dimension habe? Jemanden, der mich mag? Ich war so überrumpelt von mir selbst, dass ich nicht merkte, dass ich beobachtet wurde. Erst als sich leise Schritte näherten, wurde ich darauf aufmerksam. Ich machte mir erst gar nicht die Mühe zu schauen, wer es war. Sollte man mich doch von der Klippe stoßen. Das war mir zu diesem Zeitpunkt eigentlich ziemlich egal. Die Person kam immer näher und stand dann hinter mir, aber sagte nichts. Dann spürte ich eine Hand auf meiner Schulter. Erschrocken schüttelte ich sie ab und drehte mich um. Ich staunte nicht schlecht, als ich den Typ erkannte, der mir vorher geholfen hatte. „Hau ab.“, sagte ich und versuchte den traurigen Unterton in meiner Stimme so unsichtbar wie möglich zu halten. „Bist du ok?“, fragte er mich. „Was geht’s dich an? Geh einfach weg...bitte.“ Einen Moment geschah nichts. Hinter mir raschelte es. Ich spürte etwas Warmes um meinen Körper. Er hatte mir gerade seinen Mantel über die Schultern gelegt. „Du wirst dich noch erkälten.“ Ich wusste erst nicht, wie ich darauf reagieren sollte, aber dann würde ich etwas wütend. „Du willst dich also wirklich einschmeicheln! Hau ab! Du bist nicht besser als die anderen! Du würdest mich niemals verstehen. Warum läufst du mir eigentlich ständig hinterher? Willst du mich töten? Dann mach schnell.“ Sofort war meine schlechte Laune wieder weg und ich mir war erneut nach weinen zumute. Ich schloss die Augen und schaute weg. Plötzlich passierte für mich etwas Unglaubliches: er umarmte mich. Ich wusste gar nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Meine Instinkte schrien danach ihn abzuschütteln, aber mein Herz sagte mir einfach stillzuhalten. Seine Wärme strömte durch mich. Das letzte Mal, als ich dieses Gefühl hatte, war ich noch so jung, dass ich noch gar nicht wusste, was die Akademie überhaupt war. Dennoch war es mir auch etwas unangenehm. Er schien das zu bemerken und ließ sofort von mir ab. „Ich...äh. Ich wollte nicht..., ich weiß nicht, was ich mich gefahren ist. Entschuldige bitte.“ Langsam drehte ich mich um, fast wie in Zeitlupe. Ich erblickte seine kniende Form und musterte ihn zum ersten Mal genauer. Er hatte lilanes Haar, welches mit seinen amethystfarbenen Augen perfekt harmonierte. Auch wenn ich kein Menschenkenner war, so erkannte ich doch etwas vertrautes in diesen Augen. Sein Blick ruhte etwas verwirrt auf mir und als sich wieder Tränen in meinen Augen bildeten, war er nur noch verwirrter. Ich merkte, wie sehr ich diese Wärme die letzten Jahre vermisst und manchmal herbei gewünscht hatte. Entschlossen mehr davon zu bekommen, lehnte ich mich einfach vor, also direkt gegen ihn. Unter meinem Ohr hörte ich sein Herz schlagen, ruhig und gleichmäßig. Wie oft hatte ich dieses Verlangen nun schon unterdrückt? Zu meiner Überraschung hielt er ganz still, wahrscheinlich unschlüssig, was er als nächstes tun sollte. Ich wusste, dass es falsch war mich einfach so an ihn zu hängen, aber ich brauchte das jetzt. Dann ganz plötzlich schien ich mir meiner Lage bewusst zu werden. Peinlich berührt entfernte ich mich. „Ich...ich...“, fing ich an, aber ich brachte keinen normalen Satz zustande. „Schon ok.“ Eine simple Antwort, was mir zu dem Zeitpunkt auch genügte. „Beantwortest du mir eine Frage?“ Ich wusste, was er fragen wollte, aber zum allerersten Mal, war ich bereit meine Vergangenheit mit jemandem zu teilen. „Nur eine.“ Er machte eine kurze Pause und sagte dann: „Was ist an dir komisch?“ Noch nie zuvor hatte jemand diese Frage so formuliert. „Wie jetzt, dir ist gar nichts aufgefallen? Man nennt mich die Außenseiterin und du hast nichts bemerkt? Gar nichts?“ „Ich habe schon etwas bemerkt, aber bestimmt nicht das, was du erwartet hast. Bis auf das habe ich nichts gefunden.“ Ich verzog das Gesicht. War er wirklich so blöd oder tat er nur so? „Findest du es denn nicht komisch, dass ich silberne Haare und orange Augen habe?“ „Das interessiert mich schon, aber das ist bei einem Menschen doch nebensächlich.“ „Weißt du, dass du extrem komisch bist? Kommst daher, rettest mein Leben und jetzt meinst du auch noch, dass an mir nichts komisch wäre.“ Er fing an zu lachen und ich merkte, wie blöd ich mich gerade angehört haben musste. Verlegen schaute ich weg und sagte: „Ach vergiss das einfach.“ „Wie du willst. Ich glaube es ist Zeit mich vorzustellen. Mein Name ist Yuri und...“ Yuri brach mitten im Satz ab. „Ist was?“, fragte ich ihn, doch er rührte sich nicht. Ich lehnte mich etwas zur Seite, um an ihm vorbei zu schauen. Dort standen fünf Männer, welche mich nur zu sehr an die von vor ein paar Stunden erinnerten. Ich stand auf und schubste Yuri beiseite. „Die sind meinetwegen hier. Am besten du haust ab.“ Ohne etwas zu sagen, stürmten sie auf mich zu, bereit mich zu töten. Kapitel 4: ----------- Sie mussten mir wohl heimlich gefolgt sein. Egal, jedenfalls wollte ich Yuri da nicht mit hineinziehen. Ich nahm eine Kampfstellung ein, bereit für einen Kampf. Plötzlich fegte ein Windstoß vor mir den ersten Angreifer davon. Die Bäume rauschten und ich kniff die Augen zusammen. Als es wieder ruhig war, öffnete ich sie wieder und sah Yuri, der gerade den Typ, der gerade nur wenigen Zentimeter von mir entfernt gewesen war, zu Boden sinken ließ. Die anderen kamen unbeeindruckt auf mich zu und dann schien Yuri zu verschwinden. Erst als ich etwas nach hinten geschubst wurde, merkte ich, dass er nur extrem schnell war. Der erste versuchte es mit einem Frontalangriff, was Yuri aber leicht abfing. Flink verdrehte er das Handgelenk des Mannes, welcher sofort vor Schmerzen wimmernd zu Boden ging. Die Gruppe war mittlerweile auf drei reduziert und sie merkten, dass sie mit einzelnen Angriffen keine Chance hatten. Zusammen versuchten sie Yuri zu überwältigen. Erschrocken versteckte ich meinen Blick hinter meinen Handflächen. Das war es wohl für den lilahaarigen gewesen. Das konnte er einfach nicht abgeblockt haben. Dann schrie jemand und ich schaute überrascht auf. Yuri hatte einem seine Faust in den Bauch gerammt, was wohl aber nicht sehr viel brachte. Plötzlich erwischte einer Yuri an der Wange. Yuris Blick wanderte nun zu ihm. Einer der drei hatte ein Messer in der Hand, von welchen nun Blut tropfte. Yuris Blick wurde eiskalt. Er schoss vor, mitten zwischen sie. Elegant wich er jedem Schlag aus. Er fing den nächsten Angriff des Messers ab. Noch während der Mann das Messer in der Hand hatte, rammte Yuri es dem nächsten in die Schulter. Den Arm noch in der Hand, wehrte er den anderen ab und schlug in bewusstlos. Jetzt war bloß noch ein einziger Typ da und der versuchte zu flüchten. Yuri ließ in laufen, nahm sich aber das Messer, welches noch in der Schulter seines gefallenen Kameraden steckte. Mit einer flüssigen Handbewegung warf er es und traf das Bein des flüchtenden. „Bi-bitte tu mir nichts!“ Yuri setzte seine Schritte langsam, wie als würde er seiner verletzten Beute den Gnadenstoß geben wollen. Sein Blick war regelrecht angsteinflößend. Dann stand er über dem Angreifer, seine Augen fixiert auf die angsterfüllten des Mannes. Anstatt etwas zu tun, stand Yuri einfach nur da. Der Typ unter ihm sah seine Chance und humpelte davon. Irgendwie empfand ich Respekt für Yuri, aber ich hatte auch Angst. Seine geschmeidigen Kampftaktiken erinnerten mich eher an einen Mörder anstatt der eines Retters. Das schlimmste war, dass das alles den Methoden der Akademie sehr ähnlich sah. Dann drehte Yuri sich zu mir um und diese kalten Augen starrten nun mich an. Als er dann auf mich zu kam, schreckte ich etwas zurück. Ich konnte nicht einschätzen, ob diese Person nun Freund oder Feind war. Er stand mittlerweile genau vor mir und streckte mir seine Hand entgegen. Ich versuchte mehr Raum zwischen ihm und mir zu bekommen. Irgendwie war mir dieser Yuri nicht ganz geheuer. „Was ist?“ Seine Worte schienen plötzlich ganz weich, passten nicht zu dem, was ich vor ein paar Minuten noch gesehen hatte. „Wer oder was bist du?“, fragte ich ängstlich. Yuris Lippen formten ein Lächeln. „Hast du Angst vor mir?“ Ich zögerte kurz antwortete aber dann: „Sollte ich?“ „Ja...“ Also war er doch gefährlich, ich hatte es gewusst. „...aber nur, wenn du mein Feind wärst.“ Er streckte mir erneut seine Hand entgegen, welche ich etwas zögernd ergriff und er mir auf die Beine half. „Ich bin beeindruckt. Wie hast du das gemacht? Ich meine es sah aus, als hättest du so was schon tausendmal gemacht.“ „Ich erkläre dir alles, wenn wir hier weg sind.“ Yuri lief los und ich stand einfach da. „Willst du dort Wurzeln schlagen?“ Ich schüttelte mich und folgte ihm. Irgendwie fand ich ihn auch unheimlich sympathisch. Vielleicht, ja vielleicht konnte er mein erster wirklicher Freund werden. (Und bevor du das jetzt falsch verstehst, ich meine das eher so „kumpelartig“.) Versehentlich lief ich die ganze Zeit ein Stück hinter ihm, weshalb er sich genervt umdrehte und mir sagte, dass ich nicht wie ein Untertan hinter ihm, sondern neben ihm zu laufen hatte. Vielleicht hatte ich es einfach nur unterbewusst getan, aber es kam mir wirklich so vor, als könnte ich sein Untertan sein. Den Gedanken vergaß ich aber gleich wieder, denn er erinnerte mich irgendwie an die Akademie. Jedenfalls liefen wir eine ganze Weile, bis ich plötzlich über eine Wurzel stolperte. Yuri drehte sich um und kam zu mir. Sein Blick wanderte über meinen gesamten Körper und wieder zurück auf meine Augen. „Sie haben dich wieder geschlagen stimmt's?“ Wie Recht er doch hatte, aber da er sich die Frage selber beantworten konnte, antwortete ich auch nicht. Ich versuchte aufzustehen, aber ich fiel einfach wieder zu Boden. Verlegen schaute ich weg, dabei wollte ich doch stark rüber kommen. Yuri seufzte und beugte sich zu mir herunter. Starke Muskeln hoben mich vom Boden. „He-hey Yuri was machst du da? Ich kann alleine laufen.“ Ohne ein Wort zu sagen, lief er los. „Hörst du mir überhaupt zu?“ „Ach sei doch still. Schon als ich dich vorhin gefunden habe, wusste ich, dass du auf dem Weg hierher wieder diese Typen getroffen hast. Übrigens du hast mir deinen Namen noch gar nicht verraten.“ Mondlicht schien auf uns hinab. „Yuraki. Ich heiße Yuraki.“ „Ein schöner Name. Er passt gut zu dir.“ Mir sträubten sich alle Haare. Er klang ja schon so, als wäre er hoffnungslos verliebt. Kurz bevor wir ankamen, bat ich ihn mich endlich runter zu lassen. Etwas unsicher stolperte ich in die Ruine, wo er sein Versteck hatte. Yuri warf einen prüfenden Blick in die Umgebung und folgte mir dann. Erschöpft ließ ich mich auf das Bett fallen. Mir fiel der Schnitt an Yuris Wange auf, den er von dem Messer hatte. Ihm war die ganze Zeit etwas Blut über die Wange gelaufen. Ich stand auf. „Lass mich das mal sehen.“, sagte ich und streckte bereits meine Hand danach aus. Doch Yuri war schneller und packte mein Handgelenk. „Ich glaube, ich kann das besser.“ „Sicher doch. Dann zeig doch mal, dann werden wir sehen, wer es besser kann.“ Vorsichtig berührte er den Schnitt mit seinen Fingern. Langsam fuhr er darüber und als er damit fertig war, war der Schnitt verschwunden. „Wow, wie hast du das gemacht?“ Fasziniert wollte ich mir das genauer anschauen, aber Schmerzen plagten mich plötzlich und ich drohte zu fallen. Im nächsten Augenblick stand er neben mir und stützte mich. „Setz dich doch. Sieht aus, als hätte es dich doch etwas schlimmer erwischt.“, sagte er und lächelte amüsiert. Seine amethystfarbenen Augen wanderten über mich und suchten nach Verletzungen. Ich wollte etwas sagen, aber ich spürte seinen Finger auf meinen Lippen, was mir sagte einfach ruhig zu sein. „Beweg dich nicht ja?“ Als Yuri mir noch ein Stück näher kam, um einen besseren Blick auf mich werfen zu können, schaute ich weg. Mir war das natürlich unangenehm, aber ich hielt still. Ein paar Momente später richtete er sich auf. „Es ist nichts Ernstes. Die Verletzungen sind nur oberflächlich, aber bestimmt schmerzhaft. Ich werde dich heilen.“ Er legte seine Hand auf meine Schulter. Als er meinen verunsicherten Blich sah, fügte er hinzu: „Keine Sorge. Es wird nicht weh tun.“ Ich entspannte mich, erinnerte mich daran wie ich ihm vorher mein Vertrauen geschenkt hatte. Yuri schloss seine Augen und konzentrierte sich. Seine Atmung verlangsamte sich und ich spürte, wie seine Hand langsam warm wurde. Dann fühlte ich diese Wärme durch meinen Körper rauschen. Es fühlte sich an, als würde sie wie Blut durch meine Adern fließen. Meine Wunden fingen an zu kribbeln, aber es war mir nicht unangenehm. Mittlerweile strömte die Wärme durch meinen ganzen Körper. Was für ein schönes Gefühl das doch war. So was hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gespürt. Yuri nahm seine Hand von meiner Schulter. Alle Wunden waren verschwunden. „Danke.“ „Kein Problem.“ Dann fehlten uns beiden die Worte. Mehrere Minuten schwiegen wir uns an. Währenddessen hatte sich Yuri neben mich auf das Bett gesetzt. Ich versuchte meine Erinnerungen etwas zu ordnen. Ich wurde verprügelt, er rettet mich vor dem Tod. Ich laufe davon, er folgt und rettet mich letztendlich wieder. Und nun sitzen wir und wissen nicht, wie wir ein Gespräch anfangen sollen. Yuri sagte etwas und riss mich aus meinen Gedanken. Natürlich hatte ich nicht mitbekommen, was genau er gesagt hatte. „Entschuldige ich war gerade in Gedanken versunken.“ Er seufzte und wiederholte seine Frage: „Was ist in deiner Vergangenheit nur passiert? Ich habe das Gefühl, dass du mal anders warst. Außerdem glaube ich, dass ich dich schon mal gesehen habe.“ Ich ging kurz in mich. Immerhin war es das erste Mal, dass ich jemanden von meiner Vergangenheit erzählen würde. „Du musst es mir nicht erzählen, wenn du nicht willst.“ „Nein, schon ok. Ich erzähle es dir. Wie du sicher weißt, gibt es vier Dimensionen. Ich komme ursprünglich aus der Xyz-Dimension, aber ich wurde von den Typen aus der Fusions-Dimension gefangen, damit ich ihr neues Experiment werden konnte. Ich verbrachte Jahre in Gefangenschaft, doch das Experiment schlug fehl. Man wollte mich sterben lassen, aber ich floh hierher, in die Standart-Dimension. Dann kam ich in ein Kinderheim, aber ich bin abgehauen, weil mich niemand mochte. Seither lebe ich auf der Straße.“ Die Worte sprudelten nur so aus mir heraus. Es tat gut, es endlich mit jemanden teilen zu können. Yuri hatte aufmerksam zugehört ohne mich auch nur einmal zu unterbrechen. „Ich hab's gewusst.“, flüsterte er, „Das war es also, was deine Augen hat so traurig aussehen lassen. Und ich weiß jetzt auch, wieso ich dachte dich schon einmal gesehen zu haben.“ Er machte eine Pause und holte tief Luft. „Yuraki du musst wissen, dass ich, Yuri, selber aus der Fusion-Dimension komme.“ Erschrocken sprang ich auf und legte meine Hände um seinen Hals, bereit zuzudrücken. „Hör mir bitte erst zu, bevor du mich tötest. Niemand kann dich besser verstehen als ich. Nachdem du weg warst, suchte die Akademie ein neues Opfer für ein neues Experiment. Diese Person war ich und...ich war perfekt für ihr Vorhaben. Darum ist das neue Experiment auch nicht fehlgeschlagen. Um es mal zusammenzufassen: Ich bin das erfolgreiche Experiment der Akademie.“ Kapitel 5: ----------- Sichtwechsel zu Yuri Yuraki war total geschockt, als ich ihr die Wahrheit über mich erzählte. Ihre Hände drückten kurz unangenehm an meinem Hals. Ich war mir sicher, dass sie meinen Herzschlag spürte und sie sich so daran erinnerte, dass ich trotzdem noch ein Mensch war. Der Druck an meinem Hals wurde schwächer, aber ich wagte es nicht ihre Hände von mir zu reißen. Sie schien unentschlossen darüber, was sie als nächstes tun sollte. Wenn sie mich wirklich hätte töten wollen, hätte sie es schon längst getan. Ich entschied mich weiter zu erzählen. „Nachdem sie mich so sehr verändert hatten, erkannte ich, dass die Akademie meine neuen Fähigkeiten für ihre eigenen Zwecke ausnutzen würde. Schließlich floh ich, genau wie du, in die Standart-Dimension. Am liebsten würde ich nie wieder an diesen Ort zurückkehren, aber ich muss. Mein Bruder Yuya soll nun nach mir das nächste Experiment werden. Mit ihm haben sie Erfolg, das kann ich garantieren. Nur der Wille meines geliebten Bruders ist nicht so stark wie meiner. Deshalb muss ich ihm so schnell wie möglich helfen. Ich will nicht, dass er zu einer willenlosen Hülle wird.“ Yuraki schaute auf und direkt in meine Augen. Sie suchte etwas, dass ihr sagte, dass ich die Wahrheit sprach. Deshalb fügte ich meinen Worten noch etwas hinzu: „Wenn du mir nicht glaubst, dann töte mich jetzt.“ Ihre Hände drückten nun noch fester als zuvor. Ich schloss die Augen und wartete auf mein Ende. Der Druck erhöhte sich erneut und ich spürte, wie immer weniger Sauerstoff meine Lungen erreichte. Doch dann lösten sich Yurakis Hände von meinem Hals und ich atmete erleichtert auf. Etwas benebelt öffnete ich meine Augen, genau rechtzeitig, denn Yuraki fiel mir gerade einfach in die Arme. „Yuraki?“ Erfolglos versuchte ich sie wach zu rütteln. Das war wohl alles etwas zu viel für sie gewesen, was sogar sehr verständlich war. Ich legte sie hin. Sie war sicherlich auch erschöpft gewesen. „Ruh dich gut aus Yuraki.“, flüsterte ich. Die nächsten Stunden verliefen ereignislos, sodass ich mir auch mal kurz etwas Ruhe gönnen konnte. Doch dann hörte ich etwas. Zu meinen Fähigkeiten gehörte auch ein ausgezeichnetes Gehör. Jemand schlich um mein Versteck und das nicht gerade geschickt. Lautlos schlich ich hoch oben auf den kahlen Wänden entlang. Dann sah ich, wer mich gestört hatte und es gefiel mir überhaupt nicht, was ich da sah. Ein Soldat der Akademie. Ich hatte angenommen, dass man die Suche nach mir längst abgebrochen hatte, aber dem schien nicht so zu sein. Ohne ein Geräusch zu machen, landete ich hinter dem Soldaten. Es war wohl das beste, wenn ich ihn ausschalten würde, damit er keinen weiteren Ärger machen konnte. Ich schlug ihm mit voller Kraft ins Genick, welches sofort ein lautes Knacken von sich gab. Ich hatte ihm einen schnellen Tod gewährt. Nachdem ich mich versichert hatte, dass nicht noch mehr von denen hier herumlungerten, ging ich zurück ins Versteck. Yuraki schlief tief und fest. Ihr Gesichtsausdruck war friedlich. Dennoch fragte ich mich, ob sie hinter dieser Fassade ein Geheimnis versteckte. Es ist schon komisch, dass die Duellsoldaten auftauchten, wenn sie bei mir war. Ihre Geschichte ist glaubwürdig, immerhin wurde mir in der Akademie von ihr erzählt. Dennoch könnte es sein, dass sie trotzdem noch für den Professor arbeitet. Irgendwie konnte ich Yuraki noch nicht ganz vertrauen. Wenn sie aufwacht werde ich meine Fähigkeiten benutzen, um einmal tief in ihre Seele zu schauen. Dann werde ich Gewissheit haben, ob ich ihr mein Vertrauen wirklich schenken kann. Ich schloss die Augen, um auch etwas Schlaf zu finden. Sicherheitshalber befand ich mich die ganze Zeit nur im Halbschlaf, damit ich für weitere Soldaten gewappnet war. Doch hauptsächlich lauschte ich nur Yurakis langsamen Atmen. Die Bäume wiegten sacht im Wind. Irgendwo miaute eine Katze. Es war so friedlich. Doch dann, zwei Stunden später, hörte ich Schritte. Erst dachte ich, dass jemand einzelnes war, der wohl noch durch die Straßen lief, aber ich irrte mich. Den vielen Schritten nach zu urteilen, waren es mindesten ein Dutzend. Und dadurch, dass diese Schritte langsam und vorsichtig gesetzt wurden, war ich mir sicher, dass das keine normalen Leute waren. Sie waren wieder da, die Soldaten der Akademie. Dennoch rührte ich mich erstmal nicht, ich bewegte mich keinen Millimeter. Als sie schließlich langsam das Haus umringten, stand ich auf. Wie schon vorher, lief ich auf den Wänden entlang. Da der Mond gerade von einer großen Wolke verdeckt war, lag ich perfekt im Schatten. Ich hatte Recht gehabt, es waren sogar mehr als ein Dutzend. Yuraki schlief, also war es wohl mehr oder weniger meine Aufgabe sie zu beschützen. Ich wollte sie ja eigentlich auch nicht in meine Angelegenheiten reinziehen, aber so wie es aussah, war es unmöglich. Ich beobachtete die Angreifer noch etwas länger. Schließlich spannte ich die Muskeln an. Das bisschen Schlaf würde sich jetzt auszahlen. Vollkommen lautlos stürzte ich mich hinab auf den ersten Soldaten, welcher überrascht schon den Mund aufmachte, um etwas zu sagen, doch dazu kam er erst gar nicht. Der Kontakt zu mir machte aus ihm einen toten Mann. Ohne Zeit zu verlieren, stürmte ich auf den nächsten zu, welcher mich bemerkt hatte. Der Griff in meine Manteltasche dauerte keine zwei Sekunden. Das was ich da heraus geholt hatte, sah eigentlich aus wie eine Miniduelldisk, doch das täuschte. Es war eine Art Dolch. Mit einer schwungvollen Bewegung holte ich aus und warf ihn. Der Dolch fand sein Ziel und der Soldat starb augenblicklich. Noch während er fiel, zog ich den Dolch mit einem Ruck aus seinem Körper. Mit einem dumpfen Ton schlug er auf dem kalten Boden auf. Obwohl ich recht leise gewesen war, hatte man mich mittlerweile doch bemerkt. Der Rest der lebenden Soldaten kam auf mich zu. Ich rannte ihnen entgegen. Dem ersten Faustschlag wich ich mit Leichtigkeit aus und brachte einen weiteren Gegner zu Fall. Wenn sie nicht mehr als das drauf hatten, würde das hier nicht lange dauern. Doch dann spürte ich brennenden Schmerz auf meinem Rücken. Ich drehte mich um. Ich war nicht der Einzige der mit unfairen Mitteln kämpfte. Auch sie hatten Waffen, welche meinem Dolch sehr ähnlich sahen. „Na das wird doch noch spannend.“, sagte ich. Als ich auf den nächsten Soldat zu rannte, war der Schnitt auf meinem Rücken schon längst verschwunden. Der nächste Angriff kam von einem Soldat mit einer Waffe, die von der Größe her schon einem Schwert ähnelte. Flink duckte ich mich und riss ihm die Waffe schon aus der Hand. Noch in geduckter Haltung, führte ich eine elegante Drehung aus und schlug meinem Angreifer mit seiner eigenen Waffe direkt in den Bauch. Ein Wimmern erfüllte die Luft, als er zu Boden ging. Um seinen gefallenen Kameraden zu rechen, schoss ein anderer auf mich zu und erwischte mich am Arm. Es brannte nur kurz, dann war die Wunde in einem Wimpernschlag verschwunden. Schließlich griffen sie zusammen an. Dem ersten wich ich aus indem ich meinen Oberkörper nach hinten bog. Doch damit rannte ich dem zweiten genau in die Arme und ich wurde erneut verletzt. Langsam reichte es mir. Ich hatte keine Lust mit diesen Soldaten zu spielen. Dann geschah alles ganz schnell. Meine Beine bewegten sich, aber schienen den Boden kaum zu berühren. Die Bewegungen meiner Gegner kamen mir plötzlich langsam und träge vor. Als ich wieder zu Stillstand kam, fielen alle bis auf einen der Duellsoldaten um. Der letzte von ihnen saß vor mir auf dem Boden. In seinem Gesicht lag nur eines: Angst. Ich grinste, weshalb er noch ein Stück von mir zurückwich. Dann schoss ich vor und versenkte meinen Dolch direkt in seinem Herz. Damit war es vorbei. Ich überflog kurz mein Umfeld. Blut hatte sich auf dem Boden verteilt und färbte ihn rot. Es war Zeit zurück ins Versteck zu gehen und nach Yuraki zu sehen. Noch immer wachsam wendete ich mich ab, was sich als großer Fehler herausstellte. Erst als eine Schwertspitze aus meinem Bauch ragte, wusste ich, dass ich die Situation unterschätzt hatte. Mein Blut lief an dem kalten Stahl hinab und tropfte zu Boden. Die Klinge verließ mich in einer flüssigen Bewegung und ich ging auf die Knie. Ich schaute auf und erblickte mehr Soldaten. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch nicht gewusst, wie rau diese Nacht werden würde. Kapitel 6: ----------- Sichtwechsel zu Yuraki Es war alles schwarz. Doch diese Dunkelheit war mir nicht fremd. Nein, sie fühlte sich so warm und samtig an. Aber da ich das nun bemerkt hatte, wusste ich, dass ich gerade dabei war aufzuwachen. Noch während ich verschlafen die Augen öffnete, hörte ich Schreie von draußen. Erst nahm ich sie gar nicht richtig wahr. Verwirrt versuchte ich zu hören, wer da gerade so laut schrie. Wenn ich richtig gehört hatte, waren es mehrere Personen. Es waren anscheinend alles Stimmen, die zu Leuten gehörten, die ich nicht kannte. Noch immer etwas verschlafen, drehte ich mich auf die Seite und schloss die Augen erneut, genervt von dem Lärm. Plötzlich hörte ich eine mir vertraute Stimme. Jedoch waren es keine Worte, sondern ebenfalls Schreie. Mit einem Ruck saß ich aufrecht. Und dann, ganz plötzlich war es still. Ich stand auf. Warum hatte ich das Gefühl, dass ich wusste, was da draußen gerade passiert war? Schritte. Sie wurden immer lauter. Jemand lief gerade in Yuris Versteck, also genau in meine Richtung. Ich machte mich kampfbereit, doch wer mir da entgegen kam, war niemand den ich fürchten musste. Sofort erkannte ich das lilane Haar und die amethystfarbenen Augen von Yuri. Er stützte sich an der Wand ab, in der Hoffnung sie würde ihm den benötigten Halt geben. Erst dann sah ich, dass er mit Blut überströmt war. Geschockt blieb ich wie angewurzelt stehen. Yuri versuchte einen Schritt zu laufen, doch seine Knie knickten ein und er fiel. Ich hechtete vor und schaffte es ihn vor dem Aufprall auf den harten Boden zu retten. „Yuri!?“ Als ich meine Hand wegnahm, war sie voller Blut. Ich schüttelte ihn, rief seinen Namen. Nach ein paar Minuten kam er zu sich. „Yuri was ist passiert?“ Yuri öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch heraus kam nur ein schmerzvolles Stöhnen. Egal was passiert war, seine Verletzungen mussten versorgt werden. „Yuri kannst du mich hören? Du musst die Wunden heilen. Du verlierst viel Blut.“ „Geht nicht.“, antwortete er zwischen zwei Atemzügen. „Wieso?“ „Keine Kraft mehr.“ Vorsichtig drehte ich Yuri auf den Rücken und legte seine Hände auf seinen Bauch. „Bitte du musst es versuchen.“ Er versuchte sich zu konzentrieren, aber es funktionierte nicht. „Yuraki...“ „Sprich nicht.“, unterbrach ich ihn, doch er redete weiter. „Hilf mir. Leg deine Hände auf meine.“ Ich wusste nicht, wie ihm das helfen sollte. Meine eigenen Heilungskräfte reichten nicht aus, um solche Verletzungen zu heilen. Yuri zuckte kurz, als ich meine Hände auf seine legte. Sie waren ganz kalt. Wer hatte ihn nur so zugerichtet? Ich schaute Yuri an, hoffend in seinem Blick eine Antwort zu finden, aber er hatte die Augen schon wieder geschlossen. „Höre auf meine Stimme, spüre die Kälte unter deinen Händen, fühle den Schmerz, den ich fühle. Konzentriere dich bloß auf mich.“ Obwohl ich Yuri kaum verstand, weil er so leise redete, wusste ich, dass ich machen sollte, was er verlangte. Ich richtete jeden einzelnen meiner Gedanken auf ihn und plötzlich spürte ich etwas mir fremdes. Es war kalt und doch beruhigend, warm und doch irgendwie schmerzhaft. Ich blinzelte. Dann sah ich, was vor meinen Augen gerade passierte. Unter unseren Händen leuchtete ein grünes Licht hell und stark. Es war das Gleiche wie vorher, als Yuri mich geheilt hatte. Aber das war ja nicht das besondere daran. Ich fühlte mich mit Yuri verbunden, wie als hätten wir einen gemeinsamen Körper. Einen Moment lang glaubte ich seine Erinnerungen sehen zu können, aber sie verschwanden sofort wieder. Seine Fähigkeiten und meine Kraft führten dazu, dass fast alle der Wunden verschwanden. Als ich merkte, dass diese besondere Verbindung abriss, zog ich meine Hände zurück. Ich erwartete, dass er etwas sagen würde, aber Yuri bewegte sich nicht. Unsicher, ob ich etwas sagen sollte, wartete ich ab. Dann öffneten sich seine Augen und er schaute mich mit unfokussierten Augen an. „Danke Yuraki.“ Schließlich beschloss ich, ihn auf das Bett zu legen. Auch dort rührte er sich nicht, obwohl er ganz sicher bei Bewusstsein war. „Yuri was ist passiert?“ „Sie waren da. Sie haben mich gefunden.“ Seine Stimme war klar, doch noch immer ganz leise. Ich rückte etwas näher an ihn heran, um ihn besser verstehen zu können. „Wer hat dich gefunden Yuri?“ Yuri holte tief Luft. „Die Soldaten der Akademie. Sie waren hier, um mich zu holen und sie wissen auch, dass du dich bei mir versteckst. Sie wollen uns beide zurückbringen, zurück zur Akademie.“ Seine Worte wurden immer leiser, bevor Yuris Stimme dann vollständig versiegte. Alarmiert schaute ich auf, doch da sich seine Brust langsam hob und senkte, schloss ich daraus, dass er schlief. Dann fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Mir wurde alles klar. Yuri hatte vor dem Versteck gegen die Soldaten der Akademie gekämpft. Nicht nur für seine, sondern auch für meine Sicherheit. Nun wusste ich auch, wieso er keine Kraft mehr hatte. Ich wusste nicht, wie lange er gekämpft hatte, aber es war jedenfalls keine kurze Zeit gewesen. Wahrscheinlich hatten ihn so viele Gegner angegriffen, dass er immer wieder schwer verletzt wurde. Sicherlich hat er sich geheilt, doch irgendwann geht auch einem erfolgreichen Experiment, wie Yuri, die Kraft aus. Wenn uns so viele Duellsoldaten angegriffen hatten, waren wir hier nicht mehr sicher. Wir mussten fort und das am besten noch bevor der neue Tag anfing. Eigentlich wollte ich Yuri nicht bewegen. Bestimmt hatte er noch immer Schmerzen, wenn auch nicht so stark wie vorhin. Doch da musste er jetzt durch. Ich wollte mir nicht ausmalen, was passieren könnte, wenn wir im Versteck bleiben würden. Vorsichtig nahm ich den Verletzten huckepack. Ich erhielt ein schwaches Stöhnen als Beschwerde, was ich aber ignorieren musste. Nachdem ich mich versichert hatte, dass kein Soldat in der Nähe war, verließ ich das Versteck. Mich erwartete ein schreckliches Bild. Überall lagen Soldaten der Akademie, verletzt und wahrscheinlich schon halb tot. Ihre Gesichter waren gezeichnet von Angst und Schmerz. Ich war überrascht, wie viele es waren. Kein Wunder, dass Yuri vollkommen erschöpft zusammengebrochen war. Prüfend warf ich einen Blick über meine Schulter zu Yuri. Sein warmer Atem strich mir in kurzen Abständen über den Rücken. Ich musste lächeln. Niemand hatte sich zuvor so für mich eingesetzt, geschweige denn das eigene Leben für mich riskiert. Ich lief los, einen blutigen Schauplatz zurücklassend. Mir war bewusst, dass ich damit alles hinter mir lassen würde. Vielleicht würde ich es später bereuen gegangen zu sein, aber im Moment war das wohl eine bessere Entscheidung als zu bleiben. Ich richtete meine Augen an den Horizont, in die Zukunft. Ich musste stärker werden, für mich, für Yuri. Ich wollte nicht untätig herumstehen, wenn er für mich alles in seiner Macht stehende tut. Das Gras raschelte unter meinen Füßen. Meine Sinne waren überempfindlich. Mit Yuri in diesem Zustand, war es unmöglich mich und gleichzeitig ihn zu verteidigen. Langsam bannte ich mir den Weg durch die Außenstadt, immer darauf achtend niemand versehentlich über den Weg zu laufen. Nach ungefähr zwei Stunden verließen wir endgültig Paradise City. Ich drehte mich, um einen Blick auf die Stadt zu werfen, in der ich jahrelang gelebt hatte. Erinnerungen wurden wach, auch so manche an friedvollen Sommertagen, aber das war nun vorbei. Wenn die Akademie uns suchte, mussten wir uns verstecken oder handeln. Ich beschloss Yuri zu helfen seinen Bruder Yuya zu retten. Ich wollte nicht, dass er genauso leiden muss wie ich damals vor so vielen Jahren. Niemand sollte so schrecklich leiden, nie wieder. Schließlich führten mich meine Schritte weg und der Wald verschluckte uns beide. Langsam wurde auch ich müde, aber ich musste weiter. Dann schließlich, als es schon etwas dämmerte, fand ich einen gut von Blicken abgeschirmten Platz, wo wir rasten konnten. Vorsichtig legte ich Yuri auf einem Haufen Blätter nieder, die ich zuvor etwas ausgebreitet hatte. Meine Schultern schmerzten etwas, aber das war nicht schlimm. Endlich kam ich etwas zur Ruhe. Ich beobachtete Yuri. Vor ein paar Stunden hatte er noch kaltblütig mit Soldaten der Akademie gekämpft. Ob er mir wohl beibringt, wie er kämpft? Müde gähnte ich und verschob die Frage auf später. Ich lehnte mich an einen Baum, wo ich Yuri gut im Blick hatte, aber ihm nicht allzu nah war. Ich schloss meine Augen. Was diese Nacht passiert war, würde den weiteren Verlauf meines Lebens gravierend verändern. Doch ich war glücklich. Es gab also doch jemanden, der mich wertschätze. Was für ein schöner Gedanke. Ein Gedanke, der nun endlich wahr war. Kapitel 7: ----------- Sichtwechsel zum Erzähler Langsam öffnete Yuri seine Augen. Verwirrt scannte er die Umgebung. Überall waren grüne und braune Farben zu erkennen. Yuri blinzelte, um seine Sicht zu schärfen. Dann erkannte er Bäume. Über ihm war der blaue Himmel und nicht der vertraute graue Stein des Verstecks. Was war passiert während er geschlafen hatte? Wo war Yuraki? War sie in Sicherheit? Angestrengt kniff er seine Augen etwas zusammen. Er konnte seine Sicht nicht zu hundert Prozent schärfen, aber es reichte, um Yuraki gegen einen Baum lehnend sitzen zu sehen. Als sich Yuris Blick mit ihrem traf, stand sie auf und kam zu dem noch immer am Boden liegenden. „Endlich bist du wieder wach.“, sagte sie und wirkte erleichtert. „Wo sind wir?“, fragte der lilahaarige und versuchte sich aufzusetzen. Yuraki bemerkte, dass er dabei Schwierigkeiten hatte und half ihm auf. „Wir sind nicht mehr in Paradise City. Kurz nachdem ich selber aufgewacht war, bist du blutüberströmt ins Versteck gestolpert. Du hast mir einen Schreck eingejagt. Irgendwie haben wir es zusammen hinbekommen dich zu heilen. Danach bist du eingeschlafen und ich habe dich hierher gebracht.“ Als Antwort erhielt sie nur ein simples „Hm“. Einen Moment lang sagte keiner der beiden etwas. Schließlich fragte ihn Yuraki, warum er so nachdenklich war. „Bevor ich dir davon erzähle, möchte ich, dass du das nicht als Anschuldigung verstehst.“, erklärte Yuri ihr und begann zu erzählen. Dass die Akademie genau in dem Moment aufgetaucht war, als Yuraki bei ihm Unterschlupf gefunden hatte, kam Yuri verdächtig vor. Er wählte seine Worte vorsichtig, um die silberhaarige nicht zu beleidigen. „Heißt, dass du mir nicht so ganz vertrauen kannst?“, fragte Yuraki. Yuri nickte und antwortete: „Jedoch gibt es einen Weg das zu überprüfen. Mithilfe meiner Kräfte werde ich in dein Bewusstsein eindringen, bis ich deine Seele erreiche.“ „Und was passiert dann?“, fragte Yuraki neugierig. „Nachdem ich etwas aus meinem Besitz deiner Seele überlassen habe, darf meine eigene Seele ihr eine Frage stellen. Die Seele eines Menschen spricht immer die Wahrheit. Jedoch werden wir beide davon nichts mitbekommen. Wenn ich sie gefunden habe, werden wir beide bewusstlos und wachen erst wieder auf, wenn die Seelen ihr Gespräch beendet haben.“ Yuraki zögerte. Was man ihr gerade gesagt hatte, schien mehr als unglaublich zu sein. In manchen Zeiten hatte sie geglaubt, dass manche Menschen keine Seele hatten und sich selber hatte sie auch dazu gezählt. Doch das Yuri ihr vertrauten konnte, war ihr sehr wichtig, deshalb stimmte sie diesem Vorhaben zu. Sie setzten sich dem anderen gegenüber hin. Yuris amethystfarbene Augen zeigten eine Art von Dankbarkeit, Yurakis wiederum Unsicherheit. Der Fusionsduellant merkte das natürlich sofort und sagte ihr, wenn sie es nicht wollte, solle sie das sagen. „Nein. Es ist nur...ich weiß nicht. Was wenn die Antwort nicht die ist, die du dir erhofft hast?“ Lächelnd sagte Yuri: „Darüber werde ich erst nachdenken, wenn es wirklich so sein sollte.“ Yuraki lächelte zurück. Irgendwie hatte Yuris Art etwas sehr Beruhigendes für sie. Ihr Gegenüber nickte noch einmal, dann schloss er die Augen. Die Welt um Yuraki und Yuri verstummte, wie als würde sie die plötzliche Spannung spüren. Kein Vogel zwitscherte mehr, kein Blatt regte sich. Es war vollkommen still. Und dann öffnete Yuri seine Augen. Seine amethystfarbenen Augen hefteten sich auf ihre bernsteinfarbenen. Kurz war Yuraki, als würde sie keine Luft bekommen, aber als Yuri seine Hand auf ihre legte, natürlich ohne seinen Blick zu lösen, und sie erneut diese vertraute Wärme spürte, verflog das Gefühl wieder. Yuri fuhr fort und schon kurz darauf fühlte er, wie er sich von seinem Körper zu lösen schien. Er ertrank in Yurakis bernsteinfarbenen Augen, die in diesem Moment wie ein Edelstein glänzten. Dann verblassten alle Farben und ein tiefes Schwarz verschluckte das restliche Licht. Und da in der Dunkelheit war ein einzelner Lichtschimmer, welches Herrscher über diesen Raum war. Der lilahaarige schickte daraufhin seine Seele los und damit schalteten seine Sinne ab. Yurakis Seele schimmerte in einem sanften Blauton, während Yuris ein dunkles lila ausstrahlte. Langsam näherte er sich ihr. Eine klare Stimme flutete den Raum: „Du, der du hier eingedrungen bist, was ist dein Begehr?“ „Ich möchte Gewissheit über etwas, was nur du mir beantworten kannst.“ Beide Seelen sprachen in einer gehobenen Sprache, während sie ihr Gespräch fortsetzten. Yurakis Seele näherte sich ihm. „Und was bekomme ich als Gegenleistung dafür?“ Sie erwartete keinen Vorschlag, welcher ihr die andere Seele auch nicht machte. „Ja, ich weiß. Das ist perfekt. Nun dann, stelle deine Frage, aber gibt Acht, ich beantworte nur eine.“ „Ich möchte wissen, ob Yuraki mit der Akademie sympathisiert.“ Yurakis Seele fing an zu lachen und ihr blaues Licht schien kurz zu flackern. „Yuraki fragt sich schon seitdem sie dich getroffen hat, ob sie dein Vertrauen überhaupt verdient. Aber die Antwort auf deine Frage lautet nein.“ Erleichterung strömte durch Yuris Seele. „Und nun verlasse diesen Raum.“ Er neigte respektvoll den Kopf, dann verschwand das lilane Leuchten. Yuraki war die erste, die von den beiden aufwachte. Einen Moment fragte sie sich, warum sie bewusstlos gewesen war, aber dann erinnerte sie sich. Vor ihr lag Yuri, welcher das Bewusstsein noch nicht zurückerlangt hatte. Sanft rüttelte sie ihn. Dann blinzelte Yuri und setzte sich auf. Erwartungsvoll schaute Yuraki den lilahaarigen an, welcher kurz seine Gedanken zu sammeln schien. Yuri lächelte und sagte: „Wie ich sagte, ich denke nur darüber nach, wenn es wirklich so sein sollte, aber es ist nicht so. Es tut mir leid, dass ich dir nicht vertraut habe.“ „Nicht schlimm. Ich hätte bestimmt auch so gehandelt wäre ich in deiner Position gewesen.“ Yuraki war glücklich, dass sie Yuris Vertrauen nun vollständig hatte. Yuri wiederum saß still da und sah etwas verwirrt aus. „Stimmt was nicht?“, fragte sie ihn. „Nein alles ok. Es scheint nur irgendwas zu fehlen.“ Dann wusste er plötzlich, was er meinte. „Das hat sie mir also genommen.“, flüsterte er mehr zu sich selbst. Yuraki riss ihn aus seinen Gedanken. „Yuri da du mir jetzt vertrauen kannst, möchte ich dich um etwas bitten. Bringst du mir bei wie man kämpft? Ich meine so wie du.“ „Wenn du das willst. Aber sei dir im klaren, dass ich das, was ich in mehreren Jahren gelernt habe dir nicht in ein paar Tagen beibringen kann.“ „Das ist ok. Ich will bloß nicht immer beschützt werden. Auch ich will die, die mir am Herzen liegen beschützen können.“ Ein Lächeln huschte über Yuris Lippen. Genau aus diesem Grund hatte er damals Tage allein trainiert. Egal, ob es in der Nacht oder am Tag war, er hatte es getan, um Yuya retten zu können. „Gut, dann fangen wir sofort an. Ich werde dir außerdem zeigen, dass auch du besondere Fähigkeiten hast und benutzen kannst, auch wenn sie nicht so ausgeprägt sind wie bei mir.“ In den nächsten Tagen brachte Yuri Yuraki bei, wie sie sich verteidigen konnte. Er zeigte ihr, wie sie ihre Kräfte kontrollieren konnte ohne sie danach für eine Weile nicht mehr benutzen zu können. Oft verbrachten sie Stunden damit eine Sache zu perfektionieren. Hauptsächlich kämpften sie gegeneinander, meistens mit bloßen Händen. Aber Yuri brachte ihr auch bei wie man sich gegen bewaffnete Angreifer wehrte. In den wenigen Tagen verzeichneten sie Erfolge, aber auch so manchen hoffnungslosen Fall. Schlagen, ausweichen, parieren, schleichen, klettern und leichtfüßig auf Dächern laufen. Alles was nicht mit ihren Fähigkeiten zu tun hatte, meisterte Yuraki ohne große Probleme. Jedoch war Yuri geduldig und blieb ruhig, wenn sie es wieder nicht schaffte und schon verzweifelt kurz vor dem Aufgeben war. Schließlich verging eine Woche Training für den selbsternannten Lehrer und seine Schülerin. In der Nacht des letzten Tages planten sie, wie sie in die Akademie eindringen würden. Yuri, der das feindliche Gelände noch perfekt im Gedächtnis hatte, erklärte Yuraki an welchen Stellen sie sich besonders in Acht nehmen mussten. „Das Labor ist in diesem Gebäude.“ Yuraki nickte und erinnerte sich, wie man sie damals gegen ihren Willen dahin gebracht hatte. „Selbst wenn wir getrennte Wege gehen müssen, ist unser Hauptziel Yuya zu retten.“, fuhr Yuri fort, „Ach und da wäre noch etwas.“ Er holte etwas aus seiner Tasche. Yuraki hatte schon bemerkt, dass er nach dem Training, als sie angeblich schlief, noch etwas anderes gemacht hatte bevor er sich ebenfalls Ruhe gönnte. Das was wie der lilahaarige in der Hand hatte, sah in Yurakis Augen aus wie eine kleine Duelldisk. „Willst du dich etwa damit verteidigen?“, fragte sie und grinste. Yuris Augen funkelten amüsiert, als die silberhaarige genau wie vorhergesehen darauf hineinfiel. „Nein.“, sagte er und schüttelte den Kopf, „Schau.“ Vorsichtig drückte er die Spitze in seine Haut, wo sofort etwas Blut hervorquoll. Dann wieder das vertraute grüne Licht und schon sah es aus, als wäre dort nie eine Wunde gewesen. „Gute Tarnung.“, meinte Yuraki. Der Fusionsduellant nickte und reichte ihr die kleine Waffe. Der Griff war mit einem Band umhüllt, wodurch er sich in der Hand gut anfühlte. Die Waffe war leicht, aber war trotzdem robust. Schnell schlug Yuraki einmal damit durch die Luft, testete die Klinge. „Sie ist perfekt.“, schwärmte sie. „Freut mich, dass sie dir gefällt. Sie gehört dir. Unsere Feinde werden auch nicht immer fair kämpfen, also dachte ich mir, dass ich dir einen kleinen Vorteil verschaffe.“ „Danke.“ Yuri gähnte und machte es sich bequem, Yuraki setzte sich neben ihn. Verträumt schaute sie in den Nachthimmel. Morgen würde es ernst werden. Sie hoffte, dass sie keinen Fehler machen würde, der Yuri und sie in Gefahr bringen würde. Ja, sie war irgendwie aufgeregt. „Hey was ist los?“, fragte Yuri und legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Ach nichts.“ „Yuraki ich kenne dich mittlerweile lang genug, um dich zu durchschauen. Hast du Angst?“ Sie zögerte kurz und sagte dann leise: „Ja.“ Yuris Reaktion war nicht das, was sie erwartet hatte. Er lächelte. „Keine Sorge. Ich werde dich beschützen.“ Das gab ihr Kraft. „Ich werde dich auch beschützen Yuri.“ Kapitel 8: ----------- „Sag mal, wie kommen wir eigentlich in die Fusionsdimension?“, fragte ich Yuri, welcher daraufhin ein schiefes Lächeln aufsetzte. „Da wir ja so plötzlich aufgebrochen sind, haben wir meine Duelldisk nicht mitgenommen. Diese Variante können wir also streichen. Wir könnten noch..., nein, das geht auch nicht.“ „Toll. Was nun?“ Der lilahaarige überlegte, seine Augen hatte er dabei geschlossen. Ich überlegte ebenfalls, aber wie man in eine andere Dimension kam, war mir nicht bekannt. „Blöd, dass uns dein Bruder nicht irgendwie helfen kann.“, meinte ich. „Nein, wie soll er denn auch...“ Yuri stoppte mitten im Satz, dann schnippte er mit den Fingern und sagte: „Yuraki, das ist die Idee!“ Er holte sein Deck heraus und nahm die oberste Karte weg. „Wie soll uns das helfen?“, fragte ich neugierig, „Ich kann ja nicht mal lesen, was darauf steht.“ „Ich kann es auch nicht, aber das muss ich auch nicht unbedingt. Diese Karte ist das Einzigste, was mich mit meinen Brüdern verbindet. Jeder von ihnen besitzt ein ähnliches Exemplar. Sie sind etwas ganz besonderes, denn sie haben eine Art Verbindung zwischen einander. Manchmal fühle ich das, was meine Brüder im Moment fühlen, durch diese Karten. Es war nicht weiter als Schmerz, schrecklicher Schmerz. Jedenfalls wenn wir unsere Kräfte darauf bündeln, können wir vielleicht durch diese Verbindung zur Akademie kommen.“ Ich schaute Yuri verwirrt an. Natürlich war das mehr als unrealistisch mit Hilfe einer Karte in eine andere Dimension zu reisen. Nicht wirklich überzeugt, schaute ich auf das Bild, dass auf der Karte war. Ein mächtiger Drache war darauf abgebildet, doch ich wendete meinen Blick sofort wieder ab, weil ich das Gefühl hatte, dass der Drache mich anstarrte. „Wie machen wir das?“ Yuri legte die Karte auf seine Handfläche. „Leg deine Hand einfach auf meine, beziehungsweise auf die Karte.“ Ich tat was er sagte und fragte nicht nochmal nach, was das bezwecken sollte. Sofort hatte ich wieder das Gefühl beobachtet zu werden. „Er beobachtet dich.“, meinte Yuri amüsiert. „Dann bilde ich mir das nicht nur ein?“ „Nein. Yuto wacht über die Verbindung, die zu Yuya führt, damit die Akademie diese nicht angreifen kann. Glücklicherweise scheinen sie im Moment noch nichts davon zu wissen. Hab keine Angst Yuraki. Yuto ist nur sehr vorsichtig und macht das eher unbewusst als bewusst.“ Ich versuchte mich zu entspannen und schon fing die Karte in einem dunklen Lila zu schimmern. „Yuri du leuchtest.“, flüsterte ich, doch Yuri antwortete nicht. Seine ganze Konzentration lag nun auf der besonderen Verbindung zu seinen Brüdern. Ich wusste nicht, was ich machen sollte, aber ich versuchte mich ebenfalls zu konzentrieren. Ich lauschte Yuris gleichmäßigem Atmen, konzentrierte mich auf den Rhythmus. Als sich Temperatur etwas änderte, öffnete ich verwirrt davon meine Augen und erschrak. Sie waren wirklich in der Fusion-Dimension. Yuri war noch immer höchst konzentriert, nur nicht auf das Richtige. Er bemerkte nicht mal, das gerade eine Patrouille auf uns zu kam. Es war schon ein Wunder, dass sie uns noch nicht gesehen hatten. „Yuri.“, sagte ich leise, doch der reagierte noch immer nicht. Kurzerhand packte ich ihn am Arm und zerrte ihn etwas grob hinter einen Stapel Kisten. Geduldig wartete ich, bis die Patrouille außer Sicht war. „Yuri was ist los mit dir? Hörst du mir überhaupt zu? Das ist nicht der richtige Ort zum träumen!“ Dann fiel Yuri vor mir plötzlich auf die Knie. Seine Hände krallten sich über seinem Herz in seine Kleidung. „Alles ok?“ Schmerz zeigte sich auf Yuris Gesicht und er krümmte sich noch etwas mehr. Dann war es vorbei. Yuri stützte sich auf seinen Armen ab. „Was war das?“, fragte ich leise. „Sie foltern ihn. Er hat Schmerzen. Ich muss ihn retten.“ Damit stand er auf. „Wir gehen so vor, wie wir es geplant haben.“, sagte er und tat dabei so, als wäre nichts gewesen. Prüfend warf er einen Blick in jede Richtung, dann liefen wir los. Unsere Schritte waren praktisch lautlos und so platziert, dass sie auch kein Geräusch verursachen würden. Ich folgte ihm stumm, noch immer über das nachdenkend was gerade passiert war. Viel Zeit hatte ich dafür nicht. Es dauerte nicht lange und wir kamen an den ersten Wachen vorbei. Ich hatte ein komisches Gefühl und ich wusste, dass Yuri es auch haben musste. Für die Akademie waren des ziemlich wenige Wachen. Normalerweise fand man sie hinter jeder Ecke. Es war, als würde man sie erwarten und nur darauf warten, dass die Falle zuschnappen würde. Wir verdoppelten unsere Anstrengungen unsichtbar zu bleiben. Wir bewegten uns in den Schatten, meist fern von den Wachen. Je näher wir unserem Ziel kamen, desto mehr hatte ich Gefühl, dass mit Yuri irgendwas nicht stimmte. Während ich so darüber nachdachte, fiel mir nicht auf, dass ich meine Deckung total vernachlässigte. Zwei Duellsoldaten wollten schon Alarm schlagen, doch Yuri war schneller. Beide sackten ins sich zusammen, bevor sie auch nur einen Laut von sich geben konnten. Was dann passierte schockierte mich zutiefst. Yuri hockte vor den Bewusstlosen, seinen Dolch gezückt. Mit Mühe und Not konnte ich ihn davon abhalten sie zu töten. Ohne sich zu erklären, lief Yuri weiter. Natürlich war er wütend, aber bis jetzt hatte er diese Wut immer zurückgehalten. Seit vorhin war er etwas rücksichtsloser geworden und bewegte sich auch viel auffälliger. Der lilahaarige wurde immer schneller und ich hatte Mühe mit ihm mitzuhalten. „Jetzt warte doch mal! Was ist nur los mit dir Yuri?“, rief ich ihm hinterher, aber genau wie vorher, bekam ich keine Antwort. Mittlerweile waren wir so sehr von unserem geplantem Weg abgekommen, dass ich nicht mehr wusste wo wir überhaupt waren. Yuri preschte einfach durch die Wachen, die ihm im Weg standen. Hinter ihm fielen alle bewusstlos um und ich musste mir einen Weg durch sie bannen. Gefühlte endlose Kurven später, stoppte Yuri abrupt ab. Außer Atem kam ich neben ihm zum Stillstand. Ich schaute auf den Turm vor uns. Von außen sah dieser aus wie ein ganz normaler Turm, doch als wir ihn betraten, wurde der Steinboden durch einen glänzenden weißen ersetzt. Vor uns schlängelte sich eine Treppe in die Höhe. Plötzlich spitzte Yuri die Ohren. Was auch immer er gehört hatte, ich hörte nichts. Doch dann warf ein Schrei ein schallendes Echo an den leeren Wänden. Für mich klang es einfach nur schlimm, doch Yuri reagierte darauf anders als ich. Schlagartig lief er die Treppe hinauf, immer frei Stufen auf einmal nehmend. Ich war zu langsam und deswegen erwartete mich am Ende der Stufen ein schreckliches Bild. Überall lagen tote Wachen. Yuri war von oben bis unten mit ihrem Blut besudelt. Der Dolch in seinen Händen hatte eine dunkle rote Farbe angenommen. Ich konnte mich nicht bewegen, der Schock war zu groß. Der lilahaarige lief auf eine Glaswand zu. Ein weiterer Schrei riss mich aus meiner Starre. „Wa-warte!“, rief ich Yuri unsicher hinterher. Er drehte sich um. Wo sonst ruhige amethystfarbene Augen Ruhe ausgestrahlt hatten, waren nun grell leuchtende, die nur Wut zeigten. Ängstlich wich ich etwas zurück und Yuri lief weiter. Die Schreie kamen nun öfter und jagten mir einen unangenehmen Schauer über den Rücken. Yuri Blick schien sich durch das Glas vor ihm zu bohren. Er fixierte etwas, was ich von meiner Position aus nicht erkennen konnte. Ich zuckte zusammen, als seine Fäuste auf Glas donnerten. Schließlich versuchte ich sogar ihm zu helfen, aber es brachte nichts. Erst dann sah ich auch, auf was der lilahaarige seinen Blick heftete. Der Ursprung der Schreie war eine grünhaarige Person. Strom schoss durch ihn und er schrie erneut. Das musste Yuya sein. „Yuri.“, sagte eine dunkle Stimme hinter mir. Ich wusste, wer hinter mir stand. Die Stimme gehörte dem Mann, der mich damals gequält hatte. „Und RX-3 Schön, dass ihr uns die Aufgabe abnehmt nach euch zu suchen.“ Das Geräusch von vielen Schritten flutete den Gang und Yuri drehte sich um. Der Mann zog sich etwas zurück, während eine Art Fernbedienung aus seiner Tasche holte. Er drückte den Knopf und Yuya schrie. Das brachte bei Yuri das Fass zum überlaufen. Mit einem fast unmenschlichen Schrei warf er sich ins das Getümmel von Duellsoldaten. Ich erstarrte erneut. Mein Blick folgte ihm durch die Menge. Ich bemerkte nicht, wie sich jemand an mich heranschlich und mich dann betäubte. Ich wurde weggeschleift. Ein paar Meter weiter warf man mich in einer Art Zelle. Die Tür schloss sich mit einem Knall. Benebelt nahm ich die Geräusche auf dem Gang war. Metall klirrte und Blut tropfte auf den Boden. Körper fielen leblos auf die rote Flüssigkeit. Erschöpft schloss ich die Augen. Es war wirklich alles schief gegangen, was schief laufen konnte. Nach ein paar Minuten verlor ich dann das Bewusstsein. Als ich wieder aufwachte war es dunkel. Durch die Gitterstäbe des Fensters drang Mondlicht. Auf dem Gang war es still. Ich war noch immer allein. Yuri hatte sich wohl bis jetzt gewehrt und deshalb hatte ich noch etwas Hoffnung. Dann öffnete sich die Tür und zwei Wachen zerrten Yuri in die Zelle. Bevor ich auch noch realisieren konnte, was gerade passiert war, schloss man die Tür bereits wieder. Ich blickte zu Yuri. Er bewegte sich nicht. Mein letzter Hoffnungsschimmer erlosch. Der Mond warf sein Licht auf Yuri. Seine Kleidung war vom Blut durchtränkt, aber darum machte ich mir vorerst keine Sorgen. Sicherlich war es das Blut des Feindes. Doch als ich die Blutlache sah, die sich bildete, bemerkte ich, dass es sein eigenes war. Dann fiel mir auch seine blasse Haut auf, die durch das Licht des Mondes aussah wie Porzellan. Ich schüttelte ihn in der Hoffnung irgendein Anzeichen auf Leben zu finden. Zu meinem Entsetzen fand ich keines. Kapitel 9: ----------- Ich wollte nicht verstehen, was vor meinen Augen gerade passierte. Zitternd schaute ich auf meine Hand. Blut lief an meinen Fingern herunter und ich schüttelte die Tropfen schnell weg. „Yuri!“ Ich beugte mich langsam zu ihm hinunter, um seine Atmung zu überprüfen. Doch meine eigenen schnellen Atemzüge übertönten jeden anderen Ton. Ich versuchte mich zu sammeln und lauschte erneut. Dann hörte ich, wie Yuri schrecklich langsam einatmete. Kurz war ich erleichtert, was aber im nächsten Moment gleich wieder verflog. Mir wurde bewusst, wie hilflos ich gerade war. Ich streckte die Hände aus und konzentrierte mich, so wie Yuri es mir beigebracht hatte. Grünes Licht flackerte auf. Ich wusste, dass ich solche Verletzungen unmöglich heilen konnte, aber ich versuchte die Blutungen zu stillen. Außerdem schloss ich die kleineren Wunden. Plötzlich begann Yuri zu husten. Blut lief ihm aus den Mundwinkeln, nachdem er sich wieder beruhigt hatte. Wir mussten hier irgendwie weg. Wenn sich Yuri Zustand weiter verschlechtern würde, dann wäre jede Hilfe zu spät. Die Frage war nur wie. Selbst wenn wir aus dieser Zelle kommen würden ohne bemerkt zu werden, müssten wir erst noch einen Weg zurück in die Standart-Dimension finden. Die Verbindung von Yuri zu Yuya konnte ich als Außenstehende nicht nutzen, das war so gut wie unmöglich für mich. Kurz vergaß ich Yuri und die Zelle um mich herum. Ich hatte den Aufbau der Akademie zwar genau studiert, aber es schien keinen Weg nach draußen zu geben. Nach einer Stunde gab ich es auf. Jeder meine gedanklichen Wege führte in eine neue Sackgasse. Langsam wurde es kalt. Mir war kalt, aber ich hielt es aus. Ich schaute zu Yuri. Im Gegensatz zu mir zitterte er bereits. Ich legte meine Hand auf seinen Arm. Yuri war ganz kalt, weshalb ich kurzerhand beschloss ihm den Mantel zu geben, denn ich eigentlich zur Deckung an hatte. Seinen hatte er bestimmt während des Kampfes verloren. Ich spürte sofort wie sich meine Haare aufstellten und mich ein Schauer überkam, als mich dem wärmenden Stoff entledigte. Aber ich musste da jetzt durch. Yuri brauchte diese Wärme nun mehr denn je. Trotz der Kälte versuchte ich etwas Schlaf zu finden, doch die Sorge um Yuri war zu groß. Ich dachte an die Verbindung von der Yuri mir erzählt hatte. Vielleicht sollte ich es einfach versuchen. Vorsichtig holte ich die Karte aus seiner Tasche. Ich schaute auf die Rückseite, aber das Gefühl, dass mich Yuto beobachtete, spürte ich trotzdem. Nach einigen Momenten drehte ich die Karte um und spürte einen Stich in meiner Hand. Instinktiv ließ ich die Karte fallen. Irritiert schüttelte ich meine Hand. Yuto hatte vorher doch auch nicht so aggressiv reagiert. Yuri hustete erneut und ich nahm die Karte erneut in die Hand. „Yuto.“, sagte ich leise, „Ich weiß, dass wir uns gerade erst mehr oder weniger kennengelernt haben, aber ich will Yuri helfen. Er ist verletzt und ich kann ihm alleine nicht helfen. Kannst du uns zurückbringen?“ Erst passierte nichts, doch dann spürte ich wieder einen Stich, diesmal etwas kräftiger. Ich seufzte. Was nun? Meine Gedanken wurden durch das Klimpern eines Schlüssels unterbrochen. Zu meiner Enttäuschung war es niemand, der uns retten wollte. Ich stellte mich vor Yuri. „Was wollt ihr?“, fragte ich und ich merkte, wie die beiden Duellsoldaten kurz wegen meiner orange leuchtenden Augen zuckten. Ohne etwas zu sagen, zerrte mich der eine beiseite. Ich wehrte mich heftig, doch ich war noch nicht wieder ganz fit. Hilflos musste ich zusehen, wie der andere Yuri aus der Zelle schleifte. Ich wurde in die Ecke geschubst. Bevor ich die Tür erreichen konnte, war sie auch schon wieder fest verschlossen. Wütend hämmerte ich gegen das Holz. „Kommt zurück! Lasst ihn in Ruhe! Nehmt mich!“ „Keine Sorge. Für dich haben wir etwas Besonderes vorbereitet, aber nicht jetzt. Er wird uns sagen, wie wir den Willen seines Bruders brechen können.“, kam es von der anderen Seite. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich wusste, dass Yuri nichts über die Verbindung verraten würde, aber sie würden ihn sicherlich auf irgendeine gemeine Art erpressen. Hilflos schaute ich ihnen durch das kleine Gitter in der Tür hinterher. Irgendwie war ich enttäuscht von mir. So wie mich Yuri trainiert hatte, wäre es eigentlich kein Problem gewesen die beiden zu überwältigen. Warum hatte ich nicht getan, um sie aufzuhalten? Innerlich verfluchte ich mich für meine Dummheit. Es war meine Schuld, dass sie jetzt Yuri hatten. Wie sollte er sich mit solchen Verletzungen denn wehren? Wütend lief ich in der Zelle auf und ab. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was sie mit Yuri gerade anstellten. Ich musste hier raus, zusammen mit Yuri. Unser Vorhaben war fehlgeschlagen. Mit Yuri in diesem Zustand war es so gut wie unmöglich Yuya noch irgendwie zu retten. Schließlich setzte ich mich unzufrieden auf den kalten Boden. Ich holte Yuris Karte heraus. Grimmig schaute ich sie an. Als Antwort bekam ich wieder einen sehr unangenehmen Stich zu spüren. „“Warum hilfst du uns nicht?, sagte ich und versuchte erneut mit Yuto Kontakt aufzunehmen. Gab es denn gar nichts, was ich tun konnte? Gar nichts? Egal, wie sehr ich es versuchte, ich konnte keinen klaren Gedanken fassen. Ich stand auf und stellte mich wieder vor die hölzerne Tür. Durch die Gitterstäbe spähte ich hinaus auf den Gang. Rechts ging es wohl in eine Art Labor. Yuri und Yuya waren dort. Beim Gedanken an ein Labor lief mir ein Schauder über den Rücken. Ich schaute nach links, in die Richtung, wo Yuri und ich hergekommen waren. Außerdem schien es unser einziger Fluchtweg zu sein. Von dort kamen auch gerade zwei Wachen. Als sie näher kamen, warf ich ihnen einen wütenden Blick zu. Aber anstatt das sie weitergingen, machten sie vor meiner Zelle halt. Toll. So würde ich ganz sicher nicht mehr erfolgreich aus dieser blöden Zelle kommen. Ich fluchte laut. Von draußen kam ein lautes „Ruhe!“ Mir blieb nichts anderes übrig, als zu warten. Darauf warten, dass man Yuri wieder herbrachte und er hoffentlich noch so viel Kraft hatte, um uns zurückzubringen. Die Zeit verging. Ich wusste nicht, ob langsam oder schnell, was in dem Moment auch ziemlich egal war. Ich hatte mich in eine der Ecken der Zelle zurückgezogen und stützte meinen Kopf auf meinen angewinkelten Beinen ab. Es war still, für meinen Geschmack zu sehr. Doch dann drang etwas an mein Ohr. Da ich es nur flüchtig wahrgenommen hatte, ignorierte ich es. Das bilde ich mir nur ein, hatte ich mir gesagt. Aber das Geräusch erschien ein weiteres Mal. Erst ganz leise, doch es wurde lauter. Entsetzt erkannte ich, was das für ein Geräusch war: Schreie. Das Problem war, dass es nicht irgendwelche Schreie waren. Sie waren durch und durch von Schmerzen erfüllt. Und das Schlimme an diesem Problem: es waren Yuris Schreie. Erschrocken und gleichzeitig entsetzt, sprang ich auf. Ich sah, wie die Wachen ebenfalls die Ohren spitzten und lauschten. Beide entspannten sich aber wieder, als sie merkten, dass sie aus der Richtung des Labors kamen. Kurz war ich wie gelähmt. „Oh Gott.“, sagte ich unfreiwillig laut. Ich stellte mich erneut an die Tür. Ich rüttelte an ihr und schrie gleichzeitig nach Yuri. Natürlich wollten die beiden Duellsoldaten das nicht dulden. „Wenn du nicht sofort in eine Karte verwandelt werden willst, sei lieber still!“ Ich wich zurück. Nein, ich konnte es nicht ertragen! Aber mir waren die Hände gebunden. Mit den Händen auf den Ohren, versuchte ich mich von den schrecklichen Schreien abzuschotten. Das klappte aber nur, bis Yuris Schreie lauter wurden. Ich drückte die Handflächen fester an mich, doch statt einem schienen nun zwei verschiedene Personen zu schreien. Kein Zweifel, dass musste Yuya sein. Ich hielt diesem Chor der Schmerzensschreie nicht mehr stand. Verzweifelt warf ich mich gegen die Tür, ein erbärmlicher Versuch sie zu öffnen. „Lasst mich raus!“ Ich schrie und kämpfte im selben Augenblick gegen die Tränen. Ich musste ihnen helfen. Jetzt sofort! Meine Fäuste donnerten gegen das Holz, welches unter jedem Schlag heftig bebte, aber standhielt. Genervt drehten sich meine beiden Aufpasser um. Der eine wollte schon etwas sagen, aber ich schnitt ihm einfach das Wort ab. „Lasst mich gefälligst raus!“, brüllte ich ihn an. Ein Schlüssel klimperte und die Tür öffnete sich. Das war meine Chance! Ich stürmte auf die Wachen zu. Ja, ich war durch Yuris Training schnell und beweglich geworden, aber gegen die Duellsoldaten schien das nicht zu reichen. Mit Leichtigkeit hielten sie mich von der Flucht ab. Ich wehrte mich unter Leibeskräften und biss dabei einem in die Hand. Fluchend zog dieser sich zurück und ich versuchte den anderen auch noch von mir abzuschütteln. Doch der ließ sich nicht so einfach von mir überrumpeln wie sein Kamerad. Schnell verdrehte er mir den Arm, sodass ich hilflos in seinem Griff war. „Das reicht jetzt!“, sagte er. Obwohl mein Arm dabei höllisch schmerzte, wehrte ich mich weiterhin. Doch bevor ich wirklich etwas erreichen konnte, spürte ich einen kräftigen Schlag im Genick. Sofort knickten meine Knie ein und ich fiel mit voller Wucht auf den Steinboden. Nein! Nein! Ich weigerte mich aufzugeben, doch meine Gegner drückten mich zu Boden. Das war meine einzige Chance gewesen Yuri und Yuya zu helfen. Langsam nagte die Schwärze an meinem Sichtfeld. Ich vernahm noch kurz erneut Schreie, dann verebbte der Schmerz und die Dunkelheit verschluckte mich. Langsam öffnete ich meine Augen. Meine Sicht war noch sehr unscharf, weshalb ich mehrere Male angestrengt blinzelte. Ich setzte mich auf. Mein Genick tat noch etwas weh, aber es war nichts, was ich nicht ignorieren konnte. Ein qualvolles Stöhnen von der anderen Seite der Zelle, ließ mich zusammenfahren. „Yuri?“, fragte ich in die Dunkelheit. Ich bekam keine Antwort. Vorsichtig und auf allen Vieren näherte ich mich der Quelle des Geräusches. Als ich gegen etwas stieß, streckte ich meine Hand aus, um vielleicht etwas ertasten zu können. Ich bekam ein Stück Stoff zu fassen, ließ es aber sofort wieder los. In diesem Moment schien sich der Nebel vor meinen Augen zu lichten. Die Person, die vor mir lag war ohne Zweifel Yuri. Er sah noch schlimmer zugerichtet aus als vorher. „Yuri.“ Ich hätte ihn am liebsten wachgerüttelt, aber mit den ganzen Verletzungen war das wohl nicht gerade die beste Idee. Wenigstens kam er mir trotz der Verletzungen etwas lebendiger vor. Trotz der offensichtlichen Schmerzen, versuchte Yuri seine Atmung unter Kontrolle zu halten. Ich hatte ihn noch nie so angreifbar gesehen. Sonst war er immer so stark, jetzt konnte er sich nicht einmal verteidigen, selbst wenn er es wollte. Mir fiel nichts anderes ein, als ein weiteres Mal auf meine Kräfte zurückzugreifen und ihn wenigstens etwas zu heilen. „Das wird jetzt kurz weh tun.“, warnte ich Yuri, obwohl ich mir nicht sicher war, ob er mich überhaupt hörte. Mit größter Vorsicht drehte ich ihn auf den Rücken, wo sich mir das volle Ausmaß der Verletzungen zeigte. Fast jeder Zentimeter seiner Kleidung war mit Blut durchtränkt und ich fluchte bei dem Anblick. Ich musste mich korrigieren: Yuri sah mehr tot als lebendig aus. Kapitel 10: ------------ Sichtwechsel zum Erzähler Yuraki war entsetzt, als sie sah, wie schwer Yuri verletzt war. Für einen kurzen Moment hatte sie sich gefreut, dass sie Yuri wieder als Gesellschaft hatte, auch wenn er nicht wach war. Geschockt schaute sie kurz weg, fasste sich aber kurz darauf wieder. Immerhin war sie im Moment die einzige, die ihm vor dem Tod bewahren konnte. Yuraki überflog kurz alle Wunden. Yuris Körper war übersät mit tiefen Schnitten und mehreren Einstichen von einem Dolch oder ähnlichem. Außerdem hätte es Yuraki nicht gewundert, wenn Yuri geprellte Knochen von der ganzen Prozedur hatte. Es war mehr als offensichtlich, dass sie ihn brutal gefoltert hatten. Das war aber nicht, was sie am schlimmsten fand. Yuris Gesicht war ebenfalls voller Blut. Genau über seinen Augen waren ebenfalls Schnitte. Yuraki war sich nicht sicher, ob Yuri damit blind geworden war. Sie wollte es auch gar nicht wissen. Wenn sie daran dachte, wie es wäre, wenn sie blind wäre, wurde ihr etwas übel. Ohne weiter darüber nachzudenken, fing sie an Yuri zu heilen. Auch wenn es nicht viel war, so reichte es doch um einen großen Teil der Verletzungen vom bluten zu stoppen. Sie mussten zurück oder Yuri würde es im schlimmsten Fall nicht schaffen. „Yuri.“ Yuraki schüttelte Yuri sanft, streng darauf achtend die Wunden nicht wieder zu öffnen. „Yuri. Du musst aufwachen.“ Die Augenlider des lilahaarigen zuckten, als er versuchte das Bewusstsein wiederzuerlangen. Dann bewegten sich seine Lippen und heraus kam schrecklich leises „Yuraki“. „Endlich bist du wach.“, sagte sie besorgt, „Wir müssen hier weg. Ich weiß nicht, wie oft ich dich noch heilen kann.“ Tränen stiegen Yuraki in die Augen. Sie wollte Yuri nicht verlieren. Im Moment war er die wichtigste Person in ihrem Leben. Sie versuchte so leise wie möglich zu sein. Yuri musste nicht wissen, dass sie seinetwegen weinte. „Bitte du musst versuchen uns zurückzubringen. Ich habe es schon versucht, aber jedes Mal fühle ich dieses schmerzhafte Stechen.“ Sie drückte Yuri die Karte in die Hand. „Versuch es bitte.“ Aber Yuri schloss seine Hand nicht, nur seine Finger zuckten etwas. „Bitte Yuri! Du musst!“ Yurakis Tränen tropften auf den Boden. Eine landete auch auf Yuris Hand, welcher erneut unter Schmerzen einatmete. Dann herrschte kurz Stille, bis ein leises Schluchzen in der kleinen Zelle zu hören war. „Ach Yuri, ich weiß nicht mehr, was ich machen soll. Du bist verletzt und ich kann dir nicht mal helfen. Ich bin so nutzlos.“ Yuri nahm die Worte bereits kaum noch wahr. Der Schmerz dominierte bereits über alle Sinne und doch brachte er noch ein paar Worte zustande: „Yuraki. Bitte hör auf zu weinen. Tränen passen überhaupt nicht zu dir.“, flüsterte Yuri und er legte seine Hand auf ihre Wange, um die Tränen wegzuwischen, „Nimm die Karte und fliehe. Lass mich zurück, so kannst du es schaffen zu entkommen.“ Eine weitere Schmerzenswelle sirrte durch Yuris Körper und er ließ seinen ausgestreckten Arm wieder fallen. „Niemals! Ich...“ Yuri unterbrach sie: „Yuraki hast du es noch immer nicht verstanden? Meine Geschichte ist nur eine von vielen Tausenden und die Welt wird nicht darunter leiden, wenn sie frühzeitig endet. Versprich mir eines ja? Rette Yuya, er ist der Grund, weshalb ich bis jetzt überlebt habe.“ Damit verstummte Yuri. Yuraki rief verzweifelt nach ihm, doch der lilahaarige hatte sich bereits der Dunkelheit hingegeben, die seine Schmerzen verschwinden ließ. Seit diesem Augenblick verschlechterte sich sein Zustand mit fast jeder vergangenen Minute. Die silberhaarige wusste nicht, was sie tun sollte. Niemand war da, der sie retten konnte und die Karte funktionierte auch nicht. Sie fühlte sich wie gelähmt. Erst als Yuris Kopf schlaff auf die Seite rollte, wusste sie, dass sie selber nun Yuri retten musste und das egal wie. Mit neuer Hoffnung nahm sie erneut die Karte an sich. Dieses Mal versuchte sie es aber nicht gleich über die Verbindung. Nein, sie machte es so wie damals, als sie das erste Mal in der Hand gehabt hatte. Sie hatte den Drachen vorher nicht so genau angeschaut wie sie es nun tat. Plötzlich fielen ihr so viele Details auf, die ihr vorher nicht mal im geringsten aufgefallen waren. Es waren so viele kleine Dinge, die aber das gesamte Bild beeinflussten. Yuraki schaute auch auf die Schrift, die weder sie noch Yuri lesen konnten. Während sie die Karte auf das Genaueste betrachte, verebbte das Stechen und an dessen Stelle trat wieder das Gefühl vom beobachtet werden. Yuto schien ihr langsam zu vertrauen. Auf einmal spürte sie, wie er und Yuya vor Schmerzen schrien. Diese Welle traf sie vollkommen unvorbereitet, aber sie hielt ihr stand. Als es vorbei war, leuchtete die Karte. Yurakis Augen weiteten sich überrascht. Vor ihren Augen schienen sich die Schriftzeichen zu verändern und plötzlich wusste sie genau, was auf der Karte stand. „Hungergift-Fusions Drache?“ Ein mächtiges Brüllen dröhnte Yuraki in den Ohren. Der Drache schien genau vor ihr zu stehen und er schaute sie an. „Ich werde dir helfen.“, sagte der Drache. Seine Stimme hinterließ dabei ein schallendes Echo, was einzig und allein Yuraki hören konnte. Dann fühlte sie sich auf einmal voller Energie. Während sie die Karte hielt, legte sie Yuri eine Hand auf den Arm, der darauf nur leise stöhnte. „Yuri...keine Sorge. Es wird alles gut. Das verspreche ich.“ Das Leuchten wurde intensiver. Mittlerweile hatten auch die Wachen bemerkt, dass sich in der Zelle etwas tat. Schnell öffneten sie dir Tür, um der dortigen Situation Herr zu werden. Sie wurden von dem extrem hellen Licht überrascht und aufgehalten. Yuraki drückte Yuris Arm etwas fester. Obwohl sie kein Schimmer hatte, was sie da überhaupt genau tat, wusste sie, dass das ihre eigene Kraft war. Die Kraft, die sie zu etwas Besonderem machte. Yurakis Körper fühlte sich leicht an, wie als hätte man ihre eine große Last von den Schultern genommen. Die Lichtintensität nahm noch einmal zu, bevor Yuri und Yuraki sich in ein paar funkelnde helle Punkte auflösten und verschwanden. Es dauerte keine fünf Sekunden bis sie wieder in der Standart-Dimension Dimension waren. Sie waren zwar zurück, aber da kam auch schon das nächste Problem. Sie waren wieder in dem Wald von dem aus sie gestartet waren. Hieß also, dass sie weit weg von Paradise City waren. Außerdem war es mitten in der Nacht, also würde Yuraki auch niemanden treffen, der ihr irgendwie helfen konnte. Es blieb ihr nichts anderes übrig, als Yuri zurückzutragen. „Du musst, sonst stirbt er.“, erinnerte sie sich und bückte sich. Erschrocken stellte sie fest, dass Yuris Hautfarbe immer heller wurde, wobei das Blut in einem extremen Kontrast dazu hatte. Yuraki zögerte nicht und versuchte so vorsichtig wie möglich den lilahaarigen anzuheben. Da ihm das aber Schmerzen bereitete, brachte er die winzige Menge Kraft auf, die er noch hatte, um irgendwie aus dieser Situation zu kommen. „Ich weiß, es tut weh. Es wird gleich wieder besser.“ Wie als hätte Yuri sie gehört, hielt er so gut wie es ihm möglich war still. Nun trug Yuraki ihn erneut huckepack. Schon nach wenigen Sekunden merkte sie, dass das lilane Hemd, dass sie trug mit Yuris Blut durchtränkt war. Sie warf einen von Sorge gefüllten Blick auf ihren besten Freund, dessen Körper sich an ihrem Rücken wie ein Eisblock anfühlte. Dieses Mal konnte sich die silberhaarige nicht so viel Zeit lassen, wie beim letzten Mal. Dieses Mal ging es ja nicht um Freiheit oder Gefangenschaft, nein, diesmal ging es um Leben oder Tod und es hing von ihr höchstpersönlich ab, was von beiden eintrat. Zwar ging Yuraki unter Yuris Gewicht etwas in die Knie, weil sie gerade etwas angeschlagen war, dennoch zwang sie sich in einem recht schnellen Schritt zu laufen. Als Antrieb diente ihr dabei die regelmäßigen, aber schwachen Atemzüge Yuris. Jedes Mal, wenn die silberhaarige glaubte, das vertraute Geräusch seines Atmens nicht mehr zu hören, blieb sie stehen, um es zu überprüfen. Das kostete natürlich Zeit, wenn auch nicht sehr viel. „Beeil dich, beeil dich!“, spornte sie sich an. Während Yuraki weiterlief, bildeten sich Tränen in ihren Augen. Yuris Blut ran langsam an ihren Händen hinunter, bis es an ihren Fingerkuppen Tropfen bildete und dann schließlich hinab auf das Gras fiel. Der kurze Abstand, bis der nächste Tropfen der roten Flüssigkeit fiel, war erschreckend kurz. Ihr Augen hatte sich auf den Boden vor ihren Füßen geheftet, damit sie immer sehen konnte, wohin sie lief. So war es möglich den Weg so zu wählen, dass es für Yuri mit weniger Schmerzen verbunden war. Größtenteils lief Yuraki einfach geradeaus, immer in Richtung der großen Stadt. Erleichtert schaute sie auf, als sie die Lichter von Paradise City in der Entfernung aufblitzen sah. Schnell erreichte sie mit Yuri den Stadtrand. So sehr sich Yuraki auch wünschte jemanden zu begegnen, der helfen konnte, so sehr wünschte sie sich auch niemanden zu begegnen. Immerhin kam es nicht alle Tage vor, dass eine Frau einen fast schon halbtoten Mann durch die Straßen trug. Daher mied sie die größeren und belebten Straßen. Es war ein glücklicher Zufall, dass sie wusste, wo das Krankenhaus war. Obwohl es nicht mehr weit war, verließen Yuraki langsam die Kräfte. Ihre Schritte wurden unsicherer, aber sie war entschlossen nicht aufzugeben. Ein Kraftschub erleichterte ihr die letzten Meter, als sie schon den Eingangsbereich sah. Die dort stehenden und nun erschrockenen Personen ignorierte sie. Auf wackligen Füßen betrat sie das Gebäude. Sie schaffte es noch in die Mitte des Raumes, bevor die Kräfte sie verließen und sie der Länge nach hinfiel. Erschöpft, aber glücklich ihr Ziel erreicht zu haben, schaute sie auf. Um sie und Yuri herum waren panische Leute, durch welche sich ein paar Ärzte drängten. Als sie Yuri von ihr hoben, griff sie nach seiner Hand. Yuraki wusste, dass diese Leute ihr, nein, Yuri nur helfen wollten. „Wir werden ihm helfen.“, sagte ein Arzt beruhigend, weshalb Yuraki losließ. Yuris leblose Form verschwand zusammen mit den weißen Kitteln der Ärzte um eine Ecke. Yuraki lag noch immer auf dem Boden mitten im Eingangsbereich. Ihr war nicht nach aufstehen. Sie hätte sofort einschlafen können, doch dazu sollte es nicht kommen. Zwei Krankenschwestern brachten sie auf die Beine und beruhigten nebenbei noch die aufgebrachte Menge. „Kommen Sie bitte mit uns.“, sagte eine von ihnen. Stumm folgte Yuraki ihnen, obwohl sie nicht mal wusste, wohin man sie eigentlich brachte. Die panischen Stimmen der anderen Patienten wurden mit der Entfernung leiser. Die Ruhe machte sie schrecklich müde. „Hier hinein bitte.“, meinte eine der Krankenschwestern und wies auf eine Art Behandlungszimmer. Die silberhaarige ließ sich auf die Liege fallen. „Ich werde Sie kurz durchchecken.“ „Das ist nicht nötig.“, meinte ich. „Was ist mit dem ganzen Blut auf Ihrer Kleidung?“ „Das ist nicht von mir.“, flüsterte sie schon fast und dachte an Yuri. Letztendlich ließ die Krankenschwester auch nicht locker. Yuraki war viel zu müde, um eine Diskussion mit ihr anzufangen, also ließ sie die Krankenschwester einfach machen. Das Ergebnis beschränkte sich auf ein paar blaue Flecken und eine aufgeschürfte Stelle am Unterarm. Yuraki betrachtete den Verband an ihrem Arm. „Er wird es doch schaffen oder?“, fragte sie die Krankenschwester. „Wenn Sie den jungen Mann meinen, den Sie hier hergebracht haben, muss ich sagen, dass er ziemlich übel zugerichtet aussah. Sie sehen sehr müde aus. Wollen Sie sich nicht ausruhen? Sie können hier ein Zimmer bekommen.“, meinte sie. „Ich kann jetzt nicht schlafen. Ich kann ihn nicht im Stich lassen.“ „Es ist wichtig, dass Sie sich ausruhen. Wenn es Neuigkeiten über Ihren Freund gibt, sage ich Ihnen Bescheid.“ Yuraki nickte traurig und ließ sich zu dem Zimmer bringen. Die Krankenschwester versicherte ihr nochmals, dass sie sofort Bescheid sagen würde, wenn etwas wäre. Traurig ließ sich die silberhaarige auf das Bett fallen. Was, wenn Yuri es nicht schaffen sollte? Das würde sie sich nie verzeihen. Sie grub ihr Gesicht in das Kissen, welches schnell ihre Tränen aufsaugte. Es dauerte nicht lange und Yuraki driftete in den Schlaf ab. Ein Schlaf, der von Alpträumen durchzogen war. Kapitel 11: ------------ Sichtwechsel zu Yuri Alles war schwarz. Überall war nur der Schmerz. Ich konnte mich nicht bewegen. Jemand versuchte mir zu helfen. Der Schmerz wurde dadurch etwas geringer, aber trotzdem war er noch sehr intensiv. Dann passierte irgendwas und ich spürte kalte Erde unter mir. Ich wurde hochgehoben und weggebracht. Das nächste, woran ich mich erinnerte, waren die Schreie von Menschen. Erneut wurde ich hochgehoben. Schließlich wurde ich auf etwas Weiches gelegt. „Macht den OP bereit!“, hörte ich es ganz am Rande meines Bewusstseins. Egal, was diese Leute mit mir während den nächsten Stunden machten, es wurde dadurch nicht besser. Etwas pikste mich am Arm. Ich spürte, wie ich etwas ruhiger wurde, aber das war auch schon alles. In diesem Moment dämmerte mir, wo ich mich genau befand. Plötzlich explodierte der Schmerz erneut in mir und ich schlug schlagartig die Augen auf. Meine eigenen Schreie halten laut in meinen Ohren. Um mich herum herrschte dadurch eine angespannte Stimmung. Ich schaute in entsetzte Gesichter. Ich wusste nicht, ob diese Personen genau so verwirrt waren wie ich. Es pikste nochmal, doch es brachte nichts. Dann verlor ich die Zeit aus den Augen. Ich verbrachte sie jedenfalls mit schreien und hilflos zucken. Nach einer gefühlten Ewigkeit driftete ich in eine tiefere Ebene der Bewusstlosigkeit ab. Während ich schlief, spielte sich vor meinen Augen noch einmal genau ab, was passiert war. Was ich tat, nachdem ich besiegt worden war. Flashback Ich hatte mit all meinen Kräften gekämpft, doch es waren einfach zu viele gewesen. Durch den Blutverlust hatte ich das Bewusstsein kurz darauf verloren. Ich kam an einem mir unbekannten Ort zu mir. Ich war gefesselt. Jemand rief mir meinen Namen zu. Es dauerte eine Weile, bis ich klar denken konnte und sie als Yuyas Stimme identifizierte. „Yuya.“, sagte ich schwach. Da ich gefesselt war, schaute ich mich um. Eine Art Labor mit den typischen weißen Wänden. Mir gegenüber war Yuya, ebenfalls gefesselt. „Ah du bist also endlich wach.“, sagte jemand anderes, „Yuri du wirst uns sagen, wie wir den Willen von „RX-5“brechen.“ RX-5 war also der Name, den sie Yuya gegeben hatte. Natürlich hatte ich nicht vor irgendetwas zu verraten. Ich ignorierte den Unbekannten und dachte darüber nach, wie ich mich aus dieser Lage befreien und Yuya retten konnte. Bevor ich weiter nachdenken konnte, sirrte der Schmerz durch meinen Körper. „Yuri!“, rief Yuya entsetzt. Der Schmerz stoppte und ich versuchte mich schnell zu fassen. „Wie?“, fragte man mich erneut, diesmal etwas genervt. „Ich sage dir nichts.“, sagte ich. Die Person vor mir schaute überrascht auf, als wäre sie an Widerstand nicht gewöhnt. „Vielleicht muss man bei dir zu härteren Methoden greifen. Man hat mir schon gesagt, dass du ziemlich stur bist.“ Daraufhin verschwand die Person kurz. Meine Verletzungen pochten schmerzhaft. Ich schloss die Augen, um mich kurz etwas zu erholen. „Yuri.“, hörte ich Yuyas Stimmer erneut, „Du musst das nicht tun. Sag nichts. Ich kann selbst von hier sagen, wie schwer du verletzt bist. Bitte. Du musst mich hierlassen.“ Beim letzten Satz schaute ich erschrocken auf. Yuyas rubinrote Augen hefteten sich genau auf mich. „Bitte.“ Ich machte den Mund auf, um etwas zu sagen, doch es kamen keine Worte heraus. Blut lief aus meinen Mundwinkeln und ich ließ mich etwas schlaff werden. Die Fesseln zerrten zwar unangenehm, aber das merkte ich kaum, da der Schmerz es ohne Probleme überdeckte. Das Blut tropfte auf den Boden. Zu dem weißen Boden bildete es einen starken Kontrast. In dem Moment kam die Person zurück. Das was sie mitgebracht hatte, ließ sie auf einen Tisch fallen und kam dann zu uns. Aus halbgeöffneten Augen schaute ich den vor mir stehenden Mann an. „Wie wäre es, wenn wir es einmal umdrehen? Bist du genauso stark, wenn ich RX-5 vor deinen Augen Schmerzen zufüge?“ Erschrocken schaute ich auf. Auch Yuya schaut entsetzt, aber er zwang sich sofort wieder ein Lächeln aufzusetzen. Ich wusste, was er mir damit sagen wollte. Der Mann drückte einen Knopf auf einer Konsole und ich hörte es kurz knistern. Strom floss durch Yuyas Körper, welcher darunter heftig schrie und hin und her zuckte. Obwohl ich wegschauen wollte, zwang mich irgendwas hinzusehen. „Yuya!“, rief ich, doch das Knistern des Stroms rauschte laut ins seinen Ohren und er hörte mich nicht. Ich wendete mich dem Mann zu. „Hey du! Hör gefälligst auf! Wenn du jemanden foltern willst, nimm mich!“ Der Mann lachte. „Plötzlich nicht mehr so stark was?“ „Du...!“ Ich zerrte an meinen Fesseln und vergaß kurz den Schmerz. Die Wand schien unter meiner immer noch immensen Kraft etwas zu bröckeln. Doch bevor ich frei kam, schoss auch durch mich Elektrizität. Meine Muskeln krampften schmerzhaft. Dann hörte es auf. Genau wie Yuya lag ich schwer atmend in den Fesseln. Im Gegensatz zu mir hatte sich Yuya schnell davon erholt. Der Mann kam näher, in seiner Hand war eine Spritze. Was das auch immer war, es war auf jeden Fall nichts Gutes. Verzweifelt versuchte ich mich wegzudrehen. Ich wurde festgehalten und da sich dadurch die Schmerzen nochmal stiegen, hielt ich still. Mit Schwung rammte er mir die Nadel hinein. Ich zuckte, spürte wie die kalte Flüssigkeit sich einen Weg durch meine Adern suchte. Plötzlich schienen sich meine Schmerzen zu verdoppeln. Mein ganzer Körper fühlte sich an, als wäre von tausenden Dolchen durchbohrt. Ich spuckte Blut heraus. Zu Yuyas Entsetzen war es nicht gerade wenig. Mir wurde schwindelig und meine Sicht verschwamm. Der ganze Raum schien sich zu drehen. Was dann geschah, bekam ich nicht mehr so genau mit. Der Mann benutzte die Sachen, die er vorher mitgebracht hatte. „Sicherlich hast du gerade an ein Gefühl von tausenden Dolchen gedacht nicht wahr? Mal sehen, ob es sich wirklich so anfühlt!“ Er tobte sich an mir aus, stach auf mich ein, schlug mich und was weiß ich noch für andere Dinge. Als er aufhörte war ich nur noch ein blutiges Durcheinander. „Nein!“, schrie Yuya, „Lass ihn in Ruhe! Ich...ich werde es dir erzählen, aber lass ihn bitte frei!“ Gedämpft drangen die Worte an mein Ohr. Ich war mir nicht sicher, ob meine Worte auch wirklich meinen Mund verließen. „Nicht Yuya. Sie werden dich zu einem willenlosen Soldaten machen.“, flüsterte ich. Unsere Blicke trafen sich. Die Verbindung zwischen und flackerte auf und füllte den Raum in ein grelles Licht, sodass sich der Mann geblendete abwendete. Als ich meine Augen wieder öffnete, lag ich auf einer Wiese. Die feinen zarten Blätter der Blumen kitzelten auf meiner Haut. Sanft bogen sich die Blumen im Wind. Ich stand auf und sah Yuya. Die Umgebung war in einen seichten Nebel gehüllt. Trotzdem konnte ich in der Ferne Paradise City ausmachen. Ein Gefühl der Sicherheit und Vertrautheit durchfloss mich, als Yuya auf mich zukam. „Schön, dass wir noch ein letztes Mal so reden können.“, sagte er. „Was meinst du damit?“ „Das Schicksal führt uns in verschiedene Richtungen. Unser gemeinsamer Weg endet hier. Ich wünschte, ich könnte mit dir gehen, aber dieser Moment muss wohl genügen.“ Ich spürte, wie sich Tränen in meinen Augen bildeten. Ein Windstoß ließ die Blumen ein sanft raschelndes Geräusch von sich geben. „Das ist nicht fair. Ich...ich wollte dich nur beschützen, dich retten.“ Die Wiese um uns herum schien sich in Rauch aufzulösen. Der Nebel nahm einen bläulichen Ton und erzeugte den Anschein, dass wir unter Wasser waren. Yuya lächelte. „Wenn du alle Hoffnung verlierst, um dich herum alles zu zerbrechen scheint und du dich an einem einsamen Ort ohne mich wiederfindest, dann schau in die Ferne, wissend, dass ich dort sein werde. Und das ich immer auf dich Acht geben werde, auch wenn ich nicht bei dir bin.“ Der Rauch der Blumen verfloss mit dem kalten tief blauen Meer. Yuya schien in der Tiefe zu versinken. Seine Tränen kamen mir entgegen. Ich konnte mich nicht bewegen. Ich versuchte seine ausgestreckte Hand zu ergreifen, aber die Wassermassen schienen mich wegzudrücken. „Leb wohl Yuri.“, flüsterte Yuya und sank in die unendlichen schwarzen Tiefen. Über mir erstrahlte ein helles Licht, aber das nahm ich nicht wahr. Die Kälte und die Dunkelheit schien mich zu bezwingen. Kurz bevor ich mich dem hingab, spürte ich die Flamme meines Ehrgeizes erlöschen und damit auch das Licht. Schwärze trat an dessen Stelle und betäubte den Schmerz, der sich langsam wieder in mir ausbreitete. Ende Flashback Dann schien eine Endlosschleife vor meinen Augen zu laufen. Immer wieder musste ich mit ansehen, wie sie Yuya zu einem ihrer Soldaten machten. Zuvor hatte er noch schrecklich gelitten. Manchmal sah ich mich selbst. Immer noch gefesselt, aber bewusstlos. Unter mir war überall Blut, aber es schien niemanden zu kümmern. Erneut wurde ich mir meiner Machtlosigkeit bewusst. Jedes Mal kurz bevor Yuya Wille brach, schrie er. Ich wusste nicht mehr, wie ich oft ich es sah, aber irgendwann hielt ich es nicht mehr aus. Ich schrie selbst. Der Schmerz kehrte zurück. Das Bild vor meinen Augen verschwand. Ein Gesicht formte sich vor meinen Augen, doch es wahr so unscharf, dass ich nicht erkennen konnte, wer genau es war. Als ich erkannte, dass die Wände noch immer weiß waren, wie in jenem Labor, schrie ich noch mehr. Ich hielt es nicht mehr aus. Jemand versuchte mich zu Boden zu drücken. Die Person vor meinen Augen sagte etwas. Durch den Nebel von Schmerzen konnte, wollte ich nicht verstehen, was man mir sagte. Leute in weißen Kitteln kommen zu mir. Sie redeten mit der anderen Person. Panik überkam mich. Was hatten sie nur mit mir vor? Doch anstatt von irgendwelchen Dingen, dir mich im Moment wahnsinnig machten, umarmte mich jemand. Mein Herz, dass zuvor noch so stark gegen meine Brust gehämmert hatte, wurde plötzlich ruhiger. Dann verstand ich, was die Person leise vor sich hin sagte: „Es wird alles gut Yuri. Es wird alles gut.“ Kapitel 12: ------------ Sichtwechsel zu Yuraki Ich träumte, dass Yuri, während wir versuchten Yuya zu retten, verletzt worden war. Schließlich wachte ich, von einem unangenehmen Zucken begleitet auf. Es war alles nur ein Traum gewesen. Was für ein Glück. Ich blinzelte mir den Schlaf aus den Augen und schaute mich um, in der Hoffnung irgendwo Yuri zu sehen. Alles was ich fand, war ein ziemliches langweiliges weißes gestaltetes Zimmer. Allem Anschein nach war es mittlerweile schon dunkel geworden. „Wo bin ich? Und wo ist Yuri?“, fragte ich mich selbst. In dem Moment klopfte es leise an der Tür und eine Krankenschwester kam herein. Plötzlich erinnerte ich mich an alles. Die Duellsoldaten, Yuris Blut und Yuyas Schreie. Kurz war ich wie versteinert. Ich griff die Krankenschwester bei den Schultern. „Sagen Sie mir, wo er ist! Wie geht es ihm?“ Sie war etwas überrumpelt von mir, aber antwortete mir rasch. „Seit Sie hier angekommen sind, sind fünf Stunden vergangen. Bedauerlicherweise ist Ihr Freund noch immer im OP. Das einzige, was ich Ihnen sagen kann ist, dass es anscheinend irgendwelche Probleme gab. Angeblich soll die Narkose nicht gewirkt haben. Auch die Schmerzmittel haben nichts gebracht. Wieso ist ein Rätsel.“ Mir fiel es wie Schuppen von den Augen. Natürlich. Bei Yuri konnte so etwas gar nicht funktionieren. Als erfolgreiches Experiment ist er gegen solche Dinge immun. Nicht mal das stärkste Schmerzmittel könnte ihm helfen. Zu solchen Fällen sollte es bei ihm gar nicht erst kommen, immerhin konnte sich Yuri selbst heilen. „Ich muss zu ihm.“ „Ich kann Sie zum OP bringen, aber Sie müssen wie jeder andere auch draußen warten.“ Ich nickte und folgte ihr. Wir näherten uns dem OP. Zu meinem Schrecken kamen uns Schreie entgegen und das allein ließ mir einen Schauder über den Rücken fahren. Mit plötzlich wackeligen Beinen setzte ich mich auf einen der Stühle. „Wenn er noch so viel Kraft zum Schreien hat, ist er ja noch sehr lebendig.“, meinte die Krankenschwester. Ich wusste, dass sie es nur gut mit meinte, doch es trieb mir die Tränen in die Augen. „Sie lieben ihn nicht wahr?“ Ich schaute sie an und bevor ich wusste, was ich genau tat, nickte ich einfach. Im Nachhinein war das gar nicht so unklug gewesen. „Machen Sie sich keine Sorgen. Er wird es bestimmt schaffen. Ich sage Ihnen Bescheid, wenn es Neuigkeiten gibt.“, sagte sie aufmunternd und lächelte. Ich zwang mir ebenfalls ein Lächeln auf. Dann verschwand die Krankenschwester. Nein, Yuris „Freundin“ war ich nicht. Trotzdem bedeutete er mir sehr viel. Vorerst gab ich mich dafür aus, was meine ganzen Sorgen realistisch erscheinen ließ. Nun saß ich dort und wartete. Nach einiger Zeit nahm ich die Schreie nicht mal mehr wirklich wahr. Ich starrte vor mich hin. Ich konnte mir nicht mal annähernd vorstellen, was er gerade durchmachen musste. Eine ganze Stunde verging ohne Ereignisse. Nach einer weiteren Stunde wurde es plötzlich ruhig vor dem OP. Gespannt hielt ich den Atem an, aber es passierte nichts. Trotz der angespannten Situation wurde ich langsam schläfrig. Tatsächlich schlief ich ein paar Minuten später ein. Ich wurde durch ein sanftes Rütteln geweckt. Vor mir stand die Krankenschwester von vorher. „Sie sind einfach eingeschlafen. Ich wollte Sie wissen lassen, dass ihr Freund jetzt aus dem OP ist.“ Mein Herz tat einen Sprung. „Kann ich zu ihm?“ „Ich habe dem verantwortlichen Arzt bereits alles erklärt und er hat Ihnen die Erlaubnis gegeben. Jedoch ist er im Moment auf der Intensivstation. Die Ärzte sagen, dass er noch nicht über den Berg ist.“ Obwohl das keine gute Nachricht war, freute ich mich, dass Yuri bis jetzt überhaupt überlebt hatte. Erneut folgte ich der Krankenschwester. Unser Weg schlängelte sich gefühlt durch das gesamte Krankenhaus. Dann fand ich mich vor Yuris Zimmer wieder. Wir betraten das Zimmer und ich konnte nicht glauben, was ich sah. Ja, Yuris Zustand war und ist ernst, aber das übertraf meine Erwartungen um mehr als das Doppelte. Ich spürte eine Hand auf meiner Schulter und ich drehte mich um. Die Krankenschwester schaute mich mitfühlend an. „Er hat viele und vor allem tiefe Einschnitte, gestauchte Rippen und Einstiche von Dolchen. Außerdem wurden seine Augen auch in Mitleidenschaft gezogen. Die Schnitte sind besorgniserregend. Man weiß noch nicht, ob er je wieder normal sehen kann. Aber er ist ein junger und kräftiger Mann ihr Freund. Er wird es bestimmt überstehen.“ Ich nickte. „Ich lasse Sie jetzt allein. Falls es Probleme geben sollte, drücken Sie bitte den roten Knopf dort.“ Sie lächelte freundlich und ging dann. Kurz starrte ich auf die geschlossene Tür. Eigentlich wollte ich mich nicht umdrehen. Obwohl ich es vorhin nur für einen winzigen Augenblick gesehen hatte, wusste ich, dass es für mich ein schrecklicher Anblick war. Schon die Geräusche von den ganzen Maschinen hinter mir, machten mir auf irgendeine Art Angst. Ich versuchte mich zu sammeln. Mein Herz raste. Langsam drehte ich mich um. Unbewusst trat ich einen Schritt zurück. Ich fühlte mich, als hätte man mich überfahren. Überall waren Schläuche, die zu Yuri führten und ihn mit irgendwelchen Medikamenten versorgten. Meine Beine fühlten sich plötzlich wie Pudding an und ich setzte mich deswegen auf einen Stuhl. Das EKG piepte leise vor sich hin. In meinem Kopf war ein riesiges Durcheinander, begleitet von den Geräuschen der Maschinen. Davon bekam ich Kopfschmerzen und ich schloss kurz die Augen, um meine Gedanken etwas zu ordnen. Glücklicherweise klappte das und die Kopfschmerzen verschwanden gleich wieder. Plötzlich störten mich die Maschinen nicht mehr. Es war, als hätte ich mich von jetzt auf dann daran gewöhnt. Mitsamt dem Stuhl, rückte ich ein Stück näher an das Bett. Die Atemmaske bedeckte die untere Hälfte von Yuris Gesicht. Wenn man genau hinhörte, konnte man zwischen den ganzen anderen Geräuschen sein schwaches und gequältes Atmen hören. Wie schon vorher, schienen Schmerzmittel nicht zu wirken. Auch wenn er im Moment recht ruhig aussah, so litt er im Inneren umso mehr. Es hatte mich überrascht, dass er in der Duellakademie so leicht die Fassung verloren hatte. Sonst war Yuri doch immer der ruhige von uns beiden, der überall den kühlen Kopf bewahrte. Der Anblick von seinem Bruder hat bei ihm alle Sicherungen durchbrennen lassen. Und ich stand einfach nur da. Ich war so nutzlos! Ich hätte ihm helfen und nicht nur in der Gegend herumstehen sollen. Yuri hatte doch extra mit seiner Rettungsaktion gewartet, nur weil ich ihn gebeten hatte mir das Kämpfen beizubringen. Es hatte sich auf einmal alles überschlagen. Während wir hier bis auf weiteres in Sicherheit waren, ging es Yuya in der Fusion-Dimension bestimmt mit jeder Minute schlechter. Das Problem war, dass Yuri sicherlich nicht so schnell wieder auf die Beine kommen würde. Ein Luftzug hob die weißen Vorhänge des großen Fensters an. Wir hatten nicht viel Zeit, wir mussten so schnell wie möglich wieder zurück. Ich schaute wider zu Yuri. Sein Körper zuckte unnatürlich und zu meiner Verwunderung passierte das genau alle paar Minuten. Erst dachte ich, dass es wohl wegen den Schmerzen war und ignorierte es. Ich muss ihm doch irgendwie helfen können, dachte ich mir. Yuri zu heilen war unmöglich, da ich ersten nicht so viel Kraft hatte und zweitens die Ärzte die rasante Heilung bemerken würden. Zwei ganze Stunden starrte ich Löcher in die Luft, immer wieder von Yuris plötzlichen Bewegungen aufgeschreckt. Ich verbrachte den nächsten Tag damit an seiner Seite zu wachen und da zu sein, falls er aufwachen würde. Währenddessen gingen Krankenschwestern ein und aus. Sie kontrollierten Yuris Werte, füllten Medikamente nach, wenn es nötig war und rieten mir immer wieder mich auch mal auszuruhen. Es war kurz nachdem eine der Krankenschwestern noch ein letztes Mal hereinkam, bevor es Nacht wurde. Trotz ihrer freundlichen Ratschläge zu schlafen, blieb ich wach. Mein Kopf kam mir durch die Ermüdung schwer vor, weshalb ich ihn zusammen mit meinen Armen auf der Bettkante ablegte. Über den Tag hatte sich der Zustand des lilahaarigen nicht geändert und er lag noch immer genauso leblos wie zuvor da. Ich gähnte und versuchte mir die Müdigkeit aus den Augen zu blinzeln, doch ich schlief später dann doch ein. Es war kein tiefer Schlaf, aber es reichte um meine Energiereserven wenigstens etwas zu füllen. Ich wachte durch eine leise Stimme auf. Verschlafen schaute ich mich. Es war noch Nacht, daher dachte ich erst, dass es eine Krankenschwester wäre, die mir freundlicherweise ein Bett anbieten wollte, da ich hier eingeschlafen. Aber im Raum waren niemand außer Yuri und ich. Dann hörte ich es erneut und es war eindeutig Yuris Stimme. Auch wenn sie durch die Schmerzen extrem leise und etwas verzerrt klang, war er das eindeutig. Ich streckte mich kurz, wegen der unbequemen Haltung, die ich in den letzten Stunden gehabt hatte und rückte dann näher, um verstehen zu können, was Yuri sagte. Durch das Piepen des EKGs wurden Yuris Wörter fast vollständig verschluckt, weshalb ich etwas länger brauchte, um zu entziffern, was er da vor sich hinsagte. „Yuya.“ Ich war etwas überrascht. Obwohl es ihm gerade wirklich nicht gut ging, dachte er trotzdem an seinen Bruder. Hoffentlich träumt er gerade etwas Schönes. Einen Alptraum konnte Yuri jetzt nicht gebrauchen. Ich las seine Reaktionen von seinem Gesicht ab. Jedes Mal kurz bevor er wieder den Namen seines Bruders sagte, kniff er die Augen zusammen und holte schrecklich tief Luft. Das machte mir irgendwie Sorgen. Als Yuri dann auch noch anfing zu zucken, wusste ich, dass etwas nicht stimmen konnte. Ich suchte einen Weg, um Yuri zu beruhigen. Dann fiel mir wieder die Verbindung von Yuri und seinen Brüdern ein. Da ich vorher Yuris Karte entziffert hatte, verstand ich auch die Kräfte, die sie in sich trug. Die Verbindung war brüchig, wahrscheinlich durch Yuris Zustand und die Entfernung zu seinen Brüdern, aber es reichte aus, damit ich Yuri erreichen konnte. Ich versuchte einen Teil seiner Schmerzen auf mich zu übertragen und ihm beruhigende Worte zu sagen, was auch vorerst zu funktionieren schien. Doch dann nach einer Stunde riss die Verbindung ab. Mir war schwindelig von dem plötzlichen Abriss und ich brauchte einen Moment, um mich wieder zu sammeln. Ich wusste nicht, wieso es nicht mehr funktionierte. Yuri wurde sofort wieder unruhig. Dieses Mal schien es sogar noch schlimmer zu sein als vorher. Ich wollte den roten Knopf drücken, um eine Schwester zu rufen, aber ich kam nicht dazu. Ein Windstoß schien durch das gesamte Zimmer zu fegen und ich drehte mich zu Yuri. Er saß aufrecht da und es sah so aus, als würde er durch seine Verbände über seinen Augen auf seine Hände schauen. Ich beobachtete still, was geschah. Ob Yuri schon zu hundert Prozent wach war, wusste ich nicht, daher wartete ich ab. Nach einem Moment legte er sich dann eine Hand auf seine Augen. Als ich merkte, dass er den Verband wegreißen wollte, versuchte ich ihn aufzuhalten. Obwohl Yuri durch seine ganzen Verletzungen extrem geschwächt war, reichte seine Kraft aus, um mich mit der anderen Hand von sich weg zu schubsen. Während ich meinen Halt wiederfand, vernahm ich etwas, das klang wie das Reißen von Stoff. Tatsächlich wurde gerade der Verband unter Yuris Hand in Fetzen gerissen und zum Vorschein kamen amethystfarbene, aber glanzlose Augen. Das Piepen des EKGs wurde schneller. Die Stille herrschte nur für einen kurzen Moment. Bevor ich irgendwie reagieren konnte, schrie Yuri. Laut dröhnte es in meinen Ohren und ich bedeckte diese mit meinen Händen. Etwas aus der Rolle, drückte ich den Knopf, um Hilfe zu rufen, was anscheinend nicht mehr nötig gewesen war, denn schon kurz darauf wurde die Tür geöffnet und drei Ärzte kamen herein. Wahrscheinlich hatten sie den Lärm draußen auf den Gängen gehört und waren hergekommen, um nachzusehen. Ich wurde zu Seite gedrückt und sie machten sich sofort an die Arbeit. Ich stand in einer Ecke und rührte mich nicht. Was hätte ich in diesem Moment auch machen sollen? Dennoch wusste ich, dass was auch immer die Ärzte gerade taten, nichts bringen würde. Kein Beruhigungs- oder Schmerzmittel würde dem lilahaarigen jetzt helfen. Ich musste irgendwas tun. Ich quetschte mich durch zwei Kittelträger und umarmte kurzerhand Yuri. Ich wusste, dass die Ärzte versuchten mir irgendwas zu sagen, aber ich musste sie ignorieren. Mit einem Laut, der sich fast anhörte wie ein Fauchen, drängte ich sie zurück. In meinen Armen zappelte Yuri und er war so laut, dass es schon fast weh tat, aber ich blieb standhaft. „Es wird alles gut Yuri.“, sagte ich durch das Geschrei. Das Dröhnen in meinen Ohren nahm etwas ab. Dachte er gerade irgendwie darüber nach, was ich gerade gesagt hatte? „Es wird alles gut.“, wiederholte ich mich. Dann kehrte wieder Ruhe ein. Yuri schaute mich mit noch immer leeren Augen an. Trotz dieser Lehre schienen sie voller Emotionen. Trauer, Wut, Hass. Ich konnte mir vorstellen, dass er von seinem Bruder in der Akademie geträumt hatte. Erleichtert lächelte ich. Die Ärzte hinter mir waren erstaunt. Für einen Moment standen wir alle regungslos da. Dann ergriff einer der Ärzte die Initiative, da irgendwie gerade keiner Worte fand. Er nahm mir Yuri ab, welcher in genau diesem Moment wieder in sich zusammensackte und wieder so war wie vorher. Ein anderer zog mich aus dem Raum, um seinen Kollegen etwas mehr Raum zu geben. „Ich weiß nicht, wie Sie das gemacht haben.“ Ich lächelte. „Nun ich weiß es auch nicht. Was passiert nun mit meinem Freund?“ „Er wird noch einmal gründlich durchgecheckt, nachdem das jetzt passiert ist.“ Ich nickte knapp und wartete geduldig bis die anderen Ärzte das Zimmer verließen. Man sagte mir, dass es Yuri genau so ginge wie vorher. Sein Puls war noch etwas zu schnell, aber das würde auch bald wieder normal sein. „Du musst schnell wieder aufwachen hörst du?“, sagte ich zu Yuri und blickte hinaus in die Ferne. „Ich will gar nicht wissen, was sie mit deinem Bruder machen, während wir uns hier ausruhen.“ Kapitel 13: ------------ Sichtwechsel zum Erzähler Zwei Tage ist es mittlerweile her, dass Yuri und Yuraki aus der Fusion-Dimension zurückgekommen sind. Yuris Zustand hat sich seitdem kaum geändert. Nachdem er den Anfall hatte, behält man ihn nun ständig im Auge. Für Yuraki fühlte es sich an, als würden die Ärzte alle paar Minuten in das Zimmer kommen und nachschauen. Sie war besorgt. Yuraki hatte Yuri als einen Kämpfer kennengelernt. Dass Yuri sterben könnte, war für sie unvorstellbar, schlicht und einfach unmöglich. Geduldig wachte sie jede einzelne Stunde neben Yuri, falls dieser aufwachen sollte. Schlaf bekam sie kaum noch. Auch die Ärzte hatten versucht sie zu überzeugen, dass sie sich ausruhen sollte. Man würde sie sofort informieren, wenn es irgendwelche Neuigkeiten gäbe, aber Yuraki lehnte jedes Mal mit einem aufgesetzten Lächeln ab. Ja, sie wollte schrecklich gerne die Augen zu machen und ins Reich der Träume abdriften, aber das konnte sie sich jetzt nicht erlauben. Das Wetter hatte sich währenddessen ebenfalls verschlechtert und der seichte Regen, der nun leise fiel, machte Yuraki nur noch mehr traurig und müde. Außerhalb des Krankenhauses ging das Leben weiter. Für die silberhaarige fühlte es sich eher an als würde die Zeit still stehen. Oft schweiften ihre Gedanken zu Yuya ab. In ihrem Kopf formte sich der Plan auf eigene Faust ohne Yuri zurückzugehen und Yuya zu helfen. Aber dann müsste sie Yuri hier zurücklassen, was ihr auch nicht gefiel. Schließlich fanden die Ärzte sie schlafend mit dem Kopf auf die Bettkante gelegt. Mehrere Stunden war es ihr möglich friedlich zu schlafen. Die Personen, die in dem Zimmer ein und aus gingen, hatten die Anweisung bekommen sie nicht zu wecken, wenn es nicht unbedingt nötig war. Niemand wusste, dass der Schlaf von etwas anderem hervorgerufen wurde. Die Hungergift-Fusions Drache-Karte, die Yuraki noch immer bei sich trug, leuchtete in einem schwachen lilanem Licht. Wahrscheinlich hatte Yuto gespürt, wie sehr sie sich Sorgen machte und ihr so übermittelt, dass er und Yuya es auch noch eine Weile länger aushalten konnten und sie sich daher den Schlaf gönnen sollte. Am fünften Tag wurde Yuraki von einem Sonnenstrahl auf ihrem Rücken geweckt. Ihr Blick schweifte hinaus. Die Wolken waren verschwunden und die aufgehende Sonne tauchte die Umgebung in orange. Die Wärme die sie dabei empfand, gab hier neue Hoffnung. Tatsächlich änderte sich Yuris Zustand an diesem Tag. Yuraki hätte es fast gar nicht mitbekommen, als Yuris Hände plötzlich leicht zuckten, das erste Lebenszeichen seit Tagen. Sie nahm seine Hand entschlossen in ihre und hoffte, dass er nun endlich aufwachen würde. Dann spürte sie einen sanften Druck und sie nahm eine Bewegung war. Yuri hob seine freie Hand. Seine Fingerspitzen streiften den Verband über seinen Augen. Yuraki wusste erst gar nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Die Freude war groß. „Endlich bist du wieder wach! Ich hatte schon Angst, dass du es nicht schaffst.“, sagte sie und verkniff sich die Tränen. „So leicht sterbe ich doch nicht.“, meinte Yuri mit noch etwas schwacher Stimme, „Wie lange war ich bewusstlos?“ „Vier ganze Tage. Heute ist der fünfte.“ „Kein Wunder, dass du so aufgelöst bist. Um das zu merken, brauche ich nicht mal mein Augenlicht.“ Yuri versuchte sich aufzurichten, aber schaffte es nicht. „Yuraki wir müssen hier weg. Die ganzen Medikamente schwächen mich mehr als das sie mir helfen.“ „Du hast gut reden. Wie soll ich das machen? Sagen, dass ich gerne mit meinen noch immer fast halbtoten Freund gerne gehen möchte, weil er in diesem Zustand seinen Bruder retten will?“ Yuri lächelte traurig. „Ich hatte gehofft, dass das alles nur ein Alptraum war. Ein Grund mehr hier schnell abzuhauen.“ „Ich wiederhole mich ja nur ungern, aber hast du mir nicht zugehört?“ „Dir fällt schon was ein. Ich verlasse mich auf dich.“, sagte Yuri und zwinkerte ihr zu. „Was würdest du nur ohne mich machen? Glück für dich, dass ich das alles schon überdacht habe. Ich hatte ja immerhin genug Zeit, um mir Gedanken über jedes einzelne Detail zu machen.“ Sie ging zu dem Tischchen, welches neben Yuris Bett stand. Die Karte auf der der Hungergift-Fusions Drache abgebildet war, lag dort und sie nahm sie nun an sich. „Einen Hacken hat die Sache.“, sagte Yuraki und drehte sich zu Yuri, „Ich habe nicht genug Energie, um das was ich vorhabe lange aufrecht zu halten. Heißt, dass ich deine Energie brauchen werde.“ „Solange es funktioniert.“, meinte Yuri. Zusammen warteten sie, bis eine Krankenschwester kam. Als diese das Zimmer betrat, erzeugte Yuraki mithilfe von Yuri eine Illusion, sodass es aussah, als wäre Yuri schon wieder topfit. Sämtliche Verletzungen schienen geheilt zu sein, was natürlich nur in ihren Augen so aussah. Es dauerte nicht lange und sie durften das Krankenhaus verlassen. In dem Moment verstand Yuri, wieso Yuraki gesagt hatte, dass sie seine Energie brauchte. Das Krankenhaus war natürlich voller Leute und alle diese Leute mussten die gleiche Illusion sehen. Yuri spürte, wie die Kraft seinen Körper verließ und er fühlte sich mit jeder vergangenen Sekunden immer schwächer. Schließlich musste Yuraki in stützen. Kurz bevor sie außer Reichweite von Ärzten und Krankenschwestern kamen, lief ein Sanitäter auf sie zu. „Ist Ihr Freund ok?“, fragte er Yuraki. Da Yuris Energie fast ausgeschöpft war, war die Illusion auch recht schwach. „Ja. Ihm war gerade nur etwas schwindlig. Wir waren auf dem Weg nach Hause, damit er sich wieder hinlegen und sich ausruhen kann.“, log sie. „Oh. Dann möchte ich Sie nicht weiter aufhalten.“, sagte der Sanitäter und lief weiter. Das war etwas zu knapp gewesen, weshalb Yuraki sich beeilte mit Yuri wegzukommen. Auch wenn sie jetzt wieder in Paradise City waren, konnten sich nicht zurück in Yuris Versteck. Also wieder zurück in den Wald. Überraschenderweise waren sie gar nicht so weit weg und es dauerte nicht sehr lange, bis sie die Bäume sehen konnten. Yuraki merkte, dass es Yuri wieder schlechter ging. Obwohl er recht fit gewesen war, hatte das alles gereicht, um ihm seine ganze Kraft zu rauben. Auch das viele bewegen hatte seine Spuren hinterlassen. Viele der weißen Verbände waren erneut von Blut getränkt, was hieß, dass sich einige Wunden wieder geöffnet hatten. Vorsichtig legte Yuraki Yuri auf den Boden. „Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann.“, flüsterte Yuri, als er versuchte wieder mit normalen Tempo zu atmen. Kurz darauf wurde er erneut bewusstlos. Yuraki hockte sich neben ihn. Auch sie war ziemlich ausgelaugt, doch sie versuchte noch Yuris Wunden zu schließen, welcher nun wieder Schmerzen zu haben schien. Nach einigen Minuten fühlte sie sich schlapp. „Das sollte erstmal reichen.“, sagte sie zu sich selbst. Um sie herum war es ruhig, was Yurakis Gehör bei jedem plötzlichen Geräusch höchst sensibel werden ließ. Eine Weile beobachtete sie Yuri, bis sie sich sicher war, dass sein Zustand sich nicht verschlechtern würde. Dann schlief auch sie ein. Sie träumte nicht, was sie auch als sehr angenehm empfand. Doch sie konnte immer wieder ein komisches Geräusch hören. Sie fragte sich, woher es kam. Als sie aufwachte war es bereits dunkel. Die Quelle des Geräusches war schnell gefunden und das war es, was ihr sofort Sorgen bereitete. Yuri schien zu träumen. Es war wie zuvor bei seinem Anfall. Seine Augen waren zusammengekniffen. Ein unnatürlich Zucken lief durch seinen gesamten Körper. Und Yuraki wusste auch dieses Mal nicht, wie sie darauf reagieren sollte. Erneut fühlte sie sich hilflos. Sie konnte nicht ins Yuris Kopf, um ihm zu helfen. Diesmal wollte sie aber nicht einfach nur daneben stehen und nichts tun. Yuraki ließ ihre Kraft in ihre rechte Hand fließen, welche durch den Energieschub hellblau leuchtete. Die Energie fühlte sich irgendwie kalt an, aber gleichzeitig sehr angenehm. Zögerlich legte Yuraki ihre Hand auf Yuris Augen. Im Gegensatz zu ihrer nun kalten Handfläche fühlte sich Yuris Haut an wie loderndes Feuer. Doch sie zuckte nicht zurück. Dann spürte sie, wie ihre eigene Energie durch Yuri floss. Sein schnell schlagendes Herz pumpte sie durch seinen gesamten Körper. Yuraki wurde sich nun dem ganzen Ausmaß an Verletzungen bewusst, doch die mussten warten. Ohne Angst schickte sie die Energie in Yuris Bewusstsein, machte ihn taub und blind für das, was er gerade durchlebte. Es dauerte nicht lange bis die Wirkung einsetzte. Langsam entspannte sich der lilahaarige. Entschlossen Yuri nicht allein zu lassen, ließ Yuraki ihre Hand wo sie war. Während sie so da saß, schaute sie in den Himmel. Vereinzelt waren Sterne zu sehen. Wieder wanderten ihre Gedanken zu Yuya und Yuto. Sie holte die Hungergift-Fusions Drachen Karte aus ihrer Tasche. Seit ein paar Stunden konnte sie die Verbindung nicht mehr fühlen. Hieß das, dass die Akademie es geschafft hatte Yuya zu einem willenlosen Duellsoldat zu machen? „Wir werden kommen und euch beide retten. Das verspreche ich. Doch im Moment brauche ich eure Hilfe. Yuri ist noch immer angeschlagen. In seinem Zustand wird er nicht viel ausrichten können. Wenn ihr also dort noch irgendwo seid und mich hören könnt, dann helft ihm bitte.“, versuchte die silberhaarige durch die Verbindung zu sagen. Dann legte sie die Karte genau über Yuris Herz. Yuri atmete nur einmal tief aus und wurde dann wieder still. Yuraki lauschte seinem gleichmäßigen Atmen. Irgendwie nahm sie es als beruhigend wahr, was sie dann schließlich auch fast wieder einschlafen ließ. Doch plötzlich spürte sie ein schmerzhaftes Stechen. Obwohl es gleich wieder verschwand, war sie sofort in höchster Alarmbereitschaft. Erschrocken drehte sie sich zu Yuri. Durch die Energie, die durch ihn floss, merkte sie sofort, dass etwas nicht stimmte. Der Schmerz in Yuri flammte erneut auf, diesmal doppelt so stark als zuvor. Schnell unterbrach sie die Verbindung. Irgendwie musste sie Yuri wecken, ihn aus dem Kerker seiner Gedanken befreien. Kurzerhand packte sie Yuri an den Schultern. Obwohl sie Yuri gerade als zerbrechlich einstufte, musste sie gut festhalten, da er sich hin und her warf. „Yuri! Wach auf!“, rief sie ihm zu, doch der lilahaarige schien sie durch seine eigenen Schreie nicht zu hören. Und obwohl Yuri geschwächt war, schaffte er es Yuraki irgendwie abzuschütteln. Hilflos musste sie zusehen, wie seine Schmerzen immer intensiver zu werden schienen. Angst, sie spürte Angst. Wovor? Das wusste sie nicht. Erneut drückte sie den lilahaarigen zu Boden, damit dieser stillhielt. „Yuri!“ In ihren Worten lag ihre ganze Kraft und sie hoffte, dass sie Yuri irgendwie erreichten. Dann wurde es ganz plötzlich wieder still. Auch Yuri schien sich beruhigt zu haben, doch nun sah es aus, würde er jeden Moment keine Luft mehr bekommen, weil er so schnell atmete. Mit beiden Händen auf der Karte, die noch immer irgendwie über Yuris Herz lag, ließ sie erneut ihre Energie in ihn fließen. Mit dieser Kraft versuchte sie sein Herz zu verlangsamen bis es wieder mit der normalen Geschwindigkeit schlug, doch Yuri kämpfte ungewollt gegen den Einfluss. Es war ein Kräftemessen, was Yuri ohne Schwierigkeiten gewonnen hätte, wenn es ihm im Moment nicht so schlecht gehen würde. Yuraki übertrumpfte Yuris Widerstand nach einigen Minuten und schaffte es ihn zu besänftigen. „Yuraki.“, sagte Yuri mit leiser Stimme. Er hob seine Hand und legte sie auf ihre. „Geht es dir wieder besser? Was ist gerade passiert?“ Yuri legte seine andere Hand auf den Verband über seinen Augen. „Ich weiß es nicht. Es kam so plötzlich. Irgendwas stimmt nicht. Der Schmerz kam nicht von meinen Verletzungen. Es war eher als würde er durch die Verbindung zu Yuya und Yuto kommen.“ „Hm. Ich habe es auch gespürt. Ich hatte zwar keine Schmerzen, aber ich habe es auch sofort bemerkt.“ Yuraki half Yuri sich hinzusetzen. „Jetzt verstehe ich warum du nicht wolltest, dass wie abhauen.“, meinte der lilahaarige und spürte jeden Zentimeter seines geschundenen Körpers. „Das ist deine eigene Schuld.“, antwortete ihm Yuraki und schnippte ihm gegen die Stirn, „Wäre ich nicht ständig damit beschäftigt gewesen dich vor dem sicheren Tod zu retten, hätte ich dich schon längst heilen können.“ „Sorry?“ „Ja, es sollte dir gefälligst leid tun! Ohne mich wärst du total aufgeschmissen. Wie hast du es nur vorher geschafft zu überleben?“ Yuri lächelte. Die ganze Zeit über hatte er Yurakis Sorgen gespürt und war jetzt froh, dass sie wieder normal war. „Und jetzt?“, fragte sie Yuri. „Es gefällt mir nicht noch länger warten zu müssen. Ich spüre, dass wir nicht mehr viel Zeit haben. Ich muss mich ausruhen, damit ich meine Energie regenerieren kann.“ Yuraki seufzte. „Dann werde ich mich wohl damit befassen deine Verletzungen weiter zu heilen.“ Yuraki brauchte fast zwei ganze Tage, um Yuri zu heilen. Immerhin musste auch sie sich zwischendurch immer wieder ausruhen. Der lilahaarige bekam von der ganzen Prozedur fast nichts mit, da er fast die ganze Zeit über schlief. Gerade als die silberhaarige bei seinen Augen ankam, wachte dieser auf. „Halt still.“, befahl sie ihm. Vorsichtig löste sie den Verband, der Yuris Augen umhüllte. Auf den Schnitten hatte sich eine Kruste gebildet. Sonst sah es aus, als würden sie gut heilen. Sanft fuhr Yuraki mit den Fingerspitzen darüber. Yuris Augenlider zuckten bei der plötzlichen Berührung. „Tut es weh?“ „Es ist etwas unangenehm, aber es tut nicht weh.“ „Gut.“, sagte sie und begann mit der Heilung. Da sie vorsichtig sein musste, nahm das etwas Zeit in Anspruch. Doch wenn Yuri jemals wieder sehen wollte, musste er geduldig sein. Eine halbe Stunde dauerte es bis die silberhaarige ihre Hand entfernte. „Versuch sie zu öffnen, aber nicht zu schnell.“ Ganz langsam öffnete der lilahaarige seine Augen. Er erblickte ein verschwommenes Durcheinander von Farben. Neben ihm sah er einen silbernen Fleck mit zwei orange leuchtenden Punkten, was er als Yurakis Kopf identifizierte. „Wie sieht's aus?“ „Alles ist noch sehr verschwommen, aber ich kann sehen.“ Kapitel 14: ------------ Sichtwechsel zu Yuya Währenddessen in der Fusion-Dimension... Ich war irgendwie erleichtert, als sie Yuri weggeschafft hatten, da ich bereit war ihnen nun alles zu erzählen. Bereitwillig erzählte ich ihnen alles, was sie wissen wollten. In meiner Stimme konnte ich meine eigene Angst hören. Mittlerweile war ich allein in dem Labor. Der Typ, der Yuri vorher gefoltert hatte, war gegangen. Wahrscheinlich ging er gerade zum Professor, um die neuen Informationen zu überbringen und um nach neuen Anweisungen zu fragen. Das waren also die letzten Momente in denen ich meinen eigenen freien Willen hatte. „Mach dir keine Sorgen.“, hörte ich Yuto in meinem Kopf, „Wir werden uns nicht widerstandslos ergeben.“ „Aber irgendwann werden sie uns trotzdem besiegen Yuto. Und dann? Was passiert dann? Was, wenn sie uns gegen Yuri kämpfen lassen?“ „Ich bin mir sicher, dass er verstehen wird, dass wir nicht aus freien Stücken handeln. Er wird uns helfen, denn er ist nicht allein.“ „Was meinst du damit?“ „Er hat nun einen Partner, eher gesagt eine Partnerin. Sie war das allererste Experiment, doch ich spüre, dass sie stärker geworden ist.“ Verwundert drehte ich mich zu Yuto, der nun genau neben mir war. „Woher weißt du das alles?“ Yuto lächelte. „Durch die Karten und die Verbindung, die sie zueinander haben natürlich. Ich weiß nicht wie, aber sie ist in der Lage mit uns zu kommunizieren. Sie ist besonders.“ „Dann ist Yuri wirklich nicht allein.“ Ich schaute zur Tür. Jeden Moment würde dort jemand hindurch kommen und mir meine Freiheit nehmen. Tränen bildeten sich in meinen Augen. „Yuya?“ „Das nächste Mal, wenn wir Yuri sehen, wird es wohl in einem Kampf sein.“ „Er ist stark. Er schafft das.“, antwortete mir Yuto. „Yuto, ich...ich habe schreckliche Angst.“, sagte ich leise und eine Träne fiel zu Boden. Ich spürte, wie Yuto seine Hand auf meine Schulter legte. „Ich werde die ganze Zeit bei dir sein. Vergiss nicht, was dein Vater gesagt hat: Wenn dir nach weinen zumute ist, dann lächle.“ Ich schüttelte die Tränen ab und antwortete mit einem Lächeln: „Ja, du hast Recht.“ Schon einen Moment nachdem ich genau das gesagt hatte, kamen mehrere Leute in das Labor, der Typ von vorher war nicht dabei. Eine blonde Frau kam zu mir und sprach: „Wir haben den Befehl dich nun zu einem von uns zu machen. Wenn du dich nicht wehrst, kann ich einen fast schmerzfreien Vorgang garantieren.“ Ich schüttelte meinen Kopf. „Auch wenn das sehr verlockend klingt, so kann ich das leider nicht annehmen.“ Die Frau kniff die Augen etwas zusammen. Dadurch sah sie trotz ihrer kleinen Körpergröße etwas angsteinflößend aus. „Dann werden wir uns alle möglichen Mittel verwenden, um dich vom Gegenteil zu überzeugen.“ Mit einem Ruck drehte sie sich um und ließ dabei ihren weißen Laborkittel in der Luft flattern. Leise, aber schnell und effektiv gab sie den anderen Anweisungen. Ich hörte, wie einer von ihnen einen Schalter umlegte. Sofort spürte ich, wie mir die Haare zu Berge standen. Eindeutig wieder Elektrizität, doch bevor sich mich damit quälten passierte etwas anderes. Die Frau hatte zwei Karten in der Hand: ein Pendelmonster und ein Xyz-Monster. Meine Augen weiteten sich, als ich bemerkte, welche Karten es waren. Buntäugiger Pendeldrache und Finsterer Rebellions-Xyz Drache, jene Karten die zwischen uns und Yuri die Verbindung schuf. Sie legte sie in einen Glaszylinder und schloss diesen dann. „Der Professor sagte uns, dass wir bestimmt schneller an unser Ziel kommen, wenn wir diese Karten benutzen.“ Bevor ich darauf irgendwas sagen oder denken konnte, schoss der Strom durch mich. Überrascht schrie ich auf. Es tat weh, aber ich würde es so lange aushalten wie es nötig war. Sie stellten den Strom aber nicht wieder ab. Und während ich nur hilflos schreien konnte, grinsten sie nur die ganze Zeit über. Erst nach ein paar Stunden schalteten sie ab. Ich hing erschöpft in meinen Fesseln. Was sie damit bezwecken wollten, wusste ich nicht. Wieso griffen sie mich nicht direkt über die Verbindung an, wenn sie darüber Bescheid wussten? Die Antwort darauf sollte ich ein paar Minuten später bekommen. Sie machten irgendwas mit den Karten. Dann spürte ich es. Die Finsternis, die ich sonst so zu verdrängen versuchte, regte sich in mir. Sie wurde immer stärker. Die Schläge an meiner innerlichen Barrikade wurden stärker. Dazu kamen heftige Kopfschmerzen. Irgendwie würde ich auch dem standhalten. Doch sie waren noch nicht fertig mit mir. Der Strom floss erneut durch mich und ich merkte, wie die Finsternis langsam bedrückender wurde. Am Rand meines Bewusstseins hörte ich Yuto schreien. Bilder der Zerstörung schoben sich vor meine Augen. Es waren eindeutig Yutos Erinnerungen. „Beruhige dich.“, sagte ich zu ihm trotz der sichtlichen Schmerzen. Doch er konnte mich nicht hören. Ohne Yuto brach unsere Verteidigung und die Finsternis schlich sie leise ein, wie ein Dieb in der Nacht, ohne ein Zeichen oder eine Warnung. Die Kopfschmerzen nahem extrem zu, bis zu dem Punkt, wo ich es nicht mehr ertragen konnte. Ich fühlte, wie sie sich den Weg durch meinen gesamten Körper bahnte. Ich spürte, wie das Blut in meinen Adern anfing zu kochen. Ich zwang mich ein letztes Mal dazu das alles zu verdrängen. „Hör auf dich zu wehren. Geb dich mir hin.“, flüsterte mir eine dunkle, aber sanfte Stimme zu. Die Stimme wurde immer lauter, während sie die gleichen Worte immer und immer wieder wiederholte. „Nein, lass mich in Ruhe!“, schrie ich laut, sodass es auch jeder andere in dem Labor hören konnte. Sie schauten mich an. In ihren Augen sah ich keine Gnade. Das Gefühl, dass die Finsternis immer mehr die Kontrolle übernahm, wurde stärker. Ich schrie ein letztes Mal, dann hörte ich auch schon, wie meine Stimme langsam schwand. Kurz bevor ich die Kontrolle ganz verlor, sah ich Yuri vor meinen Augen. „Yuri...hilfe.“ Dann verdrängte mich die Finsternis, raubte mir mein Bewusstsein. Das nächste, was ich wahrnahm war mein Spiegelbild. Obwohl ich normal aussah, hatte sich doch etwas geändert. Ich schaute nun mit Augen, die ein dämonisches rot ausstrahlten. Kapitel 15: ------------ Sichtwechsel zu Yuri Meine Sicht wurde nur langsam wieder schärfer. Yuraki hatte ihr Bestes getan, damit ich nicht blind werde. Da die ganzen Verletzungen jetzt weg waren, kehrten meine Kräfte langsam zurück. Hier und da spürte ich noch einen schwachen dumpfen Schmerz, aber das war nicht weiter schlimm. Während ich mich weiter ausruhte, war Yuraki sich die Füße vertreten. Als ich sie fragte, warum sie kurz allein seien wollte, antwortete sie nur, dass sie ihre Gedanken etwas sortieren musste. Ich dachte nicht weiter darüber nach, da ich mir einen neuen Plan ausdenken musste. Yuraki hatte mir, bevor sie gegangen war, noch meine Karte zurückgegeben. Jedes Mal wenn ich diese Karte vorher in der Hand hatte, spürte ich meine Brüder, doch jetzt war da nichts mehr. Alles, was ich noch wahrnehmen konnte, war eine kalte Leere. Wenn die Verbindung nicht mehr da war, was war dann mit Yuya passiert? Und was momentan wohl noch wichtiger war, wie sollten wir jetzt in die Fusion-Dimension kommen? So konnte ich jeden ausgedachten Plan verwerfen, wenn wir nicht vorher wieder zur Akademie kamen. Auch wenn ich nicht scharf sehen konnte, Yuyas Gesicht erschien mir immer scharf vor meinen Augen, wenn ich daran dachte. Eine Brise fuhr mir durchs Haar. Wie sehr ich mir wünschte, dass das endlich alles vorbei wäre. Und wenn es denn so sein sollte, muss ich noch einen Weg finden Yutos Seele in seinen Körper zurückzubringen. Hinter mir raschelte es plötzlich im Gebüsch. Alarmiert drehte ich mich um, doch es war nur Yuraki. „Konntest du deine Gedanken wie gehofft ordnen?“, fragte ich. „Ich denke schon. Wie geht’s den Augen?“ „Ganz gut. Mit jeder Sekunde sehe ich etwas besser.“ „Das ist gut. Dann sollten wir wohl langsam zu unserer Rettungsaktion aufbrechen.“ „Dann beantworte mir eines. Wie sollen wir in die Fusions-Dimension kommen? Ich kann die Verbindung nicht mehr spüren. Es ist, als wäre sie nie dagewesen.“ „Du sagtest, dass du nicht lesen kannst, was auf deiner Karte steht richtig? Nun ja, irgendwie hab ich es geschafft den Text zu entziffern. Dadurch konnte ich uns auch hierher zurückbringen.“ Überrascht schaute ich sie an. Wie hatte sie das nur geschafft? „Und?“, fragte ich etwas überrumpelt. „Hungergift-Fusions Drache. Das ist sein Name. Ach übrigens, der Drache ist echt. Er kann sprechen und so.“ „Dein Ernst?“ „Ja, ich weiß, das klingt mehr als verrückt, aber es ist so. Jedenfalls mit seiner Hilfe kann ich uns wieder in die Fusions-Dimension bringen.“ „Na gut. Auch wenn es unmöglich klingt. Solange es funktioniert.“ Yuraki nickte. „Wir warten noch bis morgen.“ Die paar Stunden, die uns noch blieben, verbrachten wir mit Vorbereitungen. Den alten Plan verwarfen wir vollständig und erstellten einen komplett neuen. Wir saßen, bis es dunkel war. Immerhin wollte das ja alles gut durchdacht sein. Schließlich legten wir uns schlafen. Irgendwie war ich aufgeregt. Oder könnte man sogar sagen etwas ängstlich? Vor den Duellsoldaten hatte ich natürlich keine Angst. Ich meine eher Angst vor der Wahrheit. Ich hoffte noch immer, dass es Yuya noch gut ging, auch wenn die Verbindung nicht mehr da war. Yuraki drehte sich zu mir. „Willst du nicht auch endlich mal schlafen? Du hast es von uns beiden am meisten nötig.“, meinte sie tadelnd. „Ich weiß Yuraki, aber ich kann irgendwie nicht.“ „Du hast Angst davor, was sie Yuya angetan haben stimmt's?“, sagte sie, wie als hätte sie meine Gedanken gelesen. „Ja, du hast Recht.“ „Mach dir keine Sorgen. Selbst wenn es wirklich das schlimmste sein sollte, werden wir einen Weg finden ihn zu retten. Wir schaffen das.“ Yuraki lächelte und fügte hinzu: „Immerhin sind wir ein Team nicht wahr?“ Ich lächelte zurück. Sie hatte absolut Recht. Ehe ich mich versah, schlief ich auch schon ein. Yurakis übrig gebliebene Energie in mir verhinderte, dass ich träumte. Sicherlich hätte ich ohne ihre Hilfe einen Alptraum bekommen. Mich hätte es jedenfalls nicht gewundert. Es kam mir vor, als wäre gerade einmal eine Stunde vergangen, bis Yuraki mich auch schon wieder weckte. Es dämmerte bereits. Ich blinzelte mir den restlichen Schlaf aus den Augen und streckte mich. Diesmal rette ich dich Yuya. Ich musste, es war ein Versprechen. Ein paar Momente später holte Yuraki die Karte hervor, die uns in die Fusion-Dimension bringen sollte. Sie legte eine Hand auf meine Schulter und starrte die Karte an. „Entschuldige bitte, aber das sieht irgendwie nicht sehr überzeugend aus.“ „Man redet auch nicht jeden Tag mit einem Drache Yuri. Es braucht schon ein wenig Überredungskunst und Geduld.“ Ich wurde still. Yuraki würde schon wissen, was sie da tat. Immer noch etwas schläfrig gähnte ich. Und in diesem winzigen Moment, wo ich die Augen geschlossen hatte, geschah etwas und plötzlich waren wir wieder in der Akademie. „Das kam aber jetzt plötzlich.“, flüsterte ich. „Ist doch egal. Jedenfalls sind wir jetzt hier. Diesmal gibt es keine plötzlichen Aussetzer verstanden?“, meinte Yuraki. „Keine plötzlichen Aussetzer.“, antwortete ich. Yuraki hatte diesmal darauf bestanden die Führung zu übernehmen, während ich die Nachhut bildete. Seitdem wir das letzte Mal hier waren, hatte man mehr Wachen postiert. Sie standen nun, wie Yuraki und ich es in Erinnerung hatten, so gut wie hinter jeder Ecke. Diesmal nahmen wir einen anderen Weg. Zwar war dieser länger, aber dafür führte er an weniger Wachen vorbei und war damit nicht so auffällig. Es war gut, dass Yuraki vorneweg ging. Ich konnte mich an so gut wie nichts erinnern, was mit dem letzten Besuch in der Akademie zu tun hatte. Den neuen Plan hatte sie sogar fast ohne meine Hilfe entworfen. Ich vertraute ihr, deswegen ließ ich ihn so wie er war. Der Weg zu Labor verlief ereignislos. Kurz darauf standen wir wieder vor der Treppe, die hinauf zum Labor führte. Hier hatte ich letztes Mal total die Kontrolle verloren. Yuraki nickte mir zu und wir gingen langsam die Treppen hinauf. Oben erwarteten wir Wachen, doch zu unserer Überraschung war da niemand, nicht mal ein einziger Duellsoldat. Es war still, zu still. Vorsichtig bewegten wir uns weiter. Alle meine Sinne waren hellwach. Das Licht wurde an den Laborwänden nur schwach zurückgeworfen. War dort auch niemand? Dann blieb Yuraki stehen. Erst wusste ich nicht wieso, doch dann nahm auch ich ein Geräusch wahr. Es war sogar so leise, dass es normale Personen wohl gar nicht wahrgenommen hätten. „Yuraki.“, flüsterte ich ihr zu und sie nickte. Die silberhaarige wusste genauso gut wie ich, dass wir hier doch nicht die einzigen waren. Irgendjemand war hier mit uns in diesem Raum und schlich um uns herum. Ich suchte mit neu geschärften Augen die gesamte Umgebung ab. Ich suchte noch ein weiteres Mal, doch auf meine Augen konnte ich mich in diesem Fall eindeutig nicht verlassen. Ich schloss die Augen und lauschte. Dann hörte ich die Schritte, obwohl sie so extrem leise waren. Dadurch war es mir möglich die exakte Position des Unbekannten herauszufinden und was noch wichtiger war: seine Bewegungen. Die Schritte wurden schneller, wahrscheinlich um uns zu verwirren. Dann änderte sich das Muster der Schritte und ich schaute sofort zu Yuraki. Genau in diesem Moment warf der Unbekannte etwas, doch auch Yuraki hatte das mitbekommen. Schnell wich sie dem Objekt aus, was sich im Nachhinein als ein kleines Messer herausstellte. Meine Augen waren schnell an der Stelle, wo das Messer abgeworfen wurde, doch da war schon niemand mehr. Ich blinzelte angestrengt. Plötzlich spürte ich ein unangenehmes, aber nur allzu bekanntes Stechen. Ich drehte mich um. Vor mir schauten ein paar leuchtende Augen genau auf mich. Sie sahen unnatürlich aus. Ich erkannte diese rubinroten Augen wieder, auch wenn sie etwas sehr Fremdes an sich hatten. „Yuya“, sagte ich laut. Yuraki schaute entsetzt. Das war nicht mehr der Yuya, den ich kannte. Das war nicht mehr der Yuya, der mein Bruder war. Nein, jetzt war er nur noch eine Hülle. Ich zögerte kurz und schon schoss Yuya auf mich zu. Yuraki schaffte es gerade noch mich aus dem Weg zu schubsen. Ich rappelte mich sofort wieder auf. Kampflos würde ich ihn nicht zurückbringen können. Ich zückte meinen Dolch und Yuraki tat es mir nach. Doch ich wollte ihn damit nicht verletzten, sondern um den Dolch parieren zu können, den Yuya selbst in der Hand hielt. Die Klinge war größer als die meines Dolches und außerdem geschwungen. Um den Griff schlängelte sich ein Drache, der mit geöffneten Maul über der dunklen Klinge endete. Ich parierte den ersten Schlag. Überrascht von der Stärke wurde ich ein Stück zurückgedrängt. Yuraki schlug von der Seite auf ein Yuya und er ließ von mir ab, um sie abzuwehren. Ich griff erneut an. Obwohl er gerade noch mit Yuraki beschäftigt gewesen war, wich Yuya mir mit einer flüssigen Bewegung aus. Dann griffen wir Yuya zusammen an. Jeder unserer Schläge ging ins Leere. Er war unglaublich schnell. Ehe ich mich versah, hatte ich auch schon den ersten Schnitt einkassiert. Natürlich wollte ich ihn heilen, aber es passierte nichts. „Yuraki geh auf Abstand!“, rief ich ihr zu. Wir umkreisten uns gegenseitig. „Die Wunden durch diesen Dolch lassen sich nicht heilen. Wir müssen bei unseren Angriffen vorsichtiger sein.“ „Versuchen wir den Dolch von ihm wegzubekommen. Du lenkst ihn ab und ich überrasche ihn dann?“ Ich nickte und schossen wir gleichzeitig auf Yuya zu. Yuraki sprang direkt über ihn. Als Yuya sich umdrehen wollte, hielt ich ihn davon ab. Wütend schlug er nach mir. Ich duckte mich noch gerade rechtzeitig. Den Luftzug direkt vor meinem Gesicht hatte ich mehr als deutlich gespürt. Sofort richtete ich mich wieder auf und schlug zurück, um ihn weiter von Yuraki abzulenken. Unser Plan ging auf. Yuraki hatte sich so geschickt angeschlichen, dass nicht mal ich sie bemerkt hatte. Mit einem präzisen Schlag schleuderte sie ihm die Waffe aus der Hand. Yuya kam dadurch kurz aus dem Gleichgewicht, was ich ausnutzte, um ihn an die Wand zu drücken. Vorsichtshalber ließ ich meinen Dolch an seinem Hals. Ich holte hörbar Luft. Die ganze Zeit musste ich meinen Zorn in Kontrolle halten, sonst wäre ich wieder so geworden wie vorher. Yuyas Augen schauten direkt in meine. „Yuya.“, sprach ich ihn an, „Du musst dagegen kämpfen. Du bist stärker als die Kontrolle.“ Ich schaute ihm tief in die Augen. Yuya versuchte trotz der Klinge an seinem Hals zu entkommen. Er drückte sich geradezu gegen sie. Das scharfe Metall kam in Kontakt mit seiner Haut und durchdrang sie ohne Probleme. Es tat mir weg, doch ich musste dem standhalten. Ich schaute ihn weiter an. Hinter dem dämonischen Rot konnte ich sein wahres Ich sehen, neben ihm Yuto. Es war nicht schwer zu erkennen, dass beide gerade sehr litten. Um Yuya und Yuto herum war eine erdrückende Dunkelheit. Sie versuchte das Licht zu ersticken, dass die beiden ausstrahlten. Diese Dunkelheit war der eigentliche Feind. Ich spürte wie sich der Druck an der Klinge intensivierte. Ein Grinsen zierte Yuyas Gesicht. Da er sich so sehr gegen den Dolch drückte, musste ich etwas zurückweichen, doch er schien nur darauf gewartet zu haben. Bevor ich reagieren konnte, trat er mich von sich weg. In den nächsten Sekunden flog ich quer durch den Raum. Yuraki schaffte es Yuya zu erreichen und zu verhindern, dass er mich noch, während ich durch die Luft flog, mit seinem Dolch erwischte. Einen Moment später krachte ich in die Wand. Es raubte mir den Atem und meine Sicht verschwamm etwas. Dann fiel ich zu Boden. Ich hörte das Geräusch von zwei Klingen, die aufeinander krachten. Ich sah es nur sehr unscharf, aber um Yuraki zu erkennen reichte es. Sie baute sich vor mir auf, um mich zu beschützen. „Tu ihm nicht weh.“, flüsterte ich, „Wir müssen die Dunkelheit in Yuya besiegen, erst dann können wir ihn retten.“ Die Frage war nur, wie wir das machen sollten. Kapitel 16: ------------ Ich versuchte mit einem Kopfschütteln die Benommenheit zu verdrängen. Yuraki drängte währenddessen Yuya zurück. Wie konnte ich ihm nur helfen? Nein, ich wusste nicht wie. In dem Moment kickte Yuraki Yuya in eine Wand und drehte sich dann zu mir um, wie als hätte sie meine Gedanken gelesen. „Es gibt einen Weg.“, sagte sie und achtete streng darauf, dass sich nicht sofort wieder von dem grünhaarigen angegriffen wurde. Ich sah die Hoffnung in ihren Augen und dieses Gefühl strömte auch sofort durch mich. Meine Lippen formten ein stummes „Wie?“. „Ich muss in seinen Kopf, denn da findet schon die ganze Zeit der wahre Kampf statt. Ich kann es spüren, sie sind noch da drin. Das Problem ist, dass ich mich in dieser Zeit nicht selbst verteidigen kann. Das würde damit als dir zufallen.“ Yuya stand gerade wieder auf. „Ich mache alles, nur hol sie da wieder raus.“ Die silberhaarige nickte mir zu und setzte sich hinter mir an die Wand. Ich sah nur noch im Augenwinkel, wie ihre Augen kurz intensiv aufleuchteten, dann sackte sie in sich zusammen. Yuya, der gerade auf mich zugerannt war, blieb abrupt stehen. Er legte sich eine Hand auf den Kopf und schüttelte ihn, dann griff er wieder an. Mit neuem Mut raste ich ihm entgegen. Unsere Dolche knallten aufeinander, Funken sprühten hell. Ich drängte Yuya zurück, doch auch er war stark. Mit einer flüssigen Bewegung bewegte er den Dolch so, dass er meinen eigenen abwehrte und mich zum Stolpern brachte. Für einen Moment war ich ungeschützt. Mit einem triumphierenden Grinsen stach Yuya zu, doch ich war schnell genug, um auszuweichen. Yuya schoss an mir vorbei und verschwand wieder in den Schatten. Ich spürte, wie sich sein Blick in mich bohrte, aber ich konnte nicht ausmachen aus welcher Richtung er kam. Zu spät merkte ich, dass der grünhaarige genau hinter mir wieder aus seinem Versteck schlich. Scharfer Schmerz sirrte durch meinen Rücken und ich wirbelte herum. Ich musste Yuya so lange beschäftigen, bis Yuraki endlich sein wahres Ich an Tageslicht bringen würde. In dem Moment verlor der grünhaarige plötzlich das Gleichgewicht. Seine Augen richteten sich auf Yuraki. Sofort schoss ich auf ihn zu, doch mir wurde der Dolch aus der Hand geschlagen und ich wurde zurückgedrängt. Das Böse in Yuya musste wohl gemerkt haben, dass Yuraki versuchte Yuya und Yuto zu retten. Ich fuhr zur Höchstgeschwindigkeit auf und baute mich noch rechtzeitig schützend vor Yuraki auf. Doch dann spürte ich erneut die Schmerzen durch den Schnitt und den vorherigen Aufprall auf der Wand. Diese wenigen Sekunden ermöglichten Yuya ein offenes Fenster, da ich es nicht mehr schaffte mich wirklich in eine Abwehrhaltung zu bringen. Ein Ruck ging durch mich, als mein Körper den Dolch empfing. Jedoch hielt ich mit meinen Händen beide seiner Handgelenke fest, damit er nichts mehr machen konnte. Ich merkte genau, wie er versuchte den Dolch noch tiefer in mich zu bringen. Nun war es ein Wettlauf gegen die Zeit. Würde ich vorher durch den Blutverlust das Bewusstsein verlieren oder würde Yuraki vorher das Böse in Yuya besiegen? Yuya versuchte nicht sich von mir zu entfernen. Auch er wusste, dass mich früher oder später die Kräfte verlassen würden. Mit meiner ganzen Kraft hielt ich ihn fest. Ich fixierte seine Augen mit meinen. Man sagt ja, dass die Augen das Fenster zur Seele sind, doch ich konnte in ihnen nichts sehen. Das einzige, was ich sah, war dieses dämonische intensive Rot. So verharrten wir eine ganze Weile. Ich wurde langsam immer schwächer, was damit endete, dass sich die Klinge immer ein paar Zentimeter weiter in mich schob. „Yuraki jetzt wäre ein guter Zeitpunkt.“, sagte ich, doch dazu sollte es noch nicht kommen. Unser Kräftemessen zog sich noch etwas in die Länge, eine halbe Stunde um genau zu sein. Dann ging alles ganz schnell. Ich sah, wie Yuyas Augen den Fokus verloren. Natürlich wehrte der grünhaarige sich dagegen, doch ich hielt ihn noch immer fest. Dadurch wurde seine Abwehr eingeschränkt. Mit einem letzten Grinsen nahm das Böse seine letzte Kraft zusammen und lenkte sie in Yuyas Hand. Diese entglitt mit durch den plötzlichen Kraftschub. Ich nahm den ganzen Dolch in mir auf und starker Schmerz flammte in mir auf. Yuyas Augen schlossen sich und er kippte nach hinten um. Ich hechtete vor und fing ihn. Wir landeten trotzdem hart auf dem Boden. Benommen blieb ich dort liegen. Schwarze Flecken schlichen sich in mein Sichtfeld. Yuyas Dolch löste sich auf und zurück blieben zwei schwarze Karten. Aus diesen strömte sofort die Dunkelheit und die Karten wurden wieder normal. Es waren die Drachen von Yuya und Yuto. Dann hörte ich Schritte. „Yuri?“ Es war eindeutig Yurakis Stimme. Ich merkte ihre Hände auf mir, als sie mich aufrichtete. „Yuri.“, sagte sie erneut. Durch die Bewegung sog ich scharf die Luft ein. Trotz der Schmerzen schaffte ich es ohne die Hilfe der silberhaarigen mich ordentlich aufzurichten. Ich spürte einen unangenehmen Stich und ich schaute auf Yuya, der noch immer neben mir lag. Vorsichtig nahm ich ihn in meine Arme. „Yuya? Yuya wach auf. Bitte. Es ist vorbei.“ Zu meinem Entsetzen bekam ich meine Antwort. Panik stieg in mir auf. Sie überlagerte sogar für einen Moment den Schmerz. Ich schüttelte ihn, doch auch da tat sich nichts. Ich war wie in Trance. Erst als Yuraki sich neben Yuya kniete und mir eine Hand auf die Schulter legte, kam ich zu mir. Ich schaute sie an. Ihr Blick war mitfühlend. Sie schüttelte mit dem Kopf und nahm mir Yuya ab. Tränen verließen meine Augen, aber es waren keine Freudentränen. Abrupt stand ich auf. Yuraki schaute nur erschrocken. Tatsächlich hatte ich meine ganzen Verletzungen für eine kurze Zeit vergessen, doch jetzt war er wieder da und zwar doppelt so stark. Ich hatte Probleme mich auf den Beinen zu halten und ehe ich mich versah, fand ich mich auf dem Boden wieder. Ich sah, wie Yuraki Yuya ablegte und zu mir kam. „Yuri.“, hörte ich ihre Stimme, jedoch hörte es sich für mich sehr verzerrt an. Verdammt! Dadurch, dass ich die Verletzungen nicht heilen konnte, war das eine ziemlich heikle Situation. Mein Bewusstsein verließ mich langsam und weder ich noch Yuraki konnten dagegen etwas tun. Kurz bevor ich die Augen schloss, spürte ich etwas Unbekanntes. Eine gewaltige Energie loderte in mir auf. Vor meinen Augen erschien ein Drache. Erst dachte ich, dass ich halluzinieren würde, aber Yuraki schien dieses Wesen auch anzuschauen. „Schau dich an. Wie erbärmlich.“, grollte eine tiefe Stimme, „Jedoch habe ich deine Entschlossenheit die ganze Zeit über gespürt.“ Mein Körper begann zu kribbeln. Ich schaute auf das Durcheinander, das der Dolch an meinem Körper hinterlassen hatte. Das Loch schloss sich, genauso der Schnitt auf meinem Rücken. Ich schaute erstaunt auf. „Sieh zu, dass du ihn nach Hause bringst. Ich kann dir sagen, dass sein psychischer Zustand im Moment nicht der beste ist. Rufe meinen Namen, wenn du mich und meine Kraft brauchst.“ Dann verschwand der Drache. Langsam richtete ich mich auf und tastete nach der Wunde. Doch da war nichts. Verwirrt schaute ich Yuraki an. Sie lächelte. „Das war Hungergift-Fusions Drache.“, erklärte sie mir, „Er hat wohl Gefallen an dir gefunden.“ Ich nahm Yuya an mich. „Er hat Recht. Wir müssen Yuya sofort zurückbringen.“ In einem Wimpernschlag waren wir wieder in der Standart-Dimension. Zu diesem Zeitpunkt habe ich kaum Erinnerungen. Ich weiß noch, dass mir mein Bruder abgenommen wurde. Das nächste woran ich mich erinnern kann ist, dass neben Yuraki saß. Wieso wir dort saßen, wusste ich nicht. Mein Kopf war leer. Letztendlich fand ich mich in einem Stuhl neben Yuya wieder. Er lag dort und rührte sie nicht. Erst da bemerkte ich, dass ich einen totalen Filmriss hatte. „Yuraki was..?“ „Ganz ruhig.“, sagte sie und rückte mit ihrem Stuhl weiter zu mir. „Du warst doch mehr angeschlagen, als wir beide dachten.“ „Was ist überhaupt passiert, nachdem wir zurück gekommen sind?“ Ich fasste mir an den Kopf. Wieso konnte ich mich nicht erinnern? „Wir haben Yuya ein paar Ärzten übergeben. Während sie ihn untersucht haben ist einem von ihnen aufgefallen, dass etwas nicht mit dir stimmt. Du warst abwesend. Er hat gesagt, dass du in einer Art Schockzustand bist.“ „Dann kann ich mich wohl deswegen an nichts erinnern.“ Yuraki nickte mir verständnisvoll zu. „Und was ist mit ihm?“, fragte ich sie und nahm Yuyas Hand. „Tja, das ist wohl gerade das Problem. Die Ärzte haben ihn von unten bis oben durchgecheckt, mehr als ein Mal sogar. Dennoch finden sie nichts, was seinen Zustand irgendwie begründen könnte.“ Ich übte unruhig Druck auf Yuyas Hand aus. Sie war so kalt, dass ich fast gedachte hätte, dass kein Leben mehr in ihm war. „Yuraki, was soll das heißen?“ Die silberhaarige zögerte. „Es fällt mir wirklich schwer das zu sagen, aber es geht Yuya alles andere als gut und man weiß nicht, wie man ihm helfen soll.“ Der Stich, den ich in diesem Moment in meinem Herzen spürte, war unbeschreiblich. Yuya, ich dachte, dass wir dich endlich gerettet hätten, doch das war alles nur ein schöner Schein. Diesmal kann ich dir vielleicht nicht helfen und was dann passieren könnte, will ich mir gar nicht vorstellen... Kapitel 17: ------------ Sichtwechsel zu Yuraki Es tat mir weh Yuri so zu sehen. Endlich hatte er seinen Bruder wieder und dann das. Ich wollte gar nicht wissen, was gerade in ihm vorging. Ich wollte gerade meine Hand auf seine Schulter legen, um ihm etwas Trost zu spenden, doch vorher sagte Yuri leise: „Yuraki könnte ich vielleicht kurz mit Yuya allein sein?“ In Yuris Stimme lag eindeutig Trauer, auch wenn der lilahaarige versuchte es nicht zu zeigen. Sofort nahm ich meine Hand zurück. Ich dachte nicht daran mit ihm zu diskutieren, also nickte ich nur stumm und verließ den Raum. Ich schloss die Tür hinter mir und lehnte mich für einen Moment an. Gab es denn gar nichts, was wir tun konnten? Nach ein paar Minuten nahm ich auf einem Stuhl auf dem Gang Platz. Am liebsten wäre ich gegangen. Diese traurige Stimmung, die hier herrschte, wirkte sich irgendwie auch auf mein Gemüt aus. Fieberhaft suchte ich nach einer Lösung. Ich sank etwas tiefer in den Stuhl. Schließlich war ich so in mich versunken gewesen, dass ich nicht bemerkte, wie einer der Ärzte an mir vorbeikam und mich schließlich ansprach. Es war nur ein kurzes Gespräch und ich war auch froh darüber. Der Arzt war gerade aus Yuyas Zimmer gekommen und hatte nochmal nach ihm geschaut. Yuri würde noch immer regungslos dort sitzen und nichts tun. Der Arzt erzählte mir sogar, dass er mittlerweile schon zu vierten Mal an mir vorbeikam. „Sie schienen in Gedanken versunken zu sein.“, hatte er gesagt. Darauf hatte ich ihm einfach zugestimmt. Neugierig schaute ich auf eine Uhr und bekam dann einen Schreck. Ich saß schon fast drei ganze Stunden hier und dachte nach. Dann stand ich auf. Ich konnte Yuri so nicht allein lassen. Als ich wieder vor der Tür stand zögerte ich. Ich wollte hinein, aber auch gleichzeitig nicht. Ich schüttelte mich kurz und drückte dann entschlossen die Klinke herunter. Vorsichtig spähte ich hinein. Es war noch alles wie vorher. Ohne ein Wort zu sagen, nahm ich meinen vorherigen Platz ein. Eine Weile schaute ich Yuya an. Sein Gesichtsausdruck war friedlich, es machte eher den Anschein, dass er nur schlief. Ich hatte beschlossen selber zu schauen, ob es etwas gab, was ich vielleicht heilen könnte. Langsam rückte ich samt Stuhl noch weiter zu Yuri. Schließlich saß ich dicht an dem lilahaarigen. Ich hatte erwartet, dass er darauf reagieren würde, doch zu meine Überraschung passierte nichts. Auch nach einer Minute tat sich nichts. Ohne etwas zu sagen, legte ich meine Hände auf Yuris, welche immer noch die von Yuya hielten. Yuri zuckte nicht einmal. Dachte er gerade nach? So wie ich vorher? Vielleicht bekam er deswegen nichts mit. Ich ließ meine Energie durch Yuri in Yuya fließen. Von außen würde niemand merken, dass ich gerade selbst Yuya unter die Lupe nahm. Nein, es würde eher aussehen, als würde ich versuchen Yuri beizustehen. Von daher hatte ich keine Sorgen, dass mich jemand unterbrechen würde. Sorgfältig suchte ich seinen ganzen Körper ab. Ich suchte erneut jeden Winkel durch. Und dann noch einmal und noch einmal. Meine Energie rauschte mit einer extremen Geschwindigkeit durch Yuya, doch ich merkte das nicht. Ich weiß nicht, wie viele Male ich erneut mit suchen angefangen hatte, als ich spürte, dass meinem Energiestrom etwas folgte. Vorerst ignorierte ich es, doch es ließ nicht von mir ab. Schließlich holte es mich ein. Es hielt mich fest und verlangsamte mich. Dann zog es an meiner Energie, wie als wollte es verhindern, dass ich weitersuche. Ich wollte mich befreien, doch es ließ nicht los. Also wehrte ich mich noch mehr. Kurz war mir, als hätte ich ein genervtes Schnauben gehört. Dann erkannte ich, dass es ein zweiter Energiestrom war. Er leuchtete in einem dunklen lila. Plötzlich kam mir meine eigene Energie wie taub vor. Ich wusste, dass sie noch da war, aber ich konnte sie nicht mehr lenken. Die lilane Energie zog mich weiter weg und schließlich aus Yuyas Körper. Ein Schauder lief mir den Rücken herunter, als ich mit meinen Gedanken wieder in Yuyas Zimmer war. Was war das denn gewesen? Die Antwort darauf sollte ich sofort erhalten. Yuris rechte Hand lag auf meinen, die linke war noch dort, wo sie auch vorher schon war, nämlich auf Yuyas. Wann hatte er das gemacht? Yuri übte mit den Fingerspitzen sanft Druck auf meinen Handrücken aus. „Lass das.“, kam es knapp von dem lilahaarigen. Ich erschrak, denn sein Ton war etwas ärgerlich. „Du wühlst ihn nur noch mehr auf.“ Erst verstand ich nicht, was Yuri meinte, doch das hektische Piepen des EKG sprach für sich. „Ich...es tut mir leid.“ „Das wird Yuya leider auch nicht helfen.“, erwiderte Yuri und war wieder so wie vorher. Ich zog bei Hände weg. Irgendwie kam mir der lilahaarige etwas fremd vor. Dass er so deprimiert war, entsprach eigentlich gar nicht seine Art. Ich stand auf und ging zur Tür. Als ich meine Hand auf die Klinke legte, drehte ich mich um und sagte: „Ich finde einen Weg.“ Jedoch würdigte mich Yuri keines Blickes. Schließlich verließ ich den Raum. Ich verstand, dass er wegen Yuya verzweifelt war. Trotzdem würde das von bloßen Sitzen und Händchen halten nicht besser werden. Ich musste etwas finden, was Yuya irgendwie helfen könnte. Wenn es sein musste auch ohne Yuri. Nachdem ich das Krankenhaus verlassen hatte, fühlte ich mich etwas leichter. Ich entschied mich dafür einen kleinen Spaziergang zu machen. Dabei lief ich stets abseits von irgendwelchen wegen, damit ich in Ruhe nachdenken konnte. Ich beobachtete ein paar Vögel und später ein Eichhörnchen. Dann ließ ich mich auf einem großen Stein nieder. Ich grübelte fast eine ganze Stunde, doch das bemerkte ich nicht. Die nächsten Tage lief diesen Weg immer wieder. Ich hoffte, dass ich bald eine Lösung finden würde. Und dann kam mir ganz plötzlich ein Geistesblitz. Ja, das könnte funktionieren, doch es war sehr riskant. Doch ich hatte keine Zeit länger darüber nachzudenken. Im selben Moment schoss ein scharfer Schmerz durch mich. Jedoch verschwand genauso schnell wie er gekommen war. Was war das?“, fragte ich mich laut. Es hatte sich angefühlt, als wäre der Schmerz durch die Verbindung gekommen. Aber das war unmöglich, denn ich trug die Karte von Yuri nicht bei mir. Andererseits spürte ich genau, dass es von Yuri kam. War irgendwas passiert? Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken. Rief Yuri vielleicht indirekt nach Hilfe? Das hieße ja dann...!? Ich rannte los. Es musste etwas passiert sein! Schnell war ich zurück im Krankenhaus. Ich spurtete durch die weißen Gänge. Die Leute schauten mich mit fragenden Blicken an. Ich riss die Tür auf. Yuri stand neben Yuyas Bett, die Hand des grünhaarige noch immer umklammert. Langsam schaute er mich an. Ich erschrak. Die Müdigkeit stand Yuri geradezu ins Gesicht geschrieben. Aus seinen Augen schien der Wahnsinn zu glitzern, weshalb ich ein Stück zurückwich. „Hilf ihm!“, schrie er mich wahrscheinlich unbeabsichtigt an. Mein Blick wanderte zu Yuya. Sein Zustand hatte sich verschlechtert, weshalb Yuri auch so außer sich war. In der Ferne vernahm ich Schritte. Yuris Schrei musste man gehört haben. „Yuri sie werden ihm sicherlich helfen.“, sagte ich und kam auf ihn zu. „Die könne doch auch nichts machen! Yuraki siehst du es denn nicht? Mit jedem Tag, der vergeht wird er schwächer! Er wird es nicht schaffen stimmt's?“ „Was redest du denn da?“ Ich war entsetzt, dass der lilahaarige so dachte. Den Schmerz hatte ich wahrscheinlich nicht wegen Yuya gespürt, sondern wegen Yuri. Sanft zog ich ihn in eine Umarmung. Er zitterte. Das musste ihm alles zu Kopf gestiegen sein. Die Schritte auf dem Gang wurden lauter. Ohne Vorwarnung knickten Yuris Beine ein und ich fiel mit ihm zu Boden. „Yuri!?“ Ein Arzt und zwei Krankenschwestern kamen herein. Sie warfen nur einen kurzen Blick auf uns und gingen dann direkt zu Yuya. Ich verstand nicht, was der Arzt einer der Schwestern sagte und wieso diese dann hastig den Raum verließ. Doch ich beachtete sie nicht weiter und schaute Yuri an. Man musste kein Arzt sein, um zu sehen, wie sehr in das alles belastet hatte. Ich legte ihn sanft auf den Boden. Die Spuren von unzähligen Tränen waren auf seinem Gesicht zu sehen. Ich wollte Yuri ja so gerne helfen, doch ließ mich nicht an sich heran. Mitfühlend legte ich meine Hand auf seinen Arm. Mein Versprechen galt nach wie vor. Ich würde eine Möglichkeit finden, um Yuya zu retten. Dann kam die Krankenschwester zurück. In der Hand hielt sie eine Spritze. Bevor ich wusste, was ich gerade tat, fragte ich auch schon wozu sie das brauchen würden. Die Krankenschwester reichte die Spritze dem Arzt und wand sich dann mir zu. „Es ist ein Beruhigungsmittel.“, meinte sie knapp. Nachdem sie Yuya das Mittel gespritzt hatten, beruhigte sich das EKG wieder etwas. Die Krankenschwester kam zu mir und hockte sich neben Yuri. „Wären Sie so freundlich mir zu erklären, was genau passiert ist?“ Ihre Stimme war ruhig und sanft. „Ich weiß nicht genau. Ich kam gerade zurück. Er schrie mich an, dass ich Yuya helfen soll. Ich habe versucht ihn zu beruhigen und dann ist er einfach zusammengebrochen.“ Während ich erklärte, prüfte sie den Puls des lilahaarigen. „Er hat die letzten Tage sicherlich kein Auge zugemacht.“, fügte ich hinzu. „Sein Herz schlägt etwas zu schnell. Durch die ganze Aufregung und den zusätzlichen Schlafmangel ist es kein Wunder, dass er ganz plötzlich diesen Zusammenbruch erlitten hat. Machen Sie sich aber keine Sorgen. Alles, was er braucht, ist eine ordentliche Dosis Schlaf.“ Diese Worte erleichterten mit das Herz etwas. Sie richtete Yuri auf und wollte ihn wegbringen, wahrscheinlich in ein anderes Zimmer. „Könnte er vielleicht hier bleiben? Ich glaube es ist besser, dass er hier ist, wenn er aufwacht.“ Ein unsicherer Blick traf mich. „Das dürfte kein Problem darstellen.“, sagte der Arzt, der sich gerade zu uns gesellt hatte. „Wie geht es Yuya?“, fragte ich nervös. „Wir konnten ihn etwas beruhigen, aber wir mussten ihm an das Beatmungsgerät anschließen.“ Ich versuchte seine Worte zu verkraften. Wie sollte ich das nur Yuri erklären, wenn er wieder wach war? „Wir werden alles tun, um ihn zu retten.“, versicherte mir der Arzt, „Es wird nun in kürzeren Abständen jemand kommen, um zu schauen, ob alles in Ordnung ist.“ Ich nickte ihnen zu, als sie zu dritt den Raum verließen. Vorher hatten sie noch einen weiteren Stuhl ins Zimmer gestellt. Man hatte Yuri auf zwei der Stühle gelegt und ich saß auf dem dritten mit Yuris Kopf auf meinem Schoß. Schließlich kehrte wieder Stille im Zimmer ein. Das EKG piepte leise und man hörte ganz klar Yuyas schweres Atmen. Das wurde jedoch von den tiefen Atemzügen des lilahaarigen übertönt. Ich strich mit den Fingern über das lilane Haar. Abwesend fuhr ich mit dieser Bewegung fort, bis ich ein leises Seufzen vernahm, welches eindeutig von Yuri kam. Tränen hatten sich in seinen Augenwinkeln gebildet und ich wischte mit meinem Ärmel weg. „Na na. Du wirst doch jetzt nicht sentimental oder? Yuri ich weiß, wie ich Yuya retten kann. Ich werde ihn auch retten, auch wenn das vielleicht heißt, dass ich verschwinden werde.“ Kapitel 18: ------------ Sichtwechsel zu Yuri Wie soll ich ihn retten? Wie soll ich Yuya nur retten? Es war der einzige Gedanke, der mir durch den Kopf ging. Und in dieser Dunkelheit meines Bewusstseins gab es nur eine einzige Antwort: Es geht nicht, es ist unmöglich. Ungewollt liefen Tränen über meine Wangen. Das schien gerade auch in der Realität zu passieren. Jemand strich mir beruhigend über meinen Arm. Die Berührung war sanft, wie als wollte man mir damit nicht zu nahe treten. Hatte ich denn noch jemanden, der sich so Sorgen um mich machte? Ja, genau. Da war noch jemand. Jemand, der die Hoffnung noch nicht aufgegeben hatte. „Yuri.“, schallte es laut von den dunklen Wänden wieder. „Yuri. Es ist noch nicht vorbei. Sie wird dir helfen. Das Schicksal hat sie hierher zu dir geführt. Sie ist etwas Besonderes.“ Hungergift-Fusions Drache klang zuversichtlich. „Wie kannst du dir da so sicher sein? Ich meine Yuraki ist natürlich etwas Besonderes. Ich weiß, dass sie helfen will, aber das ist auch für sie eine Nummer zu groß.“ „Unterschätze Yuraki nicht!“, fauchte Hungergift mich an, „Sie weiß bereits, wie sie Yuya helfen kann. Doch im Moment übersteigt das ihre Kräfte.“ Meine Stimmung hob sich etwas. „Wenn Yuraki es weiß, dann weißt du es doch bestimmt auch Hungergift! Bitte, du musst es mir sagen. Vielleicht kann ich ihr ja helfen.“ „Yuri ich kann es dir nicht sagen.“ „Was? Aber wieso denn nicht? Das ist sehr wichtig!“ „Du kannst ihr dabei nicht helfen. Warte nur ab. Du wirst es verstehen, wenn es soweit ist.“, sagte der Drache und verschwand. „Warte!“, rief ich in die Leere, doch mir antwortete niemand. Licht flutete mein dunkles Bewusstsein. Langsam kam ich zu mir. Als erstes nahm ich die Geräusche um ich wahr. Irgendetwas piepte laut, was mich ziemlich nervte. Ich konnte in der Entfernung sanftes Geflüster vernehmen. Ich blinzelte angestrengt. Erst verstand ich nicht, warum ich lag. Dann erinnerte ich mich an alles, was geschehen war. Mein Gefühlsausbruch, das Gespräch mit Hungergift-Fusions Drache. Ohne zu zögern richtete ich mich auf. „Huch du bist ja wach.“, sagte Yuraki, „Ist alles wieder ok?“ „Ja, es ist wieder alles gut. Ich weiß nicht was in mich gefahren ist. Yuraki ist es wahr, dass du weißt, wie kann Yuya retten kann?“ Zu meiner Überraschung hörte mir die silberhaarige gar nicht zu. „Wo ist denn schon wieder das Ende hin?“, hörte ich sie murmeln. „Yuraki?“ „Oh entschuldige. Du wolltest wissen, ob ich etwas weiß, dass du nicht weiß ja? Du hast Recht, ich weiß wie man deinen Bruder retten kann, aber wenn ich dieses Ende nicht finde, dann wird es wohl nicht gehen.“ „Von was redest du da überhaupt?“, fragte ich verwirrt. „Na das Ende von dem Faden, der dort liegt.“ Ich schaute auf den Boden vor mir. Ich blinzelte, doch einen Faden konnte ich nirgends sehen. „Ich sehe keinen Faden.“ „Ach das ist es ja!“, meinte Yuraki und hob, für mich etwas Unsichtbares, vom Boden auf, „Dieser Faden ist sehr wichtig. Stell keine Fragen, lass mich den Faden erst fertig machen.“ Stumm saß ich neben ihr. Interessiert beobachtete ich die Handbewegungen, die sie immer wieder machte. Nach einer Weile war Yuraki fertig. Ich wollte schon zu einer Frage ansetzen, doch Yuraki unterbrach mich sofort. „Es bringt nichts, es dir zu erklären. Gib mir mal deine Hand. Dann kannst du es dir selber anschauen.“ Ich legte meine Hand auf die von Yuraki. Die silberhaarige begann erneut Bewegungen zu machen. Diesmal sah es aus, als würde sie etwas um meine Hand wickeln. „Gut, es kann losgehen.“ Ich nickte nur knapp. Plötzlich spürte ich ein Kribbeln auf meiner Hand, was kurz darauf zu einem unangenehmen Schmerz wurde. „Was ist das?“, fragte ich verwirrt. Yuraki hielt meine Hand weiter fest. Blut sickerte aus dem Handrücken. „Das geht gleich vorbei.“ Yuraki behielt Recht. Ein paar Momente später fühlte sich wieder alles normal an. „Kannst du mir jetzt endlich erklären, was du gemacht hast?“ Yuraki schaute mich mit ihren bernsteinfarbenen Augen an und begann dann zu sprechen: „Als allererster muss ich sagen, dass das allein Yuya nicht helfen wird ok?“ „Ich verstehe.“ „Gut. Also den Schmerz, den du gerade gespürt hast, kam von den Faden, den ich gesponnen habe. Du müsstest ihn jetzt eigentlich sehen können.“ Ich schaute auf meine Hand. Tatsächlich war darum ein leicht silbern schimmernder Faden, der quer durch das Zimmer ging. Das Ende, beziehungsweise den Anfang konnte ich nicht ausfindig machen. „Er hat sich tief eingeschnitten.“, bemerkte ich und wischte etwas Blut weg. „Das war auch notwendig. Schau er führt genau zu Yuyas Herz. Die Seelen von Yuya und Yuto sind zersplittert weißt du? Menschen mit einer zersplitterten Seele können nicht lange überleben. Von außen kann man so was nicht sehen, darum haben die Ärzte auch nichts gefunden. Der Faden verbindet dich also nun mit deinen Brüdern. Du verhinderst, dass die einzelnen Seelensplitter sich zu weit voneinander entfernen. Würde das passieren, wäre es wirklich aus. Jedoch raubt dieser Faden dir auch ganz langsam deine eigene Energie. Im Gegenzug kannst du jede Veränderung spüren, die in Yuya vorgeht. Versuch es ruhig. Du kannst spüren, dass die Seelen der beiden nicht mehr intakt sind.“ Ich konzentrierte mich. Es war jedoch ganz einfach es herauszufinden. Ein Bild schob sich in meinen Kopf. Es sah aus wie zwei kaputte Spiegel. „Ich verstehe, was du meinst. Wie soll es jetzt weitergehen? So kann ich Yuya und Yuto sicherlich nicht ewig am Leben halten.“ „Der nächste Schritt ist etwas komplizierter. Ich werde die Seelen wieder zusammensetzen und sie dann voneinander trennen. Dafür werde ich eine riesige Menge Energie brauchen. Es wird daher voraussichtlich erst in ein paar Tagen möglich sein, etwas zu tun.“ Ich stimmte Yuraki zu. Ich wusste, dass ich ihr vertrauen konnte. Dann kam mir eine Idee. „Yuraki nimm die hier mit.“, sagte ich und gab ihr die drei Drachen-Karten, „Ich kenne ihre Namen, aber das ist auch schon alles. Der mit den verschiedenfarbigen Augen heißt Buntäugiger Pendeldrache. Der dunkle heißt Finsterer Rebellions-Xyz Drache.“ „Danke.“, antwortete Yuraki und nahm die Karten an sich. Dann verließ die silberhaarige den Raum. Ich war mir sicher, dass sie sich noch etwas Ruhe gönnen wollte, weshalb ich sie auch nicht aufhielt. Yuraki, meine ganze Hoffnung liegt nur auf dir. Hoffentlich kannst du das, was ich nicht schaffen kann. Ich weiß nicht, was ich machen werde, wenn Yuya und Yuto nicht mehr sein sollten. Ob mein Leben dann wohl noch einen Sinn hätte? Tja...Yuraki das hängt jetzt wohl ganz von dir ab. Kapitel 19: ------------ Ich schaute zu Yuya. Er lag noch immer ganz still da. Einzig und allein die Geräusche von seinen sanften Atemzügen verrieten, dass er noch lebte. Yuya, Yuto macht euch keine Sorgen. Schon bald wird es vorbei sein und wir können endlich wieder eine richtige Familie sein. Also haltet noch ein bisschen länger aus. Yuraki wird alles tun, um euch zu retten. Ich hoffte noch immer, dass ich Yuraki irgendwie helfen konnte, auch wenn Hungergift gesagt hat, dass dies nicht möglich ist. Drei Tage später / der Tag vor dem Ereignis... Ich döste gerade etwas, als die silberhaarige das Zimmer betrat. Die letzten Tage war sie kein einziges Mal hier gewesen. Wahrscheinlich hatte sie noch nachgedacht, wie sie das morgen anstellen sollte. Jedenfalls war das das, was ich dachte. Ich wusste es nicht und würde sie auch nicht danach fragen. Währenddessen hatte ich über Yurakis Faden jede Veränderung gespürt. Es ging Yuya immer schlechter, was mich ziemlich unruhig gemacht hatte. Dennoch veränderte sich sein Zustand gerade nicht, weshalb ich mir auch mal eine kleine Pause gegönnt hatte. „Ich glaube, ich hab alles, was ich morgen brauche.“, meinte Yuraki und streckte sich ausgiebig. „Ich vertraue dir. Du schaffst das bestimmt.“ Die silberhaarige zwinkerte mir zu. „Das kann ich nicht zu hundert Prozent sagen, aber sei dir sicher, dass ich über hundert Prozent geben werde. Ich weiß doch, dass es nichts Wichtigeres für dich gibt Yuri.“ Ich atmete laut hörbar aus. „Bist du aufgeregt?“, fragte sie mich mitfühlend. „Ich weiß nicht recht. Einerseits ja, andererseits...naja. Ich glaube, es ist Angst. Was, wenn es nicht klappen sollte? Was soll ich dann tun?“ Yuraki setzte sich in den Stuhl neben mich. Ich spürte, wie sie sich an mir anlehnte. „Darüber denken wir erst nach, wenn es soweit ist.“, sagte sie und wiederholte damit die Worte, die ich damals zu ihr gesagt hatte, als ich ihr noch nicht ganz vertraut hatte. Ich lächelte. „Ja, ich schätze du hast Recht.“ „Yuri, egal, was morgen passiert, ich werde da sein. Ich lasse dich mit diesem Schmerz nicht allein.“ Seufzend lehnte ich mich etwas gegen sie. Irgendwie fühlte ich mich erschöpft. „Danke.“ „Kein Problem. Willst du dich noch etwas ausruhen?“, fragte sie. „Ich denke schon, aber du solltest das lieber auch tun.“ Yuraki verdrehte nur kurz die Augen und schmiegte sich dann noch etwas mehr an mich. „Das sollte kein Problem darstellen.“, flüsterte sie. Es dauerte nicht lange, bis wir beide schließlich einschliefen. Ich wachte ganz plötzlich auf. Für einen Moment war ich verwirrt, weil ich nicht sagen konnte, wie spät es war. Ich schaute mich um. Yuraki saß nicht mehr neben mir, woraus ich schloss, dass es schon Morgen sein musste. Trotzdem hämmerte mein Herz gegen meine Brust und es schien sich nicht wieder beruhigen zu wollen. Dann spürte ich ein Paar Hände auf meinem Rücken. „Shht. Schlaf noch etwas. Ich wecke dich, wenn es soweit ist.“ Eine angenehme Wärme strömte durch meinen Körper und ließ mich in den nächsten Momenten wieder in das Reich der Träume sinken. Ich träumte verworrene und verschwommene Dinge. Ich sah keinen Sinn hinter den Bildern, die ich sah. Vielleicht wollte ich sie auch einfach nicht verstehen. Das war mir im Moment alles egal. Und dann wachte ich schließlich erneut auf. Es war dunkel, nur der Mond spendete etwas spärliches Licht. „Yuri. Yuri es ist soweit.“ Mit einem Schlag war ich wach. Yurakis bernsteinfarbene Augen leuchteten intensiv in der Dunkelheit. Sofort schlug mein Herz wieder schneller. Jetzt war der Moment der Wahrheit da. Yurakis Hand lag auf meiner Schulter. „Soll ich anfangen?“ Ich sammelte mich kurz. Dann nickte ich und sagte. „Ja. Bitte Yuraki. Bitte hilf ihnen.“ Die silberhaarige stellte sich neben das Bett. Sie umschloss mit beiden Händen Yuyas kalte Hand. Ein kühles blaues Licht flackerte auf, als Yuraki ihre Energie freisetzte. Ich konnte nur dastehen und zuschauen. Yuraki sog plötzlich scharf Luft ein. „Yuraki?“ „Es geht los.“ Schmerz zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. Durch den Faden fühlte ich, was die silberhaarige tat. Vorsichtig sammelte sie die einzelnen Seelensplitter auf. Danach sortierte sie sie und begann sie wie ein Puzzle zusammenzusetzen. Als Yuraki damit fertig war, sah sie ziemlich fertig aus. Selbst das blaue Licht flackerte nur noch schwach. Kurzerhand stellte ich mich neben sie, entschlossen zu helfen. Ich legte nun meine Hände zusätzlich auf ihre. „Yuri?“, zischte mir Yuraki durch zusammengebissene Zähne zu. „Auch wenn ich dir vielleicht nicht direkt helfen kann, so werde ich jedenfalls trotzdem hinter dir stehen!“ Die silberhaarige lächelte kurz, trotz der Schmerzen. Eine Stunde später merkte ich, wie sie zitterte. „Was ist!?“, fragte ich sie etwas panisch. „Meine Kräfte lassen langsam nach!“ Sofort erinnerte ich mich an das, was Hungergift Fusions-Drache gesagt hatte. Hilflos musste zusehen, wie sich Yuraki quälte. „Ich schaffe das!“, rief sie und mühte sich noch etwas länger ab. Was dann kam, ließ mich fast panisch werden. Schwarze Risse waren überall auf Yurakis Haut zu sehen. Sie würde es nicht schaffen. Vorher wurde sie selber sterben, wenn sie weiter machen würde. „Yuraki hör auf!“, rief ich, doch sie hörte mich nicht. Ihre bernsteinfarbenen Augen schauten auf einen Punkt, der weit in der Ferne lag. Yurakis ganzer Körper war starr. „Yuraki!?“, rief ich sie erneut. Einen Moment herrschte Stille. Mir war, als könnte ich hören, wie die Risse sich einen Weg durch ihre Haut suchten. Dann ganz plötzlich wurden ihre Augen wieder fokussiert. „Ich verstehe es jetzt!“, sagte sie, „Ich weiß jetzt, was ich tun muss!“ Das blaue Licht wurde zu einem fast schon grellen weißen. Egal, was sie da gerade tat, es vergrößerte die Risse rasant. Yuraki selbst leuchtete nun auch. „Hör auf! Irgendwas passiert mit dir!“ Yuraki schaute zu mir. Tränen waren in ihren Augen. „Yuri das hier ist das, wonach ich mein ganzes Leben lang gesucht habe. Endlich, fühle ich mich, als würde ich das Richtige tun. Hungergift hat dir sicherlich gesagt, dass du mir nicht helfen kannst.“ Mit diesen Worten ließ sie Yuyas Hände los und fiel auf die Knie. „Die ganze Sache hat einen hohen Preis. Ich habe meine ganze Energie aufgebraucht und sogar noch mehr.“, sie schaute auf ihre mit schwarzen Rissen übersäten Hände, „Yuri danke für alles. Ich bin so froh, dass ich dich kennenlernen durfte.“ Ich hielt noch immer Yurakis Hände, welche nun langsam durchsichtig wurden. „Ich werde jetzt gehen. Yuya und Yuto sollte es nun wieder gut gehen. Leb wohl.“ „Nein! Yuraki du darfst nicht gehen! Nicht jetzt! Warum soll ich dich gerade dann verlieren, wenn ich meine Brüder wieder habe?“ Die silberhaarige schüttelte nur den Kopf. „Nicht!“, rief ich erneut. Dann erstrahlte ein extrem helles Licht und ich schloss geblendet die Augen. Als ich sie wieder öffnete, wirbelte weiße Lichtpunkte umher. Yuraki war verschwunden. Mir war, als würde ich ihre Tränen noch auf meinen Händen spüren. Im gleichen Moment spürte ich, wie mein Bewusstsein langsam schwankte. Bevor ich verstand, was mit mir passierte, fiel ich zu Boden. Ich versuchte noch gegen die Schwärze zu kämpfen, doch sie überfiel mich regelrecht. Was war nur passiert? Yuraki was ist nur mit dir passiert? Kapitel 20: ------------ Jemand schüttelte mich sanft. Als ich meine Augen etwas öffnete, erwartete mich eine verschwommene und unscharfe Welt. „Er kommt zu sich.“, sagte die Person, die neben mir kniete, „Was ist mit ihm?“ „Er wacht nicht auf und wird es wahrscheinlich in den nächsten Minuten auch nicht tun.“Verwirrt blinzelte ich. Wen meinten diese Leute? Yuya konnten sie nicht meinen, der lag noch immer auf dem Bett, das konnte ich aus dem Augenwinkel erkennen. Warum knieten diese Leute dann auf dem Boden? Und was noch wichtiger ist, wieso war ich überhaupt bewusstlos? Vorsichtig drückte ich mich mit meinen Armen nach oben, um mich hinzusetzen. „Sie sollten sich noch nicht so ruckartig bewegen.“, ermahnte mich jemand. Ich schaute auf. Neben mir saß eine Krankenschwester. Ich hatte Kopfschmerzen, weshalb ich mir unbewusst eine Hand auf den Kopf legte. „Was ist passiert?“, fragte ich. „Alles deutet darauf hin, dass sie einen Schock erlitten haben. Ihrem Freund ist wahrscheinlich dasselbe passiert. Können Sie mir sagen, was genau geschehen ist?“ „Wen meinen Sie überhaupt?“ Die Krankenschwester zeigte in Richtung des Arztes, welcher nicht weit von uns auf dem Boden hockte. Dieser rutschte zur Seite, damit ich sehen konnte, wer dort lag. Dann erstarrte ich. Das konnte nicht sein. Dieses Gesicht und die schwarzen Haare mit den lilanen Strähnen könnte ich nie vergessen. Mein Mund formte stumm den Namen „Yuto“. „Ich...äh ich weiß nicht. Ich kann mich nicht erinnern.“ Das war nicht mal gelogen. Jedes Mal, wenn ich darüber nachdachte, nahmen die Schmerzen in meinem Kopf zu. „Schon gut.“, sagte der Arzt freundlich und wandte sich der Krankenschwester zu, die nach einigen Momenten den Raum verließ. „Er wird doch wieder gesund oder?“, stotterte ich und deutete mit den Augen auf Yuto. „Den ersten Eindruck, den ich von ihm habe, spricht dafür. Kommen Sie, ich helfe Ihnen auf.“ Die ausgestreckte Hand des Arztes ergriff ich sofort und der zog mich zu sich hoch. Danach setzte ich auf einen Stuhl. Jedenfalls träumte ich nicht. Die Hand hatte sich warm, menschlich angefühlt. Kurz darauf kam die Krankenschwester zurück. Sie reichte mir ein Glas Wasser und ein paar Tabletten. Ich schaute sie fragend an. „Das ist für die Kopfschmerzen.“ „Danke.“, murmelte ich knapp. „Wir werden ihn jetzt in ein anderes Zimmer bringen, damit er sich erholen kann.“ Gerade als die beiden Yuto anhoben, sprang ich auf. „Ich will nur kurz...“ Ich beendete meinen Satz nicht. Mit zitternden Händen nahm ich Yutos in meine. Genau wie die Hand des Arztes, war sie warm. War das hier alles ein schöner Traum? Ich ließ die Hand los und setzte mich zurück auf den Stuhl. „Bitte ruhen Sie sich aus.“ Ich nickte geistesabwesend und ließ sie gehen. Dann kehrte wieder Stille im Zimmer ein. Auf wackeligen Beinen schaffte ich es zu Yuyas Bett. Auch er zeigte die Anzeichen für Leben. „Oh Yuya.“ Tränen bildeten sich in meinen Augen. Es würde alles gut werden. Schließlich wartete ich. Später nahm ich sogar eine der Tabletten, da ich mich in diesem Moment nicht imstande fühlte meine Kopfschmerzen selbst zu vertreiben. Trotzdem hatte ich ein schlechtes Gefühl. Mir war, als hätte ich etwas Wichtiges vergessen. Nach zwei Stunden kam der Arzt von vorher zu mir. Er erklärte mir ruhig, dass Yuto angeblich einen plötzlichen Schwächeanfall gehabt hätte. Natürlich wusste ich es besser. Meine Brüder waren stark genug gewesen, um sich selbst zu helfen. Ich hörte dem Arzt nicht weiter zu und setzte mich zu Yuto. Jetzt sah er genauso aus wie Yuya. Jedoch schien es ihm sehr viel besser zu gehen. Langsam wurde ich schläfrig. Ich legte meinen Kopf auf dem Bett ab. Irgendwas stimmte nicht. Irgendwas stimmte ganz und gar nicht. Doch ich konnte nicht weiter darüber nachdenken. Ich schlief ein. Ich wurde erneut von einem sanften Rütteln geweckt. „Yuri.“ Noch nicht, lasst mich schlafen. „Yuri.“ Da war es schon wieder. Ich spähte durch halb geöffnete Augen, in Richtung der Stimme. Jemand saß auf dem Bett. „Yuri.“ Dann spürte ich eine Hand auf meiner Wange. „Yuri alles ok?“ Schlagartig wurde mir klar, wer da vor mir saß und mich ununterbrochen versuchte anzusprechen. „Yuto?“ „Ja, ich bin wieder da. Es geht mir gut.“ Ich umarmte meinen Bruder. Ich hatte es schon fast nicht mehr für möglich gehalten, aber er war tatsächlich wieder hier. „Es hat funktioniert.“ „Was hat funktioniert?“, fragte ich Yuto und löste mich von ihm. „Yurakis Plan Yuya und mich zu retten.“ Ich spürte einen Stich in meinem Herzen. „Wer...wer ist Yuraki?“ Die Augen des schwarzhaarigen weiteten sich vor Schock. „Yuri was ist los? Kannst du dich etwa nicht erinnern?“ Mein Kopf begann wieder zu schmerzen. „Ich kenne niemanden, der so heißt.“ „Sie hat Yuya und mich gerettet. Dabei hat sie sich für uns beide geopfert.“ „Von was redest du nur?“, sagte ich verwirrt. „Du kannst dich also wirklich nicht erinnern. Yuri, denk erstmal nicht weiter daran ja? Ich spüre, dass dich das quält.“ Damit stand Yuto auf, nur um gleich wieder zu stolpern und fast zu fallen. „Vorsichtig.“, erinnerte ich ihn, „Du hattest lange keinen eigenen Körper mehr.“ „Ich muss zu Yuya.“ Ich wusste, dass es keinen Sinn machte mit Yuto zu diskutieren. Also stützte ich ihn und brachte ihn zu Yuya. Dort angekommen ließ ich den schwarzhaarigen los, da er sich selber am Bett stützen konnte. Sanft strich er über die grünen Haare. Yuya war noch immer blass, aber im Gegensatz zu vorher, sag er deutlich besser aus. „Er hat in dieser Dunkelheit schrecklich gelitten.“, murmelte Yuto, „Hoffentlich geht es im bald besser.“ Mir kam der Name in den Kopf, den Yuto mir vorhin gesagt hatte. „Wer ist denn nun diese Yuraki?“ Yuto setzte sich auf einen Stuhl und ich nahm neben ihm Platz. „Wie erkläre ich dir das jetzt am besten? Yuri, niemand von uns kannte Yuraki so gut wie du. Um genau zu sein, weder Yuya oder ich haben sie vorher persönlich gesehen. Wir beide haben sie durch die Verbindung unserer Karten kennengelernt.“ Ich konnte mich nicht erinnern. Wenn Yuto es sagte, musste es aber stimmen. „Und was war jetzt mit dem ‚Sie hat uns gerettet‘?“, fragte ich, „Für mich sah es eher so aus, als hättet ihr es beide aus eigener Kraft geschafft.“ „Naja, das weiß ich nicht so genau, aber Yuraki wusste, wie unser wahrer Zustand war. Außerdem hat sie herausgefunden, wie sie Yuya und mir helfen kann. Das hat sie auch getan und sie hat anscheinend einen großen Tribut gezahlt. Vielleicht hilft es dir ja, wenn ich dir sage, wie sie aussieht. Yuraki hat silbernes Haar und bernsteinfarbene Augen.“ Ich dachte angestrengt nach. Jemand, der so außergewöhnlich aussah, konnte ich doch nicht einfach vergessen haben. Doch so sehr ich auch darüber nachdachte, ich fand niemanden, auf den dieser Beschreibung passte. Ich schüttelte den Kopf. „Es geht nicht.“ „Schon gut. Du wirst dich bestimmt irgendwann erinnern können. Warten wir erstmal bis Yuya aufwacht.“ Ich stimmte Yuto zu. Der Gedanke, dass ich etwas Wichtiges vergessen hatte, plagte mich noch immer. Vielleicht war es ja diese Yuraki. Jedenfalls musste ich das zeitnah regeln, denn es ließ mich nicht los. Kapitel 21: ------------ Sieben Stunden später regte sich Yuya. Seine Augenlider zuckte. Langsam öffnete der grünhaarige seine Augen. Mit stumpfen Augen schaute er sich um. Mir fiel es nicht sofort auf, da ich etwas müde war. Die letzten Stunden hatte ich ohne Unterbrechung nachgedacht. Zu einem Ergebnis war ich jedoch nicht gekommen. Umso überraschter war ich, als Yuto mich anstupste. Stumm zeigte er auf Yuya, um mir zu zeigen, dass dieser gerade aufwachte. Erst konnte ich erst gar nicht glauben, genauso wie bei Yuto. Jedoch wusste ich dieses Mal, dass Yuya es nicht von sich aus geschafft hatte. Natürlich freute ich mich, doch das alles warf immer mehr Fragen auf. Während ich noch darüber nachdachte, half Yuto Yuya beim aufstehen. Der grünhaarige schaute noch etwas verwirrt, aber langsam würde er sich seiner Umgebung bewusst. Tränen bildeten sich in seinen Augen. „Ist es endlich vorbei?“ „Ja, das ist es.“, antwortete Yuto sanft und zog ihn in eine Umarmung. Dann traf mich Yuyas Blick und zuckte deutlich zusammen. „Was ist mit Yuri?“, fragte Yuya, „Und wo ist Yuraki?“ Da war es wieder. Dieses Gefühl, dass mir sagte, dass irgendwas ganz und gar nicht stimmte. Ich sagte nichts. „Wo Yuraki ist, kann uns nur Yuri sagen. Das Problem ist, dass er sich an nichts erinnern kann.“ „Yuri?“, fragte Yuya und winkte sich zu mir. Ich zögerte einen Moment und setzte mich dann auf die Bettkante. Ich erwartete einen ganzen Hagel an Fragen, doch so kam es nicht. Yuya zog mich in eine Umarmung. Für ein paar Minuten verharrte er so, wie als würde er mir seine ganzen Fragen stumm stellen. Enttäuscht ihm keine beantworten zu können, legte ich meine Arme um ihn. „Nicht schlimm.“, flüsterte mir der grünhaarige ins Ohr. „Entschuldige.“, murmelte ich. „Wir bekommen das schon wieder hin.“ Ich nickte etwas ermutigt. „Vielleicht kannst du dich ja erinnern, wenn du Yuraki siehst.“, schlug Yuto vor. „Aber du sagtest doch, dass nur Yuri weiß, wo sie ist.“ „Stimmt auch wieder.“ Wir verfielen in ein Schweigen. Schließlich sagte Yuya laut: „Buntauge weißt du vielleicht etwas, das uns helfen könnte?“ Yuto nickte und fragte Finsterer Rebellion das Gleiche. „Ich bin mir nicht ganz sicher.“, erwiderte Buntauge mit warmer Stimme, „Erklären kann ich es mir nicht, aber ich bin mir sicher, dass sie noch irgendwo am Leben ist.“ „Da stimme ich Buntauge zu. Ich glaube, dass ihre Seele zersprungen ist.“, meinte Finsterer Rebellion. Plötzlich erinnerte ich mich an etwas. Jemand hatte mir erzählt, dass man mit einer zersplitterten Seele nicht lange überleben kann. Wer war es nur gewesen? „Aber sie hat einen Beschützer, genau wie Yuya und Yuri.“, fuhr der dunkle Drache fort. „Das habe ich auch gespürt.“, bestätigte Buntauge ihn. „Dieser Beschützer wird sie sicher gerettet haben. Vielleicht hat er sie irgendwo hingebracht, damit sie sich erholen kann.“ „Und wo soll das sein?“, warf ich dazwischen. „Ich denke der Schlüssel dazu liegt in deinen Erinnerungen Yuri.“ „Ich versuche es ja, aber da ist nichts.“ „Yuri komm mal her.“, meinte Yuto, setzte sich auf einen Stuhl und deutete auf den zweiten neben ihm. Ich wusste nicht, was der schwarzhaarige vorhatte, aber ich ließ ihn einfach machen. Yuto Hand legte sich auf meine Wange, wodurch ich erst etwas verwirrt war. Wärme durchflutete mich, das Gefühl von Geborgenheit. Stahlgraue fixierten meine. Egal, was Yuto da auch tat, die Berührung war nur nebensächlich. Es war eher, als würde er in meinen Augen etwas bestimmtes suchen. Dann nahm er seine Hand weg und sagte nur: „Hm, das dachte ich mir. Es ist nicht so, dass du dich nicht erinnern kannst. Irgendwas scheint dich von den Erinnerungen mit Yuraki abzuschirmen.“ Dann kam mir plötzlich ein Bild in den Kopf. Es war nur flüchtig und unscharf, aber man konnte erkennen, was darauf abgebildet war. Jemand lachte, ich schien es sogar in meinem Kopf zu hören. Und es kam mir bekannt vor. „Yuri?“, riss mich Yuya aus meinen Gedanken, „Alles ok?“ „Ja, ich glaube schon. Mir war, als hätte ich gerade jemanden lachen gehört. Es hat sich so...so angehört, als müsste ich wissen, zu wem es gehört.“ „Ich habe nichts gehört.“, erwiderte Yuya. „Vielleicht solltest du dich etwas ausruhen. Um genau zu sein, dass können wir alle gebrauchen.“, warf Yuto ein. „Ja, du hast bestimmt Recht.“, flüsterte ich. Yuto verließ das Zimmer, um in sein eigenes zu gehen, wo er auch schon von einem Arzt erwartet wurde. „Kannst du dich wirklich an gar nichts erinnern?“, fragte Yuya. „Ich weiß nicht. Seitdem ich aufgewacht bin, habe ich das Gefühl, dass etwas fehlt. Und diese Dinge, an die ich mich einfach so erinnere, wie dieses Lachen. Das kann kein Zufall sein oder?“ „Wer weiß. Na los, du kannst später darüber grübeln.“ Yuya warf mir sein zweites Kissen ins Gesicht und lächelte. „Du machst dir zu viele Sorgen. Wir bekommen das schon noch raus.“ Ich nickte. Es tat gut Yuya und Yuto endlich wiederzuhaben. So hatte ich wenigstens nicht das Gefühl allein zu sein. Ich legte meinen Kopf auf dem Kissen ab, aber ich schlief nicht sofort ein. Diese Erinnerungen, die so plötzlich kamen, ließen mir keine Ruhe. Schon nach ein paar Minuten verlangsamten sich Yuyas Atemzüge. Ich schaute noch einmal auf. Sein Schlaf war nun friedlich, nicht so wie vorher. Ich dachte weiter nach. Darüber, wie ich meine Brüder gerettet hatte, wie ich vorher beim ersten Versuch verletzt zurückkehren musste. Und da fiel mir auf, dass mein Gedächtnis voller Lücken war. Es machte einfach keinen Sinn. Ich war mir sicher, dass ich so schwer verletzt gewesen war, dass ich alleine nicht wieder zurückgekommen wäre. Wie hatte ich das dann geschafft? Wie war ich überhaupt in die Fusion-Dimension gekommen, nachdem die Verbindung abgebrochen war? Fragen über Fragen, die sich nicht beantworten ließen. Das musste Yuto gemeint haben. Schließlich schlief ich auch ein. Jemand flüsterte. Es war ganz leise, wie als wäre es nur für zwei Paar Ohren bestimmt. Neugierig lugte ich zwischen halbgeöffneten Augen, um zu schauen, woran das lag. Yuto und Yuya schienen sich zu unterhalten. „Ah du bist endlich wach.“ „Was ist denn los?“ „Naja, du sahst so niedergeschlagen aus, deshalb haben wir dich schlafen lassen.“, meinte Yuto. „Ich weiß jetzt, dass es in meinem Gedächtnis Dinge gibt, an die ich mich nicht erinnern kann oder die gar keinen Sinn ergeben.“ Der schwarzhaarige nickte. „Das muss es sein.“ „Was wollen wir jetzt machen?“, fragte Yuya. „Wir könnten natürlich weiter nach einer Lösung suchen.“ „Nein, ich möchte erst warten, bis Yuya wieder ganz fit ist.“, verneinte ich. Der grünhaarige zuckte nur mit den Schultern. „Yuri, ich habe nachgedacht. Wie wäre es, wenn du irgendwo hingehst, wo du vielleicht mit Yuraki gewesen sein könntest?“ „Genau. Wie wäre es mit deinem Versteck?“, fragte Hungergift. „Keine schlechte Idee.“ „Gut, dann warten wir noch bis Yuya wieder auf den Beinen ist.“ Zwei Tage später entließen die Ärzte schließlich Yuya und Yuto. Ich verließ das Krankenhaus mit gemischten Gefühlen. Natürlich wollte ich meine Erinnerungen zurückhaben, aber was wäre, wenn es nicht klappen würde? „Denk erstmal nicht darüber nach hm?“, beantwortete Yuto meine unausgesprochene Frage. Ich seufzte. „Ja, du hast Recht.“ Während wir zum Versteck liefen, dachte ich die ganze Zeit weiter nach. Erst als Hungergift mir sagte, dass wir da waren, war ich wider bei der Sache. „Ich will erst schauen, ob hier noch jemand herumlungert. Wartet kurz hier.“ Beide nickten mir zu und ich lief los. Seit dem Angriff hatte sich nichts verändert. Dann hielt ich kurz inne. Da war schon wieder etwas, was mir in meinen Erinnerungen fehlte. Ich schüttelte den Kopf, ich musste mich auf das Jetzige konzentrieren, damit ich nicht plötzlich überrascht werden würde. Meine Durchsuchung endete negativ und ich rief Yuya und Yuto zu mir. „Niemand würde denken, dass in dieser Ruine noch etwas wäre. Ein wirklich gutes Versteck.“, meinte der grünhaarige und begann sich umzuschauen. Yuto folgte ihm. Der schwarzhaarige fand die Kiste mit den Klamotten. Sie war noch offen, genau so, wie ich sie verlassen hatte. „Sag mal Yuri hast du eigentlich das lila Hemd noch, was ich dir damals mal geschenkt hatte?“, fragte Yuto. Ich antwortete nicht. Das lilane Hemd. Ich war mir sicher, dass ich es vor kurzem erst in der Hand gehabt hatte. Dann hörte ich wieder dieses Lachen. Silberne Haare, bernsteinfarbene Augen, dieses Lachen und das Hemd. „Yuri? Erinnerst du dich an etwas?“, fragte mich Yuto, als ich ihm auf seine Frage auch ein paar Momente später nicht geantwortet hatte. „Ich bin mir nicht ganz sicher, aber es erinnert mich an etwas. Was genau kann ich aber nicht sagen. Dennoch spüre ich hier etwas. Es fühlt sich so vertraut an und...ich vermisse es.“ „Yuri.“, grollte Hungergift-Fusions Drache, „Finsterer Rebellion, Buntauge und ich haben euch etwas verschwiegen.“ „Wir dachten, dass es besser so wäre.“, sagte Buntauge und fühlte sich etwas schuldig. „Was war es denn?“, wollte Yuya wissen. „Nun ja, Yuraki wusste schon vorher, dass ihre Kräfte nicht ausreichen würden, um Yuya und Yuto zu retten. Daher haben wir drei Drachen beschlossen ihr zu helfen. Wir haben unsere Kräfte auf sie gebündelt. Dennoch wussten wir nicht, ob es funktionieren würde.“, antwortete Finsterer Rebellion. „Aber wie es scheint, hat sie einen Weg gefunden, unsere Kraft einzusetzen.“, fuhr Buntauge fort, „Die Annahme, dass ein „Wächter“ sie gerettet hat, war kein zufälliger Einfall, denn wir haben es alle drei gespürt.“ „Und was heißt das jetzt genau Hungergift?“, hakte ich nach. „Wir werden sie nicht in einer der vier Dimensionen finden.“ „Wie sollen wir sie dann finden?“ „Es gibt da noch einen Ort, den niemand wirklich kennt. Denn jeder, der sich dort hinbegibt oder dort landet, kommt normalerweise nicht wieder zurück.“ Yuya schreckte etwas zurück und Yuto schaute schockiert. Auch ich konnte es nicht fassen. Die Wahrheit war zum greifen nah, doch so wie Sachlage war, war es unmöglich sie zu erreichen. „Wo soll das denn sein?“, fragte Yuto. „Dieser Ort ist ein Raum zwischen den Dimensionen. Verlorene Seelen und verirrte Reisende finden dort den ewigen Frieden. Man nennt diesen Ort den Dimensionalen Seelensee.“ „Dimensionaler Seelensee? Wie kommt man denn an einen Ort, der zwischen den Dimensionen liegt?“ „Wir Drachen können dich in einem limitierten Zeitfenster dorthin schicken. Jedoch wissen wir nicht, ob sich Yuraki an dich erinnern kann. Sollte das nicht der Fall sein, musst du sie überzeugen mit dir zu kommen.“ „Und was ist, wenn Yuri das Zeitfenster überschreiten sollte?“, sagte Yuya leise. „Nun, dann wird auch Yuri an diesem Ort gefangen sein.“, erwiderte Buntauge. Ich hatte keine Zeit mehr zum Nachdenken. Diese verlorenen Erinnerungen quälten mich. „Wann kann ich dorthin?“, fragte ich die drei Drachen. „Sofort.“ Ich nickte. „Yuri warte!“ Es war Yuya. Seine Hand ruhte auf meiner Schulter und hielt mich mit sanftem Druck fest. „Was, wenn du nicht wiederkommst. Ich...ich will dich nicht schon wieder verlieren.“ Ich drehte mich um. Tränen bildeten sich in Yuyas Augen. „Yuya, es tut mir leid, aber ich muss das machen. Ich kann mit dieser Unwissenheit einfach nicht weiterleben.“ „Aber...“ Ich schüttelte nur den Kopf. Eine weitere Hand legte sich auf meine andere Schulter. Stahlgraue Augen schauten mich an. „Willst du wirklich gehen?“ „Ich muss.“ Der schwarzhaarige seufzte. „Ich kann dich wohl nicht aufhalten. Versprich nur eines ja? Komm zurück.“ „Natürlich.“ Ich wendete mich wieder Yuya zu. Sanft wischte ich seine Tränen weg. „Ich werde wiederkommen.“ „Versprochen?“ „Versprochen.“ Ich entfernte mich von beiden etwas. „Ok Hungergift ich bin bereit.“ Licht durchflutete meinen Körper. Es würde nicht mehr lange dauern, bis endlich alles wieder klar werden würde. Das letzte, was ich hörte, war Yuya, der nach mir rief. Alles, was ich den beiden zurückließ, war mein Lächeln und das Versprechen, dass ich zurückkommen würde. Kapitel 22: ------------ Sichtwechsel zu Yuraki Ich hatte es geschafft. Yuris Gesicht zeigte irgendwo auch Dankbarkeit, aber das wurde alles von Trauer überdeckt. Ich hatte nicht erwartet, dass ich ihm so wichtig sein würde. Mein Körper war federleicht geworden und ich spürte, wie es mich innerlich auseinander riss. Dann wurde alles schwarz. Ich weiß nicht, was während der Zeit geschah, als ich nicht bei Bewusstsein war. Immerhin dachte ich ja, dass ich tot war. Anscheinend hatte das Schicksal einen anderen Weg für mich auserkoren. Es fühlte sich an, als würde ich schweben. Schließlich landete ich auf dem Boden. Natürlich wollte ich aufstehen und mich umsehen, aber ich konnte meine Augen nicht öffnen, bewegen konnte ich mich genauso wenig. Also verließ ich mich auf meinen Tastsinn und auf mein Gehör. Ich spürte, dass ich im Wasser lag. Es war nicht tief, vielleicht gerade einmal mehrere Zentimeter. Die Luft fühlte sich kalt an, das Wasser hingegen kalt und warm gleichzeitig. Es war still. Ich fühlte mich erleichtert, wie als hätte ich alle Lasten abgeworfen. Fühlte sich so der Tod an? Ich hatte es mir zwar anders vorgestellt, aber das hier empfand ich als inneren Frieden. Ich ließ mich also hängen und genoss die Ruhe in vollsten Zügen, doch es dauerte nicht lange bis ein neues Geräusch an meine Ohren drang. Irgendetwas raschelte ganz leise. Dann spürte ich, wie das Wasser kleine Wellen schlug. Jemand kam zu mir. Ich war mir nicht wirklich sicher. Es genauso gut etwas nicht menschliches sein können. Die Schritte passten jedenfalls nicht zu einem Menschen. Dann spürte ich etwas neben mir. Die Luft hatte sich ebenfalls etwas erwärmt. Ich erschrak, als etwas an mir schnupperte. Wegrennen konnte ich nicht, also hielt ich still. Irgendetwas stupste mich an. Es war jedenfalls keine Hand. Ich wäre am liebsten weggerannt. Das war nichts freundlich gesinntes. Vielleicht ein Tier. Plötzlich packte mich das Etwas. Spitze Zähnen bohrten sich schmerzhaft in meine Haut. Das war wohl mein Ende. Doch ich wurde hochgehoben und getragen. Mein Herz raste. Moment, mein Herz raste? War ich noch am Leben? Ich wurde wieder abgelegt. Das Etwas legte sich dicht an mich. Warme schuppige Haut drückte sich an mich. Ich hörte erneut ein Rascheln, aber diesmal etwas lauter. Etwas legte sich über mich. Es wurde warm um mich herum. Ich hatte zwar Angst einzuschlafen, aber ich konnte es nicht verhindern. Ich hatte meine ganze Kraft verbraucht. Langsam kam ich zu mir. Das Etwas neben mir war noch immer da. Ich spürte, wie es sich sanft bewegte. Ob es auch schlief? Ich versuchte meine Augen zu öffnen. Es war zwar nicht viel, aber es reichte, um mich umzuschauen. Über mir schien etwas schwach blau zu leuchten. Was genau das Etwas neben mir lag, konnte ich nicht ausmachen. Dafür war es einfach viel zu groß. Ich schafft es meinen Kopf so zu rücken, dass ich nach oben schauen konnte. Meine Augen folgten einem schwarzen Körper. Dann erschrak ich heftig. Etwa einen halben Meter von meinem Kopf entfernt, funkelten mich ein paar große rote Augen an. Das Etwas neben mir hatte bemerkt, dass ich wach war. Es hob den Kopf und der „Himmel“ über mir verschwand. Erst da merkte ich, dass es ein riesiger Flügel gewesen war. Ich hatte keine Zeit mich weiter umzuschauen. Meinen Blick hatte ich starr auf das Etwas gerichtet, dass sich nun zu voller Größe aufbaute. Es war ein nachtschwarzer Drache. Ich merkte, dass ich mich endlich wieder bewegen konnte und setzte mich vorsichtig auf. Die roten Augen des Drachen folgten jeder meiner Bewegungen. Als ich aufstehen wollte, schnaubte er warnend. Ein paar Minuten später versuchte ich es nochmal, aber er bemerkte es wieder. „Was hat das nur zu bedeuten? Warum willst du mich nicht gehen lassen?“, sagte ich laut, aber eher zu mir. „Damit du dich ausruhen kannst natürlich.“, kam die Antwort zurück. Der Drache hatte gesprochen, genauso, wie ich es mit Hungergift tun konnte. „Wer bist du?“ „Ich bin Schattenschleier-Xyz Drache. Deine persönliche innere Kraft.“ „Das kann nicht sein. Seit wann bist du denn schon bei mir?“ „Seit du Yuya und Yuto gerettet hast. Ich bin durch die anderen drei Drachen entstanden und jetzt sind wir beide hier.“ Ich wagte es, mich umzuschauen. Über mir schien ein riesiger Sternenhimmel. Dieser spiegelte sich wiederum in dem riesigen See vor mir. „Das hier ist der Dimensionale Seelensee, ein Bereich zwischen den Dimensionen. Ich konnte deine Seele gerade so retten und deshalb sind wir hier.“, beantworte Schattenschleier meine unausgesprochene Frage. „Ich bin nur froh, dass ich dich rechtzeitig wiedergefunden habe. Du lagst an den Ufern des Sees. Wäre ich zu spät gekommen, hätte der See deine Seele für immer an sich gebunden. Siehst du diese Blumen dort?“ Der Drache deutete mit der Schnauze auf die Blumen die an den Ufern wuchsen. Sie leuchteten leicht lila und blau. Ich nickte. „Sie sind wunderschön.“, sagte ich leise. „So schön sie auch sein mögen, jede von ihnen beherbergt eine Seele. Jene, die sich verirrt haben, enden hier und finden den ewigen Frieden.“, Schattenschleier legte seinen Schweif schützend um mich, „Diese eine verwelkte Blüte, sie war für dich bestimmt.“ „Danke. Danke, dass du mich gerettet hast.“ „Das war selbstverständlich.“ Auch wenn das hier meine letzte Ruhestädte sein sollte, so verspürte ich keine Angst. Ich hätte für immer in diesen Sternenhimmel schauen können. Dieser mysteriöse Ort strahlte für mich eine unglaubliche Ruhe aus. „Was machen wir jetzt?“ „Ich weiß es nicht. Für den Moment können wir den Ausblick genießen. Dennoch spüre ich, dass jemand kommen wird, um uns zu helfen.“ „Meinst du Yuri?“ Schattenschleier nickte. „Ich habe ihn nur ein paar Sekunden gesehen, aber da war eine unbändige Entschlossenheit in seinen amethystfarbenen Augen.“ Ich lehnte mich an Schattenschleiers warmen Körper. „Ja, so ist er halt.“ Wir verstummten. Der Seelensee zog mich in seinen Bahn und ich ertappte mich dabei, wie ich einfach nur auf die stille Wasseroberfläche starrte. Was würde ich tun, wenn ich wieder in der Standart-Dimension war? Das Abenteuer war vorbei. Ich würde wieder durch die Welt streifen. „Über was denkst du nach?“, erklang die sanfte Stimme von Schattenschleier neben mir. „Bin ich wirklich so leicht zu durchschauen?“ „Für mich ist es, als würde ich dich schon Ewigkeiten kennen Yuraki. Also was beschäftigt dich?“ „Ich weiß nicht. Ich habe nach dem Sinn meines Lebens gesucht und habe ihn dann schließlich auch gefunden. Jetzt fange ich die Suche erneut an.“ „Ich kann das Schicksal nicht vorhersagen.“ Ich seufzte. Irgendwie vermisste ich Yuri. Er war der Einzige, der mich so akzeptiert hatte wie ich war. Ich trug auch noch das Hemd, welches er mir geschenkt hatte. Es hatte hier und da Risse und musste dringend mal genäht werden. Ich lächelte. „Weißt du, ich freue mich darauf Yuri wiederzusehen.“ Schattenschleier legte seinen Kopf ab und einen seiner großen schwarzen Flügel über mich. „Deine Seele ist noch sehr instabil. Es wird noch etwas dauern, bis ich sie wieder ganz repariert habe. Ruh dich noch etwas aus. Du wirst wissen, wenn er kommt, um dich abzuholen.“ Eine Weile schaute ich noch auf den Himmel und den See. Das hier war einfach unglaublich. Trotzdem spürte ich, dass ich ohne Schattenschleiers Wärme wahrscheinlich schon längst so eine Blüte bezogen hätte. Und deshalb Yuri komm mich schnell abholen. Ich warte auf dich. Auf dich und das neue Leben, dass hinter diesem Horizont auf mich wartet. Kapitel 23: ------------ Sichtwechsel zum Erzähler Kälte schloss Yuri ein, als er sich zwischen den Dimensionen bewegte. Er hoffte, dass Yuraki einfach mit ihm kommen würde, dass sie sich wenigstens an ihn erinnern würde. Das Zeitlimit, das er hatte, würde den lilahaarigen zwar einschränken, aber er war sich sicher, dass er das schaffen würde. Hungergift hatte Yuri nicht gesagt, wie viel Zeit ihm blieb um Yuraki zu retten und eigentlich wollte er aus auch gar nicht wissen. „Wie lange du bleiben kannst, hängt von deiner Willenskraft ab. Und egal was du tust, der See darf dich niemals und unter gar keinen Umständen in seinen Bann ziehen. Wenn das passieren sollte, können wir dich nicht zurückholen.“, hatten ihm die drei Drachen während seiner Reise erklärt. Die Sterne rauschten an Yuri vorbei. Durch die hohe Geschwindigkeit sahen sie aus wie lange weiß schimmernde Streifen. Plötzlich zog ihn etwas nach unten. „Yuri, du bist nun angekommen. Wir Drachen werden uns darauf konzentrieren die Verbindung zu dir aufrecht zu halten, deshalb können wir nicht mit dir reden. Yuraki musst du selber überzeugen.“ Yuri nickte. Er war entschlossen diese Yuraki zu retten, um endlich die Lücken in seinem Gedächtnis zu füllen und sich auch an Yuraki selbst wieder zu erinnern. Sanft landete er an den Ufern des Dimensionalen Seelensees. Die Kälte drückte sich an seinen warmen Körper, doch der lilahaarige ignorierte es. Die Umgebung war bis auf den See und die unzähligen Blumen recht leer, aber dennoch schön anzuschauen. „Nein, ich darf nicht.“, erinnerte sich Yuri und schüttelte den Kopf. Er lief einfach los. Natürlich wusste er nicht, wie groß dieser Raum an sich war. Jedenfalls hoffte er, dass er nicht allzu groß war, sonst würde er Yuraki sicherlich nie finden. Währenddessen bei Yuraki und Schattenschleier-Xyz Drache... Schattenschleier hob seinen Kopf. „Was ist los?“, fragte Yuraki ihren neuen Drachenfreund. „Die Luft fühlt sich plötzlich anders an.“ Dann merkte Yuraki es auch. „Er ist hier oder? Yuri ist hier.“ Der schwarze Drache nickte ihr zu. „Lass uns gehen.“, meinte Yuraki und wollte schon aufstehen. Sie wurde aber durch eine Kralle von Schattenschleier davon abgehalten. Fragend schaute Yuraki ihn an. „Erst muss ich deine Seele vollständig reparieren. Wenn du vorher gehen solltest, würde sie beim Transport in die Standart-Dimension wieder zerspringen.“ Die silberhaarige schaute traurig. Sie wollte Yuri helfen. Sie wollte einfach nur zurück. Am meisten vermisste sie das warme Sonnenlicht auf ihre mittlerweile kalten Haut. Die Schönheit des Sees war anfänglich atemberaubend gewesen, doch nun merkte sie deutlich, dass dieser Raum nicht für lebende Wesen geschaffen war. „Wie lange wird es dauern?“, fragte Yuraki, doch Schattenschleier schüttelte nur mit dem Kopf. Hoffend schaute sie in die Ferne. Irgendwann würde sie dort bestenfalls Yuri sehen, der sie endlich retten würde. Der dunkle Drache merkte, dass Yuraki etwas in Sorge war und legte seinen Flügel erneut über sie. Einerseits, sie zu wärmen. Andererseits, um sie etwas zu beruhigen. „Mach dir keine Sorgen. Er wird bestimmt kommen.“ Zurück bei Yuri... Der lilahaarige lief nun schon seit Stunden. Der See hatte sich als riesig erwiesen. Er wusste nicht, wo langlaufen sollte. Jedes Mal, wenn er dachte, er müsste eine Veränderung sehen, fand er keine. Yuri hatte sich dafür entschieden einfach geradeaus zu laufen. Seine Sinne hatte er weit geöffnet, um auch jedes noch so winzige Detail wahrzunehmen. Er spürte bereits, wie die Kälte seine Kraft langsam entzog. Lange würde es wohl nicht mehr dauern, bis sie vollständig aufgebraucht war und er zurück musste. Allein wollte der lilahaarige aber nicht zurückkehren. Zwei weitere Stunden später fand er sich an einer etwas angehobenen Ebene wieder. Seine scharfen Augen überflogen das Gebiet. Seine Kraft schwand nun immer schneller. Dann wurde er auf etwas aufmerksam. Ganz weit in der Ferne schien ihn etwas zu rufen. „Ich bilde mir das nur ein.“, sagte er laut zu selbst. Doch es rief erneut. Ein Gefühl der Vertrautheit strömte durch den Körper des lilahaarigen. Er musste sich sowieso für eine neue Richtung entscheiden. Also folgte Yuri der Stimme. „Hier. Hier.“, sagte die Stimme immer wieder. Desto näher er kam, umso lauter wurde sie. Der Weg entzog ihm fast seine letzte Kraft. Erschöpft blickte er in eine Senkung nicht weit von den Ufern des Seelensees. Was er dort sah, konnte er erst nicht definieren. Es sah aus wie ein großer schwarzer Stein. Yuri erreichte sein Ziel, jedoch schimmerte sein Körper bereits durchsichtig durch den großen Kraftverlust. Gerade als er den Stein berühren wollte, bewegte sich dieser. Ein großer schwarzer Drache baute sich vor ihm auf. Rote Augen trafen auf seine amethystfarbenen. Einen Moment hielt er dem Blich des Drachen stand, dann fiel er auf die Knie, mehr von Erleichterung als Erschöpfung. Der Drache hob seine Flügel. Zum Vorschein kam eine junge Frau. Sie lächelte ihn an, Tränen waren in ihren Augenwinkeln. Silbernes Haar, bernsteinfarbene Augen. Das musste Yuraki sein. Langsam hob er seine Hand, als Yuraki sich ihm näherte. Sie silberhaarige ergriff diese und zog ihn zu sich hoch. Einen Moment schauten sie sich nur stumm an. Yuri kam sofort zur Sache. Er wusste, dass seine Kraft nur noch für zwei, vielleicht drei Minuten reichen würde. „Ich weiß nicht, wer du bist.“, fing er an, „Trotzdem fühle ich eine starke Verbundenheit zu dir. Ich bin hier, um dich nach Hause zu bringen.“ Yuraki nickte nur stumm. Der Drache brüllte laut und verschwand. Yuri war überrascht, als die silberhaarige ihn umarmte und leise flüsterte: „Yuri, ich habe dich vermisst.“ Der lilahaarige hörte es nur ganz wage. Dennoch spürte er eine angenehme Wärme, bevor ihn die Kräfte endgültig verließen und er die Augen schloss. 'Ich habe es geschafft.', war sein letzter Gedanke. In der Standart-Dimension bei Yuya und Yuto... „Seine Kraft ist aufgebraucht.“, informierte sie Buntauge. Yuya klammerte sich an Yuto. Beide sorgten sich um ihren Bruder. „Falls er tatsächlich geschafft hat, wird er jeden Moment hier ankommen.“, ergänzte Finsterer Rebellion. „Hoffentlich. Hoffentlich.“, sagte Yuya leise. Yuto drückte ihn sanft an sich. Der schwarzhaarige möchte es nach außen nicht sehr zeigen, doch er machte sich Sorgen. Doch in diesem Moment erhellte ein grelles Licht den Raum. Heraus trat Yuraki. Sie stützte Yuri, welcher das Bewusstsein verloren hatte. „Das seid ihr ja!“, freute sich Yuya, „Was ist mit Yuri?“, fragte er. „Er ist erschöpft, da er seine gesamte Kraft aufgebraucht hat.“, beantwortete ihm Hungergift seine Frage. Yuraki legte den lilahaarige auf den Boden. Ihr war fast, als könnte sie die Anzeichen von getrockneten Tränen auf seinem Gesicht ausmachen. Sie lächelte. „Schattenschleier!“, rief sie den Drachen, ihre eigene Kraft. Energie pulsierte durch Yuri. Der ganze Prozess dauerte nur ein paar Sekunden. Dann öffnete Yuri seine Augen. Begrüßt wurde er von seinen Brüdern, die ihm beide sofort umarmten. Das Erste, was Yuri auffiel war, dass er sich an alles erinnern konnte. Er schüttelte seine Brüder von sich und stand auf. Sein und Yurakis Blick trafen sich. Yuri lächelte triumphierend. Yuraki lächelte zurück. „Danke.“ Sie waren nun alle endlich vereint. Zusammen verließen sie Yuris Versteck. „Was wirst du jetzt tun?“, fragte Yuri Yuraki. „Ich habe keine Ahnung. Ich suche nach einem neuen Sinn, der mich daran erinnert, dass mein Leben etwas wert ist.“ Yuri hob eine Augenbraue. „Das klingt etwas hart oder?“ „Wenn du es nicht weißt, darf ich dann etwas vorschlagen?“, fragte Yuya, „Wenn du willst komm doch einfach mit uns.“ Yurakis Augen leuchteten auf. Konnte das wirklich wahr sein oder war das ein Traum? Yuto nickte zustimmend. „Ich zwinge dich nicht, aber wenn es dein Wunsch ist, werde ein Teil der Familie.“, sagte Yuri. Yuraki lächelte, Freudentränen bildeten sich in ihren Augen, die sie aber schnell wegwischte. „Ja, ich möchte mit euch gehen. Lasst uns eine Familie sein.“ „Gut. Lasst uns gehen.“ Yuya, Yuto und Yuri liefen voraus. Yuraki jedoch blieb einfach stehen, konnte es noch immer nicht glauben. Der lilahaarige lief zu ihr zurück und streckte ihr seine Hand entgegen. „Lass uns gehen...Schwester.“ Ein warmes Gefühl durchströmte Yuraki. Es war lange her, dass sie so etwas gefühlt hatte. Sie ergriff Yuris Hand. „Ja, lass uns gehen...Bruder.“ Endlich, nach all den Jahren hatte sie letztendlich den Sinn des Lebens, ihres Lebens gefunden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)