Bitte recht freundlich! von Jaywalker (10 Lektionen der Freundlichkeit sind lediglich 10 Schritte bis zur Liebe) ================================================================================ Kapitel 2: Schritt 1: Lippenbekenntnisse ---------------------------------------- Das Licht der Tankstelle flackerte leicht, als Stiles seinen geliebten Jeep neben der Zapfsäule parkte und schließlich den Autoschlüssel abzog. Obwohl es schon weit nach 24 Uhr war, war die Luft draußen immer noch viel zu warm und drückend, weshalb sich Stiles nicht einmal die Mühe gemacht hatte, eine Jacke mitzunehmen, vor allem, da er gar nicht vorgehabt hatte, so lange bei Scott zu bleiben! Aber wie so oft, hatten sie beide bei einer ausgiebigen Runde 'Call of Duty' einfach die Zeit aus den Augen verloren, weshalb es nun doch deutlich später geworden war als beabsichtigt. Zum Glück hatte sich Stiles Vater für eine Nachtschicht eingeteilt, sodass er von diesem außerplanmäßigen nächtlichen Ausflug nichts mitbekommen würde... Mit einem lauten Quietschen öffnete Stiles die Autotüre und ließ sich aus dem Fahrersitz gleiten, wobei er sich insgeheim vornahm endlich einmal die Scharniere seines Autos ordentlich zu ölen. Das war ja mittlerweile ein einziges Trauerspiel. Leise seufzend ging Stiles einmal um das Heck seines Jeeps herum, bis er sich an dem babyblauen Tankdeckel zu schaffen machen und schließlich mit seiner anderen Hand nach dem Zapfventil greifen konnte. Augenblicklich fing die Digitalanzeige über der Säule an zu leuchten und der leere Tank füllte sich langsam aber sicher mit einem beständigen, leisen Brummen. Stiles ließ seinen Blick einmal über das Gelände der Tankstelle schweifen, das zu dieser späten Stunde natürlich menschenleer war. Das Neonlicht über ihm flackerte erneut auf und sorgte dadurch für ein faszinierendes Schattenspiel auf der sonst so dunklen Einfahrt, weshalb Stiles auch wie gebannt in diese Richtung starrte. Er wusste nicht wieso, aber ihm stellten sich bei dem Anblick sämtliche Nackenhaare auf und sein Magen zog sich beunruhigt zusammen. Wahrscheinlich war er einfach schon zu paranoid für diese Welt, oder es lag daran, dass er schon zu viel Abgefahrenes in Beacon Hills miterlebt hatte, als dass er wie ein Normalsterblicher sein Auto mitten in der Nacht seelenruhig tanken konnte... Plötzlich wurde Stiles von den hellen Scheinwerfern eines anderen Autos geblendet, das ziemlich rasant und mit quietschenden Reifen in die Einfahrt einbog. Erst unter der Neonbeleuchtung der Tankstelle konnte Stiles erkennen, dass es sich um eine schwarze Chevrolet Limousine handelte, die knapp hinter seinem blauen Jeep zum Stehen kam. Kurz ließ Stiles seinen Blick erneut über die restlichen leeren Zapfsäulen gleiten, die eigentlich genug Platz geboten hätten um sich nicht gegenseitig so nah auf die Pelle rücken zu müssen. Okay... Das war auch gar nicht verdächtig, oder so... Argwöhnisch spähte er durch die Frontscheibe des Autos, jedoch konnte er einzig die Frau, die am Steuer saß, schemenhaft erkennen. Die restlichen Scheiben waren so sehr abgedunkelt, dass er sich nicht sicher sein konnte, wie viele Personen sich sonst noch in dem Auto befanden. Das leise Klacken des Zapfventils riss ihn aus seinen Gedanken und teilte ihm so unmissverständlich mit, dass der Tank komplett voll war. Ein kurzer Blick auf die leuchtende Anzeige sorgte dafür, dass Stiles einmal ergeben seufzte, da er genau wusste, dass sein Geldbeutel nach dieser Rechnung hier nur noch aus gähnender Leere bestehen würde. Vielleicht sollte er sich doch endlich einen Minijob suchen... Das war allemal besser, als seinen Vater schon wieder nach Geld zu fragen, wo er doch genau wusste, dass sie viel zu wenig davon hatten. Mit einem erneuten Seufzen drehte sich Stiles wieder um, nur um fassungslos innezuhalten. Es waren vielleicht zehn Sekunden gewesen – maximal zwanzig – die er nicht aufgepasst hatte... und trotzdem musste er mit Entsetzen feststellen, dass die Fahrertüre des dunklen Chevrolets plötzlich weit offen stand und von der dunkelhaarigen Frau, die am Steuer gesessen hatte, jede Spur fehlte. Ruckartig drehte sich Stiles um die eigene Achse, wobei er spüren konnte, wie sein Körper eine ordentliche Dosis Adrenalin durch seine Venen pumpte. Sein Puls ging wahrscheinlich gerade durch die Decke, da er sein Blut in seinen eigenen Ohren rauschen hören konnte, während er sich mit seinem Rücken an das Heck seines Jeeps presste. Seine Hand hatte er tief in der Hosentasche vergraben, wo er fest sein Mobiltelefon umschloss. Zur Not musste er nur auf die Kurzwahltaste drücken und schon hätte er Scott am anderen Ende der Leitung, aber er wollte erst einmal nicht schlafende Werwölfe wecken... Vorsichtig schob sich Stiles weiter in Richtung Beifahrertüre, wobei er sich innerlich verfluchte, dass er den einzigen, greifbaren Beutel gefüllt mit Eberesche im Handschuhfach verstaut hatte und nicht wie sonst in seiner Hosentasche bei sich trug. Ein weiterer Schritt zur Seite und Stiles konnte endlich den Griff der Beifahrertüre in seinem Rücken spüren. Dabei fiel sein Blick auch unweigerlich auf das hell beleuchtete Tankstellenhäuschen., das nun nicht mehr durch die Zapfsäule verdeckt wurde. Was... zum... Es schien so, als würde eine unsichtbare Last von Stiles Körper abfallen. Die vermisste Fahrerin stand an der Kasse und unterhielt sich gerade angeregt mit dem Tankstellenwart. Ihr ganzes Auftreten und ihre Körperhaltung schrie regelrecht nach 'Harmlos!', weshalb Stiles ein leises „Fuck...“ von sich gab. Erleichtert lehnte er mehr von seinem Gewicht gegen den Jeep, wobei er mit dem Rücken ein Stück an der Beifahrertüre nach unten rutschte. Schließlich vergrub er für einen Moment sein Gesicht in seinen Händen und versuchte sich wieder zu beruhigen. Okay... Das war dann wohl der eindeutige Beweis dafür, dass er langsam aber sicher wirklich paranoid wurde! Nachdem sich Stiles wieder soweit gefangen hatte, dass er nicht das Gefühl hatte nur noch aus Adrenalin und Anspannung zu bestehen, drehte er sich um und öffnete endlich die Beifahrertüre. Das Handschuhfach klappte nach unten, nachdem Stiles auf den kleinen Knopf gedrückt hatte, jedoch holte er anstatt der Eberesche stattdessen lediglich seinen Geldbeutel daraus hervor. Ein letzter Blick auf die Zapfsäulennummer, bevor Stiles mit einem wehmütigen Gesichtsausdruck den Verschluss seines Portemonnaies öffnete und die Geldscheine durchzählte. Dabei lief er schnurstracks auf den Eingang des Tankstellenhäuschens zu, ohne jedoch wirklich auf den Weg zu achten. Vielleicht hätte er einmal seinen Blick heben, oder sich nicht in Gedanken von seinen Geldscheinen verabschieden, sondern lieber auf seine Umgebung achten sollen. So war es nicht verwunderlich, dass er schnurstracks gegen eine Mauer lief. Mit einem schmerzerfüllten Keuchen stolperte Stiles wieder einen Schritt zurück, wobei ihm sein Geldbeutel aus der Hand fiel und mit einem dumpfen Geräusch auf dem Asphalt aufklatschte. „Entschuldigung...“ Aber das war doch eine... Frauenstimme? Überrascht ließ Stiles seinen Blick nach oben gleiten und erst jetzt wurde ihm bewusst, dass er nicht gegen eine Mauer, sondern vielmehr mit der dunkelhaarigen Fahrerin des Chevrolets zusammengestoßen war. Aus der Nähe sah sie irgendwie anders aus... Stiles hatte sie zuerst auf Mitte 20 geschätzt, jedoch korrigierte er das jetzt auf Anfang 30. Er wusste nicht, ob es an dem dezenten Make-Up lag, oder einfach an ihrem ganzen Auftreten, aber irgendwie wirkte sie deutlich reifer. „Ah nein... sorry... das... war meine Schuld!“, sagte Stiles schließlich und ging in die Hocke um seinen Geldbeutel und die Autoschlüssel, die anscheinend der Frau herunter gefallen waren, wieder aufzuheben. Dabei blieb sein Blick unweigerlich an den nackten Füßen der Dunkelhaarigen hängen. What the fuck?! Irritiert zogen sich die Augenbrauen von Stiles zusammen, während er die dunkellackierten Fußnägel anstarrte. Dieser Barfußlook wollte so gar nicht zu dem restlichen Outfit passen. Die lange, schwarze Hose, das enge Shirt und die dunkle Lederjacke standen in einem starken Kontrast zu der nicht vorhandenen Fußbekleidung. Stiles hatte jedoch in seiner High School Zeit genügend sonderbare Kleidungsstile gesehen, um wirklich nichts mehr in Frage zu stellen. Also sammelte er Schultern zuckend schließlich sowohl sein Portemonnaie, als auch die Autoschlüssel ein und richtete sich wieder zu seiner vollen Größe auf. Dabei stellte er unweigerlich fest, dass die Frau ungefähr so groß war wie er... und das obwohl sie nicht einmal Schuhe trug. „Ich bin manchmal echt ein Schussel... Ich hätte besser aufpassen sollen!“ Mit einem entschuldigenden Lächeln streckte Stiles die Schlüssel der älteren Frau entgegen, die jedoch keine Anstalten machte, sie an sich zu nehmen. Stattdessen musterte sie Stiles einmal von oben bis unten, bevor sich ihre Lippen zu einem unergründlichen Lächeln verzogen. „Schon in Ordnung...“ Endlich streckte sie Stiles ihre Hand entgegen. Die Autoschlüssel gaben ein leises Klimpern von sich, als die Dunkelhaarige sie entgegen nahm, wobei Stiles wie gebannt auf die langen, spitz zugefeilten Fingernägel starrte, die ihn dabei leicht über sein Handgelenk kratzten. Irgendetwas an dieser Frau weckte in Stiles eine gewisse Neugierde. Vielleicht war es ihr eigenwilliges Aussehen, oder ihre faszinierende, mysteriöse Ausstrahlung, oder aber die Tatsache, dass sie so gar nicht in das typische Bild von Beacon Hills passen wollte und Stiles sich von nichts mehr abschrecken ließ... „Sind Sie auf der Durchreise?“, rutschte es ihm heraus, da sein Mund mal wieder schneller war, als ihm eigentlich lieb war. „Nein... sagen wir... ich besuche einfach nur einen alten... Freund...“ Das Lächeln der Dunkelhaarigen wurde noch eine Spur geheimnisvoller, während sie sich eine vorwitzige Strähne aus dem Gesicht strich. „Wenn ich es mir recht überlege... Ich denke es wird auch ausreichen, wenn Sie ihm eine Nachricht von mir überbringen könnten.“ Stiles runzelte irritiert die Stirn, während er mit ansah, wie die ältere Frau in die Tasche ihrer Lederjacke griff, um etwas daraus hervor zu ziehen. „Moment mal... Woher wollen Sie denn wissen, dass ich Ihren alten 'Freund' kenne?“ Plötzlich rückte die Dunkelhaarige ein ganzes Stück näher an Stiles heran, so dass er ihren Atem auf seinem Gesicht spüren konnte und sich dazu zwingen musste, nicht zurückzuweichen. „Oh ich bin mir sicher, dass Sie ihn kennen, weil...“ Die Frau atmete einmal tief ein und lehnte sich dann wieder zurück. Noch bevor Stiles nachhaken konnte, beendete sie schließlich ihren Satz. „...Beacon Hills ein verschlafenes Städtchen ist. Da kennt doch jeder jeden... oder?“ Stiles könnte schwören, dass er so etwas wie eine Drohung aus der Stimme der Frau heraushören konnte, weshalb er nun doch nicht mehr dem Drang widerstehen konnte, einen Schritt zurückzuweichen. „Nun... ähm... da wäre ich mir an Ihrer Stelle nicht so sicher... Tut mir ja leid, aber ich denke nicht, dass ich Ihnen helfen kann... War wirklich schön, Sie kennenzulernen, aber-“ Noch bevor Stiles einen weiteren Schritt zurück machen konnte, wurde er plötzlich fest am Ellbogen gepackt. Die andere Hand der Frau zog einen unscheinbaren, weißen Briefumschlag aus ihrer Jackentasche hervor, den sie nun fest gegen den Oberkörper des jüngeren Mannes presste. „Oh... ich fand es auch schön dich endlich kennenzulernen... Stiles!“ Augenblicklich verspannte sich Stiles und sämtliche Alarmglocken schrillten in seinem Inneren auf. Was... zum... Er hatte doch nie... Woher kannte sie verdammt nochmal seinen Namen? Stiles Blick huschte über das ebenmäßige Gesicht der Frau, jedoch hatte er nicht die leiseste Ahnung, wer sie sein könnte... Er hatte sie noch nie zuvor gesehen! Angespannt hielt er den Atem an, als sich die Dunkelhaarige wieder näher zu ihm vorbeugte. „Also... Sei ein braver Junge und überbring Derek Hale meine herzlichsten Grüße!“ Mit diesen Worten hauchte sie ihm einen Kuss auf die Wange. Ihre Lippen waren so sanft wie Seide und trotzdem hatte Stiles das Gefühl, dass die Haut in seinem Gesicht plötzlich Feuer gefangen hatte und schmerzhaft zu schmelzen schien. Vor seinen Augen verschwamm alles zu einer wabernden Masse. Einzig zwei leuchtend rote Augen, schienen ihn konstant anzustarren, bevor auch sie in einem Farbenmeer untergingen und die Welt um ihn herum auf einmal in vollkommener Schwärze versank... ~*~ „Hey... Hey!“ Mit einem Murren versuchte Stiles die nervigen Hände, die an ihm zerrten, von sich wegzuschieben. „Können Sie mich hören? Hallo?“ Abrupt hörte das Ziehen und Zerren wieder auf, nur um von einem leisen Fluchen abgelöst zu werden. „So eine Scheiße... Immer diese verdammten Alkoholleichen... Soll... soll ich einen Krankenwagen für Sie rufen? Hey... Hallo?“ Stiles gab ein schmerzerfülltes Keuchen von sich, als er plötzlich auf die Wange geschlagen wurde und seine Welt dadurch wieder in das rechte Licht gerückt wurde. Mit einem Ruck richtete er sich auf, so dass er beinahe mit einem älteren Mann zusammengestoßen wäre, der sich über ihn gebeugt hatte und mit einer komischen Mischung aus Besorgnis und Gereiztheit anstarrte. Verwirrt ließ Stiles seinen Blick einmal über die vielen hellen Lichter schweifen, wobei er immer wieder seine Augen zusammen kneifen musste. Hinter seinen Schläfen pochte es, wie nach einer lang durchzechten, alkoholreichen Nacht und sein Körper fühlte sich so an, als hätte er zu viel Workout hinter sich. „Alles in Ordnung?“ Schließlich fiel Stiles Blick auf den älteren Herrn, der sich bei näherer Betrachtung als Tankwart herausstellte und der ihm nun etwas unter die Arme griff, als er sich aufrichten wollte. „Ja... ich... ähm...“ Stiles fühlte sich so benebelt, dass er nicht mal einen klaren Gedanken fassen konnte. „Was... was ist...“ Er konnte noch nicht einmal einen vernünftigen Satz formulieren, jedoch schien ihn der Tankwart auch so zu verstehen. „Was passiert ist? Nun... Sie sind einfach so umgefallen, wie ein nasser Sack! Das ist passiert! Sind Sie sicher, dass alles in Ordnung mit Ihnen ist?“ Stiles Augenbrauen zogen sich zusammen und er runzelte die Stirn, während er versuchte sich wieder zu erinnern. Erst als sein Blick auf den hellen Umschlag fiel, den der Tankwart aufgehoben hatte und ihm nun auffordernd entgegen streckte, lichtete sich der Nebel. Fuck... „Wo ist sie?“ Stiles fiel fast über seine eigenen Füße, als er sich ruckartig einmal um die eigene Achse drehte, jedoch konnte er weder die unheimliche, dunkelhaarige Frau noch ihren Chevrolet irgendwo entdecken. Also wandte er sich wieder an den älteren Mann, der ihn anstarrte, als hätte er nicht mehr alle Tassen im Schrank. „Tut mir leid.... aber... ich weiß nicht, wovon sie sprechen!“ „Na... die Frau! Die, die bei mir war! Die, die auch bei Ihnen im Laden war! Wo ist sie hin?“ Der Tankwart zuckte lediglich mit den Schultern, während sein Blick von Sekunde zu Sekunde misstrauischer wurde. „Hier war niemand außer Ihnen!“ Mit offenem Mund starrte Stiles den älteren Mann fassungslos an, ehe er ihn an den Schultern packte, einmal schüttelte und auf ihn einredete. „Was? Aber... Das kann nicht sein! Sie MUSS hier gewesen sein! Sie war ungefähr so groß wie ich, hatte dunkle, lange Haare und sie fuhr einen-“ Schnaubend befreite sich der Tankwart aus seinem Griff und unterbrach Stiles mit einem scharfen Ton. „Nun hören Sie mal! Vielleicht sollte ich anstatt des Krankenwagens doch lieber die Polizei rufen. Ich weiß ja nicht, was für Drogen Sie sich eingeschmissen haben, Jungchen, aber die müssen ganz schön heftige Halluzinationen verursachen, denn hier war niemand außer Ihnen! Also entweder Sie halten jetzt Ihre Klappe, zahlen Ihre Tankfüllung und ziehen Leine von hier, so dass ich eine ruhige Nachtschicht habe, oder ich muss mich doch noch gezwungen sehen die Polizei zu verständigen...“ Stiles zögerte noch einen Moment, ehe er sich den weißen Briefumschlag mit einem wütenden Schnauben schnappte. Schließlich zog er aus seinem Geldbeutel einige Dollarscheine hervor und streckte sie dem älteren Mann entgegen. Verdammt... Er wusste doch, was er gesehen hatte... oder... verlor er langsam den Verstand? Seine Finger umschlossen den Briefumschlag fester, so dass er mit einem leisen Geräusch zerknittert wurde. Nein! Das war keine Halluzination gewesen... Stiles Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, während er dem Angestellten hinterher sah, der zurück in seinen 24/7-Laden lief. Dieser alte Knacker musste einfach lügen... anders konnte es nicht sein! Stiles Blick schweifte einmal suchend über die hell beleuchtete Decke der Tankstelle und er wurde auch sofort fündig. Vier Kameras zeigten in unterschiedliche Richtungen... Na gut... wenn dieser Mistkerl nicht reden wollte, dann musste er das eben anders lösen! ~*~ Stiles fand sich nun schon zum zweiten Mal in Folge alleine vor der schweren Metalltüre von Dereks Loft wieder. Dieses Mal war er jedoch wegen etwas ganz anderem so nervös... Es war bestimmt schon fast 2 Uhr nachts und eigentlich hätte er nach Hause fahren sollen, aber das war die allerletzte Option gewesen, die er in Betracht gezogen hatte. An oberster Stelle war Scott gestanden, aber irgendwie hatte ihn sein Weg dann doch hierher geführt. Erst als er seinen Jeep in die Parklücke vor dem großen Gebäudekomplex gelenkt hatte, war ihm so wirklich bewusst geworden, wo er eigentlich war. Dann hatte es auch keinen Sinn mehr gemacht, wieder umzudrehen, weshalb er nun auch hier vor Dereks Türe stand und nach einem kurzen Zögern gegen das harte Metall klopfte. Es dauerte ungewöhnlich lange, bis Stiles die ersten Geräusche hinter der Türe wahrnehmen konnte... Er seufzte leise, während sich seine Hände fester an den weißen Briefumschlag klammerten. Er hatte wirklich überlegt, ob er ihn nicht einfach selbst aufmachen sollte, jedoch hatte er heute schon einmal feststellen müssen, dass es manchmal besser war, wenn er nicht seiner nagenden Neugierde nachgab. Schließlich wurde die Metalltüre endlich zur Seite geschoben und er stand einem mürrischen Alphawerwolf gegenüber. Stiles musste einmal trocken schlucken, als sein Blick kurz über die große Erscheinung, die in der Türe aufgetaucht war, hinweg huschte. Derek sah irgendwie... anders... aus... Seine Haare waren verwuschelter als sonst, seine Augen wirkten kleiner und sahen fast schon verschlafen aus und er hatte doch tatsächlich nur eine dunkle Boxershorts an. „Stiles...“ Dereks Stimme klang auch ganz anders... deutlich rauer als sonst, heiserer, so als wäre er gerade eben erst aufgestanden, was bei näherer Betrachtung wohl gar nicht so weit hergeholt war. „Verdammt... weißt du eigentlich wie spät es ist?“ Derek fuhr sich mit einer Hand über seinen Dreitagebart und rieb sich schließlich genervt über die Augen. „Selbst dir müsste doch klar sein, dass das nicht gerade die Zeit für eine von deinen weiteren Lektionen ist!“ „Deswegen... bin ich auch gar nicht hier...“ Mit vor dem Oberkörper verschränkten Armen, lehnte sich Derek gegen den Türrahmen und bedachte Stiles mit einem gereizten Blick. Jedoch verschwand dieser Gesichtsausdruck sehr schnell wieder und machte stattdessen Platz für einen Anflug von Besorgnis, als Derek den jüngeren Mann genauer musterte. Stiles war ungewöhnlich blass, hatte dunkle Schatten unter den Augen und sah fast schon gehetzt aus... so als hätte er den Teufel höchstpersönlich gesehen. Augenblicklich schien der Alpha um einiges wacher zu werden. Stiles konnte gar nicht so schnell schauen, da wurde er auch schon von Derek an den Schultern gepackt und in das Loft gezerrt. Die Metalltüre fiel hinter ihm mit einem lauten Knall ins Schloss, ehe er fest dagegen gepresst wurde. „Was zur Hölle ist passiert?“, knurrte der Werwolf ihn regelrecht an, wobei er Stiles mit seinem bohrenden Blick regelrecht nach möglichen Verletzungen abscannte. „Ich... ich...“ Stiles wusste nicht wieso, aber plötzlich schienen ihn die Ereignisse einzuholen und er brachte nicht einmal mehr ein vernünftiges Wort über die Lippen. Ein unkontrollierbares Zittern ging durch seinen Körper und insgeheim war er froh, dass Derek ihn so fest hielt, sonst wären ihm bestimmt einfach so die Beine eingeknickt. „Stiles!“ Als der Werwolf bemerkte, dass der schmächtigere Mann immer mehr und mehr in sich selbst zusammen sackte, übermannte ihn langsam aber sicher eine echte Besorgnis. Natürlich war es ein Leichtes für ihn, dafür zu sorgen, dass Stiles aufrecht stehen blieb, aber der Jüngere zitterte mittlerweile so stark wie Espenlaub. „Komm schon, Stiles... was ist-“ Derek hatte sich ein wenig nach vorne gebeugt, um besser in das Gesicht seines Gegenübers blicken zu können und stockte schließlich. Unweigerlich war er so nah an Stiles heran gerutscht, dass er zum ersten Mal nicht nur Stiles so typischen Eigengeruch wahrnehmen konnte, der sonst alles andere überschattete, sondern ihm stattdessen ein weiterer, unbekannter Geruch in die Nase stieg. Derek lehnte sich unbewusst noch näher an Stiles, bis seine Nase sich schließlich gegen die Wange des Kleineren presste und er tief einatmete. Das war eine ganz besondere Mischung aus Pheromonen, die nur zu einem einzigen Wesen gehören konnte... Ein anderer Alphawerwolf?! Dereks Augen verfärbten sich augenblicklich in ein dunkles Blutrot, während er ein paar mal stoßweise ein- und wieder ausatmete. Leider änderte das nichts an diesem verdammten Alphagestank, der von Sekunde zu Sekunde stärker zu werden schien und langsam aber sicher Stiles Geruch vollständig zu überdecken drohte. Der Wolf in Dereks Inneren kratzte verzweifelt an seinem Verstand und drohte an die Oberfläche durchzubrechen, als er diesen beißenden Gestank an einem seiner Rudelmitglieder wahrnehmen konnte. Er wollte sich versichern, dass mit Stiles wirklich alles in Ordnung war, auch wenn Derek das schon längst mit einem prüfenden Blick erledigt hatte. Okay... Das hatte keinen Sinn! Derek musste so schnell wie möglich etwas unternehmen... sonst würde er noch die Kontrolle verlieren. Mit einem lauten, wütenden Knurren rückte er deshalb noch näher an Stiles heran, so dass er ihn regelrecht zwischen sich und der Metalltüre einpferchen konnte. Stiles hatte sich unterdessen soweit wieder gefangen, dass er zumindest einen halbwegs vernünftigen Satz formulieren konnte, auch wenn er ein wenig außer Atem klang. „Da... da war diese... Frau und...sie hat... ähm... sie...woah... D... Derek?! Was... was machst... du denn...?“ Derek achtete nicht einmal auf das Gestotter, das Stiles da von sich gab. Stattdessen rieb er sein Gesicht wie eine überdimensionale Katze einmal an Stiles Wange entlang, so dass sein Bart fast schon ein schmerzhaftes Brennen und einige gerötete Stellen auf der blassen Haut zurück ließ. Jedoch schien ihm und vor allem dem Alphawolf in seinem Inneren nicht einmal das zu genügen, weshalb er schließlich dazu überging mit seinen Lippen und seiner Zunge eine feuchte Spur auf Stiles Nacken zu hinterlassen. Nur am Rande bekam Derek mit, wie der Jüngere ein verhaltenes Stöhnen von sich gab und seinen Kopf ein wenig zur Seite drehte um ihm mehr Spielraum zu überlassen. Dass das für den Alpha ein willkommenes Zeichen der Unterwerfung war, war Stiles zu diesem Zeitpunkt in keinster Weise bewusst. Er wurde gerade einfach nur von seinen Gefühlen übermannt... Fuck... Was machte Derek da denn nur?! Stiles wimmerte leise, als der Werwolf schließlich genau die selbe Stelle auf seiner Wange küsste, wo er zuvor noch die samtigen Lippen dieser unheimlichen Frau hatte spüren können. Dereks Lippen waren deutlich rauer und sein Bart kratzte wie Sandpapier auf der zarten Haut, während er seinen Weg immer weiter fortsetzte. Wie versteinert wagte es Stiles nicht einmal mehr zu atmen, stattdessen blinzelte er nur ein paar mal irritiert und schließlich kniff er seine Augen vollends zusammen. Derek war so weit zur Seite gerutscht, dass er plötzlich die Lippen von Stiles mit seinen eigenen gefangen nehmen konnte. Holy... Shit! That's it! Ende... aus... vorbei... Das war sein erster Kuss... einfach so... mit Derek fucking Hale... und Stiles hatte nicht einmal die leiseste Ahnung, was er jetzt tun sollte. Er konnte spüren, wie Dereks Lippen sich leicht auf seinen eigenen bewegten, wie der Werwolf sich noch mehr gegen ihn presste und schließlich mit seiner Zunge vorwitzig über Stiles Unterlippe hinwegstrich. Mit einem leisen Stöhnen öffnete Stiles etwas unbeholfen schließlich seinen Mund, was Derek auch sofort ausnutzte und den Kuss um einiges intensivierte. Oh Gott... Stiles Gedanken rasten nur so durch seinen Kopf. Angefangen von 'Was zum Henker passiert hier gerade?' über 'Derek-Grumpywolf-Hale küsst mich gerade!' bis hin zu 'Was mach ich denn jetzt bloß?'. Schlussendlich zwang er sich einfach dazu an gar nichts mehr zu denken, sondern sich lediglich auf die Gefühlsexplosionen in seinem Inneren zu konzentrieren und sich einfach treiben zu lassen. Er überließ anfangs Derek die Führung, ehe er seine Bewegungen vorsichtig nachahmte und schlussendlich den Kuss mindestens genauso euphorisch erwiderte. Fuck... Das musste der Himmel sein... Das war das Beste, was er jemals gefühlt hatte! Wenn das tatsächlich die Belohnung für jede seiner Freundlichkeitslektionen war, dann... Warte mal... natürlich... der Deal! Das war alles nur Teil dieses verdammten Deals! Nichts hiervon war echt! Stiles riss die Augen auf und verspannte sich augenblicklich. Er hätte sich niemals hierauf einlassen sollen... Was hatte er sich nur dabei gedacht? Derek kam ihm doch nur so nahe um diesen bescheuerten Deal zu erfüllen! Es war nicht klug sich dem Werwolf so hinzugeben, seine Gefühle so Preis zu geben... Das machte Stiles verletzlich, das machte ihn angreifbar... und das war er in dieser Welt der übernatürlichen Wesen doch eigentlich so schon zu genüge. Unter der Aufbringung seiner ganzen Willenskraft, schob er Derek soweit von sich, dass sich ihre Lippen voneinander trennten und er in die rotglühenden Augen des Alphas blicken konnte. Stiles bemühte sich um einen möglichst neutralen Gesichtsausdruck, auch wenn er wusste, dass der Werwolf sein schnell schlagendes Herz und seine beginnende Erektion mit Leichtigkeit wahrnehmen konnte. „Verdammt...“ Stiles hatte gar nicht bemerkt, wie sehr er außer Atem war. „Und du willst mir erzählen, dass das jetzt nicht die Zeit für eine meiner Lektionen ist...? Nur zu deiner Info, Mr. Pervywolf.... Für deinen bescheuerten 'Ich-klaue-Stiles-die-Unschuld-Deal' ist das auch nicht gerade der perfekte Zeitpunkt!“ Es schien so, als hätte er Derek mit diesen Worten eine eiskalte Dusche verpasst. Der Werwolf wich ruckartig so weit von Stiles zurück, dass sie sich gegenüber standen ohne sich auch nur im geringsten zu berühren. „Das war nicht wegen des...“ Derek stockte mitten im Satz und schien sich schließlich eines Besseren zu besinnen. Sein Gesichtsausdruck verwandelte sich langsam wieder in diese typische Grumpycat-Maske, während er seine Arme vor dem Oberkörper verschränkte. „Die Frage ist eher, was du mit einem anderen Alpha zu schaffen hast... Du stinkst förmlich nach ihr!“ „Was ich mit einem anderen Alpha zu schaffen habe? Ernsthaft?... Ich fasse es nicht!“ Stiles schnaubte empört. Da wurde man mitten in der Nacht von einer gestörten Alphawerwölfin bedroht und regelrecht sexuell genötigt, überbrachte wie ein verdammter Laufbursche um zwei Uhr Nachts eine Nachricht, wurde von dem eigenen Alpha erneut sexuell genötigt und dann war der einzige Dank, den man erhielt... das hier? „Ihr Werwölfe seid doch alle gleich. Für euch sind wir Menschen doch nichts weiter als Spielbälle, mit denen ihr machen könnt, was ihr wollt!“ Am liebsten hätte Stiles den knittrigen Briefumschlag, den er immer noch umklammert hielt, einfach in der Luft zerfetzt. Stattdessen ballte er seine Hand zur Faust und schlug Derek einmal fest gegen den Oberkörper, was dieser wahrscheinlich noch nicht einmal bemerkte. „Schöne Grüße von deiner alten Freundin! Ich hoffe das nächste Mal überbringt sie dir ihre Nachrichten persönlich!“ Mit diesen Worten ließ er den Umschlag los, öffnete mit einem Ruck die Metalltüre und stampfte wütend das Treppenhaus herunter. Derek starrte dem jungen Mann nur grimmig hinterher. Zugegeben... vielleicht war das nicht gerade sensibel von ihm gewesen, aber Stiles hatte ihn und vor allem seinen inneren Wolf komplett aus dem Konzept gebracht. Wie schaffte es dieser kleine Kerl nur immer wieder ein Gefühlschaos bei ihm zu hinterlassen? Dereks Blick blieb schließlich an dem unscheinbaren Umschlag hängen, den Stiles mitgebracht hatte und der nun genau vor Dereks Füßen auf dem Betonboden lag. Die dunklen Augenbrauen des Werwolfs zogen sich zusammen, während er sich nach unten beugte und den Umschlag aufhob. Vorsichtig schnupperte er einmal an dem weißen Papier, nur um mit einem angeekelten Gesichtsausdruck seine Nase kraus zu ziehen. Das gehörte eindeutig zu dem fremden Alpha. Dereks Augen verengten sich zu Schlitzen, während er die Krallen ausfuhr und schließlich seinen Zeigefinger als Brieföffner missbrauchte. Ein einzelnes Blatt... sonst nichts... Irritiert faltete Derek es auf, bis schließlich eine simple Zeichnung zum Vorschein kam. Wie gebannt starrte der Alpha auf die roten Linien. Langsam ließ sich Derek auf den harten Betonboden heruntergleiten bis er auf der ersten Treppenstufe saß, die zu seinem Loft führte. Die Zeichnung ließ er dabei keine Sekunde aus den Augen. Es war lange her... und doch wusste er noch, wie sich dieser erste Anflug von Panik anfühlte, wenn man realisierte, dass man alles verlieren würde, was einem lieb und teuer war! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)